Vorblatt

Ziel:

1. Der vorliegende Gesetzentwurf dient vor allem der Umsetzung des Rahmenbeschlusses 2008/909/JI des Rates vom 27.11.2008 über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Urteile in Strafsachen, durch die eine freiheitsentziehende Strafe oder Maßnahme verhängt wird, für die Zwecke ihrer Vollstreckung in der Europäischen Union, ABl. L 2008/327, 27. Dieser beruht auf dem Grundgedanken, dass der Strafvollzug in jenem Staat vorzunehmen ist, der am ehesten geeignet ist, der Resozialisierung des Verurteilten zu dienen, und ist bis 5.12.2011 umzusetzen.

2. Daneben werden Umsetzungsmaßnahmen zu folgenden Rahmenbeschlüssen vorgeschlagen:

         -      Rahmenbeschluss 2006/960/JI des Rates vom 18.12.2006 über die Vereinfachung des Austauschs von Informationen und Erkenntnissen zwischen den Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten Europäischen Union, ABl. L 2006/386, 89, samt Berichtigung, ABl. L 2007/75, 26;

         -      Rahmenbeschluss 2009/299/JI des Rates vom 26. 2.2009 zur Änderung der Rahmenbeschlüsse 2002/584/JI, 2005/214/JI, 2006/783/JI, 2008/909/JI und 2008/947/JI, zur Stärkung der Verfahrensrechte von Personen und zur Förderung der Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Entscheidungen, die im Anschluss an eine Verhandlung ergangen sind, zu der die betroffene Person nicht erschienen ist, ABl. L 2009/81, 24, und

         -      Rahmenbeschluss 2009/315/JI des Rates vom 26.2.2009 über die Durchführung und den Inhalt des Austauschs von Informationen aus dem Strafregister zwischen den Mitgliedstaaten, ABl. L 2009/93, 23.

3. Weiters soll der Auslegung einer Übergangsbestimmung des Rahmenbeschlusses des Rates 2002/584/JI vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (ABl. L 2002/190, 1) durch den EuGH in seinem Urteil vom 12.8.2008, C-296/08, Goicoechea, Rechnung getragen werden.

4. Schließlich soll der kürzlich mit Resolution des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen vom 22.12.2010, 1966 (2010), geschaffene Residualmechanismus für das Internationale Gericht für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) und das Internationalen Gericht für Ruanda (ICTR) in das Bundesgesetz über die Zusammenarbeit mit den internationalen Gerichten, BGBl. Nr. 263/1996, aufgenommen werden, um eine Pflicht der österreichischen Behörden zur Zusammenarbeit mit dem Residualmechanismus einzuführen.

5. Daneben sollen noch kleinere Änderungen des EU-JZG und des ARHG vorgenommen werden, durch welche Unschärfen und Redaktionsversehen, zu denen es durch das Strafprozessreformbegleitgesetz II, BGBl. II Nr. 112/2007, gekommen ist, beseitigt und in der Praxis aufgetretene Unklarheiten einer unzweifelhaften Regelung zugeführt werden sollen, wobei diesbezüglich die Begutachtung bereits zu einem früheren Zeitpunkt durchgeführt wurde (s. Allgemeinen Teil der Erläuterungen, Punkt 8).

Inhalt:

1. Zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses 2008/909/JI wird die Einfügung eines neuen Abschnittes (§§ 39 bis 42g) in das Bundesgesetz über die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU-JZG) vorgeschlagen, in dem die innerstaatlichen Voraussetzungen für die Vollstreckung von in anderen Mitgliedstaaten ergangenen strafgerichtlichen Urteilen, in welchen Freiheitsstrafen oder mit Freiheitsentziehung verbundene vorbeugende Maßnahmen verhängt wurden, sowie für die Erwirkung der Vollstreckung derartiger Urteile österreichischer Gerichte durch andere Mitgliedstaaten geregelt werden sollen.

Die wesentliche Vereinfachung gegenüber geltendem Recht ist darin zu sehen, dass die Zustimmung des Vollstreckungsstaats und des Verurteilten zur Erwirkung der Vollstreckung im Vollstreckungsstaat in jenen Fällen nicht erforderlich ist, in denen die verurteilte Person die Staatsangehörigkeit des Vollstreckungsstaats besitzt und in diesem Staat entweder wohnhaft ist oder dorthin als Folge des Urteils nach Beendigung des Strafvollzugs abgeschoben würde. Auch der unmittelbare Behördenverkehr soll der Vereinfachung und Beschleunigung der Zusammenarbeit dienen.

2. Zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses 2006/960/JI soll festgelegt werden, dass die Sicherheitsbehörden Informationen und Erkenntnisse an einen anderen Mitgliedstaat ohne Vorliegen eines Rechtshilfeersuchens, sondern bloß mit Zustimmung der zuständigen Staatsanwaltschaft übermitteln dürfen (§ 57a EU-JZG).

Zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses 2009/299/JI sollen die geltenden Ablehnungsgründe des Abwesenheitsverfahrens im Sinne der Gewährleistungen eines verstärkten Rechtsschutzes für den Betroffenen geändert werden (§§ 11, 52a Abs. 1 Z 8 und 53a Z 10 und Z 10a EU-JZG).

Zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses 2009/315/JI sollen Regelungen über Inhalt und Form von Ersuchen um Übermittlung einer Strafregisterauskunft und über den Geschäftsweg geschaffen werden. Weiters sollen die Bedingungen für die Verwendung der übermittelten personenbezogenen Daten festgelegt werden (§§ 77 bis 80 EU-JZG).

Alternativen:

keine.

Auswirkungen des Regelungsvorhabens:

– Finanzielle Auswirkungen:

Im Hinblick darauf, dass sich weniger österreichische Staatsbürger in Strafhaft im EU-Ausland befinden als Staatsangehörige aus anderen EU-Mitgliedstaaten im österreichischen Strafvollzug sowie im Hinblick auf die vorgesehenen Fristen für die Entscheidung über die Vollstreckung und für die Durchführung der Überstellung ist davon auszugehen, dass die Bestimmungen über die Vollstreckung von Freiheitsstrafen zu einer gewissen Entlastung des österreichischen Strafvollzugs und damit auch zu einer gewissen Entlastung des Budgets führen werden. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass im Jahr 2010 auf Grund österreichischer Ersuchen 74 verurteilte Personen zum weiteren Strafvollzug an den Heimatstaat übergeben wurden. Es ist davon auszugehen, dass diese Zahl durch die Bestimmungen über die Vollstreckung von Freiheitsstrafen um ein Viertel erhöht werden kann. Die Kosten je Hafttag betragen in Österreich rund € 100,-; diese Kosten setzen sich jedoch überwiegend aus Fixkosten und nur zu einem geringeren Teil aus variablen Kosten zusammen, sodass ein „ersparter“ Hafttag nicht unmittelbar zu einer Ersparnis in der genannten Höhe führt. Konkrete Zahlen über den gesamten Minderbedarf bei den Haftaufwendungen können auch deshalb nicht genannt werden, weil dieser davon abhängig ist, wie viele andere Mitgliedstaaten den Rahmenbeschluss 2008/909/JI ebenfalls (fristgerecht) umsetzen und im Verhältnis zu welchen die betreffenden Bestimmungen daher angewendet werden können; überdies ist die Einsparung von der Dauer der im Einzelfall noch zu verbüßenden Freiheitsstrafe abhängig.

Dem erwähnten Minderbedarf bei den Haftaufwendungen steht ein gewisser Mehrbedarf bei den Transportkosten in der Höhe von etwa € 300,- pro Überstellungsfall gegenüber, der jedoch vernachlässigt werden kann, weil im Verhältnis zu den an Österreich angrenzenden Mitgliedstaaten regelmäßig eine kostengünstige Überstellung auf dem Landweg durchgeführt wird.

Zu den übrigen Änderungen ist – abgesehen davon dass sie sämtlich der Umsetzung europa- oder völkerrechtlicher Verpflichtungen dienen – von Kostenneutralität auszugehen.

– Wirtschaftspolitische Auswirkungen:

– Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Keine.

– Auswirkungen auf die Verwaltungskosten für Bürger/innen und für Unternehmen:

Es sind keine Informationsverpflichtungen für Unternehmen vorgesehen.

– Auswirkungen in umweltpolitischer Hinsicht, insbesondere Klimaverträglichkeit:

Keine.

– Auswirkungen in konsumentenschutzpolitischer sowie sozialer Hinsicht:

Keine.

– Geschlechtsspezifische Auswirkungen:

Keine.

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Die vorgesehenen Änderungen des Bundesgesetzes über die Zusammenarbeit mit den internationalen Gerichten fallen nicht in den Anwendungsbereich des Rechts der Europäischen Union.

Die übrigen Änderungen dienen der Umsetzung von Unionsrecht; weiters soll einem Urteil des EuGH Rechnung getragen werden.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Keine.


Erläuterungen

Allgemeiner Teil

1. Seit der Tagung des Europäischen Rates in Tampere (15./16.10.1999) erfolgt der Ausbau der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen innerhalb der Europäischen Union nach dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung (und Vollstreckung) gerichtlicher Entscheidungen.

Die ersten Rechtsakte, die auf diesem Grundsatz beruhen, waren der Rahmenbeschluss 2002/584/JI des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (ABl. L 2002/190, 1) und der Rahmenbeschluss 2003/577/JI des Rates vom 22. Juli 2003 über die Vollstreckung von Entscheidungen über die Sicherstellung von Vermögensgegenständen oder Beweismitteln in der Europäischen Union (ABl. L 2003/196, 45). Diese beiden Rechtsakte sind von Österreich durch das Bundesgesetz über die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU-JZG), BGBl. I Nr. 36/2004, umgesetzt worden.

Die folgenden, auf dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung beruhenden Rechtsakte, nämlich der Rahmenbeschluss 2005/214/JI des Rates vom 24.2.2005 über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung von Geldstrafen und Geldbußen (ABl. L 2005/76, 16) und der Rahmenbeschluss 2006/783/JI des Rates vom 6.10.2006 über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Einziehungsentscheidungen (ABl. L 2006/328, 59), wurden von Österreich durch das Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU-JZG) geändert wird (EU-JZG-ÄndG 2007), BGBl. I Nr. 38/2007, umgesetzt.

2. Das vorliegende Gesetzesvorhaben dient vor allem der Umsetzung des von Österreich, Finnland und Schweden initiierten Rahmenbeschlusses 2008/909/JI des Rates vom 27.11.2008 über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Urteile in Strafsachen, durch die eine freiheitsentziehende Strafe oder Maßnahme verhängt wird, für die Zwecke ihrer Vollstreckung in der Europäischen Union (im Folgenden: RB Vollstreckung von Freiheitsstrafen), ABl. L 2008/327, 27. Dieser beruht auf dem Grundgedanken, dass der Strafvollzug in jenem Staat vorzunehmen ist, der am ehesten geeignet ist, der Resozialisierung des Verurteilten zu dienen, und ist bis 5.12.2011 umzusetzen.

Die wesentliche Vereinfachung gegenüber geltendem Recht ist darin zu sehen, dass die Zustimmung des Vollstreckungsstaats und des Verurteilten zur Erwirkung der Vollstreckung im Vollstreckungsstaat in jenen Fällen nicht erforderlich ist, in denen die verurteilte Person die Staatsangehörigkeit des Vollstreckungsstaats besitzt und in diesem Staat entweder wohnhaft ist oder dorthin als Folge des Urteils nach Beendigung des Strafvollzugs abgeschoben würde. Auch der unmittelbare Behördenverkehr soll der Vereinfachung und Beschleunigung der Zusammenarbeit dienen.

Zu diesem Zweck wird die Erweiterung des Ersten Abschnitts des III. Hauptstücks des EU-JZG (§§ 39 bis 42g) vorgeschlagen, in dem die innerstaatlichen Voraussetzungen für die Vollstreckung von in anderen Mitgliedstaaten ergangenen strafgerichtlichen Urteilen, in welchen Freiheitsstrafen oder mit Freiheitsentziehung verbundene vorbeugende Maßnahmen verhängt wurden, sowie für die Erwirkung der Vollstreckung derartiger Urteile österreichischer Gerichte durch andere Mitgliedstaaten geregelt werden sollen.

Die Vollstreckung soll im Wesentlichen auf der Grundlage der Angaben erfolgen, die in dem Formblatt, der sogenannten Bescheinigung (Anhang VII des EU-JZG), enthalten sind.

Das inländische Verfahren zur Vollstreckung eines Urteils, in welchem eine Freiheitsstrafe oder eine mit Freiheitsentziehung verbundene vorbeugende Maßnahme verhängt wurde, soll grundsätzlich der Regelung des § 67 ARHG folgen, wobei eine Anpassung der Freiheitsstrafe oder der mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahme nur in eingeschränktem Umfang in Betracht kommen soll.

Die Entscheidung über die Übernahme der Vollstreckung soll grundsätzlich innerhalb von 90 Tagen ab Befassung des Vollstreckungsstaats zu treffen sein. Wenn sich die verurteilte Person noch im Urteilsstaat befindet, so soll sie grundsätzlich innerhalb von 30 Tagen nach Rechtskraft der Entscheidung über die Übernahme der Vollstreckung in den Vollstreckungsstaat zu überstellen sein.

3. Das vorliegende Gesetzesvorhaben dient auch der teilweisen Umsetzung eines weiteren, auf dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung beruhenden Rechtsaktes, nämlich des Rahmenbeschlusses 2009/315/JI des Rates vom 26.2.2009 über die Durchführung und den Inhalt des Austauschs von Informationen aus dem Strafregister zwischen den Mitgliedstaaten (im Folgenden: RB Strafregister), ABl. L 2009/93, 23. Durch diesen Rahmenbeschluss soll das auf der Grundlage der Artikel 13 und 22 des Europäischen Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen vom 20.4.1959, BGBl. Nr. 41/1969, bestehende System durch elektronische Übermittlung der regelmäßigen bzw. über Ersuchen stattfindenden Information des Staats der Staatsangehörigkeit des Verurteilten über den in einem anderen Mitgliedstaat erfolgten Verurteilungen verbessert werden. Der RB Strafregister ist bis 27.4.2012 umzusetzen.

Neben den Regelungen über Inhalt und Form von Ersuchen um Übermittlung einer Strafregisterauskunft und über den Geschäftsweg, sollen Bedingungen für die Verwendung der übermittelten personenbezogenen Daten festgelegt werden (§§ 77 bis 80 EU-JZG).

Die zur Umsetzung des RB Strafregister erforderlichen Änderungen auch des Strafregistergesetzes und des Tilgungsgesetzes sollen gesondert vorgeschlagen werden.

4. Weiters werden Bestimmungen zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses 2009/299/JI des Rates vom 26. 2.2009 zur Änderung der Rahmenbeschlüsse 2002/584/JI, 2005/214/JI, 2006/783/JI, 2008/909/JI und 2008/947/JI, zur Stärkung der Verfahrensrechte von Personen und zur Förderung der Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Entscheidungen, die im Anschluss an eine Verhandlung ergangen sind, zu der die betroffene Person nicht erschienen ist (im Folgenden: RB In Absentia), ABl. L 2009/81, 24, vorgeschlagen (Umsetzungsfrist: 28.3.2011).

Dazu sollen die in den (bereits umgesetzten) Rahmenbeschlüssen über den Europäischen Haftbefehl, über die Vollstreckung von Einziehungsentscheidungen sowie über die Vollstreckung von Geldstrafen enthaltenen Ablehnungsgründe des Abwesenheitsverfahrens im Sinne der Gewährleistung eines verstärkten Rechtsschutzes für den Betroffenen geändert werden (§§ 11, 52a Abs. 1 Z 8 und 53a Z 10 und Z 10a EU-JZG). Der Umstand, dass die Entscheidung in Abwesenheit des Betroffenen ergangen ist, soll im Wesentlichen bloß dann keinen Grund für die Unzulässigkeit der Vollstreckung der Entscheidung darstellen, wenn der Betroffene entweder Kenntnis von Ort und Zeit der Verhandlung und davon hatte, dass die Entscheidung in seiner Abwesenheit ergehen kann, oder in der Verhandlung durch einen selbst gewählten oder vom Gericht beigegebenen Verteidiger vertreten wurde, wobei es im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) darauf ankommt, dass ein persönlicher Kontakt zwischen dem Betroffenen und seinem Verteidiger stattgefunden hat, in dessen Verlauf Letzterer instruiert werden konnte, oder – ebenfalls im Sinne der Judikatur des EGMR – das Recht auf Neudurchführung der in Abwesenheit erfolgten Verhandlung in seiner Anwesenheit besteht.

