1948 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Arbeit und Soziales

über den Antrag 1769/A(E) der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen gegen prekäre Leiharbeit

Die Abgeordneten Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 6. Dezember 2011 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Die Leiharbeitsbranche boomt. Heute sind LeiharbeiterInnen nicht mehr nur im Produktionsbereich und auf Baustellen, sondern quer über alle Branchen, vom Krankenhaus, über das Reinigungsgewerbe bis zur Nationalbank beschäftigt. LeiharbeiterInnen stellen bereits 2-3% aller unselbstständig Beschäftigten (etwa 75-80 000 Personen) und schon jede 5. vom AMS angebotene Stelle ist eine Stelle bei einer Leiharbeitsfirma. LeiharbeiterInnen dienen längst nicht mehr nur zum Decken der Auftragsspitzen, sondern wachsen zunehmend auf Kosten von regulären Anstellungen, da LeiharbeiterInnen in der Regel günstiger und jeder Zeit abbaubar sind, unter ‚Sachkosten‘ verbucht werden können und daher auch nicht in der Personalstatistik aufscheinen.

LeiharbeiterInnen werden oft zu gefährlicheren und unbeliebten Arbeiten herangezogen, die der Stammbelegschaft nicht zugemutet werden können und bekommen häufig keine adäquate Vorbereitung und Einschulung. Das führt u.a. dazu, dass Arbeitsunfälle bei LeiharbeiterInnen etwa 3-mal so hoch sind wie im Durchschnitt (AUVA 2009). Weiters sind LeiharbeiterInnen in der Regel von betrieblichen Sozialleistungen und Weiterbildungen ausgeschlossen und werden von BetriebsrätInnen im Beschäftigerbetrieb nicht ausreichend vertreten. Das Ende ihrer Einsätze beim Beschäftigerbetrieb wird oft nur wenige Tage vorher oder am selben Tag angekündigt. Umfragen ergaben, dass etwa 2/3-3/4 aller LeiharbeiterInnen die Branche verlassen wollen. Das ist aber nicht so einfach, denn die sogenannte auch vom AMS gerne ausgewiesene arbeitsmarktpolitische ‚Brückenfunktion‘ (Übergang zur Standardbeschäftigung) von Leiharbeit ist in Österreich mit 19-23% geringer als in anderen europäischen Ländern.

Österreich verfügt zwar mit dem Arbeitskräfteüberlassungsgesetz und einem Kollektivvertrag über ein relatives gutes Regelwerk. Prekäre Leiharbeitsverhältnisse entstehen derzeit trotzdem und zwar durch die Umgehung gültiger Regelungen und unseriöse Beschäftigungspraktiken. So bedeutet derzeit trotz Kündigungsfristen im Kollektivertrag für etwa 60% aller LeiharbeiterInnen das Ende des Arbeitseinsatzes beim Beschäftigerbetrieb zugleich auch das Ende des Arbeitsverhältnisses bei der Leiharbeitsfirma. Kündigungsfristen werden systematisch umgangen, weil LeiharbeiterInnen durch Überlasserfirmen zu einvernehmliche Lösungen überredet werden. Die Kosten von Stehzeiten werden so vom AMS finanziert und auf die Allgemeinheit verlagert, LeiharbeiterInnen fallen um den ihn zustehenden Lohn und bekommen nur Arbeitslosengeld. Meist werden sie schon nach zwei Wochen, wieder von denselben Leiharbeitsfirmen verliehen. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Praxis bereits als rechtswidrig verurteilt.

Laut § 135 Gewerbeordnung kann Arbeitskräfteüberlassern bei Verstoß gegen das Arbeitsrecht sogar die Konzession entzogen werden. Leider aber kommt der Paragraph faktisch nicht zur Anwendung da die zuständige Kontrollbehörde, die Gewerbebehörde quasi keine Kontrollen durchführt.

Eine Deckelung des Einsatzes von LeiharbeiterInnen in Betrieben gibt es in 9 EU-Staaten, in Österreich ist das nur bei wenigen Betrieben in der Betriebsvereinbarung der Fall. Derzeit gibt es Eingriffsmöglichkeiten seitens des Sozialministers, wenn die Quote der LeiharbeiterInnen in einer gesamten Branche über 10% erreicht. Dies ist aber nie der Fall, da einige Unternehmen sehr viele und andere gar keine LeiharbeiterInnen beschäftigen und die derzeitige statistische Erhebung nur auf ungenauen Stichtagserhebungen basiert.

Die aktuell notwendige Umsetzung der erneuerten EU-Leiharbeits-Richtlinie bis spätestens Ende 2011 erfordert nun notwendige Veränderungen des österreichischen Arbeitskräfteüberlassungsgestzes (AÜG) vor allem in Bezug auf die tatsächliche Bezahlung der Stehzeiten. Zugleich bietet die notwendige Novelle die Möglichkeit die Situation tausender LeiharbeiterInenn zu verbessern. Leiharbeit darf nur, so wie ursprünglich intendiert, ein Hilfssystem für produktions- und nachfrageintensive Kurzphasen sein. Die wirkliche Gleichstellung von LeiharbeiterInnen im Betrieb muss umgesetzt werden.“

 

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 11. Oktober 2012 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Karl Öllinger die Abgeordneten Josef Muchitsch, Herbert Kickl, August Wöginger, Sigisbert Dolinschek und Walter Schopf sowie der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer.

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag keine Mehrheit (für den Antrag: F,G dagegen: S,V,B ).

Zum Berichterstatter für den Nationalrat wurde Abgeordneter Josef Muchitsch gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2012 10 11

                                Josef Muchitsch                                                                 Renate Csörgits

                                   Berichterstatter                                                                            Obfrau