615/AB XXIV. GP

Eingelangt am 10.03.2009
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BM für Unterricht, Kunst und Kultur

Anfragebeantwortung

Bundesministerium für

Unterricht, Kunst und Kultur

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

                                                                                                      Geschäftszahl:         BMUKK-10.000/0010-III/4a/2009

                                                         

                                                                                                     

Wien, 6. März 2009

 

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 593/J-NR/2009 betreffend die Zusammenhänge zwischen Ausbildung und Erwerbssituation von Migranten in Österreich, die die Abg. Anneliese Kitzmüller, Kolleginnen und Kollegen am 14. Jänner 2009 an mich richteten, wird wie folgt beantwortet:

 

Zu Fragen 1 bis 3:

Vorweg ist in Bezug auf „Early School Leaving/Drop-Out“ in der Gesamtheit der österreichischen Schülerinnen und Schüler festzuhalten, dass aus sozialen wie auch aus ökonomischen Gründen frühzeitiger Bildungsabbruch von Jugendlichen bzw. das Verlassen des Bildungssystems ohne Abschluss präventiv wie kurativ zu reduzieren ist. Strategien zu Verbesserung der Situation werden im nationalen wie auch im EU-Kontext (z.B. Benchmarks, ESF) gefordert. Österreich nimmt auch an den Peer-Learning-Activities (PLA)-Clusters zu Access and Social Inclusion der EU-Kommission teil.

 

Einer von fünf Benchmarks im Bildungsbereich, die 2003 durch den Rat Bildung festgelegt wurden, definiert sich in der Weise, dass bis 2010 ein EU-Durchschnittswert von höchstens 10% frühzeitiger Schulabgängerinnen bzw. Schulabgänger erreicht werden soll (Strukturindikator). Gesamteuropäisch liegt Österreich 2007 mit einem Wert des Anteils der frühzeitigen Schulabgängerinnen bzw. Schulabgänger (d.h. ohne Sekundarstufe II – Abschluss) von über 10% (2005: 9%) recht gut, jedoch steigend; EU-15-weit lag die Quote der Schulabbrecherinnen bzw. Schulabbrecher bei 18,8%.

 

Um eine Senkung der österreichischen Quote bis 2010 zu gewährleisten, hat das Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur im Rahmen des EU-Benchmark 1 mehrere Studien beauftragt, um über entsprechende Daten für eine evidence based policy zu verfügen:

-     „Schulschwänzen-Verweigern-Abbrechen“ zum Bereich „Early School Leaving und Drop out”, empirische Studie der Universität Graz, Band 19 der Reihe Bildungsforschung des BMBWK, 2006 (http://www.bmukk.gv.at/schulen/sb/schulwschwaenzen.xml)

-     „Das Befinden von Kindern und Jugendlichen in der Schule“, empirische Studie der Universität Salzburg, Band 20 der Reihe Bildungsforschung des BMBWK, 2006 (http://www.bmukk.gv.at/schulen/sb/befindlichkeitsstudie.xml)

-     „Dropoutstrategie. Grundlagen zur Prävention und Reintegration von Dropouts in Ausbildung und Beschäftigung“, IHS im Auftrag des BMUKK, November 2007 - interdisziplinäres Strategiepapier zur Wiedereingliederung Jugendlicher in das Schul- bzw. Arbeitsleben auf Basis aktueller Studien, das alle Key-Player des Bereichs Dropout involviert (http://www.bmukk.gv.at/schulen/sb/dropoutstrategie.xml)

 

Zur frühzeitigen Bekämpfung des Schulschwänzens, der Schulverweigerung und der rechtzeitigen Verhinderung des Schulausstiegs muss deren komplexen Ursachen hohes Augenmerk geschenkt werden. Die Maßnahmen sind oft thematisch nicht explizit auf Dropoutprävention hin ausgerichtet und werden auf unterschiedlichen Systemebenen im Innenraum der Schule, Schule und Umfeld wirksam:

-     Senkung der Klassenschülerhöchstzahl, Individualisierung

-     Ausweitung der Tagesbetreuung

-     Initiativen zur Integration, Ausbau der vorschulischen Erziehung, Sprachförderung, „Starting Strong“, Leseerziehung

