2156 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Menschenrechte

über den Antrag 1953/A(E) der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Franz Kirchgatterer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhalt des Klosters Mor Gabriel und Unterstützung der Rechte der christlichen Minderheit in der Türkei

Die Abgeordneten Karlheinz Kopf, Franz Kirchgatterer, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 16. Mai 2012 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Mor Gabriel, gelegen im Distrikt Midyat, Provinz Mardin, der Republik Türkei, ist eines der ältesten christlichen Klöster weltweit. Wahrscheinlich 397 nach Christus gegründet, stellt es heute als eines der letzten intakten christlichen Klöster das geistliche und kulturelle Zentrum syrisch-orthodoxer Christen in Südostanatolien dar. Das Kloster kann auf eine 1 600 Jahre währende kontinuierliche Ausübung der Liturgie und klösterlichen Lebens verweisen. Das Kloster Mor Gabriel spielt eine entscheidende Rolle bei der Pflege der syrisch-orthodoxen Kirche und deren syrisch-aramäischer Lithurgie sowie Alltagssprache und sichert institutionell das kulturelle Erbe der syrisch-orthodoxen Bevölkerung. Schließlich ist das Kloster faktisch seit der Bischofsweihe des Abtes von Mor Gabriel gleichzeitig Sitz des Bischofs Mor Timotheos Samuel Aktas.

Eine Verschlechterung jeglicher Rahmenbedingungen für die Existenz des Klosters würde zugleich den Fortbestand der Kultur syrisch-orthodoxer Christen insgesamt akut gefährden. Zahlenmäßig erlitt diese christliche Minderheit in der Türkei im vergangenen Jahrhundert erhebliche Verluste: Von der Vertreibung und Verfolgung der Armenier waren auch die syrisch-orthodoxen Christen betroffen; zudem wanderte in den achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts aufgrund der schwierigen Lebensumstände eine große Anzahl syrisch-orthodoxer Christen aus. Fühlten sich Anfang des 20. Jahrhundert noch 200 000 Menschen dem syrisch-orthodoxen Glauben verpflichtet, sind es heute in der Türkei noch ca. 13 000 Menschen, von denen bis zu 3 000 Menschen in der Region um Mor Gabriel leben. Die restlichen ca. 10 000 sind im Großraum Istanbul beheimatet.

Die Republik Türkei hat sich im Vertrag von Lausanne vom 24. Juli 1923 dazu verpflichtet, dass ‚türkische Staatsbürger, die nichtmuslimischen Minderheiten angehören‘, die ‚gleichen bürgerlichen und politischen Rechte genießen wie Muslime‘ (Artikel 39 Absatz 1 des Vertrages). Praktisch sieht die Türkei die Minderheit der Syrisch-Orthodoxen in ihrem Land nicht als Minderheit im Sinne des Vertrages von Lausanne an. Deshalb verfügt die syrisch-orthodoxe Kirche in der Türkei über keine Anerkennung als Rechtspersönlichkeit. Sie besitzt nicht das Recht, religiöse Stiftungen und Schulen zu unterhalten und darf ihre Gebäude nicht zu Ausbildungszwecken nutzen. Auch wenn das Kloster Mor Gabriel zivilrechtlich als Gemeindestiftung organisiert ist, wird ihm das Recht abgesprochen, als Ausbildungsstätte zu fungieren.

2008 wurde das Kloster Mor Gabriel von drei benachbarten Dörfern wegen „rechtswidriger Ansiedelung“ verklagt. Aktuell ist die Existenz des Klosters im Rahmen des daraus resultierenden Gerichtsverfahrens die Existenz des Kloster bedroht. Mit aktiver Unterstützung bzw. Duldung durch staatliche Behörden stehen Enteignung und Auflösung des Klosterbetriebes bevor. Der Kassationsgerichtshof in Ankara hat Anfang Februar 2011 das Gerichtsurteil, das die Eigentumsrechte des Klosters bestätigte, annulliert und dem Staat große Teile des klösterlichen Grundbesitzes übertragen. Das Kloster hat nochmalige Berufung eingelegt.

Unterstützt von Österreich wurde am 15. Februar 2011 von der Europäischen Union eine Demarche beim türkischen Staatsminister und EU-Chefverhandler Egemen Bagis zum Kloster Mor Gabriel durchgeführt. Die Problematik wird von Österreich außerdem auch auf bilateraler Ebene direkt angesprochen. Der jüngste EU-Fortschrittsbericht weist auf eklatante Mängel im Bereich der Religionsfreiheit hin.“

 

Der Ausschuss für Menschenrechte hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 13. Februar 2013 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich im Anschluss an die Ausführungen der Berichterstatterin Abgeordneten Claudia Durchschlag die Abgeordneten Mag. Heidemarie Unterreiner, Wolfgang Großruck und Franz Kirchgatterer sowie der Staatssekretär im Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten Dr. Reinhold Lopatka und die Ausschussobfrau Abgeordnete Mag. Alev Korun.

Bei der Abstimmung wurde der Entschließungsantrag 1953/A(E) der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Franz Kirchgatterer, Kolleginnen und Kollegen einstimmig beschlossen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Menschenrechte somit den Antrag, der Nationalrat wolle die angeschlossene Entschließung annehmen.

Wien, 2013 02 13

                            Claudia Durchschlag                                                            Mag. Alev Korun

                                 Berichterstatterin                                                                           Obfrau