7522/AB XXIV. GP
Eingelangt am
04.04.2011
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BM für Land- und
Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
Anfragebeantwortung
NIKOLAUS BERLAKOVICH
Bundesminister
An die Zl. LE.4.2.4/0020-I 3/2011
Frau Präsidentin
des Nationalrates
Mag.a Barbara Prammer
Parlament
1017 Wien Wien, am 1. April 2011
Gegenstand: Schriftl. parl. Anfr. d. Abg. z. NR Ing. Kurt Gartlehner, Kolleginnen und
Kollegen vom 4. Februar 2011, Nr. 7588/J, betreffend Bienensterben
Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage der Abgeordneten Ing. Kurt Gartlehner, Kolleginnen und Kollegen vom 4. Februar 2011, Nr. 7588/J, teile ich Folgendes mit:
Zu Frage 1:
Für die Winterverluste der Perioden 2007/2008, 2008/2009 und 2009/2010 gibt es Daten auf Basis einer anonymen Fragebogenerhebung des Instituts für Zoologie der Universität Graz und des Instituts für Bienenkunde der AGES, die an die COST-Aktion FA0803 („COLOSS“) angekoppelt ist. Die bisher erfassten Winterverluste waren im Durchschnitt 13,3% (2007/08), 9,3% (2008/09) und 16,2% (2009/10).
Die Ergebnisse für die Jahre 2007 – 2009 wurden bereits publiziert (Brodschneider, Moosbeckhofer, Crailsheim, 2010), die Ergebnisse für die Winterverluste 2009/2010 wurden zur Veröffentlichung in der Imkerfachzeitschrift „Bienenaktuell“ eingereicht (Brodschneider, Moosbeckhofer, Crailsheim, 2011).
Zu Frage 2:
Auf Basis des österreichischen Projektes „Maßnahmen zur Förderung der Bienengesundheit – Klärung von Bienenverlusten mit unbekannter Ursache“ liegen Daten aus drei Untersuchungsjahren vor. Die Ergebnisse zeigen, dass sowohl Pathogene und Parasiten als auch Insektizide bzw. Frevelfälle an den untersuchten Völkerverlusten beteiligt waren. Der diesbezügliche Gesamtbericht ist von der AGES-Website abrufbar (www.ages.at).
Hinsichtlich des Ausmaßes des „Bienensterbens“ ist festzuhalten, dass während der Überwinterungsperiode hauptsächlich Völkerverluste bzw. eine Schwächung der Völker aufgetreten sind, während in der aktiven Zeit (Frühjahr – Sommer) in erster Linie zeitlich und im Umfang begrenzte Bienenverluste registriert wurden.
Die regionale Verteilung des „Bienensterbens“ (im Sinne von Völkerverlusten bzw. des Absterbens eines Teiles der in einem Volk vorhandenen Bienen) stellt sich in der Praxis differenziert dar. Es gibt sowohl von Region zu Region als auch von Betrieb zu Betrieb und sogar von Stand zu Stand beträchtliche Unterschiede im Prozentsatz abgestorbener Bienenvölker bzw. Bienen.
Weitere Ergebnisse, die im Zuge des laufenden Projektes „MELISSA“ (Untersuchungen zum Auftreten von Bienenverlusten in Mais- und Rapsanbaugebieten Österreichs und möglicher Zusammenhänge mit Bienenkrankheiten und dem Einsatz von Pflanzenschutzmitteln) erhoben wurden, sind unter www.dafne.at abrufbar.
Zu den Fragen 3 und 4:
Fragen zur Persistenz, dem Anreicherungsverhalten im Boden, sowie zu Nebenwirkungen bei Pflanzen und Tieren sind jeweils Gegenstand sowohl im Bewertungsverfahren von Wirkstoffen auf EU-Ebene und bei Pflanzenschutzmittel-Formulierungen auch auf nationaler Ebene. Auf Basis der abgeleiteten Umweltkonzentrationen, die auch das Akkumulationspotential berücksichtigen, werden die Auswirkungen auf Nichtzielorganismen bewertet.
Die langfristigen Auswirkungen auf Nichtzielorganismen wurden im Zuge des EU-Bewertungsverfahren und dem nationalen Zulassungsverfahren gemäß den aktuellen EU-Bewertungskriterien bewertet.
Entsprechende Daten und Schlussfolgerungen zu Wirkstoffen sind auf der Website der EFSA (http://www.efsa.europa.eu/de) öffentlich zugänglich.