-     Strategie zur Gewaltprävention „Gemeinsam gegen Gewalt“ , Aktion „Faire Schule“, „eigenständig werden“, „Faustlos“

-     soziales Lernen (ÖZEPS; Sozialkompetenztrainerinnen und Sozialkompetenztrainer; Cool im BHS-Bereich, Verhaltensvereinbarungen)

-     Peer-Mediation – Leitfaden für Schulen; schulartenübergreifende Lehrgänge für Lehrkräfte

-     Projekt zu Schulsozialarbeit

-     Schulpsychologie – Erhöhung der Anzahl der Schulpsychologinnen und Schulpsychologen – Bildungsberatung - Gesamtstrategie zu Berufsorientierung

-     Gender – Initiativen

-     Partizipation und Elternarbeit

-     Erwachsenenbildung (LLL; HS-Kurse über ESF), Angebote für kostenloses Nachholen des HS-Abschlusses (bis zum 18. Lebensjahr)

 

Zu Fragen 4 bis 24:

Hinsichtlich dieser volkszählungsbezogenen Fragestellungen sind im Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur keine diesbezüglichen Statistiken verfügbar. Eine Befassung der Bundesanstalt „Statistik Österreich“ hat ergeben, dass es in der (letzten) Volkszählung eine Kategorie „kein Schulabschluss“ nicht gegeben hat. Da das Bildungsstandregister mit den Daten der Volkszählung aufgesetzt wurde, können Fragen nach der Anzahl der Personen ohne Schulabschluss aus dem Bildungsstandregister nicht beantwortet werden. Für junge Personen wäre dies in Zukunft auch nur mit der Einschränkung möglich, dass nicht bekannt ist, wie viele Personen ohne Schulabschluss in Österreich einen Abschluss im Ausland erworben haben. Im Mikrozensus wird zwar sowohl Migrationshintergrund als auch höchster Bildungsabschluss einschließlich der Kategorie „kein Schulabschluss“ erfasst, jedoch ist die Anzahl der Personen ohne Schulabschluss in der Stichprobe derart gering, dass keine zuverlässigen Aussagen über die Gesamtzahl möglich sind. Anhand des Mikrozensus (3. Quartal 2008) können jedoch Aussagen zur Anzahl der Personen mit Migrationshintergrund, die eine „Matura“ bzw. einen Hochschulabschluss aufweisen, getroffen werden; dazu wird auf die angeschlossene Beilage verwiesen.

 

Zu Frage 25:

Das Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur setzte und setzt eine Reihe von Maßnahmen, die darauf abzielen, dass Kinder die Sprache gut beherrschen (Details siehe www.sprich-mit-mir.at bzw. www.sprachbaum.at). Bezogen auf die deutsche Sprache ist auch der Sprachförder-Bildungsplan zu nennen, der in Kindergärten seit September 2008 verwendet wird und der durch das Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur entwickelt (und durch dieses im Sinne einer Pilotierung auch begleitet) wird. Maßnahmen zur Förderung der Unterrichtssprache Deutsch sind ferner im aktuellen Regierungsprogramm aufgelistet, darunter „Kindergarten als Bildungseinrichtung“ (u.a. individuelle Förderung mit dem Ziel der Heranführung an die Schulreife, auch hinsichtlich der Sprachkompetenzen der Kinder, sowie Erarbeitung eines einheitlichen Bildungsplans gemeinsam mit den Ländern zur Sicherstellung einheitlicher Qualitätsstandards), „Volksschule/Grundschule“ (u.a. Evaluierung der Schuleingangsphase mit dem Ziel der Entwicklung geeigneter Fördermaßnahmen für die Aufnahme schulpflichtiger Kinder, die der Unterrichtssprache nicht folgen können) sowie „Internationalität/Integration und Migration“ (u.a. Ausbau der Deutschförderkurse für außerordentliche Schülerinnen und Schüler sowie der Förderkurse für ordentliche Schülerinnen und Schüler mit mangelnden Deutschkenntnissen). Im Übrigen wird auf die Beantwortung der Fragen 53 und 54 verwiesen.

 

Zu Fragen 26, 29, 32, 35, 38, 41, 44, 47 und 50:

In § 6 Abs. 2b Schulpflichtgesetz 1985 sind die Voraussetzungen angeführt, die erfüllt werden müssen, um ein schulpflichtiges Kind in die Volksschule aufzunehmen. Diese Voraussetzungen gelten für ganz Österreich, sodass eine Differenzierung nach den Landeshauptstädten nicht nachvollzogen werden kann.

 

Zu Fragen 27, 28, 30, 31, 33, 34, 36, 37, 39, 40, 42, 43, 45, 46, 48, 49, 51 und 52:

Im Hinblick auf die gegebene Dezentralisierung im Schulwesen und im Zusammenhang mit den Zuständigkeiten bei Schulen und Schulbehörden steht zentral weder eine entsprechende Datenbasis zu den angesprochenen Themenfeldern zur Verfügung, noch bestehen statistische Verfahren dazu. Da Aufnahmen in Schulen im Wirkungsbereich der einzelnen Schulleitungen angesiedelt sind und eine Beantwortung der Fragestellungen zuvor die Durchführung einer umfangreichen Erhebung über die Bezirksschulräte an allen Schulen der genannten Städte voraussetzt, darf um Verständnis ersucht werden, dass auch im Hinblick auf den gegebenen Zeitrahmen eine Darstellung entsprechend der Fragestellungen nicht möglich ist.

 

Zu Fragen 53 und 54:

Die Fördermaßnahmen im Bereich Deutsch für Schülerinnen und Schüler mit anderen Erstsprachen als Deutsch an allgemein bildenden Pflichtschulen (Volksschulen, Hauptschulen, Sonderschulen, Polytechnische Schulen) wurden mit Beginn des Schuljahres 1992/93 ins Regelschulwesen übernommen. Der besondere Förderunterricht in Deutsch wird an Volks- und Sonderschulen (Unterstufe) auf Grundlage des Lehrplan-Zusatzes „Deutsch für Schüler mit nichtdeutscher Muttersprache“ (BGBl. Nr. 528/1992 idgF) erteilt. Der seit dem Schuljahr 2000/01 geltende Lehrplan für die Sekundarstufe I (BGBl. II Nr. 134/2000 für die Hauptschule und BGBl. II Nr. 133/2000 für die AHS-Unterstufe, jeweils idgF) enthält „Besondere didaktische Grundsätze, wenn Deutsch Zweitsprache ist“. Diese ersetzen im Bereich der Hauptschule (und der Volksschuloberstufe) den Lehrplan-Zusatz „Deutsch für Schüler mit nichtdeutscher Muttersprache“ aus dem Jahr 1992. Was die Polytechnische Schule betrifft, findet der Lehrplan für die Hauptschule (in der jeweils geltenden Fassung) „unter besonderer Berücksichtigung der vorausgegangenen schulischen Lernerfahrungen sowie unter Einbeziehung einer für die künftige berufliche Tätigkeit erforderlichen grundlegenden fachsprachlichen Schwerpunktsetzung Anwendung.“ Desgleichen wird der Lehrplan für die Hauptschule auf die Oberstufe der Sonderschule sinngemäß angewendet. Mit dem 1. September 2006 trat der Lehrplan für die unverbindliche Übung „Deutsch als Zweitsprache“ an der AHS-Oberstufe (5. bis inklusive 7. Klasse) in Kraft (BGBl. II Nr. 321/2006).

 

