9234/AB XXIV. GP

Eingelangt am 23.11.2011
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BM für Gesundheit

Anfragebeantwortung

 

    Alois Stöger

    Bundesminister

 

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag.a Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien    

 

 

 

GZ: BMG-11001/0287-I/A/15/2011

Wien, am 22. November 2011

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische

Anfrage Nr. 9412/J der Abgeordneten Ing. Heinz-Peter Hackl und weiterer Abgeordneter nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Fragen 1 und 2:

Ja. Im Zuge der amtlichen Lebensmittelkontrolle wird Geflügelfleisch stichprobenartig untersucht.

 


Frage 3:

Im Rahmen der amtlichen Lebensmittelkontrolle wurden keine positiven Ergebnisse bei Geflügelfleisch festgestellt. Zusätzlich zu den amtlichen Kontrollen bei Geflügelfleisch wurden weiterführende Studien durchgeführt. Dabei wurden bei Hühnerhautproben im Jahr 2008 in wenigen Fällen MRSA gefunden, bei Geflügelfleischproben waren alle Ergebnisse negativ.

 

Frage 4:

Im Jahr 2008 wurden im Rahmen eines speziellen Projektes, das im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) von der AGES durchgeführt wurde, 42 Hühnerhautproben untersucht, wobei bei zwei Proben (fünf Prozent) MRSA nachgewiesen wurde. Im gleichen Projekt wurden 50 Geflügelfleischproben untersucht, wobei in keiner der Proben MRSA nachgewiesen wurde. In den Jahren 2009, 2010 und 2011 (Stand Oktober) wurden bislang keine MRSA bei Geflügelfleischproben nachgewiesen.

Das BMG und die AGES befassen sich seit dem Jahr 2006 mit der Problematik „Livestock-associated methicillin-resistant Staphylococcus aureus“. Bereits im Jahr 2008 wurde dazu zur verstärkten Problembewusstseinsbildung eine öffentlich zugängliche Veranstaltung abgehalten.

 

Da auf Grund der damaligen europaweit geführten Diskussionen immer wieder auch Schweinebetriebe als mögliche Infektionsquellen genannt wurden, veranlasste die EU 2008 eine EU-weite Baseline-Studie MRSA in Zuchtschweinebetrieben. In Österreich wurden 75 Betriebe beprobt: Prävalenz von MRSA: 5,3 Prozent. In Deutschland wurden 46 Betriebe beprobt: Prävalenz von MRSA: 43,5 Prozent. EU-weit lag die Prävalenz von MRSA in Zuchtschweinebetrieben bei 14 Prozent. Daraus lässt sich ableiten, dass die Situation in Österreichischen Schweinezuchtbetrieben als sehr gut zu beurteilen ist.

 

Fragen 5 und 6:

Ja. Ein Antibiotika-Einsatz ist nur durch Tierärztinnen und Tierärzte nach veterinärmedizinischer Indikation und im Rahmen eines Betreuungsverhältnisses des Geflügelgesundheitsdienstes (GGD) erlaubt und muss dokumentiert werden. Festgelegte Wartezeiten regeln, dass aus tiermedizinischen Gründen verabreichte Antibiotika bzw. deren Abbauprodukte über einer bestimmten Konzentration zum Zeitpunkt der Schlachtung nicht mehr im Schlachtgeflügel vorhanden sind.

Das Tierarzneimittelkontrollgesetz, die Tiergesundheitsdienst-Verordnung (TGD-VO) und die Veterinärarzneispezialitätenanwendungs-Verordnung regeln, wann und wie die Tierarzneimittel abgegeben werden dürfen. Der Anhang der Veterinärarzneispezialitätenanwendungs-Verordnung zählt die betroffenen Tierarzneimittel und deren Anwendungsbedingungen auf.

Seit vielen Jahren wird im Rahmen eines nationalen Rückstandsüberwachungs-programms intensiv auf Antibiotikarückstände untersucht, wobei in den letzten drei Jahren keine Beanstandungen festgestellt wurden. Die dafür eingesetzten Nachweismethoden sind hoch empfindlich. Da es sich um ein sehr flexibles Kontrollsystem handelt, kann bei jedem Verdacht auf einen möglichen Einsatz eines bestimmten Antibiotikums gezielt reagiert werden.