5. Darüber hinaus sollen die im Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Justiz erforderlichen Regelungen zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses 2006/960/JI des Rates vom 18.12.2006 über die Vereinfachung des Austauschs von Informationen und Erkenntnissen zwischen den Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten Europäischen Union, ABl. L 2006/386, 89, samt Berichtigung, ABl. L 2007/75, 26, geschaffen werden. Zwar betrifft der Hauptgesichtspunkt des erwähnten Rahmenbeschlusses die Vereinfachung des Informationsaustauschs zwischen den Polizeibehörden der Mitgliedstaaten („law enforcement authorities“), doch enthält er auch eine Regelung über die Übermittlung von Informationen und Erkenntnissen, die den Sicherheitsbehörden „nur aufgrund einer Zustimmung oder Genehmigung einer Justizbehörde“ zugänglich sind. Die solcherart umschriebene Abgrenzung der Polizeizusammenarbeit zur justiziellen Rechtshilfe in Strafsachen ist Gegenstand dieses Entwurfs, durch den die Voraussetzungen festgelegt werden sollen, unter denen die Zustimmung zur Übermittlung derartiger „Justizinformationen“ durch die Polizeibehörden zu erteilen ist (§ 57a EU-JZG).

6. Durch die vorgeschlagene Änderung des zweiten Satzes § 77 Abs. 4 (nunmehr: § 82 Abs. 4) EU-JZG soll der Auslegung des Art. 32 des Rahmenbeschlusses über den Europäischen Haftbefehl (Übergangsbestimmung) durch den EuGH in seinem Urteil vom 12.8.2008, C-296/08, Goicoechea, Rechnung getragen werden.

7. Durch die vorgeschlagenen Änderungen der §§ 67 Abs. 1 und 70 Abs. 3 ARHG sollen für Entscheidungen über die Übernahme der Vollstreckung einer ausländischen strafgerichtlichen Entscheidung die grundsätzliche Zuständigkeit des Vorsitzenden des Landesgerichtes (anstelle des bisher zuständigen Senats von drei Richtern) festgelegt und dadurch gewisse Vereinfachungen des Ablaufs erreicht werden.

8. Die vorgeschlagenen Änderungen des EU-JZG und des ARHG, die (wie die vorgeschlagenen Änderungen des Bundesgesetzes über die Zusammenarbeit mit den internationalen Gerichten – dazu sogleich) zu 315ME XXIV begutachtet wurden, werden durch jene Änderungen dieser Gesetze ergänzt, die bereits vor geraumer Zeit begutachtet wurden (Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Strafgesetzbuch, das Mediengesetz, die Strafprozessordnung 1975, das Urheberrechtsgesetz, das Markenschutzgesetz 1970, das Patentgesetz 1970, das Auslieferungs- und Rechtshilfegesetz und das Bundesgesetz über die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union geändert werden, 82/ME XXIV. GP).

9. Das Bundesgesetz über die Zusammenarbeit mit den internationalen Gerichten, BGBl. Nr. 263/1996, regelt die Zusammenarbeit der österreichischen Behörden, insbesondere der Gerichte, Staatsanwaltschaften, Strafvollstreckungsbehörden und Sicherheitsbehörden, mit dem Internationalen Gericht für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) und dem Internationalen Gericht für Ruanda (ICTR).

Im Hinblick darauf, dass die beiden Gerichte ihre Tätigkeit spätestens Ende 2014 abschließen sollen, wurde mit Resolution des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen vom 22.12.2010, 1966 (2010), die Einrichtung eines Residualmechanismus beschlossen, der die Restfunktionen der Gerichte übernehmen soll, die insbesondere in der Durchführung der Strafverfahren gegen derzeit noch flüchtige Angeklagte, in der Überprüfung von Urteilen, in der Überwachung der Strafvollstreckung, im Zeugen- und Opferschutz und in der Verwaltung der Archive bestehen.

Um dem Residualmechanismus die Erfüllung seiner Aufgaben zu ermöglichen, soll die Pflicht der österreichischen Behörden zur Zusammenarbeit auf diesen erweitert werden.

Finanzielle Auswirkungen:

10. Im Zusammenhang mit der Umsetzung des RB Vollstreckung von Freiheitsstrafen ist darauf hinzuweisen, dass die Vollstreckungskosten grundsätzlich vom Vollstreckungsstaat zu tragen sind. Im Hinblick darauf, dass sich weniger österreichische Staatsbürger in Strafhaft im EU-Ausland befinden als Staatsangehörige aus anderen EU-Mitgliedstaaten im österreichischen Strafvollzug sowie im Hinblick auf die vorgesehenen Fristen für die Entscheidung über die Vollstreckung und für die Durchführung der Überstellung, ist davon auszugehen, dass das vorliegende Gesetzesvorhaben aufgrund der damit verbundenen Entlastung des österreichischen Strafvollzugs zu einer gewissen Entlastung des Budgets führen wird.

Zwar kommt eine Überstellung in den Heimatstaat des Verurteilten zum Strafvollzug bereits derzeit in Betracht (im Wesentlichen auf der Grundlage des Übereinkommens über die Überstellung verurteilter Personen vom 21.3.1983, ETS Nr. 112, BGBl. Nr. 524/1986, samt dem – von einigen Staaten aber nicht ratifizierten – Zusatzprotokoll vom 18.12.1997, ETS Nr. 167, BGBl. III Nr. 26/2001), doch gehen die Regelungen des RB Vollstreckung von Freiheitsstrafen teilweise über diese hinaus. Im Hinblick darauf sowie aufgrund der erwähnten Fristen für die Entscheidung über die Vollstreckung und für die Überstellung in den Vollstreckungsstaat ist davon auszugehen, dass die Zahl der von Österreich gestellten Ersuchen um Übernahme der Strafvollstreckung im Verhältnis zu den übrigen Mitgliedstaaten gegenüber der derzeitigen Situation deutlich gesteigert werden kann. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass im Jahr 2010 auf Grund österreichischer Ersuchen 74 verurteilte Personen zum weiteren Strafvollzug an den Heimatstaat übergeben wurden. Es ist davon auszugehen, dass diese Zahl durch die Bestimmungen über die Vollstreckung von Freiheitsstrafen um ein Viertel erhöht werden kann. Die Kosten je Hafttag betragen in Österreich rund € 100,-; diese Kosten setzen sich jedoch überwiegend aus Fixkosten und nur zu einem geringeren Teil aus variablen Kosten zusammen, sodass ein „ersparter“ Hafttag nicht unmittelbar zu einer Ersparnis in der genannten Höhe führt. Konkrete Zahlen über den gesamten Minderbedarf bei den Haftaufwendungen können auch deshalb nicht genannt werden, weil dieser davon abhängig ist, wie viele andere Mitgliedstaaten den Rahmenbeschluss 2008/909/JI ebenfalls (fristgerecht) umsetzen und im Verhältnis zu welchen die betreffenden Bestimmungen daher angewendet werden können; überdies ist die Einsparung von der Dauer der im Einzelfall noch zu verbüßenden Freiheitsstrafe abhängig.

Dem erwähnten Minderbedarf bei den Haftaufwendungen steht ein gewisser Mehrbedarf bei den Transportkosten in der Höhe von etwa € 300,- pro Überstellungsfall gegenüber, der jedoch vernachlässigt werden kann, weil im Verhältnis zu den an Österreich angrenzenden Mitgliedstaaten regelmäßig eine kostengünstige Überstellung auf dem Landweg durchgeführt wird.

Zu den übrigen Änderungen ist – abgesehen davon dass sie sämtlich der Umsetzung europa- oder völkerrechtlicher Verpflichtungen dienen – von Kostenneutralität auszugehen.

Kompetenzgrundlage:

11. Die Kompetenz des Bundes zur Gesetzgebung gründet sich auf Art. 10 Abs. 1 Z 6 des Bundes-Verfassungsgesetzes.

Zu den einzelnen Bestimmungen

Zu Artikel 1 (Änderungen des EU-JZG)

Zu Z 2 (§ 2 Z 3 und 7):

Durch die vorgeschlagenen Änderungen der Z 3 und 7 sollen die Definitionen der Begriffe „Ausstellungsstaat“ und „Vollstreckungsstaat“ um die im RB Vollstreckung von Freiheitsstrafen enthaltenen Umschreibungen ergänzt werden:

Ausstellungsstaat soll in Umsetzung von Artikel 1 lit. b und c des Rahmenbeschlusses jener Staat sein, in dem ein Urteil ergangen ist, in dem eine Freiheitsstrafe oder eine mit Freiheitsentziehung verbundene vorbeugende Maßnahme verhängt wurde; als Vollstreckungsstaat soll entsprechend Artikel 1 lit. d des Rahmenbeschlusses jener Staat zu verstehen sein, dem ein Urteil, in dem eine Freiheitsstrafe oder eine mit Freiheitsentziehung verbundene vorbeugende Maßnahme verhängt wurde, zum Zweck der Vollstreckung übermittelt wurde.

Zu Z 3 (§ 11):

Durch Artikel 2 Abs. 2 des RB In Absentia wurde anstelle des Artikel 5 Z 1 („Europäischer Haftbefehl zur Vollstreckung einer Strafe oder einer Maßregel der Sicherheit, die in einem Abwesenheitsurteil verhängt worden ist“) des Rahmenbeschlusses 2002/584/JI vom 13.6.2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (RB-EHB), ABl. L 2002/190, 1, ein neuer Artikel 4a („Entscheidungen, die im Anschluss an eine Verhandlung ergangen sind, zu der die Person nicht persönlich erschienen ist“) eingefügt, worin die Voraussetzungen geregelt werden, unter denen die Vollstreckung eines zur Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder einer mit Freiheitsentzug verbundenen vorbeugenden Maßnahme ausgestellten Europäischen Haftbefehls zulässig ist.

Eine Vollstreckung einer mit Freiheitsentzug verbundenen Sanktion, die in einem Abwesenheitsurteil verhängt worden ist, soll nur dann zulässig sein, wenn der Betroffene entweder

-       Kenntnis von Zeit und Ort der Verhandlung und von den Folgen seines allfälligen Ausbleibens hatte:

Diese Kenntnis setzt grundsätzlich persönliche Zustellung der Ladung voraus (eine Zustellung durch Hinterlegung nach vorangegangen Zustellversuchen schadet nicht). Im Falle einer anderweitigen Benachrichtigung von Zeit und Ort der Verhandlung muss der Betroffene von dieser Benachrichtigung nachweislich Kenntnis erlangt haben, sodass ein Anschlag an der Gerichtstafel idR nicht ausreichend sein wird. Für die zuständige österreichische Behörde wird von den Angaben in der Bescheinigung auszugehen sein, weil Beweisverfahren als mit dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung im Widerspruch stehend nicht in Betracht kommen wird. In der Regel wird von der Kenntnis auszugehen sein, wenn dem Betroffenen die Ladung an dem Ort zugestellt wurde, an dem er gemeldet ist und sich regelmäßig aufhält. Sollte dies im Einzelfall nicht zutreffen, kann der Betroffene diesen Umstand im Zuge des Übergabeverfahrens relevieren, woraufhin die zuständige Behörde des Ausstellungsstaats diesbezüglich gemäß § 19 Abs. 2 um ergänzende Informationen zu ersuchen sein wird;

-       oder in Kenntnis der anberaumten Verhandlung einen selbst gewählten oder vom Gericht beigegebenen Verteidiger mit seiner Vertretung in der Verhandlung betraut hat und von diesem in der Verhandlung auch tatsächlich vertreten wurde:

Dabei kommt es entsprechend der Rechtsprechung des EGMR darauf an, dass – unabhängig davon, ob der Verteidiger vom Betroffenen bestellt oder diesem vom Gericht beigegeben wurde – tatsächlich ein Kontakt zwischen dem Betroffenen und dem Verteidiger stattgefunden hat, in dessen Verlauf Letzterer vom Betroffenen instruiert werden konnte. Dementsprechend reicht es nicht aus, wenn dem Betroffenen ein Amtsverteidiger beigegeben wurde, von dessen Bestellung er keine Kenntnis hatte;

-       oder nach erfolgter Zustellung des in Abwesenheit ergangenen Urteils samt Rechtsmittelbelehrung entweder

         - ausdrücklich erklärt hat, die Entscheidung nicht anzufechten;

         - von der bestehenden Rechtsmittelmöglichkeit keinen Gebrauch gemacht hat; oder

         - das Urteil zwar nicht persönlich zugestellt erhalten hat, dieses jedoch unverzüglich nach seiner Übergabe samt Rechtsmittelbelehrung einschließlich der dafür bestehenden Fristen persönlich zugestellt erhalten wird.

Nach dem Rahmenbeschluss hat im Ausstellungsstaat ein Recht auf Neudurchführung der Verhandlung bzw. auf ein Rechtsmittelverfahren zu bestehen, in dessen Verlauf in Anwesenheit des Betroffenen eine neuerliche Prüfung des Sachverhalts, auch unter Berücksichtigung neuer Beweise, erfolgt und die zuvor ergangene Entscheidung aufgehoben werden kann. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass nach der Judikatur des EGMR (s. etwa das in Großer Kammer ergangene Urteil vom 1.3.2006, 56.581/00, Sejdovic/Italien, NLMR 2006, 69), auf die sich der OGH in seinem Urteil vom 21.1.2008, 15 Os 117/07f (SSt 2008/3 = EvBl 2008/73 = JBl 2009, 56; dazu Zeder, Abwesenheitsurteil als Auslieferungs- und Vollstreckungshindernis: Neues vom OGH – und von der EU, JSt 2008, 92, und Murschetz, Aktuelles zur Auslieferung nach einem Abwesenheitsurteil, JBl 2009, 29), bezieht, eine Heilung der durch ein Abwesenheitsurteil bewirkten Verletzung der EMRK eintritt, wenn dem Verurteilten ein effektiver Rechtsbehelf zur Verfügung steht, der eine Neudurchführung der Verhandlung ermöglicht.

Das Vorliegen der erwähnten Voraussetzungen ist anhand der Angaben der zuständigen Behörde des Ausstellungsstaats in der Bescheinigung zu prüfen.

Die Änderung des § 11 soll diese Vorgaben umsetzen (Abs. 1).

In Abs. 2 soll in Umsetzung von Art. 4a Abs. 2 des Rahmenbeschlusses 2002/584/JI über den Europäischen Haftbefehl in der Fassung des RB In Absentia klargestellt werden, dass der Betroffene für den Fall, dass er zuvor keine Kenntnis von dem gegen ihn eingeleiteten Strafverfahren hatte, von der vollstreckenden Justizbehörde die Ausfolgung einer Urteilsausfertigung verlangen kann. Zu diesem Zweck soll diese von der ausstellenden Justizbehörde angefordert werden, wobei dieses Ersuchen auf die Fristen für die Entscheidung über die Vollstreckung des Europäischen Haftbefehls und für die Durchführung der Übergabe des Betroffenen an den Ausstellungsstaat keinen Einfluss haben und die nach dessen Recht bestehenden Fristen für einen Antrag auf Neudurchführung der Verhandlung oder für die Ergreifung eines Rechtsmittels nicht berühren soll. Im Hinblick darauf, dass die Urteilsausfertigung, wie erwähnt, im Wege der zuständigen Behörde des Ausstellungsstaats beizuschaffen ist, ist davon auszugehen, dass diese ohnehin in einer dem Betroffenen verständlichen Sprache abgefasst bzw. mit einer Übersetzung in eine solche Sprache versehen ist. Sollte dies in Ausnahmefällen nicht zutreffen, so ist zu betonen, dass die Pflicht zur Anfertigung der erforderlichen Übersetzung nicht die zuständige österreichische Behörde trifft, weshalb die ausstellende Justizbehörde um Nachreichung einer Übersetzung zumindest des Urteilsspruchs und der Rechtsbelehrung zu ersuchen sein wird.

Zu Z 4 (§ 21 Abs. 1):

Durch das Strafprozessreformbegleitgesetz II wurde § 31 Abs. 6 ARHG geändert. Der in § 21 Abs. 1 zweiter Satz EU-JZG enthaltene Verweis auf diese Bestimmung wurde allerdings nicht entsprechend geändert und ist daher nunmehr unrichtig. Dieses Redaktionsversehen soll nunmehr beseitigt werden.

Zu Z 5 (§ 29 Abs. 1):

Durch die Änderung des Wortlauts soll die Notwendigkeit der gerichtlichen Bewilligung für die Erlassung eines Europäischen Haftbefehls durch die Staatsanwaltschaft klargestellt werden.