Zu Frage 5:
Mit Stand 18.02.2011 sind folgende Pflanzenschutzmittel auf Basis von neonicotinoiden Wirkstoffen in Österreich zugelassen (Quelle: BAES-Online-Datenbank, www.psm.ages.at, BVL-Online-Datenbank, https://portal.bvl.bund.de/psm/jsp/, CTB-Online-Datenbank, http://www.ctb-wageningen.nl/):
Wirkstoff Clothianidin:
Poncho Pfl.Reg.Nr.: 2839
Poncho Beta Pfl.Reg.Nr.: 3044
Dantop BRD-Reg.Nr.: 025583-00
Elado BRD-Reg.Nr.: 005849-00
Janus BRD-Reg.Nr.: 005505-00
Poncho Beta BRD-Reg.Nr.: 005495-00
Poncho ungefärbt BRD-Reg.Nr.: 025429-00
Poncho Beta NL-Reg.Nr.: 13044
Poncho Rood NL-Reg.Nr.: 13276
Wirkstoff Imidacloprid:
Confidor 70 WG Pfl.Reg.Nr.: 2602
Kohinor 70 WG Pfl.Reg.Nr.: 2602/1
Confidor 70 WG Pfl.Reg.Nr.: 2602/2
Lizetan-Combistäbchen Pfl.Reg.Nr.: 2629
Gaucho 600 FS Pfl.Reg.Nr.: 2634
Lizetan Plus Zierpflanzenspray Pfl.Reg.Nr.: 2677
Lizetan-Combigranulat Pfl.Reg.Nr.: 2714
Gaucho 600 FS ungefärbt Pfl.Reg.Nr.: 2721
Chinook Pfl.Reg.Nr.: 2757
Antarc BRD-Reg.Nr.: 004674-00
Bayer Garten 3 in 1 Schädlingsfrei BRD-Reg.Nr.: 006267-00
Bayer Garten 3 in 1 Schädlingsfrei Lizetan BRD-Reg.Nr.: 006267-60
Bayer Garten Combigranulat BRD-Reg.Nr.: 024590-60
Bayer Garten Combigranulat Lizetan BRD-Reg.Nr.: 024590-00
Bayer Garten Combistäbchen BRD-Reg.Nr.: 024386-62
Bayer Garten Combistäbchen Lizetan neu BRD-Reg.Nr.: 024386
Bayer Garten Gartenspray BRD-Reg.Nr.: 024415-63
Bayer Garten Gartenspray Provado BRD-Reg.Nr.: 024415-67
Bayer Garten Rosen Schädlingsspray BRD-Reg.Nr.: 024415-64
Bayer Garten Rosen-Schädlingsfrei BRD-Reg.Nr.: 004653-61
Bayer Garten Rosen-Schädlingsfrei Provado BRD-Reg.Nr.: 004653-64
Bayer Garten Rosen-Schädlingsspray Provado BRD-Reg.Nr.: 024415-66
Bayer Garten Schädlingsfrei Provado BRD-Reg.Nr.: 004653-63
Bayer Garten Spinnmilbenspray BRD-Reg.Nr.: 024415-61
Bayer Garten Universal-Schädlingsfrei BRD-Reg.Nr.: 004653-60
Bayer Garten Zierpflanzenspray BRD-Reg.Nr.: 024415-62
Bayer Garten Zierpflanzenspray Lizetan BRD-Reg.Nr.: 024415-65
Confidor WG 70 BRD-Reg.Nr.: 024185-00
Gaucho FS ungefärbt BRD-Reg.Nr.: 004794-00
Gaucho WS BRD-Reg.Nr.: 004787-00
Imprimo BRD-Reg.Nr.: 004680-00
Lizetan Plus Zierpflanzenspray BRD-Reg.Nr.: 024415-00
Lizetan-Combistäbchen BRD-Reg.Nr.: 024386-00
Monceren G BRD-Reg.Nr.: 005960-00
Provado 5 WG BRD-Reg.Nr.: 004653-00
Provado Gartenspray BRD-Reg.Nr.: 024415-60
Rubisol WG BRD-Reg.Nr.: 004653-62
Traffic BRD-Reg.Nr.: 004681-00
Warrant 700 WG BRD-Reg.Nr.: 024185-60
Admire NL-Reg.Nr.: 11483
Admire N NL-Reg.Nr.: 12945
Admire N pin NL-Reg.Nr.: 11998
ADMIRE O-TEQ NL-Reg.Nr.: 12942
Amigo Flex NL-Reg.Nr.: 11662
GAUCHO NL-Reg.Nr.: 11455
GAUCHO ROOD NL-Reg.Nr.: 11601
GAUCHO TUINBOUW NL-Reg.Nr.: 12341
Gazon-Insect NL-Reg.Nr.: 12919
Imex-Imidacloprid NL-Reg.Nr.: 11547
Kohinor 70 WG NL-Reg.Nr.: 13363
Merit Turf NL-Reg.Nr.: 13321
MonAmi NL-Reg.Nr.: 13059
POKON Plantstick NL-Reg.Nr.: 12219
Provado Garden NL-Reg.Nr.: 12115
Wirkstoff Thiamethoxam:
Actara Pfl.Reg.Nr.: 2778
