Vorblatt

Probleme

Mit Wirkung vom 21. Dezember 2012 ist Art. 5 Abs. 2 Richtlinie 2004/113/EG zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, ABl. Nr. L 373 vom 21.12.2004, S. 37, mit der es den Mitgliedstaaten ermöglicht wird, Ausnahmen von der Regel geschlechtsneutraler Versicherungstarife vorzusehen, als ungültig anzusehen. Von dieser „Öffnungsklausel“ hat der österreichische Gesetzgeber in § 9 Abs. 2 bis 4 VAG Gebrauch gemacht und geschlechtsbezogene Differenzierungen bei Prämien und Leistungen in Versicherungsverträgen unter bestimmten Voraussetzungen für zulässig erklärt.

Mehrere Behindertenverbände Österreichs haben jüngst vermehrt darauf hingewiesen, dass Menschen mit Behinderungen beim Abschluss von privaten Kranken-, Unfall- und Lebensversicherungen, aber auch beim Abschluss etwa von Reiseversicherungen grobe Benachteiligungen erfahren müssten. Teilweise werde ihnen der Abschluss solcher Versicherungsverträge verwehrt, teilweise könnten sie solche Verträge nur zu deutlich schlechteren Bedingungen abschließen.

Nach der Zahlungsverzugsrichtlinie 2000/35/EG muss der Schuldner im unternehmerischen Bereich für den Fall nicht von vornherein bestimmter Fälligkeit bei Erfüllung durch Banküberweisung den Überweisungsauftrag so rechtzeitig erteilen, dass der Gläubiger bei Fälligkeit über den geschuldeten Betrag auf seinem Konto verfügen kann. Ansonsten hat er Verzugszinsen zu zahlen und allenfalls einen Verspätungsschaden zu ersetzen. Beim Versicherungsvertrag besteht aber eine darüber hinausgehende spezifische Verzugsfolge, nämlich die Leistungsfreiheit des Versicherers.

Lehnen Versicherungsnehmer die Prämienzahlung mittels Bankeinzug ab, reagieren Versicherer häufig mit einer auf § 41b erster Halbsatz VersVG gestützten Gebührenvorschreibung.

Entschädigungsansprüche aus Arbeitsunfällen werden vermehrt auf das VOEG gestützt, welches für deren Geltendmachung aber nicht die geeignete Anspruchsgrundlage darstellt.

Ziele

Es soll sicher gestellt werden, dass in Versicherungsverträgen Diskriminierungen zwischen Männern und Frauen sowie von Menschen mit Behinderungen unterbleiben.

Im VersVG soll eine Sonderregelung zur Frage der Rechtzeitigkeit einer Geldzahlung aufgenommen werden.

Es soll klargestellt werden, dass § 27 Abs. 6 ZaDiG auch im Verhältnis zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer zur Anwendung gelangt.

Arbeitsunfälle sollen von den Entschädigungsfällen des VOEG ausgenommen werden.

Inhalte

§ 9 Abs. 2 VAG und § 1c VersVG in der Fassung des Entwurfs sollen gewährleisten, dass bei Versicherungsverträgen die Berücksichtigung des Faktors Geschlecht bei der Berechnung von Prämien und Leistungen nicht zu unterschiedlichen Prämien und Leistungen für Frauen und Männer führt (sogenannte „Unisex-Regel“).

In § 1d Abs. 1 VersVG ist vorgesehen, dass der Abschluss oder Weiterbestand eines Versicherungsvertrags vom Versicherer nicht deshalb abgelehnt und der Versicherungsvertrag nicht deshalb gekündigt oder von einer höheren Prämie abhängig gemacht werden darf, weil der Versicherungsnehmer oder die versicherte Person behindert ist. § 1d Abs. 2 bis 4 will die Frage der Zulässigkeit unterschiedlicher Tarife, unterschiedlicher Wartefristen, eines Risikoausschlusses oder von Verminderungen des Leistungsumfangs aufgrund von Gesundheitsbe­einträchtigungen einer begünstigenden Regelung für behinderte Menschen zuführen. In § 13 Abs. 3 BGStG ist eine Verbandsklagebefugnis der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation und des Behindertenanwalts verankert.

Soweit dem die Zahlungsverzugsrichtlinie nicht entgegensteht, soll in § 36 VersVG die nach der Rechtsprechung bisher geltende Rechtslage, wonach zur Abwendung aller Verzugsfolgen die Absendung der Prämie genügt, wenn die Prämie beim Versicherer, wenn auch erst nach Ablauf des Fälligkeitstermins, einlangt, aufrecht erhalten bleiben.

In § 41b VersVG wird klargestellt, dass das in § 27 Abs. 6 ZaDiG verankerte Verbot der Erhebung von Entgelten durch den Zahlungsempfänger im Falle der Nutzung eines bestimmten Zahlungsinstruments auch im Verhältnis zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer zur Anwendung gelangt.

Ein neuer Ausnahmetatbestand in § 6 Abs. 3 VOEG soll sicherstellen, dass durch Unfälle mit Arbeitsmaschinen im geschlossenen Bereich zwischen in den Arbeitsbetrieb des Arbeitgebers oder eingebundenen Personen nicht eine Ersatzpflicht des Fachverbands der Versicherungsunternehmen begründet wird.

Alternativen

Es bestehen keine Alternativen, mit denen die Ziele der Novelle in gleicher Weise verwirklicht werden könnten.

Auswirkungen des Regelungsvorhabens

- Finanzielle Auswirkungen

Die Vollziehung der vorgeschlagenen Regelungen wird keine höheren Ausgaben des Bundes oder anderer Gebietskörperschaften oder Auswirkungen auf die Planstellen des Bundes oder anderer Gebietskörperschaften verursachen.

- Wirtschaftspolitische Auswirkungen

-- Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort

Das Vorhaben wird sich auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort positiv auswirken.

