4676/AB XXIV. GP

Eingelangt am 26.04.2010
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BM für Inneres

Anfragebeantwortung

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer

Parlament

1017  Wien

           

 

Die Abgeordnete zum Nationalrat Jarmer, Freundinnen und Freunde haben am 26. Februar 2010 unter der Zahl 4707/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend „Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte der Menschen mit Behinderung“ gerichtet.

 

Diese Anfrage beantworte ich nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Zu den Fragen 1 bis 4, 8 und 9:

Es wird auf den Bericht der Bundesregierung über die Lage von Menschen mit Behinderungen aus dem Jahr 2008 verwiesen, der dem Nationalrat vorgelegt wurde.

 

Zur Beseitigung physischer, also baulicher Barrieren wurde in Entsprechung des Bundes-Behindertengleichstellungsgesetzes ein Etappenplan für Bundesbauten erstellt, der sukzessive erfüllt wird, indem die in den Bereich des Bundesministeriums für Inneres fallenden Gebäude und Einrichtungen nach Maßgabe technischer Möglichkeiten und wirtschaftlicher Vertretbarkeit baulich barrierefrei erreichbar gestaltet werden. Wo keine baulichen Vorkehrungen möglich sind, werden organisatorische Maßnahmen gesetzt.

Schon bei der Erstellung des Etappenplanes wurden alle mit der  Umsetzung der daraus resultierenden Maßnahmen befassten Bediensteten des Ressorts zentral geschult, um sie für dieses Thema zu sensibilisieren.


Seitens der Sicherheitsakademie wird sowohl in der Grundausbildung für die Exekutivbediensteten und die Bediensteten der Allgemeinen Verwaltung als auch in der berufsbegleiteten Fortbildung dem Thema “Rechte von Menschen mit Behinderung” besonderes Augenmerk geschenkt.

 

Dabei kommen dem Umgang mit Menschen mit Behinderung als Querschnittsthema vor allem im Bereich der persönlichkeitsbildenden Lehrgegenstände (wie Psychologie, Gesellschaftslehre, Ethik), aber auch im Unterrichtsgegenstand Menschenrechte und in den Rechtsfächern besondere Bedeutung zu. Generell ist für die Ausbildung im Innenressort festzuhalten, dass diese inhaltlich und methodisch nicht nur auf die Vermittlung von Sachwissen, sondern auch auf den Erwerb von Methoden- und Handlungswissen ebenso wie  auf den Erwerb sozialer Kompetenzen abzielt.

 

Asylwerberinnen und Asylwerber mit Behinderungen werden im Sinne des Artikels 17 der sogenannten Aufnahme-Richtlinie (RL 2003/9/EG) im Rahmen der Grundversorgung als besonders schutzbedürftige Personen angesehen.

In der nationalen Rechtslage kommt dies in der Grundversorgungsvereinbarung – Artikel 15a Bundesverfassungsgesetz - durch deutlich höhere Kostenhöchstsätze für die Unterbringung und Betreuung von sonderbetreuungsbedürftigen Personen (bis zu € 2.480,--/Monat (im Vergleich zum Tagsatz von € 17,-- für die allgemeine Unterbringung)) hervor. Diese Betreuungsleistungen beinhalten unter anderem eine Sonderunterbringung und eine Sonderbetreuung (z. B. mobile Betreuung durch Spezialisten, 24 Stunden Betreuung, Zukauf externer medizinischer Leistungen, etc.) in speziell organisierten Quartieren in den Bundesländern. Soweit die Grundversorgung von Asylwerbern in den Kompetenzbereich des Bundesministeriums für Inneres fällt, erfolgt die Unterbringung von Asylwerbern mit Behinderung in behindertengerechten, barrierefreien Gebäuden innerhalb der Betreuungsstellen Ost und West. Dort stehen jeweils auch behindertengerechte Toiletteanlagen und Duschen zur Verfügung.

 

Die Erstaufnahmestelle West ist gänzlich behindertengerecht ausgebaut und verfügt über einen barrierefreien Zugang für Personen mit körperlichen Behinderungen sowohl zur dort ansässigen Exekutive als auch zu einzelnen Häusern durch behindertengerechte Rampen und Aufzüge. Nicht zuletzt gewährleistet die strikte Einhaltung der Regelungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes über die Rechts- und Handlungsfähigkeit sowie die Dolmetscher und Übersetzer den Personen mit Behinderungen eine entsprechende Teilnahme in Asylverfahren.


Seit fast zwei Jahrzehnten, also bereits lange vor Annahme der UN-Konvention über die Rechte der Menschen mit Behinderungen, wurden und werden im österreichischen Wahlrecht sukzessive Erleichterungen für Menschen mit besonderen Bedürfnissen implementiert.