Actara Pfl.Reg.Nr.: 2778/1
Actara 25 WG Pfl.Reg.Nr.: 2778/2
Cruiser 70 WS Pfl.Reg.Nr.: 2819
Cruiser 350 FS Pfl.Reg.Nr.: 2864
Cruiser 600 FS Pfl.Reg.Nr.: 3033
ACTARA BRD-Reg.Nr.: 006212-00
COMPO Axoris Insekten-frei AF BRD-Reg.Nr.: 006192-00
COMPO Axoris Insekten-frei für Orchideen BRD-Reg.Nr.: 006192-61
COMPO Axoris Insekten-frei Konzentrat BRD-Reg.Nr.: 006181-60
COMPO Axoris Insekten-frei Quick-Granulat BRD-Reg.Nr.: 026146-00
COMPO Axoris Insekten-frei Quick-Sticks BRD-Reg.Nr.: 026147-00
COMPO Axoris Insekten-frei Spritz-u.Gießm. BRD-Reg.Nr.: 006181-00
COMPO Axoris Zierpflanzen-Spray BRD-Reg.Nr.: 006192-60
CRUISER 600 FS BRD-Reg.Nr.: 006034-00
CRUISER 70 WS BRD-Reg.Nr.: 024874-00
CRUISER OSR BRD-Reg.Nr.: 024922-00
Magna BRD-Reg.Nr.: 006034-60
Actara NL-Reg.Nr.: 12679
Axoris Quick-Gran NL-Reg.Nr.: 13215
Axoris Quick-Sticks NL-Reg.Nr.: 13216
Cruiser 350 FS NL-Reg.Nr.: 12913
Cruiser 70 WS NL-Reg.Nr.: 12852
Cruiser SB NL-Reg.Nr.: 12863
Zu den Fragen 6 bis 8:
Eine Statistik über die in Verkehr gebrachten Pflanzenschutzmittelwirkstoffmengen erscheint jährlich im Grünen Bericht (www.gruenerbericht.at), dort findet sich die Begründung für die Zu- bzw. Abnahme des Mitteleinsatzes.
Eine Statistik über den jährlichen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in Österreich sowie in spezifischen Kulturen ist in Anwendung der „Verordnung (EG) Nr. 1185/2009 über Statistiken zu Pestiziden“ in den nächsten Jahren geplant.
Zu den Fragen 9 und 11:
Österreich ist verpflichtet, den als Quarantäneschädling gelisteten Maiswurzelbohrer in isolierten Befallsgebieten auszurotten bzw. seine Verbreitung entlang der natürlichen Ausbreitungsgrenze einzudämmen (Entscheidung 2003/766/EG, geändert durch die Entscheidungen 2006/564/EG und 2008/644/EG sowie Empfehlung 2006/565/EG). Die Verwendung von Pflanzenschutzmitteln zur Beizung des Maissaatgutes ist neben dem Fruchtwechsel die einzige praktikable Lösung zur Eindämmung und Bekämpfung dieses Quarantäneschädlings.
Aus Vorsorgegründen wurden seitens des Bundesamts für Ernährungssicherheit (BAES) für die Saisonen 2009, 2010 und 2011 risikomindernde Auflagen für insektizide Maisbeizmittel zum Schutz der Umwelt (insbesondere der Bienen) vorgeschrieben sowie weitergehende Maßnahmen gesetzt bzw. die Zulassungen dieser insektiziden Pflanzenschutzmittel abgeändert. Mit den neuen Maßnahmen und Auflagen zur Risikominderung ist eine Aufrechterhaltung der Zulassungen von insektiziden Beizmitteln in Mais möglich und vertretbar. Die Auflagen zur Risikominderung sind auf der Homepage der AGES (www.ages.at) einsehbar. Unabdingbar ist jedoch, dass diese vorgeschriebenen Maßnahmen und Auflagen in der Praxis lückenlos umgesetzt und eingehalten werden.
Darüber hinaus wurde eine „Saatgut-Beiz-Verordnung“ erlassen, die hinsichtlich der Qualitätssicherung und Kennzeichnung von gebeiztem Maissaatgut neue Maßstäbe gesetzt hat.
Zu Frage 10:
Es liegen diesbezüglich keine Abschätzungen vor.