Zu Z 6 (§ 32 Abs. 4):

§ 32 Abs. 4 sieht vor, dass die im Zusammenhang mit der Übergabe auf Grund eines Europäischen Haftbefehls vorgesehenen Bestimmungen über die Durchlieferung sinngemäß auch auf Ersuchen um Durchbeförderung von Personen durch das Gebiet der Republik Österreich in einen anderen Mitgliedstaat zum Zweck der Vollstreckung einer ausländischen gerichtlichen Entscheidung Anwendung finden. Im Hinblick darauf, dass die betreffenden Bestimmungen teilweise nicht mit den im RB Vollstreckung von Freiheitsstrafen enthaltenen Regelungen über die Durchbeförderung vereinbar sind, sollen zu deren Umsetzung gesonderte Regelungen geschaffen werden (s. §§ 41i und 42g), was die Bezugnahme auf die Anwendbarkeit der Bestimmungen der §§ 32 ff. auf die Vollstreckung ausländischer gerichtlicher Entscheidungen entbehrlich macht.

Zu Z 7 (§§ 39 bis 42g):

Der Entwurf schlägt zur Umsetzung des RB Vollstreckung von Freiheitsstrafen eine völlige Neugestaltung des ersten Abschnitts des III. Hauptstücks vor. Der neue Abschnitt über die Vollstreckung ausländischer Freiheitsstrafen und mit Freiheitsentziehung verbundener vorbeugender Maßnahmen soll in zwei Unterabschnitte unterteilt sein: Der erste Unterabschnitt regelt die Vollstreckung von Urteilen anderer Mitgliedstaaten durch Österreich (§§ 39 bis 41j), der zweite die Erwirkung der Vollstreckung von Urteilen österreichischer Gerichte durch einen anderen Mitgliedstaat (§§ 42 bis 42g). Diese Teilung entspricht der Systematik des EU-JZG und auch den bestehenden Strukturen des ARHG und soll die Anwendung durch die österreichischen Gerichte erleichtern.

Zu § 39 (Voraussetzungen):

Abs. 1 umschreibt die (positiven) materiellen Voraussetzungen für die Vollstreckung von in anderen Mitgliedstaaten ergangenen Urteilen, in welchen Freiheitsstrafen oder mit Freiheitsentziehung verbundene vorbeugende Maßnahmen verhängt wurden (zu den negativen Voraussetzungen siehe § 40):

-       Österreichische Staatsbürgerschaft und inländischer Wohnsitz oder Aufenthalt bzw. Abschiebung nach Österreich nach Beendigung des Strafvollzugs als Folge des Urteils (Z 1; siehe Artikel 3 Abs. 2 und 4 Abs. 1 lit. a und b des Rahmenbeschlusses), wobei unter diesen Voraussetzungen die Erwirkung der Überstellung im Vollstreckungsstaat aufgrund des besonderen Naheverhältnisses des Verurteilten zu diesem Staat nicht dessen Zustimmung bedarf (Artikel 6 Abs. 2 des Rahmenbeschlusses).

-       Rechtmäßiger ständiger und ununterbrochener Aufenthalt im Inland von mindestens fünf Jahren und kein aufgrund der Verurteilung eintretender Verlust des Rechts auf Daueraufenthalt bzw. langfristigen Aufenthalt in Österreich (Erklärung nach Art. 4 Abs. 7 des Rahmenbeschlusses) im Verhältnis zu jenen – durch Verordnung der Bundesministerin für Justiz kundzumachenden - Mitgliedstaaten, die eine entsprechende Erklärung abgegeben haben, und mit Zustimmung des Verurteilten (Z 2).

Ein „ständiger Aufenthalt“ in Österreich wird dann anzunehmen sein, wenn sich der Verurteilte ständig und langfristig in Österreich aufhält, ohne hier einen Wohnsitz im Sinne des § 1 Abs. 6 Meldegesetz begründet zu haben.

Der Begriff „Daueraufenthalt“ ist im Sinne der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.4.2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, ABl. L 2004/158, 77, jener des „langfristigen Aufenthalts“ im Sinne der Richtlinie 2003/109/EG des Rates vom 25.11.2003 betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen, ABl. L 2004/16, 44, auszulegen.

-       Zustimmung des Verurteilten außerhalb der Voraussetzungen nach Z 1 oder 2 (Z 3 in Umsetzung von Art. 4 Abs. 1 lit. c des Rahmenbeschlusses).

Dafür ist es allerdings im Sinne der Rechtsprechung des EuGH (17.7.2008, C-66/08, Kozlowski; 6.10.2009, C-123/08, Wolzenburg) erforderlich, dass der Verurteilte zu Österreich Bindungen von derartiger Intensität aufweist, dass der Strafvollzug im Inland hohe Resozialisierungschancen bietet. Bei der Prüfung des Vorliegens dieser Voraussetzung sind in einer Gesamtschau mehrere objektive Kriterien zu berücksichtigen, wie die Dauer, die Art und die Bedingungen des Verweilens des Verurteilten im Inland sowie dessen familiäre und wirtschaftliche Verbindungen zu Österreich. Die betreffende Bestimmung ist im Zusammenhang mit § 41a Abs. 3 zu lesen, wonach in den betreffenden Fällen Konsultationen mit der zuständigen Behörde des Ausstellungsstaats zur Frage des Vorliegens der angeführten Kriterien vor Übermittlung der zur Erwirkung der Vollstreckung erforderlichen Unterlagen zu führen sind.

Zu § 40 (Unzulässigkeit der Vollstreckung):

Diese Bestimmung führt in weitgehender Übernahme der im RB Vollstreckung von Freiheitsstrafen eingeräumten Gründe (Art. 3 Abs. 4, 4 Abs. 1, 6 Abs. 2, 7 Abs. 4 und 9) jene Umstände an, die die Vollstreckung eines Urteils eines anderen Mitgliedstaats – selbst wenn die Voraussetzungen nach § 39 Abs. 1 vorliegen – unzulässig machen sollen, (negative materielle Voraussetzungen). Das Vorliegen solcher Gründe ist dabei in der Regel (lediglich) anhand der Angaben in der Bescheinigung zu prüfen.

Die Vollstreckung soll bei Vorliegen solcher negativen materiellen Voraussetzungen zwingend abzulehnen sein (siehe Urteil des EuGH 6.10.2009, C-123/08, Wolzenburg, wonach es sich bei diesen um „dem nationalen Gesetzgeber … eröffnete Möglichkeiten“ handelt; dazu Zeder, Europastrafrecht aktuell: Neues vom Europäischen Haftbefehl, JSt 2009, 202 [204 f]).

-       mangelnde beiderseitige Strafbarkeit (Z 1; siehe Art. 7 Abs. 4 des Rahmenbeschlusses):

Die Vollstreckung der verhängten Sanktion soll unzulässig sein, wenn die dem Urteil zugrunde liegende Tat nach österreichischem Recht nicht gerichtlich strafbar ist. Durch den Verweis auf § 12 soll klargestellt werden, dass die Vollstreckung der Freiheitsstrafe oder der mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahme nicht mit der Begründung abgelehnt werden darf, dass das österreichische Recht keine gleichartigen Abgaben oder Steuern vorschreibt oder keine gleichartigen Abgaben-, Steuer-, Zoll- und Währungsbestimmungen enthält wie das Recht des Ausstellungsstaats (vgl. Artikel 9 Abs. 1 lit. d des Rahmenbeschlusses).

-       Vollstreckung von weniger als sechs Monate der verhängten Freiheitsstrafe oder der mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahme (Z 2; vgl. Art. 9 Abs. 1 lit. h des Rahmenbeschlusses):

Dieser Unzulässigkeitsgrund erklärt sich daraus, dass in diesen Fällen nach Durchführung des Verfahrens zur Entscheidung über die Vollstreckung und nach Überstellung des Verurteilten nach Österreich in der Regel bereits die Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung vorliegen werden, sodass ein inländischer Strafvollzug nicht stattfände.

-       inländischer Tatort (Z 3, siehe Art. 9 Abs. 1 lit. l des Rahmenbeschlusses), soweit die Staatsanwaltschaft das Inlandsverfahren eingestellt oder den Betroffenen sonst außer Verfolgung gesetzt hat.

-       Verbot der Doppelbestrafung und -verfolgung (Z 4 – „ne bis in idem“; vgl. Art. 9 Abs. 1 lit. c des Rahmenbeschlusses). Die Vollstreckung soll dem – im Sinne der Rechtsprechung des EuGH auszulegenden – Grundsatz „ne bis in idem“ nicht zuwiderlaufen. Entsprechende Regelungen finden sich in §§ 52a Z 2 und 53a Z 3 EU-JZG.

-       mangelnden Strafmündigkeit und Vollstreckungsverjährung (Z 5 und 6; vgl. Art. 9 Abs. 1 lit. e und g des Rahmenbeschlusses).

-       Gnadenakt (Z 7; vgl. Art. 19 Abs. 1 des Rahmenbeschlusses), weil zu vollstreckende Urteile eines anderen Mitgliedstaats den Bestimmungen des österreichischen Gnadenrechts unterliegen sollen.

-       Immunität (Z 8; vgl. Art. 9 Abs. 1 lit. f des Rahmenbeschlusses.

-       Im Falle eines Abwesenheitsurteils (Z 9; vgl. Art. 9 Abs. 1 lit. i des RB In Absentia) soll die Vollstreckung nur dann zulässig sein, wenn der Verurteilte entweder

         - Kenntnis von Zeit und Ort der Hauptverhandlung und von den Folgen seines allfälligen Ausbleibens hatte. Diese Kenntnis setzt entweder persönliche Zustellung der Ladung (ordnungsgemäße Zustellung durch Hinterlegung schadet nicht) oder tatsächliche Kenntnis des Verurteilten von der Verhandlung im Fall einer anderweitigen Benachrichtigung voraus;

         - oder in Kenntnis der anberaumten Verhandlung einen selbst gewählten oder ihm vom Gericht beigegebenen Verteidiger mit seiner Vertretung in der Verhandlung betraut hat und von diesem in der Verhandlung auch tatsächlich vertreten wurde. Dabei kommt es entsprechend der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte darauf an, dass tatsächlich ein Kontakt zwischen dem Verurteilten und dem Verteidiger stattgefunden hat, weshalb es nicht ausreichend wäre, wenn dem Verurteilten ein Amtsverteidiger beigegeben wurde, von dessen Bestellung er keine Kenntnis hatte;

         - oder nach erfolgter Zustellung des in Abwesenheit ergangenen Urteils samt Rechtsmittelbelehrung entweder

                - ausdrücklich erklärt hat, keine Neudurchführung der Verhandlung zu beantragen; oder

                - innerhalb der bestehenden Fristen keine Neudurchführung der Verhandlung beantragt oder kein Rechtsmittel ergriffen hat.

Das Vorliegen der betreffenden Voraussetzungen ist anhand der Angaben der zuständigen Behörde des Ausstellungsstaats in der Bescheinigung zu prüfen.

-              Maßnahmenvollzug (Z 10; §§ 21 bis 23 StGB). Danach ist die Vollstreckung abzulehnen, wenn die verhängte Maßnahme auch unter Berücksichtigung der in § 41b Abs. Abs. 3 und 4 vorgesehenen Möglichkeit der Herabsetzung oder Anpassung der Sanktion, in Österreich nicht vollstreckt werden kann.

-       Grundsatz der Spezialität (Z 11; vgl. Art. 9 Abs. 1 lit. j des Rahmenbeschlusses). Die Vollstreckung soll abzulehnen sein, wenn der Ausstellungsstaat im Hinblick auf den Grundsatz der Spezialität (§ 41e) vor Entscheidung über die Vollstreckung um Zustimmung zur Verfolgung oder Verurteilung des Verurteilten wegen einer anderen, vor der Überstellung begangenen Handlung als derjenigen, die der Überstellung zugrunde liegt, oder um Zustimmung zur Vollstreckung einer wegen einer solchen Handlung verhängten Freiheitsstrafe oder mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahme ersucht wurde und einer derartigen Vorgangsweise nicht zustimmt.

-       Verletzung von Grundrechten oder wesentlicher Rechtsgrundsätze im Sinne von Artikel 6 des Vertrags über die Europäische Union (Z 12; vgl. Art. 3 Abs. 4 des Rahmenbeschlusses). Dieser Unzulässigkeitsgrund hat sein Vorbild in den §§ 19 Abs. 4, 52a Abs. 1 Z 10 und 53a Z 11. Wenn objektive Anhaltspunkte für eine solche Verletzung vorliegen, so soll die Vollstreckung nur dann abzulehnen sein, wenn der Verurteilte keine Möglichkeit hatte, die betreffenden Einwände vor einem der beiden Europäischen Gerichtshöfe vorzubringen. Zur Verifizierung dieses Umstandes wird das zuständige Gericht des Ausstellungsstaates nach § 41a Abs. 4 um ergänzende Informationen zu ersuchen sein. Die Voraussetzung der „objektiven Anhaltspunkte“ bedeutet, dass eine bloße Behauptung des Verurteilten, die nicht durch entsprechende Beweismittel belegt wird, in der Regel unzulässig sein wird.

Zu § 40a (Zuständigkeit):

Für die Vollstreckung einer in einem anderen Mitgliedstaat verhängten Freiheitsstrafe oder mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahme soll entsprechend § 67 Abs. 1 ARHG das Landesgericht sachlich zuständig sein (Abs. 1). Dieses entscheidet grundsätzlich durch den Vorsitzenden. Lediglich dann, wenn das Ausmaß der zu vollstreckenden Freiheitsstrafe oder mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahme mindestens fünf Jahre beträgt, soll das Landesgericht als Senat von drei Richtern entscheiden (§ 31 Abs. 6 StPO).

Die vorgeschlagene Regelung der örtlichen Zuständigkeit (Abs. 2) orientiert sich ebenfalls an der Bestimmung des § 67 Abs. 1 in Verbindung mit § 26 Abs. 1 ARHG.

Die Abtretung bei Unzuständigkeit (Abs. 3) setzt Artikel 5 Abs. 5 des Rahmenbeschlusses um. Beim unzuständigen Gericht eingelangte Entscheidungen sollen an das zuständige Gericht abgetreten werden.

Zu § 41 (Haft zur Sicherung der Vollstreckung):

Abs. 1 sieht in Umsetzung von Art. 14 des RB Vollstreckung von Freiheitsstrafen die Möglichkeit vor, die verurteilte Person unter bestimmten Voraussetzungen (s. Z 1 bis 3) zur Sicherung der Vollstreckung über entsprechendes Ersuchen des Ausstellungsstaats bereits vor Übermittlung der für die Übernahme der Vollstreckung erforderlichen Unterlagen bzw. vor Entscheidung über die Vollstreckung in Haft zu nehmen, sofern sie sich im Inland befindet.

Die in Abs. 2 statuierte sinngemäße Anwendung der Bestimmungen der StPO über die Untersuchungshaft bedeutet, dass für deren Verhängung jedenfalls der Vorsitzende (Einzelrichter) zuständig ist und keine Haftfristen gelten; Haftverhandlungen von Amts wegen sind nicht durchzuführen. Die Haft ist nach fruchtlosem Ablauf der in § 41a Abs. 4 erwähnten Frist aufzuheben. Entsprechendes gilt für den Fall, dass die Vollstreckung eingestellt wird (§ 41f).

Zu § 41a (Verfahren):

Abs. 1 enthält unter anderem Regelungen über die einem Vollstreckungsersuchen anzuschließenden Unterlagen, den vorgesehenen Geschäftsweg, das Erfordernis des Anschlusses von Übersetzungen und das rechtliche Gehör (formelle Voraussetzungen).

Wesentlich ist, dass die Vollstreckung grundsätzlich auf der Grundlage der Angaben erfolgt, die in dem Formblatt, der sogenannten Bescheinigung (s. Anhang VII zu diesem Entwurf), enthalten sind (Abs. 1 Z 2). Diesem muss eine Übersetzung in die deutsche Sprache angeschlossen sein, sofern keine Gegenseitigkeit besteht, d.h. sofern der Ausstellungsstaat nicht die Erklärung abgegeben hat, als Vollstreckungsstaat Bescheinigungen auch in deutscher Sprache zu akzeptieren (vgl. § 42b Abs. 5 Z 2).

Neben der Bescheinigung muss eine Ausfertigung oder Abschrift des zu vollstreckenden Urteils übermittelt werden (Abs. 1 Z 1). Dabei ist die Originalsprache immer ausreichend. Eine Übersetzung des Urteils kann das zuständige inländische Gericht in keinem Fall vom Ausstellungsstaat begehren; erachtet es eine solche für erforderlich, so hat es sie auf eigene Kosten zu veranlassen.

