Vorblatt

Probleme:

Die Richtlinie 2009/103/EG über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und die Kontrolle der entsprechenden Versicherungspflicht, ABl. Nr. L 263 vom 7.10.2009 S. 11, sieht in Art. 9 Abs. 2 eine Anpassung der in Art. 9 Abs. 1 vorgeschriebenen Mindestdeckungssummen für Personen- bzw. Sachschäden an die Geldentwertung vor. Auf Grund der von der Europäischen Kommission verlautbarten Erhöhung dieser Mindestsummen sollten die Mindestversicherungssummen in § 9 Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungsgesetz 1994 (KHVG 1994) angepasst werden. Gleichzeitig gilt es, die in verschiedenen Haftpflichtgesetzen festgelegten Haftungshöchstbeträge, die mit den Mindestversicherungssummen korrelieren, anzupassen.

Ziele und Inhalte:

Die in § 9 KHVG 1994 festgelegten Mindestversicherungssummen sollen so wie die unionsrechtlich vorgeschriebenen Mindestdeckungssummen valorisiert werden. Dabei sollen die Relationen der anzuhebenden Beträge beibehalten werden. Gleichzeitig sollen die damit im Zusammenhang stehenden Haftungshöchstbeträge in diversen Gesetzen erhöht werden.

Alternativen:

Es bestehen keine Alternativen, mit denen die Ziele der Novelle in gleicher Weise verwirklicht werden könnten. Sie vollzieht die unionsrechtlichen Anpassungen nach, wobei die im geltenden Recht gewählte Umsetzungsvariante mit Pauschalsummen beibehalten werden soll. Im Interesse der Geschädigten wie der Versicherten soll sich nichts daran ändern, dass die österreichischen Versicherungssummen höher sind als die Mindestvorgaben der Richtlinie.

Auswirkungen des Regelungsvorhabens:

- Finanzielle Auswirkungen:

Die Vollziehung der vorgeschlagenen Regelungen wird keine höheren Ausgaben des Bundes oder anderer Gebietskörperschaften oder Auswirkungen auf die Planstellen des Bundes oder anderer Gebietskörperschaften verursachen. Der Bundeshaushalt ist von diesem Entwurf nicht betroffen.

Für die in § 59 Abs. 2 KFG 1967 angeführten Rechtsträger, die nicht ohnehin schon auf höhere Summen versichert sind, können Mehrbelastungen in Form von Prämienerhöhungen durch die Anpassung der freiwillig abgeschlossenen Versicherungen an die Mindestversicherungssummen aber nicht ausgeschlossen werden.

- Wirtschaftspolitische Auswirkungen:

-- Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort:

Das Vorhaben wird keine Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort haben.

-- Auswirkungen auf die Verwaltungskosten für Bürger/innen und für Unternehmen:

Es sind keine neuen Informationsverpflichtungen für Unternehmer und Bürger/innen vorgesehen.

- Auswirkungen in umweltpolitischer Hinsicht, insbesondere Klimaverträglichkeit:

Es sind keine umweltpolitischen Auswirkungen zu erwarten.

- Auswirkungen in konsumentenpolitischer sowie sozialer Hinsicht:

Es sind weder konsumentenpolitische noch soziale Auswirkungen zu erwarten. Für diejenigen Versicherungsnehmer und Versicherungsnehmerinnen, die nicht ohnehin schon auf höhere Summen versichert sind, können Mehrbelastungen in Form von Prämienerhöhungen durch die Anpassung an die erhöhten Beträge aber nicht ausgeschlossen werden. Diese Mehrbelastungen dürften aber äußerst gering sein.

- Geschlechtsspezifische Auswirkungen:

Keine.

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Die Änderungen vollziehen die unionsrechtliche Valorisierung der Mindestversicherungssummen nach, wobei die unionsrechtlichen Mindestsummen im Interesse der Geschädigten und Versicherten weiterhin übertroffen werden sollen.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Keine.


Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Hauptgesichtspunkte des Entwurfs:

Art. 9 Abs. 2 der Richtlinie 2009/103/EG über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung und die Kontrolle der entsprechenden Versicherungspflicht, ABl. Nr. L 263 vom 7.10.2009 S. 11, sieht vor, dass alle fünf Jahre ab dem 11. Juni 2005 die Mindestdeckungssummen für Personen- und Sachschäden anhand des in der Verordnung (EG) Nr. 2494/95 über harmonisierte Verbraucherpreisindizes, ABl. Nr. L 257 vom 27.10.1995 S. 1, zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1882/2003, ABl. Nr. L 284 vom 31.10.2003 S. 1, genannten Europäischen Verbraucherpreisindex (EVPI) überprüft und die Beträge automatisch angepasst werden. Weiters ist festgelegt, dass die Versicherungssummen um die im EVPI für den betreffenden Zeitraum angegebene prozentuale Änderung erhöht und auf ein Vielfaches von 10 000 Euro aufgerundet werden. Die Kommission unterrichtet das Europäische Parlament und den Rat über die angepassten Beträge und sorgt für deren Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union.

Im Jahr 2010 wurden die in Euro vorgeschriebenen Beträge von der Europäischen Kommission überprüft, um den Änderungen des von Eurostat veröffentlichten EVPI Rechnung zu tragen (Steigerung von 11,8 % zwischen 11.6. 2005 und 11.6.2010). Im Anschluss daran erging die Mitteilung der Europäischen Kommission an die Mitgliedstaaten (Dokument Nr. 2010/C 332/01), wonach die Beträge für Personenschäden von 1 000 000 Euro auf 1 120 000 Euro je Unfallopfer bzw. von 5 000 000 Euro auf 5 600 000 Euro je Schadensfall sowie für Sachschäden von 1 000 000 Euro auf 1 120 000 Euro je Schadensfall erhöht werden.

Entsprechend dieser Valorisierung sollen mit dem vorliegenden Entwurf auch die Pauschalversicherungssummen des § 9 Abs. 3 sowie die Summen für Personen- und Sachschäden des § 9 Abs. 4 KHVG 1994 im Sinn der unionsrechtlichen Vorgaben erhöht werden. Um die bestehenden Relationen zu wahren, sollen alle Mindestversicherungssummen in § 9 KHVG 1994 auf entsprechend runde Summen angepasst werden. Gleichzeitig ist eine Erhöhung der Haftungshöchstbeträge im EKHG sowie in denjenigen Haftpflichtgesetzen, die sich betragsmäßig an den in der Verkehrshaftpflicht maßgeblichen Summen orientieren, vorzunehmen. Dies gilt für das Reichshaftpflichtgesetz, für das Gaswirtschaftsgesetz 2011 und für das Rohrleitungsgesetz.

Kompetenz:

Der Entwurf betrifft Angelegenheiten des Zivilrechtswesens (Art. 10 Abs. 1 Z 6 B-VG) und des Vertragsversicherungswesens (Art. 10 Abs. 1 Z 11 B-VG).


Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderungen des Kraftfahrzeug-Haftpflichtgesetzes 1994):

Aufgrund der Systematik des § 9 KHVG 1994, der als Mindestdeckungssummen Pauschalsummen vorsieht, soll die unionsrechtliche Erhöhung der Pauschalsumme von mindestens 5 000 000 Euro für alle durch ein Schadenereignis getöteten oder verletzten Personen auf 5 600 000 Euro sowie der Pauschalsumme für Sachschäden (von 1 000 000 Euro auf 1 120 000 Euro) im österreichischen Recht nachvollzogen werden. Eine über das europäische Vorbild von rund 12 % hinausgehende Anhebung erscheint deshalb geboten, um Geschädigten wie Versicherten einen noch besseren Schutz als das Unionsrecht zu bieten. Damit tradiert der Entwurf die bisherige Gepflogenheit, wonach die Mindestversicherungssummen nach österreichischem Recht die Mindestversicherungssummen nach Gemeinschafts- bzw. Unionsrecht übersteigen. Die Kosten dieser Anhebung in Form etwaiger Prämienerhöhung dürften sich in Grenzen halten, da ein Großteil der Haftpflichtversicherungsverträge bereits über höhere Deckungssummen abgeschlossen und daher davon nicht betroffen ist. Für diejenigen Versicherungsnehmer, die zu den gesetzlichen Mindestversicherungssummen abgeschlossen haben, dürften sich die mit der Anhebung allenfalls verbundenen Prämienerhöhungen in engem Rahmen halten.

Um das bisherige Verhältnis der von der Erhöhung betroffenen Beträge zu wahren, sollen auch die von den unionsrechtlichen Vorgaben nicht unmittelbar betroffenen restlichen Mindestversicherungssummen des § 9 KHVG 1994, wie etwa die Beträge für bloße Vermögensschäden oder für Fahrzeuge, mit denen gefährliche Güter transportiert werden, entsprechend angehoben werden.

Zu Artikel 2 (Änderungen des Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetzes):

Wie schon im Allgemeinen Teil der Erläuterungen ausgeführt, sollen auf Grund der Erhöhung der Mindestversicherungssummen im KHVG 1994 auch die Haftungshöchstbeträge des EKHG angehoben werden. Die Risiken aus der Gefährdungshaftung finden damit auch weiterhin in den Mindestversicherungssummen Deckung (vgl. Entscheidung des EuGH in der Rechtssache C-348/98 vom 14.09.2000, Ferreira vs. Seguros Mundial, SlgNr 2000 S. I-06711, wonach die Höchstsummen der Gefährdungshaftung nicht unter den Mindestversicherungssummen in der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung liegen dürfen).

Zu den Artikeln 3, 4 und 5 (Änderung des Gaswirtschaftsgesetzes 2011, des Reichshaftpflichtgesetzes und des Rohrleitungsgesetzes):

Die Haftungshöchstbeträge des § 49 Abs. 1 Z 1 Gaswirtschaftsgesetz 2011, der §§ 7a und 7b Reichshaftpflichtgesetz und des § 11 Abs. 1 Z 1 Rohrleitungsgesetz entsprechen den in der Verkehrshaftpflicht maßgeblichen Beträgen. Die Anpassungen im EKHG ziehen daher auch eine Anpassung der in den angeführten Bestimmungen vorgesehenen Beträge nach sich. Die den Ersatz von Sachschäden betreffenden Höchstbeträge des § 49 Abs. 1 Z 2 Gaswirtschaftsgesetz 2011 und des § 11 Abs. 1 Z 2 Rohrleitungsgesetz gewähren hingegen bereits ausreichenden Schutz und bedürfen keiner Anpassung.