7461/AB XXIV. GP

Eingelangt am 01.04.2011
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BM für Wirtschaft, Familie und Jugend

Anfragebeantwortung

 

Präsidentin des Nationalrates

Mag. Barbara PRAMMER

 

Parlament

1017 Wien

 

 

                                                                                            Wien, am 31.03.2011

 

                                                                                            Geschäftszahl:

                                                                          BMWFJ-10.101/0034-IK/1a/2011

 

 

In Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr. 7609/J betreffend „sozialistische Funktionäre im Versorgungsapparat Gemeinnütziger Wohnbau“, welche die Abgeordneten Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen am 4. Februar 2011 an mich richteten, stelle ich einleitend fest:

 

Die 191 gemeinnützigen Bauvereinigungen (gBV) in Österreich verwalten an die 800.000 Wohneinheiten, wobei jedoch rd. 250.000 als Wohnungseigentum organisiert sind. Diese Eigentümergemeinschaften können grundsätzlich jederzeit die Verwaltung wechseln.

 

Annuitäten für abbezahlte Kapitalmarktdarlehen werden nur gegebenenfalls - über gesetzlichen Auftrag - zur verstärkten Tilgung öffentlicher Förderdarlehen weiter verrechnet. Nach Auslaufen der Refinanzierungsphase darf das Entgelt jedoch grundsätzlich nicht höher sein als der (bundesweit niedrigste) burgenländische Richtwert minus 30 %. Das ist der Hauptgrund dafür, dass die Neubezugsmieten bei gBV um durchschnittlich 30 % niedriger liegen als der Gesamtdurchschnitt, das zudem bei einem relativ sehr hohen gemeinnützigen Neubauanteil.


Ein Vergleich der beiden Verwaltungskostensysteme nach dem Mietrechtsgesetz (MRG, § 22 iVm § 15a Abs. 3 Z1) und dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG, § 14 Abs. 1 Z6 iVm § 6 Abs. 1 Z1 Entgeltrichtlinienverordnung 1994, ERVO 1994) an Hand einer 70 m² Wohnung zeigt für das Jahr 2010 im MRG-Bereich eine monatliche Belastung von € 18, im WGG-Bereich hingegen von nur € 16,40, wobei zudem anzuführen ist, dass bei gBV im Wiedervermietungsfall generell keine Maklergebühren für die neuen Wohnungsnutzer anfallen.

 

Insgesamt laufen jährlich etwa 30 % aller Wohnbauförderungsmittel der Länder über gBV (= rund doppelt so viel als über gewerbliche Bauträger). GBV errichten aber andererseits mit jährlich etwa 15.000 Wohnungen etwa ein Drittel aller Neubauwohnungen und liegen mit einer thermisch-energetisch relevanten Sanierungsrate von 3-4 % um ein Mehrfaches über dem Bundesschnitt.

 

Bei gBV handelt es sich um ausschließlich privatrechtlich - als Genossenschaft, GesmbH oder AG - organisierte Unternehmen, deren besonderer Privilegierung - wie z.B. die Befreiung von der Körperschaftsteuer für den wohnungswirtschaftlichen Kernbereich ihrer Tätigkeiten - eine Fülle gesetzlicher Pflichten  - wie Gewinnerzielungs-, Gewinnausschüttungs- und Geschäftskreisbeschränkung sowie Vermögensbindung samt Reinvestitionszwang - gegenüberstehen.

 

Abgesehen von diesen besonderen gesetzlichen Auflagen handelt es sich bei gBV jedoch um Unternehmen und juristische Personen wie andere auch. Das gilt für den verfassungsrechtlich garantierten Grundrechtsschutz (Recht auf Erwerbsfreiheit, Eigentum, Datenschutz etc.) wie auch für die Bestellung von Organwaltern durch deren Eigentümer.

 

In einer aktuell fertiggestellten von meinem Ressort beauftragten Studie der WU Wien/KPMG heißt es: "Insgesamt enthält das WGG also ein geschlossenes System der Aufbringung, Sicherung und Verwendung von Eigenkapital. Die einzelnen Regelungen sollen die gemeinnützigen Bauvereinigungen in die Lage versetzen, ihrem zentralen Auftrag der kostengünstigen Wohnversorgung nachkommen zu können. Sie sollen ihnen einerseits die hierfür notwendige Eigenkapitalbasis sichern und andererseits garantieren, dass begünstigt gebildetes Eigenkapital den Zwecken dient, für die es gebildet wurde."