-- Auswirkungen auf die Verwaltungskosten für Bürger und für Unternehmen

In § 1d Abs. 3 VersVG sind neue Informationsverpflichtungen für Unternehmen vorgesehen. Die Verwaltungslasten für Unternehmer werden allerdings insgesamt maximal 9.000 Euro jährlich betragen und sind damit vernachlässigbar gering.

- Auswirkungen in umweltpolitischer Hinsicht, insbesondere Klimaverträglichkeit

Es sind keine umweltpolitischen Auswirkungen zu erwarten.

- Auswirkungen in konsumentenpolitischer sowie sozialer Hinsicht

Verbraucher werden von den vorgeschlagenen Neuerungen profitieren: Es wird in Hinkunft unzulässig sein, vertragliche Vereinbarungen zu treffen, die zwischen Frau und Mann differenzieren oder die Menschen mit Behinderungen diskriminieren. Werden sie dennoch vereinbart, kann sich das Versicherungsunternehmen nicht darauf stützen. Eine eigene Verbandsklagebefugnis sichert die Rechte von Menschen mit Behinderungen ab.

Soziale Auswirkungen sind nicht zu erwarten.

- Geschlechtsspezifische Auswirkungen

Geschlechtsspezifische Ungleichbehandlungen in Versicherungsverträgen sollen hintan gehalten werden.

Verhältnis zu den Rechtsvorschriften der Europäischen Union

Die vorgeschlagenen Änderungen erfolgen in Konformität mit den auf europarechtlicher Ebene vorgegebenen Rahmenbedingungen.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens

Keine.


Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Hauptgesichtspunkte des Entwurfs

Nach dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 1. März 2011, Rechtssache C-236/09, Association Belge des Consommateurs Test-Achats ASBL u.a. gegen Conseil des ministres (im Folgenden: Test-Achats-Urteil), verstößt Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 2004/113/EG, mit der es den Mitgliedstaaten ermöglicht wird, Ausnahmen von der Regel geschlechtsneutraler Versicherungstarife vorzusehen, gegen das unionsgrundrechtliche Verbot der Diskriminierung aus Gründen des Geschlechts nach Art. 21, 23 Grundrechte-Charta. § 9 Abs. 3 und 4 VAG 1978 – in denen der österreichische Gesetzgeber von dieser „Öffnungsklausel“ Gebrauch gemacht hat – werden in Umsetzung dieses Urteils aufgehoben. Stattdessen soll in § 9 Abs. 2 VAG 1978 normiert sein, dass bei Versicherungsverträgen die Berücksichtigung des Faktors Geschlecht bei der Berechnung von Prämien und Leistungen nicht zu unterschiedlichen Prämien und Leistungen für Frauen und Männer führen darf (so genannte „Unisex-Regel“). In den §§ 1c und 15a VersVG sind die vertragsrechtlichen Konsequenzen bei Nichtbeachtung dieses Gebots zu regeln: Auf Vereinbarungen, die von § 1c zum Nachteil des Versicherungsnehmers abweichen, soll sich der Versicherer nicht berufen können.

Menschen mit Behinderungen sollen nach Darstellung von Behindertenverbänden beim Abschluss von privaten Kranken-, Unfall- und Lebensversicherungen, aber auch beim Abschluss etwa von Reiseversicherungen mitunter Benachteiligungen erfahren. Teilweise werde ihnen der Abschluss solcher Versicherungsverträge verwehrt, teilweise könnten sie solche Verträge nur zu deutlich schlechteren Bedingungen abschließen. Eine individuelle Risikoprüfung oder eine Begründung gebe es oftmals nicht. Demgemäß werden die Bundesministerin für Justiz und die Bundesministerin für Finanzen in der Entschließung Nr. 205/E XXIV. GP betreffend Versicherungsvertragsrecht, Diskriminierungsschutz für behinderte Menschen ersucht, „gemeinsam mit den Interessenvertretungen der Behinderten, den Sozialpartnern, der Versicherungswirtschaft und der Verbraucher zu prüfen, ob und in welcher Weise Nachteilen von Menschen mit Behinderungen oder mit chronischen Erkrankungen insbesondere im Rahmen geschäftsplanmäßiger Erklärungen, der Allgemeinen Versicherungsbedingungen oder des Versicherungsvertragsrechts entgegengewirkt und ein effektives niederschwelliges Beschwerdeverfahren entwickelt werden kann“. In § 1d Abs. 1 VersVG soll nun vorgesehen sein, dass der Abschluss oder Weiterbestand eines Versicherungsvertrags vom Versicherer nicht deshalb abgelehnt und der Versicherungsvertrag nicht deshalb gekündigt oder von einer höheren Prämie abhängig gemacht werden darf, weil der Versicherungsnehmer oder die versicherte Person behindert ist. In § 1d Abs. 2 ist vorgesehen, dass ein Prämienzuschlag nur dann wirksam vorgesehen werden kann, wenn der Gesundheitszustand einen bestimmenden Faktor für die Risikokalkulation in dem betreffenden Versicherungszweig darstellt und der individuelle Gesundheitszustand der behinderten Person eine wesentliche Erhöhung der Gefahr bewirkt. Dies soll auch gelten, wenn die behinderte Person mit Wartefristen, Risikoausschlüssen oder einem eingeschränkten Leistungsumfang konfrontiert werden soll. § 1d Abs. 3 sieht vor, dass die für die allgemeine Risikobewertung maßgeblichen Faktoren dem Versicherungsnehmer oder der Versicherungsnehmerin gegenüber offenzulegen sind. In § 13 Abs. 3 BGStG ist für Verstöße gegen § 1d VersVG überdies eine Verbandsklagebefugnis der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation und des Behindertenanwalts verankert. Daneben kommt selbstverständlich auch die Beaufsichtigung der Versicherer durch die FMA zum Tragen, die gemäß § 99 Abs. 1 VAG die gesamte Geschäftsgebarung der Versicherungsunternehmen, insbesondere die für den Betrieb der Vertragsversicherung geltenden Vorschriften (also auch § 1d VersVG), umfasst.

Nach dem EuGH-Urteil C-306/06 zur Rechtzeitigkeit bei Zahlung durch Banküberweisung erfordert Art. 3 Abs. 1 lit. c sublit. ii der Zahlungsverzugsrichtlinie 2000/35/EG, dass der Gläubiger am Fälligkeitstag bereits über die geschuldete Summe verfügen kann. Die Zahlungsverzugsrichtlinie sieht als Sanktion für den Zahlungsverzug nur die Verpflichtung zur Leistung von abschreckenden Verzugszinsen vor. Das Versicherungsvertragsrecht regelt darüber hinaus aber die spezifische Verzugsfolge der Leistungsfreiheit des Versicherers (bei Verzug mit der Erstprämie gemäß § 38 VersVG, bei Verzug mit der Folgeprämie gemäß § 39 VersVG). Zum Schutz des Vertrauens der Versicherungsnehmer/innen soll im nicht-unternehmerischen Bereich die nach der Rechtsprechung bisher geltende Rechtslage, wonach zur Abwendung aller Verzugsfolgen die Absendung der Prämie genügt, dies mit dem Vorbehalt, dass die Prämie beim Versicherer, wenn auch erst nach Ablauf des Fälligkeitstermins, einlangt, beibehalten werden (§ 36 VersVG). Im unternehmerischen Bereich dagegen soll – in Entsprechung der EU-rechtlichen Vorgaben – der Schuldner bei Erfüllung durch Banküberweisung den Überweisungsauftrag so rechtzeitig erteilen müssen, dass der Gläubiger bei Fälligkeit über den geschuldeten Betrag auf seinem Konto verfügen kann. Bei Verspätung sollen zwar die normalen Verzugsfolgen eintreten. In Ansehung der Rechtsfolge der Leistungsfreiheit soll dagegen die Frist als gewahrt gelten, wenn die bis zum Eintritt der Fälligkeit veranlasste Zahlung in der Folge beim Versicherer einlangt.

In § 41b VersVG wird klargestellt, dass das in § 27 Abs. 6 ZaDiG verankerte Verbot der Erhebung von Entgelten durch den Zahlungsempfänger im Falle der Nutzung eines bestimmten Zahlungsinstruments auch im Verhältnis zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer zur Anwendung gelangt.

Der Arbeitsbetrieb und seine haftpflichtversicherungsrechtlichen Besonderheiten machen eine Regelung erforderlich, die sicherstellt, dass Unfälle mit Arbeitsmaschinen in abgesperrtem Fabriksgelände zwischen in den Arbeitsbetrieb des Arbeitgebers eingebundenen Personen nicht eine Ersatzpflicht des Fachverbands der Versicherungsunternehmen, die letztlich auf eine Schadensteilung unter und nach dem Verschulden der beteiligten Arbeitnehmer/innen hinausläuft, begründen (vgl. § 6 Abs. 3 Z 2 VOEG).

Alternativen

Es bestehen keine Alternativen, mit denen die Ziele der Novelle in gleicher Weise verwirklicht werden könnten.

Kompetenzgrundlage

Der Entwurf betrifft Angelegenheiten des Vertragsversicherungswesens und des Zivilrechts, die in Gesetzgebung und Vollziehung Bundessache sind (Art. 10 Abs. 1 Z 6 und 11 B-VG).

Auswirkungen des Regelungsvorhabens

- Finanzielle Auswirkungen

Die Vollziehung der vorgeschlagenen Regelungen wird keine höheren Ausgaben des Bundes oder anderer Gebietskörperschaften oder Auswirkungen auf die Planstellen des Bundes oder anderer Gebietskörperschaften verursachen.

- Wirtschaftspolitische Auswirkungen

-- Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort

Das Vorhaben wird sich auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort positiv auswirken.

-- Auswirkungen auf die Verwaltungskosten für Bürger und für Unternehmen

In § 1d Abs. 3 sind neue Informationsverpflichtungen für Unternehmen vorgesehen. Die Verwaltungslasten für Unternehmer werden allerdings insgesamt maximal 9.000 Euro jährlich betragen und sind damit vernachlässigbar gering.

- Auswirkungen in konsumentenpolitischer sowie sozialer Hinsicht

Verbraucher werden von den vorgeschlagenen Neuerungen profitieren: Es wird in Hinkunft unzulässig sein, vertragliche Vereinbarungen zu treffen, die zwischen Mann und Frau oder die Menschen mit Behinderungen diskriminieren. Werden sie dennoch vereinbart, kann sich das Versicherungsunternehmen nicht darauf stützen. Eine eigene Verbandsklagebefugnis der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation und des Behindertenanwalts sichert die Rechte von Menschen mit Behinderungen ab.

Soziale Auswirkungen sind nicht zu erwarten.


Besonderer Teil

Zu Artikel I:

Zu Z 1 (§ 1a Abs. 1):

Die so genannte „Unisex-Regel“ soll in den Katalog jener Bestimmungen aufgenommen werden, die für Versicherungsunternehmen gelten, die ihren Sitz in einem Staat haben, der Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ist, und im Inland eine Zweigniederlassung errichten oder im Dienstleistungsverkehr Risiken decken, die im Inland belegen sind. Damit soll sichergestellt werden, dass für Versicherungsunternehmen aus dem gesamten Europäischen Wirtschaftsraum, somit auch für Versicherungsunternehmen mit Sitz in Island, Liechtenstein oder Norwegen, bei im Inland belegenen Risiken, die Unisex-Regel anzuwenden ist.

Zu Z 2 (§ 9):

§ 9 Abs. 3 und 4 VAG 1978 werden in Umsetzung des Test-Achats-Urteils aufgehoben und durch gegenständlichen Abs. 2 ersetzt. Dadurch soll gewährleistet werden, dass bei Versicherungsverträgen die Berücksichtigung des Faktors Geschlecht bei der Berechnung von Prämien und Leistungen nicht zu unterschiedlichen Prämien und Leistungen für Frauen und Männer führt (so genannte „Unisex-Regel“).

Die bisher im § 9 Abs. 3 und 4 vorgesehenen Meldepflichten an die FMA bzw. Veröffentlichungspflichten der versicherungsmathematischen und statistischen Daten sollen auf Grund des vom EuGH für ungültig erklärten gesamten Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 2004/113/EG entfallen.

Im Übrigen hat die Europäische Kommission in einer Mitteilung vom 22. Dezember 2011, K(2011) 9497, Leitlinien zur Anwendung der Richtlinie 2004/113/EG des Rates auf das Versicherungswesen im Anschluss an das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union in der Rechtssache C-236/09 (Test-Achats) erlassen, die die Anwendung weiterhin erlaubter geschlechtsspezifischer Versicherungspraktiken wie z.B. die Berechnung von Rückstellungen und interne Preiskalkulationen oder Vermarktungs- und Werbestrategien erläutern.

Zu Z 3 (§ 18f Abs. 7):

Die betriebliche Kollektivversicherung ist ein Altersvorsorgesystem, das von einem Arbeitgeber für seine Mitarbeiter im Rahmen des strengen Gleichbehandlungsgebotes gemäß § 18 Abs. 2 Betriebspensionsgesetz (BPG) abgeschlossen wird und bei der verpflichtend eine Hinterbliebenenversorgung vorzusehen ist. Es handelt sich dabei um eine Gruppenrentenversicherung, deren Prämienkalkulation nach versicherungsmathematischen Grundsätzen erfolgt. Somit weist die betriebliche Kollektivversicherung gegenüber privat abgeschlossenen Versicherungsprodukten wesentliche Unterschiede auf. In Verbindung damit, dass das Test-Achats-Urteil keine Auswirkungen auf die geltenden europarechtlichen Bestimmungen zu betrieblichen Systemen der Altersvorsorge hat, ist eine geschlechtsspezifische Differenzierung bei Leistungen und Prämien auf Grund versicherungsmathematischer Faktoren sachlich gerechtfertigt.

Zu Z 4 (§ 118i Abs. 1 Z 8):

Mit dem Entfall des § 9 Abs. 3 und 4 wird die Meldepflicht der FMA an die Europäische Kommission für der FMA von den Versicherungsunternehmen zu meldenden Fälle unterschiedlicher Prämien und Leistungen für Frauen und Männer obsolet.

Zu Z 5 (§ 119i Abs. 33):

Enthält die Inkrafttretensbestimmung.

Zu Z 6 (§ 129m):

Durch Abs. 1 soll die Anwendung der „Unisex-Regel“ auf Verträge, die nach dem 20. Dezember 2012 abgeschlossen werden, erfolgen. Änderungen bestehender Verträge nach dem 20. Dezember 2012 sollen nur insoweit erfasst werden, als diese zu einem neuen Vertrag führen.

Die Frage, welche Sachverhalte ab dem 20. Dezember 2012 als neue Verträge anzusehen sind, soll an Hand der geltenden vertragsrechtlichen Regeln beurteilt werden. Dazu Näheres auch zu § 191c Abs. 13 VersVG.

Zu Artikel II

Zu Z 1 (§ 1c):

In Umsetzung des Test-Achats-Urteils soll § 9 Abs. 2 bis 4 VAG aufgehoben und durch einen neuen § 9 Abs. 2 VAG ersetzt werden, dessen Wortlaut in den § 1c VersVG übernommen werden soll. Der vorgeschlagene § 9 Abs. 2 VAG und § 1c VersVG sollen gewährleisten, dass bei Versicherungsverträgen die Berücksichtigung des Faktors Geschlecht bei der Berechnung von Prämien und Leistungen nicht zu unterschiedlichen Prämien und Leistungen für Frauen und Männer führt (so genannte „Unisex-Regel“). Um die vertragsrechtlichen Konsequenzen bei Nichtbeachtung dieses Gebots zu regeln (siehe § 15a VersVG), bedarf es dieser Bestimmung auch im VersVG. Zwar ist davon auszugehen, dass es sich bei der vorgeschlagenen Bestimmung des § 9 Abs. 2 VAG um ein gesetzliches Verbot im Sinn des § 879 Abs. 1 ABGB handeln würde (vgl. zu § 3 GlBG etwa Graf in Kletečka/Schauer, ABGB-ON 1.00 § 879 Rz 16). § 879 Abs. 1 ABGB legt als Grundsatz fest, dass ein Vertrag, der gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, nichtig ist. Lehre (Krejci in Rummel³ § 879 Rz 25; Koziol/Welser, Bürgerliches Recht I13 175; Bollenberger in KBB³ § 879 Rz 3) und Rechtsprechung (aus jüngerer Zeit OGH 6 Ob 311/01 f = bbl 2003/22) interpretieren diese Anordnung allerdings so, dass die Nichtigkeit nur dann greift, wenn sie vom betreffenden Verbot ausdrücklich angeordnet wird oder sich aber aus dem Normzweck ergibt. Aus Gründen der Rechtsklarheit ist es also sinnvoll, dass das VersVG dazu eine ausdrückliche Anordnung trifft. Durch Aufnahme in den Katalog des § 15a soll klargestellt werden, dass sich der Versicherer auf Vereinbarungen, die von § 1c zum Nachteil des Versicherungsnehmers abweichen, nicht berufen kann. Dies ist konsequent, da das gesetzliche Verbot bloß dem Schutz der Versicherungsnehmer/innen dient (siehe Graf in Kletečka/Schauer, ABGB-ON 1.00 § 879 Rz 4).

Zu Z 1 (§ 1d):

Zu den Abs. 1 und 4:

Bis in die jüngere Vergangenheit existierten eine Reihe von Versicherungsbedingungen, in denen unmittelbare Diskriminierungen von Menschen mit Behinderungen enthalten waren. In Allgemeinen Bedingungen für die Unfallversicherung (AUVB 2008) eines Versicherers etwa wurden in Art. 19 als „unversicherbar und jedenfalls nicht versichert“ Personen bezeichnet, „die dauernd vollständig arbeitsunfähig oder von schweren Nervenleiden befallen sind, sowie Geisteskranke“. Zu den eine Versicherung ausschließenden „Geisteskrankheiten“ wurden ausdrücklich insbesondere „manisch depressive Psychosen, schizophrene und paranoide Störungen, Morbus Alzheimer und andere Demenzformen“ gezählt. Als unversicherbar wurden weiters Personen bezeichnet, die unter „Morbus Bechterew“ und Aids leiden sowie „Blinde und Taube“. Außerdem war in Art. 19 Z 2 die Vorschrift enthalten, dass der Versicherungsschutz erlischt, „wenn der Versicherte während der Laufzeit des Versicherungsvertrags unversicherbar geworden ist“. Gleichzeitig endet der Vertrag für diese versicherte Person.

Zwar enthalten die Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) – soweit ersichtlich – derartige Bestimmungen nicht mehr. Es gibt aber erstens nach wie vor, wenn auch sehr vereinzelt, andere unmittelbar diskriminierende AVB. So ist in § 2 der AVB für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung (AVBPKV 2004) eines Versicherers vorgesehen, dass die Geschäftsleitung des Versicherers über die Antragsannahme entscheidet und Anträge ohne Angabe von Gründen ablehnen kann. Andere Versicherungsbedingungen für die Krankenversicherung sehen wiederum längere Wartefristen für Menschen mit bestimmten Behinderungen vor. Zu bedenken ist zweitens auch, dass Änderungen der AVB nach der Rechtssprechung des OGH nicht auch auf bestehende Verträge wirken (siehe OGH 4.6.1987, 7 Ob 28/87). In diesem Zusammenhang ist zu bedenken, dass es aufgrund dieser AVB auch weiterhin zu Kündigungen des Versicherungsverhältnisses kommen kann und dieses also insoweit noch Rechtswirkungen entfalten. Gleiches gilt insoweit auch für Risikoausschlüsse, Prämienzuschläge oder Leistungskürzungen, die an den Eintritt einer Behinderung im laufenden Versicherungsverhältnis anknüpfen.

Es soll daher hier für Alt- und Neuverträge sichergestellt werden, dass derartige Bedingungen nicht mehr Vertragsbestandteil sind. Ziel des § 1d ist es, die Rechtsposition der behinderten Person im Versicherungsvertragsrecht zu verbessern. Wesentlich ist, dass eine andere Behandlung von Menschen mit Behinderungen im Versicherungsvertragsrecht (z. B. Vorschreibung höherer Prämien) keinesfalls an das Vorliegen der Behinderung geknüpft werden darf. In diesem Zusammenhang darf auf die Definition von Behinderung als der Auswirkung einer länger andauernden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen, die geeignet ist, die Teilhabe im Leben der Gemeinschaft zu erschweren (§ 3 BGStG), hingewiesen werden. Im Unterschied dazu wird unter Krankheit (z. B. im § 120 Abs. 1 Z 1 ASVG) ein „regelwidriger Körper- oder Geisteszustand, der die Krankenbehandlung notwendig macht“ verstanden. Eine Krankheit alleine wird daher in der Regel keinen Anknüpfungspunkt für das Diskriminierungsverbot des Behindertengleichstellungsrechts bieten, es sei denn, dass im Verlauf der Krankheit langwierige oder dauerhafte Funktionsbeeinträchtigungen auftreten, die auch unabhängig von der noch fortschreitenden Krankheit als Behinderungen anzusehen sind.

In § 1d Abs. 1 ist demgemäß bei der Versicherung für Menschen mit Behinderung vorgesehen, dass der Abschluss oder Weiterbestand eines Versicherungsvertrags vom Versicherer nicht deshalb abgelehnt und der Versicherungsvertrag nicht deshalb gekündigt oder von einer höheren Prämie abhängig gemacht werden darf, weil der Versicherungsnehmer oder die versicherte Person behindert ist. Unabhängig davon gelten weiterhin die Bestimmungen des BGStG, also insbesondere auch das Verbot der unmittelbaren (§ 5 Abs. 1 BGStG) und mittelbaren Diskriminierung (§ 5 Abs. 2 BGStG im Verein mit § 6 BGStG), und die sich daraus ergebenden Ansprüche und Erleichterungen bei der Rechtsdurchsetzung (siehe Abs. 4).

Freilich ist auch noch auf das dem Versicherungsrecht immanente Erfordernis der Versicherbarkeit des zu deckenden Risikos Bedacht zu nehmen. Ein versicherbares Risiko liegt in diesem Zusammenhang dann nicht vor, wenn der Versicherungsfall bereits eingetreten ist oder, etwa bei der Krankenversicherung, wenn die Eintrittswahrscheinlichkeit und/oder -häufigkeit des Versicherungsfalls um ein Vielfaches erhöht ist und/oder die durchschnittlich zu erwartende Leistungssumme um ein Vielfaches höher liegt als in diesem Versicherungszweig kalkuliert; bei der Lebens- und Berufunfähigkeitsversicherung etwa, wenn mit überwiegender Wahrscheinlichkeit der Eintritt des Versicherungsfalls bereits in nächster Zeit zu erwarten ist.

Zu den Abs. 2, 3 und 4:

§ 1d Abs. 2 will die Frage der Zulässigkeit unterschiedlicher Tarife aufgrund von Gesundheitsbe­einträchtigungen einer begünstigenden Regelung für behinderte Menschen zuführen (§ 5 Abs. 2 BGStG soll dadurch auch im Versicherungsbereich keine Einschränkung erfahren). Der Faktor „Behinderung“ (wobei der Begriff im Sinn des Antidiskriminierungsrechts zu verstehen ist) darf für sich genommen nicht zu unterschiedlichen Prämien oder Leistungen führen (siehe Abs. 1). Schon aus der Definition des § 3 BGStG ist ersichtlich, dass eine Behinderung kein erhöhtes Risiko einer Gesundheitsbeeinträchtigung mit sich bringt, entscheidend ist vielmehr der Gesundheitszustand der versicherten Person. Daher normiert Abs. 2, dass ein Prämienzuschlag nur dann wirksam vorgesehen werden kann, wenn der Gesundheitszustand einen bestimmenden Faktor für die Risikokalkulation in dem betreffenden Versicherungszweig darstellt (z. B. in der Krankenversicherung) und eben der individuelle Gesundheitszustand der versicherten Person eine wesentliche Erhöhung der Gefahr bewirkt. Wesentlich bedeutet in diesem Zusammenhang, dass ein erheblicher Unterschied bei der Bewertung des Risikos aufgrund des Gesundheitszustands feststellbar sein muss, der auch bei einer nicht behinderten Person zu einem jedenfalls gleich hohen (oder höheren) Prämienzuschlag führen würde. Bloß geringfügige Abweichungen bei der Risikoeinschätzung dürfen demnach nicht zu einem Prämienzuschlag führen. Generell darf ein Prämienzuschlag nur in dem Ausmaß erfolgen, das sich anhand der Risikokalkulation in dem konkreten Versicherungszweig aufgrund der gesundheitlichen Situation der versicherten Person errechnet.

In Anlehnung an den derzeitigen Textentwurf des Art. 2 Abs. 7 der von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen Richtlinie zur Anwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung ungeachtet der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung kann für die Risikobewertung nicht nur auf statistischen Daten, sondern – bei Fehlen derselben (was insbesondere bei selteneren Krankheiten vorkommt) – auch auf (nicht statistisch aufbereitetes) medizinisches Wissen aufgebaut werden. So kann es bei äußerst seltenen Krankheiten mitunter für den Versicherer erforderlich sein, zur Einschätzung des Risikos auf Studien und andere wissenschaftliche Publikationen aus dem Ausland Bezug zu nehmen. § 1d Abs. 3 sieht vor, dass diese für die allgemeine Risikobewertung maßgeblichen Faktoren (für den typisierten Krankheitsverlauf), die aus Sicht des Versicherers zu einem Prämienzuschlag oder zur mangelnden Versicherbarkeit des Risikos führen, dem Versicherungsnehmer oder der Versicherungsnehmerin gegenüber offenzulegen sind. Damit soll auch ausgeschlossen werden, dass für Menschen mit Behinderungen eigene Risikokalkulationen entwickelt werden und so Risiken mehrfach zu einer Erhöhung der Prämie führen. Fehlen statistische Daten oder sind die Daten – etwa bei Bezugnahme auf nicht statistisch aufbereitetes medizinisches Wissen – aus Sicht der behinderten Person unzureichend, weil das individuelle Gesundheitsbild der versicherten Person vom typisierten Krankheitsverlauf der Statistik oder des allgemeinen medizinischen Wissens abweicht (z. B. weil in Frage steht, ob und inwieweit eine bestimmte Krankheit ausgeheilt ist bzw. welchen Schweregrad die Krankheit aufweist), so ist die Gefahrenerhöhung auf der Grundlage von für den individuellen Gesundheitszustand der behinderten Person relevantem und verlässlichem medizinischen Wissen darzulegen, wenn dies die versicherte Person wünscht. Zum Nachweis, dass der individuelle Gesundheitszustand der versicherten Person bessere Prognosen mit sich bringt als statistisch zu erwarten oder in Studien und wissenschaftlichen Publikationen beschrieben, wird in der Regel ein ärztliches Attest oder Gutachten erforderlich sein. Dieses kann vom behandelnden Arzt der versicherten Person stammen bzw. vom Versicherungsnehmer beigebracht werden. Legt der Versicherungsnehmer ein Attest oder Gutachten nicht vor, so hat der Versicherer ein solches zu beauftragen. Dabei wird sich ein Gutachten eines/einer allgemein beeideten gerichtlich zertifizierten Sachverständigen empfehlen.

Zu Beweiszwecken sind die Gründe für die konkrete Gefahrenerhöhung, die zur mangelnden Versicherbarkeit des Risikos oder zu einem Prämienzuschlag führen, in eine gesonderte Urkunde (angesprochen ist die geschriebene Form) aufzunehmen. Diese Urkunde ist dem Versicherungsnehmer so rechtzeitig zu übermitteln, dass sie eine Entscheidungshilfe für ihn darstellt (soweit erforderlich, im Hinblick auf den Vertragsabschluss vor Übermittlung des Versicherungsscheins, andernfalls – hier mit der Übermittlung des Versicherungsscheins – in Bezug auf die Geltendmachung von Ansprüchen aus einem bestehenden Versicherungsvertrag oder von Gesetzes wegen).

Auch wenn die behinderte Person mit Wartefristen, Risikoausschlüssen oder einem eingeschränkten Leistungsumfang konfrontiert werden soll, besteht dasselbe Rechtsschutzbedürfnis wie bei Prämienzuschlägen. Die Regelungen der Abs. 2 und 3 sollen daher auch hier sinngemäße Anwendung finden (siehe Abs. 4).

Zu Z 2 (§ 15a Abs. 1):

In § 15a Abs. 1 wird klargestellt, dass sich der Versicherer auf vertragliche Bestimmungen, die von den Vorschriften des § 1c und § 1d zum Nachteil des Versicherungsnehmers abweichen, nicht berufen kann. Die Unwirksamkeit solcher Vertragsinhalte berührt die Wirksamkeit des übrigen Vertrags aber nicht.

Zu Z 3 (§ 36):

Der EuGH hat in seinem Urteil vom 3. April 2008 in der Rechtssache 01051 Telecom GmbH gegen Deutsche Telekom AG, Rs C-306/06, zur Beurteilung der Rechtzeitigkeit einer Banküberweisung ausgesprochen, dass die aus dem Charakter der Geldschuld als Schickschuld gefolgerte (auch in Österreich herrschende) Ansicht, wonach eine Banküberweisung – mangels entgegenstehender Vereinbarung – dann rechtzeitig ist, wenn am Fälligkeitstag die letzte Erfüllungshandlung gesetzt wird, nicht den Vorgaben der (auf den unternehmerischen Geschäftsverkehr beschränkten) Zahlungsverzugsrichtlinie 2000/35/EG entspreche. Nach dem EuGH erfordert Art. 3 Abs. 1 lit. c sublit. ii der Zahlungsverzugsrichtlinie, dass der Gläubiger am Fälligkeitstag bereits über die geschuldete Summe verfügen kann.

Das Bundesministerium für Justiz hat die Umsetzung der neuen Zahlungsverzugsrichtlinie 2011/7/EU zum Anlass genommen, die Rechtsfragen zur Erfüllung einer Geldschuld unter Berücksichtigung des zitierten Erkenntnisses des EuGH in einem neuen § 907 a ABGB neu zu regeln. Demnach soll der Geldschuldner u. a. dazu verpflichtet sein, bei einer von vornherein feststehenden Fälligkeit einen Banküberweisungsauftrag so rechtzeitig zu erteilen, dass der Gläubiger bei Fälligkeit über den geschuldeten Betrag auf seinem Konto verfügen kann.

Da im Versicherungsvertragsrecht eine über die Zahlung von Verzugszinsen und den Ersatz des Verspätungsschadens hinausgehende spezifische Verzugsfolge, nämlich die Leistungsfreiheit des Versicherers (bei Verzug mit der Erstprämie gemäß § 38 VersVG, bei Verzug mit der Folgeprämie gemäß § 39 VersVG), vorgesehen ist, scheint eine Sonderregelung – zumindest für diese weitreichenden Verzugsfolgen – erforderlich zu sein. Im Hinblick auf den Schutz des Vertrauens der Versicherungsnehmer/innen und soweit dem die Zahlungsverzugsrichtlinie nicht entgegensteht, wird vorgeschlagen, die nach der Rechtsprechung bisher geltende Regelung, wonach zur Abwendung aller Verzugsfolgen die Absendung der Prämie genügt, dies mit dem Vorbehalt, dass die Prämie beim Versicherer, wenn auch erst nach Ablauf des Fälligkeitstermins, einlangt, im Bereich der Privatversicherung beizubehalten und in § 36 VersVG zu kodifizieren.

Da die Zahlungsverzugsrichtlinie lediglich für den unternehmerischen Geschäftsverkehr gilt und als Sanktion für den Zahlungsverzug nur die Verpflichtung zur Leistung von abschreckenden Verzugszinsen vorsieht, soll die Regelung einer qualifizierten Schickschuld in Ansehung der Verzugsfolge Leistungsfreiheit (§§ 38 Abs. 2 und 39 Abs. 2) in Abs. 2 auch für den unternehmerischen Geschäftsverkehr beibehalten werden.

Zu Z 4 (§ 41b):

Nach § 27 Abs. 6 ZaDiG darf der Zahlungsdienstleister dem Zahlungsempfänger nicht verwehren, dem Zahler für die Nutzung eines bestimmten Zahlungsinstruments eine Ermäßigung anzubieten. Die Erhebung von Entgelten durch den Zahlungsempfänger im Falle der Nutzung eines bestimmten Zahlungsinstruments ist dieser Bestimmung zufolge jedoch unzulässig.

In § 41b wird klargestellt, dass dieses Verbot auch im Verhältnis zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer zur Anwendung gelangt, und dem Versicherer eine auf § 41b erster Halbsatz gestützte Gebührenvorschreibung daher etwa auch dann verwehrt ist, wenn der Versicherungsnehmer die Prämienzahlung mittels Bankeinzug ablehnt.

Zu Z 5 (§ 178g Abs. 1):

Die Österreichische Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation soll in den Kreis der zu verständigenden Stellen im Falle einer Änderung der Prämie oder des Versicherungsschutzes durch das Versicherungsunternehmen aufgenommen werden.

Zu Z 6 (§ 191c Abs. 13):

Durch Abs. 13 soll zunächst die Anwendung der in § 1c enthaltenen „Unisex-Regel“ auf Verträge, die nach dem 20. Dezember 2012 abgeschlossen werden, erfolgen. Änderungen bestehender Verträge nach dem 20. Dezember 2012 sollen nur insoweit erfasst werden, als diese zu einem neuen Vertrag führen. Die Frage, welche Sachverhalte ab dem 20. Dezember 2012 als neue Verträge anzusehen sind, ist an Hand der geltenden vertragsrechtlichen Regeln zu beurteilen. Neuabschlüssen gleich zu stellen sind Novationen. Von solchen ist nur dann auszugehen, wenn der Hauptgegenstand des Versicherungsvertrags, also dessen primärer Leistungsinhalt, eine Veränderung erfährt. Es kommt darauf an, dass nach dem Willen der vertragsschließenden Parteien ein „wesentlich anderer“ an seine Stelle tritt (siehe mit weiteren Nachweisen Kajaba in Kletečka/Schauer, ABGB-ON 1.00 § 1376 Rz 14). Nach der Rechtsprechung (vgl. etwa OGH 7 Ob 214/03 a und RIS-Justiz RS0080369) liegt eine Änderung im Hauptgegenstand eines Versicherungsvertrags etwa bei Änderung des Versicherungsobjekts oder des Risikos vor.

Im Unterschied dazu sollen § 1d und diesbezüglich auch § 15a Abs. 1 schon auf „Altverträge“ Anwendung finden, wenn sich der maßgebliche Sachverhalt nach dem Inkrafttreten der neuen Bestimmungen zur Hintanhaltung von Diskriminierungen behinderter Menschen ereignet. Das bedeutet etwa, dass sich ein Versicherer – trotz prinzipieller Weitergeltung der „alten“ AVB – nicht auf Änderungs- oder Kündigungstatbestände stützen kann, wenn und insoweit diese gegen § 1d verstoßen. Diese Übergangsvorschrift entspricht den allgemeinen Grundsätzen für die Auswirkungen neuer gesetzlicher Regelungen auf Dauerschuldverhältnisse (vgl. Dittrich/Tades, ABGB37 E 13 f. zu § 5 ABGB mit Beispielen aus der Rechtsprechung).

Zu Z 7 (§ 191c Abs. 14):

Wie die Bestimmungen des vorgeschlagenen Zahlungsverzugsgesetzes soll auch die den Besonderheiten beim Versicherungsvertrag Rechnung tragende Sonderregelung des § 36 VersVG mit 1. Februar 2013 in Kraft treten und für jene Vertragsverhältnisse zum Tragen kommen, die ab dem Inkrafttreten geschlossen werden.

Zu Artikel III

Zu Z 1 (§ 6 Abs. 3 Z 2):

Vor dem Hintergrund, dass das VOEG für die Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen aus Arbeitsunfällen nicht die geeignete Anspruchsgrundlage darstellt, soll der vorgeschlagene § 6 Abs. 3 Z 2 sicherstellen, dass durch Unfälle mit Arbeitsmaschinen in abgesperrtem Fabriksgelände (z. B. in einer Fabriks- oder Lagerhalle) zwischen in den Arbeitsbetrieb des Arbeitgebers oder der Arbeitgeberin eingebundenen Personen (Arbeitnehmer/innen, Leiharbeitskräften sowie Personen in ähnlichen Rechtsverhältnissen) nicht eine Ersatzpflicht des Fachverbands der Versicherungsunternehmen, gefolgt von einer Regresspflicht der Schuld tragenden Person, begründet wird. In diesen Fällen wäre wohl primär die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers oder der Arbeitgeberin, allenfalls gekoppelt mit Leistungen aus einer Betriebshaftpflichtversicherung sowie der allgemeinen Unfallversicherung, angesprochen, und nicht ein Ausgleich über das VOEG, der letztlich auf eine Schadensteilung unter und nach dem Verschulden der beteiligten Arbeitnehmer/innen hinausläuft.

Zu Artikel IV

Im Fall des Verstoßes gegen § 1d VersVG durch den Versicherer soll in § 13 Abs. 3 BGStG eine neue Verbandsklagebefugnis nach dem Vorbild der §§ 14 UWG und 28 ff. KSchG vorgesehen werden, wenn dadurch die allgemeinen Interessen (vgl. auch § 28a KSchG) des durch diese Bestimmung geschützten Personenkreises wesentlich und in mehreren Fällen beeinträchtigt werden. In solchen Fällen sollen die Österreichische Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation und auch der Behindertenanwalt (§ 13b Bundesbehindertengesetz) ohne weitere Voraussetzungen eine Klage auf Unterlassung des gegen § 1d verstoßenden Verhaltens des Versicherers einbringen können. In Ansehung eines Verstoßes gegen die in § 1d Abs. 3 normierten Offenlegungspflichten besteht z. B. die Möglichkeit, die Unterlassung der ungerechtfertigten Verweigerung des Vertragsabschlusses oder des Begehrens nach einem ungerechtfertigten Prämienzuschlag ohne Offenlegung der Gefahrenerhöhung entsprechend § 1d Abs. 3 VersVG zu verlangen.

 

Anlage 1: Darstellung der Verwaltungskosten für Unternehmen

 

Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz, das Versicherungsvertragsgesetz und das Verkehrsopfer-Entschädigungsgesetz geändert werden (Versicherungsrechts-Änderungsgesetz 2013 – VersRÄG 2013)

Art der Änderung

Novelle

Ressort

BMJ

Berechnungs­datum

1. Jänner 2013

Anzahl geänderter/neuer
Informations­verpflichtungen

1

BELASTUNG GESAMT (gerundet auf 1.000er)

9.000

 

IVP 1 - OFFENLEGUNG DER GRÜNDE FÜR DIE UNGLEICHBEHANDLUNG VON MENSCHEN MIT BEHINDERUNGEN IM PRIVATVERSICHERUNGSBEREICH

Art

geänderte IVP

Kurzbeschreibung

Offenlegung des statistischen Datenmaterials bzw. des medizinischen Wissens, das für mangelnde Versicherbarkeit von Menschen mit Behinderungen bzw. Prämienerhöhungen, längere Wartezeiten, Risikoausschlüsse oder verminderten Leistungsumfang beim Abschluss von Versicherungsverträgen mit Menschen mit Behinderungen maßgeblich sind

Ursprung:

NAT

Fundstelle

§ 1d Abs. 4 VersVG

BELASTUNG (gerundet auf 1.000er)

9.000

 

BERECHNUNG LAUT SKM-METHODE FÜR INFORMATIONSVERPFLICHTUNG 1

Versicherungsunternehmen

Fallzahl

5.000

Quellenangabe

BMJ

 

Verwaltungstätigkeit 1

Übermittlung von Nachrichten an spezifische Gruppen von Personen

Zeitaufwand

Erhöhung

Stunden

 

Minuten

3

Gehaltsgruppe

Bürokräfte und kfm. Angestellte

Stundensatz

36,00

Externe Kosten pro
Jahr

0,00

 

Anschaffungskosten pro
Jahr

0,00

 

 

Gesamtkosten pro Fall
(gerundet auf eine Kommastelle)

1,80

Verwaltungskosten
(ganzzahlig gerundet)

9.000

Sowieso-Kosten (%)

0

VERWALTUNGSLASTEN
(ganzzahlig gerundet)

9.000