 

Frage 7:

Ja. Um den Antibiotika-Einsatz auch quantitativ erfassen zu können, müssen entsprechende Mengenströme erhoben werden. Die Verkaufsdaten (top-down Analyse) für das Jahr 2010 wurden im Rahmen des EU-Projekts „European Surveillance of Veterinary Antimicrobial Consumption (ESVAC)“ bereits erhoben. In Ergänzung dazu wurde 2009/2010 das Projekt „Methodenvergleich zur Erfassung von Antibiotikamengenströmen im Veterinärbereich in Österreich“ durchgeführt. Um den Antibiotika-Einsatz auch quantitativ auf Zieltierarten eingrenzbar (bottom up Analyse) erfassen zu können, müssen entsprechende Mengenströme erhoben werden. Die Ergebnisse dieses Projektes fließen in die Arbeiten für die Erstellung einer nationalen rechtlichen Grundlage zur Überwachung der Antibiotikamengenströme ein. Zudem entwickelt eine Arbeitsgruppe der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA), an der auch Österreich sehr aktiv beteiligt ist, ein europäisches Modell zur Erfassung von Antibiotikamengenströmen (Anwendungsdaten in der Veterinärmedizin).

 

Frage 8:

Das Bakterium Staphylococcus aureus findet sich bei Mensch und Tier.

Es ist ein Bakterium, welches rund 30 Prozent der gesunden Bevölkerung besiedelt (Haut und Schleimhäute, insbesondere im Bereich des Naseneingangs), ohne Krankheitssymptome zu verursachen. Das Bakterium ist aber beim Menschen auch der wichtigste Erreger von eitrigen Infektionskrankheiten wie Abszessen, Furunkeln, Wundinfektionen oder Blutvergiftungen.

 

Als MRSA bezeichnet man jene Stämme von Staphylococcus aureus, die gegen alle Antibiotika der Betalaktamgruppe (Methicillin war bis 1975 in Österreich in Verwendung) unempfindlich sind. Vor allem diese, wegen ihrer Antibiotika-Unempfindlichkeit schwerer behandelbare Form ist seit mehr als einer Dekade im Fokus der Aufmerksamkeit.

 

Seit dem Jahr 2000 wird die Resistenzsituation überwacht; seit 2010 unter Koordination durch das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) unter der Bezeichnung EARS-Net (European Antimicrobial Resistance Surveillance Network). Bei EARS-Net handelt es sich um ein EU-weites humanes Resistenzdatenerfassungsprojekt, bei dem in Österreich 40 mikrobiologische Laboratorien freiwillig teilnehmen. Insgesamt wurden damit im Jahr 2010 Daten von 90 Prozent der österreichischen Krankenanstalten (Akutversorgung) gesammelt. Dies entspricht einem Erfassungsgrad von rund 90 Prozent (115 von 128 Krankenanstalten). Europaweit sind mittlerweile 28 Länder mit mehr als 900 Laboratorien und damit über 1400 Spitäler in das EARS-Net eingebunden.


Der MRSA-Anteil stabilisiert sich derzeit in den meisten EU-Ländern; sieben Länder berichten eine nachhaltig rückläufige Situation, darunter neben Österreich auch Frankreich, Irland, Litauen, Großbritannien und Zypern. Waren in Österreich im Jahr 2000 noch 17,6 Prozent der Staphylococcus aureus-Isolate aus Blutkulturen Methicillin-resistent (=MRSA), so waren es im Jahr 2010 nur mehr 7,5 Prozent.

 

Die gesundheitliche Gefährdung der Bevölkerung durch MRSA-Bakterien ist heute deutlich geringer als vor einem Jahrzehnt. Wenngleich die Situation in Österreich deutlich günstiger ist als z.B. in Deutschland (dortige MRSA Rate bei Blutkulturisolaten im Jahr 2010: 21 Prozent) und wenngleich bei uns MRSA derzeit nicht als prioritäres Problem anzusehen ist, wird der Resistenzentwicklung dennoch hohe gesundheitspolitische Relevanz zugesprochen.

 

Von 349 im Jahr 2011 (Stand 19. Oktober) an der AGES typisierten MRSA waren nur sieben humane Isolate dem klonalen Komplex CC 398 zuzurechnen; von 346 MRSA des Jahres 2010 nur neun humane Isolate. Nach Meinung von Expertinnen und Experten zeigt MRSA CC 398 eine geringere Virulenz (krankmachende Potenz, Giftigkeit) als andere MRSA Klone (van Cleef et al. (2011) Livestock-associated methicillin-resistant Staphylococcus aureus in humans, Europe. Emerg Infect Dis 17:502-505).

 

Fragen 9 bis 11:

Nein. Der GGD-QGV (Geflügelgesundheitsdienst - Qualitätsgeflügelvereinigung) hat eine Datenbank, die auf freiwilliger Basis auch dafür verwendet wird.

 

Die Erfassung jeder einzelnen Medikation in einer Datenbank ist aus fachlicher Sicht nicht zielführend und zudem nicht finanzierbar. Eine entsprechende Rechtsgrundlage für eine Überwachung des Antibiotikamengenstromes im Nutztierbereich auf Basis eines risikobasierten Stichprobenplans (siehe Frage 7) ist bereits in Entwicklung.