Zusätzlich zum besonderen Förderunterricht in Deutsch wurden ab dem Schuljahr 2006/07 in der Vorschulstufe sowie in den ersten vier Schulstufen für außerordentliche Schülerinnen und Schüler sog. „Sprachförderkurse“ eingerichtet (vgl. den inzwischen entfallenen § 14a des Schulorganisationsgesetzes). Dabei handelt es sich um Deutschförderkurse, denen der Lehrplan-Zusatz „Deutsch für Schülerinnen und Schüler mit nichtdeutscher Muttersprache“ zugrunde gelegt wird. Diese „Sprachförderkurse“ sind als zusätzliches Angebot zu den seit 1992 im Regelschulwesen verankerten Maßnahmen im Bereich Deutsch als Zweitsprache (siehe oben) zu verstehen. In den Schuljahren 2008/09 und 2009/10 können die Sprachförderkurse zusätzlich zur Vorschulstufe bzw. den Volksschulen auch für außerordentliche Schülerinnen und Schüler an Hauptschulen und Polytechnischen Schulen angeboten werden. Diese Kurse haben entsprechend § 8e Abs. 1 des Schulorganisationsgesetzes die Aufgabe, „Schülern von Volksschulen, Hauptschulen und Polytechnischen Schulen, die gemäß § 4 Abs. 2 lit. a des Schulunterrichtsgesetzes, BGBl. Nr. 472/1986, wegen mangelnder Kenntnis der Unterrichtssprache als außerordentliche Schüler aufgenommen wurden, jene Sprachkenntnisse zu vermitteln, die sie befähigen, dem Unterricht der betreffenden Schulstufe zu folgen. Sie dauern ein Unterrichtsjahr und können nach Erreichen der erforderlichen Sprachkompetenz durch einzelne Schüler auch nach kürzerer Dauer beendet werden.“ Die Sprachförderkurse finden im Ausmaß von elf Wochenstunden statt und können ab einer Mindestzahl von acht Schülerinnen und Schülern eingerichtet werden, und zwar auch schulstufen-, schul- oder schulartenübergreifend. Eine integrative Führung dieser Kurse ist möglich. Lehrplangrundlage sind der Lehrplan-Zusatz „Deutsch für Schülerinnen und Schüler mit nichtdeutscher Muttersprache“ (Volksschulen) bzw. die „Besonderen didaktischen Grundsätze, wenn Deutsch Zweitsprache ist“ (Hauptschulen und Polytechnische Schulen). Entsprechend der grundsatzgesetzlichen Vorgaben des § 8e Abs. 3 des Schulorganisationsgesetzes entscheidet über die Einrichtung von Sprachförderkursen die nach dem Ausführungsgesetz zuständige Behörde; auf die entsprechenden Landesausführungsgesetze wird daher verwiesen.

 

Im Bereich der Refundierungen für die Pflichtschulen seitens des Bundes an die Länder werden die Sprachförderkurse in Form eines Abrufkontingentes als zweckgebundener Zuschlag zu den Refundierungen nach dem Finanzausgleichsgesetz gewährt. Für das Schuljahr 2006/07 wurden aus dem Titel „Sprachförderkurse“ von den Ländern 439 Planstellen und für das Schuljahr 2007/08 412 Planstellen abgerufen. Im Schuljahr 2008/09 wurden 443 Planstellen für diese Maßnahme genehmigt. Bewertet mit den Durchschnittspersonalausgaben für l2a1 bzw. l2a2 (BGBl. II Nr. 165/2007 bzw. BGBl. II Nr. 48/2008) entsprechen diese Planstellen folgenden

Ausgaben:

-     2006/07: 23.666.490 Euro (439 x 53.910)

-     2007/08: 22.210.920 Euro (412 x 53.910)

-     2008/09: 24.232.100 Euro (443 x 54.700)

 

Beilage

 

 

Die Bundesministerin:

 

Dr. Claudia Schmied eh.


BEILAGE

 

Bevölkerung in Österreich ab 15 Jahren nach höchster abgeschlossener Ausbildung und Migrationshintergrund, 3. Quartal 2008

 

 

 

 

 

 

 

Gesamt

Kein Migrations-hintergrund

Migrationshinter-grund gesamt

Erste Generation

Zweite Generation

in 1.000

 

 

 

 

 

 

 

Insgesamt

 

 

 

 

 

 

Insgesamt ab 15 Jahren

6.976,6

5.771,8

1.204,9

1.040,5

164,4

Höchste abgeschlossen Schulbildung

 

 

 

 

Pflichtschule

1.865,3

1.425,1

440,2

368,6

71,6

Lehre

2.495,1

2.183,9

311,2

261,4

49,9

BMS

907,1

805,0

102,2

86,4

15,8

AHS

998,8

800,0

198,8

180,3

18,5

Hochschulverw.LA;Universität, Fachhochschule

710,3

557,8

152,5

143,8

8,7

 

 

 

 

 

 

Q.: Statistik Austria, Mikrozensus-Arbeitskräfteerhebung 3. Quartal 2008. Migrationshintergrund ist definiert als Geburt beider Elternteile im Ausland. Bei unterschiedlichen Geburtsländern beider Elternteile wird jenes der Mutter für die Zuordnung verwendet.