Vorblatt

         1.    Problem:

Die fortschreitende Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien durch Kinder und TäterInnen (Computerkriminalität) trägt dazu bei, dass Kinder zunehmend Opfer von sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch sind. Aus diesem Grund ist es erforderlich, bestehende internationale Rechtsinstrumente zu ergänzen bzw. wirksamer zu gestalten. Das Übereinkommen des Europarats zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch verfolgt das Ziel, den Schutz von Kindern zu verbessern und die Bestrafung der TäterInnen zu verstärken.

         2.    Ziel:

Ratifikation des Übereinkommens des Europarats zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch, welches Österreich am 25. Oktober 2007 in Lanzarote unterzeichnet hat.

         3.    Inhalt, Problemlösung:

Das Übereinkommen stellt eine wichtige Ergänzung zu den bereits bestehenden internationalen Rechtsverträgen, insbesondere im Bereich der Prävention von Sexualdelikten gegen Kinder, der Verfolgung der TäterInnen und dem Schutz und der Unterstützung von Opfern dar. Das Übereinkommen ist das erste internationale Rechtsinstrument, welches die verschiedenen Formen der sexuellen Ausbeutung und des sexuellen Missbrauchs von Kindern als Straftat einstuft. Neben den häufigsten Verletzungen in diesem Bereich – u.a. Kinderprostitution, Kinderhandel, Kinderpornographie - bezieht sich die Konvention u.a. auch auf die Anwerbung eines Kindes im Internet für sexuelle Zwecke („grooming“) die Nötigung eines Kindes zur Betrachtung von pornographischen Darstellungen („corruption“) und auf Kindersextourismus.

         4.    Alternativen:

Keine.

         5.    Auswirkungen des Regelungsvorhabens:

5.1 Finanzielle Auswirkungen:

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass Maßnahmen mit finanziellen Implikationen nur nach Maßgabe der zur Verfügung stehenden Mittel erfolgen können. Allfällige entstehende durch die im ER - Übereinkommen zum Schutz der Kinder vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch angeführten Maßnahmen hervorgerufene Mehrkosten werden im jeweiligen Ressortbudget bedeckt

5.2 Wirtschaftspolitische Auswirkungen:

5.2.1 Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Keine.

5.2.2 Auswirkungen auf die Verwaltungskosten für Bürger/innen und für Unternehmen:

Keine.

5.3 Auswirkungen in umweltpolitischer Hinsicht, insbesondere Klimaverträglichkeit:

Das Regelungsvorhaben ist nicht klimarelevant.

5.4. Auswirkungen in konsumentenpolitischer sowie sozialer Hinsicht

5.5 Geschlechtsspezifische Auswirkungen:

Hauptziel des Übereinkommens ist, den sexuellen Missbrauch und die sexuelle Ausbeutung von Kindern zu verhindern bzw. zu bekämpfen. Studien belegen, dass weltweit in erster Linie Frauen und Mädchen Opfer von sexueller Ausbeutung und von sexuellem Missbrauch sind.

         6.    Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Die vorgesehenen Regelungen stehen mit dem Recht der Europäischen Union (EU) in Einklang. Unbeschadet des Ziels und Zwecks dieses Übereinkommens und seiner uneingeschränkten Anwendung gegenüber anderen Vertragsparteien wenden Vertragsparteien, die Mitglieder der Europäischen Union sind, in ihren Beziehungen untereinander die Vorschriften der Gemeinschaft und der Europäischen Union an, soweit es für die betreffende Frage Vorschriften der Gemeinschaft oder der Europäischen Union gibt und diese auf den konkreten Fall anwendbar sind (Art. 43 Abs. 3 des Übereinkommens). Aufbauend auf dem Europaratsübereinkommen hat die Europäische Kommission am 25. März 2009 einen Vorschlag für einen Rahmenbeschluss des Rates zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornografie und zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses 2004/68/JI des Rates vom 22. Dezember 2003 zur Bekämpfung der sexuelle Ausbeutung von Kindern und der Kinderpornografie (Abl. L Nr. 13 vom 20.1.2004 S. 44) eingebracht. Die Verhandlungen finden derzeit auf Arbeitsgruppen-Ebene in Brüssel statt.

         7.    Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG

Erfüllungsvorbehalt gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 3 B-VG

Sonderkundmachung gemäß Art. 49 Abs. 2 B-VG

Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Das Übereinkommen des Europarats zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch hat gesetzesändernden bzw. gesetzesergänzenden Inhalt und bedarf daher der Genehmigung durch den Nationalrat gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG. Es hat nicht politischen Charakter. Es ist der unmittelbaren Anwendung im innerstaatlichen Rechtsbereich nicht zugänglich, sodass die Erlassung von Gesetzen gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 3 B-VG erforderlich ist. Da durch das Übereinkommen auch Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder geregelt werden, bedarf es der Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG.

Das Übereinkommen  stellt eine wichtige Ergänzung zu den bereits bestehenden völkerrechtlichen Instrumenten (siehe Präambel des Übereinkommens) dar und sieht weiterführende Bestimmungen zur Prävention von Sexualdelikten gegen Kinder, zur Verfolgung der TäterInnen und zum Schutz und der Unterstützung der Opfer vor. Die Stärkung der Rechte der Kinder sowie die Wahrnehmung ihrer Bedürfnisse und Meinungen bilden einen wichtigen Teil des Übereinkommens. Das „Wohl des Kindes“ und das Recht des Kindes auf Schutzmaßnahmen seitens seiner Familie, der Gesellschaft und des Staates stehen dabei im Vordergrund.

Das Übereinkommen umfasst sämtliche Straftaten, welche die sexuelle Ausbeutung und den sexuellen Missbrauch gegen Kinder zum Inhalt haben. Zum ersten Mal identifiziert und kriminalisiert ein internationaler Vertrag den Tatbestand der sexuellen Ausbeutung und des sexuellen Missbrauchs gegen Kinder. Im Bereich der „Kinderprostitution“ schafft das Übereinkommen eine „Verbindung“ zwischen Nachfrage und Angebot, in dem sowohl für die „HändlerInnen/ZuhälterInnen“ als auch für die Freier Strafen vorgesehen sind. Die Produktion, das Anbieten, die Verbreitung, die Beschaffung, der Besitz von Kinderpornographie sowie der wissentliche Zugriff auf Kinderpornographie mit Hilfe der Informations- und Kommunikationstechnologien sind laut Übereinkommen kriminelle Tatbestände. Zum ersten Mal wird „grooming“ (die Anwerbung eines Kindes im Internet für sexuelle Zwecke) als Strafbestand in einem internationalen Vertrag erfasst. Dies spiegelt die besorgniserregende Entwicklung wieder, dass Kinder zunehmend im Internet, z. B. in „Chatrooms“, mit Erwachsenen zusammentreffen, die mit ihnen in der Absicht kommunizieren, sie in der Folge sexuell auszubeuten.

Alle Personen, die in diesem Übereinkommen umschriebene Straftaten begehen, können verfolgt werden. Auch wenn ein Vergehen in einem Staat begangen wird, der geringere Strafen – als z. B. im Heimatland des Täters/der Täterin – vorsieht, kann der Täter/die Täterin nach Rückkehr in ihr/sein Heimatland strafrechtlich verfolgt werden.

Mit der Schaffung von harmonisierten Regelungen im Bereich der internationalen Zusammenarbeit sollen insbesondere die Auslieferung von TäterInnen und Rechtshilfeverfahren erleichtert werden.

Das Übereinkommen steht allen Mitgliedstaaten des Europarates und allen Nichtmitgliedstaaten, die sich an der Ausarbeitung des Übereinkommens beteiligt haben, sowie der Europäischen Gemeinschaft zur Unterzeichung offen. Andere Nichtmitgliedstaaten können dem Übereinkommen auf Einladung des Ministerkomitees des Europarats beitreten.

Das Übereinkommen tritt am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach dem Tag folgt, an dem fünf Unterzeichner, darunter mindestens drei Mitgliedstaaten des Europarats ihre Zustimmung ausgedrückt haben, durch das Übereinkommen gebunden zu sein. Das Übereinkommen ist bis dato (Stand: 12. April 2010) von 34 Staaten unterzeichnet und 4 Staaten, Albanien (2009), Griechenland (2009), Dänemark (2009) und den Niederlanden (2010) ratifiziert worden [wird vor der Einbringung nochmals aktualisiert].

Besonderer Teil

Zur Präambel:

Die Präambel führt mehrere völkerrechtliche Instrumente, Programme und Aktionspläne zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch, die im Rahmen des Europarates, der Europäischen Union und den Vereinten Nationen verabschiedet wurden, an. Österreich hat - mit Ausnahme des Übereinkommens über Computerkriminalität („Cybercrime-Konvention“) des Europarates, das bisher von Österreich nur unterzeichnet wurde – alle diese völkerrechtlichen Verträge unterzeichnet und ratifiziert. Österreich unterstützt auch alle in der Präambel erwähnten Programme und Aktionspläne und war an deren Ausarbeitung beteiligt.

KAPITEL I – Zweck, Nichtdiskriminierungsgrundsatz und Begriffsbestimmungen

Zu Art. 1:

In Art. 1 wird der Zweck des Übereinkommens beschrieben. Neben der Verhütung und Bekämpfung sexueller Ausbeutung und sexuellen Missbrauchs von Kindern, sollen Opferrechte gewahrt und die nationale sowie internationale Zusammenarbeit gefördert werden. Zur Verwirklichung dieser Vorgaben wird ein spezieller Überwachungsmechanismus eingeführt.

Zu Art. 2:

In Art. 2 ist der „Nichtdiskriminierungsgrundsatz“ festgelegt. Dieser Artikel normiert, dass die Vertragsparteien Opfer sexueller Ausbeutung und sexuellen Missbrauchs nach dem Grundsatz der Gleichheit behandeln müssen. Eine ungerechtfertigte Diskriminierung kommt einer Vertragsverletzung gleich. Die Definition der Diskriminierung deckt sich mit ähnlichen Übereinkommen des Europarats (z. B. dem Übereinkommen des Europarates zur Bekämpfung des Menschenhandels, BGBl. III Nr. 10/2008) und entspricht sinngemäß dem Art. 14 der in Österreich in Verfassungsrang stehenden Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten.

Zu Art. 3:

Art. 3 enthält die Begriffsbestimmungen. Gemäß lit. a ist im Sinne des Übereinkommens unter einem „Kind“ eine Person unter achtzehn Jahren zu verstehen. Dies steht in Einklang mit dem Rahmenbeschluss 2004/68/JI des Rates vom 22. Dezember 2003 zur Bekämpfung der sexuelle Ausbeutung von Kindern und der Kinderpornografie (Abl. L Nr. 13 vom 20.1.2004 S. 44, Art. 1 lit. a) sowie dem Übereinkommen über die Rechte des Kindes (BGBl. Nr. 7/1993 idgF, Art. 1). In § 74 Abs. 1 Z 3 StGB wird eine Person, die das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, als minderjährig bezeichnet. Nach lit. b soll die Bezeichnung „Sexuelle Ausbeutung und sexueller Missbrauch von Kindern“ jedenfalls die in den Art. 18 bis 23 des Übereinkommens beschriebenen Verhaltensweisen umfassen. Im Gegensatz zum EU-Rahmenbeschluss zur Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung von Kindern und der Kinderpornografie sowie zum Fakultativprotokoll zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes betreffend den Verkauf von Kindern, die Kinderprostitution und die Kinderpornografie (BGBl. III Nr. 93/2004) der Vereinten Nationen wird entsprechend dem Europaratsübereinkommen zur Bekämpfung des Menschenhandels der Begriff des Opfers definiert. Gemäß lit. c des Übereinkommens bedeutet Opfer ein Kind, das sexueller Ausbeutung oder sexuellem Missbrauch ausgesetzt ist. Die Opferdefinition des § 65 Abs. 1 lit. a StPO umfasst auch Personen, die durch eine vorsätzlich begangene Straftat in ihrer sexuellen Integrität beeinträchtigt worden sein könnten.

KAPITEL II – Präventive Maßnahmen

Zu Art. 4:

Darin ist das Hauptziel der Konvention, nämlich Kinder vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch zu schützen, festgehalten. Die diesbezüglichen Prinzipien der österreichischen Rechtsordnung sowie die Maßnahmen der österreichischen Bundesregierung, um Kinder vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch zu schützen, werden in der Folge mit Bezugnahme auf die Artikel des Übereinkommens dargelegt.

Zu Art. 5:

Dieser Artikel normiert, dass alle Personen, die in regelmäßigem Kontakt mit Kindern stehen, über ausreichende Kenntnisse über die Rechte von Kindern und ihren Schutz, sowie über ein angemessenes Wissen über die sexuelle Ausbeutung und den sexuellen Missbrauch von Kindern verfügen müssen.

