47/BI XXIV. GP

Eingebracht am 14.09.2012
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Bürgerinitiative

 

Keine Patente auf Tiere und Pflanzen!

Sehr geehrte Abgeordnete des Nationalrates!

Wir wenden uns an Sie, um Sie über die Probleme zu informieren, die durch das derzeitige Europäische Patentrecht verursacht werden. Wir sind besorgt über Patente auf Pflanzen und Tiere und deren Auswirkungen auf Bäuerinnen und Bauern, ZüchterInnen und VerbraucherInnen, auf Innovation und die biologische Vielfalt.

Das Europäische Parlament hat 1998 der Richtlinie „Rechtlicher Schutz Biotechnologischer Erfindungen“ (Dir. 98/44 EC) zugestimmt. Diese Richtlinie wurde 1999 auch in das Regelwerk des Europäischen Patentamtes übernommen, seitdem wurden etwa 900 Patente auf Tiere und etwa 1800 Patente auf Pflanzen erteilt.

Die Erfahrung der Patentierung von Pflanzen und Tieren über einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren zeigt, dass die negativen Folgen der europäischen Patentrichtlinie nicht länger übersehen werden dürfen:

         Innovationen werden behindert, weil es anderen Züchtern nicht erlaubt ist, mit den patentierten Pflanzen und Tieren weiter zu züchten.

         Patente sind der treibende Faktor hinter einer galoppierenden Marktkonzentration im Saatgutsektor, nachhaltige Entwicklung wird ausgeschaltet und kleine und mittelständische Züchter verdrängt.

         Die Patente führen zu höheren Preisen für Bäuerinnen und Bauern, zu weniger Auswahl für VerbraucherInnen und zu negativen Auswirkungen auf die agrarische Vielfalt.

Klare und wirksame Verbote der Patentierung fehlen. Wie verschiedene Entscheidungen des Europäischen Patentamtes zeigen, können die bestehenden Verbote der Patentierung von Pflanzen und Tieren sehr einfach umgangen werden. Zum Beispiel können Patente auf Gene oder Züchtungsmaterial leicht auf Pflanzensorten und Tierarten aus geweitet werden.

Wir sind sehr besorgt darüber, dass das Europäische Patentamt sogar immer mehr Patente auf die konventionelle Zucht von Pflanzen und Tieren erteilt. Dies ist eine alarmierende Entwicklung, da die konventionelle Zucht (ohne gentechnische Veränderungen) bisher als nicht patentierbar galt. In vielen Fällen erstrecken sich diese Patente auf die gesamte Kette der Lebensmittelerzeugung. Sogar nach der Entscheidung über die Patente auf Brokkoli und Tomaten (G2/07 und G1/08), dass keine Patente auf Verfahren zur konventionellen Zucht erteilt werden können, hat das Europäische Patentamt schon im Januar 2011 wieder damit begonnen, Patente auf Saatgut, Pflanzen und daraus gewonnene Lebensmittel zu erteilen. Derartige Patente befeuern den Konzentrationsprozess in der Saatgutbranche und schaffen neue Abhängigkeiten für Landwirte, Züchter und die Lebensmittelproduzenten. Es handelt sich um einen systematischen Missbrauch des Patentrechtes zur Aneignung der Grundlagen für die Lebensmittelproduktion.


Im Rahmen des Menschenrechts auf Nahrung muss die österreichische Regierung ihre Verpflichtung wahrnehmen und die Rechte der Bauern und Bäuerinnen auf Saatgut schützen und gewährleisten. Sie muss auch verpflichtend die „farmers rights auf freien Zugang, Nutzung, Tausch und Verkauf von Saatgut und den informellen Saatgutmarkt respektieren und in den gesetzlichen Rahmen integrieren. Wir wollen Sie bei der Gelegenheit darauf hinweisen, dass das Sortenschutzrecht und der Europäische Saatgutkatalog entsprechend angepasst werden müssen.

Wir fordern Sie auf, dem Beispiel anderer Parlamente zu folgen, die im Jänner 2012 einstimmig eine Resolution angenommen haben, die fordert, dass keine Patente auf konventionelle Züchtungsverfahren erteilt werden dürfen, sowie, dass die Schutzwirkung von Product-by-Process-Patenten auf die Verwendung des im Patent angegebenen Verfahrens beschränkt werden muss. Setzen Sie sich ein für eine Überarbeitung des Europäischen Patentrechtes und für klare Verbote der Patentierung von Züchtungsverfahren, von Züchtungsmaterial, Pflanzen und Tieren und von Lebensmitteln, die aus diesen gewonnen werden, auf europäischer und nationaler Ebene.

Mit freundlichen Grüßen,

„Forum der kritischen Tierhalterlnnen“