Vorblatt

 

 

Problem:

Die Sozialentschädigung (Kriegsopfer-, Heeresversorgung, Verbrechensopfer- Impfschadenentschädigung) wird grundsätzlich in unmittelbarer Bundesvollziehung vom Bundessozialamt vollzogen.

Als Ausnahme davon obliegt die Opferfürsorge der mittelbaren Bundesvollziehung.

 

Ziel:

Zusammenführung der erstinstanzlichen Sozialentschädigung beim Bundessozialamt.

Nutzung von Synergien.

Verkürzung der Verfahrensdauer.

 

Inhalt:

Übertragung der erstinstanzlichen Zuständigkeit im Bereich der Opferfürsorge vom Landeshauptmann zum Bundessozialamt; Errichtung einer Rentenkommission beim Bundessozialamt.

 

Alternativen:

Keine.

 

Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Keine.

 

Finanzielle Auswirkungen:

Der Mehraufwand für die Betreuung der Anspruchsberechtigten nach dem Opferfürsorgegesetz wird angesichts des Rückganges bei den versorgungsberechtigten Kriegsopfern durch personelle Umschichtungen innerhalb des Bundessozialamtes kompensiert werden können.

Wirtschaftspolitische Auswirkungen:

- Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Keine.

- Auswirkungen auf die Verwaltungskosten für Bürger/innen und für Unternehmen:

Keine.

- Auswirkungen in umweltpolitischer Hinsicht, insbesondere Klimaverträglichkeit:

Das Regelungsvorhaben ist nicht klimarelevant.

- Auswirkungen in konsumentenschutzpolitischer sowie sozialer Hinsicht:

Durch den Zuständigkeitswechsel kurzfristig notwendige Umorientierung der Opfer und ihrer Hinterbliebenen.

Umfassendes Beratungs- und Betreuungsangebot der Anspruchsberechtigten durch das Bundessozialamt ist gegeben.

- Geschlechtsspezifische Auswirkungen:

Keine.

 

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Die vorgesehenen Regelungen fallen nicht in den Anwendungsbereich des Rechts der Europäischen Union.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Es ist eine Beschlussfassung des Nationalrates gemäß Art. 44 Abs. 1 B-VG und eine Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 44 Abs. 2 B-VG erforderlich.


Erläuterungen

Allgemeiner Teil

 

 

Die Landeshauptleutekonferenz hat in ihrer Tagung vom 6. September 2010 den Bund ersucht, die Bundesrechtsvorschriften mit dem Ziel einer möglichst weitgehenden Deregulierung umgehend zu durchforsten und entsprechend zu ändern. Die Vorschläge der Länder sind dabei als wesentliche Grundlagen heranzuziehen.

Einer dieser Vorschläge bezieht sich auf die Zuständigkeitsübertragung der Opferfürsorge von der mittelbaren in die unmittelbare Bundesvollziehung.

Eine Übertragung des Opferfürsorgegesetzes in die unmittelbare Vollziehung durch Bundesbehörden bedarf im Hinblick auf Art. 102 B-VG einer Verfassungsbestimmung und damit eines Beschlusses des Nationalrates gemäß Art. 44 Abs. 1 B-VG sowie der Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 44 Abs. 2 B-VG. Die Übertragung des erstinstanzlichen Vollzuges des Opferfürsorgegesetzes soll von den Ämtern der Landesregierungen zum Bundessozialamt und seinen Landesstellen erfolgen.

Folgende Gründe sprechen für das Vorhaben, das dem allgemeinen Bestreben nach einer sinnvollen Verwaltungsreform gebührend Rechnung trägt:

         1.    Es gibt einen einstimmigen Beschluss der Landeshauptleutekonferenz.

         2.    Aufgrund der unterschiedlichen Anzahl von Opfern und Verfahren in den einzelnen         Bundesländern ist ein gleichmäßiger Erfahrungsstand der Vollzugsbehörden schwierig zu        erhalten. Am 1.7.2011 bezogen in Wien 765, in Niederösterreich 100, in Burgenland 61, in       Oberösterreich 79, in Salzburg 27, in der Steiermark 118, in Kärnten 734, in Tirol 16 und in                Vorarlberg 2 Personen Rentenleistungen. Synergieeffekte werden durch die derzeitige Struktur    hintangehalten.

         3.    Wie die parlamentarische Anfrage Nr. 4792/J der Abgeordneten Öllinger, Freundinnen und            Freunde im Jahr 2010 ergab, kam es in verschiedenen Bundesländern zu Verfahren mit langer            Verfahrensdauer. Gerade in Hinblick auf die Altersstruktur des Personenkreises (überwiegend 80          Jahre und älter) sind jedoch die Verfahren möglichst rasch abzuschließen.

         4.    Die erstinstanzlichen Entscheidungen in der übrigen Sozialentschädigung sind traditionell beim    Bundessozialamt konzentriert, sodass durch die Übertragung Synergieeffekte genutzt werden      können, wodurch ein rascherer Verfahrensabschluss erreichbar  wird. Die durchschnittliche                Verfahrensdauer für die Erst- und Neubemessungsanträge nach dem    Kriegsopferversorgungsgesetz liegt derzeit deutlich unter sechs Monaten. Dies ist auch das Ziel für die Verfahren nach dem Opferfürsorgegesetz. Durch die Organisationsstruktur des        Bundessozialamtes, das in allen Bundesländern über Landesstellen verfügt, ist eine bürgernahe        Betreuung der Opfer und Hinterbliebenen vor Ort gewährleistet. Zudem steht den             Anspruchsberechtigten, die zumeist auch gesundheitlich beeinträchtigt sind, das umfassende          Beratungs- und Betreuungsangebot des Bundessozialamtes für Menschen mit Behinderungen           offen, sodass - insbesondere im Rahmen einer persönlichen Kontaktaufnahme - Hilfestellung        durch das Bundessozialamt weit über den Bereich der Opferfürsorge hinaus ermöglicht wird.

         5.    Insbesondere mit dem Personenkreis der Berechtigten nach dem Kriegsopferversorgungsgesetz, das vom Bundessozialamt vollzogen wird, bestehen seit Jahrzehnten sehr gute Kontakte über die        Interessensorganisationen (Kriegsopfer- und Behindertenverband Österreich,             Arbeitsgemeinschaft der KZ-Verbände).

Die Zuständigkeit des Bundes zur Erlassung dieses Bundesgesetzes stützt sich kompetenzrechtlich auf Art. I des BGBl. Nr. 77/1957.

 

Finanzielle Erläuterungen

Derzeit wird für den Vollzug des Opferfürsorgegesetzes bei den Ämtern der Landesregierungen Personal im Ausmaß von insgesamt 6 Vollbeschäftigtenäquivalenten benötigt. Dies ergibt unter Zugrundelegung der Kundmachung des Bundesministers für Finanzen betreffend die Richtwerte für die Durchschnittspersonalausgaben/-kosten (BGBl. II Nr. 97/2011) für 5 A2-Stellen (durchschnittlicher Aufwand für 2010 jeweils 54.581,- €) sowie für eine A1-Stelle (durchschnittlicher Aufwand für 2010 76.782,- €) sowie unter Berücksichtigung eines Sachaufwandes von 32% einen durchschnittlichen Gesamtaufwand in der Höhe von jährlich 461.587,- €. Da beim Bundessozialamt der Rechtsbereich der Sozialentschädigung vollzogen wird und das Leistungsrecht des Opferfürsorgegesetzes in vielen Bereichen auf Bestimmungen des Kriegsopferversorgungsgesetzes verweist, wird der Vollzug des Opferfürsorgegesetzes beim Bundessozialamt maßgebliche Synergieeffekte bewirken. Angesichts des Personalbedarfs für die Betreuung der aktuell 27.037 Rentenbezieher nach dem Kriegsopferversorgungsgesetz ist davon auszugehen, dass für den Vollzug des Opferfürsorgegesetzes (1.902 Rentenbezieher) mit 2 A2 Stellen das Auslangen gefunden werden kann. Auf Grund des kontinuierlichen Rückganges bei den versorgungsberechtigten Kriegsopfern wird der Mehraufwand durch die Übernahme des Opferfürsorgegesetzes durch personelle Umschichtungen innerhalb des Bundessozialamtes im Jahr 2012 und den Folgejahren kompensiert werden können.

 

Besonderer Teil

 

 

Zu Z 1 bis 5 und 9 bis 12 (§§ 3, 4 Abs. 1 und 3, 11b Abs. 2, 13d Abs. 1 bis 3, 15 Abs. 4, 15a Abs. 2 und 3 und 17 Abs. 1 vierter Satz OFG):

Diese Bestimmungen enthalten die für den Zuständigkeitsübergang notwendige Verfassungsbestimmung und die sonstigen erforderlichen Änderungen für den Vollzug durch das Bundessozialamt.

Zu Z 6 bis 8 (Überschrift zu § 11c OFG, § 11c Abs. 1, 2 und 4 erster Satz OFG):

Beim Bundessozialamt soll eine Rentenkommission errichtet werden, der – wie den bestehenden Kommissionen – ein Anhörungsrecht bei Anträgen auf Zuerkennungen von Renten zukommen soll. Durch die vorgesehene Zusammensetzung der Rentenkommission ist weiterhin eine Beteiligung der Opferverbände am erstinstanzlichen Verfahren gewährleistet.

Zu Z 13 bis 15 (§§ 18 Abs. 16 bis 21 und 19 Abs. 14 und 15 OFG):

Diese Bestimmungen enthalten - bezüglich § 19 Abs. 14 in Form einer Verfassungsbestimmung, die auch Basis für die Übergangsregelungen ist - das Inkrafttreten mit 1. April 2012 und sehen vor, dass vor diesem Datum anhängige antragsgebundene und amtswegig einzuleitende Verfahren noch von den bisherigen Opferfürsorgebehörden 1. Instanz zu erledigen sind. Dies betrifft vor allem auch alle Neubemessungsverfahren von einkommensabhängigen Renten einschließlich der Umsetzung der Pensions-/Rentenanpassung für 2012. Weiters sollen dem Bundessozialamt zeitgerecht die erforderlichen Daten und Akten der zum Inkrafttreten zahlungsrelevanten Opferfürsorgefälle übermittelt werden. Neben den Fällen, in denen zum Inkrafttreten Renten bezogen werden, bezieht sich diese Regelung auch auf sonstige Anerkennungsfälle mit gegenwärtigem und/oder künftig wahrscheinlichem Leistungsbezug (gegenwärtig werden rund 3.000 Personen in der Opferfürsorge betreut, nämlich knapp 2.000 Rentenbezieher und zusätzlich etwa 1.000 Inhaber von Opferausweisen und Amtsbescheinigungen). Die sehr umfangreichen Archivunterlagen über ehemals in der Opferfürsorge anspruchsberechtigte Personen verbleiben bei den Ländern, im Bedarfsfall ist das Bundessozialamt durch die Ämter der Landesregierungen entsprechend zu unterstützen.