Das Dienstrecht der österreichischen Lehrkräfte sieht neben anderen (allgemeinen und besonderen) Ernennungs- und Anstellungserfordernissen auch die persönliche und fachliche Eignung vor. Hinsichtlich ergänzender Regelungen im Bereich des Strafrechts wird u.a. auf das auch Lehrkräfte erfassende gerichtliche Tätigkeitsverbot verwiesen (§ 220b StGB).

Das Bundesministerium für Justiz führt Schulungen für RichterInnen und StaatsanwältInnen durch (z. B. Schulungen zur Befragung mj. Missbrauchsopfer für StaatsanwältInnen und für im Straf- und im Familienrecht tätige RichterInnen).

Zu Art. 6:

Art. 6 („Erziehung der Kinder“) normiert die Verpflichtung der Vertragsparteien, Kinder, u.a. auch im Rahmen des Schulunterrichts, über die Risiken der sexuellen Ausbeutung und des sexuellen Missbrauchs aufzuklären und ihnen Möglichkeiten aufzuzeigen, sich zu schützen und um Unterstützung zu ersuchen. Die Idee ist, dass Eltern nicht immer in der Lage sind, ihre Kinder ausreichend in Fragen der Sexualität aufzuklären und Kinder öfters im außerfamiliären Kontext eher für diese Themen ansprechbar sind.

In Österreich wurden vom Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend (BMWFJ) bereits entsprechende Maßnahmen gesetzt. So beraten beispielsweise rund 400 vom BMWFJ geförderte Familienberatungsstellen Familien, Paare und junge Menschen u.a. über das Thema verantwortungsvolle Sexualität und unterstützen die Sexualerziehung durch Eltern. Weiters wird vom BMWFJ die Broschüre „Sex, Love und so…“ in Schulen aber auch in der außerschulischen Jugendarbeit eingesetzt, um zu einer verantwortungsvollen Sexualität erziehen. Die Neuauflage (Herbst 2009) enthält auch Informationen über die Gefahren der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien. Aus allgemeinen Förderungsmitteln des BMWFJ werden NRO für die Durchführung von Projekten zur Prävention von sexuellem Missbrauch gefördert (z. B. Weiterbildung von MitarbeiterInnen zum Thema „jugendliche Internet-Kinderporno user“, Workshops mit Schulen zur Prävention von Kindesmissbrauch, Kooperation von öffentlicher Jugendhilfe und Strafjustiz bei Sexualdelikten gegen Jugendliche). Auf fachspezifischen Websites des BMWFJ werden Informationen zum Thema Sexualität (www.familienberatung.gv.at; www.jugendinfo.at), Sexualerziehung (www.eltern-bildung.at) und sexuellem Missbrauch/sexuelle Ausbeutung (www.kinderrechte.gv.at)  für Jugendliche, Eltern und Personen, die im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit in Kontakt mit Kindern stehen, angeboten. Auf der Website www.eltern-bildung.at wird auch das Thema sexuelle Ausbeutung im Internet für Eltern aufbereitet. Die in diesem Artikel geforderte Zusammenarbeit mit den Eltern bzw. Erziehungsberechtigten ist ein wesentlicher Bestandteil des österreichischen Schulrechts (vgl. z. B. § 2 Bundesgesetz über die Ordnung von Unterricht und Erziehung in den im Schulorganisationsgesetz geregelten Schulen/Schulunterrichtsgesetz, BGBl. Nr. 472/1986 idgF). Sexualerziehung in den Schulen wird durch einen gleichnamigen Erlass (GZ 36.145/16-V/3/94, Rundschreiben Nr. 36/1994) näher geregelt. Im BMI ist eine Projektgruppe zum Thema „Gewalt-/Opferschutz“ eingesetzt. Das Projekt zielt u.a. auf Optimierung von Präventionsmaßnahmen, Durchführung spezieller Schulungsmaßnahmen auf nationaler Ebene unter Einbeziehung externer Opferschutzeinrichtungen bzw. –organisationen, Intensivierung und „Beschleunigung“ der Zusammenarbeit und Kontakthaltung mit Opferschutzeinrichtungen sowie die Erstellung und Umsetzung einer flächendeckenden nachhaltigen Bewusstseinsbildung ab.

Zu Art. 7:

Art. 7 sieht die Möglichkeit vor, dass Personen, die fürchten bzw. gefährdet sind, einen sexuellen Missbrauch zu begehen oder Personen, die einen sexuellen Missbrauch - ohne Kenntnis der staatlichen Behörden - begangen haben, Interventionsprogramme bzw. Therapien beziehen können.

Erfahrungen zeigen, dass nur ein kleiner Teil der gefährdeten Personen von sich aus und freiwillig TäterInnenprogramme in Anspruch nimmt, in der Regel wird ein „verpflichtender“ Rahmen (z. B. eine gerichtliche Weisung) benötigt. Gesetzlich geregelte TäterInnenarbeit erfolgt in Österreich im Prinzip auf der Grundlage des Jugendwohlfahrts- und Familienrechts (Erziehungshilfe, Regelung des Besuchsrechts) des Gewaltschutz- und Sicherheitspolizeigesetzes (Wegweisung und Betretungsverbot, einstweilige Verfügung) und des Strafrechts (Anzeige- und Meldepflichten, Diversionsbestimmungen, Regelungen des Strafvollzuges, forensische Nachbetreuung).

In Österreich sind die Beratungseinrichtungen für Männer, Buben und männliche Jugendliche in der Arbeitsgemeinschaft der Männerberatungsstellen und Männerbüros Österreichs (AMÖ) zusammengeschlossen. Im Rahmen der Tätigkeit einzelner Beratungsstellen wird auch sogenannte „Täterarbeit“ angeboten. Dieses Angebot umfasst entsprechende akut- und längerfristige Therapiemaßnahmen, ist konzeptuell vorrangig als Opferschutz konzipiert und bietet sowohl Programme i.S. der gesetzlich geregelten TäterInnenarbeit als auch auf Basis der Freiwilligkeit von betroffenen – potentiellen – TäterInnen an.

Das BMWFJ fördert 400 Familienberatungsstellen, darunter zwanzig spezielle Beratungsstellen für Männer und Frauen (zehn Männerberatungsstellen und zehn Frauenberatungsstellen) und zehn spezielle Sexualberatungsstellen in ganz Österreich, an die sich Menschen, die sich in Gefahr sehen, sexuellen Missbrauch zu begehen, wenden können (www.familienberatung.gv.at) (siehe auch Art. 6).

Zu Art. 8

Dieser Artikel normiert, dass die Vertragsparteien Aufklärungskampagnen für die allgemeine Öffentlichkeit durchführen.

Folgende von Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend (BMWFJ), Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (BMASK) und Bundesministerium für europöische und internationale Angelgenheiten (BMeiA) gesetzte Maßnahmen können in diesem Zusammenhang erwähnt werden:

Die Bewusstseinsbildungsaktivitäten des BMWFJ zielen darauf ab, Kinder zu stärken, ihre Selbstbestimmung zu fördern und sie dadurch vor sexueller Gewalt und Ausbeutung im Wege neuer Kommunikationsmedien zu schützen. Das BMWFJ hat gemeinsam mit NROs („End Child Prostitution, Child Pornography and Trafficking of Children for Sexual Purposes“ (ECPAT-Österreich) und „respect“) zur Umsetzung des Verhaltenskodex der Welttourismusorganisation (UNWTO) und im Rahmen des 2005 im BMWFJ eingerichteten „Runden Tisch - Ethik im Tourismus“ mit VertreterInnen von NROs, der Tourismuswirtschaft und weiteren Interessensvertretungen zahlreiche Maßnahmen zur Bewusstseinsbildung entwickelt. Weiters wurden die gemeinsam mit „respect“ zur Bekanntmachung des „Globalen Ethikkodex für Tourismus“ erstellten Informationsbroschüren den relevanten AkteurInnen im Tourismusbereich zur Umsetzung der UNWTO-Handlungsempfehlungen übermittelt (2004/05). An Fachschulen wurden ein Posterwettbewerb und eine Podiumsdiskussion zum Thema „Schutz der Kinder im Tourismus“ durchgeführt (Schuljahr 2006/07). Im Auftrag des BMWFJ hat ECPAT Österreich weitere Informationsmaterialien für die Reisewirtschaft erstellt (2007/08): Informationskarten als Beilage zu Reiseunterlagen und Formatvorlagen für Reisekataloge und Webseiten. Darüber hinaus wurde didaktisches Material für den Einsatz an Berufsschulen, mittleren und höheren Tourismusschulen u.a. Tourismusausbildungseinrichtungen (Lehrgänge, Fachhochschulen-Studiengänge, Universitäten) konzipiert, mit denen sechzig Bildungseinrichtungen erreicht wurden. Mit Unterstützung des BMFWJ hat die „Arbeitsgemeinschaft Wirtschaft und Schule“ ein Medienpaket „Tourismus und Freizeitwirtschaft“ herausgegeben, in dem das Thema „Ethik im Tourismus“ und insbesondere „Sexuelle Ausbeutung von Kindern“ thematisiert wird (2008). Im Rahmen des laufenden EU-Projekts „OFFENDERS BEWARE“ – Bewusstseinsbildung, Kapazitätsaufbau und Motivation zu verstärktem Schutz der Kinder vor sexueller Ausbeutung im Tourismus“ (2008 – 2011) - wurden bisher in zehn Schulen Informationsveranstaltungen abgehalten. Weitere „Train-the-trainer“ Programme, bei denen LehrerInnen anhand der vorliegenden Lehrmaterialien geschult werden, und Workshops an Tourismusschulen werden angeboten. Das Projekt wird von der Europäischen Kommission, der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit (OEZA/ADA) und dem BMWFJ gefördert und von „respect“ und ECPAT-Österreich durchgeführt. Auf der Ferienmesse Wien (Zielgruppe: KonsumentInnen) wurde 2009 der im Rahmen des EU-Projekts „Offenders Beware“ produzierte 20-minütige Film mit dem Titel „Über den sexuellen Missbrauch von Kindern im Tourismus“ präsentiert. Österreich hat im Rahmen seiner EU-Präsidentschaft 2006 das Thema „Sexueller Missbrauch von Kindern im Tourismus“ bei der TourismusministerInnenkonferenz thematisiert.

Im Zentrum der männerpolitischen Aktivitäten des BMASK stehen das Auftreten gegen Gewalt von Männern innerhalb und außerhalb der Familie und die Gewaltprävention speziell bei Buben und männlichen Jugendlichen. Seit 2007 wird diesem Schwerpunktthema mit verschiedensten Maßnahmen Rechnung getragen, so z. B. durch Schwerpunktförderungen gegen männliche Gewalt in allen Bundesländern und enge Zusammenarbeit mit den Männerberatungseinrichtungen. Die Kooperation mit der internationalen NRO „White Ribbon“ unter dem Motto „Männer gegen Männergewalt“ und die Zusammenarbeit mit dem Frauen-, dem Unterrichts- und dem Justizministerium unter der „Motto“ „Gemeinsam gegen Gewalt“ gehören ebenfalls zum Maßnahmenpaket im Bereich der Gewaltprävention. Im Jahr 2007 wurden von der BKA-Frauensektion, dem BMUKK und dem BMASK die „Gender Tage 2007“ ins Leben gerufen. Vor dem Hintergrund der Gewaltprävention geht es darum, Buben und männliche Jugendliche zu stärken, ihre Kraft und Energie in Richtung einer partnerschaftlich orientierten positiven männlichen Identität zu lenken. Schulen können österreichweit auf ein auch vom BMASK finanziertes, breit gefächertes Angebot an Workshops und Veranstaltungen zur Sensibilisierung von Buben und männlichen Jugendlichen zurückgreifen, das von professionellen Männerberatungseinrichtungen durchgeführt wird.

Das BMeiA hat - als Vorsitz der österreichischen Task Force zur Bekämpfung des Menschenhandels - in den letzten Jahren einige öffentlichkeitswirksame Veranstaltungen zum Thema Kinderrechte, Kinderhandel, Kinderpornographie und Kinderprostitution organisiert. Die österreichische Nationale Vorbereitungskonferenz  zum III. Weltkongress gegen die sexuelle Ausbeutung von Kindern (25. bis 28. November 2008 in Rio de Janeiro, Brasilien) fand am 2. Oktober 2008 in Wien statt. Die Konferenz verfolgte das Ziel,  die sexuelle Ausbeutung von Kindern in Österreich zu erörtern bzw. Ansätze für eine österreichische Position im Rahmen des III. Weltkongresses zu diskutieren. Anlässlich des EU-Anti-Menschenhandelstages 2009 organisierte das BMeiA am 16. Oktober 2009 eine öffentlichkeitswirksame Veranstaltung „Gemeinsam gegen Menschenhandel“, die sich schwerpunktmäßig mit der Frage des Kinderhandels und dem Schutz von Kinderrechten befasste. Das BMeiA arbeitet im Rahmen dieser öffentlichen bewusstseinsbildenden Maßnahmen eng mit den anderen zuständigen Ministerien, ausgelagerten Dienststellen, wie z. B. OEZA/ADA, internationalen Organisationen, u.a. UNICEF, UNODC, IOM, OSZE, österreichischen NROs, u.a. die Interventionsstelle für Betroffene des Frauenhandels (LEFÖ-IBF) und „End Child Prostitution, Child Pornography and Trafficking of Children for Sexual Purposes“ (ECPAT Österreich), sowie Forschungseinrichtungen, wie z. B. dem Ludwig Boltzmann Institut für Menschenrechte, zusammen.