Weitere zu übermittelnde Unterlagen sind die Stellungnahme des Verurteilten zur Frage der Übertragung der Strafvollstreckung (Abs. 1 Z 3) und, sofern sich der Verurteilte bereits im Inland befindet, das ausgefüllte Formblatt zur Unterrichtung der verurteilten Person (s. Anhang VIII zu diesem Entwurf) (Abs. 1 Z 4).

Abs. 2 sieht in Umsetzung von Art. 4 Abs. 5 des Rahmenbeschlusses die Möglichkeit für das inländische Gericht vor, die zuständige Behörde des Ausstellungsstaats, gegebenenfalls über entsprechendes Ersuchen des Verurteilten, von sich aus um Übermittlung der für die Übernahme der Vollstreckung erforderlichen Unterlagen zu ersuchen. Im Einklang mit dem Rahmenbeschluss begründet ein derartiges Ersuchen allerdings keine Verpflichtung des Ausstellungsstaats zur Übermittlung der betreffenden Unterlagen (vgl. § 42b Abs. 7).

Abs. 3 stellt entsprechend Art. 4 Abs. 3 des Rahmenbeschlusses klar, dass in den Fällen des § 39 Abs. 1 Z 3 die Übermittlung der in Abs. 1 angeführten Unterlagen an das zuständige inländische Gericht nur nach Durchführung von Konsultationen in Betracht kommt, zu deren Erlangung dieses von der zuständigen Behörde des Ausstellungsstaats zu befassen ist. Hat sich das Gericht im Zuge solcher Konsultationen davon überzeugt, dass die Vollstreckung im Inland der Resozialisierung und der Wiedereingliederung des Verurteilten in die Gesellschaft dient, so hat es die zuständige Behörde des Ausstellungsstaats unverzüglich davon in Kenntnis zu setzen, dass die Übermittlung der betreffenden Unterlagen erfolgen kann. Andernfalls kommt diese nicht in Betracht bzw. ist die Übernahme der Vollstreckung mangels Vorliegens der Voraussetzungen abzulehnen.

Abs. 4 führt in Umsetzung von Art. 9 Abs. 3 des Rahmenbeschlusses jene Fälle an, in welchen Konsultationen mit der zuständigen Behörde des Ausstellungsstaats zwecks Erlangung ergänzender Informationen durchzuführen sind. Dafür ist dieser eine angemessene Frist mit der Erklärung zu setzen, dass bei fruchtlosem Fristablauf die Vollstreckung ganz oder teilweise abgelehnt werden wird. Hervorgehoben sei, dass die Unvollständigkeit der Bescheinigung (Z 1) nur dann zur Durchführung von Konsultationen berechtigt, wenn sie wesentliche Teile derselben betrifft. Entsprechende Regelungen sind in § 52c Abs. 1 und 53c Abs. 3 EU-JZG enthalten.

Für den Fall der Nichtübermittlung der Unterlagen nach Abs. 1 Z 3 und 4 ist die zuständige Behörde des Ausstellungsstaats um Nachreichung unter Fristsetzung zu ersuchen. Wenn sich aus der in der Folge übermittelten Stellungnahme des Verurteilten ergibt, dass dieser der Übertragung der Strafvollstreckung nicht zugestimmt hat, obwohl seine Zustimmung gemäß § 39 Abs. 1 Z 2 oder 3 erforderlich ist, so ist die Vollstreckung abzulehnen.

Z 2 statuiert die Verpflichtung zur Durchführung von Konsultationen, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Voraussetzungen nach § 39 Abs. 1 nicht vorliegen oder einer der in § 41 Z 3, 4, 9, 10 und 12 angeführten Gründe für die Unzulässigkeit der Vollstreckung vorliegt. Es handelt sich dabei um jene Fälle, in welchen die zuständige Behörde des Ausstellungsstaats unter Umständen in der Lage ist, weitere Entscheidungsgrundlagen zu liefern. Die Konsultationen sollen daher vor der Entscheidung über die Vollstreckung erfolgen.

Davon zu unterscheiden ist die nach § 41g Z 5 vorgesehene Verpflichtung zur Verständigung der zuständigen Behörde des Ausstellungsstaats von der erfolgten Ablehnung der Vollstreckung, die in sämtlichen Fällen zu erfolgen und eine Begründung zu enthalten haben soll.

Nach Abs. 5 kann das Gericht der zuständigen Behörde des Ausstellungsstaats vor der Entscheidung über die Vollstreckung eine begründete Stellungnahme übermitteln, dass die Vollstreckung der Freiheitsstrafe oder der mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahme im Inland in den in § 39 Abs. 1 Z 1 und 2 angeführten Fällen nicht der Erleichterung der Resozialisierung und der Wiedereingliederung des Verurteilten in die Gesellschaft dient. Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn dessen Angehörige im Ausstellungsstaat oder in einem anderen (Mitglied)Staat wohnhaft sind oder wenn der Verurteilte im Ausstellungsstaat oder in einem anderen (Mitglied)Staat einer Beschäftigung nachgeht. Festzuhalten ist, dass dieser Umstand (anders als in den Fällen nach § 39 Abs. 1 Z 3) keinen Ablehnungsgrund darstellt. Teilt die zuständige Behörde des Ausstellungsstaats nach erfolgter Prüfung der Stellungnahme mit, dass die Bescheinigung ungeachtet dessen nicht zurückgezogen wird, so ist die Vollstreckung bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen zu übernehmen.

Der Rahmenbeschluss enthält keine ausdrücklichen Regelungen für den Fall einer teilweisen Unzulässigkeit der Vollstreckung, sondern macht eine solche von einer Einigung zwischen den zuständigen Gerichten des Vollstreckungsstaats und des Ausstellungsstaats abhängig (Art. 10). In Umsetzung des Rahmenbeschlusses soll daher in Abs. 6 klargestellt werden, dass das inländische Gericht die zuständige Behörde des Ausstellungsstaats vor der Entscheidung über die teilweise Unzulässigkeit der Vollstreckung um eine Mitteilung zu ersuchen hat, ob und unter welchen Voraussetzungen der teilweisen Vollstreckung zugestimmt oder ob die Bescheinigung zurückgezogen wird. Für den Fall der Zustimmung zur teilweisen Vollstreckung wird die zuständige Behörde des Ausstellungsstaats um eine Mitteilung zu ersuchen sein, welcher Teil der verhängten Freiheitsstrafe oder der mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahme auf die von der Unzulässigkeit erfassten Taten entfällt. Nach Erhalt dieser Information ist die Sanktion um den von der zuständigen Behörde des Ausstellungsstaats bekannt gegebenen Teil herabzusetzen. Teilt diese hingegen mit, zu einer entsprechenden Mitteilung nicht in der Lage zu sein, so hat das inländische Gericht die Anpassung in der Entscheidung nach § 41b aus Eigenem vorzunehmen.

Abs. 7 soll in Umsetzung von Art. 9 Abs. 2 des Rahmenbeschlusses klarstellen, dass die Entscheidung über den Unzulässigkeitsgrund nach § 40 Z 3 (inländischer Tatort) unter Würdigung der besonderen Umstände des Falles zu treffen ist (was freilich für sämtliche Ablehnungsgründe gilt); dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, ob die dem Urteil zugrunde liegende Tat zu einem großen oder zu einem wesentlichen Teil im Hoheitsgebiet des Ausstellungsstaats begangen wurde.

Abs. 8 gewährt – ohne, dass dies im Rahmenbeschluss ausdrücklich vorgesehen ist – rechtliches Gehör vor der Entscheidung über die Übernahme der Vollstreckung, sofern sich der Verurteilte im Inland befindet (vgl. § 64 Abs. 5 ARHG). Eine eigenhändige Zustellung der Ladung ist im Hinblick auf die Bestimmung des § 83 StPO nicht erforderlich. Wenn der Verurteilte der Ladung keine Folge leistet, ist im Hinblick auf die ohnehin bestehende Rechtsmittelmöglichkeit (s. § 41b Abs. 5) ohne seine Anhörung zu entscheiden.

Die für den Europäischen Haftbefehl bestehenden Regelungen über den Geschäftsweg – grundsätzlich unmittelbarer Verkehr; Übermittlung auch per Fax oder E-Mail; Zuhilfenahme von EUROJUST und des Europäischen Justiziellen Netzes (EJN); Vermittlung durch das Bundesministerium für Justiz (§ 14 Abs. 1 bis 5) – können auf die Vollstreckung von Freiheitsstrafen und mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahmen sinngemäß angewendet werden (Abs. 9), zumal der Rahmenbeschluss keine abweichenden Bestimmungen enthält.

Zu § 41b (Entscheidung):

§ 41b regelt die inländische Vollstreckungsentscheidung. Über die Vollstreckung soll nach Abs. 1 mit Beschluss zu entscheiden sein. Der Beschluss kann auf Übernahme der Vollstreckung, auf teilweise Übernahme (unter den in § 41a Abs. 6 erwähnten Voraussetzungen) oder auf Ablehnung der Vollstreckung lauten.

Wird die Vollstreckung übernommen, so soll die im Inland zu vollstreckende Freiheitsstrafe oder mit Freiheitsentziehung verbundene vorbeugende Maßnahme nach Abs. 2 grundsätzlich in der Art und Dauer festzusetzen sein, die in dem ausländischen Urteil ausgesprochen wurde, wobei Vorhaftzeiten anzurechnen sind.

Abs. 3 und 4 sehen jedoch in Umsetzung von Art. 8 Abs. 2 bis 4 des RB Vollstreckung von Freiheitsstrafen die Möglichkeit einer Herabsetzung bzw. Anpassung der verhängten Freiheitsstrafe oder der mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahme an das österreichische Recht vor, wenn diese nach ihrer Dauer (Abs. 3) oder ihrer Art (Abs. 4) nicht mit dem österreichischen Recht vereinbar ist. Die angepasste Sanktion muss dabei soweit wie möglich der im Ausstellungsstaat verhängten Sanktion entsprechen, weshalb deren Umwandlung in eine Geldstrafe im Zuge der nach Abs. 4 vorgesehenen Anpassung nicht in Betracht kommt.

Gegen den Beschluss soll der Staatsanwaltschaft und dem Verurteilten Beschwerde zustehen (Abs. 5).

Der Vollzug richtet sich nach österreichischem Recht; dies gilt insbesondere für die Voraussetzungen einer bedingten Entlassung (Abs. 6).

Zu § 41c (Aufschub der Entscheidung über die Vollstreckung):

Diese Bestimmung führt in Umsetzung von Art. 11 des RB Vollstreckung von Freiheitsstrafen die Gründe an, aus denen die Entscheidung über die Vollstreckung aufzuschieben ist. Ein obligatorischer Aufschub ist dabei – außer im Fall einer von der Staatsanwaltschaft oder vom Verurteilten gegen den Beschluss nach § 41b Abs. 1 eingelegten Beschwerde (Z 1) – bis zum Einlangen der von der zuständigen Behörde des Ausstellungsstaats begehrten ergänzenden Informationen (s. § 41a Abs. 4) oder Unterlagen vorgesehen (Z 3). Unter „Unterlagen“ ist dabei insbesondere die Stellungnahme des Verurteilten zur Übertragung der Strafvollstreckung nach § 41a Abs. 1 Z 3 zu verstehen. Für den Fall von deren Nichtübermittlung wird die zuständige Behörde des Ausstellungsstaats – wie erwähnt – um Nachreichung unter Fristsetzung zu ersuchen sein; bis zu deren Einlangen ist die Entscheidung über die Vollstreckung aufzuschieben.

Ein Aufschub der Entscheidung über die Vollstreckung ist darüber hinaus für die Dauer der vom inländischen Gericht für erforderlich erachteten, auf seine Kosten anzufertigenden Übersetzung des Urteils (Z 2) vorgesehen. Eine Übersetzung des Urteils sollte allerdings nur in Ausnahmefällen verfügt werden, nämlich dann, wenn die in der Bescheinigung enthaltenen Angaben eine abschließende Entscheidung über die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit der Vollstreckung nicht zulassen und die Übermittlung ergänzender Informationen durch die zuständige Behörde des Ausstellungsstaats diesbezüglich nicht in Betracht kommt. Die Kosten der Anfertigung einer derartigen Übersetzung sind – wie oben erwähnt – vom österreichischen Gericht zu tragen.

Die Entscheidung über den Aufschub steht dem Gericht zu, das für die Entscheidung über die Vollstreckung zuständig ist.

Zu § 41d (Fristen für die Entscheidung):

§ 41d legt in Umsetzung von Art. 12 des RB Vollstreckung von Freiheitsstrafen grundsätzlich eine Frist von 90 Tagen ab Einlangen der erforderlichen Unterlagen beim zuständigen österreichischen Gericht fest, innerhalb derer die Entscheidung über die Vollstreckung zu treffen ist, sofern kein Aufschubsgrund (§ 41c) vorliegt. Dabei handelt es sich allerdings nicht um eine Höchstfrist; für den Fall, dass die bestehende Frist im Einzelfall nicht eingehalten werden kann, ist die zuständige Behörde des Ausstellungsstaats lediglich unter Angabe der Gründe und der voraussichtlichen Entscheidungsdauer von diesem Umstand in Kenntnis zu setzen.

Zu § 41e (Spezialität):

In Umsetzung von Art. 18 des RB Vollstreckung von Freiheitsstrafen wird in Abs. 1 klargestellt, dass die Vollstreckung einer in einem anderen Mitgliedstaat verhängten Freiheitsstrafe oder mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahme regelmäßig unter dem Vorbehalt der Spezialität stattfindet, d.h. dass die verurteilte Person in Österreich wegen einer anderen, vor der Überstellung begangenen Straftat als derjenigen, die der Überstellung zugrunde liegt, weder verfolgt noch verurteilt noch einer Vollstreckungsmaßnahme unterworfen werden darf.

Abs. 2 führt allerdings entsprechend Art. 18 Abs. 2 des Rahmenbeschlusses jene Fälle an, in denen der Spezialitätsschutz keine Anwendung findet; dies gilt etwa dann, wenn der Verurteilte nach der Überstellung ausdrücklich auf die Beachtung des Grundsatzes der Spezialität verzichtet (Abs. 2 Z 6) oder die zuständige Behörde des Ausstellungsstaats ihre Zustimmung zur Verfolgung, Verurteilung oder Strafvollstreckung wegen anderer, vor der Überstellung begangener strafbarer Handlungen erteilt (Abs. 2 Z 7).

Der zweite Ausnahmetatbestand nach Abs. 2 Z 3, wonach die Strafverfolgung nicht zur Anwendung einer die persönliche Freiheit beschränkenden Maßnahme führen darf, soll im Sinne des Urteils des EuGH vom 1.12.2008, C-388/08, Leymann und Pustovarov (dazu Zeder, Europastrafrecht aktuell: Rechtsprechung des EuGH zum Europäischen Haftbefehl, JSt 2009, 64 [65]), in der Weise zu verstehen sein, dass eine Strafverfolgung und selbst eine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe zulässig und erst die Vollstreckung der verhängten Freiheitsstrafe unzulässig wäre (bzw. erst dann zulässig ist, wenn die zuständige Behörde des Ausstellungsstaats zustimmt).

Abs. 3 regelt dabei die Voraussetzungen für einen wirksamen Verzicht des Verurteilten auf den Spezialitätsschutz, Abs. 4 den notwendigen Inhalt eines Ersuchens um Zustimmung zur Verfolgung, Verurteilung oder Strafvollstreckung wegen anderer, vor der Überstellung begangener Straftaten.

Auf die vergleichbaren Regelungen in § 31 EU-JZG sei verwiesen.

Zu § 41f (Einstellung der Vollstreckung):

Art. 16 Abs. 2 des RB Vollstreckung von Freiheitsstrafen nimmt auf Maßnahmen oder Entscheidungen des Ausstellungsstaats Bezug, die zur Folge haben, dass die Vollstreckbarkeit erlischt oder die Vollstreckung dem Vollstreckungsstaat aus anderen Gründen entzogen wird. In solchen Fällen soll die Vollstreckung im Inland nach § 41f einzustellen sein. Entsprechendes gilt für den Fall der nach Art. 13 des Rahmenbeschlusses vorgesehenen Zurückziehung der Bescheinigung durch den Ausstellungsstaat, die erfolgen kann, solange im Vollstreckungsstaat noch nicht mit der Vollstreckung der Sanktion begonnen wurde.