Antwort zu den Punkten 1 und 2 der Anfrage:

 

Das Ausmaß der auf Basis von pauschalierten Sätzen im Entgelt verrechneten Verwaltungskosten im Verhältnis zu den tatsächlich angefallenen Kosten wird je gBV und je Jahr von der Revision geprüft. Die entsprechenden Ergebnisse werden im Rahmen der Prüfberichte für alle 191 Unternehmen den zuständigen Landes- Aufsichtsbehörden übermittelt. Aus unterschiedlichen Gründen wie etwa aufgrund kleinstrukturierter Bestände in regionalen Streulagen haben durchschnittlich rd. 20% aller gBV Probleme, mit den Pauschalsätzen zur Deckung der Verwaltungskosten, die sich etwa im Verhältnis 70% zu 30% auf Personal- und Sachkosten aufteilen, das Auslangen zu finden.

 

Nach der zitierten Studie der WU Wien/KPMG erzielt die Branche insgesamt jedoch trotzdem einen Überschuss bei der Hausverwaltung, das sei "auch eine Folge der (richtigen) Überlegung, dass bei der Festlegung der Pauschalsätze [Anmerkung: in der ERVO 1994, BGBl. Nr. 924] nicht ein arithmetisches Mittel aller angefallenen Kosten der Branche herangezogen, sondern ein für den Großteil der gBV tragfähiger Satz festgelegt wurde. Den Kunden der GBV ist nämlich nicht geholfen, wenn sie zwar billigere Verwaltungskosten … gegen das erheblich erhöhte Risiko der Einstellung des Betriebes ihrer GBV wegen nachhaltiger Verluste – bis zur Insolvenz – tauschen müssten".

 

 

Antwort zu Punkt 3 der Anfrage:

 

Obwohl der Branche neben ihrer sozialen Bedeutung, mit einer Gesamtbilanzsumme von rd. € 37 Mrd. p.a. auch ein besonderes wirtschaftliches Gewicht zukommt, sind - anders als in anderen Bereichen - die "Bezüge von Vorstandsmitgliedern, Geschäftsführern und Angestellten" gesetzlich ausdrücklich begrenzt (§§ 25 und 26 WGG). Die Obergrenzen orientieren sich dabei am Bezugschema für Bundesbedienstete, zudem müssen die einzelnen Bezüge in einem angemessenen Verhältnis zur finanziellen Leistungskraft der gBV und zum Umfang ihrer Bau- und Verwaltungstätigkeit stehen, zumal sich die Branche auch sehr heterogen darstellt.


Antwort zu Punkt 4 der Anfrage:

 

GBV müssen - unabhängig von Rechtsform und Größe - einen Aufsichtsrat mit mindestens drei Mitgliedern installiert haben, wobei, gleichfalls anders als in anderen Branchen, ausdrücklich normiert ist (§ 2 Abs. 2 Gebarungsrichtlinienverordnung, GRVO, BGBl. Nr. 523/1979), dass die Gesamtkosten des Aufsichtsrates nicht mehr als 2 % der Verwaltungskosten des jeweiligen Unternehmens ausmachen dürfen. Bei ehrenamtlichen Mitgliedern des Aufsichtsrates darf zudem gar keine Entschädigung, sondern nur ein Auslagenersatz samt angemessenem Sitzungsgeld gewährt werden.

 

 

Antwort zu den Punkten 5 bis 11 der Anfrage:

 

In der o.a. GRVO (§ 2 Abs. 1) ist über den Aufsichtsrat hinaus zudem ausdrücklich vorgesehen, dass alle für "Dienstbezüge, Reisegebühren und Ruhegenüsse oder Entschädigungen aufzuwendenden Beiträge" angemessen sein müssen. Diese Angemessenheit hat sich an der "finanziellen Leistungskraft der gBV, der Summe ihrer Verwaltungseinheiten, dem Umfang ihrer Bautätigkeit und der sonstigen Struktur des Unternehmens" zu orientieren. Die Einhaltung der Regelungen auf Basis des WGG und der darauf beruhenden Verordnungen unterliegt der dauernden Aufsicht der gem. Art. 11 Abs. 1 Z 3 B-VG ("Volkswohnungswesen") zur Vollziehung zuständigen Landesregierungen. Dem Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend kommt keine Vollziehungskompetenz zu.