7485/AB XXIV. GP

Eingelangt am 01.04.2011
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BM für Gesundheit

Anfragebeantwortung

 

 

 

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag.a Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

Alois Stöger

Bundesminister

 

 

 

GZ: BMG-11001/0054-II/A/9/2011

Wien, am 30. April 2011

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische

Anfrage Nr. 7668/J der Abgeordneten Jarmer, Freundinnen und Freunde nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Frage 1:

Der Brief der Hilfsgemeinschaft der Blinden und Sehschwachen Österreichs ist mir bekannt. Ich stehe mit ihnen auch in dieser Angelegenheit in regelmäßigen Kontakt.

 

Grundsätzlich möchte ich festhalten, dass es immer mein vordringlichstes Ziel war und ist, unter bestmöglichem Einsatz der vorhandenen Mittel die flächendeckende, regional ausgewogene Versorgung mit qualitativ hochwertigen Gesundheitsleistun­gen und den freien Zugang zu den Einrichtungen des österreichischen Gesundheits­wesens sicherzustellen.


 

Für die Behandlung der altersbedingten Makuladegeneration in Krankenanstalten existiert seit 2008 eine entsprechende Abgeltung im Rahmen des Systems der Leistungsorientierten Krankenanstaltenfinanzierung (LKF).

 

Das LKF-System sieht gemäß Beschluss der Bundesgesundheitskommission vom 22. Juni 2009 eine LKF-systemkonforme Abrechenbarkeit von stationären und tagesklinischen Fällen mit „Intravitrealen Injektionen mit Anti-VEGF“ aufgrund
der Diagnose „Makuladegeneration“ im Rahmen der entsprechenden Diagnosen­fallgruppe HDG03.04 und eine dem derzeit durchschnittlichen Aufwand ent-

sprechende Bepunktung dieser Diagnosenfallgruppe vor. Im Rahmen dieses Beschlusses wurde auch eine regelmäßige Evaluierung der Leistungs- und Kostenentwicklung vereinbart. Diese erfolgt seither kontinuierlich auf Grundlage der von den Krankenanstalten übermittelten Diagnosen- und Leistungsberichte sowie Kosten- und Statistikmeldungen. Auf Grund der derzeit vorliegenden Daten besteht derzeit keine Notwendigkeit, die von der Bundesgesundheitskommission ab dem LKF-Modell 2010 getroffene Regelung für die Abrechenbarkeit von tagesklinischen und stationären Krankenhausaufenthalten bei Erbringung dieser Leistung zu ändern.

 

Fragen 2, 4 und 5:

Derzeit sind zwei nahezu idente Wirkstoffe (Bevacizumab, Ranibizumab) im Einsatz, wobei einer der beiden Wirkstoffe zur Behandlung der feuchten, altersbedingten Maculadegeneration (Ranibizumab) zugelassen ist.

 

Beide Substanzen wurden vom selben Biotechnologieunternehmen entwickelt und haben das gleiche Ziel: die Verhinderung des Wachstums neuer Blutgefäße. Ranibizumab wurde aus Bevacizumab weiterentwickelt und weist eine geringfügig modifizierte Molekularstruktur auf. Obwohl Bevacizumab das erste Medikament war, das zur Behandlung der Makuladegeneration (im Off-Label-Use) zur Anwendung kam, wurde vom Hersteller für diesen Wirkstoff nie eine Zulassung für die Anwendung am Auge beantragt.

 

In vielen europäischen Ländern wie auch in den USA wird auf Grund der Ähnlichkeit der Wirksubstanzen und der Wirkziele häufig auch weiterhin der erstverwendete Wirkstoff Bevacizumab zur Behandlung der Augenerkrankung im Off-Label-Use eingesetzt.

 

Dazu ist festzuhalten, dass die Entscheidung über eine medizinische Behandlung im Einzelfall beim behandelnden Arzt/der behandelnden Ärztin liegt. Der Arzt/die Ärztin hat dabei nach Maßgabe der ärztlichen Wissenschaft und Erfahrung vorzugehen. In diesem Rahmen kann auch die Anwendung nicht zugelassener Arzneimittel oder die Anwendung zugelassener Arzneimittel in einer nicht zugelassenen Indikation erfolgen (Off-Label-Use). Diese Einzelfallentscheidung kann nicht durch eine Empfehlung meines Ressorts ersetzt werden.


 

Seitens des Bundesministeriums für Gesundheit erfolgen in dieser Hinsicht keine Vorgaben. Die Leistungsorientierte Krankenanstaltenfinanzierung (LKF) macht keine Vorgaben zu den zu verwendenden Medikamenten und bildet lediglich die bestehenden Kosten ab. Wie bereits zu Frage 1 ausgeführt, werden die vorliegenden Daten regelmäßig analysiert. Sollte sich ein Änderungsbedarf zur gegebenen Situation ergeben, wird das LKF-Modell entsprechend modifiziert werden.

Im Übrigen darf ich auf meine Ausführungen zu Frage 3 verweisen.

 

Frage 3:

Die Anwendung von Bevacizumab wird seitens der medizinischen Expert/inn/en insbesondere damit begründet, dass umfangreiche Anwendungsbeobachtungen ein vergleichbares Wirkungs- und Nebenwirkungsprofil der beiden Substanzen zeigen.

 

Endgültige Klarheit sollte eine Reihe direkter Vergleichsstudien bringen, deren Ergebnisse bis Ende des Jahres 2011 erwartet werden. Eine davon, die so genannte MANTA-Studie (Multicenter Anti-VEGF Trial in Austria), wurde 2007 in Österreich initiiert; zehn österreichische Augenzentren in Wien, Linz, Salzburg, Graz und Inns­bruck nehmen daran teil. International wurden bis zur Mitte des Vorjahres rund 700 Originalarbeiten zum Thema veröffentlicht, die ebenfalls in diese Richtung gehen.

 

Frage 6:

Im Rahmen der Bundesgesundheitskommission wurde mit den Ländern akkordiert, dass die Behandlung der feuchten altersbedingten Makuladegeneration (Diagnose und gegebenenfalls Therapie mit Anti-VEGF-Medikamenten) für die Patient/inn/en in Krankenanstalten sichergestellt wird. Für die Verabreichung in ambulanten Einrichtungen müssen jedenfalls die erforderlichen Voraussetzungen (Vorhandensein steriler Eingriffsräume, ausreichendes Know-how, Sicherstellung unmittelbarer Nachbetreuung u.a.m.) zur Gewährleistung einer höchstmöglichen Patient/inn/ensicherheit gegeben sein.

Hinsichtlich der Erbringung dieser Leistungen im niedergelassenen Bereich bestehen gewisse Bedenken, ob derzeit die eben genannten, für eine komplikationsfreie und qualitativ hochwertige Versorgung erforderlichen Voraussetzungen in ausreichendem Maße gewährleistet sind.