4675/AB XXIV. GP

Eingelangt am 26.04.2010
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BM für Unterricht, Kunst und Kultur

Anfragebeantwortung

Bundesministerium für

Unterricht, Kunst und Kultur

 

 

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

 

Geschäftszahl:

BMUKK-10.000/0052-III/4a/2010

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Wien, 26. April 2010

 

 

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 4711/J-NR/2010 betreffend Umsetzung der
UN-Konvention über die Rechte der Menschen mit Behinderung, die die Abg. Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen am 26. Februar 2010 an mich richteten, wird wie folgt beantwortet:

 

Zu Fragen 1 bis 4 sowie 8 und 9:

Die angesprochene Thematik von Menschen mit Behinderungen und der für sie wesentlichen Positionierung in der Gesellschaft ist eine Querschnittsmaterie, die von den vielfältigsten Akteu­rinnen und Akteuren auf Bundes-, Landes- und Gemeindeebene bzw. vom privaten Bereich getragen wird. In diesem Zusammenhang wird auf die Inhalte des Berichts der Bundesregierung über die Lage von Menschen mit Behinderungen in Österreich 2008, der dem Nationalrat unter III-23 dB. XXIV. GP vorgelegt wurde, hingewiesen, in welchem die einschlägigen Maßnahmen der Jahre 2003 bis 2008 für alle Lebensbereiche dargestellt sind. Das Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur weist darüber hinaus auf Folgendes hin:


 

Die Ausstattung von sehgeschädigten Schülerinnen und Schülern an Bundesschulen mit entsprechend adaptierten Schulbüchern und elektronischen Hilfsmitteln (PCs mit Braillezeile und/oder Sprachausgabe, Lesegeräte etc.) erfolgt durch die Lehrmittelzentrale am Bundes-Blindenerziehungsinstitut. In diesem Zusammenhang ist eine Machbarkeitsstudie (Beginn 2010) der Universität Linz zur Optimierung der elektronischen Versionen von Schulbüchern für sehgeschädigte Schülerinnen und Schüler vorgesehen. Die Bereitstellung von hörbehinderten­spezifischen Unterrichtmaterialien erfolgt durch eine bei der Abteilung Sonderpädagogik des Ministeriums eingerichtete Expertinnen- und Expertengruppe von hörenden und gehörlosen Praktikerinnen bzw. Praktikern. Angemerkt wird ferner, dass bei der Überarbeitung der Lehrpläne der Sonderschule für gehörlose Kinder und der Sonderschule für blinde Kinder (seit September 2008 in Kraft) gehörlose bzw. blinde Expertinnen und Experten in die diesbezügliche Arbeitsgruppe miteinbezogen wurden.

 

Das Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur fördert jährlich das „Österreichische Computer Camp für sehgeschädigte Kinder und Jugendliche“ und es wird der Aufbau einer elektronischen Gebärdensprachdatenbank für den schulischen Bereich am Institut für Gebärdensprache und Hörbehindertenkommunikation der Universität Klagenfurt finanziert.

Das 3. Autismusforum Rainman's Home 2009 wurde ebenfalls gefördert. Für 2010 ist zudem eine Förderung des Projektes „Silent Science“ - Abbau von Barrieren für gehörlose/hörbehinderte Schülerinnen und Schüler im Rahmen der Wissenskommunikation vorgesehen.

 

Seit 2010 bestehen strategische Partnerschaften der Abteilung Sonderpädagogik des Ministeriums im Grundtvig – Projekt „Sign Language Goes To School“, welches sich der Entwicklung von bilingualen Unterrichtsmaterialien und Unterrichtskonzepten für gehörlose Schülerinnen und Schüler in der Grundschule widmet, sowie im TEMPUS – Projekt „HOsPED“ – Hospital Pedagogy (österreichischer Projektpartner Pädagogische Hochschule Oberösterreich), welches sich mit der Erarbeitung, Erprobung und Akkreditierung eines Curriculums zur Ausbildung von Lehrkräften für kranke Kinder beschäftigt. In der nächsten Generation der bundesweiten Ausbildung für Hörgeschädigtenpädagogik, die im Herbst 2010 beginnen wird, wird der bisherige Anteil an ÖGS verstärkt angeboten.

