7540/AB XXIV. GP

Eingelangt am 04.04.2011
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BM für Justiz

Anfragebeantwortung

 

 

DIE  BUNDESMINISTERIN
           FÜR  JUSTIZ

BMJ-Pr7000/0032-Pr 1/2011

 

An die

                                      Frau Präsidentin des Nationalrates

                                                                                                                           W i e n

 

zur Zahl 7621/J-NR/2011

 

Der Abgeordnete zum Nationalrat Ing. Norbert Hofer und weitere Abgeordnete haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Rechte leiblicher Väter“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Zu 1 und 2:

Die jüngsten Entscheidungen des EGMR zu Elternrechten (3.12.2009, Zaunegger gegen Deutschland, BeschwNo 22028/04; 21.12.2010, Anayo gegen Deutschland, BeschwNo 20578/07; 3.2.2011, Sporer gegen Österreich, BeschwNo 35637/03) sehen ein Recht auf Zugang zu Elternrechten vor, das auf die Kindesinteressen abstellt. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte geht somit implizit davon aus, dass es sich bei den Elternrechten um sogenannte "überbundene Rechte" handelt, nämlich um Rechte, die dem Inhaber der Rechte im Interesse eines Dritten, nämlich des Kindes, eingeräumt werden.


Im Fall Anayo geht der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte davon aus, dass die deutschen Gerichte im Hinblick auf die Rechtslage keine Abwägung dahin vorgenommen hätten, ob das begehrte Besuchsrecht im Kindesinteresse liegt (P 67). Die deutsche Rechtslage sah nämlich nur vor, dass ein Besuchsrecht zu engen Bezugspersonen oder zu Personen, die elterliche Verantwortung haben oder gehabt haben, eingeräumt werden kann (§ 1685 Abs. 2 BGB).

In Österreich wurde durch das KindRÄG 2001 § 148 Abs. 4 ABGB eingefügt. Dieser ermöglicht ein gerichtlich geregeltes Besuchsrecht zu "einem hiezu bereiten Dritten", wenn dies im Kindesinteresse liegt.

Was die rechtliche Stellung des Vaters im Allgemeinen betrifft, so sei auf den ebenfalls durch das KindRÄG 2001 eingefügten § 163e ABGB hingewiesen. Diese Gesetzesstelle ermöglicht die Anerkennung der Vaterschaft auch in dem Fall, dass die Vaterschaft eines anderen Mannes feststeht. Damit kann ein biologischer Vater nicht nur auf diese Tatsache aufmerksam machen, sondern auch eine rechtliche Anerkennung seiner Vaterschaft erreichen, wenn die entsprechenden Zustimmungen (von Bedeutung ist vor allem, dass es beim bereits volljährigen Kind nur auf dessen Zustimmung ankommt) und Bezeichnungen vorgenommen werden.

Zu 3 bis 5:

Die Fragen fallen überwiegend nicht in meinen, sondern in den Wirkungsbereich der in Ausübung der Rechtsprechung unabhängigen Gerichte. Die – selbst im Rahmen einer parlamentarischen Anfragebeantwortung erfolgende – Veröffentlichung von Akteninhalten aus einem zivilgerichtlichen Verfahren würde eine Umgehung der Akteneinsicht darstellen, deren Gewährung ebenfalls allein der unabhängigen Rechtsprechung obliegt.

Zu 6 bis 8:

Nach den mir vorliegenden, aus Anlass der Anfrage im Rahmen der Dienstaufsicht eingeholten Informationen zum Verlauf und Stand des in der Anfrage relevierten Verfahrens liegt eine Untätigkeit der Justiz bezüglich der Wahrung des Umgangsrechtes nicht vor. Es wurden ferner sämtliche in dieser Angelegenheit an die staatsanwaltlichen Behörden ergangenen Anzeigen strafrechtlich geprüft. Dazu verweise ich auch auf meine Beantwortung der Parlamentarischen Anfrage zur Zahl 5872/J-NR/2010.


Zu 9:

Die Interpretation der österreichischen Gesetze im Einzelfall ist Aufgabe der in ihrer Rechtsprechung unabhängigen Gerichte, auf die ich als oberstes Organ einer Verwaltungsbehörde keinen Einfluss ausüben kann und darf.

. März 2011

 

 

(Mag. Claudia Bandion-Ortner)