Zu Art. 9

Gemäß Art. 9 werden die Vertragsparteien aufgefordert, „Partnerschaften“ mit dem Privatsektor (insbesondere Internetanbieter, Banken, Tourismus-Unternehmen etc.) und den Medien (z. B. im Rahmen von Informationskampagnen für Kinder und Jugendliche) im Kampf gegen die sexuelle Ausbeutung und den sexuellen Missbrauch von Kindern einzugehen. Abs.°1 des Artikels sieht vor, dass auch Kinder und Jugendliche in die Entwicklung von Programmen/Politiken der Regierungen eingebunden sind. In Abs. 4 werden die Vertragsparteien aufgefordert, Projekte und Programme von VertreterInnen der Zivilgesellschaft, insbesondere NROs, zu unterstützen, die das Ziel verfolgen, Kinder vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch zu schützen.

Folgende vom BMWFJ und BMUKK gesetzte Maßnahmen können als Beispiele erwähnt werden:

         -      In der im BMWFJ eingerichteten Bundesstelle für Positivprädikatisierung (BuPP) sind Jugendliche als Gutachter bei der Bewertung von pädagogisch empfehlenswerten Computer- und Konsolenspielen eingesetzt. Außerdem wird im Rahmen der BuPP die Förderung von Medienkompetenz bei Jugendlichen, Kindern und Eltern unterstützt, damit diese einen bewussten und kritischen Umgang mit Medien lernen. In der im BMWFJ eingerichteten Arbeitsgruppe zum Thema sexuelle Ausbeutung von Kindern sind neben VertreterInnen der Bundes- und Landesregierungen, von NROs auch jene VertreterInnen der Informations- und Kommunikationstechnologie eingebunden. Im Rahmen einer Parlamentarischen Enquete wurde 2008 über die Form der Berichterstattung über Gewalt an Kindern diskutiert und die Ergebnisse auf der Website des Parlaments veröffentlicht.

         -      Das BMUKK unterstützt Vereine für Projekte zur Prävention von sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch von Kindern. Aktuelle Beispiele sind die Durchführung einer Fachtagung „Kinderpornographie“ (November 2009) oder das Projekt eines Vereins zum Thema „Sexuelle Übergriffe unter Kindern – Prävention und Intervention im Schulalltag“, in dem in Schulklassen Bausteine (Web- und Papierformat) für Lehrkräfte zum kompetenten Handeln gegen sexuelle Übergriffe in der Klasse entwickelt werden.

KAPITEL III – Spezialisierte Behörden und Koordinierungsstellen

Zu Art. 10

Dieser Artikel verpflichtet die Vertragsparteien auf nationaler Ebene Koordinationsmechanismen und Mechanismen der Zusammenarbeit zu etablieren, in denen alle wichtigen AkteurInnen auf nationaler und lokaler Ebene vertreten sind. Österreich erfüllt die Bestimmungen dieses Artikels auf verschiedene Weise:

         -      Im Sommer 2009 wurde im BMWFJ eine interinstitutionelle Arbeitsgruppe (VertreterInnen der Bundesministerien, Länder, NROs und Internetprovider) eingerichtet, welche ein kontinuierliches Diskussionsforum zu den Themen des Fakultativprotokolls zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes betreffend den Verkauf von Kindern, die Kinderprostitution und die Kinderpornografie ist. Die Arbeitsgruppe hat die Aufgabe, Maßnahmen zur Prävention von sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch, zum Schutz der Opfer und zur Strafverfolgung zu erörtern.

         -      Die Themen Kinderhandel und Sextourismus werden in eigenen Foren behandelt (in der Arbeitsgruppe Kinderhandel im Rahmen der unter der Leitung des BMeiA eingerichteten Task Force Menschenhandel bzw. im Round Table „Ethik im Tourismus“, in dem u.a. präventive Maßnahmen gegen Sextourismus mit der Tourismuswirtschaft diskutiert werden). Da einige Institutionen in allen drei Foren vertreten sind, werden alle Fassetten der sexuellen Ausbeutung und des sexuellen Missbrauchs von Kindern in koordinierter Form behandelt.

         -      Für alle polizeilichen Maßnahmen, die im Zusammenhang mit der Koordinierung von Maßnahmen innerhalb des Vollzugsbereiches des BMI stehen (sowohl repressive Maßnahmen wie die Steuerung des kriminalpolizeilichen Einsatzes (z. B. Ermittlungsmaßnahmen oder die Einleitung von Strafverfolgung), als auch präventive Maßnahmen und der Bereich Opferschutz und Zusammenarbeit mit NGOs) ist eine Koordinierung durch die Exekutivdienstabteilung im Bundeskriminalamt (Referat II/2/a) gegeben.

         -      Die 1993 gegründete „Plattform gegen die Gewalt in der Familie“ ist das einzige österreichweite Netzwerk, in dem – derzeit 45 - etablierte Beratungseinrichtungen (VernetzungsträgerInnen) aus den Bereichen „Gewalt gegen Kinder“, „Gewalt gegen Frauen“, „Gewalt an/unter Jugendlichen“, „Gewalt gegen ältere Menschen“ und „Geschlechtsspezifische Burschen- und Männerarbeit“ im Bereich der Gewaltprävention zusammenarbeiten. Ziele der Plattform sind die Reduzierung von Gewalt, die Erhöhung der Aufdeckungsrate und eine Optimierung der Interventionen bei Fällen von Gewalt. Der Austausch und die Diskussion über die verschiedenen Bereiche hinweg ermöglicht die Entwicklung sinnvoller Konzepte und konstruktiver Modelle der Gewaltprävention. Zielgruppen für die Plattformarbeit sind einerseits von Gewalt Betroffene, andererseits Berufsgruppen, die in ihrem Arbeitsumfeld mit dem Thema Gewalt konfrontiert sind. Derzeit werden die vielen in- und außerhalb der Plattform entwickelten Präventions- und Interventionsprojekte u.a. über das Internet allen interessierten Personen zugänglich gemacht. Die Plattform gegen die Gewalt in der Familie ist als Informationsdrehscheibe verankert (nähere Informationen: www.plattformgegendiegewalt.at).

Abs. 2 lit. a sieht die Schaffung von unabhängigen Institutionen vor, die dazu beitragen, den Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch sicherzustellen.

Mit dem Jugendwohlfahrtsgesetz 1989 wurde festgelegt, in jedem der neun Bundesländer und auf Bundesebene Kinder- und Jugendanwaltschaften einzurichten. Die mit Finanzmitteln der Länder ausgestatteten Kinder- und Jugendanwaltschaften Österreichs haben die primäre Aufgabe, Minderjährige, Erziehungsberechtigte und gesetzliche VertreterInnen in allen Angelegenheiten zu beraten, welche die Stellung des/der Minderjährigen und die Aufgaben des/der Erziehungsberechtigten betreffen sowie bei Meinungsverschiedenheiten und Auseinandersetzungen über die Pflege und Erzie¬hung zu helfen (§ 10 Jugendwohlfahrtsgesetz 1989 (JWG), BGBl.. Nr. 1989/161 idgF). Die – in den einzelnen Ländern mit unterschiedlichen Befugnissen und Aufgaben ausgestatteten – Kinder- und Jugendanwaltschaften sind Anlaufstellen für alle Fragen und Probleme, die Kinder und Jugendliche betreffen, sie verstehen sich als umfassende Interessenvertretung und unabhängige Ombudsstelle zur Wahrung der Interessen von Kindern und Jugendlichen und geben Berichte über ihre Tätigkeit ab.

KAPITEL IV – Maßnahmen zum Schutz und zur Unterstützung der Opfer

Zu Art. 11:

Abs. 1 verpflichtet die Vertragsparteien allgemein zu wirksamen Sozialprogrammen mit multidisziplinärem Ansatz zur Unterstützung von Opfern und deren nahen Angehörigen. Opfer im Sinne des § 65 Abs. 1 lit. a und b StPO (Personen, die durch eine vorsätzlich begangene Straftat in ihrer sexuellen Integrität beeinträchtigt worden sein könnten, sowie der Ehepartner, der Lebensgefährte, Verwandte in gerader Linie, der Bruder oder die Schwester einer Person, deren Tod durch eine Straftat herbeigeführt worden sein könnte oder andere Angehörige, die Zeugen der Tat waren) haben Anspruch auf psychosoziale und juristische Prozessbegleitung, sofern dies zur Wahrung ihrer prozessualen Rechte unter Berücksichtigung ihrer persönlichen Betroffenheit erforderlich ist (§ 66 Abs. 2 StPO). Opferschutzeinrichtungen, die vom BMJ mit der Durchführung der Prozessbegleitung beauftragt werden, sichern für das Strafverfahren eine multidisziplinäre Unterstützung für das Opfer. Die psychosoziale Prozessbegleitung umfasst auch die Vorbereitung des Opfers auf das Strafverfahren und die damit verbundenen emotionalen Belastungen.

Abs. 2 verpflichtet die Vertragsparteien im Falle von Zweifel über das Alter des Opfers, insbesondere ob ein Opfer noch als Kind anzusehen ist, bis zu Klärung des Alters des Opfers ihm oder ihr den Schutz und die Unterstützung zukommen zu lassen, die für Kinder vorgesehen sind.

In Österreich gewähren die prozessrechtlichen Opferschutzbestimmungen unabhängig vom Alter des Opfers Schutz und Unterstützung soweit es nach den Bedürfnissen des Opfers erforderlich ist. § 10 StPO verpflichtet alle im Strafverfahren tätigen Behörden auf die Rechte und Interessen der Opfer von Straftaten angemessen Bedacht zu nehmen, wie auch die Opfer mit Würde zu behandeln und deren Interesse an der Wahrung ihres höchstpersönlichen Lebensbereiches zu beachten. Dies gilt auch für die Möglichkeit der Beiziehung einer Vertrauensperson bei der Einvernahme als Zeugin oder Zeuge (§ 160 Abs. 2 und 3 StPO) wie auch für die abgesonderte kontradiktorische (schonende Einvernahme (§ 165 Abs. 3 und 4 und § 250 Abs. 3 StPO). Das Sicherheitspolizeigesetz sieht u.a. vor, dass die Sicherheitsbehörden zum Zweck der Vorbeugung und Abwendung von Gewalthandlungen, mit geeigneten Opferschutzeinrichtungen (Interventionsstellen) zusammenarbeiten. Nähere Informationen unter: www.frauenratgeberin.wien.gv.at.

Die in jedem Bundesland Österreichs eingerichteten Interventionsstellen gegen Gewalt bzw. Gewaltschutzzentren sind eine Begleitmaßnahme zum Bundesgesetz zum Schutz bei Gewalt in der Familie (GeSchG), BGBl. Nr. 759/1996, und Teil des Reformpaketes zur Prävention von Gewalt in den Familien. Sie sind eine im Bundesgesetz über die Organisation der Sicherheitsverwaltung und die Ausübung der Sicherheitspolizei (SPG), BGBl. Nr. 566/1991 idgF, verankerte Einrichtung und dienen in erster Linie dem Schutz der Opfer von Gewalt. Die Polizei ist im Rahmen einer Wegweisungshandlung verpflichtet, die Gefährdeten über eine geeignete Opferschutzeinrichtung zu informieren und setzt die jeweilige Interventionsstelle von der Verhängung eines Betretungsverbotes in Kenntnis. Das Gewaltschutzzentrum nimmt daraufhin unmittelbar mit den Opfern Kontakt auf und bietet ihnen kostenlos und vertraulich Beratung und Unterstützung an. Finanziert wird diese Einrichtung aus Mitteln der öffentlichen Hand.

Die über das Bundesgebiet verteilten Kinderschutzzentren sind eine Anlaufstelle für die Problembereiche sexuelle, körperliche und psychische Gewalt sowie Vernachlässigung von Kindern und Jugendlichen. Die Hilfestellung erfolgt anonym, kostenlos, unbürokratisch und vertraulich und erstreckt sich über das Spektrum individueller Akutberatung, über therapeutische Angebote bis hin zur Prozessbegleitung.