 

Seit 2005 wird das Projekt „Ill and Isloated Children Connected –IICC“ im Wege der Bereitstellung von IKT im Rahmen des Heilstättenunterrichts für Kinder und Jugendlichen im Krankenhaus zur Nutzung für die Kommunikation mit der Stammschulklasse, Freunden und Eltern betrieben.

 

Die mit dem Ziel der Bereitstellung von aktuellen und relevanten Informationen, Materialien und Links über Entwicklungen in der Sonderpädagogik/Integration/Inklusion eingerichtete und seit 2005/06 barrierefreie Internetplattform für Sonderpädagogik unter www.cisonline.at beinhaltet unter anderem auch die Entwicklung und Verlautbarung von Qualitätsstandards für den Unterricht in Integrationsklassen (Rundschreiben Nr. 18/2008), die derzeit hinsichtlich ihrer Umsetzung evaluiert werden.


 

Was den barrierefreien Zugang zu Bildungsmedien betrifft, so ist das Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur verstärkt bemüht, schon bestehende Bildungsmedien, die bereits bisher über das Medienservice vertrieben worden sind, mit Untertiteln auszustatten. Neu in den Vertrieb aufzunehmende Produktionen, die mit Mitteln des Ressorts produziert wurden, werden hinkünftig untertitelt herausgegeben.

 

Für Schülerinnen und Schüler mit Behinderung, die ohne persönliche Unterstützungsleistungen eine Schule nicht besuchen können, wird ab Pflegestufe 4 vom Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur eine persönliche Assistenz finanziert. Aufgabe der persönlichen Assistenz ist der Transport zur Schule bzw. nach Hause sowie das Leisten von Unterstützungen während des Schultages. Dazu zählen Hilfen beim Aus- und Ankleiden, beim Aufsuchen des Klassenzimmers, beim Gang auf die Toilette, bei der Einnahme des Essens, beim Bedienen des Computers etc. Festzuhalten ist, dass das Wiederholen oder nochmalige Erklären des Lehrstoffes nicht Aufgabe der persönlichen Assistenz ist. Die Finanzierung der persönlichen Assistenz bezieht sich ferner auf mittlere und höhere Schulen, zumal für den Pflichtschulbereich derartiges in den Aufgabenbereich der Länder fällt. Darüber hinaus werden auf Antrag auch Gebärdendolmetscherinnen und Gebärdendolmetscher nach den Sätzen, die auch vom Bundessozialamt bezahlt werden, finanziert.

 

Bezüglich des berufsbildenden Schulwesens ist auf den auch im Bericht der Bundesregierung über die Lage von Menschen mit Behinderungen in Österreich 2008 angesprochenen und mit einer Integrativen Berufsausbildung grundsätzlich einhergehenden Berufsschulbesuch samt entsprechender pädagogischer Begleitmaßnahmen hinzuweisen. An der privaten Malerschule in Baden (technisch-gewerbliche Lehranstalt) wird traditionell ein Zug der Fachschule mit Betriebspraktikum für Malerei und Gestaltung für Gehörlose geführt.

 

An kaufmännischen Schulen werden Schülerinnen und Schüler mit Behinderung an einigen Schulstandorten durch zusätzliche speziell geschulte Stützlehrkräfte unterrichtet (BHAK Eisenstadt, Baden, Ried im Innkreis, Hallein, Salzburg I, Zell am See, Bruck an der Mur, Lienz, Bregenz, Wien-Hetzendorf). Technische Hilfsmittel sowie entsprechende hörbehinderten­spezifische methodisch – didaktische Maßnahmen sind dabei von besonderer Bedeutung. In der BHAK Ungargasse in Wien, dem größten Standort für Hörbehinderte an kaufmännischen Schulen, bestehen zahlreiche Förder- und Stützmaßnahmen wie verminderte Klassengröße, Klassenteilungen, auch in Deutsch und Mathematik bei entsprechender Anzahl von Hörbehinderten, Einsatz von Stützlehrkräften aus dem Bundes-Gehörloseninstitut (20 Stunden pro Woche für die ganze Schule), Einsatz von adaptierten Hilfsmitteln (zB. Hörgeräte-Set), Individualförderung (Einzel- oder Kleingruppenförderung) und entsprechende methodisch – didaktische Hilfestellungen während des Unterrichts.

 

An humanberuflichen Lehranstalten besteht ein besonderes Ausbildungsangebot für Gehörlose in Wien, die Expositur der HBLA für Mode und Bekleidungstechnik und für wirtschaftliche Berufe Wien 9 am Bundesinstitut für Gehörlosenbildung, Wien 13, Maygasse. Geführt wird eine Fachschule für Mode und Bekleidungstechnik, eine Fachschule für wirtschaftliche Berufe, ein Aufbaulehrgang für wirtschaftliche Berufe.


 

Das Bundesinstitut für Erwachsenenbildung St. Wolfgang verfügt über ausreichend barrierefreie Zimmer und Seminarräume, ein Rollstuhl-Aufzug im Hauptgebäude ermöglicht gehbehinderten Personen den Zugang zum Speisesaal. Im Bundesinstitut absolvieren zurzeit zwei Jugendliche eine „Teillehre“ (Gebäude- und Fassadenreinigung – Zimmerreinigung; Koch). Bezüglich der Seminare am Bundesinstitut ist auf Veranstaltungen in Kooperation mit biv integrativ, der Akademie für integrative Bildung (zB. Bildungstage für MitarbeiterInnen von Behinderten­einrichtungen und für Personen mit besonderen Bedürfnissen) hinzuweisen.

 

Die Homepage des Ressorts www.bmukk.gv.at ist hinsichtlich eines barrierefreien Zugangs gestaltet. Die eLearning-Plattform www.bildung.at erfüllt schon seit mehreren Jahren den barrierefreien Zugang. Vergleichbares gilt hinsichtlich der barrierefreien Website für Sonderpädagogik www.cisonline.at.

 

Für PH-Online, die zentral betriebene Verwaltungssoftware für die Pädagogischen Hochschulen, hat sich der Prozess zur barrierefreien Gestaltung im Laufe der letzten Zeit von der exakten Umsetzung der WCAG (Web Content Accessibility Guidelines) hin zu einer benutzer- und bedarfsorientierten Anpassung des Systems geändert. Unter Einbindung sehbehinderter Nutzerinnen und Nutzer werden tatsächliche Barrieren erhoben und in Folge sukzessive behoben.

 

Applikationen, welche neu entwickelt werden, verwenden valides HTML 4.01 (derzeit noch transitional) und CSS 2.0. Bestehende Applikationen werden laufend dahingehend migriert. Mittelfristig ist ein Übergang auf HTML 4.01 strict und anschließend auf XHTML 1.0 strict geplant.

 

Für die Web-Anwendung Schulbuchaktion-Online (SBA) sind im öffentlich zugänglichen Bereich die W3C - Level A Conformance to Web Content Accessibility Guidelines 1.0 Anforderungen umgesetzt. Die Abwicklung der Schulbuchbestellungen und des elektronischen Zahlungsverkehrs ist nur für eine geschlossene Benutzergruppe zugänglich und derzeit nicht W3C kompatibel. Im Rahmen geplanter Adaptierungen zur Verbesserung der Usability des internen Applikationsbereiches von SBA-Online soll auch die W3C-Kompatibilität miteinbezogen werden.

 

Zur Beseitigung physischer Barrieren wurde gemeinsam mit den Landesschulräten/dem Stadtschulrat für Wien ein Etappenplan für den Bundesschulbereich erstellt. Dieser sieht gemäß Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz vor, dass alle Bundesschulgebäude fristgerecht bis zum 31. Dezember 2015 entsprechend barrierefrei erschlossen werden. Dieser Etappenplan enthält je Bundesland eine Projektsliste in der der jeweilige geplante Umsetzungszeitpunkt von Maßnahmen vorgesehen ist. Diese Projektslisten wurden über den Sommer des letzten Jahres (2009) aktualisiert und zu einer neuen Auflage des Etappenplans zusammengeführt. Ziel ist es weiterhin bis 31. Dezember 2015 in allen Bundesschulgebäuden den Zugang für Menschen mit Behinderung zu ermöglichen.


 

Zur Bewusstseinsbildung der für die Schulerhaltung zuständigen Sachbearbeiterinnen und –bearbeiter der Landesschulräte/des Stadtschulrates für Wien hält das Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur in regelmäßigen Abständen Informationsveranstaltungen ab, bei denen auch gegebenenfalls Sachverständige für barrierefreies Bauen eingeladen werden (zB. SAM-Tagung im Mai 2010 in Hallein, zu der auch ein Sachverständiger für barrierefreies Bauen eingeladen ist).