Zu Frage 12:
Pflanzenschutzmittelwirkstoffe, die die hohen Sicherheitsstandards nicht erfüllen konnten, wurden nicht in den Anhang I der Richtlinie 91/414/EWG aufgenommen. Eine entsprechende Zulassung von Pflanzenschutzmitteln mit diesen Wirkstoffen ist daher nicht mehr möglich, bereits zugelassene Produkte wurden vom Markt genommen.
Zu Frage 13:
Die Publikationen von Tennekes und Sancho-Bajo sind den Behörden bekannt.
Hinsichtlich der Beurteilung der Ergebnisse dieser Studien in Bezug auf den Zulassungsstatus von Imidacloprid und Thiacloprid wird erwähnt, dass auf dem Gebiet der Bienentoxizität weiterer Forschungsbedarf besteht und mehr Daten zu den Langzeitrisiken von Pflanzenschutzmitteln für Bienen notwendig sind.
Zu den Fragen 14 bis 16:
Die genannte Dissertation wurde bislang nicht geprüft, es wird aber darauf hingewiesen, dass die örtlichen Gegebenheiten sowie die landwirtschaftlichen Praktiken in den Niederlanden speziell in Zusammenhang mit Oberflächengewässern nicht direkt mit den österreichischen Verhältnissen vergleichbar sind.
In Umsetzung der Gewässerzustandsüberwachungsverordnung (GZÜV) wurde insbesondere 2010 das "Sondermessprogramm PSM und Metabolite 2010 in Grundwasser (GW) und Fließgewässern (FG)" zur weiteren Erfassung von Pflanzenschutzmitteln und deren Metaboliten – über die laufenden Untersuchungen der GZÜV hinaus – durchgeführt.
Mit dem GZÜV-Sondermessprogramm 2010 wurde der Wirkstoff Thiacloprid untersucht, der in keinem Fall (GW und FG) nachgewiesen werden konnte.
Die Substanz Imidachloprid wurde nicht gemessen.
Zu Frage 17:
Die direkten Auswirkungen auf Vögel wurden im Rahmen einer komplexen Risikobewertung gemäß RL 91/414/EWG und dem Leitfaden-Dokument der Kommission bewertet. Die Beurteilung der indirekten Auswirkungen von Pflanzenschutzmittel auf Vogelpopulationen ist entsprechend den Bewertungsrichtlinien (RL 91/414/EWG) nicht vorgesehen.
Zu Frage 18:
Seitens der österreichischen Zulassungsbehörde (BAES) werden neue wissenschaftliche Erkenntnisse in der Bewertung von Pflanzenschutzmitteln berücksichtigt.
Zu Frage 19:
Gemäß den Grundsatzbestimmungen (§§ 13 und 14) im neuen Pflanzenschutzmittelgesetz 2011 hat die Landesgesetzgebung die Verwendung bzw. den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zu regeln und Maßnahmen zur Verringerung der Risiken sowie Einschränkungen und Verbote der Verwendung von Pflanzenschutzmitteln in bestimmten Gebieten in Umsetzung der „Richtlinie 2009/128/EG für die nachhaltige Verwendung von Pestiziden“ zu setzen.
Zu den Fragen 20 bis 22:
Es wurde ein gesamtheitliches Maßnahmenpaket ausgearbeitet, welches sowohl Aspekte des Bienenschutzes als auch landwirtschaftliche Aspekte berücksichtigt. Die entsprechende „Beizmittelstrategie“ ist auf der Homepage der AGES (www.ages.at) abrufbar.
Auf Grund der österreichischen Kompetenzlage sind die Länder für Pflanzenschutzmassnahmen zuständig. Derzeit werden entsprechende Landesverordnungen für die Bekämpfung des Maiswurzelbohrers erarbeitet. Diese sehen hinsichtlich der Anwendung von Beizmitteln eine restriktive Vorgangsweise im Zusammenhang mit der Fruchtfolgegestaltung vor.
Ziel der risikomindernden Auflagen ist einerseits die Minimierung der Entstehung von Staubabrieb durch sachgerechte und hochqualitative Beizverfahren, sowie sachgemäße Handhabung des gebeizten Saatgutes und der Saatgutsäcke, und andererseits die strikte Vermeidung von Staubabdrift in benachbarte blühende Pflanzenbestände während des Sävorganges.
Im Sinne der Koexistenz zwischen der landwirtschaftlichen Pflanzenproduktion und der Imkereiwirtschaft trägt diese Handlungsempfehlung zur Vermeidung/Verminderung des Risikos einer Exposition der Bienen und damit zum Bienenschutz bei.
Der Bundesminister: