2342 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft

über die Regierungsvorlage (2294 der Beilagen): Bundesgesetz zur Durchführung der Biozidprodukteverordnung (Biozidproduktegesetz – BiozidprodukteG)

Vollziehung der Biozidprodukteverordnung

Die Verordnung (EU) Nr. 528/2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten, ABl. Nr. L 167 vom 27.06.2012 S. 1 (im Folgenden: Biozidprodukteverordnung), wird mit dem 1. September 2013 die derzeit geltende Richtlinie 98/8/EG über das Inverkehrbringen von Biozid-Produkten, ABl. Nr. L 123 vom 24.04.1998 S.1 (im geltenden Biozid-Produkte-Gesetz – BiozidG, BGBl. I Nr. 105/2000, als „Biozid-Produkte-Richtlinie“ bezeichnet), ablösen.

Diese Änderung im Recht der Europäischen Union erfordert auch entsprechende Anpassungen in den innerstaatlichen Vorschriften. Die Umsetzung der Biozid-Produkte-Richtlinie, die mit dem BiozidG erfolgt ist und die noch bis zum 31. August 2013 aufrecht zu erhalten ist, wird infolge der unmittelbaren Anwendbarkeit der Biozidprodukteverordnung mit dem 1. September 2013 gegenstandslos, sodass die Aufhebung des BiozidG zu diesem Zeitpunkt zweckmäßig erscheint. An die Stelle des BiozidG soll mit dem neuen Bundesgesetz zur Durchführung der Biozidprodukteverordnung, dem Biozidproduktegesetz – BiozidprodukteG, eine neue Rahmenvorschrift treten, die in Anknüpfung an die Biozidprodukteverordnung nur jene Regelungen enthält, die dafür notwendig sind, die Vollziehung, einschließlich der Überwachung, der neuen unionsrechtlichen Vorschriften im Bundesgebiet nach den bewährten Grundsätzen des österreichischen Verwaltungsrechtes sicherzustellen.

Der Entwurf des geplanten BiozidprodukteG enthält somit in erster Linie Vorschriften über die Behördenzuständigkeiten, zur Durchführung von Verwaltungsverfahren, zu Überwachungsbefugnissen, Regelungen in Zusammenhang mit Sanktionen für allfällige Verwaltungsübertretungen sowie Vorschriften zum Übergang vom derzeit geltenden BiozidG zum neuen BiozidprodukteG. Inhaltliche Vorschriften, etwa betreffend Definitionen oder Zulassungskriterien für Biozidprodukte sind nicht vorgesehen, da sich die entsprechenden Festlegungen bereits im Text der Biozidprodukteverordnung finden.

Die Begründungen für die Neuregelung des Biozidprodukte-Rechtes in der Europäischen Union sind in den Erwägungen der Biozidprodukteverordnung festgehalten. Demnach sind Gründe für die Neuregelung in der Europäischen Union einerseits Bestrebungen, den freien Warenverkehr weiter zu verbessern, andererseits der Wunsch, Problemen und Schwächen der Biozid-Produkte-Richtlinie, die insbesondere im Bericht der Europäischen Kommission über die ersten sieben Jahre der Anwendung der Richtlinie angeführt worden sind, entgegen zu wirken.

Wie schon gemäß der noch geltenden Biozid-Produkte-Richtlinie und dem BiozidG stehen „Biozidprodukte“ (die „ältere“ Schreibweise in der Biozid-Produkte-Richtlinie und im BiozidG war: „Biozid-Produkte“) im Mittelpunkt der Regelungen der Biozidprodukteverordnung und somit auch des vorliegenden Entwurfes für ein BiozidprodukteG.

Biozidprodukte im Sinne der geplanten Regelungen sind „chemische“ Produkte, die als „Wirkstoff“ zumindest einen gegen Schadorganismen wirkenden Stoff oder eine solchermaßen einsetzbare Art von Mikroorganismen enthalten. Bestimmungsgemäß werden Biozidprodukte gezielt dazu verwendet, um unerwünschte, lästige oder störende Schadorganismen zu vernichten, abzuschrecken oder unschädlich zu machen. Damit ist der Ausdruck „Biozidprodukte“ als ein Sammelbegriff für „chemische“ Produkte zu verstehen, die vom Menschen gegen jedwede Art von „Befall“ mit Schadorganismen, wie etwa Pilze, Sporen, Bakterien, aber auch Ratten oder Mäuse, Spinnen oder Ameisen eingesetzt werden. Dabei ist es jedoch nicht immer notwendig, dass die Wirkung auf Schadorganismen „tödlich“ ist, auch so genannte „Repellentien“ (chemische Mittel zur Abschreckung), ja selbst Lockmittel fallen unter die Definition „Biozidprodukt“. Von Pflanzenschutzmitteln unterscheiden sich Biozidprodukte dadurch, dass Biozidprodukte nicht zum Schutz von Pflanzen oder Pflanzenerzeugnissen vor Schädlingen eingesetzt werden, sondern zu anderen Zwecken, etwa zum Schutz von Mauerwerk oder etwa auch zur Desinfektion von Oberflächen oder Badewasser.

Der Ausdruck „Schädlingsbekämpfungsmittel“ ist zwar für derartige Produkte – Biozidprodukte wie Pflanzenschutzmittel – weit verbreitet, wird jedoch im Biozidprodukte-Recht der Europäischen Union nicht als Fachausdruck verwendet, und dem folgt auch der vorliegende Entwurf für ein BiozidprodukteG.

Gemäß der Definition für den Ausdruck „Biozidprodukt“ in der Biozidprodukteverordnung werden aber nicht nur die Stoffe und Gemische von Stoffen beziehungsweise von Stoffen mit Mikroorganismen, die gegen Schadorganismen wirken, von den Regelungen erfasst, sondern auch die Ausgangsprodukte von Stoffen und Gemischen, bei denen erst die Reaktionsprodukte die biozide Wirkung entfalten. Als Biozidprodukte gelten darüber hinaus auch solche Reaktionsprodukte, die erst bei der Anwendung entstehen (etwa durch eine chemische Reaktion mit Wasser oder mit Hilfe elektrochemischer Reaktionen). Abweichend von den Definitionen für Stoffe und Gemische gelten als Biozidprodukte auch Erzeugnisse, also Gegenstände, die keine „Chemikalien“ im üblichen Wortsinn sind, wenn diese behandelten Gegenstände eine „primäre Biozidfunktion“ aufweisen. Solche Gegenstände werden gemäß den Definitionen in der Biozidprodukteverordnung einerseits als „behandelte Waren“ bezeichnet, sie fallen andererseits aber auch unter die Definition für „Biozidprodukte“, während „behandelte Waren“ ohne „primäre Biozidfunktion“ nicht von der Definition für „Biozidprodukte“ erfasst sind. Die Biozidprodukteverordnung kennt dementsprechend zwei unterschiedliche Kategorien von „behandelten Waren“, und eine Kategorie davon zählt zu den Biozidprodukten.

In der Regel sind chemische Biozidprodukte – ebenso wie Pflanzenschutzmittel – gefährliche Chemikalien, beziehungsweise Chemikalien, deren Anwendung mit einem gewissen Risiko verbunden sein kann. Die möglichen Gefahren oder Risiken können auch derart sein, dass auch Schädigungen der Umwelt oder der Gesundheit von Menschen oder Tieren herbeigeführt werden könnten.

Biozidprodukte enthalten zumindest einen Wirkstoff mit „bekämpfender“ Wirkung auf Schadorganismen und stellen eine vielfältige Produktgruppe dar, die zu unterschiedlichen Verwendungszwecken und in zahlreichen Anwendungsgebieten zum Einsatz kommen. Die von der Biozidprodukteverordnung erfassten Biozidprodukte sind in „Produktarten“, die in Anhang V der Biozidprodukteverordnung beschrieben sind, eingeteilt. Hier sind etwa Desinfektionsmittel für verschiedene Verwendungen, wie etwa für den Privatbereich, den Veterinärbereich, den Bereich des öffentlichen Gesundheitswesens, für den Lebens- und Futtermittelbereich, für den Trinkwasserbereich, oder Holzschutzmitteln, Antifouling-Produkte und Biozidprodukte zur Bekämpfung bestimmter Schädlinge, also etwa gegen Insekten oder Ratten bis hin zu Mitteln für die Topfkonservierung und zur Mikroorganismen-Bekämpfung bei industriellen Fertigungsprozessen, z. B. bei der Papierherstellung angeführt.

Die chemische Industrie hat mit der Erforschung, Herstellung und der Verbreitung von den als Biozidprodukte geeigneten Mitteln sicherlich einen Beitrag zum Schutz vor vielen für die menschliche und tierische Gesundheit schädigenden Organismen geleistet. Die Anwendung solcher chemischen Produkte mit beabsichtigter biozider Wirkung stellt aber ebenso – auch wegen der in vielen Fällen vorliegenden gefährlichen Eigenschaften von Biozidprodukten und der Art der Anwendung – eine potentielle Gefährdung der Gesundheit oder der Umwelt dar, weshalb auch in den verwaltungsrechtlichen Regelungen über diese Art von Produkten weiter reichende gefahrenvorbeugende Maßnahmen vorgesehen werden, als für chemische Stoffe und Gemische ohne speziellen Anwendungsbereich.

Der Verwendungszweck aller Arten von Biozidprodukten ist die Abschreckung, Zerstörung oder sonstige Unschädlichmachung oder die Verhinderung von Schädigungen durch unerwünschte oder schädliche Organismen. Dabei sind unterschiedliche Verwendungsbedingungen und davon abgeleitet teilweise sehr unterschiedliche Expositionsszenarien zu berücksichtigen. Auch diese vielfältigen Verwendungsbereiche unterscheiden Biozidprodukte von Pflanzenschutzmitteln, bei denen auf Grund ihrer mengenmäßig wesentlichen Ausbringung auf landwirtschaftlichen Nutzflächen eine deutlich klarer umgrenzte Anwendung und Exposition vorgegeben ist.

Ein Eckpunkt der Regelungen im stoff- und produktbezogenen Umweltschutz ist der Grundsatz der „Herstellerverantwortlichkeit“. Doch gerade in letzter Zeit sind im Recht der Europäischen Union zunehmend auch stärker kontrollorientierte Regelungsinstrumente verankert worden, wie etwa die Registrierungspflicht für alle chemischen Stoffe gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH), zur Schaffung einer Europäischen Chemikalienagentur, zur Änderung der Richtlinie 1999/45/EG und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 793/93 des Rates, der Verordnung (EG) Nr. 1488/94 der Kommission, der Richtlinie 76/769/EWG des Rates sowie der Richtlinien 91/155/EWG, 93/67/EWG, 93/105/EG und 2000/21/EG der Kommission, ABl. Nr. L 396 vom 30.12.2006 S. 1 (im Folgenden: REACH-Verordnung). Derartige Regelungsinstrumente verursachen naturgemäß einen höheren – und laufenden – Verwaltungsaufwand und fordern von den Verantwortlichen eine engere Zusammenarbeit mit den Behörden, indem sie beispielsweise die von der Europäischen Chemikalienagentur (eine Dienststelle der Europäischen Kommission mit Niederlassung in Helsinki, Finnland; im Folgenden: die Agentur) vorgegebenen Datenverarbeitungslösungen verwenden müssen.

Die Regelungen für Biozidprodukte in der Europäischen Union umfassen solche deutlich kontrollorientierten Instrumente schon seit der Erlassung der Biozid-Produkte-Richtlinie. Schon gemäß dieser im Jahr 1998 kundgemachten Richtlinie ist grundsätzlich eine Zulassung (oder in vereinfachter Form eine so genannte „Registrierung“) als Vermarktungsvoraussetzung für Biozidprodukte vorgeschrieben. Die vorsorgliche, umfassende Prüfung der Dokumentationen zu Produkten durch die Behörde, von deren Ergebnis die Zulassung und damit auch die Vermarktung und zulässige Verwendung abhängt, bildet den Kern derartiger Zulassungssysteme, wie sie unter anderem für Arzneimittel, Pflanzenschutzmittel sowie – auch weiterhin gemäß der Biozidprodukteverordnung – für Biozidprodukte üblich sind. Derartige Systeme bedeuten zwar einen relativ großen Verwaltungsaufwand, sie sind nach allgemeiner Auffassung aber dann angemessen beziehungsweise verhältnismäßig, wenn es darum geht, trotz eines potenziell hohen Risikos für die Gesundheit der Anwender oder für die Umwelt ein hohes Schutzniveau für diejenigen, die mit den betreffenden Chemikalien umgehen sowie für die Umwelt, zu gewährleisten.

Die Biozidprodukteverordnung verfolgt bei der Wahl der anzuwendenden Rechtsinstrumente den schon mit der Biozid-Produkte-Richtlinie eingeschlagenen Weg im Großen und Ganzen weiter, wobei aber – erwartungsgemäß – sowohl in der Regelungstechnik als auch in inhaltlicher Hinsicht einige Adaptierungen durchgeführt worden sind. Die „Bandbreite“ an Varianten für das Zulassungsverfahren hat deutlich zugenommen, während bei der Wirkstoffbewertung versucht worden ist, den Aufwand für die Erfüllung der Genehmigungsanforderungen zu reduzieren. In verfahrenstechnischer Hinsicht sind einige Vereinfachungen beziehungsweise Klarstellungen gegenüber den in der Biozid-Produkte-Richtlinie vorgesehenen Verfahren festzustellen, während die Einbindung der Agentur mit ihrer vielschichtigen Entscheidungsfindungsstruktur gemäß der REACH-Verordnung in fast allen Verfahren gemäß der Biozidprodukteverordnung als Auslöser für zusätzlichen Verfahrens- und Verwaltungsaufwand sowie für allfällige Reibungsverluste gesehen werden könnte.

Wesentliche Regelungselemente der Biozidprodukteverordnung

Die Biozidprodukteverordnung regelt – unmittelbar in allen Mitgliedstaaten – die Genehmigung von Wirkstoffen für Biozidprodukte, die Zulassung von Biozidprodukten sowie deren Verwendung bis hin zu einzelnen Bestimmungen über Waren, die mit Biozidprodukten behandelt worden sind, auch wenn diese keine „primäre Biozidfunktion“ aufweisen. Die Genehmigung eines Wirkstoffes ist eine Art technische Sicherheitsbewertung, in der anhand der eingereichten Unterlagen geprüft werden soll, ob ein Wirkstoff überhaupt geeignet ist, in Biozidprodukten verwendet zu werden und ob bei einer solchen Verwendung die Risiken nicht zu hoch wären. In solchen Genehmigungsverfahren tragen zu den Arbeiten in fachlicher Hinsicht vorwiegend die Experten der Behörden der Mitgliedstaaten bei, während die Agentur Datenverarbeitungsanwendungen zur Verfügung stellt, zusammenfassende Schritte setzt und die Entscheidungen der Europäischen Kommission formal vorbereitet. Die Zulassung von Biozidprodukten, die derart genehmigte Wirkstoffe enthalten, im Hinblick auf die Verwendung der Biozidprodukte in den Mitgliedstaaten bildet das zentrale Regelungselement der Biozidprodukteverordnung aus dem Blickwinkel des Schutzes von Gesundheit und Umwelt. Die Zulassung von Biozidprodukten betreffend sind in der Biozidprodukteverordnung mehrere Verfahrensarten vorgesehen, darunter als Neuerung gegenüber der Biozid-Produkte-Richtlinie, auch eine so genannte „Unionszulassung“, bei der die Zulassung – auf entsprechenden Antrag und Prüfung hin – nach Vorbereitung durch die Agentur und unter Einbeziehung von Experten der Mitgliedstaaten von der Europäischen Kommission für alle Mitgliedstaaten in einem Unionsrechtsakt erteilt wird.

Geltungsbereich und Definitionen gemäß der Biozidprodukteverordnung

In der Biozidprodukteverordnung sind gleich eingangs ihre Zielsetzung und der Geltungsbereich kurz beschrieben. Es sind Regelungen für Biozdprodukte, Wirkstoffe und auch behandelte Waren vorgesehen, die zu einem höheren Grad der Harmonisierung des Binnenmarktes führen sollen, die aber auch dem Gesundheits- und Umweltschutz dienen. Der Geltungsbereich ist gegenüber einigen anderen speziellen Regelungsbereichen für „Chemikalien“ im weitesten Sinne ausdrücklich abgegrenzt, etwa gegenüber dem Arzneimittelrecht, den Vorschriften für Lebensmittel, kosmetische Mittel oder Medizinprodukte. Für die Dauer der Transportvorgänge auf Straßen, mit der Bahn oder im Schiffs- oder Flugverkehr, ist die Biozidprodukteverordnung auf Biozidprodukte nicht anzuwenden, wenn der Transport in den Geltungsbereich des Rechtes des Transports gefährlicher Güter fällt. Schon definitionsgemäß abgegrenzt sind Biozidprodukte von Pflanzenschutzmitteln, da diese bestimmungsgemäß für den Schutz von Pflanzen vorgesehen sind, während Biozidprodukte in anderen Bereichen zur Anwendung kommen. Will oder muss man Biozidprodukte entsorgen, so endet der Geltungsbereich des Biozidprodukte-Rechtes, sobald die (vormaligen) Biozidprodukte als „Abfall“ (in der Regel als gefährlicher Abfall) im Sinne des Abfallwirtschaftsrechtes zu betrachten sind.

Im Anwendungsbereich der Biozidprodukteverordnung bleiben Biozidprodukte rechtlich gesehen – wie bisher – auch „Stoffe“ beziehungsweise „Gemische“ im Sinne der REACH-Verordnung und des Chemikaliengesetzes 1996, soweit es sich nicht um Mikroorganismen handelt. Biozidprodukte fallen daher grundsätzlich auch unter das einschlägige Chemikalienrecht für Stoffe und Gemische. Allerdings sind in der Biozidprodukteverordnung über weite Strecken, aber auch in der REACH-Verordnung und in der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien 67/548/EWG und 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006, ABl. Nr. L 353 vom 31.12.2008 S. 1 (im Folgenden: CLP-Verordnung) in Einzelfällen besondere Regelungen speziell für Biozidprodukte festgelegt, die als spezielle Regelungen allgemeinen chemikalienrechtlichen Regelungen vorgehen. Diese Gegebenheiten sind in der Festlegung des Geltungsbereiches der Biozidprodukteverordnung auch ausdrücklich berücksichtigt. So findet sich in Artikel 2 Abs. 3 der Biozidprodukteverordnung die Feststellung, dass etwa die REACH-Verordnung, die CLP-Verordnung oder die Verordnung über Stoffe, die die Ozonschicht zerstören, ABl. Nr. L 286 vom 31.10.2009 S. 1, auch für Biozidprodukte soweit gelten, als nicht in der Biozidprodukteverordnung ausdrücklich etwas anderes festgelegt ist. Obwohl die Regelungen zu Biozidprodukten, vor allem in der Biozidprodukteverordnung, ausdrückliche Abgrenzungen der Bestimmungen für Biozidprodukte zu jenen für Chemikalien allgemein enthalten, treten trotzdem noch vereinzelt Fälle auf, in denen der spezielleren Regelung im Recht der Biozidprodukte gegenüber der allgemeinen Vorschrift des Chemikalienrechtes als „lex specialis“ nur auf Grund der Auslegung Anwendungsvorrang zukommt. Wenn diesbezüglich das Verhältnis im Bereich innerstaatlicher Rechtsvorschriften unklar erscheinen könnte, so ist hierzu im vorliegenden Entwurf in der Regel eine ausdrückliche Vorschrift vorgesehen, in der entweder auf die einschlägige Bestimmung aus dem Chemikaliengesetz 1996, BGBl. I Nr. 53/1997 oder aus dem Chemikalienrecht der Europäischen Union Bezug genommen wird, beziehungsweise mit der die Anwendbarkeit einzelner Regelungen des Chemikaliengesetzes 1996 ausgeschlossen wird. Die Abgrenzungen sind trotzdem nicht so einfach überschaubar, weil sich etwa in der REACH-Verordnung selbst auch schon detaillierte Regelungen zur Anwendung der REACH-Verordnung auf Biozidprodukte beziehungsweise Wirkstoffe für Biozidprodukte finden, und ebenso etwa auch in der Verordnung (EG) Nr. 648/2004 über Detergenzien, ABl. Nr. L 104 vom 08.04.2004 S. 1, deren wiederholende Wiedergabe im innerstaatlichen Recht wenig zweckmäßig wäre. Generell kann aber davon ausgegangen werden, dass im Recht der Europäischen Union bestehende Regelungen für Stoffe und Gemische auch für Biozidprodukte gelten, und dass – nach dem verwaltungsrechtlichen Kumulationsprinzip beziehungsweise weil extra darauf verwiesen wird, die wesentlichen Elemente des innerstaatlichen allgemeinen Chemikalienrechtes – wie bisher – auch auf Biozidprodukte anzuwenden sind, allerdings nur insoweit, als es sich um Biozidprodukte handelt, die Stoffe oder Gemische sind und soweit keine spezielle, für Biozidprodukte verankerte Regelung ausdrücklich oder konkludent Vorrang genießt und soweit die Anwendung allgemeiner chemikalienrechtlicher Regelungen nicht ausdrücklich ausgeschlossen worden ist.

Für einige der inhaltlich wesentlichen Ausdrücke, die in der Biozidprodukteverordnung verwendet werden, sind in Artikel 3 der Biozidprodukteverordnung Legaldefinitionen festgelegt. Die hier zentral aufscheinende Definition für ein „Biozidprodukt“ ist gegenüber der in der Biozid-Produkte-Richtlinie enthaltenen Definition eindeutig so erweitert worden, dass auch erst bei der Anwendung („in situ“) erzeugte Biozidprodukte erfasst werden sowie – unter bestimmten Voraussetzungen – auch Biozidprodukte, die „behandelte Waren“ sind. Demgegenüber ist die Beschreibung dessen, was unter einem „Wirkstoff“ zu verstehen ist, weitestgehend unverändert aus der Biozid-Produkte-Richtlinie übernommen worden und erfasst chemische Stoffe mit entsprechenden Wirkungen auf Schadorganismen ebenso wie Mikroorganismen, die zur „Bekämpfung“ von Schadorganismen eingesetzt werden können (etwa Bacillus thuringiensis).

Weitere Definitionen betreffen die Ausdrücke „Stoff“ und „Gemisch“, wobei hier die Definitionen aus dem allgemeinen Chemikalienrecht der Europäischen Union in ihrer gängigen Bedeutung zur Anwendung gelangen. Für den Geltungsbereich der Biozidprodukteverordnung sind zudem die Wendungen „Bereitstellung auf dem Markt“ und „Inverkehrbringen“ speziell definiert worden. Da diese Wendungen auch in vielen anderen Rechtsakten der Europäischen Union gebräuchlich sind, aber durchaus nicht generell mit ein- und derselben Bedeutung, ist hier darauf Bedacht zu nehmen, welchen Begriffsinhalt diesen Ausdrücken gemäß der Biozidprodukteverordnung zukommt und dass die Verwendung dieser Ausdrücke im geplanten Biozidproduktegesetz mit der Biozidprodukteverordnung übereinstimmt. Dabei ist unter „Bereitstellung auf dem Markt“ die allgemeine Form der Abgabe an Dritte zu verstehen, und unter dem „Inverkehrbringen“ die erstmalige „Bereitstellung auf dem Markt“ durch den Verantwortlichen (in der Regel der Zulassungsinhaber) im Sinne eines Einführens in den Markt.

Regelungen für Wirkstoffe in der Biozidprodukteverordnung

Da jedes Biozidprodukt im Sinne der Definitionen der Biozidprodukteverordnung notwendigerweise zumindest einen Wirkstoff enthält oder freisetzt oder aus einem Wirkstoff besteht, befassen sich viele Regelungen der Biozidprodukteverordnung mit den Wirkstoffen selbst.

Die Wirkstoffe für Biozidprodukte werden nach umfassender Prüfung und Bewertung gemäß den Bestimmungen der Biozidprodukteverordnung von der Europäischen Kommission genehmigt werden. Die Liste der gemäß der Biozidprodukteverordnung genehmigten Wirkstoffe (Unionsliste genehmigter Wirkstoffe) wird von der Europäischen Kommission allgemein öffentlich (im Internet) zugänglich geführt werden.

Als ein Kernbereich der Regelungen zu Wirkstoffen und als wichtige Voraussetzung für die Anwendung des Zulassungsregimes für die Biozidprodukte kann die vorgesehene Bewertung der Wirkstoffe im Sinne der Überprüfung der Wirkstoffe auf ihre chemische Identität, die Eigenschaften im Sinne der üblichen Klassifizierungssysteme für chemische Stoffe und im Hinblick auf die Wirkung gegen Schadorganismen sowie hinsichtlich möglicher Risiken, gelten, die bei der Genehmigung der Wirkstoffe durchzuführen ist. Diese Bewertung der Wirkstoffe soll auch nach der Biozidprodukteverordnung für jede Wirkstoff/Produktart-Kombination – insbesondere im Hinblick auf den beträchtlichen Aufwand, mit dem die Wirkstoffbewertung in der Regel verbunden ist – möglichst nur ein einziges Mal in der gesamten Europäischen Union erfolgen. Dazu ist in der Biozidprodukteverordnung ein Verfahren vorgesehen, bei dem interessierte Antragsteller an die Agentur herantreten können, um die „Genehmigung“ eines neuen Wirkstoffes durch die Europäische Kommission zu erwirken (die „alten“ Wirkstoffe werden – verteilt auf die Mitgliedstaaten – dann „amtswegig“ geprüft, wenn die verantwortlichen Personen für das Inverkehrbringen entsprechende Angaben und Unterlagen bereitstellen, wobei hier das Verfahren zur Aufarbeitung der alten Wirkstoffe, wie gemäß der Biozid-Produkte-Richtlinie begonnen, im Wesentlichen weitergeführt wird). Die „Genehmigung“ eines Wirkstoffes für Biozidprodukte erfolgt durch einen Rechtsakt der Europäischen Kommission und wird voraussichtlich unmittelbar in allen Mitgliedstaaten und für alle Rechtsadressaten gelten, sodass man von einer „zentralen“, „EU-weiten“ Genehmigung der Wirkstoffe für Biozidprodukte sprechen kann. Der Genehmigung gehen entsprechende inhaltliche Bewertungen und Prüfungen anhand der von den Antragstellern einzureichenden Unterlagen voraus, die jeweils ein einzelner Mitgliedstaat für die gesamte Europäische Union durchzuführen (im Mitgliedstaat durch die so genannte „bewertende zuständige Behörde“) und damit die Entscheidung der Europäischen Kommission inhaltlich vorzubereiten hat. In verfahrenstechnischer Hinsicht wird dieses Prozedere für die Wirkstoffgenehmigung von der Agentur abgewickelt werden. Als Plattform für den Informationsaustausch in diesen Verfahren – mit durchaus auch rechtlichen Wirkungen auf Anbringen (Anträge) und Fristenlauf – ist dazu in der Biozidprodukteverordnung vorgesehen, dass das elektronische „Register für Biozidprodukte“, das von der Agentur geführt werden wird, sowohl von den Antragstellern als auch von den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten verwendet werden muss. Im Hinblick auf den Aufwand, der durch solche Verfahren verursacht wird, ist in der Biozidprodukteverordnung vorgesehen, dass die Personen, die eine Wirkstoffgenehmigung beantragen, dafür kostendeckende Gebühren, und zwar sowohl an die Agentur, als auch an den mit der Bewertung befassten Mitgliedstaat, zu entrichten haben werden.

Eine der Voraussetzungen für das Funktionieren eines den Grundsätzen des Umwelt- und Gesundheitsschutzes verpflichteten derartigen Systems der Vorabkontrolle von möglicherweise ein Risiko darstellenden Anwendungen von Chemikalien ist es, dass die für die Beurteilung zuständigen Behörden alle Angaben und Unterlagen über die Wirkstoffe erhalten und diese Informationen prüfen können, ehe die Wirkstoffe in Biozidprodukten oder als Biozidprodukte auf den Markt gebracht und verwendet werden dürfen, und dass eine Prüfung und Bewertung der Wirkstoffe nach einem strengen Maßstab erfolgt, damit möglichen Gefahren vorsorglich begegnet werden kann.

Die Biozidprodukteverordnung legt daher in Zusammenhang mit den Voraussetzungen für die Genehmigung von Wirkstoffen für Biozidprodukte auch „Ausschlusskriterien“ fest (etwa wenn ein Wirkstoff als nachgewiesener Maßen „krebserzeugend“ zu beurteilen ist). Wenn die Bewertung eines Wirkstoffes für ein Biozidprodukt ergibt, dass ein „Ausschlusskriterium“ erfüllt ist, soll von der Europäischen Union in der Regel keine Genehmigung des Wirkstoffes erteilt werden. Jedoch können unter bestimmten Umständen selbst Wirkstoffe, die ein Ausschlusskriterium erfüllen, gemäß der Biozidprodukteverordnung genehmigt werden. Eine derartige Genehmigung von an und für sich ausgeschlossenen Wirkstoffen ist etwa – bei Zutreffen weiterer Voraussetzungen – dann zulässig, wenn die „Nichtgenehmigung des Wirkstoffes – verglichen mit dem Risiko für die Gesundheit von Mensch oder Tier oder die Umwelt, das sich aus der Verwendung des Stoffs ergibt – unverhältnismäßige negative Folgen für die Gesellschaft“ hätte.

Auf dem Europäischen Markt kann man derzeit – nach einer ersten Bestandsaufnahme in Folge der Anwendung der Biozid-Produkte-Richtlinie seit dem Jahr 2000 – rund 350 verschiedene zulässige Wirkstoffe für Biozidprodukte zählen, die in über 800 unterschiedlichen Wirkstoff/Produktart-Kombinationen für mehrere tausend Biozidprodukte Verwendung finden.

Der deutlich überwiegende Teil dieser Wirkstoffe sind „alte“ Wirkstoffe im Sinne der Definition in der Biozidprodukteverordnung.

Es wird auch gemäß der Biozidprodukteverordnung weiterhin zwischen so genannten „alten“ und „neuen“ Wirkstoffen unterschieden, da für die als „alt“ definierten Wirkstoffe, die vor dem 14. Mai 2000 schon in der – damaligen – Europäischen Gemeinschaft auf dem Markt waren, und für Biozidprodukte, die „alte“ Wirkstoffe enthalten oder aus „alten“ Wirkstoffen bestehen, auch nach den Bestimmungen der Biozidprodukteverordnung noch Übergangsregelungen gelten.

Genehmigung von alten Wirkstoffen

Für das andauernde und gemäß der Biozidprodukteverordnung weiter zu führende Programm zur systematischen Prüfung aller „alten“ Wirkstoffe, das vor ungefähr einem Jahrzehnt gemäß Art. 16 der Biozid-Produkte-Richtlinie begonnen worden ist, sind von der Europäischen Kommission mehrere Verordnungen, in denen die alten Wirkstoffe erfasst sind und in denen die Aufarbeitung geregelt ist, erlassen worden. Die inhaltlichen Auswirkungen dieser Verordnungen bleiben wirksam, und auch das Aufarbeitungsprogramm selbst wird – mit nur beschränkten Adaptierungen – auch gemäß der Biozidprodukteverordnung weitergeführt. In der entsprechenden Übergangsregelung, in Art. 89 der Biozidprodukteverordnung, ist deshalb auch festgelegt, dass das Programm zur systematischen Prüfung aller „alten“ Wirkstoffe gemäß Art. 16 Abs. 2 der Biozid-Produkte-Richtlinie nach der Biozidprodukteverordnung weitergeführt wird. Die Europäische Kommission ist dazu ermächtigt worden, Einzelheiten für dieses Programm mit Ausführungsrechtsakten zur Biozidprodukteverordnung festzulegen.

Für die Mitgliedstaaten, und insbesondere für die Situation und die Rechtslage in Österreich, sind diese Übergangsregelungen von großer Bedeutung, weil in Österreich erst mit der Umsetzung der Biozid-Produkte-Richtlinie durch das BiozidG eine amtliche Zulassungspflicht für Biozid-Produkte eingeführt worden ist und daher Biozidprodukte mit alten Wirkstoffen in Österreich nach wie vor erst dann der Zulassungspflicht unterliegen, wenn die enthaltenen „alten“ Wirkstoffe bewertet worden und auf der entsprechenden Liste gemäß dem Recht der Europäischen Union enthalten sind.

Wie bisher gemäß der Biozid-Produkte-Richtlinie, nämlich dass im Anschluss an Entscheidungen über die Aufnahme oder Nicht-Aufnahme von Wirkstoffen in Anhang I oder IA der Biozid-Produkte-Richtlinie die Mitgliedstaaten sicher stellen müssen, dass Zulassungen oder gegebenenfalls Registrierungen von Biozid-Produkten, die die betreffenden Wirkstoffe enthalten und die Bestimmungen der Biozid-Produkte-Richtlinie erfüllen, entsprechend erteilt, geändert oder aufgehoben werden, wird auch gemäß der Biozidprodukteverordnung vorzugehen sein, wenn alte Wirkstoffe von der Europäischen Kommission genehmigt und in die Unionsliste der genehmigten Wirkstoffe aufgenommen worden sind. Dies bedeutet, dass die am Markt befindlichen Biozidprodukte mit alten Wirkstoffen nach und nach – in Abhängigkeit von der Genehmigung der alten Wirkstoffe der Zulassungspflicht unterliegen und einem Zulassungsverfahren unterzogen werden müssen. So genannte „alte“, am Markt befindliche Biozidprodukte, die den Zulassungsanforderungen nicht entsprechen, oder für die von den für das Inverkehrbringen Verantwortlichen nicht fristgerecht mit der Wirkstoffgenehmigung die entsprechenden Anträge auf Zulassung gestellt worden sind, dürfen dann – gegebenenfalls nach dem endgültigen Ablauf von Übergangsfristen – nicht mehr weiter in Verkehr gebracht werden.

Die Weiterführung des Arbeitsprogrammes zur systematischen Prüfung aller alten Wirkstoffe hat damit auch weiterhin zur Folge, dass – abgesehen von Biozidprodukten mit neuen Wirkstoffen – die am Markt befindlichen alten Biozidprodukte nach mehrjährigen Übergangsfristen in immer größerer Anzahl der Zulassungspflicht unterliegen und damit alle einschlägigen Regelungen des Biozidprodukte-Rechtes auch für diese Biozidprodukte zur Anwendung gelangen können. Mit der Biozidprodukteverordnung ist der Zeitraum für diese Übergangsregelung – den bisherigen Fortschritten entsprechend – deutlich verlängert worden. Es ist nun festgelegt, dass das Programm zur Aufarbeitung der alten Wirkstoffe vorläufig bis ins Jahr 2014 andauern soll. Bis dorthin ist es den Mitgliedstaaten auch nach wie vor gestattet, „alte“ Biozidprodukte, deren Wirkstoffe noch nicht bewertet worden sind, gemäß früher schon bestehenden innerstaatlichen Vorschriften in Verkehr bringen zu lassen.

Als „alte“ Biozidprodukte gelten in diesem Zusammenhang jene Biozidprodukte der jeweiligen Wirkstoff/Produktart-Kombination, die spätestens zum Zeitpunkt der Genehmigung des betreffenden Wirkstoffes gemäß der Biozidprodukteverordnung im jeweiligen Mitgliedstaat bereits in Verkehr gebracht worden sind.

Zulassung von Biozidprodukten

Die einzelnen Biozidprodukte bedürfen nach den Regelungen der Biozidprodukteverordnung – mit ganz geringfügigen Ausnahmen für bestimmte Variationen innerhalb einer Biozidproduktefamilie – einer produktspezifischen Zulassung. Neu gegenüber der bald abgelösten Biozid-Produkte-Richtlinie ist aber, dass nicht in jedem Fall eine eigene Zulassung jedes einzelnen Biozidproduktes in jedem einzelnen Mitgliedstaat erforderlich ist, sondern dass für Biozidprodukte aus der Mehrzahl der Produktarten auf Antrag auch eine „Unionszulassung“ erteilt werden kann. Die Unionszulassung wird von der Europäischen Kommission in Form einer Einzelentscheidung erteilt werden und berechtigt dann zum Inverkehrbringen des so zugelassenen Biozidproduktes in allen Mitgliedstaaten (es sind dazu jedoch auch einige „Schutzklauseln“ verankert, auf deren Grundlage in begründeten Einzelfällen das Inverkehrbringen in bestimmten Mitgliedstaaten trotzdem zumindest vorläufig beschränkt oder untersagt werden kann).

In bestimmten Fällen, wobei unter anderem Voraussetzung ist, dass das Biozidprodukt nur spezielle, in Anhang I der Biozidprodukteverordnung angeführte Wirkstoffe enthält, ist ein stark vereinfachtes Zulassungsverfahren vorgesehen. In solchen Verfahren ist so vorzugehen, dass nur ein einziger Mitgliedstaat die Zulassung erteilt, dass diese Zulassung dann aber für das gesamte Gebiet der Europäischen Union gilt.

Der Regelfall der Zulassung eines Biozidproduktes dürfte jedoch auch gemäß der Biozidprodukteverordnung die Zulassung in einem Mitgliedstaat durch die dortige zuständige Behörde sein, die zunächst auch nur für den Mitgliedstaat gilt, der sie erteilt hat. Mit weiteren Zulassungsverfahren, die wiederum vereinfacht sind und inhaltlich auf der Erstzulassung fußen, können auf einen entsprechenden Antrag hin solche einzelstaatlichen Zulassungen von den anderen Mitgliedstaaten „im Wege der gegenseitigen Anerkennung“ mit verhältnismäßig geringem Aufwand übernommen werden. Diese Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten ist in der Biozidprodukteverordnung relativ ausführlich geregelt und sieht für die Zulassung von Biozidprodukten im Wege der „gegenseitigen Anerkennung“ sogar unterschiedliche Verfahren vor, nämlich die „zeitlich nachfolgende gegenseitige Anerkennung“ und die „zeitlich parallele gegenseitige Anerkennung“. Die „zeitlich nachfolgende gegenseitige Anerkennung“ ist ein spezielles Zulassungsverfahren, bei dem eine bereits vorliegende Zulassung in einem Mitgliedstaat dazu genutzt werden kann, in den anderen Mitgliedstaaten relativ rasch und einfach für das betreffende Biozidprodukt eine Zulassung zu erlangen. Bei der „zeitlich parallelen gegenseitigen Anerkennung“ soll bereits im Stadium der Bewertung des Biozidproduktes, aufbauend auf dem Entwurf des Bewertungsberichtes, den der Referenzmitgliedstaat erstellt hat, gemeinsam über die Zulassung des Biozidproduktes entschieden werden. Als Instrument zur Abwicklung der zwischenstaatlichen Schritte und zum Informationsaustausch in diesen Verfahren soll das Register für Biozidprodukte im Sinne des Artikels 71 der Biozidprodukteverordnung dienen.

In der Biozidprodukteverordnung sind noch weitere Verfahren vorgesehen, wie man eine Zulassung für ein Biozidprodukt erlangen kann. Wenn bestimmte Voraussetzungen vorliegen, können Zulassungen für Biozidprodukte, die in einem anderen Mitgliedstaat schon zugelassen sind, in Notfällen auch von staatlichen Stellen oder wissenschaftlichen Einrichtungen, die für öffentliche Gesundheitsschutzbelange zuständig sind, beantragt werden.

Schließlich ist in Artikel 53 der Biozidprodukteverordnung eine nicht „Zulassung“ genannte „Genehmigung“ zur Bereitstellung von Biozidprodukten auf dem Markt vorgesehen, die dann auf Antrag erteilt werden kann, wenn ein identisches Biozidprodukt bereits in diesem Mitgliedstaat zugelassen ist.

Von den in den Übergangsregelungen für „alte Biozidprodukte“ festgelegten Ausnahmen abgesehen, dürfen neue Biozidprodukte und nicht genehmigte Wirkstoffe gemäß der Biozidprodukteverordnung nur in ganz wenigen, genau definierten Fällen ohne Zulassung beziehungsweise Genehmigung in Verkehr gebracht und verwendet werden. Für Forschungszwecke ist dies etwa gemäß Art. 56 der Biozidprodukteverordnung zulässig, jedoch ist es Aufgabe der Behörden der Mitgliedstaaten, solche Experimente oder Versuche zu untersagen oder Einschränkungen zu verfügen, wenn diese zu Gefahren für die Gesundheit von Menschen, für Tiere oder für die Umwelt führen könnten. Ein Handeln der Behörde ist hier jedoch nur dann erforderlich, wenn ein Experiment beziehungsweise Versuch Anlass zu Bedenken gibt.