 

Im Zuge der Modernisierungsmaßnahmen der Bundesmuseen und der Österreichischen Nationalbibliothek werden laufend Maßnahmen gesetzt, die einen barrierefreien Zugang zu den Museen gewährleisten. Am 30. September 2007 wurde dazu vom Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur ein Etappenplan zur Etablierung eines barrierefreien Zugangs und den dafür nötigen baulichen Adaptierungen der Bundesmuseen/der Österreichischen Nationalbibliothek an die Burghauptmannschaft übermittelt. Die Planerstellung erfolgte nach Anhörung der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (ÖAR). Die Umsetzung des Etappenplans erfolgt laufend nach Dringlichkeit der Maßnahmen; dabei fallen alle bauliche Maßnahmen in den Kompetenzbereich der Burghauptmannschaft, Maßnahmen im Zusammenhang mit nutzerspezifischen Einrichtungen der Bundeskulturbauten werden vom Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur getragen.

 

Fallweise beteiligt sich der Bund an baulichen Investitionsmaßnahmen bei öffentlichen Kunst- und Kulturinstitutionen, Theater- und Konzerthäusern. Dann wird in Ergänzung zu den Mitteln der regionalen Gebietskörperschaften ein Bundesbeitrag zur Verfügung gestellt, der entsprechend der Gesetzeslage die barrierefreie Zugänglichkeit bzw. Nutzbarmachung der kulturellen Veranstaltungshäuser zu garantieren hat.

 

Als Beispiele seien die Renovierungsarbeiten des Konzerthauses Wien, der Gesellschaft der Musikfreunde oder der Einbau eines behindertengerechten Aufzugs in der Stadtwerkstatt Linz genannt.


 

 

Darüber hinaus werden seitens des zuständigen Abteilung des Ministeriums Kunst- und Kulturprojekte gefördert, die die aktive Teilnahme von Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen zum Ziel haben und ihnen damit Hilfe zu Empowerment, zum Führen eines selbstbestimmten und erfüllten Lebens, sowie öffentliche Anerkennung vermitteln. Als Beispiele geförderter Kulturprojekte mit Partizipation von Menschen mit Behinderungen, aus dem Jahr 2009, dürfen benannt werden:

-       Gehörlosentheater ARBOS mit „Gehörlosentheaterfestival“ Wien

-       Danse Brute – Fort mit Hermes, Wien

-       Die Brücke, Graz

-       Funk und Küste, Krems

-       Goldfuß unlimited – Grenzen, Wien

-       Institut Hartheim – Stipendien und Ausstellungsprojekt, Alkoven/OÖ.

-       Integrative Kulturarbeit – Festival „sichtwechsel“, Linz

-       INTERACT – Kunst-Sozial-Ökologisch-Kulturell – Kunst überwindet Grenzen, Absam/Tirol

-       InterACT -. Werkstatt für Theater und Soziokultur, Graz

-       Florian Jung – „Wilde Rosen“, Wien

-       KaW – Kreativ am Werk, Wien

-       Mezzanin Theater, Graz

-       Österreichischer Gehörlosenbund – Behind the Sign – grenzenlos gebärden, Wien

-       Theater Delphin, Wien

 

Zu Fragen 5 bis 7 sowie 12 bis 14:

Dazu wird auf die Beantwortung der Parlamentarischen Anfrage Nr. 4704/J-NR/2010 durch den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz verwiesen.

 

Zu Fragen 10 und 11:

Das Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur befasst im Rahmen von Begutachtungen zu rechtsetzenden Maßnahmen – angepasst an die jeweiligen Gegebenheiten – die unterschiedlichsten Einrichtungen. Im diesbezüglichen Verteiler sind unter anderem die Österreichische Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation – Dachorganisation der Behinderten­verbände sowie Integration Österreich vorgesehen. Im Übrigen wird auf die Beantwortung der Parlamentarischen Anfrage Nr. 4701/J-NR/2010 durch den Bundeskanzler verwiesen.

 

 

 

Die Bundesministerin:

Dr. Claudia Schmied eh.