Der Gesetzgeber ist dabei stets von grundlegenden Prinzipien wie der Achtung der Menschenwürde, der Nichtdiskriminierung, der Chancengleichheit und der Zugänglichkeit geleitet, wie sie auch in der gegenständlichen UN-Konvention festgelegt sind.

Menschen, die nicht geh- oder transportfähig sind und somit kein Wahllokal besuchen könnten, haben die Möglichkeit, sich an ihrem Aufenthaltsort (etwa ihrem Zuhause oder einer Heil- und Pflegeanstalt) von einer „fliegenden Wahlkommission“ (besonderen Wahlbehörde) besuchen zu lassen, um auf diese Weise ihre Stimme abzugeben. In größeren Heil- und Pflegeanstalten werden eigene Wahlsprengel eingerichtet. Eine Alternative besteht seit 2007 durch die Briefwahl. Ab dem Zeitpunkt der Ausstellung der Wahlkarte kann jederzeit – auch ohne Beisein einer Wahlbehörde – gewählt und die Stimme danach in der Wahlkarte an die zuständige Bezirkswahlbehörde übermittelt werden.

Mit dem Wahlrechtsänderungsgesetz 2010 wurde für Menschen mit besonderen Bedürfnissen erst kürzlich, am 1. März 2010, die Möglichkeit verankert, vor jedem Wahlereignis automatisch, also von Amts wegen, eine Wahlkarte zugeschickt zu bekommen, wenn sie dies wünschen. So muss nicht vor jeder Wahl ein neuerlicher Antrag für eine Wahlkarte gestellt werden und mit dem „Wahlkarten-Abonnement“ wird es leichter möglich, in der Folge die Briefwahl auszuüben oder eine „fliegende Wahlkommission“ anzufordern.

1992 wurde bei der Bundespräsidentenwahl erstmals eine speziell angefertigte Schablone für sehbehinderte Wählerinnen und Wähler zum eigenständigen Ausfüllen des amtlichen Stimmzettels zur Verfügung gestellt. Durch die Festsetzung einer Mindestgröße des amtlichen Stimmzettels auf DIN A 4 wurde die generelle Lesbarkeit der Stimmzettel gesteigert. Seit 1999 sind der neu genormte Stimmzettel und die Stimmzettel-Schablone in allen Wahlrechtskodifikationen (auf Bundesebene) verankert.

In einem Wahllokal dürfen sich körper- oder sinnesbehinderte Wählerinnen und Wähler auch von einer Person („Begleitperson“), die sie selbst auswählen können und gegenüber dem Wahlleiter bestätigen müssen, führen und bei der Wahlhandlung helfen lassen. Eine Vielzahl der rund 13.000 Wahllokale bei einer bundesweiten Wahl ist in Schulen oder Gasthäusern untergebracht, die nicht immer barrierefrei zugänglich sein können. Dennoch soll pro Gemeinde zumindest ein Wahllokal mit einem behindertengerechten Zugang zur Verfügung stehen. Die geltende Rechtslage stellt dabei einen Kompromiss zwischen den berechtigten Wünschen Wahlberechtigter mit Behinderungen und den faktischen Möglichkeiten der einzelnen Gemeinden dar.


Vor jeder Wahl wird im Rahmen von Erlässen und Rundschreiben des Bundesministeriums für Inneres auf die relevanten Regelungen betreffend Menschen mit besonderen Bedürfnissen hingewiesen. Diese Maßnahme dient nicht zuletzt der Bewusstseinsbildung bei den vollziehenden Stellen. Breites Informationsmaterial ist auch dem durchwegs im barrierefreien CMS-System programmierten Internet-Auftritt des Bundesministeriums für Inneres zu entnehmen. Darüber hinaus werden Konferenzen und Sitzungen mit Vertreterinnen und Vertretern der Wahlbehörden und anderer mit der Durchführung von Wahlen verbundener Institutionen (z.B. Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten, Auslandsösterreicher-Weltbund, Städtebund, Gemeindebund) regelmäßig zur Besprechung relevanter Vorschriften und Neuerungen im Wahlrecht genützt. So wurde etwa bei einer großangelegten Tagung der Wahlleiterinnen und Wahlleiter im Bundesministerium für Inneres am 28. Jänner 2010 ausführlich das neue Wahlkarten-Abonnement für Menschen, die nicht geh- oder transportfähig sind, behandelt.

 

Des Weiteren wird der UN-Konvention über die Rechte der Menschen mit Behinderungen durch Vollziehung des Bundes-Behindertengleichstellungsgesetzes (BGStG) sowie des Behinderteneinstellungsgesetzes (BEinstG) entsprochen.

 

Zu den Fragen 5 bis 7 und 12 bis 14:

Es wird auf die Beantwortung der parlamentarischen Anfrage 4704/J durch den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz verwiesen.

 

Zu den Fragen 10 und 11:

Es wird auf die Beantwortung der parlamentarischen Anfrage 4701/J durch den Bundeskanzler verwiesen.