Abweichende persönliche Stellungnahme

gemäß § 42 Abs. 5 GOG

der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner und Dr. Gabriela Moser

zum Bericht 792 der Beilagen  über das Bundesgesetz mit dem das Immissionsschutzgesetz-Luft, Bundesluftreinhaltegesetz geändert werden und das Bundesgesetz über ein Verbot des Verbrennens biogener Materialien außerhalb von Anlagen aufgehoben wird

Der gegenständlichen Regierungsvorlage konnte insbesondere wegen Art 1, Novellierung des IG-L, nicht zugestimmt werden. Zwar enthält der Novellierungsentwurf auch positive Elemente doch die negativen überwiegen.

Zu den positiven Elementen zählen unter anderem die Umsetzung der neuen Regelungen der Luftqualitäts-RL zu PM2,5, die Plakettenregelung für die sogenannte Umweltzone, die speziellen Kundmachungsvorschriften für Verkehrsbeschränkungen und der direkte Zugriff der IG-L-Behörde auf bestehende Betriebsanlagen in Sanierungsgebieten (allerdings nur wenn die eingesetzte Luftreinhaltetechnik älter als zehn Jahre ist). Bundeseinheitliche Standards für Baumaschinen, wie in der RV vorgesehen, sind ebenso sinnvoll.

Der ambitionierte Ansatz zur Kürzung des Ausnahmenkatalogs in § 14 IG-L wurde nicht aufrecht erhalten. Die Liste der Fahrzeuge, die von Verkehrsbeschränkungen der Landeshauptleute in Sanierungsgebieten von Gesetzes wegen ausgenommen sind, ist letztlich nicht kürzer geworden. Die Lobbyisten haben ihre Schäfchen wieder ins Trockene gebracht. Allerdings müssen diese Fahrzeuge (betrieblicher Ziel- und Quellverkehr, Werksverkehr, Omnibusse usw)  nun besseren Emissionsklassen entsprechen. Dieses Erfordernis fehlt aber etwa bei der Ausnahme für Fahrzeuge im öffentlichen Dienst, dem Straßendienst usw (§ 14 Abs Zif 1). Hinsichtlich der Ausnahme für Fahrzeuge für die land- und forstwirtschaftliche Haupttätigkeit wird in den Erläuterungen klargestellt: „Bei der Verwendung eines Fahrzeugs der Land- oder Forstwirtschaft für sonstige Tätigkeiten, wie beispielswiese Transporttätigkeiten, Winterdienste oder private Verwendungen, ist es keinesfalls von dieser Ausnahme erfasst. Weiters keinesfalls unter diese Ausnahme fallen Fahrzeuge, wenn diese für Tätigkeiten im Geltungsbereich des Güterbeförderungsgesetzes herangezogen werden.“ Hervorgehoben werden muss, dass der Ausnahmenkatalog des § 14 in Sanierungsgebieten mit einer Überschreitung des Tagesmittelwerts für Feinstaub mehr als 35mal im Jahr (bis jetzt ist dies 2010 schon der Fall in Wien, Leibnitz, Salzburg; 2009 war dies der Fall in Wiener Neudorf, Wien, Graz und Salzburg) oder des Jahresmittelwerts für Stickstoffdioxid um mehr als 10µg/m3 (2008 an zahlreichen Autobahnen und Straßen) gemäß § 16 verkürzt wird.

Zu den negativen Elementen der Regierungsvorlage zählen die weitere Aufweichung der Genehmigungsvoraussetzungen für neue Betriebsanlagen und –erweiterungen sowie die Nichtumsetzung des  Janecek-Urteils des EuGH vom Juli 2008, das BürgerInnen das Recht gibt, von der Verwaltung erlassene Maßnahmenkataloge zur Überprüfung auf Vollständigkeit und Angemessenheit einem Gericht resp unabhängigen Instanz vorzulegen. Die von der RL übernommene Herausrechnung der Streusandemissionen ist völlig unsinnig, denn Feinstaub ist Feinstaub. Der Forderung der Grünen, einen Luftqualitätsplan für die vom Bund – auch nach anderen Gesetzen als dem IG-L – zu setzenden Maßnahmen wurde nicht nachgekommen.

Das Immissionsschutzgesetz-Luft wurde 1998 beschlossen. Trotz dieser über zehnjährigen Laufzeit ist es nicht gelungen, die Grenzwerte zum Schutz der Gesundheit und des ökologischen Systems einzuhalten. Die Feinstaubbelastung hat in der Fläche und Konzentration zugenommen, die Überschreitung der NOx-Grenzwerte ist ein ernstes Problem, gesundheitsgefährdende Konzentrationen von Blei und Cadmium im Staubniederschlag konnten in bestimmten Industriestandorten nicht beseitigt werden. Österreich musste um Aufschub für die Einhaltung des Feinstaubgrenzwerts bis Juni 2011 für wesentliche Gebiete bei der EU-Kommission ersuchen. Wegen des unzureichenden Maßnahmenkatalogs des steir. Landeshauptmanns resp Landesrat in Bezug auf das belastete Gebiet Graz läuft ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich. Die politischen Instanzen sind vielfach säumig geblieben  auf Kosten der Gesundheit der Bevölkerung. Beispielhaft sei hier erwähnt die Säumnis des Wirtschaftsministers, die diversen Emissionsverordnungen für bestehende Betriebe an den Stand der Technik anzupassen, die schleppende Sanierung der Betriebe nach der IPPC-RL sowie die fehlenden verkehrsbeschränkenden Maßnahmen in den Städten durch die Landeshauptleute. Es ist kein Wunder, dass es dann für Neuansiedlungen eng wird, wenn man den Grenzwert ernst nimmt. Statt die Verkehrsemissionen zu senken und die alten Betriebe zu verbessern, wurde der Grenzwert bei Neuansiedlungen jedoch vom (Mehrheits-)Gesetzgeber 2006 - und nun 2010 abermals - gelockert. Den BürgerInnen verwehrt man ein Klagerecht, wie es die Europäische Union und auch die Aarhus-Konvention verlangen würden.

Im übrigen wird auf die grüne Stellungnahme zum Ministerialentwurf zur IG-L-Novellierung vom Dezember 2009  und auf den Selbständigen Entschließungsantrag Nr 1120/A(E) (beides zugänglich über www.parlament.gv.at) verwiesen.

                        Mag. Christiane Brunner                                                    Dr. Gabriela Moser