 

Der Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 15. Mai 2013 in Verhandlung genommen.

Gemäß § 37 Abs. 2 GOG-NR beschloss der Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft einstimmig, Abgeordneten Erich Tadler zur Teilnahme an dieser Sitzung mit beratender Stimme beizuziehen.

An der Debatte beteiligten sich im Anschluss an die Ausführungen des Berichterstatters Ing. Hermann Schultes, die Abgeordneten Franz Eßl, Harald Jannach, Ulrike Königsberger-Ludwig, Gerhard Huber, Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber und Dr. Gabriela Moser sowie der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich.

 

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Jakob Auer, Mag. Kurt Gaßner, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

Allgemeiner Teil

Nach Einbringung der Regierungsvorlage für ein Biozidproduktegesetz (2294 d. B.) hat das Amt der Salzburger Landesregierung unter Hinweis auf die soeben bei einer Tagung der zuständigen Referenten für die Vollziehung des Chemikaliengesetzes 1996 – ChemG 1996, BGBl. I Nr. 53/1997, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 50/2012, erörterten Modalitäten zur Anwendung der §§ 35 bis 49 ChemG 1996 sinngemäß mitgeteilt, dass - insbesondere im Lichte dieser jüngsten Tagungsergebnisse - die Formulierung des Verweises in der Regierungsvorlage des Bundesgesetzes zur Durchführung der Biozidprodukteverordnung (Biozidproduktegesetz – BiozidprodukteG) auf § 41 ChemG 1996 nicht deutlich genug erkennen lasse, dass Inhaber einer entsprechenden Giftbezugsbewilligung gemäß § 42 Abs. 1 Z 2 ChemG 1996 unter denselben Voraussetzungen wie auch schon bisher gemäß dem Biozid-Produkte-Gesetz, BGBl. I Nr. 105/2000, zum Bezug von Chlorgas berechtigt bleiben. Durch eine entsprechende Adaptierung dieses Verweises in § 1 Abs. 4 in der Regierungsvorlage des Bundesgesetzes zur Durchführung der Biozidprodukteverordnung (Biozidproduktegesetz – BiozidprodukteG) soll diesbezüglich die angeregte Klarstellung erfolgen. Zudem sollen der Eintrag zu § 23 im Inhaltsverzeichnis und § 23 der Regierungsvorlage des Bundesgesetzes zur Durchführung der Biozidprodukteverordnung (Biozidproduktegesetz – BiozidprodukteG) entfallen und die folgenden §§ 24 bis 27 entsprechend neu nummeriert werden, da die in § 23 vorgesehene Regelung (betreffend die Frist für die Verfolgungsverjährung) mit dem Inkrafttreten des Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetzes 2013, BGBl. I Nr. 33, gegenstandslos wird. Damit zusammenhängend hätte auch der Klammerausdruck „(§ 23)“ in § 16 Abs. 9 zu entfallen, weil damit auf die Regelung zur Verfolgungsverjährung hingewiesen werden hätte sollen.

Besonderer Teil

Zu Z 1 (Inhaltsverzeichnis):

Der Eintrag zu § 23 soll gestrichen werden und die nachfolgenden Einträge sollen entsprechend neu nummeriert werden (anstelle von §§ 24 bis 27 als §§ 23 bis 26).

Zu Z 2 (§ 1 Abs. 4):

Die Verweise auf das Chemikaliengesetz 1996 sollen ausdrücklich auch jene Bestimmungen einschließen, die zur Anwendung gelangen, wenn natürliche Personen eine Giftbezugslizenz im Sinne des § 42 Abs. 1 Z 2 ChemG 1996 beantragen bzw. wenn die Berechtigung der Inhaber einer solchen Giftbezugslizenz zum Giftbezug gemäß § 41 Abs. 3 Z 1 ChemG 1996 zu beurteilen ist. Damit soll eine unmissverständliche Klarstellung erfolgen, dass als Bezugsberechtigung für besonders gefährliche Biozidprodukte für jede Art einer einschlägigen beruflichen Verwendung eine gültige Giftbezugslizenz einerseits bzw. eine gültige Bescheinigung zum Giftbezug für Betriebe andererseits, wie sie im Chemikaliengesetz 1996 näher geregelt sind, in Frage kommen.

Zu Z 3 (§ 16 Abs. 9):

In Folge der Streichung des § 23 wäre auch der Hinweis auf diese Regelung in § 16 Abs. 9 zu streichen.

Zu Z 4 (§§ 23 bis 27):

Die Änderung des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG, BGBl. Nr. 52/1991, durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013, BGBl. I Nr. 33, tritt mit dem 1. Juli 2013 in Kraft. Im Zuge dieser Änderung wird § 31 VStG so formuliert, dass die Verfolgungsverjährung in Zusammenhang mit Verwaltungsübertretungen generell ein Jahr beträgt. Die in § 23 der Regierungsvorlage (2294 der Beilagen) vorgesehene Regelung weist denselben Inhalt auf wie § 31 Abs. 1 VStG in der Fassung gemäß dem Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013 und ist damit nicht mehr notwendig, da das Biozidproduktegesetz erst am 1. September 2013 in Kraft treten soll.

In den nachfolgenden Bestimmungen soll die Nummerierung der Paragraphen entsprechend angepasst werden (§§ 23 bis 26 anstelle von §§ 24 bis 27).“

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Jakob Auer, Mag. Kurt Gaßner, Kolleginnen und Kollegen mit Stimmenmehrheit (dafür: S, V; dagegen: F, G, B) beschlossen.

 

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2013 05 15

                          Ing. Hermann Schultes                                                               Jakob Auer

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann