Vorblatt

Problem

Die Richtlinie 2011/7/EU zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr (die die frühere Zahlungsverzugsrichtlinie aus dem Jahr 2000 ersetzte) muss bis 16. März 2013 umgesetzt werden. In sachlichem Zusammenhang mit dem Fragenkreis des Zahlungsverzugs zeigt sich auch die Notwendigkeit, in der österreichischen Rechtsordnung durch eine gesetzliche Regelung auf das EuGH-Urteil vom 3.4.2008, C-306/06, 01051 Telecom/Deutsche Telekom, Slg 2008, I-1923, über die Rechtzeitigkeit von Zahlungseingängen im bargeldlosen Überweisungsverkehr Bedacht zu nehmen.

 

Ziele und Inhalte des Entwurfs

Die Inhalte der Zahlungsverzugsrichtlinie sollen – soweit sie Rechtsgeschäfte zwischen Unternehmen betreffen – in einem neuen Abschnitt des Vierten Buchs des Unternehmensgesetzbuchs umgesetzt werden. Soweit sie sich hingegen auf den Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und öffentlichen Stellen beziehen, werden die Richtlinienregelungen durch entsprechende Gesetzesbestimmungen im Vergaberecht umgesetzt, die freilich nicht Gegenstand dieses Entwurfs sind, sondern einem gesonderten Gesetzgebungsvorhaben vorbehalten bleiben.

Aus Anlass der Richtlinienumsetzung wird weiters im allgemeinen Vertragsrecht des ABGB eine gänzlich neue Gesetzesbestimmung über die Geldschuld und ihre Erfüllung – insbesondere im bargeldlosen Zahlungsverkehr – eingefügt, die von der oben genannten EuGH-Entscheidung inspiriert wurde. Dies erfordert im Weiteren auch eine Adaptierung der Regelung über die gesetzliche Fälligkeit des Mietzinses im Mietrechtsgesetz. Zudem werden gewisse Sonderregelungen im Konsumentenschutzgesetz getroffen.

Schließlich ist hinsichtlich des Verzugszinssatzes – korrespondierend zum Unternehmensgesetzbuch – eine Anpassung des Arbeits- und Sozialgerichtsgesetzes vorzunehmen.

 

Alternativen

Zur Umsetzung der neuen Zahlungsverzugsrichtlinie besteht keine Alternative. Grundsätzlich wäre es denkbar, die nur für Unternehmen und „öffentliche Stellen“ geltenden Richtlinienregelungen im Rahmen der Umsetzung in das allgemeine Zivilrecht des ABGB zu übernehmen und dadurch auch auf Unternehmer-Verbraucher-Geschäfte sowie auf Verträge zwischen Nichtunternehmern zu erstrecken. Davon wurde jedoch zum Teil aus verbraucher- und sozialpolitischen Erwägungen, zum Teil aber auch wegen eines bestehenden Spannungsverhältnisses zwischen den Richtlinienregelungen und allgemein bürgerlich-rechtlichen Grundsätzen abgesehen.

 

Auswirkungen des Regelungsvorhabens

- Finanzielle Auswirkungen

Die öffentlichen Haushalte werden durch das Vorhaben nicht belastet, zumal schon auf Grund der Gesetzesgebundenheit der Verwaltung davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Hand bereits bisher ihre Zahlungspflichten ordnungsgemäß und rechtzeitig erfüllt hat. Auch eine Mehrbelastung der Gerichte ist durch die Umsetzung der Richtlinie nicht zu erwarten, weil nach den Erfahrungen aus der Praxis nicht damit zu rechnen ist, dass in einem relevanten Ausmaß gesonderte, von der Geltendmachung der Hauptforderung losgelöste Rechtsstreitigkeiten über Verzugsfolgen geführt werden.

- Wirtschaftspolitische Auswirkungen

-- Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich

Bei den umzusetzenden Regelungen handelt es sich um Maßnahmen, die die Zahlungsmoral im unternehmerischen Verkehr fördern sollen. Dies wird wegen der dadurch zu erwartenden Verbesserung der Liquidität von Unternehmen dem Wirtschaftsstandort zugute kommen.

-- Auswirkungen auf die Verwaltungskosten für BürgerInnen und Unternehmen

Der Entwurf sieht weder für Unternehmen noch für BürgerInnen Informationspflichten vor.

- Auswirkungen in umweltpolitischer Hinsicht, insbesondere Klimaverträglichkeit

Keine.

- Auswirkungen in konsumentenschutzpolitischer und sozialer Hinsicht

Die vorgeschlagenen Regelungen betreffen mit Ausnahme der allgemein-zivilrechtlichen Bestimmung über die Geldschuld nur den unternehmerischen Geschäftsverkehr. Die erwähnte Gesetzesbestimmung zur Geldschuld enthält neben rein konstruktiven Neuerungen vor allem eine Klarstellung zur Rechtzeitigkeit von Zahlungen im bargeldlosen Überweisungsverkehr, die aber in ihrer Gesamtkonzeption – auch im Zusammenhalt mit den Vorgaben im Zahlungsdienstegesetz über die Abwicklung von Banküberweisungen innerhalb eines Tages sowie mit der Verschiebung der Zinsfälligkeit im Mietrecht – verbraucherpolitisch neutral ist und überdies durch eine Sonderregelung im Konsumentenschutzgesetz über die Rechtzeitigkeit von Banküberweisungen flankiert wird.

- Geschlechtspezifische Auswirkungen

Keine.

 

Aspekte der Deregulierung

Keine.

 

Verhältnis zu den Rechtsvorschriften der Europäischen Union

Mit Ausnahme der Neuerung im ABGB dienen die vorgeschlagenen Regelungen der innerstaatlichen Umsetzung der Zahlungsverzugsrichtlinie 2011/7/EU und sind somit unionsrechtskonform. Soweit durch die neue Bestimmung im ABGB Rechtsverhältnisse mitgeregelt werden, die nicht der Zahlungsverzugsrichtlinie unterliegen, handelt es sich um einen nicht harmonisierten Regelungsbereich.

 

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens

Keine.

 

Kompetenzgrundlage

Die Kompetenz des Bundes zur Erlassung dieses Bundesgesetzes gründet sich auf Art. 10 Abs. 1 Z 6 B-VG (Zivilrechtswesen).


Erläuterungen

Allgemeiner Teil

 

A. Die frühere Zahlungsverzugsrichtlinie und ihre Umsetzung in Österreich

Schon die frühere Zahlungsverzugsrichtlinie 2000/35/EG hatte zum Ziel, den Belastungen, die Unternehmen durch übermäßig lange Zahlungsfristen und durch Zahlungsverzögerungen entstehen, durch abschreckende Rechtsfolgen von Zahlungsverzug entgegenzuwirken. Im Besonderen lag der Fokus der alten Richtlinie auf kleinen und mittleren Unternehmen, die auf Grund ihrer wirtschaftlichen Unterlegenheit im Verhältnis zu Großunternehmen oder auch im Verhältnis zur öffentlichen Hand häufig mit einer sehr nachteiligen Vertragsgestaltung sowie mit Zahlungsverzögerungen konfrontiert waren. Schon die frühere Zahlungsverzugsrichtlinie galt nur für Geldforderungen im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen sowie zwischen Unternehmen und öffentlichen Stellen über die Lieferung von Gütern oder die Erbringung von Dienstleistungen.

Diese Richtlinie wurde in Österreich durch das Zinsenrechts-Änderungsgesetz, BGBl. I Nr. 118/2002, umgesetzt. Mit diesem Bundesgesetz wurden das ABGB, das damalige HGB, das Aktiengesetz 1965 und das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz geändert und eine eigene Verbandsklage gegen grob nachteilige Zahlungsbedingungen geschaffen. Im Konkreten wurden im ABGB ein neuer § 1000 mit Regelungen über Zinsen und Zinseszinsen (der in dieser Fassung auch heute noch in Geltung steht) eingefügt und die §§ 1333 bis 1335 ABGB (mit Regelungen über die Verzögerung der Zahlung und deren Folgen) neu gefasst; die Änderung des damaligen Handelsgesetzbuchs beschränkte sich auf einen Verweis auf die geänderten Bestimmungen über die Zinsen im ABGB. Später wurde im Zuge der Handelsrechtsreform (BGBl. I Nr. 120/2005) die bis dahin in § 1333 Abs. 2 ABGB aF statuierte Regelung über die gesetzliche Höhe der Verzugszinsen in § 352 UGB transferiert.

 

B. Zielsetzung, Neuerungen und sonstige Inhalte der neuen Zahlungsverzugsrichtlinie 2011/7/EU

1. Im April 2009 legte die Europäische Kommission einen Vorschlag für eine Neufassung der Zahlungsverzugsrichtlinie vor. Nach intensiven Verhandlungen darüber wurde schließlich die Richtlinie 2011/7/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.2.2011 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr verabschiedet und am 23.2.2011 unter L 48 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

2. Grundanliegen der Richtlinienneufassung war es, das Instrumentarium zur Bekämpfung von Zahlungsverzug auszubauen und zu verschärfen und dabei im besonderen Maße die „öffentlichen Stellen“ in die Pflicht zu nehmen. Mit dieser Verschärfung solle ein „durchgreifender Wandel hin zu einer Kultur der unverzüglichen Zahlung“ (Erwägungsgrund 12) erreicht werden. Dabei sei es angebracht, „spezielle Vorschriften für Geschäftsvorgänge einzuführen, bei denen Unternehmen öffentlichen Stellen Waren liefern und Dienstleistungen für sie erbringen“, weil solche öffentliche Stellen „mit sichereren, berechenbareren und beständigeren Einkünften als Unternehmen rechnen“ könnten und „Finanzmittel zu günstigeren Bedingungen“ als Unternehmen erhielten (Erwägungsgrund 23). Deshalb, wohl aber auch wegen der besonders großen „Vertragsmacht“, die öffentlichen Stellen als Auftraggebern vor allem gegenüber kleineren und mittleren Unternehmen zukommt, werden sie von der Richtlinie bei der Frage der Zulässigkeit von Vereinbarungen über Zahlungsfristen strenger behandelt als unternehmerische Auftraggeber. Insofern versteht sich die neue Richtlinie als Teil des von der Europäischen Kommission in ihrer Mitteilung vom 25.6.2008, KOM(2008) 394 endg., vorgestellten „Small Business Act“.

3. Um noch stärkere Anreize für eine bessere Zahlungsmoral zu bieten, wurden also gegenüber der Vorgängerrichtlinie die Rechtsfolgen für Zahlungsverzug verschärft. Im Einzelnen wurden nun eine pauschale Entschädigung für Betreibungskosten, eine nur ausnahmsweise überschreitbare Höchstgrenze für vertragliche Vereinbarungen über die Zahlungsfrist bei Unternehmern und eine absolute Höchstgrenze für solche Zahlungsfristvereinbarungen bei öffentlichen Stellen sowie eine zeitliche Beschränkung der zulässigen Dauer von Abnahme- und Überprüfungsverfahren vorgesehen. Überdies wurden die Regelungen über grob nachteilige Vertragsklauseln ausgeweitet und der Verzugszinssatz gegenüber der Vorgängerrichtlinie um einen Prozentpunkt erhöht. Ebenso wie ihre Vorgängerin enthält auch die neue Zahlungsverzugsrichtlinie Bestimmungen über eine Verbandsklage und eine Anordnung, wonach für unbestrittene Forderungen in der Regel innerhalb von 90 Kalendertagen ein vollstreckbarer Titel erwirkbar sein soll.

4. Auch die neue Zahlungsverzugsrichtlinie gilt nur für Geschäftsvorgänge entweder zwischen Unternehmen oder zwischen Unternehmen und öffentlichen Stellen über die entgeltliche Lieferung von Waren oder Erbringung von Dienstleistungen. Rechtsverhältnisse zwischen Nichtunternehmern oder zwischen Unternehmern und Verbrauchern fallen also nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie. Ebenso wenig werden außervertragliche Verbindlichkeiten erfasst. Wie schon ihre Vorgängerin sieht auch die neue Zahlungsverzugsrichtlinie bloß eine Mindestharmonisierung vor; die Mitgliedstaaten können also Vorschriften beibehalten oder erlassen, die für den Gläubiger günstiger sind als die Regelungen der Richtlinie (Artikel 12 Abs. 3 der Richtlinie).

5. Die neue Zahlungsverzugsrichtlinie wurde – wie schon erwähnt – am 23.2.2011 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht und muss bis zum 16.3.2013 umgesetzt werden.

 

C. Für das Umsetzungsvorhaben wichtige Bestimmungen der Richtlinie

Im Folgenden sollen – lediglich übersichtsweise – die einzelnen Bestimmungen der Richtlinie aufgelistet werden, soweit sie für die Umsetzung in das österreichische Recht von Bedeutung sind. Im Einzelnen wird auf die Richtlinienvorgaben sodann im Besonderen Teil bei den jeweiligen Umsetzungsbestimmungen eingegangen:

- Anwendungsbereich und Begriffsbestimmungen (Artikel 1 und 2): Es geht um Geldforderungen im unternehmerischen Geschäftsverkehr (s. zum Anwendungsbereich die Ausführungen im Besonderen Teil zu § 455). Von der den Mitgliedstaaten in Artikel 1 Abs. 3 eingeräumten Möglichkeit zur Ausnahme von Schulden, die Gegenstand eines Insolvenzverfahrens sind, wird bei der österreichischen Umsetzung nicht Gebrauch gemacht. Zum Begriff „Geschäftsverkehr“ siehe die Ausführungen im Besonderen Teil zu § 455.

- Zahlungsfrist und Anspruch auf Verzugszinsen (Artikel 3 Absätze 1 bis 3 und 5, Artikel 4 Absätze 1 bis 4 und 6): Siehe dazu die Ausführungen im Besonderen Teil zu §§ 456 und 457. Siehe Punkt E.3 zur Entbehrlichkeit einer Umsetzungsmaßnahme zu den Richtlinienregelungen, wonach der Anspruch auf Verzugszinsen keine Mahnung zur Voraussetzung hat.

- Abnahme oder Überprüfungsverfahren (Artikel 3 Abs. 4, Artikel 4 Abs. 5): Die Dauer eines solchen Verfahrens darf grundsätzlich höchstens mit 30 Kalendertagen vertraglich festgelegt werden, mit einer längeren Frist nur, soweit dies für den Gläubiger nicht grob nachteilig ist. Im Einzelnen sei dazu auf die Ausführungen im Besonderen Teil zu § 457 verwiesen.

- Entschädigung für Betreibungskosten (Artikel 6): Die in Abs. 1 vorgesehene, vom Nachweis eines Schadens unabhängige Entschädigung in Gestalt eines Pauschalbetrags von zumindest 40 Euro ist eine gänzliche Neuerung gegenüber der früheren Richtlinie (s. dazu die Ausführungen im Besonderen Teil zu § 458).

- Nachteilige Vertragsklauseln und Praktiken (Artikel 7): In Erweiterung zur Vorgängerrichtlinie (vgl. deren Artikel 3 Abs. 3) wird nunmehr auch eine grob nachteilige „Praxis“ in die Regelung einbezogen. Auch werden Kriterien für die grobe Nachteiligkeit festgelegt und besondere Bestimmungen für einzelne Verzugsfolgen vorgesehen (s. dazu im Einzelnen die Ausführungen im Besonderen Teil zu § 459).

- Verbandsklage (Artikel 7 Abs. 5): Siehe die Ausführungen im Besonderen Teil zu § 460.

 

D. Bisheriger Werdegang des Gesetzesvorhabens

Das Bundesministerium für Justiz begann sogleich nach Verabschiedung der Richtlinie, nämlich noch im Frühjahr 2011, mit den Arbeiten zur Vorbereitung von deren Umsetzung. Nach internen Vorberatungen und Erstellung eines Rohentwurfs wurde das Projekt zunächst mit Vertretern der mitbeteiligten Ressorts, der Sozialpartner, der sonst beteiligten Interessengruppen und der Rechtsberufe erörtert. In der Folge erstatteten viele dieser Stellen und Institutionen auch schriftliche Stellungnahmen, die in die weiteren Überlegungen miteinbezogen werden konnten. Im Spätsommer 2011 wurde zur Abklärung einiger schwieriger rechtsdogmatischer Fragen im Zusammenhang mit der geplanten Neuregelung der Geldschuld im ABGB eine aus Vertretern der rechtswissenschaftlichen Lehre bestehende Expertenrunde einberufen, die sich eingehend mit den verschiedenen Einzelproblemen in diesem Regelungskontext auseinandersetzte. Auf die in dieser Expertenrunde angestellten Überlegungen ging auch die Entscheidung zurück, sich bei der Neuregelung nicht bloß auf die ursprünglich im Fokus gestandene Frage der Rechtzeitigkeit einer Geldzahlung durch Banküberweisung in einem neuen § 1418a ABGB zu beschränken, sondern in einem neuen § 907a ABGB einen umfassenderen Regelungsansatz zu wählen; im Einzelnen sei dazu auf die inhaltlichen Ausführungen im nachfolgenden Punkt F.1 verwiesen. Auf der Grundlage dieser Beratungsresultate, Stellungnahmen und Vorschläge erarbeitete das Bundesministerium für Justiz im Frühherbst 2011 den Ministerialentwurf für ein Zahlungsverzugsgesetz einschließlich umfassender Erläuterungen (BMJ-Z7.052/0018-I 2/2011), der schließlich Ende Februar 2012 zur allgemeinen Begutachtung versendet wurde.

Im Begutachtungsverfahren wurden zahlreiche Stellungnahmen erstattet. Dabei traf das Gesetzesvorhaben grundsätzlich auf sehr positive Resonanz; freilich wurden auch etliche Änderungs- und Ergänzungsanregungen erstattet. Der Ministerialentwurf war auch Gegenstand einer umfassenden rechtswissenschaftlichen Publikation von Schauer/Aichberger-Beig (RdW 2012, 262) und eines Kurzbeitrags von Zöchling-Jud (ecolex 2012, 553). Diese Äußerungen und Beiträge gaben Anlass zu einer neuerlichen grundlegenden Überarbeitung des Entwurfs. Die zwei wichtigsten Modifikationen waren zum einen die Herausnahme der besonderen Regelungen für den Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und öffentlichen Stellen, zumal diese aufgrund verfassungsrechtlicher Überlegungen im Vergaberecht getroffen werden sollen, und zum anderen eine veränderte Konzeption des § 907a ABGB, die schlagwortartig wie folgt charakterisiert werden kann: Bringschuld statt qualifizierter Schickschuld, Wahlrecht des Schuldners hinsichtlich der Art der Erfüllung, bei nicht im Vorhinein bestimmtem Fälligkeitstermin Rechtzeitigkeit bei unverzüglich erteiltem Überweisungsauftrag statt Zehn-Tages-Frist. Weiters war auch eine Änderung im Mietrechtsgesetz zu konzipieren, um eine sonst denkbare Zinsenbelastung von Mietern abzuwenden; zu diesem Zweck soll der gesetzliche Fälligkeitstermin für den Mietzins auf den Fünften eines jeden Kalendermonats festgelegt werden.

Der so weiterentwickelte Gesetzentwurf wurde Mitte September 2012 neuerlich einer Diskussion in einem aus Regierungs- und Interessenvertretern sowie aus Exponenten der Rechtswissenschaft zusammengesetzten Arbeitskreis unterzogen; auf Grundlage der dabei noch gewonnenen Erkenntnisse wurde der Entwurf noch in einigen Punkten modifiziert. Die Abstimmung des Vorhabens auf Regierungsebene erbrachte noch eine weitere Änderung: Im Konsumentenschutzgesetz wurden flankierende Regelungen vorgesehen, um allenfalls mögliche nachteilige Folgen für Konsumenten aus der Neukonstruktion der Geldschuld zu vermeiden. Die nun erstellte Regierungsvorlage ist das Ergebnis all dieser Gespräche und Abklärungen.

 

E. Grundüberlegungen zur Umsetzung der neuen Zahlungsverzugsrichtlinie

1. Regelungsort

a) Da die Richtlinie nur den unternehmerischen Geschäftsverkehr betrifft, ist der richtige Ort für ihre Umsetzung im Unternehmensgesetzbuch zu finden. Soweit die Inhalte der neuen Richtlinie allerdings mit solchen Inhalten ihrer Vorgängerin übereinstimmen, die bei der seinerzeitigen Richtlinientransposition durch das Zinsenrechts-Änderungsgesetz im ABGB umgesetzt und dort auch im Weiteren belassen wurden, kann und soll es ohne Änderung bei diesen ABGB-Bestimmungen bleiben, zumal keine Korrektur der damaligen Entscheidung, diese Inhalte im allgemeinen Zivilrecht zu positivieren, nötig erscheint. Damit sind in erster Linie die Regelungen in § 1333 ABGB über die Betreibungskosten und in § 1334 ABGB über die Fälligkeit und damit den Beginn des Zinsenlaufs gemeint. Zu diesen Fragen kann es also auch im Licht des neuen Richtlinienrechts bei den damals geschaffenen Gesetzesbestimmungen bleiben.

Anders verhält es sich mit der Bestimmung des früheren § 1333 Abs. 2 ABGB über die gesetzliche Höhe der Verzugszinsen, die mit dem Handelsrechts-Änderungsgesetz in das UGB, nämlich in dessen § 352, transferiert und damit nur noch für den unternehmerischen Geschäftsverkehr anwendbar gestaltet wurde. Diese nachträgliche Entscheidung, nämlich die Richtlinienregelung über die gesetzliche Höhe der Verzugszinsen entsprechend ihrem gemeinschaftsrechtlichen Anwendungsbereich auch im innerstaatlichen Recht nur für Vertragsverhältnisse zwischen Unternehmern abzubilden, soll auch nunmehr aufrecht bleiben. Innerhalb des Unternehmensgesetzbuchs soll diese Regelung allerdings aus den sogleich zu besprechenden Gründen nach hinten verschoben werden.

Für die Umgießung derjenigen Inhalte der neuen Richtlinie in das innerstaatliche Recht, die über den Regelungskreis der früheren Richtlinie hinausgehen und daher auch zusätzliche Bestimmungen in der österreichischen Rechtsordnung erfordern, wurden ursprünglich – neben der dann notwendigen Anpassung des § 352 UGB – die durch die seinerzeitige Aufhebung der §§ 358 ff UGB entstandenen „Leerstellen“ im Ersten Abschnitt des Vierten Buchs ins Auge gefasst. Allgemein ist ja das Vierte Buch dafür der richtige Regelungsort, zumal die Richtlinie die Folgen von Zahlungsverzug bei unternehmensbezogenen Geschäften behandelt. Hinsichtlich der genaueren Platzierung der Umsetzungsregelungen innerhalb des Vierten Buchs wurde dann aber entschieden, die neuen Bestimmungen nicht in die Allgemeinen Vorschriften des Ersten Abschnitts einzufügen, sondern dafür einen eigenen, neuen Abschnitt im Vierten Buch des UGB vorzusehen. Die neu einzufügenden Bestimmungen sind nämlich verhältnismäßig umfangreich; sie würden sich auch systematisch nicht besonders gut in die Allgemeinen Vorschriften des Vierten Buchs einfügen. Aus diesen Gründen wird dem Vierten Buch ein neuer, mit „Zahlungsverzug“ betitelter Achter Abschnitt angefügt, in den sämtliche neuen Umsetzungsbestimmungen zum Richtlinienrecht einschließlich jener über die Verbandsklage aufgenommen werden. Korrespondierend dazu ist die frühere „Artikel-Regelung“ über die Verbandsklage in Artikel V des Zinsenrechts-Änderungsgesetzes aufzuheben.

b) Aus dem nun Gesagten ergibt sich ein „Verortungs-Splitting“ hinsichtlich der Betreibungskosten. Die grundsätzliche Ersatzfähigkeit dieser Kosten wurde bei der Umsetzung der früheren Zahlungsverzugsrichtlinie in § 1333 ABGB angesiedelt; und dabei soll es auch bleiben, zumal die seinerzeitige rechtspolitische Entscheidung über eine solche Regelung im allgemeinen materiellen Zivilrecht heute keiner Korrektur bedarf. Hingegen sollen die Anordnungen über einen vom Nachweis eines Schadens unabhängigen Pauschalbetrag für Betreibungskosten in Artikel 6 Abs. 1 und 2 der Richtlinie nur für den unternehmerischen Geschäftsverkehr umgesetzt werden; die Umsetzungsbestimmung dazu findet sich im neuen § 458 UGB. Eine Übernahme dieser Richtlinienbestimmung in das allgemeine Zivilrecht empfiehlt sich schon deshalb nicht, weil die Statuierung eines gesetzlichen Entschädigungsanspruchs in Gestalt eines von einem Schadensnachweis unabhängigen Pauschalersatzes mit den Grundsätzen des österreichischen Schadenersatzrechts in Konflikt geriete (der Konventionalstrafe des § 1336 ABGB liegt ja eine vertragliche Vereinbarung zugrunde).

c) Die Richtlinie enthält in ihrem Artikel 4 Regelungen über den Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und öffentlichen Stellen, die von jenen über den Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen inhaltlich abweichen. Hinsichtlich dieser Sonderbestimmungen für Rechtsgeschäfte mit Beteiligung öffentlicher Stellen war ursprünglich deren innerstaatliche Umsetzung im Rahmen des Zahlungsverzugsgesetzes vorgesehen; demgemäß enthielt der Ministerialentwurf für dieses Gesetz entsprechende Bestimmungen, wie etwa die Sonderregelung zu Vereinbarungen über Zahlungsfrist und Rechnungseingang bei öffentlichen Auftraggebern in einem neuen § 457 UGB. Darüber hinaus wurde in dem den neuen Abschnitt im UGB einleitenden § 455, der den Anwendungsbereich dieses Abschnitts regelt, ausdrücklich auch auf öffentliche Auftraggeber im Sinn des § 3 Abs. 1 und des § 164 BVergG 2006 Bezug genommen. Im Begutachtungsverfahren wurde allerdings in Frage gestellt, ob das Unternehmensgesetzbuch vor dem Hintergrund der verfassungsgesetzlichen Kompetenzordnung der richtige Regelungsort für Sonderbestimmungen für öffentliche Auftraggeber sein könne und ob im Besonderen für die Schaffung solcher Bestimmungen der allgemeine Gang der Bundesgesetzgebung ausreichend wäre. Es wurde nämlich geltend gemacht, dass solche dem Artikel 4 der Richtlinie entsprechende Sonderbestimmungen für öffentliche Auftraggeber dem Kompetenztatbestand des Artikel 14b B-VG zuzuordnen seien. Und tatsächlich ist davon auszugehen, dass etwa eine spezifische Bestimmung darüber, welche Zahlungsfrist ein öffentlicher Auftraggeber mit seinem Vertragspartner vereinbaren darf, unter die von der genannten Verfassungsbestimmung erfassten Angelegenheiten des öffentlichen Auftragswesens fällt. Aus diesem Grund wurden die Sonderbestimmungen für öffentliche Auftraggeber aus dem Entwurf des Zahlungsverzugsgesetzes herausgelöst und wurde auf interministerieller Ebene vorgesehen, dass die spezifischen Richtlinienregelungen für öffentliche Stellen gesondert in einer Novelle zum Bundesvergabegesetz 2006 umgesetzt werden.

Freilich sind öffentliche Stellen bzw. öffentliche Auftraggeber auch Unternehmer im Sinn der Richtlinie, weshalb für sie auch das übrige Regulativ der Richtlinie (außerhalb der erwähnten Sonderbestimmungen) zum Tragen kommt. Soweit es in der Richtlinie keine Verschiedenbehandlung von öffentlichen Auftraggebern und anderen Unternehmern gibt, reichen für die Umsetzung auch hinsichtlich der öffentlichen Auftraggeber die konzipierten Ergänzungen des Unternehmensgesetzbuchs aus, zumal auch nach österreichischem Recht die öffentlichen Auftraggeber Unternehmereigenschaft haben. Wenn im neuen Achten Abschnitt des Vierten Buchs des Unternehmensgesetzbuchs Regelungen für Unternehmer getroffen werden, sind deshalb davon eo ipso auch die öffentlichen Auftraggeber erfasst, ohne dass dies in der einleitenden Bestimmung über den Anwendungsbereich explizit angeordnet werden müsste. Deshalb spricht der modifizierte § 455 UGB auch nur mehr von Rechtsgeschäften zwischen Unternehmern, ohne die öffentlichen Auftraggeber ausdrücklich erwähnen zu müssen. Gegen die Miterfassung von öffentlichen Auftraggebern durch allgemein für Unternehmer geltende Bestimmungen, die nach dem für Zivilrechtsangelegenheiten gemäß Artikel 10 Abs. 1 Z 6 B-VG vorgesehenen Normgebungsverfahren (also ohne die Besonderheiten des Artikel 14b B-VG) geschaffen werden, gibt es jedenfalls keinen verfassungsrechtlichen Einwand.

 

2. Grob nachteilige Vereinbarungen

Für die schon in der Zahlungsverzugsrichtlinie des Jahres 2000 statuierte Anordnung über die Unwirksamkeit grob nachteiliger Vereinbarungen wurde keine eigene Umsetzungsbestimmung geschaffen. In den Erläuterungen zum Zinsenrechts-Änderungsgesetz wurde das damit begründet, dass diese Richtlinienbestimmung ohnedies weitgehend dem § 879 Abs. 3 ABGB entspreche; grob nachteilige Vereinbarungen außerhalb von allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern könnten nach § 879 Abs. 1 ABGB nichtig sein (vgl. näher RV ZinsRÄG 1167 BlgNR 21. GP 6, Punkt 3.b). Angesichts der nunmehrigen Konkretisierungen, die die neue Zahlungsverzugsrichtlinie in ihrem Artikel 7 zur groben Nachteiligkeit von Vertragsklauseln enthält, und angesichts der nunmehrigen Einbeziehung auch von „Praktiken“ kann die seinerzeitige Entscheidung über die Entbehrlichkeit einer eigenen Umsetzungsbestimmung freilich nicht mehr aufrecht erhalten werden. Deshalb wurde dazu nun in § 459 UGB eine spezifische Umsetzungsbestimmung geschaffen. Darin wird in durchaus bewusster Abgrenzung von § 879 Abs. 3 ABGB daran angeknüpft, dass eine Vertragsbestimmung oder Geschäftspraktik „grob nachteilig“ (und nicht etwa „gröblich benachteiligend“) ist. Einerseits gilt nämlich § 459 UGB nicht nur für solche Vertragsbestimmungen, die in AGB oder Vertragsformblättern enthalten sind, sondern auch für Vertragsbestimmungen in Einzelverträgen, und andererseits werden nun in Artikel 7 der neuen Richtlinie recht spezifische Kriterien für die Beurteilung der groben Nachteiligkeit von Vertragsklauseln über Zahlungsbedingungen und Verzugsfolgen vorgegeben, die auch in ähnlicher Konkretisierung ins innerstaatliche Recht übernommen werden müssen, sodass ein bloßer Verweis auf die allgemeine Regelung des § 879 Abs. 3 ABGB dazu nicht mehr genügen kann.

 

3. Richtlinienregelungen, die – nach wie vor oder nunmehr – keiner gesonderten Umsetzung bedürfen

In einigen anderen Fragen können die bei der österreichischen Umsetzung der früheren Zahlungsverzugsrichtlinie angestellten Überlegungen zur Eingrenzung des damaligen Gesetzesvorhabens uneingeschränkt übernommen und für die nunmehrige Umsetzungsaufgabe nutzbar gemacht werden.

Dies gilt zum einen für das Unterbleiben der innerstaatlichen Statuierung einer (30-tägigen) Zahlungsfrist, wie dies sowohl nach der alten als auch nach der neuen Richtlinie möglich wäre. Dazu sei auf die damaligen Ausführungen über die in § 1334 ABGB aufgenommene Wendung „ohne unnötigen Aufschub“ (RV ZinsRÄG 1167 BlgNR 21. GP 6, Punkt 3.a) verwiesen; darauf wird übrigens im Kontext der nun vorgeschlagenen neuen Bestimmung über die Rechtzeitigkeit einer Zahlung im Überweisungsverkehr noch zurückzukommen sein. Zum anderen trifft dies auch auf die damaligen Hinweise zur Entbehrlichkeit einer Umsetzungsregelung zur Richtlinienbestimmung zum Eigentumsvorbehalt sowie zur Richtlinienbestimmung über die Titelschaffung binnen 90 Tagen (RV ZinsRÄG 1167 BlgNR 21. GP 7, Punkte 3.c und 3.d) zu; wie damals bedarf es auch heute keiner gesonderten innerstaatlichen Gesetzgebungsschritte zu den Artikeln 9 und 10 der neuen Zahlungsverzugsrichtlinie.

Die Richtlinienregelungen, wonach der Anspruch auf Verzugszinsen keine Mahnung zur Voraussetzung hat, bedürfen im österreichischen Recht im Hinblick auf den zur Transposition der früheren Zahlungsverzugsrichtlinie neu gefassten § 1334 ABGB nunmehr keiner gesonderten Umsetzungsmaßnahme.

 

F. Entwurfbestimmungen außerhalb eines Umsetzungserfordernisses

1. Rechtzeitigkeit einer Banküberweisung

Gemäß § 905 Abs. 2 ABGB hat bei Geldschulden der Schuldner die Geldzahlung im Zweifel auf seine Gefahr und Kosten dem Gläubiger an dessen Wohnsitz oder Niederlassung zu übermachen. Daraus leiten Doktrin und Judikatur eine Qualifikation von Geldschulden als sogenannte „qualifizierte Schickschulden“ ab: Die Gefahr- und Kostentragung für das „Übermachen“ geht zwar zu Lasten des Schuldners, Erfüllungsort bleibt jedoch weiterhin der Wohnsitz des Schuldners. Daraus wurde weiters gefolgert, dass Geldzahlungen, die durch Banküberweisung vorgenommen werden, bereits dann als rechtzeitig gelten, wenn der Schuldner seinem Bankinstitut fristgerecht den Überweisungsauftrag erteilt, dies unter der Voraussetzung, dass für die Durchführung des Überweisungsauftrags Deckung auf dem Konto des Schuldners besteht (3 Ob 86/84 EvBl 1985/27 = JBl 1986, 42 = SZ 57/160; 7 Ob 44/86 SZ 59/188 = RdW 1987, 231; 6 Ob 513/92 ecolex 1992, 696 = RdW 1992, 374; 6 Ob 218/09s ÖBA 2010/1628 = immolex 2010/88; ua; aus dem Schrifttum etwa Reischauer in Rummel, ABGB3 § 905 Rz 16).

Unvereinbar mit diesem bisher einhelligen österreichischen Meinungsstand hat der EuGH allerdings in einem Vorabentscheidungsverfahren zur früheren Zahlungsverzugsrichtlinie eine andere Auffassung zur Rechtzeitigkeit von Zahlungen im Überweisungsverkehr vertreten. In seinem Urteil vom 3.4.2008, C‑306/06, 01051 Telecom/Deutsche Telekom, Slg 2008, I-1923 = Zak 2008/238 = ÖBA 2008/29 (EuGH), hat er ausgesprochen, dass für die Beurteilung der Rechtzeitigkeit einer solchen Banküberweisung auf den Zeitpunkt abzustellen sei, zu dem der Geldbetrag auf dem Konto des Gläubigers gutgeschrieben ist. Für den Geltungsbereich der (bisherigen ebenso wie der neuen) Zahlungsverzugsrichtlinie wäre dieses europäische Erkenntnis von den österreichischen Gerichten auch ohne eine gesetzliche Neuregelung zu beachten, zumal eine Gesetzesbestimmung zu dieser Frage in der österreichischen Rechtsordnung bislang nicht existiert. Insofern wäre es grundsätzlich vertretbar, die Frage der Rechtzeitigkeit von Zahlungen im bargeldlosen Überweisungsverkehr auch weiterhin auf der Ebene des Gesetzesrechts ungeregelt zu lassen und sie damit der Lösung durch die Judikatur anheimzustellen. Es ist aber zweckmäßig, diese Frage durch eine explizite, dem genannten EuGH-Erkenntnis entsprechende Gesetzesbestimmung zu beantworten (so auch etwa Hawel, Rechtzeitigkeit von Banküberweisungen, RdW 2009, 189; Neumayer, Die Rechtzeitigkeit der Zahlung im bargeldlosen Überweisungsverkehr – Ein Überblick, Zak 2010, 31; ua). Und dabei ist es sachlich gerechtfertigt, eine solche klarstellende Bestimmung nicht nur eingeschränkt auf den unternehmerischen Geschäftsverkehr (dies entspräche dem Anwendungskreis der Zahlungsverzugsrichtlinie) zu schaffen, sondern ganz allgemein für sämtliche Rechtsverhältnisse, bei denen ein Teil eine Geldzahlung schuldet. Es spricht nichts dagegen, eine solche Gesetzesregelung auch für den nichtunternehmerischen Bereich vorzusehen. Es scheint doch auch in dieser Rechtssphäre sachgerecht, dass der Gläubiger spätestens am Ende der für die Zahlung bereits im Vorhinein vorgesehenen Zeitspanne durch Gutschrift und Wertstellung auf seinem Konto über den fraglichen Geldbetrag verfügen kann. Und auch unter Berücksichtigung der Interessen des Schuldners ist eine solche Regel jedenfalls seit dem Inkrafttreten des Zahlungsdienstegesetzes mit seinen Anordnungen über die hinsichtlich des Zeitablaufs bestehenden Pflichten von Zahlungsdienstleistern bei der Durchführung solcher Geldüberweisungen angemessen, weil dadurch für den Schuldner kalkulierbar wurde, wann er den Zahlungsauftrag bei seinem Bankinstitut einzureichen hat, damit der Betrag dem Gläubiger rechtzeitig gutgeschrieben wird. (An dieser Stelle ist anzumerken, dass diese Überlegungen grundsätzlich auch für das Unternehmer-Verbraucher-Verhältnis Gültigkeit haben. Doch wurden in einer späteren Phase der Gesetzesvorbereitung für diesen Bereich von Verbraucherschutzseite Bedenken dahin geäußert, dass eine nicht differenzierende Lösung in Einzelfragen zu einer Verschlechterung der Rechtsposition des Verbrauchers führen könne. Um diese Bedenken vollständig auszuräumen, wird hinsichtlich der Rechtzeitigkeit von Banküberweisungen im Unternehmer-Verbraucher-Verhältnis eine Sonderregelung getroffen).

In einem ersten Stadium der Entwurfarbeiten war demgemäß vorgesehen, in einem neu eingefügten § 1418a ABGB anzuordnen, dass für die Rechtzeitigkeit einer Geldzahlung durch Banküberweisung die Gutschrift und Wertstellung des geschuldeten Betrags auf dem Konto des Gläubigers maßgeblich sei. Diese Regelung hätte sich also ausschließlich mit der Rechtzeitigkeit von Geldzahlungen im bargeldlosen Zahlungsverkehr befasst und sonstige Fragen der Geldschuld unberührt gelassen.

Im Weiteren wurden jedoch vertiefende Überlegungen zu diesem Regelungsvorhaben angestellt und dazu auch Rechtslehrer aus allen rechtswissenschaftlichen Fakultäten Österreichs beigezogen. Von diesen – namentlich ist hier Peter Bydlinski als Impulsgeber zu nennen – wurde der Vorschlag erstattet, dass sich der Gesetzgeber nicht nur auf das durch das erwähnte EuGH-Erkenntnis unmittelbar hervorgerufene Regelungsbedürfnis allein konzentrieren und sich nicht darauf beschränken solle, diesem Rechtsetzungsbedarf mit einem erweiterten Anwendungskreis Rechnung zu tragen. Die Wissenschafter meinten, es wäre durchaus angebracht und verdienstvoll, stattdessen einen etwas weiteren Ansatz zu wählen und die derzeit im Gesetzesrecht nur rudimentär behandelten und in der Doktrin nicht einheitlich beantworteten Fragen der Geldschuld in umfassenderer Weise zu regeln. Eine solche Neuregelung sei primär im allgemeinen Vertragsrecht zu platzieren; dabei müssten die Bestimmungen über den Ort, die Zeit und die Art der Erfüllung einer Geldschuld neu gefasst werden; ergänzend wären im Hauptstück über die Tilgung der Verbindlichkeiten entsprechende Verweise anzubringen, um die Neuerungen auch für gesetzliche Schuldverhältnisse anwendbar zu machen.

Diese weiter greifenden Vorschläge wurden in einer rechtswissenschaftlichen Expertenrunde diskutiert und schließlich im Entwurftext aufgegriffen. Systematisch wurde dazu in den Gesetzesbestimmungen der §§ 902 ff. ABGB über Zeit, Ort und Art der Erfüllung eine Umgruppierung dahin vorgenommen, dass nun sämtliche die Geldschuld betreffenden Regelungen am Ende dieser Normengruppe (also vor der Bestimmung des § 908 ABGB über das Angeld) konzentriert wurden. Die neue Zentralnorm für die Geldschuld im allgemeinen Vertragsrecht ist daher ein neu eingefügter § 907a ABGB; der bisherige § 905a über Geldschulden in ausländischer Währung wird diesem neuen Paragraphen als § 907b nachgestellt. Im neuen Kernparagraphen für die Geldschuld (also dem neuen § 907a) werden sämtliche Aspekte des allgemeinen Vertragsrechts über die Erfüllung einer Geldschuld zusammengefasst; im Besonderen wird die bisherige Anordnung des § 905 Abs. 2 ABGB über die „Übermachung“ einer Geldzahlung zur Gänze durch diese neue Bestimmung ersetzt. Die in § 905 Abs. 1 zweiter Satz ABGB unter anderem enthaltene Regelung über die Geldsorten ist heute entbehrlich und kann ersatzlos entfallen. Parallel zu diesen Neuerungen im allgemeinen Vertragsrecht werden im 3. Hauptstück des Dritten Teils, also bei den Bestimmungen über die Aufhebung der Rechte und Verbindlichkeiten, korrespondierende Verweisungsbestimmungen geschaffen, durch die gewährleistet wird, dass die im allgemeinen Vertragsrecht angesiedelten Neuerungen auch für Geldschulden zum Tragen kommen, die nicht auf einem Vertragsverhältnis beruhen.

Näheres zu all dem in den Ausführungen des Besonderen Teils zu den ABGB-Änderungen, insbesondere zu § 907a.

 

2. Sonstiges

a) Wie schon bei Umsetzung der früheren Zahlungsverzugsrichtlinie ist auch nun die Zinsenregelung in § 49a ASGG an die entsprechende Umsetzungsregelung zur Richtlinie anzupassen (Artikel 3 des Gesetzesvorschlags).

Wenn im neuen Achten Abschnitt des Vierten Buchs des UGB eine neue Verbandsklagenbestimmung geschaffen wird (§ 460), hat die frühere Regelung in Artikel V des ZinsRÄG ausgedient und kann aufgehoben werden.

Um unerwünschte soziale Folgen des neuen § 907a ABGB im Bereich des Mietrechts zu vermeiden, muss im Mietrechtsgesetz die Zweifelsregel über die Fälligkeit des Mietzinses modifiziert werden, indem der gesetzliche Fälligkeitstermin an eine vergleichbare Regelung im Wohnungseigentumsrecht angepasst wird.

Die Erlassung des Zahlungsverzugsgesetzes wird zum Anlass genommen, eine andere zivilrechtliche Vorschrift mit Wurzeln im Unionsrecht, nämlich das Verbraucherkreditgesetz, an eine geringfügige Änderung des zugrunde liegenden Unionsrechtsakts (nämlich der Verbraucherkreditrichtlinie) anzupassen.

Im Konsumentenschutzgesetz werden flankierende Regelungen vorgesehen, um allenfalls mögliche nachteilige Folgen für Konsumenten aus der Neukonstruktion der Geldschuld hintanzuhalten.

b) Außerhalb der im Zahlungsverzugsgesetz zusammengefassten Gesetzesänderungen sind zur vollständigen und gleichzeitig auch ausgewogenen Umsetzung der Zahlungsverzugsrichtlinie noch zwei weitere Novellierungsschritte erforderlich, die allerdings in gesonderten Gesetzesinitiativen an das Parlament herangetragen werden sollen. Zum einen ist damit die oben zu Punkt E.1.c erwähnte Änderung des Bundesvergabegesetzes 2006 durch Aufnahme der Sonderbestimmungen für öffentliche Auftraggeber angesprochen. Zum anderen sind flankierend Sonderregelungen im Versicherungsvertragsgesetz notwendig, weil dort ein Verzug mit der Zahlung der Prämie neben sonstigen Verzugsfolgen die Leistungsfreiheit des Versicherers zur Folge haben kann. Diese Besonderheit rechtfertigt es, in diesem Rechtsbereich eine von der neuen allgemeinen Regelung des § 907a ABGB abweichende Sonderbestimmung vorzusehen. Dies wird im Rahmen des Versicherungsrechts-Änderungsgesetzes 2013 geschehen, das derzeit in parlamentarischer Behandlung steht.

 

G. Alternativen

Dazu sei – zwecks Vermeidung von Wiederholungen – auf die Bemerkungen im Vorblatt verwiesen.

 

H. Rahmenbedingungen der Rechtsetzung und Auswirkungen des Vorhabens

Zu diesen Fragenkreisen sei – zwecks Vermeidung von Wiederholungen – auf die Bemerkungen im Vorblatt verwiesen.

 

I. Kompetenzgrundlage

Die Kompetenz des Bundes zur Erlassung dieses Bundesgesetzes gründet sich auf Art. 10 Abs. 1 Z 6 B-VG (Zivilrechtswesen).


Besonderer Teil

 

Zu Artikel 1 (Änderung des ABGB)

Zu Z 1 (Änderung von § 905)

Da nun alle Regelungen zur Geldschuld im neuen § 907a (und dem inhaltlich unveränderten bisherigen § 905a, der nur hinter den neuen § 907a verschoben wird) zusammengefasst werden, ist § 905 um solche Regelungen zu entlasten, die sich auf die Geldschuld beziehen. Das betrifft in erster Linie den bisherigen § 905 Abs. 2 über die „Übermachung“ von Geldzahlungen, aber auch die Erwähnung der Geldsorten in § 905 Abs. 1 zweiter Satz.

 

Zu Z 2 und 3 (Verschiebung des bisherigen § 905a; Vorrücken des bisherigen § 905b)

Da die Regelungen zur Geldschuld nun schwerpunktmäßig im neuen § 907a zusammengefasst werden, muss zur Wahrung eines systematischen Zusammenhangs der bisherige § 905a über die Zahlung von in ausländischer Währung ausgedrückten Geldschulden im Inland in den Regelungskontext mit dieser neuen Zentralnorm zur Geldschuld gestellt werden. Zu diesem Zweck wird diese Gesetzesbestimmung hinter den neuen § 907a verschoben (somit als neuer § 907b); der bisherige § 905b rückt damit an die frei werdende Stelle des § 905a vor.

 

Zu Z 4 (neuer § 907a)

A. Zu den Veränderungen dieser Bestimmung gegenüber dem Ministerialentwurf

1. Grundsätzliches

Der Erstellung des Ministerialentwurfs waren eingehende Überlegungen und Beratungen – auch mit namhaften Vertretern der Lehre – über die Ausgestaltung der neuen gesetzlichen Regelung über die Geldschuld vorangegangen. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse waren die Basis für die Konzeption des § 907a, auf die im Rahmen dieses Gesetzentwurfs besonderes Augenmerk gerichtet wurde. Es war also schon der Ministerialentwurf von dem Bemühen getragen, eine ausgewogene, grundsätzlich für alle Konstellationen adäquate und sorgfältig formulierte Gesetzesbestimmung zu den Fragen der Geldschuld vorzubereiten.

Dennoch gaben das Begutachtungsverfahren (in dem sehr substantielle Äußerungen erstattet wurden), die zum Ministerialentwurf publizierten literarischen Beiträge, von Rechtswissenschaftern direkt gegenüber dem Bundesministerium für Justiz abgegebene Stellungnahmen sowie die im Weiteren geführten Gespräche in einem einberufenen Arbeitskreis etliche Impulse für ein nochmaliges Überdenken und eine nochmalige Überarbeitung des § 907a. Die vorgenommenen Änderungen betrafen durchaus noch grundlegende Fragen des gesamten Regelungskonzepts, nämlich den Erfüllungsort (und damit zugleich die Qualifikation der Geldschuld im Schema Hol-, Schick- oder Bringschuld), die Art der Erfüllung und damit zusammenhängend die Frage, ob diesbezügliche Dispositionsmöglichkeiten dem Gläubiger oder dem Schuldner zukommen, und weiters die Frage, welches Ereignis bei nicht im Voraus bestimmter Fälligkeit für die Rechtzeitigkeit der Erfüllung maßgebend ist und welche Fristen der Schuldner dabei zu wahren hat. Und schließlich wurde auch die Abgrenzung zwischen den beiden grundsätzlich zu unterscheidenden Fallkonstellationen der im Vorhinein terminlich feststehenden Fälligkeit einerseits und des erst durch einen hinzutretenden Umstand ausgelösten Fälligkeitstermins andererseits neu formuliert, weil es dazu im Begutachtungsverfahren und den nachfolgenden Beratungen gewisse Missverständnisse gegeben hatte.

 

2. Erfüllungsort beim Gläubiger; Bringschuld statt Hol- oder Schickschuld; Art der Erfüllung

a) Im Ministerialentwurf war als dispositive Grundregel vorgesehen, dass eine Geldschuld durch Barzahlung an dem nach § 905 Abs. 1 maßgeblichen Ort zu erfüllen sei. Durch den Verweis auf § 905 Abs. 1 sollte zum Ausdruck gebracht werden, dass Erfüllungsort auch bei der Geldschuld der Wohnsitz oder die Niederlassung des Schuldners sei und dass es sich bei der Geldschuld grundsätzlich – nämlich bei der primär geregelten Erfüllungsart der Barzahlung – um eine Holschuld des Gläubigers handle. Ergänzend räumte der Ministerialentwurf allerdings dem Gläubiger ein Gestaltungsrecht dahin ein, dass dieser vom Schuldner die Erfüllung der Geldschuld durch Banküberweisung verlangen könne, und zwar bereits von Gesetzes wegen, also auch ohne entsprechende vertragliche Vereinbarung. Wenn der Gläubiger in Ausübung dieses Gestaltungsrechts Banküberweisung verlange, bleibe – so die Erläuterungen dazu – weiterhin der Wohnsitz oder die Niederlassung des Schuldners Erfüllungsort; die Geldschuld habe dann den Charakter einer „qualifizierten Schickschuld“, wie dies nach bisherigem Recht auch allgemeines Verständnis gewesen sei.

Im Begutachtungsverfahren sowie in der rechtswissenschaftlichen Publikation von Schauer/Aichberger-Beig wurde allerdings eine Inkonsistenz darin gesehen, dass nach dem Ministerialentwurf Geldschulden zwar prinzipiell als Holschuld qualifiziert würden, diese aber vom Gläubiger nach dessen Gutdünken in eine „Quasi-Bringschuld“ umgewandelt werden könnten. Und tatsächlich wäre es kritisch zu sehen, wenn der Gläubiger durch ein ihm wie im Ministerialentwurf eingeräumtes Gestaltungsrecht dem Schuldner die Pflicht aufbürden könnte, seine Leistung nicht mehr direkt, sondern unter Einbindung von Dritten (nämlich eines Bankinstituts als ihm zurechenbaren Gehilfen) auf seine Gefahr in Form einer Anweisung erfüllen zu müssen. Eine solche Konsequenz stünde auch in einem gewissen Spannungsfeld zum Grundgedanken der Gehilfenhaftung, wonach einem Schuldner das Verhalten seiner Gehilfen deshalb zugerechnet wird, weil ihm auf der anderen Seite der Vorteil eines erweiterten Handlungsspielraums zukommt. Im Regelungskontext des § 907a Abs. 1 könnte allerdings von einer Erweiterung des Handlungsspielraums zu Gunsten des Schuldners dadurch, dass der Gläubiger Banküberweisung verlangt, keine Rede sein. Gegen das im Ministerialentwurf gewählte Konzept zur Erfüllungsart und Erfüllungsmodalität richteten sich aber noch weitere Einwände. Zum einen wurde darauf hingewiesen, dass der Gläubiger durch Bekanntgabe einer „exotischen“ Bankverbindung etwa im fernen Ausland dem Schuldner erhebliche Nachteile zufügen könne. Die Pflicht, eine Banküberweisung auf ein solches Konto zu bewerkstelligen, könnte dem Schuldner zusätzliche Mühe und einen beträchtlichen Kostenaufwand verursachen und wäre überdies potenziell mit einem höheren Verlust- oder Verzögerungsrisiko zu Lasten des Schuldners verbunden. Auf der anderen Seite wurde auch eine mögliche Erschwernis des Gläubigers geltend gemacht, nämlich die allenfalls bestehende Notwendigkeit, bei bereits existenten Verträgen allen Schuldnern eine Aufforderung zur Banküberweisung zu übermitteln, was vor allem für große Unternehmen mit laufenden Geschäftsverbindungen zu vielen Kunden mit hohem Aufwand verbunden wäre. Problematisch sei auch die nicht begrenzte Dauer des Wahlrechts, weil der Gläubiger bei einer erst sehr späten Wahl dem Schuldner die Möglichkeit einer rechtzeitigen Erfüllung nehmen könne. Zudem hätte es der Geldgläubiger im Fall einer Zug-um-Zug-Erfüllung an der Hand, die Fälligkeit seiner Gegenleistung durch die Wahl der Banküberweisung einseitig hinauszuschieben. Weiters sei auch die Frage der Tragung der Kosten für die vom Gläubiger verlangte Banküberweisung in der vorgeschlagenen Bestimmung nicht geregelt. Von mehreren Stellen wurde schließlich angemerkt, dass die gesamte Konzeption inhaltlich eigentlich einer Bringschuld gleichkomme, zumal der Schuldner die Gefahr für die Verzögerung und den Verlust des Geldbetrags zu tragen habe. Es sei daher fraglich, warum als Grundfall überhaupt die Holschuld vorgesehen sei. Damit passe es nämlich nicht zusammen, dass der Gläubiger durch sein Überweisungsverlangen dem Schuldner einseitig das Transportrisiko aufbürden könne und der Schuldner zudem die Leistungshandlung früher setzen müsse. Demgegenüber wäre die gesetzliche Statuierung einer Bringschuld zu bevorzugen, wofür es auch zahlreiche Beispiele in anderen Rechtsordnungen gebe.

b) All diese Argumente und Hinweise gaben den Ausschlag dafür, noch einen kleinen Schritt weiter zu gehen als mit dem Ministerialentwurf und die Geldschuld nun definitiv als Bringschuld auszugestalten, indem nun explizit der Wohnsitz oder die Niederlassung des Gläubigers als Erfüllungsort bestimmt wird. Jedenfalls für die Erfüllungsmodalität der Banküberweisung ist diese Konzeption die konsequente Entsprechung zu der in § 907a Abs. 2 letzter Satz getroffenen Anordnung, wonach der Geldschuldner grundsätzlich sowohl die Verlust- als auch die Verzögerungsgefahr zu tragen hat. Die Entscheidung für das Bringschuldkonzept entspringt somit dem Bemühen um systematische Geschlossenheit und leitet sich als solche nicht unmittelbar aus dem Regulativ der Zahlungsverzugsrichtlinie ab (zumal die Richtlinie – worauf literarische Stimmen in Deutschland zutreffend hinweisen [Schwab, Geldschulden als Bringschulden? NJW 2011, 2833; Heyers, Rechtsnatur der Geldschuld und Überweisung – welche Konsequenzen sind aus der Rechtsprechung des EuGH für das nationale Recht zu ziehen? JZ 2012, 398] – nicht zwingend eine Ausrichtung nach diesem Konzept erfordert).

c) Damit weicht zwar § 907a Abs. 1 von der allgemeinen Grundregel des § 905 Abs. 1 ab, wonach Erfüllungsort der Wohnsitz oder die Niederlassung des Schuldners ist, doch ist diese Abweichung wegen der eigenständigen Qualität von Geldschulden im Vergleich zu Sachleistungen durchaus gerechtfertigt. Auch darf nicht übersehen werden, dass schon das bisherige Recht in § 905 Abs. 2 die „Übermachung“ des Geldbetrags an den Wohnsitz oder die Niederlassung des Gläubigers vorgesehen hatte. Und es kommt nun im neu gestalteten Regelungsgefüge des § 907a Entscheidendes hinzu: Die den Schuldner in der Tendenz geringfügig belastendere Ausformung als Bringschuld wird zu Gunsten des Schuldners mehr als ausgeglichen dadurch, dass nach dem nun modifizierten § 907a Abs. 1 das Wahlrecht hinsichtlich der Erfüllungsmodalität nicht mehr beim Gläubiger, sondern beim Schuldner liegt. Im Lichte des Begutachtungsverfahrens war nämlich die im Ministerialentwurf getroffene Entscheidung, dem Gläubiger ein Wahlrecht hinsichtlich der Erfüllungsmodalität zu geben, doch zu revidieren. Es ist ja der Schuldner, der durch die Verbindlichkeit belastet ist. Daher soll es auch – selbstredend immer vorbehaltlich vertraglicher Vereinbarung – in der Disposition des Schuldners liegen, auf welche Weise er seine Verbindlichkeit erfüllt. In diese Richtung wurde die Regelung nun verändert. Der Schuldner kann also entscheiden, ob er den Geldbetrag dem Gläubiger an dessen Ort persönlich übergibt, ob er ihn durch einen Boten oder ein Geldtransferunternehmen an den Gläubiger übermitteln lässt (dies ist ein letztlich im Gesetzestext nicht mehr gesondert erwähnter Sonderfall der „Übergabe“) oder ob er den Geldbetrag auf ein vom Gläubiger bekanntgegebenes Bankkonto überweist. Zu diesen Möglichkeiten der Erfüllung wird später ergänzend noch Erläuterndes zu sagen sein. Hier sei nur nochmals herausgestrichen, dass in der Veränderung der Person des Dispositionsbefugten hinsichtlich der Modalität eine deutliche Verbesserung der schuldnerischen Rechtsposition zu sehen ist. An dieser Stelle sei der Vollständigkeit halber erwähnt, dass in zwei praktisch sehr wichtigen Rechtsbereichen, nämlich im Mietrecht und im Konsumentenschutzrecht, angeordnet wird, dass der Geldgläubiger (also der Vermieter oder der Unternehmer) dem Schuldner ein verkehrsübliches Bankkonto bekanntzugeben hat und dadurch dem Schuldner die Möglichkeit der Banküberweisung jedenfalls offen steht.

d) Weiterhin ist es freilich notwendig und sinnvoll, die Banküberweisung als praktisch bedeutsamste Zahlungsform ausdrücklich zu regeln und klarzustellen, dass die Überweisung auf ein vom Gläubiger bekanntgegebenes Konto auch als Erfüllung gilt. Und es ist auch erforderlich, im Gesetz den Erfüllungsort explizit zu bestimmen, und zwar unabhängig davon, welche Art der Erfüllung der Schuldner wählt. Aus welchen Gründen als Erfüllungsort für eine Geldschuld der Wohnsitz oder die Niederlassung des Gläubigers festgelegt wird, wurde oben ja bereits dargelegt.

 

3. Abgrenzung zwischen bestimmtem und nicht bestimmtem Fälligkeitstermin

Schon in der zur Begutachtung ausgesendeten Entwurffassung befasste sich der zweite Absatz des § 907a mit der Erfüllung der Geldschuld durch Banküberweisung und unterschied dabei zwei Sachkonstellationen je nach dem, ob die Fälligkeit der Geldschuld bereits im Vorhinein bestimmt ist oder nicht. Im Ministerialentwurf wurde die Abgrenzung zwischen diesen beiden Varianten damit formuliert, ob die Fälligkeit „anderweitig bestimmt“ ist. Im Begutachtungsverfahren zeigte sich, dass diese Abgrenzung nicht ausreichend scharf war und zu Missverständnissen führte. So wurde beispielsweise erwogen, ob eine solche „Bestimmung“ der Fälligkeit nicht etwa schon darin gelegen sein könne, dass entweder nach den vertraglichen Vereinbarungen die Fälligkeit bei Rechnungsstellung eintreten solle, oder ob nicht überhaupt generell schon in der Gesetzesbestimmung des § 1334 ABGB mit seinen Hinweisen beispielsweise auf die Zahlungsaufforderung eine Bestimmung der Fälligkeit zu erblicken sei, zumal diese Regelung – ebenso wie etwa §§ 1062, 1154 oder 1170 ABGB – in den Gesetzesmaterialien als „gesetzliche Fälligkeitstermine“ bezeichnet worden war (RV ZinsRÄG 1167 BlgNR 21. GP 14). Dies war mit der Formulierung des Ministerialentwurfs freilich nicht gemeint und wäre auch keine sinnvolle Grenzlinie zwischen den beiden Anordnungen über die Rechtzeitigkeit der Erfüllung. Vielmehr geht es darum, ob ein konkreter, also datumsmäßig bestimmter Fälligkeitstermin (z.B. „am 31. März 2013“, „am Fünften eines jeden Monats“) entweder durch vertragliche Abrede oder durch gesetzliche Anordnung festgelegt ist oder ob sich ein terminlich konkretisierter Zahlungstag erst aus einem nach Begründung des Schuldverhältnisses hinzutretenden Umstand, wie eben etwa der Zahlungsaufforderung oder der Bekanntgabe der Höhe des geschuldeten Betrags durch den Gläubiger, ergibt. Gerade in dieser Frage muss der Gesetzgeber freilich um weitestgehende Klarheit bemüht sein, weil ja die beiden voneinander zu unterscheidenden Konstellationen ganz verschiedene Rechtsfolgen dafür haben, welche Erfüllungshandlungen der Geldschuldner bis zu welchem Zeitpunkt erbracht haben muss. Deshalb wurde diese Abgrenzung in § 907a Abs. 2 zweiter Satz gänzlich neu und nunmehr eindeutig formuliert.

 

4. Pflicht des Schuldners bei nachträglich konkretisiertem Fälligkeitstermin

Verändert wurde gegenüber dem Ministerialentwurf schließlich die Regelung in § 907a Abs. 2 zweiter Satz für den Fall, dass der Fälligkeitstermin nicht schon im Vorhinein bestimmt ist. Im Ministerialentwurf war für diesen Fall vorgesehen, dass der Schuldner den geschuldeten Betrag binnen zehn Tagen ab dem die Fälligkeit auslösenden Umstand dem Gläubiger auf dessen Konto zur Verfügung zu stellen habe. Im Begutachtungsverfahren wurden freilich etliche Probleme im Zusammenhang mit der Statuierung einer solchen zehntägigen Leistungsfrist aufgezeigt, ohne dass dies hier im Einzelnen wiedergegeben werden müsste. Deshalb wurde die in diesem Fall den Schuldner treffende Handlungspflicht nun doch anders gestaltet, indem anstelle einer nach Tagen festgelegten Frist zur Bewirkung des Leistungserfolgs (nämlich der Wertstellung auf dem Gläubigerkonto) nun doch nur – entsprechend dem bisherigen Meinungsstand – auf die Erfüllungshandlung abgestellt, der Schuldner also nur zur unverzüglichen Erteilung des Überweisungsauftrags verpflichtet wird. Dass dieser Pflicht nur bei entsprechender Deckung auf dem Schuldnerkonto entsprochen ist, wie dies schon bisher herrschende Meinung war, braucht im Gesetz nicht ausdrücklich gesagt zu werden. Mit dem Unverzüglichkeitsgebot des § 907a Abs. 2 ABGB ist auch die Einhaltung der in der Richtlinie vorgegebenen 30-Tages-Frist bis zur Wertstellung auf dem Gläubigerkonto gewährleistet, ohne dass es dazu einer eigenen Gesetzesbestimmung bedürfte. Im Hinblick auf die schon bisher übliche und nun durch das Zahlungsdienstegesetz noch verkürzte Überweisungsdauer kann nämlich bei unverzüglicher Erteilung des Überweisungsauftrags jedenfalls damit gerechnet werden, dass die dreißigtägige Wertstellungsfrist – zumeist noch mit großen „Zeitpolster“ – gewahrt wird).

 

B. Zum neuen § 907a im Einzelnen

1. Im neuen § 907a werden nun zusammengefasst die Regelungen über Zeit, Ort und Art der Erfüllung einer aus einem Vertragsverhältnis herrührenden Geldschuld getroffen. Abs. 1 der Gesetzesbestimmung behandelt einerseits den Erfüllungsort und andererseits die dem Schuldner offenstehenden Modalitäten der Erfüllung. Überdies wird die Regelung des § 905 Abs. 2 zweiter Satz über die Folgen von „Ortsänderungen“ auf Gläubigerseite mit erweitertem Inhalt übernommen. Abs. 2 befasst sich für die Erfüllungsmodalität der Banküberweisung mit der Frage der Erfüllungszeit, also der Fälligkeit, und trifft in seinem letzten Satz eine Anordnung über das Verzögerungs- und das Verlustrisiko bei dieser Art der Geldschulderfüllung. Es handelt sich dabei – wie bei allen Regelungen der §§ 902 ff. – um abdingbares Gesetzesrecht, dem vertragliche Vereinbarungen vorgehen.

2. a) Der erste Satz von Abs. 1 ordnet als dispositive Grundregel an, dass eine Geldschuld am Wohnsitz oder an der Niederlassung des Gläubigers zu erfüllen ist; siehe dazu die Ausführungen in Punkt A.2 zum Umstieg auf das Bringschuldkonzept. Zugleich werden die zwei hauptsächlich in Betracht kommenden Arten der Erfüllung angeführt, wobei durch die Formulierung klargestellt wird, dass die Wahl zwischen diesen beiden Möglichkeiten beim Geldschuldner liegt.

b) Zum einen wird – gleichsam als Archetypus der Erfüllungshandlung – die Übergabe des Geldbetrags an den Gläubiger, also die Barzahlung, genannt. Der Schuldner kann sich also dafür entscheiden, den Gläubiger an seinem Wohnsitz oder seiner Niederlassung aufzusuchen und ihm (oder einer Hilfsperson des Gläubigers) den geschuldeten Geldbetrag in die Hand zu drücken. Die Erfüllungsmöglichkeit durch Barzahlung ist vor allem bei Zug-um-Zug-Geschäften mit einem Leistungsaustausch an ein und demselben Ort praxisrelevant. Als weitere Erfüllungsmodalität kommt die Übermittlung an den Wohnsitz oder die Niederlassung des Gläubigers in Betracht; dies entspricht inhaltlich der altertümlichen „Übermachung“ des § 905 Abs. 2 erster Satz. Für die Übermittlung kann beispielsweise ein einschlägiges Geldtransferunternehmen herangezogen werden, das Bargeldtransfers durchführt. Eine weitere Möglichkeit des „Übermittelns“ ist der etwa von der Österreichischen Post angebotene Wertbrief. Abseits dieser kommerziellen Übermittlungsformen des heutigen Geschäftsverkehrs ist auch der klassische Bote, den der Schuldner mit dem Geldbetrag auf den Weg zum Gläubiger schickt, der Erfüllungsmodalität der Übermittlung zuzuordnen. Anders als noch in einer früheren Fassung des Gesetzentwurfs wird allerdings die Übermittlung des Geldbetrags im Gesetzestext nicht mehr explizit angeführt, weil es sich dabei ja nur um einen Sonderfall der Übergabe handelt: Ob der Schuldner dem Gläubiger den Geldbetrag selbst übergibt oder ihm durch einen Boten, durch die Post oder durch ein Transferunternehmen übergeben lässt, ist rechtlich einerlei.

c) Zum anderen wird in Abs. 1 erster Satz die Erfüllungsart der Banküberweisung auf ein Bankkonto des Gläubigers angeführt. Freilich setzt diese Art der Erfüllung faktisch voraus, dass dem Schuldner eine Bankverbindung des Gläubigers bekannt ist. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die schuldnerische Kenntnis von der Bankverbindung des Gläubigers auf einer ausdrücklichen Bekanntgabe durch den Gläubiger oder darauf beruht, dass der Gläubiger dieses Bankkonto etwa auf seinen Geschäftsdokumenten anführt. Freilich hat der Schuldner nach allgemeinem Zivilrecht keinen gesetzlichen Anspruch darauf, dass ihm der Gläubiger eine Bankverbindung nennt. Wenn der Gläubiger dies unterlässt, hat der Schuldner nur die Wahl zwischen Barzahlung und Übermittlung des Geldbetrags; insofern unterscheidet sich die neue Regelung nicht von der bisherigen Rechtslage des § 905 Abs. 2. Freilich kann der Gläubiger aufgrund einer spezifischen gesetzlichen Bestimmung oder aufgrund vertraglicher Vereinbarung dazu verpflichtet sein, eine Bankverbindung bekanntzugeben. So sieht der in diesem Gesetzentwurf modifizierte § 15 Abs. 3 MRG zur Verbesserung der Rechtsposition der Mieter eine solche Bekanntgabepflicht des Vermieters vor, dies ergänzt durch die Anordnung, dass es sich dabei um ein verkehrsübliches Bankkonto handeln muss. Eine ebensolche Verpflichtung wird in Abs. 1 des neuen § 6a KSchG statuiert, wonach für das Unternehmer-Verbraucher-Verhältnis angeordnet wird, dass der Unternehmer dem Verbraucher für die Erfüllung von dessen Geldschuld ein verkehrsübliches Bankkonto bekanntzugeben hat; diese Pflicht besteht allerdings dann nicht, wenn nach der Natur des Vertragsverhältnisses – wie etwa bei Zug um Zug zu erfüllenden Verträgen – Barzahlung verkehrsüblich ist.

d) Fraglich könnte sein, wie es in dieser im Gesetz angeführten Dualität an Erfüllungsmodalitäten zu qualifizieren ist, wenn der Schuldner eine Bankverbindung des Gläubigers kennt, den geschuldeten Betrag aber nicht durch Banküberweisung auf das Gläubigerkonto transferiert, sondern durch direkte Einzahlung auf dieses Konto beim Bankinstitut des Gläubigers. Ein solcher Vorgang ist keine Banküberweisung, sondern ist als eine Sonderform der „Übergabe“ des Geldbetrags zu verstehen. Vorbehaltlich gegenteiliger vertraglicher Vereinbarungen ist eine solche Art der Erfüllung durchaus zulässig.

e) Zu all diesen Bestimmungen sei betont, dass es sich dabei – wie bei allen Regelungen der §§ 902 ff. – um abdingbares Gesetzesrecht handelt, dem vertragliche Vereinbarungen vorgehen. Das gilt für alle Einzelfacetten des Abs. 1, sodass beispielsweise auch andere Erfüllungsarten als die darin genannten vereinbart werden können, wie beispielsweise Zahlung mittels Kreditkarte oder im Wege der Einziehung durch den Gläubiger. Im Gesetzestext muss der dispositive Charakter der Regelung nicht eigens zum Ausdruck gebracht werden, weil die gesetzlichen Bestimmungen zum allgemeinen Vertragsrecht ja regelmäßig nicht ius cogens sind.

3. Der zweite Satz von Abs. 1 übernimmt die vormals in § 905 Abs. 2 zweiter Satz angesiedelte Regelung über die mit einer nachträglichen Änderung des Gläubigersitzes bewirkte Erhöhung der Gefahr und der Kosten. Sie wird allerdings noch um den Fall einer Änderung der Bankverbindung erweitert, mit der ja ebenfalls ein zusätzliches Erschwernis einhergehen kann, wenn etwa der Gläubiger bei Vertragsabschluss eine Bankverbindung bei einem inländischen Geldinstitut zur Erfüllung der Verbindlichkeit bekanntgegeben hat, diese dann jedoch etwa auf die Cayman Islands verlegt.

4. Abs. 2 befasst sich sodann weitergehend mit der Erfüllung der Geldschuld durch Banküberweisung und widmet sich dabei – differenzierend je nach dem, ob der Fälligkeitstermin bereits im Vorhinein bestimmt ist oder nicht – der Frage, welcher Vorgang bzw. Zustand für die Beurteilung der Rechtzeitigkeit der Erfüllung maßgeblich ist; ergänzend wird eine klarstellende Abgrenzungsregelung im Zusammenhang mit der Frage getroffen, wer bei der Banküberweisung inwieweit das Verlust- und das Verzögerungsrisiko zu tragen hat. Alle diese Regelungen knüpfen daran an, dass der Schuldner die Geldverbindlichkeit durch Banküberweisung erfüllt. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Erfüllungsart der Banküberweisung bereits von vornherein vertraglich vereinbart war oder ob der Schuldner ohne solche Vereinbarung aufgrund seines bereits besprochenen Gestaltungsrechts nach Abs. 1 erster Satz im Nachhinein die Banküberweisung als Erfüllungsart wählt.

5. a) Im ersten Satz von Abs. 2 wird entsprechend dem (in Punkt F.1 des Allgemeinen Teils dieser Erläuterungen angesprochenen) EuGH-Urteil C‑306/06 angeordnet, dass der Schuldner bei Erfüllung durch Banküberweisung den Überweisungsauftrag so rechtzeitig zu erteilen hat, dass der Gläubiger bei Fälligkeit über den geschuldeten Betrag auf seinem Konto verfügen kann. Das bedeutet, dass der geschuldete Betrag spätestens zum Fälligkeitszeitpunkt auf dem Gläubigerkonto gutgeschrieben und wertgestellt sein muss, sodass der Gläubiger etwa bei Abhebung dieses Betrags nicht ins Debet gerät. Im Allgemeinen Teil dieser Erläuterungen wurde ja bereits ausgeführt, dass nach bisherigem Meinungsstand für die Rechtzeitigkeit einer Banküberweisung auf die Erteilung des Überweisungsauftrags an das eigene Bankinstitut abgestellt wurde, dass der EuGH für den Anwendungsbereich der Zahlungsverzugsrichtlinie davon abweichend die Verfügbarkeit des Geldbetrags auf dem Gläubigerkonto für maßgebend hielt, dass im Hinblick darauf eine gesetzliche Klarstellung entsprechend diesem EuGH-Erkenntnis sinnvoll ist und dass eine derartige Neuregelung nicht nur für die von der Zahlungsverzugsrichtlinie erfassten Rechtsverhältnisse, sondern ganz allgemein statuiert werden sollte. Auf den letzteren Aspekt ist hier noch etwas näher einzugehen. Bis vor kurzem gab es im Bankrecht keine ganz konkrete Regelung darüber, innerhalb welcher Frist ein Bankinstitut einen ihm erteilten Überweisungsauftrag erfüllen muss. Daher war es bisher für den Schuldner einer Geldforderung auch nicht exakt einschätzbar, welche Zeitspanne er für die Durchführung eines Überweisungsauftrags einkalkulieren muss. Somit war es bisher nicht möglich, mit Sicherheit zu bestimmen, an welchem Tag dem Bankinstitut ein Überweisungsauftrag spätestens zu erteilen ist, damit der Überweisungsbetrag auf dem Konto des Gläubigers zu einem bestimmten Datum wertgestellt wird. Diese Unsicherheit hat nun jedenfalls im innerstaatlichen Überweisungsverkehr durch das Zahlungsdienstegesetz, BGBl. I Nr. 66/2009, ein Ende gefunden. Gemäß § 42 Abs. 1 ZaDiG hat der Zahlungsdienstleister des Zahlers sicherzustellen, dass der Betrag dem Konto des Zahlungsdienstleisters des Empfängers spätestens am Ende des dem Tag des Eingangszeitpunkts (gemeint: des Überweisungsauftrags) folgenden Geschäftstags gutgeschrieben wird; diese Frist verlängert sich für in Papierform ausgelöste Zahlungsvorgänge um einen weiteren Geschäftstag. Der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers hat den Betrag gemäß § 42 Abs. 2 ZaDiG unverzüglich nach Gutschrift auf seinem Konto auf dem Zahlungskonto des Zahlungsempfängers verfügbar zu machen und wertzustellen. Für grenzüberschreitende Zahlungsvorgänge gelten diese Bestimmungen allerdings nicht oder nur unter bestimmten Voraussetzungen (vgl. § 1 Abs. 4 Z 3 und 4 ZaDiG).

b) Im Hinblick auf diese neue, im Unionsrecht begründete Rechtslage fällt es nun auch leichter, in Abkehr vom bisherigen österreichischen Meinungsstand und entsprechend dem EuGH-Urteil C-306/06 für die Rechtzeitigkeit einer Geldzahlung durch Banküberweisung auf den Zeitpunkt abzustellen, zu dem der Gläubiger über den geschuldeten Betrag auf seinem Konto verfügen kann, und dadurch im bilateralen Verhältnis von Gläubiger und Schuldner die Verantwortung für die rechtzeitige Durchführung eines erteilten Überweisungsauftrags grundsätzlich – vorbehaltlich allerdings des später noch zu besprechenden dritten Satzes des Abs. 2 – dem Schuldner aufzubürden. Daher wird im ersten Satz des Abs. 2 die Rechtzeitigkeit einer Geldzahlung im bargeldlosen Zahlungsverkehr an jenen Zeitpunkt geknüpft, zu dem der Gläubiger über den geschuldeten Betrag auf seinem Konto verfügen kann, dieser Betrag also auf seinem Konto valutarisch gutgeschrieben wurde. Freilich gilt diese Regelung – worauf im Folgenden sogleich näher einzugehen ist – nur dann, wenn der Fälligkeitstermin für die Begleichung der Geldschuld bereits im Voraus bestimmt ist.

6. a) Was aber gilt im Fall der – entweder vertraglich vereinbarten oder vom Schuldner eigenständig als Erfüllungsart gewählten – Banküberweisung dann, wenn der Fälligkeitstermin nicht schon im Vorhinein bestimmt ist, sondern die Fälligkeit erst durch Erbringung der Gegenleistung, durch den Eingang der Rechnung oder einer Zahlungsaufforderung oder einen gleichartigen Umstand, wie etwa den Abschluss eines Abnahme- oder Überprüfungsverfahrens (§ 1334) oder die Vollendung des Werks (§ 1170) eintritt? Dieser Frage widmet sich der zweite Satz des § 907a Abs. 2 und ordnet dafür an, dass der Schuldner diesfalls den Überweisungsauftrag ohne unnötigen Aufschub nach Eintritt des für die Fälligkeit maßgeblichen Umstands (also zum Beispiel nach der Rechnungsstellung usw.) zu erteilen hat. Bevor wir uns aber dieser Regelung näher zuwenden, ist zunächst darauf einzugehen, wann diese Fallkonstellation einer nicht schon im Vorhinein bestimmten Fälligkeit überhaupt vorliegt.

b) Wie bereits oben zu Punkt A.3 ausgeführt, kann von einer im Voraus festgelegten Fälligkeit im Sinn der hier zu treffenden Unterscheidung nur dann die Rede sein, wenn schon bei Begründung des Schuldverhältnisses ein konkreter Fälligkeitstermin datumsmäßig feststeht, sei es aufgrund der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarungen, sei es aufgrund gesetzlicher Vorschrift. In der Formulierung des zweiten Satzes wird dieses Verständnis dadurch verdeutlicht, dass im einleitenden Konditionalsatz der Begriff „Fälligkeitstermin“ verwendet wird. Ein Fälligkeitstermin ist dann im Vorhinein bestimmt, wenn er ohne Hinzutreten eines weiteren Umstands datumsmäßig benannt werden kann, was etwa bei der Festlegung „am 15. Mai 2013“, „am Zehnten eines jeden Monats“ oder „am Ostersonntag 2014“ der Fall ist, nicht aber etwa bei Zeitangaben wie „10 Tage ab Rechnungszugang“ oder „unmittelbar nach Lieferung der Ware“. Ein weiteres essentielles Element einer im Vorhinein bestimmten Fälligkeit ist das Wissen des Geldschuldners, welchen Betrag er eigentlich zu zahlen hat. Wenn zwar ein Zahlungstag datumsmäßig bestimmt ist, die Höhe des vom Schuldner zu leistenden Geldbetrags aber noch nicht exakt feststeht, sondern sich beispielsweise erst aus einer ihm zu übermittelnden Rechnung ergibt, liegt ebenfalls ein Fall nicht von vornherein bestimmter Fälligkeit vor. So fällt beispielsweise der Vertrag zwischen einem Telekommunikationsdienstleistungsunternehmen und seinem Kunden, bei dem diesem die Höhe des monatlich zu leistenden Entgelts erst mit der Monatsrechnung bekanntgegeben wird, in diese Kategorie, auch wenn im Vertrag oder in den allgemeinen Geschäftsbedingungen beispielsweise Zahlung jeweils bis zum 15. eines jeden Monats vorgesehen wurde.

c) Für diese Fallgruppe nicht vorbestimmter Fälligkeit sieht der modifizierte Gesetzentwurf nun grundsätzlich die gleiche Schuldnerpflicht vor, wie sie auch den gleichgelagerten Regelungen der §§ 904 und 1334 zu entnehmen ist, nämlich die Pflicht des Geldschuldners, seine Erfüllungshandlung nach dem die Fälligkeit auslösenden Umstand ohne unnötigen Aufschub zu erbringen. Im Fall einer Banküberweisung besteht die Erfüllungshandlung des Schuldners in der Erteilung des Überweisungsauftrags. Demgemäß ordnet § 907a Abs. 2 zweiter Satz an, dass der Schuldner den Überweisungsauftrag ohne unnötigen Aufschub nach dem für die Fälligkeit maßgeblichen Umstand zu erteilen hat. Hier wird also für die Rechtzeitigkeit der Leistung nicht auf den Leistungserfolg (nämlich Gutschrift und Wertstellung auf dem Gläubigerkonto), sondern auf die Leistungshandlung abgestellt.

d) Was bedeutet nun in diesem Kontext das Gebot, ohne unnötigen Aufschub die Banküberweisung auf das Gläubigerkonto zu beauftragen? Welche Zeit steht dem Schuldner unter diesem Aspekt zur Verfügung, um seiner Bank den Überweisungsauftrag zu erteilen? Die Regelung statuiert das Gebot unverzüglichen Handelns, was aber nicht „sofort“ oder „jetzt im Moment“ bedeutet, sondern nur, dass der Schuldner nicht grundlos unnötige Zeit bis zu seinem Tätigwerden verstreichen lassen darf. Im Alltagsleben kann von einem Geldschuldner nicht erwartet werden, dass er beispielsweise sogleich nach Zugang einer Rechnung oder eines nun erst die konkrete Höhe einer Verbindlichkeit ausweisenden Zahlscheins möglicherweise noch am selben Tag sein Bankinstitut aufsucht, um den Überweisungsauftrag zu erteilen. Auch die Anforderung, der Schuldner müsse am jeweiligen Folgetag in dieser Weise aktiv werden, wäre überzogen. Vielmehr müssen einem Geldschuldner dafür durchaus einige wenige Tage eingeräumt werden. Eine genaue Aussage darüber, an welchem Tag nach dem auslösenden Ereignis dem Unverzüglichkeitsgebot noch entsprochen und an welchem Tag die Schwelle zur Säumnis überschritten ist, lässt sich freilich nicht treffen, weil dies immer von den konkreten Gegebenheiten des jeweiligen Einzelfalls abhängig ist. In aller Regel wird aber ein Zeitraum von zwei, drei oder vier Arbeitstagen noch als „aufschubfrei“ im Sinn dieser Bestimmung zu qualifizieren und dem innerhalb dieser Frist handelnden Schuldner kein Säumnisvorwurf zu machen sein.

e) In diesem Zusammenhang kann sich die Frage stellen, welche Rechtsfolgen es hat, wenn der Gläubiger seine Rechnung oder Zahlungsaufforderung (durch die grundsätzlich die Fälligkeit ausgelöst wird) mit der Angabe einer bestimmten Zahlungsfrist oder eines bestimmten Zahlungstags verknüpft. Welche Handlungspflicht ergibt sich beispielsweise für den Schuldner, wenn ihm am 16. April 2013 eine Rechnung mit dem Hinweis „zahlbar binnen 14 Tagen“ oder ein Zahlschein mit dem Vermerk „fällig am 30. April 2013“ zugeht? Klar ist, dass der Schuldner dadurch der an sich von Gesetzes wegen bestehenden Pflicht zu einem Handeln „ohne unnötigen Aufschub“ insofern entbunden ist, als ihm vom Gläubiger eine längere Frist – in unserem Beispiel von 14 Tagen – eingeräumt wurde. Bedeutet nun aber die vom Gläubiger eingeräumte Erleichterung gegenüber dem gesetzlichen Unverzüglichkeitsgebot, also die Einräumung dieser Zahlungsfrist, dass der Geldbetrag bis zum 30. April 2013 auf dem Bankkonto des Gläubigers gutgeschrieben und wertgestellt sein muss, oder reicht es danach aus, wenn der Schuldner den Überweisungsauftrag am 30. April 2013 erteilt? Diese Frage ist nach den Regeln über die Vertragsauslegung (§ 914) zu beantworten, weil es sich bei der Einräumung dieser Zahlungsfrist um eine rechtsgeschäftliche Willenserklärung des Gläubigers handelt. Generell sprechen zwei Umstände für eine Interpretation dahin, dass die Erteilung des Überweisungsauftrags zum Ende der vom Gläubiger gewährten Frist ausreichend ist: Einerseits spielt sich das geschilderte Geschehen ja im Regime des § 907a Abs. 2 zweiter Satz ab, weil hier ja nicht von vornherein – also vor Übermittlung der Rechnung oder des Zahlscheins – ein Fälligkeitstermin datumsmäßig bestimmt war, und in diesem Regime wird eben auf die Erfüllungshandlung des Schuldners (also die Erteilung des Überweisungsauftrags) abgestellt und nicht auf die Bewirkung des Leistungserfolgs. Andererseits spricht auch die bisherige Praxis im Geschäftsleben für eine solche Interpretation, zumal im Allgemeinen erst dann von einer Säumnis des Schuldners ausgegangen wurde und wird, wenn dieser zum gesetzten Termin noch nicht einmal die Banküberweisung in Auftrag gegeben hat. Im Geschäftsleben warten Unternehmen in aller Regel noch mehrere Tage, oft bis über eine Woche, nach dem gesetzten Zahlungstermin zu; und erst wenn sie dann immer noch keinen Eingang auf ihrem Konto feststellen, reagieren sie mit einer nochmaligen Zahlungsaufforderung oder Mahnung. All dies spricht dafür, in einem Fall wie dem geschilderten eine Rechtzeitigkeit schuldnerischen Handelns bereits dann anzunehmen, wenn bei Fristende oder am genannten Tag der Überweisungsauftrag erteilt wird. Freilich können die Gegebenheiten des jeweiligen Einzelfalls auch zur gegenteiligen Auslegung führen, wonach der Schuldner bis zum Ablauf der vom Gläubiger gesetzten Frist für die Wertstellung des Geldbetrags auf dem Gläubigerkonto gesorgt haben muss.

Zu einer Verkürzung jener Zeitspanne, die dem Schuldner nach dem Unverzüglichkeitsgebot für die Erteilung des Überweisungsauftrags zur Verfügung steht, kann es durch eine solche nachträgliche Erklärung des Gläubigers allerdings nicht kommen. Wenn der Schuldner etwa am 15. April 2013 einen Zahlschein mit dem Vermerk „fällig am 12. April 2013“ erhält, hat dies auf die Pflichten des Schuldners keinen Einfluss, weil die Forderung von Unmöglichem durch nachträgliche Erklärung des Gläubigers keine Wirkung entfaltet. Es bleibt diesfalls beim gesetzlichen Gebot, wonach der Schuldner den Überweisungsauftrag ohne unnötigen Aufschub, also in den Tagen nach dem 15. April 2013, zu erteilen hat. Gleiches gilt, wenn der dem Schuldner am 15. April 2013 zugehende Zahlschein den Vermerk „fällig am 15. April 2013“ trägt, weil es in einem zweiseitigen Schuldverhältnis – außerhalb von spezifischen Gestaltungsrechten – nicht möglich ist, die Handlungspflicht des einen Teils durch einseitige Erklärung des anderen zu verschärfen. Nach dem gesetzlichen Unverzüglichkeitsgebot hat der Schuldner – wie oben dargelegt – diesfalls einige Tage nach dem 15. April 2013 Zeit, um den Überweisungsauftrag zu erteilen; diese Zeitspanne kann auch hier vom Gläubiger nicht einseitig verkürzt werden.

7. a) Der dritte Satz des Abs. 2 widmet sich der Frage, wer die Gefahr für die „Reise des Geldes“ bei der Banküberweisung zu tragen hat. Die Gefahrtragungsproblematik hat hier zwei Aspekte, nämlich zum einen das Risiko des verspäteten Ankommens (Verzögerungsrisiko) und zum anderen jenes des gänzlich unterbleibenden Ankommens (Verlustrisiko). Nach herrschendem Meinungsstand zur bisherigen Rechtslage ist bei der Geldschuld der Zeitpunkt des Gefahrenübergangs bei diesen beiden Risiken unterschiedlich: Bei rechtzeitig erteiltem Überweisungsauftrag fallen nachfolgende Verzögerungen dem Gläubiger zur Last, während das Verlustrisiko während des gesamten Überweisungsvorgangs beim Schuldner liegt. Diese zeitliche Kluft soll mit der Neuregelung durch § 907a Abs. 2 dritter Satz geschlossen werden.

b) Der erste Halbsatz dieser Gesetzesstelle statuiert den Grundsatz, dass bei der Banküberweisung der Schuldner die Gefahr sowohl für die Verzögerung als auch für das Unterbleiben der Gutschrift auf dem Gläubigerkonto zu tragen hat. Dies gilt für den Fall eines im Vorhinein bestimmten Fälligkeitstermins (§ 907a Abs. 2 erster Satz) ebenso wie für die erst nachträglich ausgelöste Fälligkeit (§ 907a Abs. 2 zweiter Satz). Für den zweitgenannten Fall könnte man dies freilich prima vista in Frage stellen: Hier wird nämlich vom Schuldner nur die unverzügliche Erteilung des Überweisungsauftrags, gefordert. Man könnte demnach annehmen, dass der Schuldner mit der zeitgerechten Vornahme dieser Erfüllungshandlung seine Pflicht bereits vollständig erbracht habe und ihm deshalb im Verhältnis zum Gläubiger eine Säumnis seines Bankinstituts bei der Durchführung des Überweisungsauftrags oder gar ein Unterbleiben der Überweisung nicht zugerechnet werden könne. Das trifft allerdings bei näherer Betrachtung nicht zu: § 907a Abs. 2 zweiter Satz befasst sich ja nur mit der Leistungshandlung des Schuldners selbst und mit den dafür geltenden Vorgaben in zeitlicher Hinsicht; dabei wird ohne explizite Erwähnung zugrunde gelegt, dass das vom Schuldner herangezogene Bankinstitut den Überweisungsauftrag säumnisfrei durchführt. Das darf aber den Blick darauf nicht verstellen, dass der Schuldner selbstverständlich auch hier den Leistungserfolg, also das Einlangen des Geldbetrags auf dem Gläubigerkonto, schuldet und daher auch hier für eine Verzögerung oder ein Fehlschlagen der Überweisung grundsätzlich einzustehen hat.

c) Im zweiten Halbsatz des § 907a Abs. 2 dritter Satz wird diese Gefahrtragungsregel dahin eingeschränkt, dass diese Risiken den Schuldner insoweit nicht treffen, als die Ursache für die Verzögerung oder das Unterbleiben der Überweisung beim Bankinstitut des Gläubigers liegt. Der Schuldner muss also neben einer verspäteten Erteilung des Überweisungsauftrags auch für ein Fehlverhalten seines Bankinstituts, dessen er sich zur Durchführung der Überweisung bedient, sowie für das Fehlverhalten einer allenfalls eingeschalteten Zwischenbank einstehen. Wenn hingegen entweder eine Verzögerung im Bereich der Gläubigerbank eintritt oder die in Auftrag gegebene Überweisung aus Gründen im Bereich der Gläubigerbank (z.B. Insolvenz) scheitert, fällt dies dem Schuldner gemäß § 907a Abs. 2 dritter Satz zweiter Halbsatz nicht zur Last. Allerdings trägt der Schuldner die Beweislast dafür, dass eine Verzögerung oder ein Verlust nicht in dem ihm zuzurechnenden Bereich, sondern im Bereich der Gläubigerbank eingetreten ist.

d) Diese Konzeption (dass nämlich der Schuldner nicht für Fehlerquellen im Bereich der Gläubigerbank einzustehen hat) steht durchaus im Einklang mit dem EuGH-Erkenntnis C-306/06, zumal der EuGH darin nach Bezugnahme auf Artikel 3 Abs. 1 Buchstabe c sublit. ii der alten Zahlungsverzugsrichtlinie (wonach der Gläubiger dann keine Verzugszinsen geltend machen kann, wenn der Schuldner für die Verzögerung nicht verantwortlich ist) ausführt, dass der Schuldner für Verzögerungen nicht verantwortlich gemacht werden könne, die ihm nicht zugerechnet werden könnten (TZ 30). An der vom EuGH herangezogenen Unionsrechtslage hat sich im Übrigen auch durch die neue Richtlinie 2011/7/EU nichts geändert, weil auch darin angeordnet wird, dass die vorgesehenen Verzugsfolgen den Schuldner nicht treffen, wenn er für den Zahlungsverzug nicht verantwortlich ist (Artikel 3 Abs. 1 Buchstabe b, Artikel 4 Abs. 1 Buchstabe b der neuen Richtlinie). In der schon genannten TZ 30 führt der EuGH weiter aus, dass Verzugszinsen dann nicht anfielen, wenn der Zahlungsverzug „nicht die Folge des Verhaltens eines Schuldners ist, der den üblicherweise für die Durchführung einer Banküberweisung erforderlichen Fristen Rechnung getragen hat“. Dies ist wohl ohne weiteres so zu verstehen, dass dem Schuldner hinsichtlich eines Zahlungsverzugs ein Fehlverhalten der Gläubigerbank jedenfalls nicht zur Last gelegt werden kann.

8. a) Im Einzelnen bedeutet dies, dass das Verlustrisiko mit dem Eingang des Überweisungsbetrags bei der Gläubigerbank auf den Gläubiger der Geldschuld übergeht. Im Fall des Verlustes der Geldzahlung im Bereich der Gläubigerbank ist der Schuldner also von seiner Verbindlichkeit befreit, auch wenn der Geldbetrag letztlich dem Gläubiger nicht zugekommen ist.

b) Wenn bei einem – bei Zugrundelegung ordnungsgemäßer und daher unverzüglicher Abwicklung durch die beteiligten Banken – rechtzeitig erteilten Überweisungsauftrag und unverzüglicher Erledigung durch die Schuldnerbank eine Verzögerung der Finalisierung der Überweisung auf Seiten der Gläubigerbank vorfällt, so gerät der Schuldner dadurch nicht in Verzug, weil in diesem Fall die Erfüllungswirkung bereits mit dem Zeitpunkt eintritt, zu dem bei unverzüglicher Abwicklung auch seitens der Gläubigerbank der Geldbetrag auf dem Gläubigerkonto valutarisch gutgeschrieben worden wäre (und das wäre ja bei der geschilderten Sachverhaltskonstellation noch rechtzeitig bis zur Fälligkeit der Fall gewesen).

c) In diesem Kontext sei noch ein Hinweis darauf gegeben, wie im Fall vorausbestimmter Fälligkeit die Rechtzeitigkeit der Erteilung eines Überweisungsauftrags zu beurteilen ist: Der Schuldner hat den Überweisungsauftrag zu einem solchen Zeitpunkt zu erteilen, dass unter Berücksichtigung der gesetzlichen Bestimmungen für die Abwicklung solcher Banküberweisungen (§ 42 ZaDiG, § 37 BWG) mit einer fristgerechten Gutschrift und Wertstellung des Betrags auf dem Gläubigerkonto gerechnet werden kann. Wenn der Schuldner den demnach einzukalkulierenden Zeitraum für die vollständige Durchführung des Überweisungsvorgangs bereits a priori nicht berücksichtigt und insofern den Überweisungsauftrag zu spät erteilt, gerät er mit demim Vorhinein bestimmten – Fälligkeitstermin in Verzug, weil zu diesem Zeitpunkt der Betrag ja noch nicht auf dem Gläubigerkonto eingegangen ist. Der Verzug endet, sofern die beteiligten Bankinstitute die Überweisung insgesamt unverzüglich abwickeln, mit der Gutschrift des Betrags auf dem Konto des Geldgläubigers.

d) Was hat aber im Fall vorausbestimmter Fälligkeit dann zu gelten, wenn eine dem Schuldner zuzurechnende Verzögerung – also entweder eine verspätete Erteilung des Überweisungsauftrags oder eine Verzögerung im Bereich der Schuldnerbank oder einer eingeschalteten Zwischenbank – mit einer zusätzlichen Verzögerung im Bereich der Gläubigerbank zusammentrifft? Auch in diesem Fall gerät der Schuldner in Verzug, dies jedoch nur solange, als das Überschreiten des Fälligkeitstermins auf die Verzögerung in der Sphäre des Schuldners zurückgeht. Der Verzug endet demnach mit jenem Zeitpunkt, in dem der bereits verspätet bei der Gläubigerbank angekommene Geldbetrag unter Zugrundelegung unverzüglicher Abwicklung seitens der Gläubigerbank auf dem Gläubigerkonto gutgeschrieben worden wäre.

e) Im Fall des § 907a Abs. 2 zweiter Satz – also bei nicht im Voraus bestimmtem Fälligkeitstermin – hat der Schuldner den Überweisungsauftrag ohne unnötigen Aufschub ab Eintritt des fälligkeitsauslösenden Umstands zu erteilen; auf das dazu in Punkt 6.c und d sei hingewiesen. Wenn der Schuldner den Überweisungsauftrag nach den dort angestellten Überlegungen zu spät erteilt, gerät er mit jenem Tag in Verzug, an dem der Geldbetrag bei unverzüglicher Erteilung des Überweisungsauftrags am Gläubigerkonto eingelangt und wertgestellt worden wäre. Der Verzug endet auch hier mit der Wertstellung des Geldbetrags auf dem Gläubigerkonto.

9. Wenn dem Geldschuldner durch die verzögerte Abwicklung des Überweisungsauftrags seitens seines Bankinstituts (oder seitens einer von diesem eingeschalteten Zwischenbank) ein Schaden entsteht, etwa weil ihm der Gläubiger deshalb Verzugszinsen anlastet, kann er diesen Schaden gegenüber dem betreffenden Bankinstitut geltend machen. Dabei kommt ihm die Beweislastumkehr des § 1298 ABGB zugute.

10. Eine gesonderte Anordnung im allgemeinen Zivilrecht über die Tragung der Kosten für die vom Gläubiger geforderte Banküberweisung ist entbehrlich; hier gelten die allgemeinen Kostentragungsregelungen des BWG. Allerdings wird für den Fall einer Erhöhung der Kosten (oder der Gefahr) durch eine Änderung von Wohnsitz, Niederlassung oder Bankverbindung in § 907a Abs. 1 zweiter Satz eine – im Wesentlichen aus § 905 Abs. 2 zweiter Satz übernommene – den Schuldner entlastende Regelung getroffen; siehe dazu im Einzelnen die Erläuterungen zu Punkt 3.Eine Ersatzregelung für § 905 Abs. 1 zweiter Satz hinsichtlich der Geldsorten ist entbehrlich.

11. § 907a Abs. 2 trifft ja nur Regelungen für die Erfüllungsmodalität der Banküberweisung. Korrespondierende Bestimmungen für die anderen Modalitäten zur Erfüllung einer Geldschuld sind hier nicht erforderlich. Für diese finden sich die Regelungen für den Fall eines nicht im Vorhinein bestimmten Fälligkeitstermins in den §§ 904 und 1334.

 

C. Zur Frage einer Sonderregelung im Konsumentenschutzgesetz

1. Von Verbraucherschutzseite wurde gefordert, dass im Konsumentenschutzgesetz eine Sonderregelung zu § 907a ABGB geschaffen werde, wonach bei bargeldlosem Geschäftsverkehr eine Zahlung generell rechtzeitig sei, wenn der Überweisungsauftrag am Fälligkeitstag erteilt werde. Im Ministerialentwurf und in den nachfolgenden Zwischenfassungen des Entwurfs wurde zur Schaffung einer solchen Sonderregelung noch kein Anlass gesehen, weil man davon ausging, dass der neue § 907a ABGB – vor allem in seiner im Licht des Begutachtungsverfahrens veränderten Fassung – die Interessen des Schuldners ausreichend und ausgewogen berücksichtigt, und zwar auch dann, wenn es sich beim Geldschuldner um einen Verbraucher handelt. Außerdem schien es aus systematischen Gründen wünschenswert, in dieser gleichsam im Zentrum des Schuldrechts angesiedelten Frage eine möglichst einheitliche Lösung für alle Rechtsbereiche anzustreben.

2. Dagegen wurde allerdings eingewendet, dass bisher in allen Fällen die Erteilung des Überweisungsauftrags am Tag der Fälligkeit für ausreichend gehalten wurde und dass die Konsumenten diese Auffassung bei ihrem Zahlungsverhalten durch die jahrzehntelange Übung verinnerlicht hätten. Wenn nun der Gesetzgeber zumindest für bestimmte Konstellationen ein anderes Verständnis vorgäbe, würde dies zu einer weitreichenden Verunsicherung der Konsumenten, zu einer Vielzahl von Verzugsfällen und damit insgesamt zu gravierenden Nachteilen für die Konsumenten führen. Eine solche Verschlechterung der Rechtslage für Verbraucher könne nicht hingenommen werden. Dabei wurde auch auf die möglichen Verzugsfolgen hingewiesen, von Verzugszinsen und Mahnspesen über Konventionalstrafen bis hin zu Vertragsrücktritten oder Fallgestaltungen, bei denen die Wirksamkeit eines Vergleichs oder die Einräumung eines Gestaltungsrechts vertraglich an eine rechtzeitige Zahlung geknüpft sei.

3. Um diese Einwände auszuräumen und Verschlechterungen der Rechtslage für Verbraucher schon theoretisch auszuschließen, wird in einem neuen § 6a KSchG für das Unternehmer-Verbraucher-Verhältnis eine Sonderregelung zu § 907a Abs. 2 erster Satz ABGB geschaffen.

 

Zu Z 5 und 6 (Änderung von § 1417 und § 1420)

1. Die Regelungen des neuen § 907a über die Erfüllung der Geldschuld gelten schon auf Grund ihrer systematischen Einordnung nur für Geldschulden, die aus einem Vertragsverhältnis herrühren. Doch sollten diese Regelungen, da sie nach Überzeugung des Gesetzgebers eine sachgerechte und zweckmäßige Lösung für Geldschulden schlechthin darstellen, auch für Geldverbindlichkeiten außerhalb von Vertragsverhältnissen, also auf Grund gesetzlicher Schuldverhältnisse, zur Anwendung kommen.

2. Zu diesem Zweck wird im 3. Hauptstück des Dritten Teils des ABGB über die Aufhebung der Rechte und Verbindlichkeiten durch entsprechende Verweise das neue vertragsrechtliche Regulativ für die Geldschuld allgemein anwendbar gemacht.

3. In § 1420, der vom Erfüllungsort und von der Erfüllungsmodalität handelt, wird durch eine Ergänzung des Klammerzitats auch auf die diesbezüglichen Regelungen in § 907a Abs. 1 (Erfüllungsort Wohnsitz oder Niederlassung des Gläubigers, Gestaltungsrecht des Schuldners hinsichtlich der Erfüllungsmodalität) verwiesen. Der Erfüllungsort bei der Sachschuld ist also von jenem bei der Geldschuld verschieden.

4. Für die Erfüllungszeit sind bei der Geldschuld außerhalb einer Banküberweisung keine Sonderregelungen vonnöten, weshalb insofern auch die dieser Frage gewidmete allgemeine Regelung des § 1417 keiner Ergänzung bedarf. Anderes gilt aber für die Erfüllung einer Geldschuld durch Banküberweisung: Hier bedarf es einer Übernahme der Neuregelungen zur Rechtzeitigkeit der Überweisung bzw. der Erteilung des Überweisungsauftrags, wie sie jeweils im neuen § 907a Abs. 2 festgelegt wurden. Deshalb wird hinsichtlich der Zahlungsfrist bei Erfüllung einer Geldschuld durch Banküberweisung in einem dem § 1417 angefügten Satz explizit auf diese Regelung des allgemeinen Vertragsrechts verwiesen. Dieser Verweis umfasst im Übrigen auch die dort im dritten Satz getroffene Bestimmung zur Gefahrtragung.

 

Zu Z 7 (§ 1503)

Auf Grund der mit dem Kindschafts- und Namensrechts-Änderungsgesetz 2013 (KindNamRÄG 2013) vorgesehenen Anfügung eines neuen § 1503 an den bisherigen Paragraphenbestand des Gesetzbuchs wird in Hinkunft auch im ABGB das Inkrafttreten von Neuregelungen und das Übergangsrecht zu Novellen – wie es gegenwärtiger Legistik entspricht – aus der geänderten Gesetzesvorschrift selbst zu entnehmen sein. Der Rechtsanwender wird also schon aus dem ABGB selbst Information darüber erhalten, durch welches Bundesgesetz Bestimmungen des ABGB neu gefasst, hinzugefügt oder aufgehoben wurden und welche Übergangsregelungen dabei zu beachten sind. Dadurch soll er der Mühe enthoben werden, die jeweils ändernde Vorschrift ausfindig zu machen und in dieser Novelle nach Inkrafttretens- und Übergangsbestimmungen zu suchen. Das ABGB wird damit „anwendungsfreundlicher“.

Der ab dem 1. Februar 2013 in Geltung stehende § 1503 – der zumindest vorläufig die einzige Gesetzesbestimmung im neuen Fünften Hauptstück des Dritten Teils ist – wird also künftig der Hort aller Inkrafttretens- und Übergangsbestimmungen von ABGB-Novellen sein. Er besteht bisher nur aus den Inkrafttretens- und Übergangsbestimmungen zum KindNamRÄG 2013. Diese Bestimmungen werden nun als Abs. 1 bezeichnet; und als Abs. 2 werden ihnen die Inkrafttretens- und Übergangsregelungen zu den mit dem Zahlungsverzugsgesetz herbeigeführten Änderungen des ABGB angefügt. Weitere Absätze werden sicherlich in Bälde folgen.

Im ersten Satz des Abs. 2 wird das Inkrafttreten der Neuerungen mit 1. März 2013 angeordnet. Die Übergangsregelungen des zweiten und des dritten Satzes bestimmen, dass das neue Recht nur auf Verträge anzuwenden ist, die ab dessen Geltung geschlossen werden. Dazu sei im Detail auf die Erläuterungen zu § 906 UGB verwiesen.

 

 

Zu Artikel 2 (Änderung des UGB)

Zu Z 1 (Änderung von § 5)

In dieser Bestimmung sind die Hinweise auf die jeweiligen Regelungen über den Anwendungsbereich hinsichtlich des Achten Abschnitts des Vierten Buchs um den neuen § 455 zu ergänzen.

 

Zu Z 2 (Aufhebung von § 352)

Die in § 352 UGB in Umsetzung der früheren Zahlungsverzugsrichtlinie getroffene Regelung über die Verzugszinsen wurde in den neuen Achten Abschnitt des Vierten Buchs transferiert; sie findet sich nun im neuen § 457. Korrespondierend dazu ist § 352 UGB aufzuheben.

 

Zu Z 3 (Änderung der Abschnittsbezeichnung vor § 454)

Der frühere Siebente Abschnitt wurde bereits vor Jahren aufgehoben. Diese Leerstelle bietet die Möglichkeit, den bisherigen Achten Abschnitt numerativ vorzureihen und die Neuregelungen zur Umsetzung der Zahlungsverzugsrichtlinie als neuen Achten Abschnitt einzufügen.

 

Zu Z 4 (Achter Abschnitt des Vierten Buchs; §§ 455 bis 460)

Die Erwägungen, die dafür maßgebend waren, für die Umsetzung der Regelungen der Zahlungsverzugsrichtlinie einen neuen Abschnitt im Vierten Buch des UGB vorzusehen, wurden bereits in Punkt E.1 des Allgemeinen Teils dieser Erläuterungen dargelegt; zur Vermeidung von Wiederholungen sei darauf verwiesen.

 

Zu § 455

1. Hier wird – entsprechend dem Geltungsumfang der Zahlungsverzugsrichtlinie – der Anwendungsbereich des Achten Abschnitts festgelegt. Die Richtlinie bezieht sich auf den Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr (Artikel 1 Abs. 1) und definiert in ihrem Artikel 2 Z 1 den Terminus „Geschäftsverkehr“ dahin, dass darunter Geschäftsvorgänge zwischen Unternehmen oder zwischen Unternehmen und öffentlichen Stellen zu verstehen sind, soweit diese Geschäftsvorgänge „zu einer Lieferung von Waren oder Erbringung von Dienstleistungen gegen Entgelt führen“. Geschäftsvorgänge zwischen Unternehmen oder öffentlichen Stellen einerseits und Verbrauchern andererseits werden von der Richtlinie nicht erfasst. Dementsprechend ordnet § 455 zunächst einmal an, dass der Achte Abschnitt für Rechtsgeschäfte zwischen Unternehmern gilt (siehe zu den öffentlichen Stellen sogleich im folgenden Absatz) gilt. In der österreichischen Rechtsordnung, insbesondere im UGB, wird anders als in der Richtlinie nicht „das Unternehmen“ als Normadressat statuiert, sondern „der Unternehmer“. Deshalb ist auch im Rahmen der Richtlinienumsetzung der Unternehmer als Rechtssubjekt und damit als Träger der durch die Richtlinie vorgegebenen Rechte und Pflichten zu nennen.

2. Wie bereits in Punkt D und in Punkt E.1.c des Allgemeinen Teils dieser Erläuterungen ausgeführt, werden die von der Richtlinie getroffenen Sonderregelungen für öffentliche Stellen nicht im Rahmen des Zahlungsverzugsgesetzes, sondern durch eine Novelle zum Vergaberecht umgesetzt. Insofern sind somit die hier entworfenen Bestimmungen im Unternehmensgesetzbuch nicht betroffen; die in den Ministerialentwurf aufgenommenen Sonderregelungen für öffentliche Auftraggeber wurden aus dem Gesetzestext herausgenommen. Soweit die Richtlinie aber für öffentliche Stellen die gleichen Regeln wie für Unternehmen enthält, ist eine Erwähnung der öffentlichen Auftraggeber (als Pendant zu den „öffentlichen Stellen“) im neuen Abschnitt des Unternehmensgesetzbuchs nicht erforderlich, weil diese öffentlichen Auftraggeber nach innerstaatlichem Recht ohnehin vom Unternehmensbegriff des UGB erfasst werden. Daher ist es auch entbehrlich, in der Regelung des § 455 über den Anwendungsbereich eigens auf die öffentlichen Auftraggeber Bezug zu nehmen.

3. Wie oben bereits erwähnt, umfasst der Anwendungsbereich der Zahlungsverzugsrichtlinie nach der Begriffsbestimmung in Artikel 2 Z 1 nur Entgeltforderungen aus der Lieferung von Waren oder der Erbringung von Dienstleistungen. Ebenso wie schon bei der früheren Zahlungsverzugsrichtlinie wird der Geltungsumfang auch der nunmehrigen Umsetzungsregelung auf sämtliche Geldforderungen aus unternehmensbezogenen Geschäften erweitert, also die Beschränkung der Richtlinie auf Warenlieferungs- und Dienstleistungsverträge nicht übernommen. Für die dafür maßgebenden Erwägungen kann auf die Erläuterungen zur Umsetzung der früheren Richtlinie verwiesen werden (RV ZinsRÄG 1167 BlgNR 21. GP 10).

4. Auf Grund der Bestimmung des § 343 Abs. 3 UGB gilt der neue Achte Abschnitt nicht für so genannte Gründungsgeschäfte. Dies ist zum einen sachgerecht, wäre es doch für derartige Vorbereitungsgeschäfte eine sehr große Belastung, wenn hiefür beispielsweise die hohen Verzugszinsen des § 456 zum Tragen kämen. Zum anderen ist diese Ausnahme auch durchaus richtlinienkonform. Die Zahlungsverzugsrichtlinie erfasst die geschäftliche Tätigkeit von Unternehmen gemäß ihrem Artikel 2 Z 3 ja nur insoweit, als diese Unternehmen „im Rahmen ihrer unabhängigen wirtschaftlichen oder beruflichen Tätigkeit“ agieren. Bei Vorbereitungsgeschäften im Sinn des § 343 Abs. 3 UGB ist dies aber noch nicht der Fall, weil durch sie dieser Rahmen der wirtschaftlichen Tätigkeit ja erst geschaffen werden soll.

Die Entscheidung, bei der Umsetzung der Richtlinie nicht auch die Gründungsgeschäfte miteinzubeziehen, wird von Schauer und Aichberger-Beig problematisiert und unter Bezugnahme auf die EuGH-Entscheidung 3.7.1997, C-269/95 Benincasa/Dentalkit kritisiert. Mit der unterlassenen Erfassung auch der Gründungsgeschäfte lasse sich der österreichische Gesetzgeber auf ein „riskantes Spiel“ ein (Schauer/Aichberger-Beig, Geplante Neuregelung der Geldschuld und des unternehmerischen Zahlungsverzugs, RdW 2012, 262 [268 f]). Bei realitätsnaher Betrachtung dürfte das angesprochene „Risiko“ doch eher gering sein. Man darf ja nicht übersehen, dass es bei der angesprochenen Frage um die potentielle Miterfassung von Personen geht, die im Rahmen eines Gründungsgeschäfts als Geldgläubiger auftreten – denn den Schutz des Geldgläubigers und nicht etwa des Geldschuldners bezweckt die Zahlungsverzugsrichtlinie. Üblicherweise hat der Unternehmensgründer bei solchen Gründungsgeschäften aber nicht die Rechtsposition des Geldgläubigers inne, sondern jene des Geldschuldners, zumal Inhalte solcher Gründungsgeschäfte zumeist etwa die Anmietung eines Geschäftslokals oder etwa der Kauf oder das Leasing von beweglichen Sachen sind, die der Gründer für den späteren Betrieb seines Unternehmens benötigt (z.B. Büroeinrichtung, IT-Ausstattung, Maschinen und ähnliches). In all diesen Fällen ist es der Unternehmensgründer, der die Geldleistung zu erbringen hat und der mit Gewissheit darüber froh wäre, längere Zahlungsfristen und niedrigere Verzugszinsen zugestanden zu erhalten, als dies die Zahlungsverzugsrichtlinie regelhaft vorsieht. Dass ein Unternehmensgründer in einem Gründungsgeschäft als Geldgläubiger auftritt, wird demgegenüber nur in besonders exotischen Fallkonstellationen vorkommen. Das von Schauer und Aichberger-Beig angesprochene Problem ist daher eher akademischer Art und das Risiko für den Gesetzgeber somit durchaus überschaubar.

 

Exkurs: keine Notwendigkeit einer expliziten Umsetzung der Richtlinienbestimmungen über die dreißigtägige Zahlungsfrist wegen des Unverzüglichkeitsgebots

Den Vorgaben in Artikel 3 und 4 der Zahlungsverzugsrichtlinie über die dreißigtägige Höchstfrist für den Eingang des geschuldeten Betrags beim Gläubiger (vgl. dazu das EuGH-Erkenntnis C-306/06) wird im österreichischen Recht für alle denkbaren Erfüllungsmodalitäten bereits dadurch mehr als ausreichend Rechnung getragen, dass der Geldschuldner im Fall der Erfüllung der Geldschuld durch Banküberweisung nach § 907a Abs. 2 zweiter Satz ABGB ohne unnötigen Aufschub nach dem fälligkeitsauslösenden Umstand den Überweisungsauftrag zu erteilen hat und für die anderen Erfüllungsmodalitäten in § 1334 ABGB ebenfalls die Vornahme der Erfüllungshandlung ohne unnötigen Aufschub vorgesehen ist. Schließlich ist auch in § 904 erster Satz ABGB Gleichartiges angeordnet. Wie zu § 907a ABGB schon dargelegt, ist dieses Unverzüglichkeitsgebot etwa bei der Banküberweisung so zu verstehen, dass der Schuldner innerhalb eines Zeitraums von ein paar Tagen ab dem fälligkeitsauslösenden Umstand den Überweisungsauftrag erteilen muss. Damit ist sichergestellt, dass der Gläubiger den Geldbetrag jedenfalls um einiges vor Ablauf der 30-Tages-Frist auf seinem Konto wertgestellt erhält.

 

Zu § 456

1. Diese Bestimmung dient der Umsetzung der Verzugszinsenregelung der Richtlinie in Artikel 2 Z 6 in Zusammenhalt mit ihrem Artikel 3 (für den Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen) und ihrem Artikel 4 (für den Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und öffentlichen Stellen). Darin wird die Höhe der von Gesetzes wegen zum Tragen kommenden Verzugszinsen mit der Summe aus dem – in Artikel 2 Z 7 definierten – Bezugszinssatz und mindestens acht zusätzlichen Prozentpunkten festgelegt. Hierin kommt also insofern eine bloße Mindestharmonisierung zum Ausdruck, als es den Mitgliedstaaten frei steht, auch einen höheren Verzugszinssatz vorzusehen. Die durch die neue Richtlinie vorgegebene Mindesthöhe der Verzugszinsen liegt um einen Prozentpunkt über jener der früheren Richtlinie, die in ihrem Artikel 3 Abs. 1 Buchstabe d die Höhe der gesetzlichen Verzugszinsen mit dem Bezugszinssatz zuzüglich einer Spanne von mindestens sieben Prozentpunkten festgelegt hatte. Bei der Umsetzung dieser früheren Richtlinienvorgabe in das österreichische Recht durch das ZinsRÄG hatte der Gesetzgeber allerdings nicht den Bezugszinssatz als Referenzwert herangezogen, sondern den Basiszinssatz, dabei aber eine Spanne von acht Prozentpunkten (statt der damaligen Richtlinienvorgabe von sieben Prozentpunkten) zusätzlich zu diesem Referenzwert statuiert. In den Gesetzesmaterialien wird diese abweichende Konstruktion im Wesentlichen damit begründet, dass es sich beim Basiszinssatz (der den früheren Diskontsatz ersetzte) um eine in der österreichischen Rechtspraxis bereits eingelebte Größe handle, während die Übernahme des Bezugszinssatzes aus der Richtlinie dazu führen würde, dass ein weiterer Zinssatz als Referenzgröße beachtet werden müsste, was in der Praxis zu Verwechslungen führen könne. Der mit dieser Lösung verbundene Nachteil, dass die gesetzlichen Zinsen für den Geschäftsverkehr nach österreichischem Recht von den Richtlinien-Zinsen abweichen, könne hingenommen werden, weil die Mitgliedstaaten ohnehin für den Gläubiger günstigere Vorschriften erlassen könnten und deshalb ohnehin kein einheitliches Zinsniveau gewährleistet sei. Ein maßgebendes Argument für den Basiszinssatz wurde aus dem Blick auf die deutsche Rechtslage gewonnen, zumal Deutschland ebenfalls eine von der Richtlinie abweichende Bezugsgröße gewählt hatte. Bei Heranziehung des Basiszinssatzes als Bezugsgröße müsse jedoch die Spanne erhöht werden, weil der Basiszinssatz niedriger als der Bezugszinssatz sei (RV ZinsRÄG 1167 BlgNR 21. GP 9f).

2. Die nun erörterte Fragestellung, die der Gesetzgeber des Jahres 2002 in Richtung des Basiszinssatzes als Bezugsgröße beantwortet hatte, kehrt heute im Rahmen der nunmehrigen Umsetzung der neuen Zahlungsverzugsrichtlinie wieder. Sie wird nun allerdings noch dadurch akzentuiert, dass die neue Richtlinie eine erhöhte Spanne von acht Prozentpunkten auf den Bezugszinssatz vorsieht, sodass bei einer Beibehaltung der seinerzeitigen österreichischen Entscheidung für den Basiszinssatz auch die damals gewählte Spanne von acht Prozentpunkten zu erhöhen wäre. Ansonsten stellt sich die Abwägung des Für und Wider ähnlich dar wie im Jahr 2002. Die Konstruktion des gesetzlichen Verzugszinssatzes über den Basiszinssatz hat den Vorteil größerer Transparenz und der Wahrung von Kontinuität für sich (zumal der Bezugszinssatz hierzulande kaum bekannt ist und bislang auch nicht an prominenter Stelle veröffentlicht wurde). Demgegenüber hätte eine Verzugszinsenregelung unter Heranziehung des Bezugszinssatzes den Vorzug, mit der diesbezüglichen Konzeption der Richtlinie auch dem Wortlaut nach und konstruktiv in Einklang zu stehen und eine bessere grenzüberschreitende Vergleichbarkeit zu bieten; außerdem wäre hier ein Unterschreiten der von der Richtlinie geforderten Mindesthöhe der Verzugszinsen auch theoretisch ausgeschlossen.

3. Im Rahmen der Begutachtung zum Ministerialentwurf wurden beide Varianten zur Diskussion gestellt. In § 456 laut Entwurffassung (der auch der nunmehrigen Textierung entsprach) wurde in Fortschreibung der bisherigen Rechtslage die Verzugszinsenregelung unter Heranziehung des Basiszinssatzes konzipiert, freilich mit einem gegenüber dem bisherigen § 352 UGB erhöhten Zusatzwert (siehe zum Ausmaß dieser Erhöhung den sogleich nachfolgenden Punkt 4). Daneben wurde in den Erläuterungen des Ministerialentwurfs eine Alternativregelung anhand des Bezugszinssatzes entworfen, um solcherart plastisch zu zeigen, welches Aussehen diese Regelungsvariante hätte. Im Begutachtungsverfahren sprach sich sodann die weitaus überwiegende Mehrheit jener Stellen, die sich in ihrer Äußerung mit der Frage befassten, für die Beibehaltung des Basiszinssatzes, also für eine Konstruktion der Verzugszinsenregelung unter Heranziehung dieser Bezugsgröße aus. Deshalb wurde die schon im Ministerialentwurf präferierte Lösung nun auch in die Regierungsvorlage übernommen.

4. Wie in Punkt 1 dargelegt, hat der Gesetzgeber bei Umsetzung der früheren Zahlungsverzugsrichtlinie (konkreter: bei der Schaffung der damaligen Verzugszinsenregelung unter Bezugnahme auf den Basiszinssatz) einen gegenüber der Richtlinie um einen Prozentpunkt erhöhten Zusatzwert (nämlich damals acht Prozentpunkte statt sieben wie in der Richtlinie) angesetzt, um damit den Unterschied zwischen Basiszinssatz und Bezugszinssatz auszugleichen. Allerdings könnte diese „Zusatzspannenerhöhung“ von einem Prozentpunkt theoretisch nicht ausreichen, um mit dem über den Basiszinssatz konstruierten Verzugszinssatz jedenfalls zumindest gleich hoch zu bleiben wie der von der Richtlinie mindestens vorgesehene Verzugszinssatz. Auf Grund der unterschiedlichen Konzeptionen des europarechtlichen Bezugszinssatzes (oder auch „Hauptrefinanzierungszinssatz der EZB“) einerseits und des österreichischen Basiszinssatzes nach dem 1. Euro-Justiz-Begleitgesetz (BGBl. I Nr. 125/1998) andererseits sowie auf Grund der unterschiedlichen Mechanismen der Veränderung dieser Zinssätze muss ein auf dem Basiszinssatz aufbauender Verzugszinssatz eine um zumindest 1,11 Prozentpunkte höhere Zusatzspanne aufweisen als der auf dem Bezugszinssatz aufbauende Verzugszinssatz der Richtlinie, um sicherzustellen, dass Ersterer bei jeder denkbaren Entwicklung mindestens gleich hoch ist wie Letzterer. Wenn die neue Richtlinie eine Zusatzspanne von acht Prozentpunkten vorsieht, muss ein über den Basiszinssatz konstruierter Verzugszinssatz also mindestens mit einer Zusatzspanne von 9,11 Prozentpunkten versehen sein, um dessen uneingeschränkte Richtlinienkonformität zu gewährleisten. Anstelle des unrunden Zusatzwerts von 9,11 Prozentpunkten wird in § 456 UGB aber der aufgerundete Wert von 9,2 Prozentpunkten angesetzt.

5. Entsprechend Artikel 3 Abs. 2 und Artikel 4 Abs. 2 der Richtlinie ist vorzusehen, dass der am ersten Kalendertag eines Halbjahres geltende europäische Zinssatz für das jeweilige Halbjahr maßgebend bleibt, also der Wert am 1. Januar für das erste Kalenderhalbjahr und der Wert am 1. Juli für das zweite Kalenderhalbjahr. Insofern unterscheidet sich die Neuregelung in beiden Varianten geringfügig vom bisherigen § 352 UGB, der jeweils den letzten Kalendertag des vorangegangenen Halbjahrs für maßgebend erklärte (vgl. allerdings schon die davon abweichende Vorgabe der früheren Zahlungsverzugsrichtlinie in ihrem Artikel 3 Abs. 1 Buchstabe d letzter Satz).

6. Was eine „Verzögerung“ im Sinn des § 456 ist, braucht in dieser Gesetzesbestimmung nicht ausgeführt zu werden, sondern ergibt sich aus der allgemeinen, auch für den unternehmerischen Verkehr geltenden Regelung des § 1334 ABGB. Diese Bestimmung wurde mit dem ZinsRÄG zum Zweck der Umsetzung von Artikel 3 Abs. 1 der früheren Zahlungsverzugsrichtlinie neu gefasst, indem für die Frage, wann dem Schuldner ein Leistungsverzug anzulasten ist, neben dem durch Gesetz oder Vertrag bestimmten Zahlungstag auch auf die weiteren verzugsauslösenden Fallkonstellationen der früheren Richtlinie Bedacht genommen wurde, nämlich auf die vertragsgemäße Erbringung der Gegenleistung, auf ein Verfahren zur Abnahme oder Überprüfung der Leistung, auf den Eingang der Rechnung oder einer gleichwertigen Zahlungsaufforderung sowie – dies allerdings entsprechend der vorangegangenen Rechtslage – auf die gerichtliche oder außergerichtliche Einmahnung. Auf die Übernahme der 30-Tages-Frist der früheren Zahlungsverzugsrichtlinie wurde damals – unter Beibehaltung des sich aus § 904 ABGB ergebenden Grundsatzes, wonach die Vertragserfüllung grundsätzlich „ohne unnötigen Aufschub“ zu geschehen hat – verzichtet, was auf Grund des bloßen Mindestharmonisierungscharakters der Richtlinie gemeinschaftsrechtlich zulässig war. Im Übrigen wird zu den damaligen Umsetzungsüberlegungen hinsichtlich der Fälligkeit und des Verzugszinsenlaufs auf die seinerzeitigen Gesetzesmaterialien verwiesen (RV ZinsRÄG 1167 BlgNR 21. GP 14 ff.). Die damaligen Regelungsentscheidungen erfüllen inhaltlich auch die Vorgaben der neuen Zahlungsverzugsrichtlinie über die Tatbestandsmerkmale des Zahlungsverzugs und der Verpflichtung des Geldschuldners zur Bezahlung von Verzugszinsen in Artikel 2 Z 4, Artikel 3 Abs. 1 und 3 sowie Artikel 4 Abs. 1 und 3, zumal die genannten Regelungen der neuen Richtlinie 2011/7/EU mit jenen der alten Richtlinie 2000/35/EG in deren Artikel 3 Abs. 1 inhaltlich übereinstimmen. Daher bedarf es nun bei Umsetzung der neuen Richtlinie dazu nicht der Schaffung einer neuen Gesetzesbestimmung, sondern kann es uneingeschränkt beim bisherigen, gegenüber den Formulierungen in der Richtlinie komprimierter und eleganter gefassten § 1334 ABGB bleiben (weshalb auch auf die ausführlichen Gesetzesmaterialien zu dieser Bestimmung [RV ZinsRÄG 1167 BlgNR 14 ff] hinsichtlich des Eintritts der Fälligkeit und des Beginns des Verzugszinsenlaufs verwiesen wird).

Die – schon in der früheren Richtlinie enthaltene – Regelung, dass der Anspruch des Gläubigers auf die Verzugszinsen keiner Mahnung gegenüber dem Schuldner bedarf, muss im österreichischen Recht nicht eigens umgesetzt werden, weil sich schon aus der Systematik des § 1334 ABGB ergibt, dass in den im zweiten Satz dieser Bestimmung genannten Fällen eine Mahnung des Gläubigers für den Eintritt der Fälligkeit nicht vonnöten ist (vgl. schon die Gesetzesmaterialien zum ZinsRÄG RV 1167 BlgNR 21. GP 15).

7. a) Bei den Vorberatungen zur Erstellung dieses Gesetzentwurfs wurde von den darin eingebundenen Rechtswissenschaftern einhellig die Auffassung vertreten, dass es hinsichtlich der erhöhten Verzugszinsen des bisherigen § 352 bzw. des neuen § 456 UGB sachlich gerechtfertigt wäre, hier anders als nach der allgemeinen, der Höhe nach wesentlich moderateren Regelung der §§ 1333 Abs. 1, 1000 Abs. 1 ABGB (für die objektiver Verzug ausreicht) nur noch an den subjektiven Verzug anzuknüpfen. Es erscheine nicht gerechtfertigt, den Geldschuldner schon dann mit derart hohen Verzugszinsen zu belasten, wenn es an einem Verschulden des Schuldners für die Verzögerung mangle und auch kein Fehlverhalten seines Erfüllungsgehilfen vorliege, sondern die Verzögerung beispielsweise im Bereich einer eingeschalteten Zwischenbank eingetreten sei.

b) Diesem Gedanken ist schon hinsichtlich der Wertungen zuzustimmen: Die Aufbürdung von Verzugszinsen, die weit mehr als das Doppelte bis fast zum Dreifachen der in Österreich geltenden gesetzlichen Zinsen betragen, ist tatsächlich nur dann gerechtfertigt, wenn dem Schuldner ein persönliches Verschulden oder ein Fehlverhalten seiner Erfüllungsgehilfen vorzuwerfen ist. Dies gilt umso mehr, als diese Wertung ja bereits in der Zahlungsverzugsrichtlinie grundgelegt ist. Wie schon in anderem Zusammenhang erwähnt, soll den Schuldner gemäß Artikel 3 Abs. 1 Buchstabe b und Artikel 4 Abs. 1 Buchstabe b der Richtlinie die Rechtsfolge der von der Richtlinie geforderten (hohen) Verzugszinsen dann nicht treffen, wenn „der Schuldner für den Zahlungsverzug nicht verantwortlich ist“. Gleichartige Formulierungen enthielt schon die frühere Richtlinie 2000/35/EG (Artikel 3 Abs. 1 Buchstabe c sublit. ii, Artikel 3 Abs. 1 Buchstabe e). Bei der Umsetzung der früheren Richtlinie zunächst in § 1333 Abs. 2 ABGB aF (später § 352 UGB) hatte sich der Gesetzgeber noch dafür entschieden, auch für die hohen Verzugszinsen lediglich an den objektiven Schuldnerverzug anzuknüpfen; in den damaligen Erläuterungen wurde dies explizit deklariert („Weiterhin soll es auch ausreichen, dass der Schuldner objektiv in Verzug ist, ein Verschulden an der Verzögerung der Zahlung wird auch künftig nicht gefordert.“).

c) Nun soll diese Entscheidung aber aus den genannten Gründen und in Anlehnung an den diesbezüglich in der Zahlungsverzugsrichtlinie positivierten Rechtsstandpunkt in eine andere Richtung getroffen werden: Mit dem dritten Satz von § 456 wird klargestellt, dass für die Anwendung des Zinssatzes nach den ersten beiden Sätzen (also für das Anfallen der hohen Verzugszinsen) – in Abkehr vom bisher herrschenden Meinungsstand – objektiver Schuldnerverzug nicht ausreicht, sondern dafür subjektiver Verzug erforderlich ist. Dies wird durch die auch in der Richtlinie gebrauchte Wendung, die auf die Verantwortlichkeit abstellt, zum Ausdruck gebracht. Mit anderen Worten: Trifft den Schuldner kein Verschulden am Zahlungsverzug, so hat er nur Zinsen in Höhe von 4 % pro anno zu bezahlen; der höhere Zinssatz nach § 456 UGB kommt nur insoweit zum Tragen, als dem Schuldner die Verzögerung auch subjektiv vorwerfbar ist.

d) Fraglich könnte sein, ob „Verantwortlichkeit“ für den Verzug im Sinn der Richtlinie auch jene Konstellationen umfasst, in denen den Schuldner persönlich zwar kein Verschulden an der Verzögerung trifft, diese aber ihre Ursache in einem Fehlverhalten eines Erfüllungsgehilfen des Schuldners (z. B. der Schuldnerbank) hat. Die Richtlinie gibt für die Beantwortung dieser Frage weder im verfügenden Text noch in ihren Erwägungsgründen irgendwelche Hinweise. Der Begriff der „Verantwortlichkeit“ scheint aber zumindest doch insofern weiter zu gehen als jener des Verschuldens, als der Schuldner in diesem Zusammenhang wohl auch für einen Fehler im Bereich seines Bankinstituts (das ja bei der Zahlung Erfüllungsgehilfe des Schuldners ist) einzustehen hat.

Noch weiter gehend ließe sich fragen, ob mit der Verantwortlichkeit im Sinn der Richtlinie allenfalls auch solche Verzugsursachen angesprochen sein könnten, die bloß in der Risikoabgrenzung der Sphäre des Schuldners zugeordnet werden (im Beispiel der Banküberweisung also etwa ein Fehlverhalten der Zwischenbank). Diese Frage wird aber doch zu verneinen sein, zumal der Begriff der Verantwortlichkeit durchaus ein subjektives, zumindest aber ein stärker beim Schuldner selbst angesiedeltes Element ansprechen dürfte, als dies bei der bloßen Zuordnung einer Ursache in die Risikosphäre des Schuldners der Fall wäre.

Für die Beantwortung dieser Fragen kommt aber letztlich ausschließlich dem EuGH die Auslegungshoheit zu. Schon im Hinblick darauf wird die in § 456 dritter Satz normierte Ausnahme von den hohen Verzugszinsen exakt wortgleich mit dem entsprechenden Vorbild in der Richtlinie formuliert.

8. Schließlich sei noch angemerkt, dass die aus § 352 UGB (und fast gleichlautend aus der Vorgängerbestimmung des § 1333 Abs. 2 ABGB aF) bekannte Wendung „aus unternehmensbezogenen Geschäften“ in den Wortlaut des neuen § 456 UGB nicht übernommen wurde. Diese Wendung ist hier nämlich entbehrlich, weil sich schon aus der Einbettung der Verzugszinsenregelung in das Vierte Buch des UGB („Unternehmensbezogene Geschäfte“) ergibt, dass nur solche Geschäfte von der Bestimmung erfasst sind.

 

Zu § 457

1. In ihrem Artikel 3 Abs. 4 (für Unternehmen) und ebenso in ihrem Artikel 4 Abs. 5 (für öffentliche Stellen) befasst sich die Richtlinie mit Abnahme- oder Überprüfungsverfahren; deren Funktion wird in der Richtlinie damit umschrieben, dass durch sie die Übereinstimmung der Waren oder Dienstleistungen mit dem Vertrag festgestellt werden soll. Bei den Richtlinienregelungen geht es immer um die Dauer eines solchen Verfahrens, und zwar im Zusammenhang mit dem Bemühen der Richtlinie, den Zeitraum zwischen der Sachleistung und der tatsächlichen Entrichtung der dafür zu leistenden Zahlung möglichst zu verkürzen. Nun sind solche Abnahme- oder Überprüfungsverfahren ja insofern der eigentlichen Zahlungsfrist vorgelagert, als diese erst mit dem Abschluss eines solchen Verfahrens (wenn ein solches vereinbart ist) beginnt. Insofern stehen Abnahme- oder Überprüfungsverfahren einerseits und der Fragenkreis rund um die Zahlungsfrist andererseits in einem untrennbaren sachlichen Zusammenhang. Um insgesamt dem Ziel rascherer Zahlungen näherzukommen, muss daher auch die Dauer solcher Verfahren begrenzt werden, weil es andernfalls ja möglich wäre, vertraglich eine äußerst lange Abnahme- oder Überprüfungsfrist festzulegen und dadurch insgesamt selbst bei einem strengen Regulativ für die Dauer der eigentlichen Zahlungsfrist die Erfüllung der Geldschuld erheblich hinauszuzögern. Deshalb muss ein Normensystem, das den Zeitraum zwischen der Erbringung der Sachleistung und der Zahlung dafür möglichst kurz gestalten will, auch die Dauer derartiger Abnahme- oder Überprüfungsverfahren regulieren.

Folgerichtig sieht die neue Zahlungsverzugsrichtlinie – im Gegensatz zu ihrer Vorgängerin – in Artikel 3 Abs. 4 und Artikel 4 Abs. 5 Regelungen über die Dauer eines solchen Verfahrens vor. Demnach soll grundsätzlich die Dauer dieses Verfahrens mit 30 Kalendertagen ab dem Zeitpunkt des Empfangs der Waren oder Dienstleistungen begrenzt werden. Vertragliche Vereinbarungen über eine längere als 30 Tage dauernde Abnahme- oder Überprüfungsfrist sind zwar zulässig, dies aber unter dem Vorbehalt, dass eine solche Vereinbarung für den Gläubiger nicht grob nachteilig im Sinn von Artikel 7 (vgl. die nachfolgenden Ausführungen zu § 459) ist. Dieses negative Erfordernis für die Wirksamkeit solcher Vereinbarungen über eine längere Verfahrensdauer gilt in allen Fällen, unabhängig davon, wer der Geldschuldner ist. Unterschiedliches statuiert die Richtlinie allerdings hinsichtlich weiterer Wirksamkeitsvoraussetzungen je nach dem, ob es sich beim Geldschuldner um ein Unternehmen oder eine öffentliche Stelle handelt. Im erstgenannten Fall wird – neben dem Fehlen grober Nachteiligkeit – nur verlangt, dass die längere Frist im Vertrag „ausdrücklich“ vereinbart wurde. Dies kann hier nicht etwa als ein Schriftlichkeitserfordernis betrachtet werden; nach der Formulierung wäre hier durchaus auch eine mündliche Vereinbarung denkbar. Bei der Erstellung des Ministerialentwurfs wurde eine Umsetzungsregelung zum Erfordernis „ausdrücklicher“ Vereinbarung noch für entbehrlich gehalten; im Begutachtungsverfahren wurde freilich durchaus nachvollziehbar argumentiert, dass die explizite Umgießung dieser Richtlinienbestimmung in das österreichische Recht keineswegs überflüssig sei; dem wurde nun durch eine entsprechende Ergänzung des zweiten Satzes von § 457 Rechnung getragen. Wenn es sich beim Geldschuldner allerdings um eine öffentliche Stelle handelt, verlangt die Richtlinie weitergehend, dass die längere Frist „im Vertrag und in etwaigen Vergabeunterlagen … ausdrücklich … vereinbart“ ist. Anders als noch im Ministerialentwurf vorgesehen, soll diese Sonderbestimmung für öffentliche Stellen jedoch nicht mehr im Rahmen des Zahlungsverzugsgesetzes, sondern im Vergaberecht umgesetzt werden (vgl. dazu die Ausführungen in Punkt D und in Punkt E.1.c des Allgemeinen Teils dieser Erläuterungen).

2. Die sowohl für Unternehmer als auch für öffentliche Stellen geltenden Richtlinienregelungen werden in § 457 umgesetzt. Der erste Satz statuiert den Grundsatz eines höchstens dreißigtägigen Abnahme- oder Überprüfungsverfahrens, der zweite Satz die allgemeinen Voraussetzungen für die Vereinbarung einer längeren Frist. Soweit die Richtlinie für eine solche Verlängerungsvereinbarung bei einer öffentlichen Stelle zusätzliche Voraussetzungen festgelegt, wird dies im Vergaberecht umgesetzt. Der Begriff „Abnahme- oder Überprüfungsverfahren“ wird in der Richtlinie – abgesehen von dessen Funktion – nicht näher definiert, und auch die Erwägungsgründe (Erwägungsgrund 26) bieten dazu keine nähere Aufklärung. Der Begriff wurde bereits in der früheren Zahlungsverzugsrichtlinie im Zusammenhang mit dem Beginn der Zahlungsfrist verwendet (Artikel 3 Abs. 1 Buchstabe b sublit. iv); demgemäß wird bereits in § 1334 ABGB auf die „Abnahme oder Überprüfung der Leistung des Gläubigers“ abgestellt. In den Erläuterungen dazu wird auf die im österreichischen Recht vor allem im Zusammenhang mit dem Werkvertrag angenommene Verschiebung der Fälligkeit des Entgelts bis zur Durchführung der Überprüfung oder Abnahme Bezug genommen (RV ZinsRÄG 1167 BlgNR 21. GP 15). Wie schon erwähnt, ergibt sich ein konkretisierender Anhaltspunkt für eine Eingrenzung solcher Abnahme- oder Überprüfungsverfahren aus dem Richtlinientext: Demnach besteht der Zweck eines solchen Verfahrens darin, die Übereinstimmung der Waren oder Dienstleistungen mit dem Vertrag festzustellen. Dieser Verfahrenszweck wird in etwas modifizierter Formulierung auch im Text des § 457 erwähnt.

3. Die Frage, ob eine vertragliche Verlängerung der Verfahrensdauer über die gesetzlich vorgesehene 30‑Tages‑Frist hinaus für den Gläubiger grob nachteilig ist, wird in erster Linie danach zu beantworten sein, in welchem Ausmaß die Frist gegenüber der gesetzlichen Regeldauer erstreckt wird. Über die Vereinbarung einer 31-tägigen Verfahrensdauer wird wohl kaum das Verdikt der groben Nachteiligkeit zu fällen sein; eine beispielsweise 100-tägige Verfahrensdauer wird allein schon wegen dieser extensiven zeitlichen Ausdehnung bedenklich erscheinen. Im Übrigen wird diese Frage im Einzelfall anhand der Kriterien des § 459 Abs. 2 zu beurteilen sein.

4. Wenn die Erbringung einer Gesamtleistung in einzelnen Teilabschnitten und dabei jeweils ein Abnahme- oder Überprüfungsverfahren vereinbart ist, läuft die Abnahme- oder Überprüfungsfrist für jede Teilleistung gesondert.

 

Zu § 458

1. Mit dieser Bestimmung wird Artikel 6 der Richtlinie umgesetzt, der sich mit der „Entschädigung für Beitreibungskosten“ befasst. In dessen Abs. 1 wird dem Gläubiger für den Fall des Schuldnerverzugs (regelungstechnisch durch Anknüpfung an die Fallkonstellationen, in denen Verzugszinsen zu zahlen sind) ein vom Nachweis eines Schadens unabhängiger Anspruch auf Zahlung eines Pauschalbetrags für Beitreibungskosten in Höhe von mindestens 40 Euro eingeräumt. Die Anordnung eines Mindestbetrags bezieht sich darauf, dass die Mitgliedstaaten auch einen höheren Pauschalbetrag als die in der Richtlinie vorgegebenen 40 Euro vorsehen können. Zielrichtung dieses pauschalierten Anspruchs ist es ausweislich der Ausführungen in Erwägungsgrund 19, die mit der Beitreibung verbundenen Verwaltungskosten und internen Kosten des Gläubigerunternehmens zumindest teilweise abzudecken. Artikel 6 Abs. 2 ordnet ergänzend an, dass dieser Pauschalbetrag ohne Mahnung zu zahlen ist, und stellt seinen Charakter als „Entschädigung für die Beitreibungskosten des Gläubigers“ klar. Artikel 6 Abs. 3 rundet die Regelung der Beitreibungskosten insofern ab, als er – im Gegensatz zu den Bestimmungen über den Pauschalbetrag – an tatsächlich entstandene (und wohl auch nachgewiesene) Beitreibungskosten anknüpft. Der Gläubiger hat demnach zusätzlich zum Pauschalbetrag Anspruch auf angemessenen Ersatz aller durch den Zahlungsverzug des Schuldners verursachten Beitreibungskosten, die diesen Betrag überschreiten; beispielhaft für solche Kosten werden die Ausgaben für das Tätigwerden eines Rechtsanwalts oder eines Inkassounternehmens genannt.

2. Die Umsetzung dieser Richtlinienvorgabe soll nicht in dem durch das ZinsRÄG geschaffenen § 1333 Abs. 3 (nunmehr: Abs. 2) ABGB geschehen, sondern in einer eigenen Bestimmung in dem in das UGB neu eingefügten Abschnitt. Dies hat seinen Grund darin, dass die Anordnung eines gesetzlichen Ersatzanspruchs unabhängig vom tatsächlichen Eintritt eines Schadens einen Fremdkörper im allgemeinen österreichischen Schadenersatzrecht bilden würde. Freilich kennt § 1336 ABGB das Rechtsinstitut der Konventionalstrafe, doch bedarf diese anders als der hier zu behandelnde Pauschalbetrag einer vertraglichen Vereinbarung. Hinzu kommt, dass die Richtlinie die Verpflichtung zur Zahlung dieses Entschädigungsbetrags auch nicht an ein Verschulden des Schuldners am Zahlungsverzug knüpft; auch dies passt nicht in die Konzeption des § 1333 Abs. 2 ABGB. Aus diesen Gründen wird kein Anlass dafür gesehen, die Anordnungen der Richtlinie über diesen Pauschalbetrag über ihren Geltungskreis hinaus erstreckend im Schuldrecht des ABGB umzusetzen. Stattdessen wird die dem Artikel 6 der Richtlinie entsprechende Bestimmung ausschließlich für den unternehmerischen Geschäftsverkehr in Geltung gesetzt (hinsichtlich des Anspruchs auf die den Pauschalbetrag übersteigenden tatsächlichen Kosten für die Betreibung der Forderung, der sehr wohl von einem Schadensnachweis abhängig ist und insofern einen „klassischen“ Schadenersatzanspruch darstellt, kann freilich wiederum auf das allgemeine Schadenersatzrecht verwiesen werden).

3. Der erste Satz des § 458 befasst sich mit dem oben besprochenen Pauschalbetrag für Betreibungskosten. In der österreichischen Umsetzungsbestimmung wird – systematisch richtiger – nicht an das Anfallen von Verzugszinsen, sondern wie bei diesen (§ 456) an den gedanklich vorgelagerten Verzugsfall angeknüpft. Ebenso wie bei § 456 (vgl. Punkt 8 der Ausführungen zu § 456) ist auch hier eine Bezugnahme auf unternehmensbezogene Geschäfte entbehrlich.

Die Bestimmung des Artikel 6 Abs. 2 der Richtlinie, wonach der Anspruch auf den Pauschalbetrag von einer Mahnung unabhängig ist, bedarf – ebenso wie bei den Verzugszinsen (vgl. dazu Punkt 6 der Ausführungen zu § 456) keiner gesonderten Umsetzung im österreichischen Recht. Für den Anspruch auf den Pauschalbetrag ist überdies – wie zuvor hinsichtlich der Richtlinienvorgabe bereits ausgeführt – weder ein Verschulden des Schuldners am Zahlungsverzug noch der Nachweis eines konkret eingetretenen Schadens an Betreibungskosten erforderlich.

4. Im zweiten Satz von § 458 wird hinsichtlich des Ersatzes von Betreibungskosten, die den Pauschalbetrag von 40 Euro übersteigen, auf die allgemein-schadenersatzrechtliche Regelung in § 1333 Abs. 2 ABGB (nF) verwiesen. Zu den Voraussetzungen für einen Schadenersatzanspruch nach dieser mit dem ZinsRÄG geschaffenen Bestimmung, insbesondere zur Verschuldensabhängigkeit dieses Anspruchs sowie zum Erfordernis eines angemessenen Verhältnisses der Betreibungskosten zur betriebenen Forderung, mag hier ein Hinweis auf die umfassenden Gesetzesmaterialien zu dieser Bestimmung (RV ZinsRÄG 1167 BlgNR 21. GP 11 ff.) genügen.

 

Zu § 459

1. Diese Bestimmung dient der Umsetzung der in Artikel 7 der Richtlinie enthaltenen Anordnungen über „nachteilige Vertragsklauseln und Praktiken“, und zwar konkret der Regelungen in den ersten drei Absätzen dieses Artikels (die Bestimmungen in den Absätzen 4 und 5 über die Rechtsdurchsetzung und im Besonderen über die Verbandsklage finden ihre spezifische Umsetzung in § 460 UGB). In der österreichischen Rechtssprache wird für den Begriff der „Vertragsklausel“ der Terminus „Vertragsbestimmung“ verwendet; an die Stelle des in der Richtlinie gebrauchten, eher unspezifischen Begriffs „Praxis“ oder im Plural „Praktiken“ wird bei der österreichischen Umsetzung der Terminus „Geschäftspraktik“ gesetzt, weil dieser besser zum Ausdruck bringt, was Gegenstand der Regelung sein solle.

2. Die Abs. 1 und 2 des § 459 befassen sich – korrespondierend mit Artikel 7 Abs. 1 der Richtlinie – allgemein mit der Frage der groben Nachteiligkeit von Vertragsbestimmungen oder Geschäftspraktiken im Zusammenhang mit der Zahlung und den Verzugsfolgen. Abs. 4 enthält – korrespondierend mit Artikel 7 Abs. 2 der Richtlinie – eine Sonderregelung zu den Verzugszinsen, Abs. 5 – korrespondierend mit Artikel 7 Abs. 3 der Richtlinie – eine Sonderregelung zu den Betreibungskosten. Ergänzend zu § 459 Abs. 1 und 2 enthält § 459 Abs. 3 eine Aussage über jedenfalls nicht grob nachteilige Zahlungsfristvereinbarungen; in der Richtlinie finden sich die Referenzstellen dazu in Artikel 3 Abs. 5 sowie in Artikel 4 Abs. 6; die Umsetzungsregelung zur strengeren Richtlinienvorgabe für öffentliche Stellen wird nicht mehr hier im Zahlungsverzugsgesetz, sondern im Vergaberecht getroffen.

3. a) Artikel 7 Abs. 1 der Richtlinie stellt den Mitgliedstaaten zwei Möglichkeiten für die Statuierung wirksamer Rechtsfolgen der groben Nachteiligkeit von Klauseln oder Praktiken zu Fragen der Zahlung und der Verzugsfolgen anheim: Die Mitgliedstaaten können entweder vorsehen, dass solche grob nachteiligen Klauseln und Praktiken nicht durchsetzbar sind, oder sie können daran einen Schadenersatzanspruch knüpfen. Nach dem österreichischen Zivilrechtssystem sind grundsätzlich beide Alternativen denkbar, doch ist die prominenteste Sanktion für eine unter dem Blickwinkel etwa der Sittenwidrigkeit oder der gröblichen Benachteiligung verpönte Vertragsbestimmung ohne Zweifel deren Nichtigkeit (vgl. nur § 879 Abs. 1 und 3 ABGB). Daher wird in § 459 Abs. 1 unter Heranziehung der ersten Gestaltungsalternative der Richtlinie angeordnet, dass Vertragsbestimmungen über den Zahlungstermin, die Zahlungsfrist, den Verzugszinssatz oder die Entschädigung für Betreibungskosten dann nichtig sind, wenn sie für den Gläubiger eine grobe Nachteiligkeit mit sich bringen. Bewusst wird hier der verpönte Charakter einer solchen Vertragsbestimmung unter Übernahme des Richtlinienwortlauts als „grob nachteilig“ bezeichnet und wird von einer terminologischen Übernahme der „gröblichen Benachteiligung“ in § 879 Abs. 3 ABGB abgesehen. Zwar werden im Konkreten wohl kaum Unterschiede zwischen den beiden Bezeichnungen auszumachen sein, doch soll mit dieser terminologischen Differenzierung das Augenmerk darauf gerichtet werden, dass der in § 459 verwendete Begriff der groben Nachteiligkeit unmittelbar aus der Zahlungsverzugsrichtlinie übernommen wurde und daher richtlinienkonform zu interpretieren ist, die Auslegungshoheit zu diesem Begriff somit letztlich dem EuGH zukommt. Die Richtlinie gibt ja auch ihrerseits eigene Kriterien für die Beurteilung der groben Nachteiligkeit vor, die in Abs. 2 des § 459 umgesetzt werden.

Unabhängig von der Frage einer allfälligen Identität der gröblichen Benachteiligung nach § 879 Abs. 3 ABGB auf der einen und der groben Nachteiligkeit des § 459 Abs. 1 UGB auf der anderen Seite sei bemerkt, dass die grobe Nachteiligkeit schon auf Grund eines Größenschlusses a minori ad maius jedenfalls auch die Gesetz- und Sittenwidrigkeit im Sinn des § 879 Abs. 1 ABGB umfasst.

b) Der zweite Satz des § 459 Abs. 1 widmet sich der groben Nachteiligkeit von Geschäftspraktiken. Hier kann die Rechtsfolge nicht in der Nichtigkeit bestehen, weil eine Geschäftspraktik – anders als ein Rechtsgeschäft oder eine Vertragsbestimmung – nicht nichtig sein kann; die korrespondierende Rechtsfolge besteht hier darin, dass aus einer grob nachteiligen Geschäftspraktik keine rechtlichen Wirkungen abgeleitet werden können.

Bei den Vorarbeiten zur Erstellung dieses Gesetzentwurfs wurde von Seiten beteiligter Rechtswissenschafter eingewendet, dass die Bedachtnahme auch auf „Geschäftspraktiken“ in dieser Bestimmung trotz ihrer korrespondierenden Nennung auch in der Zahlungsverzugsrichtlinie unterbleiben sollte. Solange Geschäftspraktiken nicht Vertragsinhalt würden, hätten sie ohnedies keine rechtlichen Wirkungen; insofern sei ihre Mitregelung in § 459 überflüssig. Dem kann zwar weitgehend zugestimmt werden. Allerdings ist es im unternehmerischen Geschäftsverkehr nicht völlig ausgeschlossen, dass eine Geschäftspraktik im Wege konkludenten Verhaltens des Vertragspartners doch Eingang in den gesamten Vertragsinhalt findet; und streng genommen handelte es sich dann dabei nicht um eine „Vertragsbestimmung“, zumal man mit diesem Terminus in der Regel ja explizite Vertragsklauseln assoziiert. Insofern ist es nicht gänzlich ohne Sinn, sich auch in den innerstaatlichen Umsetzungsregelungen mit der Frage grob nachteiliger Geschäftspraktiken auseinanderzusetzen. Im Hinblick auf die vom Umsetzungsgesetzgeber geforderte Richtlinientreue und bei Abwägung des Argumentationsaufwandes für den Fall, dass sich der österreichische Gesetzgeber für einen Verzicht auf die Schaffung eines innerstaatlichen Pendants zu den Richtlinienregelungen über die Geschäftspraktiken entschlösse, ist es vorzugswürdig, im Rahmen des § 459 auch ausdrücklich auf derartige Geschäftspraktiken einzugehen. Freilich ist in diesem Kontext nochmals zu betonen, dass Geschäftspraktiken allein – seien sie nun grob nachteilig oder nicht – nie rechtliche Wirkungen erzeugen können, sondern solche Wirkungen nur in Ausnahmefällen aus einem Verhalten des Vertragspartners erschlossen werden könnte, das nach den Umständen des Rechtsgeschäfts die Annahme rechtfertigt, es wäre über den Inhalt einer etwaigen Vertragsurkunde hinaus daraus zu bestimmten ergänzenden Vereinbarungen gekommen (dies freilich immer nach dem strengen Maßstab des § 863 ABGB).

4. Wie schon erwähnt, gibt die Richtlinie dem Rechtsanwender einige – allerdings sehr allgemein gehaltene – Kriterien für die Beurteilung der groben Nachteiligkeit einer Vertragsklausel oder einer Praktik an die Hand, und zwar einerseits generell für den gesamten Fragenkreis der Zahlung und der Verzugsfolgen (Artikel 7 Abs. 1 erster Unterabsatz Buchstaben a und b) und andererseits spezifischer zu bestimmten Einzelfragen (Artikel 7 Abs. 1 erster Unterabsatz Buchstabe c, Abs. 2 und 3). Diese wenigen Orientierungspunkte für die Nachteiligkeitsprüfung werden in § 459 Abs. 2 in das österreichische Recht übernommen, wobei durch die Formulierung klargestellt wird, dass es sich – selbstverständlich – nur um einen demonstrativen Katalog handelt. Dabei werden die Wendungen der Richtlinie durch inhaltlich gleichgelagerte Rechtsfiguren und Formulierungen, wie sie in der österreichischen Rechtsdogmatik bereits bekannt sind (wie etwa die „Übung des redlichen Verkehrs“), ersetzt.

Die in der generellen (nämlich für sämtliche Fragen der Zahlung und der Verzugsfolgen zum Tragen kommende) Anordnung des ersten Satzes von § 459 Abs. 2 genannte Überlegung, ob es im konkreten Fall einen sachlichen Grund für die Abweichung von der Übung des redlichen Verkehrs gibt, knüpft einerseits an die spezifischen Richtlinienregelungen zum Zinssatz, zur Zahlungsfrist und zum Pauschalbetrag für Betreibungskosten in Artikel 7 Abs. 1 erster Unterabsatz Buchstabe c an und hat andererseits eine Grundlage in Artikel 7 Abs. 1 erster Unterabsatz Buchstabe a, zumal selbst eine grobe Abweichung dann nicht gegen den Grundsatz des guten Glaubens und der Redlichkeit verstößt, wenn es für sie in concreto einen sachlichen Grund gibt.

Mit dem zweiten Satz von § 459 Abs. 2 werden die Richtlinienregelungen in Artikel 7 Abs. 1 erster Unterabsatz Buchstabe c hinsichtlich einer vertraglichen Vereinbarung über die Höhe der Verzugszinsen sowie hinsichtlich einer vertraglichen Verringerung des Pauschalbetrags für Betreibungskosten gegenüber der in § 458 erster Satz festgesetzten Höhe von 40 Euro umgesetzt (hinsichtlich eines gänzlichen Ausschlusses einer Entschädigung für Betreibungskosten s. § 459 Abs. 5).

5. Artikel 7 Abs. 1 erster Unterabsatz Buchstabe c der Richtlinie nimmt auch auf Vereinbarungen über die Zahlungsfrist Bezug. Gemäß Artikel 3 Abs. 5 der Richtlinie kann ein (bloßer) Unternehmer als Geldschuldner ohne weiteres eine Zahlungsfrist von bis zu 60 Kalendertagen vereinbaren (dieser zeitliche Rahmen ist somit genau doppelt so lang wie die Richtlinienvorgabe für die gesetzliche Zahlungsfrist von 30 Tagen). Nur die vertragliche Festlegung einer darüber hinausgehenden Zahlungsfrist steht nach dieser Richtlinienbestimmung unter der Voraussetzung, dass diese längere Frist für den Gläubiger nicht grob nachteilig ist. Daraus zeigt sich, dass die Richtlinie bei Unternehmern die Vereinbarung einer Zahlungsfrist von bis zu 60 Tagen jedenfalls toleriert. Dem entspricht die Umsetzungsbestimmung des § 459 Abs. 3, wonach die Vereinbarung einer Zahlungsfrist von bis zu 60 Tagen keinesfalls grob nachteilig ist. Die diesbezügliche Schlechterstellung von öffentlichen Stellen durch die Richtlinie wird im Vergaberecht umzusetzen sein.

Bei (bloßen) Unternehmern wird die Vereinbarung einer über dieser generellen Toleranzgrenze von 60 Tagen liegenden Zahlungsfrist nicht etwa durch eine absolute Obergrenze limitiert, sondern unter den Vorbehalt gestellt, dass sie nicht grob nachteilig sein darf (siehe neuerlich Artikel 3 Abs. 5 der Richtlinie). Diese weit gezogene Richtlinienvorgabe wird aber bereits durch die allgemeinen Umsetzungsregelungen in § 459 Abs. 1 und Abs. 2 erster Satz zur Gänze erfüllt, sodass es dazu keiner innerstaatlichen Sonderregelung bedarf. Was den Beginn der nun besprochenen Zahlungsfristen anlangt, ist dafür innerstaatlich an die die frühere Zahlungsverzugsrichtlinie umsetzende und auch nunmehr im Licht der neuen Richtlinie unverändert bleibende allgemeine Bestimmung des § 1334 ABGB anzuknüpfen. Je nach Lage des konkreten Vertragsverhältnisses setzt der Fristenlauf also bei der Erbringung der Gegenleistung, beim Eingang der Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufforderung oder bei Abnahme oder Überprüfung der Leistung ein. Zur letztgenannten Fallkonstellation ist klarzustellen, dass dann, wenn ein Abnahme- oder Überprüfungsverfahren vereinbart wurde, der Geldschuldner aber innerhalb der für dieses Verfahren vorgesehenen Zeitdauer (s. § 457 zur gesetzlichen Beschränkung von Vereinbarungen über die Dauer eines solchen Abnahme- oder Überprüfungsverfahrens) die Abnahme oder Überprüfung nicht durchführt, die Zahlungsfrist mit dem (ungenützten) Ablauf der für die Abnahme oder Überprüfung festgelegten Zeit beginnt.

6. Die Bestimmung des § 459 Abs. 4, wonach der gänzliche Ausschluss von Verzugszinsen jedenfalls grob nachteilig ist, setzt die Richtlinienanordnung in Artikel 7 Abs. 2 um.

7. Der gänzliche vertragliche Ausschluss einer weiteren Verzugsfolge, nämlich der Entschädigung für Betreibungskosten, wird in Artikel 7 Abs. 3 der Richtlinie behandelt. Anders als in Artikel 7 Abs. 2 für den Ausschluss von Verzugszinsen wird hier aber die grobe Nachteiligkeit einer solchen Ausschlussvereinbarung nur vermutet. Demgemäß wird in § 459 Abs. 5 – anders als in § 459 Abs. 4 für den Ausschluss von Verzugszinsen – nicht angeordnet, dass eine solche Ausschlussvereinbarung jedenfalls grob nachteilig wäre. Hier wird nur bestimmt, dass ein gänzlicher Ausschluss der Betreibungskostenentschädigung nach § 458 als grob nachteilig gilt, dies allerdings nicht absolut und in ausnahmslos allen Fällen. Vielmehr wird die Möglichkeit offen gelassen, dass eine solche vertragliche Abrede über den Ausschluss von Betreibungskosten ausnahmsweise dennoch sachlich gerechtfertigt und damit wirksam sein könnte. Diese Anordnung bezieht sich sowohl auf den Pauschalbetrag nach § 458 erster Satz als auch auf den Ersatz darüber hinausgehender Betreibungskosten, für den § 458 zweiter Satz auf das allgemeine Schadenersatzrecht verweist.

 

Zu § 460

1. Wie schon ihre Vorgängerin verpflichtet auch die neue Zahlungsverzugsrichtlinie in ihrem Artikel 7 Abs. 4 und 5 die Mitgliedstaaten zur Schaffung (oder Beibehaltung) von Rechtsvorschriften wonach Organisationen zur Vertretung von Unternehmen gegen grob nachteilige Vertragsklauseln die Gerichte (oder die zuständigen Verwaltungsbehörden) anrufen können; die Neuregelung in Artikel 7 Abs. 5 schließt nun auch grob nachteilige Praktiken als Gegenstand einer solchen Befassung der Gerichte mit ein. Bei der Umsetzung der früheren Zahlungsverzugsrichtlinie hat der Gesetzgeber zur Erfüllung dieser gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtung in Artikel V des Zinsenrechts-Änderungsgesetzes eine eigene Bestimmung über eine Verbandsklage zur Bekämpfung unangemessen langer Zahlungsfristen oder wesentlich unter den gesetzlichen Zinsen liegender Verzugszinsen geschaffen. Zu Einzelfragen dieser Verbandsklage verweist die Regelung auf entsprechende Bestimmungen des UWG 1984.

2. Die Schaffung eines neuen Abschnitts im UGB zur Umsetzung der Regelungen der neuen Zahlungsverzugsrichtlinie bietet nun die Möglichkeit, die Bestimmung über die Verbandsklage in diesen Abschnitt einzubeziehen und damit auch in einen prima vista passenden Sachkontext zu stellen.

Gegenüber der früheren Verbandsklagebestimmung war nun jedoch eine Erweiterung vorzunehmen. Sie betrifft den Gegenstand der Verbandsklage, also die verpönten Handlungen. Nach der neuen Zahlungsverzugsrichtlinie geht es nicht mehr bloß um Zahlungsfristen oder Verzugszinsen, sondern weitergehend um sämtliche grob nachteiligen Vertragsbestimmungen im Zusammenhang mit dem Zahlungstermin, der Zahlungsfrist, dem Verzugszinssatz oder der Entschädigung für Betreibungskosten. Überdies werden neben grob nachteiligen Vertragsbestimmungen auch derartige Geschäftspraktiken von der Regelung erfasst.

Im Übrigen ist § 460 UGB mit seiner Vorgängerregelung in Artikel V ZinsRÄG identisch.

 

Zu Z 5 (Änderung von § 906)

Der dem § 906 angefügte Abs. 25 enthält die Inkrafttretens- und Übergangsbestimmungen zu den durch das Zahlungsverzugsgesetz herbeigeführten Änderungen des UGB. Nach den Übergangsregelungen im zweiten und dritten Satz ist das neue, auf der neuen Zahlungsverzugsrichtlinie basierende Recht grundsätzlich nur auf solche Vertragsverhältnisse anzuwenden, die nach dem Inkrafttreten der neuen Umsetzungsregelungen eingegangen werden. Damit wird von einer Regelungsermächtigung der neuen Zahlungsverzugsrichtlinie in deren Übergangsrecht Gebrauch gemacht. Die neue Richtlinie überlässt es in ihrem Artikel 12 Abs. 4 den Mitgliedstaaten, darüber zu entscheiden, ob Verträge, die vor dem 16. März 2013 – dem spätestmöglichen Datum für die innerstaatliche Umsetzung der Richtlinie – geschlossen wurden, von der Anwendung der neuen, strengeren Regelungen ausgenommen werden. Österreich macht von dieser Regelungsermächtigung insofern Gebrauch, als die Frist zur Umsetzung des neuen Regulativs nicht zur Gänze ausgeschöpft wird, sondern das Umsetzungsgesetz geringfügig früher, nämlich bereits mit Anfang März 2013 in Kraft treten soll. Vertragsverhältnisse, die vor diesem Umsetzungsdatum geschlossen wurden, sollen weiterhin den bisherigen Vorschriften unterliegen. Die Änderungen des UGB durch das Zahlungsverzugsgesetz sollen also nur für jene Vertragsverhältnisse zum Tragen kommen, die ab seinem Inkrafttreten geschlossen wurden (auch wenn der Vertragsabschluss vor dem 16. März 2013 stattfindet). Im Ergebnis bedeutet dies, dass auf ein vor dem 1. März 2013 geschlossenes Vertragsverhältnis auch dann noch uneingeschränkt und gleichbleibend die bisherigen Vorschriften anzuwenden sind, wenn beispielsweise der Verzug des Geldschuldners erst nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes eintritt. Das intertemporale Differenzierungskriterium liegt also beim Vertragsabschluss und nicht bei anderen Ereignissen im Zuge der Vertragsabwicklung. Wenn die rechtsgeschäftlichen Willenserklärungen der Parteien, die in ihrem Zusammenwirken zum Vertragsabschluss führen, zeitlich auseinanderfallen, ist für diese Übergangsfrage die spätere Willenserklärung maßgeblich.

 

Zu Artikel 3 (Änderung des ASGG)

Zu Z 1 (Änderung von § 49a)

1. Im Zuge der Umsetzung der früheren Zahlungsverzugsrichtlinie durch das ZinsRÄG wurde auch das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz unter anderem hinsichtlich der gesetzlichen Verzugszinsen geändert, und zwar inhaltlich parallel zu der im damals neuen § 1333 Abs. 2 ABGB entsprechend der Richtlinie konzipierten Bestimmung über die gesetzlichen Verzugszinsen (die später in § 352 UGB transferiert wurde). Konkret wurde in § 49a ASGG für Forderungen im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis der Höhe nach genau der selbe Verzugszinssatz, nämlich 8 Prozentpunkte über dem geltenden Basiszinssatz, vorgesehen wie in § 1333 Abs. 2 ABGB aF für Geldforderungen zwischen Unternehmern aus unternehmerischen Geschäften. Eine (bewusste) Divergenz zwischen den beiden Verzugszinsenregelungen bestand (und besteht) nur darin, dass die Bestimmung im ABGB bzw. später im UGB in Anlehnung an die Richtlinienvorgabe (wenngleich dieser nicht exakt entsprechend; vgl. Punkt 5 der Ausführungen zu § 456) im Zeitverlauf wechselnd an den Basiszinssatz am letzten Kalendertag des jeweils vorangegangenen Halbjahres anknüpfte, während die Bestimmung im ASGG zeitlich fixiert und damit für den gesamten Verzugszinsenlauf gleichbleibend auf die Höhe des Basiszinssatzes am Tag nach dem Eintritt der Fälligkeit der Forderung abstellt. In den Gesetzesmaterialien wurde diese gemeinschaftsrechtlich nicht indizierte Gleichschaltung des Verzugszinssatzes für Forderungen aus einem Arbeitsverhältnis mit jenem für unternehmerische Forderungen damit begründet, dass dadurch eine Ungleichgewichtslage zwischen den beiden Gläubigergruppen vermieden werde solle (RV ZinsRÄG 1167 BlgNR 21. GP 17).

2. Wie oben zu Artikel 2, § 456 UGB, ausgeführt wurde, muss aufgrund der neuen Richtlinienvorgaben der Verzugszinssatz für das unternehmensbezogene Geschäft angehoben werden. In Anknüpfung an die seinerzeitigen Überlegungen zum ZinsRÄG muss daher nun auch in § 49a ASGG eine korrespondierende Zinssatzanhebung vorgenommen werden, weil andernfalls nun gerade jenes Ungleichgewicht entstünde, das schon bei der Umsetzung der früheren Richtlinie hintan gehalten werden sollte. Es wäre auch sachlich nicht nachvollziehbar, den in der Regel „stärkeren“ unternehmerischen Gläubiger durch den höheren Verzugszinssatz nach der neuen Zahlungsverzugsrichtlinie besser zu stellen als den regelmäßig „schwächeren“ Arbeitnehmer – denn um Arbeitnehmerforderungen geht es in § 49a ASGG in aller Regel – bei Beibehaltung der bisherigen Rechtslage. Daher soll die Harmonisierung des Verzugszinssatzes in den beiden Rechtsbereichen auch über die Umsetzung der neuen Zahlungsverzugsrichtlinie hinweg fortgesetzt werden.

Ebenso wie bei § 456 UGB wurden auch hier im Ministerialentwurf beide denkbaren Alternativen, nämlich die Konstruktion des Verzugszinssatzes über den österreichischen Basiszinssatz einerseits und jene über den europäischen Bezugszinssatz andererseits, zur Diskussion gestellt. Zu diesen beiden Alternativen wird auf die umfassenden Ausführungen zu § 456 verwiesen. Die Entscheidung muss parallel zum UGB auch hier auf die erstgenannte Alternative fallen; diese findet sich also in der vorgeschlagenen Neufassung zu § 49a ASGG (Erhöhung von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 9,2 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz).

An der seinerzeitigen Entscheidung, über den Zeitverlauf gleichbleibend auf jene Referenzgröße abzustellen, die am Tag nach dem Eintritt der Fälligkeit in Geltung steht, müsste auch bei Konstruktion über den Bezugszinssatz nichts geändert werden.

 

Zu Z 2 (Änderung von § 98)

Der dem § 98 angefügte Abs. 28 enthält die Inkrafttretens- und Übergangsbestimmungen zu der durch das Zahlungsverzugsgesetz herbeigeführten Änderung des § 49a ASGG. Im ersten Satz wird das Inkrafttreten der Neuerung mit 1. März 2013 angeordnet. Die Übergangsregelungen des zweiten und des dritten Satzes bestimmen, dass das neue Recht nur auf Forderungen anzuwenden ist, die ab dessen Geltung entstehen. Dazu sei auf die Erwägungen zur korrespondierenden Übergangsregelung in § 906 UGB verwiesen.

 

 

Zu Artikel 4 (Änderung des MRG)

1. Im Begutachtungsverfahren wurden von Mieterschutzorganisationen Probleme mit der Neukonstruktion der Fälligkeit einer Geldschuld im Bereich des Mietrechts aufgezeigt. Es wurde nämlich darauf hingewiesen, dass der gesetzliche Fälligkeitstermin für die Zahlung des Mietzinses der Erste eines jeden Kalendermonats sei. Wenn aufgrund der gesetzlichen Neuregelung zu diesem Zeitpunkt der Mietzins bereits auf dem Konto des Vermieters gutgeschrieben und wertgestellt sein müsse, ergäbe sich daraus für die Mieter die Verpflichtung, den Überweisungsauftrag bereits in den letzten Tagen des Vormonats zu erteilen, also zu einem Zeitpunkt, in dem in aller Regel das korrespondierende Monatsgehalt oder der Monatslohn noch nicht auf dem Konto der Mieter eingelangt sei. Dies hätte für die Mieter den Zwang zu einer Zwischenfinanzierung zur Folge, die sich wegen der damit allenfalls verbundenen Zinsen über die Monate und Jahre hinweg zu einer durchaus merkbaren Belastung summieren könne. (Anzumerken ist, dass sich dieses Problem aufgrund der zwischenzeitlich in den Entwurf eingefügten Sonderregelung im Konsumentenschutzgesetz nur für Mietverhältnisse stellen kann, bei denen der Vermieter kein Unternehmer ist).

Zur Lösung dieser Problematik wird bei der gesetzlichen Regelung des § 15 Abs. 3 MRG über die Fälligkeit des Mietzinses angesetzt, die nach bisheriger Rechtslage für den Monatsersten vorgesehen ist, dabei allerdings dispositiv ausgestaltet ist, sodass vertragliche Vereinbarungen über die Zinsfälligkeit vorgehen. Dieser gesetzliche Fälligkeitstermin wird nun um fünf Tage nach hinten verschoben, sodass den Mietern ein zeitlicher Spielraum eingeräumt wird, um den Mietzins bereits mit dem jeweiligen Monatsbezug entrichten zu können. Angeknüpft wird dabei an eine andere wohnrechtliche Fälligkeitsbestimmung, nämlich an § 32 Abs. 9 WEG 2002, der als Fälligkeitszeitpunkt für die den Wohnungseigentümern vorgeschriebenen Vorauszahlungen auf die Aufwendungen für die Liegenschaft ebenfalls den Fünften eines jeden Kalendermonats vorsieht.

2. Zur möglichst umfassenden Bedachtnahme auf die berechtigten Interessen der Mieter wird § 15 Abs. 3 MRG aber noch in zwei weiteren Punkten verändert: Zum einen wird die neue Regelung über den gesetzlichen Fälligkeitstermin zugunsten der Mieter einseitig zwingend gestellt (wie dies ja bei den allermeisten Bestimmungen des Mietrechtsgesetzes sonst auch der Fall ist). Eine vom neuen § 15 Abs. 3 MRG abweichende vertragliche Vereinbarung über die Zinsfälligkeit ist also nur insoweit wirksam, als ein späterer Fälligkeitstermin als der Fünfte eines jeden Kalendermonats vereinbart wird. Die vertragliche Vereinbarung eines vor dem Monatsfünften gelegenen Zahlungstags für den Mietzins wäre also unzulässig. Zum anderen wird angeordnet, dass der Vermieter dem Mieter zur Begleichung des Mietzinses ein verkehrsübliches Bankkonto bekanntzugeben hat. Diese Neuerung ist aufgrund der nunmehrigen Konstruktion von Geldschulden als Bringschuld erforderlich, um die Mieter vor möglichen Nachteilen zu bewahren. Andernfalls hätte es nämlich der Vermieter in der Hand, den Mietern zur Entrichtung des Mietzinses nur die Wahl zwischen persönlicher Übergabe und der – nicht immer kostengünstigen – Übermittlung zu belassen. Die Neuregelung bedeutet aber nicht, dass der Vermieter von Gesetzes wegen einen Anspruch darauf hätte, dass ihm der Mieter den Mietzins auf das bekanntgegebene Bankkonto überweist; das durch § 907a Abs. 1 ABGB dem Geldschuldner eingeräumte Wahlrecht bleibt also durch den neuen § 15 Abs. 3 MRG unberührt. Freilich – dies ist gerade im Zusammenhang mit dem Mietrechtsgesetz zu betonen – sind vertragliche Vereinbarungen über die Art der Erfüllung des Mietzinses auch hier durchaus zulässig.

3. Der neue § 15 Abs. 3 MRG gilt nicht etwa nur für Mietverträge, die nach dem Inkrafttreten der Neufassung geschlossen werden, sondern ist mit seinem Inkrafttreten auch auf bereits laufende Mietverhältnisse anzuwenden (Art. 7 Abs. 2 ZVG).

4. Bei der Neugestaltung dieser Gesetzesbestimmung über die Zinsfälligkeit wird nicht übersehen, dass § 15 MRG nur im Vollanwendungsbereich des MRG gilt, für sich genommen also noch keine flächendeckende Lösung der Fälligkeitsfrage bietet. Allerdings strahlt diese neu gefasste und zwingend ausgestaltete Norm über ihren eigentlichen Anwendungsbereich hinaus auch auf die anderen Segmente des Mietrechts aus, indem sie Maßstab für die Beurteilung von – dort grundsätzlich zulässigen – vertraglichen Gestaltungen in den Teilanwendungsbereichen des MRG und im allgemeinen Bestandrecht des ABGB sein wird. Wenn also eine vertragliche Vereinbarung über die Fälligkeit und die Entrichtung des Mietzinses in diesen außerhalb des MRG-Vollanwendungsbereichs gelegenen Segmenten etwa nach § 879 Abs. 1 oder vor allem nach § 879 Abs. 3 ABGB zu beurteilen ist, wird die Zulässigkeit des Vereinbarten oder der AGB durchaus auch an den Überlegungen und Wertungen, die der Neufassung von § 15 Abs. 3 MRG zugrunde gelegen sind, zu messen sein. Dies gilt umso mehr, als es ja keine andere Sonderbestimmung über die Fälligkeit des Mietzinses gibt. Aus diesem Grund wird § 15 Abs. 3 MRG im Übrigen auch eine Seitenwirkung auf jene Miet- und Nutzungsverhältnisse entfalten, die dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz unterliegen. Auch dort wird es daher – sofern nicht für die Mieter und sonstigen Nutzungsberechtigten günstigere vertragliche Vereinbarungen getroffen werden – ausreichen, wenn das Entgelt bis zum Fünften eines jeden Kalendermonats entrichtet wird, also etwa bis zu diesem Zeitpunkt auf dem Bankkonto der gemeinnützigen Bauvereinigung gutgeschrieben und wertgestellt ist.

5. Unabhängig von der nun besprochenen Neuerung im Mietrechtsgesetz wird sich die Frage stellen, wie es im Lichte des gesamten Zahlungsverzugsgesetzes zu interpretieren sein wird, wenn in vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes geschlossenen Mietverträgen vereinbart wurde, dass der Mietzins zu einem bestimmten Termin durch Überweisung auf ein Bankkonto des Vermieters oder des Hausverwalters zu entrichten sei. Wird eine solche vertragliche Vereinbarung dahin zu verstehen sein, dass der Mietzins zum vorgesehenen Fälligkeitstermin bereits auf dem Bankkonto gutgeschrieben und wertgestellt sein muss, wie dies nun in § 907a Abs. 2 erster Satz ABGB als gesetzliche Dispositivregel vorgesehen ist? Oder ist eine solche Abrede entsprechend dem bisherigen Meinungsstand so auszulegen, dass ungeachtet der gesetzlichen Neuregelung die Erteilung des Überweisungsauftrags am vereinbarten Zahlungstag ausreichend ist? Das ist eine nach § 914 ABGB zu lösende Frage der Vertragsauslegung. Freilich wird vieles dafür sprechen, diese Frage in Richtung der zweiten Interpretationsvariante zu lösen, zumal Vertragsparteien bisher entsprechend dem früher herrschenden Verständnis zumeist davon ausgegangen sind, dass es für die Rechtzeitigkeit einer Zahlung auf die fristgerechte Erteilung des Überweisungsauftrags ankomme.

 

 

Zu Artikel 5 (Änderung des VKrG)

Der Teil II des Anhangs I der Richtlinie 2008/48/EG über Verbraucherkreditverträge enthält Annahmen für die Berechnung des effektiven Jahreszinses. Nach Art. 19 Abs. 5 dieser Richtlinie kann die Kommission zusätzliche Annahmen festlegen oder die bestehenden Annahmen ändern, wenn die in Teil II des Anhangs I genannten Annahmen für eine einheitliche Berechnung des effektiven Jahreszinses nicht ausreichen oder nicht auf die wirtschaftliche Marktlage abgestimmt sind.

Auf Grundlage dieser Bestimmung hat die Kommission mit der Richtlinie 2011/90/EU den Teil II des Anhangs I geändert und neue Annahmen über Regeln für die Berechnung des effektiven Jahreszinses für Kredite ohne feste Laufzeit oder für wiederholt vollständig rückzahlbare Kredite vorgesehen. Überdies wurden in den Anhang I Regeln für den Zeitpunkt der ersten Inanspruchnahme und für die vom Verbraucher zu leistenden Zahlungen aufgenommen.

Diese Änderungen sind in den Anhang I des Verbraucherkreditgesetzes zu übernehmen.

 

 

Zu Artikel 6 (Änderung des KSchG)

1. Die Gründe für die Schaffung dieser Regelungen wurden schon in Punkt C der Erläuterungen zu § 907a ABGB dargelegt; darauf wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen.

2. Die Regelung des Abs. 1 entspricht inhaltlich jener des zweiten Satzes im neu gefassten § 15 Abs. 3 MRG. Daher sei zunächst auf die Ausführungen in Punkt 2 zu § 15 MRG verwiesen. Durch die hier vorgesehene Verpflichtung des Unternehmers zur Bekanntgabe einer verkehrsüblichen Bankverbindung soll gewährleistet werden, dass dem Verbraucher zur Erfüllung seiner Geldschuld der einfache Weg einer Banküberweisung offensteht. Freilich bedeutet diese Bestimmung – auch hier – nicht, dass vertragliche Vereinbarungen über eine abweichende Art der Geldschulderfüllung unzulässig wären. Es ist also weiterhin auch im Unternehmer-Verbraucher-Verhältnis möglich, beispielsweise Erfüllung im Einziehungsverfahren vorzusehen; diesfalls ist die Verpflichtung zur Bekanntgabe eines Bankkontos obsolet. Außerdem steht diese Verpflichtung hier unter der Einschränkung, dass sie dann nicht zum Tragen kommt, wenn nach der Natur des Vertragsverhältnisses Barzahlung verkehrsüblich ist, wie dies beispielsweise bei Zug um Zug zu erfüllenden Verträgen der Fall ist. Um es an einem auf der Hand liegenden Beispiel zu illustrieren: Der Konsument kann an der Supermarktkassa oder auch sonst im Einzelhandel selbstverständlich nicht die Bekanntgabe der Bankverbindung des Unternehmers verlangen, um seine Zahlung auf diese Weise zu entrichten.

3. Abweichend von der allgemeinen Regel des § 907a Abs. 2 zweiter Satz ABGB wird für das Unternehmer-Verbraucher-Verhältnis in Abs. 2 angeordnet, dass auch bei einem im Vorhinein bestimmten Fälligkeitstermin für die Rechtzeitigkeit einer Geldschulderfüllung durch Banküberweisung nicht etwa die Wertstellung des Geldbetrags auf dem Konto des unternehmerischen Gläubigers, sondern die Erteilung des Überweisungsauftrags durch den Verbraucher maßgebend ist. Dies steht freilich wie bisher unter der Bedingung, dass auf dem Konto des Verbrauchers ausreichend Deckung für die Durchführung des Überweisungsauftrags vorhanden ist. Diese Regelung ist zwingendes Recht. Somit kommt es bei Unternehmer-Verbraucher-Geschäften zeitlich in allen Fällen auf das Einlangen des Überweisungsauftrags bei der Schuldnerbank an.

Die Bezugnahme auf den Tag der Fälligkeit bedeutet, dass auch die Abgabe des Überweisungsauftrags nach Ablauf der Banköffnungszeit – etwa bei einem Foyer-Automaten – rechtzeitig ist. Auch eine um 23.55 Uhr auf eine solche Weise oder etwa elektronisch vorgenommene Auftragserteilung ist noch dem jeweiligen Kalendertag zuzurechnen.

4. Diese Sonderregelung führt nicht zu einer Beeinträchtigung der Unternehmerinteressen. Zum einen wird damit nur jene Rechtslage positiviert, wie sie schon bisher nach dem Meinungsstand in Rechtsprechung und Lehre gegeben und anerkannt war und wie sie schon bisher von Unternehmern praktiziert wurde. Auch in der Vergangenheit wurde auf Unternehmerseite immer ein Zeitraum von etlichen Tagen nach Fälligkeit abgewartet, weil der für die Durchführung des Überweisungsauftrags erforderliche Zeitraum miteinkalkuliert wurde. Erst wenn nach Ablauf dieser Latenzzeit immer noch kein Zahlungseingang festzustellen war, wurde – in aller Regel ohne Anlastung von Verzugszinsen – mit einer Zahlungserinnerung reagiert. Zusammenfassend entspricht die neue Rechtslage bei Verbrauchern daher uneingeschränkt der bisherigen Praxis.

Zum anderen kommen seit dem Inkrafttreten des Zahlungsdienstegesetzes ohnehin auch die Unternehmer in ihrer Rechtsposition als Geldgläubiger in den Genuss der durch dieses Gesetz verkürzten Überweisungszeiträume. Musste man früher noch mit dem Verstreichen mehrerer Tage zwischen der Erteilung des Überweisungsauftrags durch den Kunden und dem Einlangen des Geldbetrags auf dem eigenen Konto rechnen, so geschieht dies heute in der Regel innerhalb eines Tages. Das Verzögerungsproblem hat sich im Überweisungsverkehr also – auch zugunsten der Gläubiger – gänzlich entschärft.

Die besondere Rechtslage im Unternehmer-Verbraucher-Verhältnis hat drittens aber auch einen nicht unerheblichen praktischen Vorteil: Die in Einzelfällen möglicherweise diffizile Abgrenzung zwischen vorausbestimmtem Fälligkeitstermin und einer erst im Nachhinein ausgelösten Fälligkeit entfällt hier zur Gänze. Hier kann man sich somit – und das ist gerade im Verbraucherbereich erstrebenswert – an einer einheitlichen und einfachen Regel orientieren.

 

 

Zu Artikel 7 (Außerkrafttreten von Artikel V ZinsRÄG)

Die bisherige Verbandsklageregelung zur früheren Zahlungsverzugsrichtlinie, die in Art V ZinsRÄG verortet war, kann im Hinblick auf die neue, in den Achten Abschnitt des Vierten Buchs des UGB eingebettete Verbandsklagebestimmung außer Kraft gesetzt werden. Im Übrigen sei auf die Erläuterungen zu § 460 UGB verwiesen.

 

 

Zu Artikel 8 (Inkrafttreten, Übergangsbestimmung, Vollziehung)

Dieser Artikel enthält – ergänzend zu den Inkrafttretens- und Übergangsbestimmungen in § 1503 ABGB, § 906 Abs. 25 UGB, § 98 Abs. 28 ASGG und § 29 Abs. 8 VKrG – Regelungen über das Inkrafttreten der übrigen Teile des Zahlungsverzugsgesetzes sowie eine Regelung über die Vollziehungszuständigkeit. Auf die Erwägungen zur korrespondierenden Übergangsregelung in § 906 UGB sei hier verwiesen.

Die in Artikel 4 vorgesehenen Neuerungen in § 15 MRG sollen – entsprechend dem intertemporalen Grundprinzip im Mietrecht (vgl. § 43 Abs. 1 MRG) – mit ihrem Inkrafttreten auch für Mietverhältnisse gelten, die schon zuvor eingegangen worden waren.

 

 

Zu Artikel 9 (Umsetzungshinweis)

Dieser Artikel enthält den in Artikel 12 Abs. 1 zweiter Unterabsatz der Richtlinie geforderten Umsetzungshinweis.