Zu § 41g (Verständigung des Ausstellungsstaats):

Art. 17 Abs. 3 und 21 des RB Vollstreckung von Freiheitsstrafen sehen vor, dass die zuständige Behörde des Ausstellungsstaats, teilweise über entsprechendes Ersuchen, von bestimmten Maßnahmen und Verfahrensschritten sowie sonstigen Umständen in Kenntnis zu setzen ist. Dies soll in § 41g umgesetzt werden.

Festzuhalten ist, dass für den Fall, dass die verurteilte Person nach Einlangen der für die Übernahme der Vollstreckung erforderlichen Unterlagen im Inland nicht (mehr) auffindbar ist (Z 3), keine Verpflichtung zur Vollstreckung der Sanktion durch Österreich besteht.

Die Mitteilung über die gänzliche oder teilweise Ablehnung der Vollstreckung (Z 5) und über die Herabsetzung oder Anpassung der Freiheitsstrafe oder der mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahme (Z 6) hat jedenfalls eine Angabe der maßgeblichen Gründe zu enthalten; damit soll nicht ausgeschlossen werden, dass die zuständige Behörde des Ausstellungsstaats auch in den anderen Fällen über alle maßgeblichen Umstände in Kenntnis gesetzt werden sollte.

Zu § 41h (Kosten):

Durch die in § 41h vorgeschlagene Bestimmung soll in Umsetzung von Art. 24 des RB Vollstreckung von Freiheitsstrafen klargestellt werden, dass eine Erstattung der Vollstreckungskosten durch den Ausstellungsstaat nicht begehrt werden kann. Die Kosten der Überstellung des Verurteilten nach Österreich und die ausschließlich im Hoheitsgebiet des Ausstellungsstaats entstandenen Kosten sind allerdings von diesem Staat zu tragen.

Zu § 41i (Durchbeförderung):

§ 41i regelt in Umsetzung von Art. 16 des RB Vollstreckung von Freiheitsstrafen die Durchbeförderung einer verurteilten Person durch das Gebiet der Republik Österreich an einen anderen Mitgliedstaat.

Abs. 1 umschreibt den notwendigen Inhalt eines Ersuchens um Bewilligung der Durchbeförderung. Abs. 2 sieht entsprechend der in Art. 16 Abs. 1 des Rahmenbeschlusses enthaltenen Möglichkeit vor, dass der um Bewilligung der Durchbeförderung ersuchende Mitgliedstaat für den Fall, dass der dem Ersuchen anzuschließenden Kopie der Bescheinigung (Anhang VII) keine Übersetzung in die deutsche Sprache angeschlossen ist, um Nachreichung einer Übersetzung in die deutsche oder englische Sprache ersucht werden kann. Von dieser Möglichkeit soll allerdings nur dann Gebrauch gemacht werden, wenn die Bescheinigung nicht ohnehin in einer im Bundesministerium für Justiz verständlichen Sprache (z.B. Französisch oder Spanisch) abgefasst ist.

Abs. 3 stellt klar, dass ein Ersuchen um Bewilligung der Durchbeförderung nicht erforderlich ist, wenn der Luftweg benützt wird und eine planmäßige Zwischenlandung auf dem Gebiet der Republik Österreich nicht vorgesehen ist. Im Fall einer außerplanmäßigen Zwischenlandung muss das Ersuchen um Durchbeförderung unter Anschluss der erforderlichen Unterlagen innerhalb von 72 Stunden übermittelt werden.

Ein inländischer Strafanspruch gegen die durchzubefördernde Person steht einer Durchbeförderung nicht entgegen (Abs. 4). Die Staatsanwaltschaft hat jedoch in einem derartigen Fall zu prüfen, ob Anlass besteht, die Übergabe der durchzubefördernden Person mittels Europäischen Haftbefehls zu begehren oder den Vollsteckungsstaat um Übernahme der Strafverfolgung oder um Vollstreckung der im Inland verhängten Freiheitsstrafe oder mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahme, letzteres auf der Grundlage dieses Abschnitts, zu ersuchen.

Nach § 35 EU-JZG entscheidet über eine Durchlieferung/-beförderung durch Österreich die Bundesministerin für Justiz im Einvernehmen mit der Bundesministerin für Inneres. Entsprechendes soll auch im gegenständlichen Anwendungsbereich gelten. Dies wird in Abs. 5 mit dem Beifügen klar gestellt, dass die Entscheidung entsprechend Art. 16 Abs. 2 des Rahmenbeschlusses innerhalb von sieben Tagen nach Einlangen des Ersuchens zu treffen und der zuständigen Behörde des Ausstellungsstaats bekannt zu geben ist. Sie ist allerdings bis zum Einlangen der nach Abs. 2 begehrten Übersetzung der Bescheinigung aufzuschieben. Eine Beteiligung des Bundesministeriums für Inneres am Entscheidungsprozess ist erforderlich, weil die tatsächliche Durchführung der Durchbeförderung dieser Behörde obliegt.

Für die Dauer der Durchbeförderung durch Österreich ist die verurteilte Person in Haft zu halten. Schon nach den Vorschriften des ARHG ist dabei die Erlassung einer innerstaatlichen Haftanordnung nicht vorgesehen, weil in derartigen Fällen das eine Freiheitsstrafe oder eine mit Freiheitsentziehung verbundene vorbeugende Maßnahme beinhaltende ausländische Urteil unmittelbar vollzogen wird. Hinsichtlich der Durchführung der Durchbeförderung sollen die Vorschriften des ARHG zur Anwendung kommen (Abs. 6).

Der RB Vollstreckung von Freiheitsstrafen enthält keine ausdrückliche Regelung über die Tragung der Kosten der Durchbeförderung. Entsprechend § 37 EU-JZG soll daher diesbezüglich die grundsätzliche Kostentragungspflicht des ersuchenden Mitgliedstaats festgelegt werden, wobei eine Ausnahme für den Fall des Bestehens der Gegenseitigkeit vorgesehen werden soll (Abs. 7).

Zu § 41j (Fälle des Europäischen Haftbefehls):

Diese Bestimmung stellt in Umsetzung von Art 25 des RB Vollstreckung von Freiheitsstrafen klar, dass die Bestimmungen dieses Unterabschnitts im Wesentlichen auch auf die Fälle Anwendung finden, in denen die Übergabe eines österreichischen Staatsbürgers an einen anderen Mitgliedstaat auf der Grundlage eines Europäischen Haftbefehls unter der Bedingung der Rücküberstellung zum Strafvollzug erfolgt ist bzw. die Vollstreckung eines zur Strafvollstreckung ausgestellten Europäischen Haftbefehls gegen einen österreichischen Staatsbürger unter Zusage der Strafvollstreckung im Inland abgelehnt wurde.

Diejenigen Bestimmungen des gegenständlichen Rahmenbeschlusses, die auf die erwähnten Fälle nach dem Rahmenbeschluss über den Europäischen Haftbefehl nicht anwendbar sind, weil dies mit dessen Zweck im Widerspruch stünde, werden dabei ausdrücklich angeführt. Dies gilt insbesondere für die Voraussetzungen für die Strafvollstreckung, da diese bereits im Zusammenhang mit dem Europäischen Haftbefehl geprüft wurden und für die Unzulässigkeitsgründe, da eine Ablehnung der bereits zugesagten Vollstreckung in den betreffenden Fällen nicht in Betracht kommt. Weiters wird klargestellt, dass die nicht fristgerechte Nachreichung, Vervollständigung oder Berichtigung der Bescheinigung (Anhang VII) entgegen den allgemeinen Regeln (s. § 41a Abs. 4 Z 1) keinen Grund für eine Verweigerung der – wie erwähnt – bereits zugesagten Vollstreckung darstellt.

Für die erwähnten Fälle nach dem Rahmenbeschluss über den Europäischen Haftbefehl fehlt es derzeit mangels Vorhandenseins anwendbarer (EU)-Instrumente in den meisten Mitgliedstaaten an ausdrücklichen Regelungen betreffend die Übertragung der Strafvollstreckung, weshalb in der Regel die Bestimmungen des Übereinkommens über die Überstellung verurteilter Personen vom 21.3.1983, BGBl. Nr. 524/1996, teilweise in der Fassung des Zusatzprotokolls vom 18.12.1997, BGBl. III Nr. 26/2001, angewandt werden, die keine Verpflichtung des Vollstreckungsstaats zur Übernahme verurteilter Personen beinhalten, sondern auf Freiwilligkeit beruhen, was mit dem Geist des Europäischen Haftbefehls in Widerspruch steht.

Zu § 42 (Voraussetzungen):

Abs. 1 umschreibt die (positiven) materiellen Voraussetzungen für die Erwirkung der Vollstreckung von einem inländischen Gericht über eine natürliche Person verhängten Freiheitsstrafen oder mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahmen in einem anderen Mitgliedstaat durch österreichische Behörden.

Die Vollstreckung ist zu erwirken, wenn

-       der Verurteilte die Staatsbürgerschaft des Vollstreckungsstaats besitzt und in diesem entweder wohnhaft oder ständig aufhältig ist oder aufgrund eines Ausweisungsbescheides (§ 66 FPG), einer Abschiebungsanordnung (§ 46 FPG) oder eines Aufenthaltsverbots (§ 67 FPG), die in einer infolge des Urteils getroffenen verwaltungsbehördlichen Entscheidung enthalten sind, nach Beendigung des Strafvollzugs abgeschoben würde (Z 1 lit. a und b; s. Art. 3 Abs. 2 und 4 Abs. 1 lit. a und b RB Vollstreckung von Freiheitsstrafen). In Anbetracht des besonderen Naheverhältnisses des Verurteilten zu diesem Staat soll die Erwirkung der Überstellung in Umsetzung von Art. 6 Abs. 2 des Rahmenbeschlusses nicht dessen Zustimmung bedürfen.

-       der Verurteilte zwar nicht die Staatsangehörigkeit des Vollstreckungsstaats besitzt, jedoch seit mindestens fünf Jahren ununterbrochen seinen rechtmäßigen ständigen Aufenthalt in diesem Staat hat und sein Recht auf Daueraufenthalt bzw. langfristigen Aufenthalt aufgrund der Verurteilung nicht verliert, und der Vollstreckung zustimmt (Z 2). Dieser Fall der Erwirkung soll im Hinblick auf die vorgeschlagene Abgabe der Erklärung nach Art. 4 Abs. 7 des Rahmenbeschlusses im Verhältnis zu jenen Mitgliedstaaten anwendbar sein, die eine entsprechende Erklärung abgegeben haben, welcher Umstand von der Bundesministerin für Justiz durch Verordnung zu verlautbaren ist (Abs. 2). Der Begriff „Daueraufenthalt“ ist dabei im Sinne der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.4.2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, ABl. L. 158 vom 30.4.2004, S. 77, jener des „langfristigen Aufenthalts“ im Sinne der Richtlinie 2003/109/EG des Rates vom 25.11.2003 betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen, ABl. L 16 vom 23.1.2004, S. 44, auszulegen.

-       wenn der Verurteilte zum Vollstreckungsstaat im Sinne der Rechtsprechung des EuGH (17.7.2008, C-66/08, Kozlowski; 6.10.2009, C-123/08, Wolzenburg) Bindungen von derartiger Intensität aufweist, dass der Strafvollzug in diesem Staat hohe Resozialisierungschancen eröffnet, soweit Verurteilter und Vollstreckungsstatt zustimmen (Z 3; vgl. Art. 4 Abs. 1 lit. c Rahmenbeschluss). Bei der Prüfung des Vorliegens dieser Voraussetzungen sind in einer Gesamtschau mehrere objektive Kriterien zu prüfen, wie die Dauer, die Art und die Bedingungen des Verweilens des Verurteilten im Vollstreckungsstaat sowie dessen familiäre und wirtschaftliche Verbindungen zu diesem Staat.

Zu § 42a (Rolle des Anstaltsleiters):

Um die Staatsanwaltschaft, die für die Erwirkung der Vollstreckung in einem anderen Mitgliedstaat zuständig ist, auf mögliche Fälle aufmerksam zu machen, legt § 42a fest, dass der Anstaltsleiter ohne unnötigen Aufschub mit einem Verurteilten, hinsichtlich dessen die Voraussetzung nach § 42 vorliegen oder ihr Vorliegen nahe liegt, eine Niederschrift über dessen Erklärung zur Erwirkung der Vollstreckung aufzunehmen und diese der Staatsanwaltschaft am Sitz des Vollzugsgerichts vorzulegen hat. Auf „voraussichtliches Vorliegen“ der Voraussetzungen nach der letzterwähnten Bestimmung wird dabei deshalb Bezug genommen, weil zum Zeitpunkt der Einlieferung häufig noch kein Aufenthaltsverbot nach § 42 Abs. 1 Z 1 lit. b vorliegen wird. Sollte hingegen bereits ein Ausweisungsbescheid oder eine Abschiebungsanordnung erlassen oder ein Aufenthaltsverbot verhängt worden sein, so sollen diese Entscheidungen der Niederschrift anzuschließen sein.

Zu § 42b (Befassung eines anderen Mitgliedstaats):

In dieser Bestimmung wird das Verfahren zur Erwirkung der Vollsteckung geregelt. Abs. 1 soll dabei den zwingenden Charakter der Erwirkung in dem Sinn klarstellen, dass bei Vorliegen oder voraussichtlichem Vorliegen der in § 42 angeführten Voraussetzungen eine Verpflichtung zur Befassung eines anderen Mitgliedstaats mit der Vollstreckung besteht. Eine Ausnahme besteht nach Abs. 3 lediglich für den Fall, dass im Sinne der Rechtsprechung des EuGH (17.7.2008, C-66/08, Kozlowski; 6.10.2009, C-123/08, Wolzenburg) Bindungen des Verurteilten zu Österreich von solcher Intensität bestehen, dass die Vollstreckung der verhängten Freiheitsstrafe oder der mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahme im Inland der Resozialisierung und der Wiedereingliederung des Verurteilten in die Gesellschaft dient. Bei der Prüfung des Vorliegens dieser Voraussetzung sind in einer Gesamtschau mehrere objektive Kriterien zu prüfen, wie die Dauer, die Art und die Bedingungen des Verweilens des Verurteilten im Inland sowie dessen familiäre und wirtschaftliche Verbindungen zu Österreich.

In den Fällen nach § 42 Abs. 1 Z 3 kommt die Erwirkung der Vollstreckung im Vollstreckungsstaat nur mit Zustimmung der zuständigen Behörde dieses Staats in Betracht. Zu deren Erlangung ist diese gemäß Abs. 2 von der zuständigen Staatsanwaltschaft vor Übermittlung der in Abs. 4 angeführten Unterlagen zu konsultieren, wobei dies nicht nur auf die in § 14 Abs. 3 angeführte Weise sondern auch telefonisch geschehen kann. Im Zuge der Konsultationen ist zu begründen, weshalb die Vollstreckung der verhängten Freiheitsstrafe oder der mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahme im Vollstreckungsstaat der Erleichterung der Resozialisierung und der Wiedereingliederung des Verurteilten in die Gesellschaft dient.

Abs. 4 führt die zur Erwirkung der Vollstreckung im Vollstreckungsstaat erforderlichen Unterlagen an. Der zuständigen Behörde dieses Staats sind dabei das zu vollstreckende Urteil samt einer Bescheinigung (Anhang VII), die Niederschrift bzw. das gerichtliche Protokoll über die Erklärung des Verurteilten (für den Fall, dass sich dieser noch im Inland befindet, welcher die Regel sein dürfte) und (für den Fall, dass sich der Verurteilte bereits im Vollstreckungsstaat befindet) das ausgefüllte Formblatt zur Unterrichtung der verurteilten Person (Anhang VIII) zu übermitteln.

Die zuständige Behörde des Vollstreckungsstaats ist in der Bescheinigung um Bekanntgabe der Bestimmungen des nationalen Rechts des Vollstreckungsstaats über die bedingte Entlassung (zwecks Ermöglichung einer allfälligen Zurückziehung der Bescheinigung nach § 42c Z 2) und – sofern dies nicht bereits zu einem früheren Zeitpunkt geschehen ist – um Festnahme des Verurteilten vor Ergehen der Entscheidung über die Vollstreckung zu ersuchen, was durch Ankreuzen der betreffenden Kästchen zu erfolgen hat.

Der Bescheinigung muss eine Übersetzung in eine der Amtssprachen des Vollstreckungsstaats angeschlossen sein, sofern dieser nicht die Erklärung abgegeben hat, Bescheinigungen auch in deutscher Sprache zu akzeptieren. Nach Abs. 11 hat die Bundesministerin für Justiz eine Liste jener Staaten zu verlautbaren, die gegenüber dem Generalsekretariat des Rates die Erklärung abgegeben haben, die deutsche Amtssprache zu akzeptieren. Es wird in Aussicht genommen, dass Österreich gegenüber dem Ratssekretariat einen Übersetzungsverzicht auf der Grundlage der Gegenseitigkeit erklären wird.

Der Anschluss einer Übersetzung auch des zu vollstreckenden Urteils ist grundsätzlich nicht erforderlich. Für den Fall, dass eine solche allerdings im Inlandsverfahren für den ausländischen Beschuldigten bereits angefertigt wurde, ist sie dennoch anzuschließen. Wenn die zuständige Behörde des Vollstreckungsstaats die Bescheinigung jedoch nicht als ausreichend für die Entscheidung über die Vollstreckung erachtet, so ist ihr über entsprechendes Ersuchen eine Übersetzung des Urteils oder der wesentlichen Teile desselben in eine der Amtssprachen des Vollstreckungsstaats nachzureichen (Abs. 5). Ein derartiges Ersuchen setzt die vorherige Durchführung von Konsultationen zwischen der Staatsanwaltschaft und der zuständigen Behörde des Vollstreckungsstaats voraus, in deren Verlauf von letzterer gegebenenfalls jene Teile des Urteils anzugeben sind, die als wesentlich erachtet werden. Es kommt nur für den Fall in Betracht, dass der Vollstreckungsstaat eine entsprechende Erklärung gemäß Art. 23 Abs. 3 des Rahmenbeschlusses abgegeben hat. Nach Abs. 11 hat die Bundesministerin für Justiz eine Liste jener Staaten zu verlautbaren, die eine derartige Erklärung abgegeben haben. Es wird vorgeschlagen, dass Österreich keine derartige Erklärung abgibt, da davon auszugehen ist, dass die Bescheinigung oder die vom Ausstellungsstaat begehrten ergänzenden Informationen alle für die Entscheidung über die Vollstreckung erforderlichen Angaben erhält bzw. enthalten.

Nach Art. 4 Abs. 5 des Rahmenbeschlusses können der Vollstreckungsstaat sowie der Verurteilte von sich aus um Übermittlung der in Abs. 4 angeführten Unterlagen ersuchen. Dazu wird in Abs. 6 entsprechend dem Rahmenbeschluss festgehalten, dass ein derartiges Ersuchen keine Verpflichtung der Staatsanwaltschaft zur Übermittlung der betreffenden Unterlagen begründet.

Wenn die zuständige Behörde des Vollstreckungsstaats nach Übermittlung der in Abs. 4 angeführten Unterlagen eine begründete Stellungnahme des Inhalts übermittelt, dass die Vollstreckung der Freiheitsstrafe oder der mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahme im Vollstreckungsstaat Inland in den in § 42 Abs. 1 Z 1 und 2 angeführten Fällen nicht der Erleichterung der Resozialisierung und der Wiedereingliederung des Verurteilten in die Gesellschaft dient, da dessen Angehörige in Österreich oder in einem anderen (Mitglied)Staat mit Ausnahme des Vollstreckungsstaats wohnhaft sind oder wenn der Verurteilte im Inland oder in einem anderen (Mitglied)Staat mit Ausnahme des Vollstreckungsstaats einer Beschäftigung nachgeht, so hat die Staatsanwaltschaft zu prüfen, ob Anlass zur Zurückziehung der Bescheinigung besteht, und die zuständige Behörde des Vollstreckungsstaats entsprechend in Kenntnis zu setzen (Abs. 7).

Zum Geschäftsweg genügt auch hier ein Verweis auf § 14 Abs. 1 bis 5 EU-JZG (Abs. 8). Erfolgte die Übermittlung allerdings nicht auf dem Postweg, sondern per Telefax oder E-Mail (§ 14 Abs. 3 EU-JZG), so kann das zuständige Gericht des Vollstreckungsstaats zur Verifizierung der Echtheit der übermittelten Unterlagen um Nachreichung einer Ausfertigung oder beglaubigten Ablichtung des Urteils sowie des Originals der Bescheinigung auf dem Postweg ersuchen (vgl. Art. 5 Abs. 1 des Rahmenbeschlusses).

Abs. 9 stellt in Umsetzung von Artikel 5 Abs. 3 des Rahmenbeschlusses klar, dass der Ausstellungsstaat jeweils nur einen anderen Mitgliedstaat mit der Vollstreckung befassen darf.

Abs. 10 statuiert die Verpflichtung zur Verständigung der noch im Inland aufhältigen Verurteilten von der Entscheidung über die Erwirkung der Vollstreckung im Vollstreckungsstaat unter Verwendung des ausgefüllten Formblatts nach Anhang VIIII.

Zu § 42c (Widerruf der Befassung):

Von einer nachträglichen Aufhebung oder Änderung der zu vollstreckenden Entscheidung oder ihrer Vollstreckbarkeit soll die zuständige Behörde des Vollstreckungsstaats unverzüglich in Kenntnis zu setzen sein (Z 1; vgl. Art. 19 Abs. 1 und 20 Abs. 1 des RB Vollstreckung von Freiheitsstrafen). Dies wird etwa bei einer Amnestie oder Begnadigung, bei Entscheidungen nach § 31a Abs. 1 StGB, bei einer Aufhebung oder Änderung der Entscheidung auf Grund eines Antrags auf Wiederaufnahme oder einer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes geboten sein.

Eine entsprechende Verständigungspflicht besteht nach Z 2 auch für den Fall, dass die Vollstreckung aus anderen Gründen nicht mehr begehrt und daher die Bescheinigung zurückgezogen wird. Dies wird idR dann zu erfolgen haben, wenn sich aus den über Ersuchen gemäß § 42b Abs. 4 Z 2 übermittelten Bestimmungen des Vollstreckungsstaats über die bedingte oder vorzeitige Entlassung ergibt, dass der Verurteilte in diesem Staat vor Verbüßung von weniger als der Hälfte der verhängten Freiheitsstrafe oder mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahme freizulassen wäre.

Festzuhalten ist, dass die Zurückziehung der Bescheinigung nach Art. 13 des Rahmenbeschlusses nur in Betracht kommt, so lange im Vollstreckungsstaat noch nicht mit der Vollstreckung der Sanktion begonnen wurde.

Zu § 42d (Vollstreckung im Inland):

Wurde im Vollstreckungsstaat mit der Vollstreckung eines inländischen Urteils, mit dem eine Freiheitsstrafe oder eine mit Freiheitsentziehung verbundene vorbeugende Maßnahmen verhängt wurde, begonnen, so soll deren Vollstreckung im Inland grundsätzlich ausgeschlossen sein (Abs. 1; vgl. Art. 22 Abs. 1 RB Vollstreckung von Freiheitsstrafen ).

Abweichend von dieser allgemeinen Regel soll Österreich in Umsetzung von Art. 22 Abs. 2 des Rahmenbeschlusses in den in Abs. 2 angeführten Fällen das Recht zur Vollstreckung der Entscheidung bzw. von deren Fortsetzung wieder erlangen. Die wichtigsten Fälle hiefür sind die Flucht des Verurteilten aus der Strafhaft vor Beendigung des Vollzuges (Z 2) und der Umstand, dass die Sanktion im Vollstreckungsstaat nicht vollstreckt werden konnte, weil die verurteilte Person nach Übermittlung der für die Übernahme der Vollstreckung erforderlichen Unterlagen in diesem nicht mehr aufgefunden werden konnte (Z 3). In einem derartigen Fall trifft den Vollstreckungsstaat – wie erwähnt – keine Verpflichtung zur Vollstreckung der Sanktion.

Zu § 42e (Durchführung der Überstellung):

Art. 15 des RB Vollstreckung von Freiheitsstrafen geht davon aus, dass zwischen den zuständigen Behörden des Ausstellungs- und des Vollstreckungsstaats ein Übergabetermin sowie ein Übergabeort einvernehmlich festgelegt werden. Grundsätzlich hat die Übergabe der verurteilten Person an den Vollstreckungsstaat innerhalb von 30 Tagen nach der endgültigen Entscheidung über die Vollstreckung der Sanktion zu erfolgen (Abs. 1).

Dabei handelt es sich allerdings nicht um eine Höchstfrist: für den Fall, dass die Überstellung innerhalb des vorgesehenen Zeitraums in einem Einzelfall auf Grund unvorhergesehener Umstände nicht möglich ist, ist die zuständige Behörde des Vollstreckungsstaats davon lediglich unverzüglich in Kenntnis zu setzen. Nach Wegfall des Hindernisses für die Überstellung ist mit dieser ein neuer Übergabetermin zu vereinbaren; die Überstellung hat in der Folge binnen zehn Tagen nach dem vereinbarten neuen Termin zu erfolgen (Abs. 2).

Zu § 42f (Zustimmung zur Verfolgung, Verurteilung oder Strafvollstreckung wegen weiterer Straftaten):

Nach Art. 18 des RB Vollstreckung von Freiheitsstrafen erfolgt die Überstellung des Verurteilten an den Vollstreckungsstaat unter Spezialitätsschutz, d.h. dass dessen Verfolgung oder Verurteilung wegen einer anderen, vor der Überstellung begangenen Straftat als derjenigen, derentwegen die Überstellung erfolgt, sowie die Vollstreckung einer wegen einer solchen Handlung verhängten Freiheitsstrafe oder mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahme nur mit Zustimmung der zuständigen inländischen Behörde in Betracht kommt, es sei denn, dass die Voraussetzungen des § 41e Abs. 2 Z 1 bis 6 vorliegen.

Abs. 1 stellt klar, dass einem Ersuchen um Zustimmung, gegebenenfalls nach Maßgabe der Bestimmungen der §§ 5 Abs. 5 und 11 Z 3 EU-JZG, stattzugeben ist, wenn die Vollstreckung eines Europäischen Haftbefehls wegen der betreffenden Straftat nach den Bestimmungen des II. Hauptstücks zulässig wäre. Die Entscheidung ist spätestens 30 Tage nach Einlangen des Ersuchens zu treffen.

Abs. 2 regelt den notwendigen Inhalt eines Ersuchens um Zustimmung und das Erfordernis des Anschlusses einer Übersetzung.

Zu § 42g (Erwirkung der Durchbeförderung):

Abs. 1 regelt in Umsetzung von Art. 16 Abs. 1 des RB Vollstreckung von Freiheitsstrafen den notwendigen Inhalt und den Geschäftsweg für Ersuchen um Durchbeförderung des Verurteilten durch einen anderen Mitgliedstaat. Der Anschluss einer Übersetzung der dem Ersuchen anzuschließenden Bescheinigung (Anhang VII) ist grundsätzlich nicht erforderlich. Im Hinblick darauf, dass die Entscheidung über die Bewilligung der Durchbeförderung allerdings entsprechend Art. 16 Abs. 2 des Rahmenbeschlusses binnen einer Woche nach Einlangen des Ersuchens zu erfolgen hat, hat der um Bewilligung der Durchbeförderung ersuchte Mitgliedstaat die Möglichkeit, um Nachreichung einer Übersetzung der Bescheinigung in eine von ihm anzugebende Sprache zu ersuchen; dies wird in Abs. 2 klargestellt.

Zu Z 8 (§§ 43 und 44):

Die durch die vorgeschlagenen Novellierungen nicht mehr aktuellen Bestimmungen der §§ 43 und 44 sollen aufgehoben werden.

Zu Z 9 (§ 49):

Es soll der im letzten Satz der Bestimmung enthaltene Verweis auf § 58 richtig gestellt werden.

Zu Z 10 (§ 52a Abs. 1 Z 8):

Der im Rahmenbeschluss 2006/783/JI vom 6.10.2006 über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Einziehungsentscheidungen, ABl. L 2006/328, 59, enthaltene Ablehnungsgrund des Abwesenheitsverfahrens, der durch die Bestimmung des § 52a Abs. 1 Z 8 umgesetzt wurde, wurde durch Art. 4 des RB In Absentia im Sinne eines verstärkten Rechtsschutzes des Betroffenen geändert, weshalb auch der Ablehnungsgrund des § 52a Abs. 1 Z 8 entsprechend zu ändern ist.

Nach der nunmehr vorgeschlagenen Fassung soll die Vollstreckung einer in Abwesenheit des Betroffenen ergangenen Entscheidung nur unter den bereits oben zu § 11 (Z 3) umschrieben Voraussetzungen zulässig sein.

Zu Z 11 und 12 (§ 52b Abs. 1 und 52d Abs. 3):

Die Änderungen bezwecken begriffliche Anpassungen an die StPO idF BGBl. I Nr. 19/2004.

Zu Z 13 (§ 53a Z 10):

Der im Rahmenbeschluss 2005/214/JI vom 24.2.2005 über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung von Geldstrafen und Geldbußen (RB über die Vollstreckung von Geldstrafen), ABl. L 2005/76, 16, enthaltene Ablehnungsgrund des Abwesenheitsverfahrens, der durch die Bestimmung des § 53a Z 10 umgesetzt wurde, wurde durch Art. 3 des RB in Absentia im Sinne eines verstärkten Rechtsschutzes des Betroffenen geändert, weshalb auch der Ablehnungsgrund des § 53a Z 10 entsprechend geändert werden sollte.

Nach der nunmehr vorgeschlagenen Fassung soll die Vollstreckung einer in Abwesenheit des Betroffenen ergangenen Entscheidung nur unter den bereits oben zu § 11 (Z 3) umschrieben Voraussetzungen zulässig sein.

Zu Z 14 (§ 53a Z 10a):

Im Einklang mit dem RB In Absentia soll die Abwesenheit des Betroffenen keinen Grund für die Unzulässigkeit der Vollstreckung darstellen, wenn der Betroffene nach ausdrücklicher Unterrichtung über das Verfahren und die Möglichkeit, zu der Verhandlung persönlich zu erscheinen, ausdrücklich erklärt hat, auf das Recht auf mündliche Anhörung zu verzichten und kein Rechtsmittel gegen die Entscheidung zu ergreifen.

Mag es auch nicht häufig vorkommen, dass der Betroffene vorweg sowohl auf persönliche Anhörung im Verfahren als auch auf allfällige Erhebung eines Rechtsmittels verzichtet, so soll für solche Fälle dennoch klargestellt werden, dass dem Rechtsschutzbedürfnis des Betroffenen durch die vorgesehene Belehrungspflicht ausreichend Rechnung getragen werden kann. Festzuhalten ist, dass die betreffende Belehrung (über das Recht auf persönliche Anhörung im Verfahren und auf Ergreifung eines Rechtsmittels) gemäß Art. 6 Abs. 3 lit. a EMRK, der sämtliche Mitgliedstaaten angehören, in einer dem Betroffenen verständlichen Sprache zu erfolgen hat, und der Betroffene gemäß Art. 6 Abs. 3 lit. e EMRK auch das Recht hat, bei Bedarf die unentgeltliche Beiziehung eines Dolmetschers zu verlangen. Soweit die Belehrung in Ausnahmefällen nicht in einer dem Betroffenen verständlichen Sprache erfolgt ist, kann dieser Umstand anlässlich der nach § 53c Abs. 5 vorgesehenen Anhörung eingewandt werden, woraufhin die zuständige Behörde des Entscheidungsstaats diesbezüglich gemäß § 53c Abs. 3 Z 2 um ergänzenden Informationen zu ersuchen sein wird. Dadurch wird ein hinreichender Ausgleich dafür geschaffen, dass eine Übersetzung der in Abwesenheit ergangenen Entscheidung nicht in sämtlichen Fällen beigeschafft werden muss, was ja auch mit dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung im Widerspruch stünde, weil dieser Grundsatz darauf beruht, dass in der Regel (lediglich) auf Grund der Angaben in der Bescheinigung zu entscheiden ist.

Zu Z 15 und 16 (§ 53b Abs. 1 und 53d Abs. 4):

Die Änderungen bezwecken begrifflichen Anpassungen an die StPO idF BGBl. I Nr. 19/2004.

Zu Z 17 (§ 54):

Die Bestimmung des § 54 ist durch den neu vorgeschlagenen Unterabschnitt über die Erwirkung der Vollstreckung von Freiheitsstrafen (§§ 42 bis 42g) sowie die bereits geltenden Unterabschnitte über die Erwirkung der Vollstreckung von Geldsanktionen (§§ 53k bis 53m) und von vermögensrechtlichen Anordnungen (§§ 52k bis 52n) obsolet und kann daher entfallen.

Zu Z 18 (§ 57a):

Abs. 1 dieser Bestimmung stellt in Umsetzung von Art. 3 Abs. 4 des Rahmenbeschlusses 2006/960/JI klar, unter welchen Voraussetzungen die zuständige Staatsanwaltschaft Ersuchen einer inländischen Sicherheitsbehörde zur Übermittlung sog. „Justizinformationen“, über die die Sicherheitsbehörden nicht alleine verfügen dürfen, an die Strafverfolgungsbehörden eines anderen Mitgliedstaats die Zustimmung zu erteilen hat.

Dabei soll an die Bestimmung des § 8 Abs. 4 PolKG angeknüpft werden, nach welcher die Amtshilfe leistende Sicherheitsbehörde für den Fall, dass die Zulässigkeit der Informationsübermittlung von der Zustimmung eines Gerichts oder einer Staatsanwaltschaft abhängig ist, vor der Übermittlung der Informationen deren Zustimmung einzuholen hat.

In Umsetzung von Art. 1 Abs. 1 des erwähnten Rahmenbeschlusses wird klargestellt, dass sich das ausländische Ersuchen auf im Zusammenhang mit einem inländischen Strafverfahren erlangte, somit bestehende Informationen und Erkenntnisse beziehen muss, die durch Ermittlungen gewonnen wurden, die entweder von der Staatsanwaltschaft konkret angeordnet oder genehmigt (§ 102 StPO) oder von ihr selbst durchgeführt (§ 103 Abs. 2 StPO) wurden.

Das Ersuchen muss darüber hinaus mit einer Straftat im Zusammenhang stehen, die nach österreichischem Recht mit einer Freiheitsstrafe oder mit einer mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahme im Höchstmaß von mehr als einem Jahr bedroht ist (Art. 10 Abs. 2 Rahmenbeschluss). Schließlich sollen einzelne der in Art. 10 Abs. 1 des Rahmenbeschlusses enthaltenen Ablehnungsgründe (Gefährdung der Sicherheit von Personen oder des Zwecks laufender Ermittlungen) übernommen werden.

In den nicht unter §§ 102 f StPO fallenden Fällen, in denen die Ermittlungen von den Sicherheitsbehörden aus eigenem vorgenommen werden dürfen (z.B. Identitätsfeststellungen, Augenschein und Tatrekonstruktion, Erkundigungen, Vernehmungen, nicht qualifizierte Observation oder verdeckte Ermittlung, sowie Sicherstellungen, die von der Kriminalpolizei aus eigenem vorgenommen dürfen [§ 110 Abs. 3 StPO]) kann die Informationsübermittlung ohne Befassung der zuständigen Staatsanwaltschaft erfolgen. Dabei versteht es sich von selbst, dass bei möglicher Gefährdung des weiteren Ermittlungserfolgs zuvor dennoch das Einvernehmen mit der Staatsanwaltschaft herzustellen ist.

Soweit die Informationen und Erkenntnisse allerdings durch Ermittlungshandlungen erlangt wurden, die einer gerichtlichen Bewilligung bedürfen (§ 105 Abs. 1 StPO), kommt ein Ersuchen um Genehmigung der Informationsübermittlung durch die Sicherheitsbehörde und deren Erteilung durch die zuständige Staatsanwaltschaft im Einklang mit Art. 1 Abs. 6 des Rahmenbeschlusses nicht in Betracht. Bei derartigen Ermittlungshandlungen handelt es sich beispielsweise um Beschlagnahmen (§ 115 Abs. 2 StPO), Auskünfte über Bankkonten oder Bankgeschäfte (§ 116 Abs. 3 StPO), Durchsuchungen von Personen oder Wohnungen (§ 120 Abs. 1 StPO), Auskünfte über Daten einer Nachrichtenübermittlung, Überwachung von Nachrichten sowie optische und akustische Überwachung von Personen (§ 137 Abs. 1 StPO) sowie automationsunterstützte Datenabgleiche (§ 142 Abs. 1 StPO). In den betreffenden Fällen kommt die Informationsübermittlung – wie bisher – während eines in Österreich laufenden Ermittlungsverfahrens nur auf der Grundlage eines justiziellen Rechtshilfeersuchens an die zuständige Staatsanwaltschaft in Betracht (Abs. 2). Nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens in Österreich ist das zuständige Gericht zur Entscheidung über das Rechtshilfeersuchen berufen. Entsprechendes gilt für die Weiterleitung von Informationen und Erkenntnissen aus derartigen Ermittlungshandlungen, die wegen Gefahr im Verzug von den Sicherheitsbehörden aus eigenem durchgeführt wurden (s. dazu das Erkenntnis des VfGH vom 16.12.2010 im Verfahren G 259/09 u.a. wegen §§ 106 Abs. 1 und 107 Abs. 1 StPO und den dazu ergangenen Erlass des BMJ vom 18.1.2011, GZ. BMJ-S590.000/0003-IV 3/2011).

Abs. 3 regelt die Informationsübermittlung ohne Ersuchen (Art. 7 Rahmenbeschluss 2006/960/JI). Die Übermittlung von Daten oder sonstiger Ergebnisse durch die Sicherheitsbehörde, die im Zuge eines österreichischen  Ermittlungsverfahrens von der Staatsanwaltschaft konkret angeordnet oder genehmigt (§ 102 StPO) oder von ihr selbst durchgeführt (§ 103 Abs. 2 StPO) wurden, ohne vorangegangenes Ersuchen der zuständigen Sicherheitsbehörde eines anderen Mitgliedstaates, ist mit Genehmigung der Staatsanwaltschaft dann zulässig, wenn durch diese die Verfolgung einer Straftat von erheblicher Bedeutung, die einer der in Anhang I.A genannten Kategorien von Straftaten zuzuordnen ist, gefördert oder die Begehung einer solchen Straftat verhindert werden kann (vgl. Art. 7 Abs. 1 Rahmenbeschluss). Im Falle eines derartigen Informationsaustauschs findet gemäß §  1 Abs. 2 EU-JZG sinngemäß § 59a Abs. 2 ARHG Anwendung.

In Abs. 4 wird in Umsetzung von Art. 1 Abs. 4 des Rahmenbeschlusses 2006/960/JI klargestellt, dass die Zustimmung zur Übermittlung der Informationen und Erkenntnisse mit der Einwilligung zu deren Verwendung als Beweismittel in einem Strafverfahren im ersuchenden Mitgliedstaat zu verbinden ist. Ohne eine derartige Regelung wäre zu diesem Zweck ein gesondertes Ersuchen erforderlich, was zu einem unnötigen Verwaltungsaufwand führen würde und daher vermieden werden sollte.

Abs. 5 enthält eine Zuständigkeitsregelung für die Zustimmung zur Übermittlung der Informationen und Erkenntnisse. Für deren Erteilung soll die Staatsanwaltschaft zuständig sein, in deren Sprengel das Strafverfahren, in dem diese erlangt wurden, anhängig ist oder war.

Eine – im Begutachtungsverfahren angesprochene – Umsetzung der Datenschutzbestimmungen des Rahmenbeschlusses (Art. 8 und 9) kommt im EU-JZG nicht in Betracht, weil hier nur die Voraussetzungen für die Genehmigung der Übermittlung von Informationen und Erkenntnissen durch die Sicherheitsbehörden an jene anderer Mitgliedstaaten durch die zuständige Staatsanwaltschaft geregelt werden; in diesem Zusammenhang sind keine Regelungen etwa darüber erforderlich, zu welchem Zweck die übermittelten Informationen und Erkenntnisse von der ausländischen Sicherheitsbehörde verwendet werden dürfen. Sofern eine Umsetzung von Art. 8 und 9 für erforderlich erachtet wird, hätte diese daher im Polizei(kooperations)recht zu erfolgen.

Zu Z 19 (§ 58 Abs. 2):

Die Erledigung von Rechtshilfeersuchen ist seit dem Strafprozessreformbegleitgesetz II Aufgabe der Staatsanwaltschaft (§ 55 ARHG). Daher wäre es auch Aufgabe der Staatsanwaltschaft, die Teilnahme ausländischer Organe an Rechtshilfehandlungen im Inland zu genehmigen. Diese bisher nicht erfolgte Anpassung an die neue Aufgabenverteilung zwischen Gericht und Staatsanwaltschaft soll nun – Anregungen im Begutachtungsverfahren folgend – nachgetragen werden.

Zu Z 22 (§§ 77 bis 80):

Der neue Dritte Unterabschnitt des Siebenten Abschnitts des IV. Hauptstücks betrifft die Einholung von Strafregisterauskünften über Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten entsprechend dem RB Strafregister.

Zu § 77 (Voraussetzungen):

Diese Bestimmung regelt die Voraussetzungen für die Einholung einer Strafregisterauskunft über einen Staatsangehörigen eines anderen Mitgliedstaats. Dabei wird diese Möglichkeit auf Zwecke eines inländischen Strafverfahrens beschränkt. Wird ausnahmsweise eine Strafregisterauskunft für andere Zwecke als jene eines Strafverfahrens (z.B. für Zwecke eines Staatsbürgerschaftsverfahrens) benötigt, so kann diese – wie bisher – auf der Grundlage von Art. 13 Abs. 2 des Europ. RH Übk. erlangt werden.

Zu § 78 (Inhalt und Form des Ersuchens):

Abs. 1 stellt in Umsetzung von Art. 7 Abs. 4 des RB Strafregister klar, dass Ersuchen um Übermittlung einer Strafregisterauskunft unter Verwendung des Formblatts laut Anhang IX dieses Bundesgesetzes zu stellen sind.

Abs. 2 sieht entsprechend Art. 10 des RB Strafregister vor, dass die betreffenden Ersuchen in der oder einer der Amtssprachen des ersuchten Mitgliedstaats zu stellen sind. Im Hinblick darauf, dass das Formblatt nach Anhang IX dieses Bundesgesetzes (das auch im Intranet der Justiz zugänglich gemacht werden wird) ohnehin in den Amtssprachen sämtlicher Mitgliedstaaten erstellt wurde und im Intranet verfügbar gemacht werde wird, wird die Anfertigung von Übersetzungen diesbezüglich nur in eingeschränktem Umfang erforderlich sein.

Nach Art. 10 des Rahmenbeschlusses besteht für die Mitgliedstaaten die Möglichkeit, mittels an das Generalsekretariat des Rates zu richtender Erklärung auch Ersuchen in anderen als ihren eigenen Amtssprachen zu akzeptieren. Sollten einzelne Mitgliedstaaten von dieser Möglichkeit Gebrauch machen (Abs. 3), wird dies von der Bundesministerin für Justiz durch Verordnung verlautbart werden.

Im Hinblick auf die erwähnte Verfügbarkeit des Formblatts für Ersuchen in sämtlichen Amtssprachen der Mitgliedstaaten und den daraus resultierenden ohnehin nur geringen Übersetzungsbedarf wird Österreich von der betreffenden Möglichkeit keinen Gebrauch machen.

Zu § 79 (Geschäftsweg):

Durch diese Bestimmung wird in Umsetzung von Art. 6 Abs. 1 des RB Strafregister klargestellt, dass Ersuchen um Übermittlung einer Strafregisterauskunft im Wege der Zentralbehörden zu stellen sind.

Für Österreich wird das Strafregisteramt der Bundespolizeidirektion Wien als zuständige Zentralbehörde namhaft gemacht werden. Die ersuchende österreichische Justizbehörde hat daher das von ihr ausgefüllte und – soweit erforderlich – übersetzte Formblatt abweichend von dem in Art. 15 des Europ. RH Übk. vorgesehenen Geschäftsweg im Wege der österreichischen Zentralbehörde an den ersuchten Mitgliedstaat zu übermitteln.

Im Hinblick auf den ergänzenden Charakter des RB Strafregister gegenüber dem Europ. RH Übk. besteht daneben allerdings weiterhin die Möglichkeit, auf der Grundlage von Art. 13 in Verbindung mit Art. 15 des Europ. RH Übk. ein Rechtshilfeersuchen um Übermittlung einer Strafregisterauskunft unmittelbar an die zuständige Behörde des ersuchten Staats zu übermitteln. Dies wird in Abs. 2 klargestellt. Für derartige Ersuchen ist die Verwendung des Formblatts jedoch nicht vorgesehen und besteht für deren Erledigung auch keine Frist. Im Hinblick darauf sollte im Verhältnis zu den übrigen Mitgliedstaaten der EU in erster Linie von den Regelungen der §§ 77 ff. Gebrauch gemacht werden.

Der periodische Strafnachrichtenaustausch gemäß Art. 22 des Europ. RH Übk. wird durch den gegenständlichen Rahmenbeschluss insofern einer Neuregelung zugeführt, als die Informationsübermittlung über im Urteilsstaat erfolgte und in dessen Strafregister eingetragene Verurteilungen der Staatsangehörigen der übrigen Mitgliedstaaten der EU im Wesentlichen unverzüglich zu erfolgen hat. Im Hinblick darauf wird die erwähnte Bestimmung im Verhältnis zwischen den Mitgliedstaaten der EU gegenstandslos. In Österreich ist für die Durchführung des Strafnachrichtenaustauschs das Strafregisteramt der Bundespolizeidirektion Wien zuständig.

Zu § 80 (Bedingungen für die Verwendung personenbezogener Daten):

Dieser Artikel legt entsprechend Art. 9 des RB Strafregister die Bedingungen für die Verwendung der übermittelten personenbezogenen Daten fest. Dabei wird klargestellt, dass diese Daten nur für die Zwecke des Strafverfahrens verwendet werden dürfen, für das sie erbeten wurden. Dadurch soll verhindert werden, dass derartige Daten für Zwecke eines weiteren (späteren) Strafverfahrens verwendet werden, obwohl die Verurteilung, die den Daten zugrunde liegt, zwischenzeitig, etwa wegen erfolgter Tilgung, im Strafregister des Urteilsstaats gelöscht wurde.

Zu Z 23 bis 30 (§§ 81 bis 84):

In der geltenden Fassung des EU-JZG finden sich sämtliche Schluss-, Inkrafttretens- und Übergangsbestimmungen in § 77.

Um zu vermeiden, dass § 77 durch die vorliegende und in naher Zukunft zu erwartende weitere Novellen und die dabei nötigen Inkrafttretens- und Übergangsbestimmungen immer weiter anwächst und dadurch unübersichtlich wird, wird vorgeschlagen, die Bestimmungen in mehrere Paragrafen aufzuspalten, wobei die geltenden Bestimmungen inhaltlich unverändert bleiben sollen.

Zu Z 26 (§ 82 Abs. 4):

Nach Art. 32 des Rahmenbeschlusses über den Europäischen Haftbefehl kann jeder Mitgliedstaat erklären, dass er als Vollstreckungsstaat einen einlangenden Europäischen Haftbefehl, der sich auf vor einem bestimmten Zeitpunkt begangene Straftaten bezieht, als Auslieferungsersuchen behandeln wird, wobei dieser Stichtag nicht nach dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Rahmenbeschlusses über den Europäischen Haftbefehl , also dem 7.8.2002, liegen darf. Österreich hat eine derartige Erklärung abgegeben. Dementsprechend sieht § 77 Abs. 4 vor, dass auf Europäische Haftbefehle, denen Taten zugrunde liegen, die zumindest teilweise vor dem 7.8.2002 begangen wurden, das ARHG in der im Zeitpunkt der Entscheidung geltenden Fassung und die zwischenstaatlichen Vereinbarungen anzuwenden, die am 7.8.2002 in Geltung standen.

Der EuGH hat in seinem Urteil vom 12.8.2008, C-296/08, Goicoechea (dazu Zeder, Europastrafrecht aktuell: Rechtsprechung des EuGH zum Europäischen Haftbefehl, JSt 2009, 64; Hinterhofer/Schallmoser, Europäisches Strafrecht, in: Eilmannsberger/Herzig [Hrsg], Jahrbuch Europarecht 09, 355 (378 f); jüngst Zeder, Entscheidungsbesprechung in JBl 2011, 610), die Bestimmung in Art 32 Satz 3 des Rahmenbeschlusses über den Europäischen Haftbefehl, wonach die Erklärung die Wirkung habe, dass die „vor dem 1.1.2004 geltende Auslieferungsregelung“ anzuwenden sind, nicht etwa im Sinn einer „Versteinerung“ dieser Regeln zum Stichtag 1.1.2004 verstanden: Vielmehr sind auch nach diesem Stichtag hinzukommende Weiterentwicklungen (jedenfalls) des EU-Auslieferungsrechts zu berücksichtigen (konkret erklärte der EuGH das 1996 unterzeichnete EU-Auslieferungs-Übereinkommen, das für Frankreich erst am 30.6.2005 anwendbar wurde, im Anlassfall für anwendbar).

Um dieser Auslegung Rechnung zu tragen, soll die Bestimmung im zweiten Satz von § 77 Abs. 4 (nunmehr § 82 Abs. 4) dahin geändert werden, dass nicht bloß wie bisher (Auslieferungs-)Recht der Europäischen Union anzuwenden ist, das zum Stichtag 7.8.2002 galt, sondern auch jenes, das (seither hinzugekommen ist und) zum Entscheidungszeitpunkt gilt. Von praktischer Bedeutung kann dies vor allem im Hinblick auf seither erfolgte Ratifizierungen der beiden EU-Auslieferungs-Übereinkommen durch andere Mitgliedstaaten sein.

Im Begutachtungsverfahren sind gegen diese Änderung Bedenken geäußert worden, weil durch sie die österreichische Erklärung zu Art. 32 des Rahmenbeschlusses über den Europäischen Haftbefehl unterwandert würde. Diese Bedenken scheinen jedoch nicht durchschlagend: Trotz der vorgeschlagenen Änderung bleibt es nämlich zum Einen dabei, dass bei „Alttaten“ die beiderseitige Strafbarkeit geprüft werden darf; zum Anderen bleiben auch die österreichischen Verjährungsregelungen selbst dann beachtlich, wenn das Übereinkommen vom 27.9.2006 über die Auslieferung zwischen den Mitgliedstaaten der EU anzuwenden ist, weil nach dessen Art. 8 Abs. 2 der ersuchte Staat, wenn er hinsichtlich der dem Auslieferungsersuchen zugrunde liegenden Handlungen eigene Gerichtsbarkeit hat, eine Auslieferung sehr wohl im Hinblick auf seine Verjährungsvorschriften ablehnen kann.

Für außerhalb der EU zustande gekommenes zwischenstaatliches Auslieferungsrecht soll es bei einem Stichtag bleiben; allerdings soll dieser Stichtag rahmenbeschlusskonform auf den 1.1.2004 festgelegt werden.

Zu Z 27 (§ 82 Abs. 6):

Erklärungen nach Art. 32 des Rahmenbeschlusses über den Europäischen Haftbefehl (dazu soeben, Z 17, § 82 Abs. 4) konnten nur (bis) zum Zeitpunkt der Annahme des Rahmenbeschlusses durch den Rat abgegeben werden; solche Erklärungen haben neben Österreich Italien und Frankreich abgegeben (im Amtsblatt im Anschluss an den Rahmenbeschluss veröffentlicht: ABl L 2002/190, 19).

Später haben noch einzelne weitere Mitgliedstaaten ähnliche Erklärungen abgegeben, bzw. innerstaatliche Gesetze erlassen, die eine Anwendung des Europäischen Haftbefehls auf vor einem bestimmten Stichtag begangene Taten ausschloss.

Der österreichische Gesetzgeber hat in der Stammfassung des EU-JZG den Erklärungen Frankreichs und Italiens Rechnung getragen (§ 77 Abs. 6); durch die Strafprozessnovelle 2005, BGBl. I Nr. 164/2004, hat er auch Slowenien und Luxemburg aufgenommen.

Mittlerweile ist auf Ebene der EU – nicht zuletzt durch den Mechanismus der gegenseitigen Begutachtung, in deren Rahmen als vierte Runde die praktische Anwendung des Europäischen Haftbefehls in jedem der Mitgliedstaaten geprüft wurde (dazu Zeder, Europastrafrecht aktuell: Neues vom Europäischen Haftbefehl, JSt 2009, 202 [202 f]) – jedoch geklärt, dass die in Luxemburg und Slowenien beschlossenen Gesetze nicht mit dem Rahmenbeschluss vereinbar sind; beide Staaten haben mittlerweile ihre Gesetzgebung geändert (Slowenien auch seine 2004 abgegebene Erklärung zurückgezogen).

Die Anführung von Luxemburg und Slowenien kann daher (wieder) entfallen.

Zu Z 29 (§ 83 Abs. 5 bis 10):

Abs. 5 bis 7 regeln das Inkrafttreten.

Der RB In Absentia ist bis 28.3.2011 umzusetzen (Art. 8 Abs. 1). Der RB Vollstreckung von Freiheitsstrafen ist bis 5.12.2011 umzusetzen (Art. 29 Abs. 1). Der Rahmenbeschluss über die Vereinfachung des Austauschs von Informationen und Erkenntnissen zwischen den Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten der Europäischen Union war bis 19.12.2008 umzusetzen (Art. 11 Abs. 1).

Hinsichtlich der Bestimmungen zur Umsetzung dieser Rahmenbeschlüsse wird daher grundsätzlich ein Inkrafttreten zum 1.1.2012 vorgeschlagen. Ab diesem Zeitpunkt werden im Verhältnis zu jenen Mitgliedstaaten, die den RB Vollstreckung von Freiheitsstrafen bereits umgesetzt haben, die anwendbaren Übereinkommen betreffend die Vollstreckung von Freiheitsstrafen, insbesondere das Übereinkommen des Europarats über die Überstellung verurteilter Personen vom 21.3.1983, BGBl. Nr. 524/1986, samt Zusatzprotokoll vom 18.12.1997, BGBl. III Nr. 26/2001, durch die Bestimmungen des Ersten Abschnitts des III. Hauptstücks ersetzt (Abs. 5).

Der RB Strafregister ist bis 27.4.2012 umzusetzen (Art. 13 Abs. 1). Es wird daher ein Inkrafttreten der §§ 77 bis 80 zum 27.4.2012 vorgeschlagen (Abs. 6).

Für Italien, dessen nationales Recht mit dem RB In Absentia nicht im Einklang steht daher geändert werden muss, und das daher von der Möglichkeit nach Art. 8 Abs. 3 des RB In Absentia, mit Erklärung das Inkrafttreten bis zum 1.1.2014 hinauszuschieben, Gebrauch gemacht hat, soll im Einklang mit dem betreffenden RB eine Sonderregelung aufgenommen werden. Danach finden die §§ 11, 40 Z 11, 52a Abs. 1 Z 8 und 53a Z 10 samt den bezughabenden Kästchen in Anhang II (Kästchen d), V (Kästchen j) und VI (Kästchen h Pkt. 3) in der neuen Fassung bei der Entscheidung über die Vollstreckung im Verhältnis zu Italien erst ab dem 1.1.2014 Anwendung (Abs. 7).

Grundsätzlich bestünde die Möglichkeit, durch Abgabe einer entsprechenden Erklärung von Italien die Anwendung der Gegenseitigkeit zu verlangen, das heißt, bei der Entscheidung über die Vollstreckung ebenfalls die Anwendung geringerer grundrechtlicher Standards zu verlangen; von dieser Möglichkeit soll jedoch im Interesse des Rechtsschutzes für den Verurteilten kein Gebrauch gemacht werden, zumal davon auszugehen ist, dass österreichische Abwesenheitsurteile ohnehin mit den im RB In Absentia enthaltenen Regelungen im Einklang stehen.

Entsprechend Art. 28 Abs. 1 des RB Vollstreckung von Freiheitsstrafen finden die diesbezüglichen Regelungen auf Urteile samt Bescheinigungen, die vor dem 5.12.2011 beim zuständigen österreichischen Gericht eingelangt sind, keine Anwendung (Abs. 8). Diesbezüglich gelten die anwendbaren völkerrechtlichen Verträge (im Wesentlichen das Übereinkommen über die Überstellung verurteilter Personen vom 21.3.1983, BGBl. Nr. 524/1986, samt Zusatzprotokoll vom 18.12.1997, BGBl. III Nr. 26/2001, sowie die §§ 64 ff. ARHG).

Art. 28 Abs. 2 des RB Vollstreckung von Freiheitsstrafen sieht für die Mitgliedstaaten die Möglichkeit vor, zum Zeitpunkt der Annahme des Rahmenbeschlusses die Anwendung der Bestimmungen des Rahmenbeschlusses in jenen Fällen, in denen das rechtskräftige Urteil vor dem 5.12.2011 (also drei Jahre nach dem Inkrafttreten des Rahmenbeschlusses) ergangen ist, durch Abgabe einer Erklärung auszuschließen. Von dieser Möglichkeit wurde von Lettland, Litauen, den Niederlanden und Polen Gebrauch gemacht, indem diese erklärt haben, in jenen Fällen, in denen das rechtskräftige Urteil innerhalb von drei Jahren nach Inkrafttreten des Rahmenbeschlusses ergangen ist, weiterhin die vor Inkrafttreten des Rahmenbeschlusses geltenden Rechtsinstrumente betreffend die Überstellung verurteilter Personen anzuwenden. Die betreffenden Mitgliedstaaten müssen eine derartige Erklärung nach Art. 28 Abs. 2 Satz 2 des Rahmenbeschlusses auch als Ausstellungsstaat gegen sich gelten lassen, sodass sich die Erwirkung der Vollstreckung von Freiheitsstrafen und mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahmen sowie deren Vollstreckung im Verhältnis zu diesen in derartigen Fällen nach den Bestimmungen des ARHG und den mit den erwähnten Staaten in Geltung stehenden zwischenstaatlichen Vereinbarungen richtet. Dies wird in Abs. 9 klargestellt.

Für die Republik Polen wurde in Art. 6 Abs. 5 des RB Vollstreckung von Freiheitsstrafen eine Sonderregelung des Inhalts aufgenommen, dass deren Befassung für den Fall, dass es sich beim Verurteilten um einen in Polen wohnhaften polnischen Staatsangehörigen handelt, in jenen Fällen, in denen das Urteil vor Ablauf von fünf Jahren ab dem 5.12.2011 ergangen ist, nur mit Zustimmung des Verurteilten in Betracht kommt. Auch hier wurde klargestellt, dass Polen von der betreffenden Regelung nicht nur als Vollstreckungsstaat Gebrauch machen kann, sondern diese auch als Ausstellungsstaat gegen sich gelten lassen muss. Diese Rechtslage findet sich in Abs. 10 wieder.

Zu Z 31 bis 33:

Die Änderung des Inhalts von Teilen von Anhang II (= Europäischer Haftbefehl), Anhang V (= Bescheinigung zum RB über die Vollstreckung von Einziehungsentscheidungen) und Anhang VI (=Bescheinigung zum RB über die Vollstreckung von Geldstrafen) ist eine Folge der vorgeschlagenen Änderungen der §§ 11, 52a Abs. 1 Z 8 und 53a Z 10 und 10a, die sich aus dem RB In Absentia ergeben.

Zu Z 33 (Anhänge VII bis IX):

Bei Anhang VII handelt es sich um das Formblatt nach Artikel 5 des RB Vollstreckung von Freiheitsstrafen, auf dessen Grundlage die Vollstreckung erfolgt, die sogenannte Bescheinigung.

Bei Anhang VIII handelt es sich um das Formular gemäß Art. 6 Abs. 4 des RB Vollstreckung von Freiheitsstrafen zur Unterrichtung der verurteilten Person von der Entscheidung über die Übermittlung des Urteils samt Bescheinigung (Anhang VII) an einen anderen Mitgliedstaat zum Zweck der Vollstreckung.

Bei Anhang IX handelt es sich um das Formblatt nach Art. 6, 7, 8, 9 und 10 des RB Strafregister, auf dessen Grundlage Ersuchen um Übermittlung von Informationen aus dem Strafregister zu stellen sind.

Zu Artikel 2 (Änderungen des ARHG):

Zu Z 1 (§ 37 Z 2):

Nach § 36 Abs. 1 ARHG hat das Gericht die Übergabe zu veranlassen, während nach § 37 Z 2 ARHG im Falle eines Aufschubs der Übergabe diese in den Fällen des § 192 Abs. 1 Z 2 StPO und §§ 4 und 157 StVG durch die Staatsanwaltschaft durchzuführen ist. Diese differenzierte Regelung führt in der Praxis in technischer Hinsicht zum Problem, dass ein Auslieferungsbrief, der Anordnungen über einen Strafgefangenen enthält, immer von der Staatsanwaltschaft auszufertigen ist, auch wenn wegen eines „sofortigen“ (und nicht mit der Übergabe zu effektuierenden) Absehens vom Vollzug nach § 4 StVG die Verhängung der Haft nach § 36 Abs. 1 ARHG notwendig ist. Dagegen scheint die Übergabe (als „Haftverfügung“) in der Hand des Gerichts als einfacher zu administrieren. Insofern soll nun wieder die Zuständigkeit des Gerichts in diesem Punkt festgelegt und damit auch Systemkonformität erreicht werden.

Zu Z 2 (§ 38 Abs. 1):

Durch das Strafprozessreformbegleitgesetz II wurde der frühere Inhalt der Z 3 von § 37 in die neue Z 2 dieser Bestimmung aufgenommen. Diese Anpassung des Verweises in § 38 ist übersehen werden; dies wäre nun nachzutragen.

Zu Z 3 (§ 39):

In der Praxis sind Zweifel darüber aufgetreten, ob in einem nach Wiederaufnahme fortgesetzten Auslieferungsverfahren jene Richter, die im früheren Auslieferungsverfahren mitgewirkt haben, ausgeschlossen sind. Durch die vorgeschlagene Anordnung, dass § 43 Abs. 2 StPO sinngemäß anzuwenden ist, sollen diese Zweifel in der Richtung beseitigt werden, dass dieser Ausschlussgrund besteht.

Zu Z 4 (§ 67 Abs. 1 ARHG):

Durch die vorgeschlagene Ergänzung des ersten Satzes dieser Bestimmung soll für die örtliche Zuständigkeit nicht nur an den aktuellen Wohnsitz oder Aufenthalt, sondern – in Übereinstimmung mit § 25 Abs. 2 StPO – auch an den letzten inländischen Wohnsitz oder Aufenthalt angeknüpft werden.

Durch den vorgeschlagenen Entfall des Verweises auf die Bestimmung des § 31 Abs. 5 StPO (Zuständigkeit des 3-Richter-Senats; nunmehr – seit dem Budgetbegleitgesetz 2011, BGBl. I Nr. 111/2010 – § 31 Abs. 6 StPO) im letzten Satz von § 67 Abs. 1 ARHG wird die grundsätzliche Zuständigkeit des Vorsitzenden für Entscheidungen über die Übernahme der Vollstreckung ausländischer strafgerichtlicher Entscheidungen festgelegt. In jenen Fällen, in denen es um die Übernahme der Vollstreckung einer ausländischen Freiheitsstrafe oder einer mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahme geht, deren Ausmaß mindestens fünf Jahre beträgt, soll die Zuständigkeit des 3-Richter-Senats bestehen. Dies wird durch den neu aufgenommenen dritten Satz von § 67 Abs. 1 ARHG klargestellt.

Die vorgeschlagene Regelung ist analog zu jener, die in § 40a EU-JZG vorgeschlagen wird.

Zu Z 5 (§ 70 Abs. 3 ARHG):

Wurde über einen Straftäter wegen mehrerer Taten eine Strafe verhängt, wurde die Auslieferung aber nur zur Vollstreckung des auf einzelne dieser Taten entfallenden Teils der Strafe bewilligt, so hat das Gericht, das in erster Instanz erkannt hat, das Ausmaß des zu vollstreckenden Teils der Strafe festzusetzen.

Nach dem letzten Satz von § 70 Abs. 3 ARHG entscheidet in Fällen, in denen in erster Instanz ein Geschworenen- oder Schöffengericht entschieden hat, ein Senat von drei Richtern; diese Regelung stellt also eine Ausnahme von dem in § 32 Abs. 3 StPO verankerten Grundsatz dar, dass außerhalb der Hauptverhandlung der Vorsitzende allein entscheidet.

Die Ausnahme scheint überschießend; es genügt, dass der Vorsitzende den zu vollstreckenden Strafteil festsetzt, zumal es um eine inländische Entscheidung geht (zum Unterschied von den in § 67 Abs. 1 geregelten Fällen). Durch die vorgeschlagene Streichung des letzten Satzes wird die allgemeine Regel – § 32 Abs. 3 StPO – anzuwenden sein.

Zu Artikel 3 (Änderungen des Bundesgesetzes über die Zusammenarbeit mit den internationalen Gerichten):

Der mit Resolution des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen vom 22.12.10, 1966 (2010) eingerichtete Residualmechanismus soll Restfunktionen des Internationalen Gerichts für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) und des Internationalen Gerichts für Ruanda (ICTR) übernehmen.

Durch die Aufnahme des Residualmechanismus in § 1 des Bundesgesetzes über die Zusammenarbeit mit den internationalen Gerichten, BGBl. Nr. 263/1996, soll die Pflicht der österreichischen Behörden zur Zusammenarbeit auf diesen erweitert werden.