Die Informationsstelle gegen Gewalt ist eine österreichweit tätige Einrichtung, die Aktivitäten zur Prävention von Gewalt an Frauen und Kindern in Beziehungen/in der Familie setzt. Träger der Informationsstelle ist der Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser, der als Dachorganisation 26 Einrichtungen in ganz Österreich vernetzt. Die Tätigkeit der Informationsstelle wird durch Subventionen und Aufträge verschiedener öffentlicher Fördergeber finanziert.

         -      Die bereits in den Erläuterungen zu Art. 7 erwähnten Männerberatungseinrichtungen können in diesem Zusammenhang auch erwähnt werden.

Der Aufrechterhaltung oder aber auch Wiederanbahnung des Kontaktes zwischen Kindern und den von ihnen jeweils getrennt lebenden Elternteilen dient die Besuchsbegleitung. Voraussetzung für die Einrichtung von Besuchsbegleitung ist der Beschluss des zuständigen Bezirksgerichtes gemäß § 111 Bundesgesetz über das gerichtliche Verfahren in Rechtsangelegenheiten außer Streitsachen (AußStrG), BGBl. I Nr. 111/2003 idgF. Besuchsbegleitung findet in Anwesenheit der Besuchsbegleiterin/ des Besuchsbegleiters statt, sodass sie auch bei Vorliegen von sexuellem Missbrauch durch die Obsorgeberechtigte/den Obsorgeberechtigten stattfinden kann. Dies in der Absicht, dem Kind den jeweils betroffenen Elternteil prinzipiell zu erhalten und die Möglichkeit zur psychischen Aufarbeitung des Geschehenen zu geben. Ab dem 12. Lebensjahr wird das Kind vom zuständigen Richter/der zuständigen Richterin befragt, ob es Kontakt zur Besuchsberechtigten/zum Besuchsberechtigten haben will. In denjenigen Fällen, in denen ein behaupteter oder nachgewiesener sexueller Missbrauch vorliegt, wird, nach vorliegender Gefährdungsabklärung durch den jeweils zustänfigen Jugendwohlfahrtsträger, durch die die Besuchsbegleitung durchzuführende Person entschieden, ob die Besuchsbegleitung in geeigneter Form unter Berücksichtigung des Wohls des Kindes durchgeführt werden kann oder zu unterlassen ist.  Stimmt das Kind dem Besuchskontakt nicht zu, wird der Besuchskontakt zumeist nicht angeordnet. Durch die ständige Weiterentwicklung in der Besuchsbegleitung, kann sich die Besuchsbegleitung im Umfeld von Mediation, Familienberatung, Scheidungs- und Trennungsbegleitung sowie Elternbildung als wichtiger Baustein in der Sozial-, Geschlechter- und Familienpolitik etablieren.

Zu Art. 12:

Abs. 1 normiert, dass Bestimmungen über berufliche Schweigepflichten bestimmter Berufgruppen mit Kontakt zu Kindern, diesen nicht die Möglichkeit einer Anzeige im Falle eines begründeten Verdachts von sexueller Ausbeutung oder sexuellem Missbrauch von Kindern, an den Jugendwohlfahrtsträger verwehren dürfen.

§ 78 Abs. 1 StPO begründet für Behörden und öffentliche Dienststellen eine allgemeine Anzeigenpflicht, an die Kriminalpolizei oder Staatsanwaltschaft, sofern im eigenen Wirkungsbereich der Verdacht einer strafbaren Handlung bekannt wurde. Gemäß § 78 Abs. 2 Z 1 StPO wird bei amtlichen Tätigkeiten, die auf einem persönlichen Vertrauensverhältnis beruhen (Jugendämter, Lehrertätigkeit etc), eine Ausnahme von der Anzeigenpflicht statuiert, wobei aber § 78 Abs. 3 StPO wiederum klarstellt, dass iSd des Opferschutzes die Behörde oder öffentliche Dienststelle jedenfalls alles zu unternehmen hat, was zum Schutz des Opfers oder anderer Personen vor Gefährdung notwendig ist. Nötigenfalls ist trotz der Ausnahme einer Anzeigepflicht nach § 78 Abs. 2 StPO Anzeige zu erstatten. Die besondere Anzeigepflicht für Ärzte ist in § 54 Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Ausübung des ärztlichen Berufes und die Standesvertretung der Ärzte (Ärztegesetz 1998 - ÄrzteG 1998) erlassen und das Ausbildungsvorbehaltsgesetz geändert wird

(Ärztegesetz), BGBl. I Nr. 169/1998 idgF, geregelt.

Abs. 2 fordert die Vertragsparteien auf, Maßnahmen zu treffen, die Personen, die Kenntnis von sexueller Ausbeutung oder sexuellem Missbrauch von Kindern haben oder gutgläubig vermuten, zur Anzeige an zuständige Stellen ermutigt werden.

Entsprechend normiert § 80 Abs. 1 StPO das allgemeine Anzeigerecht für Personen, die von einer strafbaren Handlung Kenntnis erlangen, an die Kriminalpolizei oder Staatsanwaltschaft.

Weiters wird auf die gesetzlichen Meldepflichten des § 37 JWG und § 48 Schulunterrichtsgesetz  hingewiesen.

Zu Art. 13:

Art. 13 verpflichtet die Vertragsparteien, Informationsdienste, wie z. B. Telefonberatungen oder Internetinformationsdienste einzurichten, an die sich Betroffene wenden können.

In Österreich verfügen kriminalpolizeiliche Dienststellen, Gewaltschutzzentren, Kinderschutzzentren, Autonome Frauenhäuser, Männerberatungseinrichtungen etc. über die erforderlichen Informationsstrukturen. Nähere Informationen:

         -      Interventionsstellen gegen Gewalt in der Familie – Linkliste des BMI: www.bmi.gv.at

         -      Überblick über die Gewaltschutzzentren in Österreich: www.gewaltschutzzentrum.at

         -      Plattform gegen Gewalt in der Familie: www.platformgegendiegewalt.at

Nach dem Motto „TäterInnenarbeit ist Opferschutz“  wird die im Rahmen des DAPHNE-Programms der Europäischen Union (vgl. Beschluss Nr. 293/2000/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Januar 2000 zur Annahme eines Aktionsprogramms der Gemeinschaft (DAPHNE-Programm) (2000-2003) über vorbeugende Maßnahmen zur Bekämpfung von Gewalt gegen Kinder, Jugendliche und Frauen, ABl. L Nr. 95 vom 15.4.2000 S 40-41) geförderte TäterInnen-Hotline seit Herbst 2003 zunächst regional in Hamburg, Oberösterreich und Luxemburg erprobt, fortlaufend evaluiert und verbessert. Hinter der Hotline steht die Europäische Gesellschaft Gewaltberatung TäterInnentherapie, ein Zusammenschluss von Beratungsorganisationen in Deutschland, Österreich und der Schweiz: www.oif.ac.at; www.gewalthotline.eu.

Folgende Internetseiten bieten weitere Informationen:

         -      Überblick über die Kinderschutzzentren in Österreich: www.wigwam.at; www.kinderschutz.wien.at; www.hilfe.wien.gv.at; www.gewaltschutzzentrum.at

         -      White Ribbon Österreich; www.whiteribbon.at

         -      Informationsseite des BMASK zur Gewaltprävention; www.bmask.gv.at

Die 400 vom BMWFJ geförderten Familienberatungsstellen beraten Familien, Paare und junge Menschen u.a. zum Thema verantwortungsvolle Sexualität und unterstützen die Sexualerziehung durch Eltern. Etwa zehn Beratungsstellen sind auf die Thematik spezialisiert.

Die 24 Stunden Hotline für Kinder und Jugendliche „Rat auf Draht“, wird aus öffentlichen Mitteln gefördert. Die Inanspruchnahme der Beratungsangebote wird auf den Websites des BMWFJ und in der Broschüre „Love, Sex und so…“, die an Jugendliche ausgegeben wird, beworben.

Zu Art. 14:

Abs. 1 sieht eine allgemeine Verpflichtung vor, Maßnahmen zur kurz- oder langfristigen Unterstützung von Opfern bei ihrer physischen und psychosozialen Genesung unter besonderer Berücksichtung der kindlichen Bedürfnisse zu treffen. Abs. 2 verpflichtet die Vertragsparteien nach Maßgabe des innerstaatlichen Rechts mit nichtstaatlichen Organisationen oder anderen Organisationen der Zivilgesellschaft zur Opferunterstützung zusammenzuarbeiten.

Die Vorgaben des Übereinkommens betreffend die Unterstützung der Opfer werden von Österreich gegenwärtig erfüllt.

Für das Strafverfahren steht u.a. Opfern, deren sexuelle Integrität durch die Straftat beeinträchtigt worden sein könnte, psychosoziale und juristische Prozessbegleitung, unter Berücksichtigung der persönlichen Betroffenheit soweit dies für die Wahrung der prozessualen Rechte erforderlich ist, zu. Die BMJ ist ermächtigt geeignete Opferschutzeinrichtungen mit der Durchführung der Prozessbegleitung zu beauftragen (§ 66 Abs. 2 StPO). Für die Prozessbegleitung von Kindern hat das BMJ  auch auf die Situation von Kindern als Opfer von sexuellem Missbrauch spezialisierte Opferschutzeinrichtungen beauftragt, welche mit den Strafverfolgungsbehörden iSd Opferschutzes im Strafverfahren zusammenarbeiten.

Abs. 3 präzisiert die in Art. 11 Abs. 1 angeführten Unterstützungsmaßnahmen dahingehend, dass für den Fall der Beteiligung der Eltern oder anderer für das Wohl des Kindes verantwortlichen Personen an sexueller Ausbeutung oder sexuellem Missbrauch des Kindes  als Schutzmaßnahme für das Kind die Möglichkeit der Entfernung der verdächtigen Personen aus dem Umfeld des Kindes vorzusehen ist.

Die Möglichkeit der Untersuchungshaft (u.a. aus dem Grunde der Tatbegehungsgefahr, § 173 Abs. 2 Z 3 StPO) bietet aus strafprozessualer Hinsicht Schutz vor möglichen weiteren Übergriffen durch den Beschuldigten oder die Beschuldigte. Die österreichische Exekutionsordnung stellt seit 1997, zuletzt erweitert durch BGBl. I Nr.zuletzt erweitert durch BGBl. I Nr. 40/2009 (Zweites Gewaltschutzgesetz), den Opfern von Gewalt einstweilige Verfügungen zur Verfügung, um die GewalttäterInnen aus der Wohnung zu entfernen und auch außerhalb davon das Opfer vor einem Zusammentreffen mit der/dem TäterIn zu schützen. Dieses Instrument kann auch zugunsten von Kindern zum Schutz vor einem gewalttätigen Elternteil genutzt werden.

Art. 14 verpflichtet die Vertragsparteien weiters zur Unterstützung der körperlichen und psychosozialen Genesung der Opfer sowie zur therapeutischen Unterstützung der den Opfern nahestehenden Personen.

Das österreichische Sozialsystem bietet kindlichen Opfern von Sexualdelikten und Angehörigen im Rahmen des Gesundheitswesens bzw. durch die Krankenversicherung eine umfassende medizinische und therapeutische Betreuung.

Zusätzlich sieht das Verbrechensopfergesetz (VOG), BGBl. Nr. 288/1972, für Opfer von Gewalt- und Sexualdelikten bereits seit Jahrzehnten finanzielle (staatliche) Hilfeleistungen vor. Aus den zahlreichen Hilfeleistungen des VOG für sexuell missbrauchte Kinder ist die im Jahr 1999 eingeführte Kostenübernahme für kausale Psychotherapien hervorzuheben. Mit BGBl. I Nr.  40/2009 wurde das VOG novelliert und eine Pauschalentschädigung für Schmerzensgeld eingeführt und dadurch eine weitere bedeutende Maßnahme zur finanziellen Besserstellung der Opfer gesetzt. Nahe Angehörige von kindlichen Missbrauchsopfern sind ebenfalls nach dem VOG anspruchsberechtigt. Darüber hinaus haben Opfer von psychischer, physischer und sexueller Gewalt Anspruch auf die Leistungen der Jugendwohlfahrt der Bundesländer. Die Jugendwohlfahrt kann minderjährigen Opfer von sexuellen Übergriffen aus dem Umfeld des Opfers entfernen und in geeigneten Betreuungseinrichtungen unterbringen. Kinderschutzzentren, an die sich alle von Gewalt betroffenen Kinder wenden können, werden jährlich mit ca. 200.000 Euro vom BMWFJ gefördert. In Kinderschutzgruppen in allen Kinderspitälern in Österreich werden Fälle, bei denen Gewaltanwendung vermutetet werden kann, von multidisziplinären Teams beraten und Unterstützungsmaßnahmen ausgearbeitet. Kinder und Jugendliche, die Opfer sexueller/körperlicher Gewalt wurden, erhalten professionelle Unterstützung bei Verfahren, die auch vom BMWFJ gefördert wird durch die Finanzierung der Aus- und Weiterbildung für eine psychologische und rechtliche Prozessbegleitung von Mädchen, Buben und Jugendlichen, die Opfer von sexueller Gewalt wurden (Evaluation aus 2002; sh auch Erläuterungen zu Art. 8).

KAPITEL IV – Interventionsprogramme oder -maßnahmen

Zu Art. 15

Nach Art. 15 sollen für Personen, die aufgrund einer nach diesem Übereinkommen beschriebenen Straftat verfolgt werden, effektive Interventionsprogramme oder andere Maßnahmen zu Verfügung gestellt und gefördert werden - dies auch im Hinblick auf die Verringerung des Risikos der Wiederholung einer solchen Tat. Diese Maßnahmen sollen während des gesamten Verfahrens verfügbar sein. Zur Bestimmung angemessener Programme werden die  Vertragsparteien verpflichtet, für eine Einschätzung der Gefährlichkeit und einer möglichen Rückfälligkeit Sorge zu tragen.

Das BMWFJ hat 1998 mit der Herausgabe der Literaturrecherche „Arbeit mit Gewalttätern - Internationale Modelle in der Täterarbeit“ die Thematik als Bestandteil des Opferschutzes aufgegriffen. Von 1997 bis 2001 wurde das Modellprojekt „Arbeit mit Missbrauchstätern“ gefördert, das mit der Publikation des Berichts der wissenschaftlichen Begleitforschung „Opferschutz durch Rückfallsprävention. Das „Wiener Sozialtherapeutische Programm für SexualtäterInnen 2002“ wurde abgeschlossen. 1998 bis 2000 wurden Standards für die Arbeit mit TäterInnen in einer interministeriellen Arbeitsgruppe, in der auch Expertinnen aus der Opfer- und TäterInnenarbeit vertreten waren, erarbeitet. 2002 bis 2003 fanden Workshops zur klinisch-psychologischen Diagnostik von MissbrauchstäterInnen in der ambulanten TäterInnenarbeit statt. Auch die Plattform gegen die Gewalt in der Familie befasst sich mit dem Thema TäterInnenarbeit mit Buben und männlichen Jugendlichen. Zum Thema Bubenarbeit wurden im Rahmen der Plattform zwei Broschüren erstellt. Eine vom BMWFJ veranstaltete Enquete „Neue Wege im Opferschutz“ (September 2005), widmete sich der TäterInnenarbeit, deren Einrichtungen und der TäterInnentherapie.

In diesem Zusammenhang wird auch auf die Ausführungen zu Art. 7 verwiesen.

Zu Art. 16 und 17

Art. 16 legt fest, das sich die gemäß Art. 15 vorgesehenen Interventionsprogramme an Personen richten, die wegen einer der in Übereinstimmung mit diesem Übereinkommen umschriebenen Straftaten verfolgt werden. Nach Art. 17 müssen Personen, denen eine Interventionsmaßnahme angeboten wird, umfassend informiert werden und in Kenntnis all dieser Umstände der jeweiligen Maßnahme zustimmen. Diese Personen müssen auch darüber aufgeklärt werden, welche Konsequenzen eine Ablehnung solcher Maßnahmen mit sich bringt. Diese Bestimmungen werden durch das österreichische Strafrecht in mannigfaltiger Weise umgesetzt. So sieht § 56 Abs. 2 Bundesgesetz vom 26. März 1969 über den Vollzug der Freiheitsstrafen und der mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahmen (StVG), BGBl. Nr. 144/1969 idgF, allgemein für Strafgefangene vor, dass Personen, bei denen es zur Erreichung des erzieherischen Zwecks der Freiheitsstrafe zweckmäßig erscheint, auch psychohygienisch und psychotherapeutisch zu betreuen sind. Wird eine Untersuchungshaft infolge der Anwendung gelinderer Mittel nicht fortgesetzt, kann als gelinderes Mittel gemäß § 173 Abs. 5 Z 9 StPO der Beschuldigte mit seiner Zustimmung sonst einer medizinischen Behandlung oder einer Psychotherapie unterzogen werden. Wird einem/er RechtsbrecherIn die Strafe bedingt nachgesehen oder wird er bedingt entlassen, so hat ihm das Gericht, soweit es notwendig und zweckmäßig ist, Weisungen zu erteilen oder Bewährungshilfe anzuordnen. Mit Zustimmung des Rechtsbrechers / der Rechtsbrecherin können Weisungen auch die Unterziehung einer psychotherapeutischen oder medizinischen Behandlung umfassen.

Für Personen, die nach § 21 StGB untergebracht werden, sehen sowohl die Strafprozessordnung als auch das Strafvollzugsgesetz spezielle Regelungen zur Betreuung vor.

Insbesondere bei präventiven Interventionsprogrammen und –maßnahmen ist durch eine konsequente Gefährlichkeits- und Bedarfseinschätzung aller zu einer Strafhaft verurteilten SexualstraftäterInnen (und damit natürlich auch aller entsprechenden TäterInnen mit Kindesmissbrauchsdelikten) im Zuge des im Strafvollzug verpflichtenden Meldewesens an die Begutachtungs –und Evaluationsstelle für Gewalt- und SexualstraftäterInnen ein hoher Qualitätsstandard gegeben. Die entsprechende Meldung stößt eine Einschätzung der Gefährlichkeit und Rückfallgefahr an, die gegebenenfalls auch zu einer aufwändigen klinischen Untersuchung führt. In der Folge werden im Fall des entsprechenden Bedarfs Interventionsmaßnahmen innerhalb des Strafvollzugs vorgeschlagen und von den jeweiligen Justizanstalten nach Möglichkeit umgesetzt, ebenso wie derartige Maßnahmen auch für die Zeit nach der Haft – insbesondere im Zuge von Weisungen durch die Vollzugsgerichte weitergeführt. Österreich verfügt über eine weit ausgebaute und sehr effiziente Nachbetreuungskultur. Insbesondere für jugendliche SexualstraftäterInnen steht der spezialisierte Verein Limes (ambulante Behandlung jugendlicher Sexualstraftäter) zur Verfügung.

In den österreichischen Justizanstalten, v.a. aber in der Justizanstalt Sonnberg, werden Behandlungsprogramme für SexualstraftäterInnen durchgeführt. Bei diesen Programmen ist die aktive Mitarbeit des Insassen/der Insassin und somit auch dessen/deren Einverständnis zur Behandlung/Betreuung erforderlich.

Eine Wirksamkeitsanalyse im Zuge einer kontrollierten prospektiven Studie lässt darauf schließen, dass die Maßnahmen im österreichischen Strafvollzug seit 2002 (Einrichtung der Begutachtungsstation, konsequente Schulung der Strafvollzugsbediensteten, Betreuung und Behandlung im und nach Entlassung aus dem Strafvollzug) zu einer nachweisbaren Verringerung der Rückfallwahrscheinlichkeit und auch der Rückfallgeschwindigkeiten von SexualstraftäterInnen, insbesondere auch von TäterInnen, die Kinder sexuell missbraucht haben, geführt hat. So findet sich im Vergleich zu einer – auf Basisgefährlichkeit und Rückfallgefahr hin parallelisierten – Vergleichsgruppe aus früheren Jahrgängen eine deutlich verringerte Rückfallrate, insbesondere bei gewalttätigen Wiederholungsdelikten (10% gegenüber 30%).

Kapitel IV – Materielles Strafrecht:

Die Harmonisierung des materiellen Strafrechts soll nach den Erläuterungen zum Europaratsübereinkommen mehrere Zwecke verfolgen. Einerseits soll dadurch ein „Sextourismus“ vermieden werden, bei welchem sich StraftäterInnen für ihre Straftaten Staaten mit geringerem Schutzniveau aussuchen; zudem soll die Vergleichbarkeit von Daten und Erfahrungen gewährleistet und schließlich durch harmonisierte Regelungen die internationale Zusammenarbeit, insbesondere die Regelungen zur Auslieferung und Rechtshilfe, erleichtert werden. Trotz des umfangreichen Katalogs an Straftatbeständen wird nach den Erläuterungen des Übereinkommens nur ein Minimalkonsens der Vertragsparteien hergestellt; dies soll die Vertragsstaaten jedoch nicht davon abhalten, höhere Standards nach nationalem Recht zu schaffen.

In Österreich wurde in den vergangenen Jahren der Bereich des Sexualstrafrechts umfassend reformiert. Beispielhaft kann hier das Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch, die Strafprozessordnung 1975, das Gerichtsorganisationsgesetz, das Auslieferungs- und Rechtshilfegesetz und das Strafvollzugsgesetz geändert werden (Strafrechtsänderungsgesetz 2004), BGBl I Nr. 15/2004, hervorgehoben werden, dessen Hauptanliegen die Umsetzung internationaler Rechtsakte zur Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung und des sexuellen Missbrauchs von Kindern, insbesondere des Rahmenbeschlusses des Rates zur Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung von Kindern und der Kinderpornographie sowie die Verstärkung des Schutzes Minderjähriger vor sexueller Ausbeutung war. So wurde etwa mit der Reformierung § 207a StGB („Pornographische Darstellungen Minderjähriger“) in Umsetzung des Übereinkommens über Computerkriminalität, des VN-Fakultativprotokolls zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes betreffend den Verkauf von Kindern, die Kinderprostitution und die Kinderpornografie, sowie des EU-Rahmenbeschlusses zur Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung von Kindern und der Kinderpornografie völlig neu gestaltet und ausgeweitet. In Umsetzung des erwähnten VN-Fakultativprotokolls und des EU-Rahmenbeschlusses wurde auch die Bestimmung des § 215a StGB („Förderung der Prostitution und pornographischer Darbietungen Minderjähriger“) neu eingeführt. Obwohl bereits umfangreiche Reformschritte gesetzt wurden, besteht auch weiterhin – insbesondere durch die fortschreitende Technologisierung – die Notwendigkeit zur Ergreifung weiterer Maßnahmen. So wurde etwa erst kürzlich mit dem Zweiten Gewaltschutzgesetz (BGBl I Nr. 40/2009) der wissentliche Zugriff auf Kinderpornografie im Internet unter Strafe gestellt. Trotz vergangener Reformbemühungen müssen im Hinblick auf das Europaratsübereinkommen vereinzelte Bestimmungen in das österreichische Strafrecht umgesetzt werden (etwa das „grooming“).

Zu Art. 18:

Art. 18 unterscheidet zwischen zwei Arten des sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen, die jeweils vorsätzlich begangen werden müssen. Nach lit. a werden die Vertragsstaaten verpflichtet, die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen zu treffen, um sexuelle Handlungen mit einem Kind, das nach den Bestimmungen des innerstaatlichen Rechts noch nicht das gesetzliche Alter für sexuelle Handlungen erreicht hat, als Straftat zu umschreiben. Das Hinzutreten weiterer Umstände ist für die Erfüllung des Tatbestandes nicht erforderlich. Gemäß lit. b sollen die Vertragsparteien weiters die folgenden sexuellen Handlungen mit einem Kind innerstaatlich als Straftat umschreiben:

         -      Nötigung, Gewaltanwendung oder Drohung oder

         -      den Missbrauch einer anerkannten Stellung des Vertrauens, der Autorität oder des Einflusses auf das Kind, auch innerhalb der Familie oder

         -      die Ausnutzung einer besonderer Hilflosigkeit des Kindes, insbesondere auf Grund seiner geistigen und körperlichen Behinderung oder eines Abhängigkeitsverhältnisses.

Das Alter der sexuellen Mündigkeit sollen die Vertragsstaaten selbst festsetzen (Art. 18 Abs. 2). Sexuelle Handlungen von Minderjährigen im gegenseitigen Einverständnis sollen durch Art. 18 Abs. 1 lit. a nicht geregelt werden (Art. 18 Abs. 3). Nach den derzeit bestehenden internationalen Rechtsinstrumenten wird das Alter der sexuellen Mündigkeit als Erschwerungsgrund hervorgehoben (Rahmenbeschluss des Rates zur Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung von Kindern und der Kinderpornografie), jedoch nicht als eigenständiger Straftatbestand beschrieben. Das Europaratsübereinkommen schlägt damit in lit. a einen neuen Weg ein.  In lit. b entsprechen die ersten beiden Punkte dem Rahmenbeschluss des Rates zur Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung von Kindern und Kinderpornografie (Art. 2 lit. c). Besonders hervorgehoben wurde im zweiten Punkt die Wendung „einschließlich in der Familie“, um zu verdeutlichen, dass es sich hierbei um eine besonders häufige und auch besonders schädliche Form des Kindesmissbrauchs handelt. Der dritte Punkt befasst sich einerseits mit der Ausnutzung einer psychischen oder physischen Behinderung des Kindes und andererseits mit der Ausnutzung einer Abhängigkeitssituation. Unter Abhängigkeit versteht das Übereinkommen nicht nur etwa eine Drogenabhängigkeit, sondern auch Situationen, in denen das Kind keine reelle oder akzeptable Möglichkeit hatte, dem Missbrauch zu entkommen. „Besondere Hilflosigkeit“ stellt bereits im Rahmenbeschluss zur Bekämpfung des Menschenhandels einen erschwerenden Umstand dar.

Lit. a des Übereinkommens wird durch die §§ 206 und 207 StGB umgesetzt.  Nach diesen Bestimmungen wird sowohl der schwere sexuelle Missbrauch von Unmündigen (§ 206 StGB), als auch der sexuelle Missbrauch von Unmündigen (§ 207 StGB) unter Strafe gestellt. Das Alter der sexuellen Mündigkeit wird im österreichischen Strafrecht nicht ausdrücklich definiert, geht jedoch aus den §§ 206 und 207 StGB hervor. Nach dieser Bestimmung macht sich strafbar, wer eine sexuelle Handlung an einer unmündigen Person begeht. Unmündig ist nach § 74 Abs. 1 Z 1 StGB, wer das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Lit. b erster Spiegelstrich wird allgemein durch die §§ 201, 202 StGB umgesetzt. Art. 18 Abs. 1 lit. b zweiter Spiegelstrich ist in Österreich durch die Bestimmung des § 212 StGB („Missbrauch eines Autoritätsverhältnisses“) verwirklicht, der auch auf den besonderen Bereich des innerfamiliären Missbrauchs Bezug nimmt (§ 212 Abs. 1 StGB). Der dritte Spiegelstrich der lit. b wird durch die §§ 205 und 207b Abs. 1 und 2 StGB erfüllt. § 205 StGB bestraft den sexuellen Missbrauch von wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Personen. Der Zustand der Wehrlosigkeit kann dabei sowohl körperliche als auch psychische Gründe haben. § 207b Abs. 1 StGB stellt die Vornahme geschlechtlicher Handlungen mit Personen, die das sechzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die aus gewissen Gründen nicht reif genug sind, den Vorgang einzusehen, unter Strafe. Wer gemäß § 207b Abs. 2 StGB an einer Person, die das sechzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, unter Ausnützung einer Zwangslage geschlechtliche Handlungen vornimmt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen.

Zu Art. 19:

Art. 19 behandelt Straftaten im Zusammenhang mit Kinderprostitution. Demnach sollen die Anwerbung oder Zuführung eines Kindes zur Prostitution, Nötigung eines Kindes zur Prostitution, Gewinnerzielung hieraus oder sonstige Ausbeutung eines Kindes zu solchen Zwecken sowie die Inanspruchnahme der Prostitution von Kindern

als Straftaten umschrieben werden. In Abs. 2 wird die Kinderprostitution definiert; demnach bedeutet Kinderprostitution die „Benutzung eines Kindes bei sexuellen Handlungen für welche Geld oder jede andere Art der Vergütung oder Gegenleistung angeboten oder besprochen wird, unabhängig davon, ob diese Vergütung, dieses Versprechen oder diese Gegenleistung gegenüber dem Kind oder einem Dritten erfolgt“. Die Nötigung und die Anwerbung von Kindern zur Prostitution sowie die Ausbeutung zu solchen Zwecken sind bereits im bestehenden Rahmenbeschluss zur Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung von Kindern und der Kinderpornografie enthalten. Ebenso stellt das VN-Fakultativprotokoll betreffend den Verkauf von Kindern, die Kinderprostitution und die Kinderpornografie das Anbieten, Beschaffen, Vermitteln oder Bereitstellen eines Kindes zur Kinderprostitution unter Strafe.

Der Straftatbestand wird im österreichischen Strafrecht durch die §§ 207b Abs. 3, 214 und 215a StGB verwirklicht. § 207b Abs. 3 StGB stellt die Verleitung einer Person unter 18 zu geschlechtlichen Handlungen gegen Entgelt unter Strafe, § 214 StGB beschreibt die entgeltliche Vermittlung von Sexualkontakten mit Minderjährigen als Straftatbestand und §°215a StGB bildet einen Tatbestand gegen die Förderung der Prostitution und pornografischer Darbietungen Minderjähriger.

Zu Art. 20:

Art. 20 des Europaratsübereinkommens behandelt Straftaten im Zusammenhang mit Kinderpornografie. Neben Herstellung (lit. a, Anbieten oder Verfügbarmachen (lit. b), Verbreitung oder Übermitteln (lit. c), Beschaffen (lit. d) und Besitz von Kinderpornografie (lit. e) ist nun erstmals auch der wissentliche Zugriff auf Kinderpornografie mit Hilfe der Informations- und Kommunikationstechnologie (lit. f) als Straftat beschrieben. Art. 20 enthält zwei Vorbehaltsmöglichkeiten: zum einen kann die Anwendung des § 20 Abs. 1 lit. f) zur Gänze vorbehalten werden. Zum anderen können die Vertragsstaaten die Anwendung der Bestimmungen zur Herstellung und Besitz dann ausschließen, wenn es sich einerseits ausschließlich um simulierte Darstellungen oder wirklichkeitsnahe Abbildungen eines nicht existierenden Kindes handelt oder andrerseits, wenn Kinder dargestellt werden, die das nach Art. 18 Abs. 2 festgesetzte Alter erreicht haben, falls diese Bilder von ihnen mit ihrer Zustimmung und allein zu ihrem persönlichen Gebrauch hergestellt worden sind und sich in ihrem Besitz befinden. In Abs. 2 wird Kinderpornografie definiert als „bildliche Darstellung eines Kindes bei wirklichen oder simulierten eindeutig sexuellen Handlungen oder jede Abbildung der Geschlechtsteile eines Kindes zu vorwiegend sexuellen Zwecken“. Die Bestimmungen zur Kinderpornografie entsprechen dem VN-Fakultativprotokoll zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes betreffend den Verkauf von Kindern, die Kinderprostitution und die Kinderpornografie sowie dem EU-Rahmenbeschlusses zur Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung von Kindern und der Kinderpornografie. Lediglich durch Art. 20 Abs. 1 lit. f wird eine neue Strafbestimmung eingeführt.

Art. 20 wird in Österreich durch § 207a StGB verwirklicht. Durch das zweite Gewaltschutzgesetz wurde darüber hinaus bereits der wissentliche Zugriff auf Kinderpornografie unter Strafe gestellt.

Zu Art. 21:

Art. 21 beinhaltet Straftaten betreffend die Mitwirkung eines Kindes an pornografischen Darbietungen. Straftaten sind demnach die Anwerbung und Nötigung eines Kindes zur Mitwirkung an pornografischen Darbietungen sowie die Gewinnerzielung oder die sonstige Ausbeutung hieraus, aber auch der wissentliche Besuch pornografischer Darbietungen, in denen Kinder mitwirken. Nach Art. 20 Abs. 2 kann jedoch der wissentliche Besuch pornografischer Darbietungen (lit. c) dahingehend eingeschränkt werden, dass die Kinder gemäß den lit. a und b dazu angeworben oder genötigt worden sind. Die Anwerbung und die Nötigung von Kindern zur Mitwirkung an pornografischen Darbietungen sind auch nach dem bestehenden EU-Rahmenbeschluss zur Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung als Straftatbestand enthalten.

Eine neue Strafbestimmung wird jedoch durch lit. c - dem wissentlichen Besuch an einer solchen pornografischen Darbietung - geschaffen. Was unter einer pornografischen Darbietung zu verstehen ist, wird weder im Rahmenbeschluss noch im Europaratsübereinkommen definiert (in den Erläuternden Bemerkungen zum Übereinkommen wird sogar ausdrücklich davon Abstand genommen).

§ 215a StGB stellt die Förderung pornographischer Darbietungen Minderjähriger unter Strafe. Unter Förderung versteht die Strafbestimmung des § 215a StGB das Anbieten, das Anwerben und das Vermitteln Minderjähriger, aber auch die Ausnützung der minderjährigen Person, um sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zuzuwenden. Der wissentliche Besuch einer pornografischen Darbietung ist derzeit im österreichischen Strafrecht noch nicht als Straftatbestand enthalten, soll jedoch umgesetzt werden.

Zu Art. 22:

Art. 22 schafft eine neue Strafbestimmung, nämlich das unsittliche Einwirken auf Kinder. Strafbar sollen sich demnach diejenigen machen, die ein unmündiges Kind zu sexuellen Zwecken dazu veranlassen, bei sexuellem Missbrauch oder sexuellen Handlungen anwesend zu sein, unabhängig davon, ob das Kind sich daran beteiligt. Mit diesem neuen Delikt will das Europaratsübereinkommen Kinder vor psychischen Schäden, die durch eine solche Tatbegehung entstehen könnten, bewahren.

In Österreich wird diese Bestimmung im Wesentlichen durch § 208 StGB („Sittliche Gefährdung von Personen unter sechzehn Jahren“) umgesetzt. Strafbar macht sich nach dieser Bestimmung wer, um sich oder einem Dritten geschlechtlich zu erregen, eine Handlung vornimmt, die geeignet ist, die sittliche, seelische oder gesundheitliche Entwicklung einer unmündigen oder einer Person unter sechzehn Jahren zu gefährden. Personen unter sechzehn Jahren müssen zur Verwirklichung des Tatbestands, der Erziehung, Ausbildung oder Aufsicht des Täters unterstehen.

Zu Art. 23:

Art. 23 des Europaratsübereinkommens umschreibt den Straftatbestand „Kontaktanbahnung zu Kindern zu sexuellen Zwecken“. Die Vertragsparteien sind nach dieser Bestimmung verpflichtet, Handlungen von Erwachsenen als Straftat zu formulieren, die mit Hilfe von Informations- und Kommunikationstechnologien begangen werden und deren Inhalt es ist, ein Treffen mit einem unmündigen Kind zu vereinbaren, um eine sexuelle Handlung zu begehen (Art. 18 Abs. 1 lit. a) oder Kinderpornografie herzustellen (Art. 20 Abs. 1 lit. a). Strafbar wird diese Handlung jedoch nur, sofern auf den Vorschlag des Erwachsenen konkrete Handlungen folgen. Mit dieser Bestimmung will das Europaratsübereinkommen einen neuen Straftatbestand schaffen, der in keinem der derzeit existierenden internationalen Instrumente enthalten ist. Die Kontaktanbahnung zu sexuellen Zwecken – auch unter dem Begriff „grooming“ bekannt – kann nach dieser Bestimmung nur über Informations- und Kommunikationstechnologien verwirklicht werden; diese Techniken ermöglichen es dem Täter/der Täterin – oft unter der Vorgabe im gleichen Alter wie das Opfer zu sein – ein Vertrauensverhältnis zum Kind aufzubauen. Die Kontaktanbahnung auf andere Art und Weise wird durch diese Bestimmung nicht berührt. Strafbar macht sich nach dieser Bestimmung nur derjenige, der nach der Kontaktaufnahme im Internet auch konkrete weitere Schritte unternimmt. Welcher Art diese Handlungen sind, lässt das Übereinkommen weitestgehend offen (als Beispiel wird die Ankunft des Täters am vereinbarten Treffpunkt genannt).

In Österreich ist diese Bestimmung derzeit nicht im Strafrecht enthalten, soll jedoch umgesetzt werden.

Zu Art. 24:

In Art. 24 sind Regelungen zur Strafbarkeit der Beihilfe, der Anstiftung und des Versuches enthalten. Nach Art. 24 Abs. 3 können sich die Vertragsparteien bei bestimmten Straftatbeständen die Strafbarkeit des Versuchs vorbehalten.

Der Verpflichtung, schon den Versuch zu kriminalisieren (Abs. 2), wird durch § 15 StGB entsprochen, die Verpflichtungen des Abs. 1 (Beihilfe) werden im Rahmen des § 12 StGB hinreichend umgesetzt.

Zu Art. 25:

Art. 25 betrifft die inländische Gerichtsbarkeit.

Die Gerichtsbarkeit über die nach dieser Konvention umschriebenen Straftaten ist nach Abs. 1 von einer Vertragspartei zu begründen, wenn die Straftat

         -      in ihrem Hoheitsgebiet (lit. a),

         -      an Bord eines Schiffes, das die Flagge dieser Partei führt (lit. b),

         -      an Bord eines Luftfahrzeugs, das nach dem Recht dieser Partei eingetragen ist (lit. c),

         -      von einem ihrer Staatsangehörigen begangen worden ist (lit. d) oder

         -      von einer Person, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in ihrem Hoheitsgebiet hat (lit. e).

Die Vertragsparteien sollen Bemühungen anstellen, auch dann eine Gerichtsbarkeit zu begründen, wenn die Straftat gegen einen Staatsangehörigen oder eine Person mit gewöhnlichem Aufenthalt in ihrem Hoheitsgebiet begangen wurde. Der Gerichtsbarkeit des gewöhnlichen Aufenthalts kann jedoch zur Gänze oder in bestimmten Fällen vorbehalten werden (Art. 25 Abs. 3). Bei Staatsangehörigen muss nach dem Übereinkommen das Erfordernis der doppelten Strafbarkeit bei den Art. 18, 19, 20 Abs. 1 lit. a und 21 Abs. 1 lit. a und b nicht vorliegen, wobei sich nach Abs. 5 jede Vertragspartei das Recht vorbehalten kann, Abs. 4 in Bezug auf die Straftaten nach Art. 18 Abs. 1 lit. b zweiter und dritter Anstrich auf Fälle zu beschränken, in denen der Staatsangehörige seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Hoheitsgebiet hat. Die Verfolgung der Straftaten nach Art. 18, 19, 20 Abs. 1 lit. a und 21 soll nicht von der Anzeige des Opfers oder des Staates des Tatorts abhängen. Die Vertragsparteien sollen dafür Sorge tragen, dass eine Gerichtsbarkeit gegeben ist, falls der Verdächtige aufgrund seiner Staatsangehörigkeit nicht ausgeliefert werden kann; bei Überschneidungen der Gerichtsbarkeit sollen sich die Vertragsparteien konsultieren. Den Vertragparteien bleibt es aber auch weiterhin vorbehalten, weitere Bestimmungen zur Gerichtsbarkeit zu schaffen.

Lit. a ist durch § 62 StGB, lit. b und c sind durch § 63 StGB, lit. d und e durch die §§ 64 und 65 StGB umgesetzt. Derzeit ist jedoch die Gerichtsbarkeit des § 64 Abs. 1 Z 4a StGB sowohl an die Staatsangehörigkeit als auch an den gewöhnlichen Aufenthalt geknüpft. Diese Bestimmung würde in Umsetzung des Übereinkommens einer Änderung unterzogen werden müssen.

Zu Art. 26:

Die Verpflichtungen betreffend die Verantwortlichkeit juristischer Personen entsprechen inhaltlich den in zahlreichen internationalen Rechtsakten vorgesehenen Bestimmungen.

Die Umsetzung in Österreich erfolgt durch das Verbandsverantwortlichkeitsgesetz (VbVG), BGBl. I Nr. 151/2005, das am 1.1.2006 in Kraft getreten ist. Die Bestimmungen dieses Gesetzes unterscheiden ebenso wie das Übereinkommen (Abs. 1 und 2) zwischen Taten von Personen in Führungsperson und von unterstellten Personen (Entscheidungsträger und Mitarbeiter, vgl. § 3 Abs. 2 und 3 VbVG). Die Definition des Entscheidungsträgers (§ 2 Abs. 1 VbVG) ist der Umschreibung der Führungsposition in Abs. 1 lit. a bis c nachgebildet. Das VbVG ist auf „Verbände“ anzuwenden; darunter sind zunächst alle juristischen Personen (des privaten wie des öffentlichen Rechts) zu verstehen, darüber hinaus auch bestimmte Personengesellschaften. Österreich hat sich von den in Abs. 3 angeführten Modellen mit dem VbVG für das strafrechtliche entschieden. Das in Abs. 4 enthaltene Gebot, die Verantwortlichkeit juristischer Personen neben die Strafbarkeit von natürlichen Personen treten zu lassen, ist in § 3 Abs. 4 VbVG umgesetzt.

Zu Art. 27:

Absatz 1 dieser Bestimmung sieht vor, dass die im Übereinkommen umschriebenen Straftaten durch wirksame, angemessene und abschreckende Sanktionen bedroht werden; dies soll auch freiheitsentziehende Maßnahmen, die zur Auslieferung führen können, einschließen. Zudem soll jeder Staat Regelungen zur Beschlagnahme und Einziehung vorsehen (Abs. 3 lit. a). Die Vertragsparteien sollen die Möglichkeit schaffen, Einrichtungen, die zur Begehung der beschriebenen Straftaten verwendet wurden, vorübergehend oder endgültig schließen zu können. Den TäterInnen soll vorübergehend oder endgültig die Ausübung einer beruflichen oder ehrenamtlichen Tätigkeit untersagt werden können, die den Kontakt zu Kindern einschließt und in deren Rahmen die Straftaten begangen worden sind (Abs. 3 lit. b).

Die Strafrahmen im österreichischen Sexualstrafrecht entsprechen den Erfordernissen dieses Übereinkommens. So weist etwa der schwere sexuelle Missbrauch (§ 206 StGB) für den Grundtatbestand einen Strafrahmen von einem bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe auf.  Der Verpflichtung in Abs. 3 lit. a kann in Österreich in vollem Umfang entsprochen werden: die Abschöpfung der Bereicherung gemäß § 20 StGB ist unabhängig von einer Mindestgröße des durch die Straftat erlangten Vermögensvorteils vorgesehen. Unterliegen die Vermögenswerte der Verfügungsmacht einer kriminellen Organisation, können sie gemäß § 20b StGB auch für verfallen erklärt werden. Gegenstände, die zur Durchführung einer der beschriebenen Straftaten verwendet wurden oder dazu bestimmt waren, oder die dadurch hervorgebracht wurden, sind gemäß § 26 StGB einzuziehen, wenn dies nach der besonderen Beschaffenheit der Gegenstände geboten erscheint, um der Begehung mit Strafe bedrohter Handlungen entgegen zu wirken. Mit dem Zweiten Gewaltschutzgesetz wurde zudem mit § 220b StGB ein umfangreiches Tätigkeitsverbot eingeführt. Demnach kann das Strafgericht TäterInnen, die eine die Erziehung, Ausbildung oder Beaufsichtigung Minderjähriger einschließende berufliche, gewerbliche oder in einem Verein oder einer anderen Einrichtung ehrenamtlich geleistete Tätigkeit ausüben oder auszuüben beabsichtigen und die ein Sexualdelikt zum Nachteil eines Minderjährigen begangen haben, die Ausübung dieser Tätigkeit oder eines Teilbereichs derselben untersagen. Das Tätigkeitsverbot kann für eine bestimmte Dauer, aber auch auf unbestimmte Zeit ausgesprochen werden. Die in Abs. 2 enthaltene Verpflichtung, wirksame, angemessene und abschreckende Sanktionen für juristische Personen vorzusehen, wird mit dem VbVG umgesetzt; dieses ermöglicht Geldbußen nach einem Tagessatzsystem (§§ 4 f VbVG). Die Höhe des Tagessatzes richtet sich nach der Ertragslage des Verbandes und ist mit 10.000 Euro begrenzt; die Anzahl der Tagessätze richtet sich nach der Freiheitsstrafdrohung des betreffenden Delikts. Beispielsweise kann für das Grunddelikt der Förderung der Prostitution pornographischer Darbietungen Minderjähriger (§ 115a Abs. 1 StGB), für das eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren angedroht ist, eine Verbandsgeldbuße bis zu 85 Tagessätzen verhängt werden (maximal daher 850.000 Euro), für die Qualifikation eines unmündigen Tatopfers (§ 115a Abs. 2 letzter Satz StGB: Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren) bis zu 130 Tagessätzen (maximal 1,3 Mio. Euro). In Österreich erlaubt § 176 Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch (ABGB) dem Gericht, die Obsorge für das Kind ganz oder teilweise - und auch gesetzlich vorgesehene Einwilligungs- und Zustimmungsrechte - zu entziehen, wenn die Eltern durch ihr Verhalten das Wohl des minderjährigen Kindes gefährden. Im Einzelfall kann das Gericht auch eine gesetzlich erforderliche Einwilligung oder Zustimmung ersetzen, wenn keine gerechtfertigten Gründe für die Weigerung vorliegen.

Durch eine Verfügung nach § 176 darf das Gericht die Obsorge nur so weit beschränken, als dies zur Sicherung des Wohles des Kindes nötig ist (§ 176b ABGB).

Zu Art. 28:

In Art. 28 werden jene Umstände beschrieben, die als erschwerend berücksichtigt werden können:

         a)    Durch die Straftat wurde die körperliche oder geistige Gesundheit des Opfers schwer geschädigt;

         b)   Folterungen oder schwere Gewalt gingen der Straftat voraus oder mit ihr einher;

         c)    die Straftat wurde gegen ein besonders verletzliches Opfer verübt;

         d)   die Straftat wurde von einem Familienmitglied, einer mit dem Kind zusammenlebenden Person oder einer ihrer und ihrer Autoritätsstellung missbrauchenden Person begangen;

         e)    die Straftat wurde von mehreren Personen gemeinschaftlich begangen;

         f)    die Straftat wurde im Rahmen einer kriminellen Vereinigung begangen;

         g)   der Täter ist bereits wegen gleichartiger Handlungen verurteilt worden.

Die Erschwerungsgründe entsprechen weitestgehend jenen, die in Art. 5 Abs. 2 lit. b des Rahmenbeschlusses zur Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung und der Kinderpornografie vorgesehen sind.

Die erschwerenden Umstände entsprechen teils den Qualifikationen der einzelnen Tatbestände (§§ 207a, 215a StGB), teils bestehen eigene Tatbestände (§ 212 StGB) oder sind in der Aufzählung zu den besonderen Erschwerungsgründen in § 33 StGB enthalten.

Zu Art. 29:

Nach diesem Artikel hat jede Vertragspartei die erforderlichen legislativen oder sonstigen Maßnahmen zu treffen, um bei der Strafbemessung allfällige in einer anderen Vertragspartei erfolgte Vorverurteilungen wegen der im Übereinkommen angeführten Straftaten berücksichtigen zu können.

Dieser Verpflichtung wird in Österreich durch die Bestimmungen der §§ 31, 33 Z 2 und 66 StGB Rechnung getragen. Die Verpflichtung, in einem anderen Vertragsstaat ergangene rechtskräftige Strafurteile für Straftaten nach der Konvention bei der Festsetzung des Strafmaßes zu berücksichtigen, wird durch § 73 StGB (Ausländische Verurteilungen) erfüllt.

Kapitel VII –Ermittlungen, Strafverfolgung und Verfahrensrecht

Zu Art. 30:

Abs. 1 verpflichtet die Vertragsparteien allgemein Maßnahmen zu treffen, um sicherzustellen, dass Ermittlungen und Strafverfahren zum Wohle des Kindes zu führen und die Rechte des Kindes zu respektieren sind. Nach Abs. 2 sind zum Schutze der Opfer Maßnahmen vorzusehen, dass Ermittlungen oder Strafverfahren Schutz vor weiterer Traumatisierung bieten und - soweit angemessen - auf strafrechtliche Maßnahmen Unterstützungsmaßnahmen folgen.

§ 10 Abs. 2 und Abs. 3 StPO verpflichtet alle im Strafverfahren tätigen Behörden, auf die Rechte und Interessen der Opfer von Straftaten angemessen Bedacht zu nehmen und Opfer mit Achtung ihrer persönlichen Würde zu behandeln und deren Interessen an der Wahrung ihres höchstpersönlichen Lebensbereichs zu beachten. Die Bestimmungen über den Anspruch auf psycho-soziale und juristische Prozessbegleitung (§ 66 Abs. 2 StPO), die Befreiung von der Pflicht zur Aussage von Opfern, deren Geschlechtssphäre durch die Straftat verletzt worden sein könnte unter der Voraussetzung einer vorausgegangenen kontradiktorischen Einvernahme (§ 156 Abs. 1 Z 2 StPO), die Möglichkeit ZeugInnen aus bestimmten Gründen in ihrer Wohnung oder einem anderen Aufenthaltsort zu hören (§ 160 Abs. 1 StPO), das Recht des Opfers auf Vernehmung im Beisein einer Vertrauensperson (§ 160 Abs. 2 und 3 StPO), die Möglichkeit der anonymen Aussagen (§ 162 StPO)  wie auch die abgesonderte schonende kontradiktorische Vernehmung (§§ 165 Abs. 3 und 4 und § 250 Abs. 3 StPO) bieten einen weitgehenden Schutz für Kinder als Opfer vor weiter Traumatisierung. Abs. 3 manifestiert das Beschleunigungsgebot iSd Opferschutzes für das Strafverfahren. Entsprechend normiert §°9 StPO das Beschleunigungsgebot für das Strafverfahren.

Abs. 4 fordert die Vertragsparteien auf, ein Gleichgewicht zwischen Beschuldigten- und Opfer-Rechten iSd Art. 6 EMRK einzuhalten. Gemäß Abs. 5 sind die Vertragsparteien nach Maßgabe des innerstaatlichen Rechts aufgefordert

         -      Maßnahmen für wirksame Ermittlungen und Strafverfolgung zur Verfolgung der Straftaten iSd Übereinkommens, sofern angemessen auch die Möglichkeit der verdeckte Ermittlungen, zu gewährleisten,

         -      zur Identifizierung von Opfern von Kinderpornographie besondere technische Maßnahmen zu entwickeln, insbesondere durch die Analyse von Kinderpornographischem Material zu ermöglichen.

Diesbezüglich wäre auf die Bestimmungen des 8. Hauptstücks der StPO insbesondere auf die §§ 130 (Observation), 131 (verdeckte Ermittlung), 132 (Scheingeschäft) sowie auf §§ 135 ff (Beschlagnahme von Briefen, Auskunft über Daten einer Nachrichtenübermittlung sowie Überwachung von Nachrichten) zu verweisen.

Zu Art. 31:

In Abs. 1 werden die Vertragsstaaten verpflichtet, kindgerechte Verfahrensbestimmungen für alle Verfahrensstadien zu schaffen, um die Rechte und die Interessen von Kindern als Opfern zu schützen unter Berücksichtigung deren speziellen Bedürfnisse als ZeugInnen wobei mittels demonstrativer Liste besondere Maßnahmen hervorgehoben werden: lit. a statuiert Informationsrechte zu den Opferrechten und Unterstützungseinrichtungen, und (außer es wird nicht gewünscht) auch über die auf Grund der Anzeige veranlassten Maßnahmen, die Anklagepunkte, den allgemeinen Stand der Ermittlungen bzw. des Verfahrens wie auch über die Rolle des Opfers während des Verfahrens und über den Verfahrensausgang.

§ 10 Abs. 2 StPO normiert eine allgemeine Informationspflicht über Opferrechte, sowie über Entschädigungs- oder Hilfeleistungen für Kriminalpolizei, Staatsanwaltschaft und Gerichte. §°70 StPO sieht die konkrete Informationspflicht für Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft über die wesentlichen Opferrechte nach den §§ 66 und 67 StPO insbesondere über die Vorraussetzung für die Prozessbegleitung nach § 66 Abs. 2 StPO vor. Opfer, deren sexuelle Integrität verletzt worden sein könnte, sind darüber hinaus über die in § 70 Abs. 2 statuierten Rechte zu informieren (im Ermittlungsverfahren Recht auf Einvernahme durch eine Person gleichen Geschlechts, Recht die Beantwortung bestimmter unzumutbarer Fragen zu verweigern (§ 158 Abs. 1 Z 2 StPO), Recht auf abgesonderte schonende Einvernahme in der Hauptverhandlung (§ 165, 250 Abs. 3 StPO) sowie das Rechte auf Ausschluss der Öffentlichkeit von der Hauptverhandlung (§ 229 Abs. 1 StPO)). Die in § 66 StPO manifestierten Opferechte sind: das Vertretungsrecht (§ 73 StPO), Recht auf Akteneinsicht (§ 68 StPO), Recht auf Information (§ 70 StPO), Recht auf Verständigung über den Fortgang des Verfahrens, Recht auf Übersetzungshilfe (§ 56 StPO), Teilnahmerecht an einer kontradiktorischen Einvernahme von ZeugInnen und Beschuldigten (§ 165 StPO) und an einer Tatrekonstruktion (§ 150 Abs. 1 StPO), Recht auf Anwesenheit in der Hauptverhandlung und das Recht Fragen an Angeklagte, ZeugInnen und Sachverständige zu stellen und angehört zu werden (damit verbunden ist auch die Information über das Urteil, welche grundsätzlich im Anschluss an die Hauptverhandlung verkündet wird), wie auch das Recht die Fortführung eines durch die Staatsanwaltschaft eingestellten Verfahren zu verlangen (§ 195 Abs. 1 StPO) explizit aufzählt. Als Privatbeteiligte haben Opfer darüber hinaus das Recht, die Aufnahme von Beweisen zu beantragen, als SubsidiaranklägerInnen die Anklage aufrechtzuerhalten, auf Beschwerde gegen eine gerichtliche Einstellung des Verfahrens sowie wegen privatrechtlicher Ansprüche Berufung zu erheben (§ 67 Abs. 6 StPO). Daher kann die umfassende Informationspflicht, welche im Übereinkommen statuiert wird, als erfüllt betrachtet werden.

         Lit. b normiert ein Informationsrecht zumindest, sofern auf Grund einer Gefährdung des Opfers oder dessen Familie erforderlich, über die vorübergehende oder endgültige Haftentlassung von Beschuldigten oder verurteilten Personen. Opfer, deren sexuelle Integrität durch die Straftat beeinträchtigt worden sein könnte und Opfer von Gewalt in Wohnungen, sind von der Freilassung des Beschuldigten unter Angabe von Gründen und der auferlegten gelinderen Mittel vor Fällung des Urteils erster Instanz zu verständigen, andere Opfer nur sofern dies beantragt wurde (§ 177 Abs. 5 StPO).

         Lit. c manifestiert in Übereinstimmung mit den innerstaatlichen Verfahrensbestimmungen für Opfer ein Anhörungsrecht, das Recht Beweise vorzulegen und das Recht unmittelbar oder durch einen Vertreter Ansichten, Bedürfnisse oder Sorgen vorzubringen. Nach den entsprechenden Bestimmungen der StPO haben Opfer das Recht, zu ihren Ansprüchen gehört zu werden (§ 66 Abs. 1 Z 7 StPO) und als Privatbeteiligte die Aufnahme von Beweisen zu beantragten (§ 67 Abs. 6 Z 1 StPO). Im Hinblick auf den Grundsatz, dass die zuständigen Behörden auf die Interessen der Opfer im Strafverfahren Bedacht nehmen müssen (§ 10 Abs. 2 und 3 StPO), ist auch gewährleistet, dass Opfer ihre Bedenken, Interessen und Bedürfnisse darlegen können. Es macht dabei keinen Unterschied, ob sich das Opfer direkt oder durch einen Vertreter (§ 73 StPO) äußert.

         Lit. d verpflichtet die Vertragsparteien Opfern geeignete Hilfsdienste zukommen zu lassen. Der Anspruch auf kostenfreie psycho-soziale und juristische Prozessbegleitung, welche durch geeignete vom BMJ beauftragte Opferschutzeinrichtungen durchgeführt wird (§ 66 Abs. 2 StPO), stellt die angemessene Unterstützung von Opfern zur Wahrung ihrer Interessen im Strafverfahren sicher.

         Lit. e normiert das Recht auf Privatsphäre, Identitäts- und Bildnisschutz sowie nach Maßgabe des innerstaatlichen Rechts Schutz vor Veröffentlichung zum Schutz der Identität des Opfers. Nach den korrespondierenden Bestimmungen der StPO iSd ZeugInnen/Opferschutzes haben alle im Strafverfahren tätigen Behörden dem allgemeinen Grundsatz des § 10 Abs. 3 StPO folgend die Wahrung der Intimsphäre zu respektieren und die Identität zu schützen. Bei der Einvernahme sind Fragen zur Person möglichst so zu stellen, dass die Angaben dazu nicht öffentlich bekannt werden (§ 161 Abs. 1 StPO). Unter den  Voraussetzungen des § 162 StPO besteht die Möglichkeit einer anonymen Aussage. Darüber hinaus kann amtswegig oder auch auf Antrag des Opfers die Öffentlichkeit von der Hauptverhandlung u.a. zum Zwecke des Schutzes des persönlichen Lebensbereichs oder der Identität des Opfers ausgeschlossen werden (§ 229 Abs. 1 Z 2 und 3 StPO). So ist auch Beschuldigten und VerteidigerInnen untersagt personenbezogene Daten, anderer am Verfahren Beteiligter, die bisher nicht öffentlich bekannt geworden sind, zu veröffentlichen (§ 54 StPO). Gemäß § 228 Abs. 4 StPO sind Fernseh- und Hörfunkaufnahmen und –übertragungen sowie Film- und Fotoaufnahmen von Verhandlungen der Gerichte unzulässig. Darüber hinaus sei auch auf § 7a Schutz vor Bekanntgabe der Identität in besonderen Fällen hingewiesen.

         Lit. f verpflichtet die Vertragsparteien für Sicherheits- und Schutzmaßnahmen für Opfer, deren Familien und BelastungszeugInnen vor Einschüchterung und Vergeltung und auch erneuter  Viktimisierung zu sorgen. § 162 StPO bietet ZeugInnen die Möglichkeit anonym auszusagen, sofern zu befürchten ist, dass bei Bekanntwerden der Identität eine ernste Gefahr für das Leben, die Gesundheit, körperliche Unversehrtheit oder Freiheit des Opfers oder eines Dritten besteht. Die Bestimmungen der StPO über die abgesonderte und schonende kontradiktorische Einvernahme (§§ 165 Abs. 3 und 4 und 250 Abs. 3 StPO) sind insbesondere im Zusammenhalt mit der Gewährung von psycho-sozialer und juristischer Prozessbegleitung (§ 66 Abs. 2 StPO) darauf ausgerichtet eine sekundäre Viktimisierung durch das Strafverfahren zu vermeiden.

Gemäß    lit. g haben die Vertragsparteien sicherzustellen, dass der direkte Kontakt von Opfer und TäterIn in den Räumlichkeiten der Strafverfolgungsbehörden und der Gerichte vermieden wird, sofern von den für das Wohl des Kindes zuständigen Behörden nicht anderes beschlossen oder für die Ermittlungen des Verfahrens nicht erforderlich. Die abgesonderte und schonende kontradiktorische Einvernahme (§§ 165 Abs. 3 und 4 und 250 Abs. 3 StPO) ermöglicht die ZeugInnenbefragung insbesondere von Kindern ohne direkte Konfrontation des Opfers mit dem Beschuldigten. Hingegen hat das Opfer trotzdem das Recht, an den Hauptverhandlungen teilzunehmen (§ 66 Abs. 1 Z 7 StPO).

Abs. 2 verpflichtet die Vertragsstaaten zur umfassenden Information von Anbeginn des Verfahrens an Opfer seitens der zuständigen Behörden über alle einschlägigen Gerichts- und Verwaltungsverfahren. Der Grundsatz des § 10 StPO Abs. 2 und 3 und § 70 StPO manifestiert die Informationspflicht aller am Strafverfahren beteiligter Behörden gegenüber dem Opfer über seine wesentlichen Rechte (§ 66 und 67 StPO) sobald ein Strafverfahren gegen einen bestimmten Beschuldigten geführt wird.

Nach Abs. 3 haben die Vertragsparteien Opfern kostenfreie rechtliche Unterstützung für das Verfahren zu gewähren, wenn sie als Verfahrenspartei in Strafverfahren auftreten und diese insbesondere iSd Art. 6 EMRK gerechtfertigt ist. Entsprechend haben Opfer als Privatbeteiligte im Strafverfahren unter den Voraussetzungen des § 67 Abs. 7 StPO, soweit ihnen nicht juristische Prozessbegleitung (§ 66 Abs. 2 StPO) zu gewähren ist,  Anspruch auf Verfahrenshilfe durch unentgeltliche Beigebung eines Rechtsanwalts.

Gemäß Abs. 4 haben die Vertragsparteien für die Vertretung des Kindes als Verfahrenspartei im Strafverfahren unter der Berücksichtung von etwaigen Interessenskonflikten des Obsorgeberechtigten zu sorgen.

Nach Abs. 5 sind nach Maßgabe des innerstaatlichen Rechts Maßnahmen vorzusehen, die Gruppen, Stiftungen, Vereinigungen oder staatlichen oder nichtstaatlichen Organisationen die Möglichkeit zur Unterstützung von Opfern in deren Einvernehmen im Strafverfahren zu gewähren. Korrespondierend können Opfer für das Strafverfahren ua eine nach § 25 Abs. 3 SPG anerkannte Opferschutzeinrichtung mit der Vertretung, mit welcher die Beratung und Unterstützung einhergeht, beauftragen (§ 73 StPO).

Abs. 6 sieht vor, dass die Informationspflicht kindlichen Opfern gegenüber in kindgerechter an deren Entwicklungsstand angepasster Weise vorzunehmen ist. Die in §§ 10 und 70 StPO normierten Informationspflichten sind im Sinne der Rechte und Interessen der Opfer von Straftaten wahrzunehmen (§ 10 Abs. 2 StPO), das impliziert auch, dass kindliche Opfer in kindgerechter Weise über ihre Rechte informiert werden.

Zu Art. 32:

Diese Bestimmung verpflichtet die Vertragsstaaten sicherzustellen, dass eine dem Übereinkommen unterliegende Straftat unabhängig von einer Anzeige durch das Opfer und ungeachtet eines etwaigen Widerrufs der bisherigen Aussage des Opfers verfolgt wird. Das österreichische Strafverfahren, das auf den Prinzipien der Amtswegigkeit (§ 2 StPO), Objektivität der Wahrheitsforschung (§ 3 StPO) und des Anklagegrundsatzes (§ 4 StPO) beruht, entspricht den Vorgaben dieser Bestimmung.

Zu Art. 33:

Nach dieser Bestimmung sollen die Vertragsparteien sicherstellen, dass bei nach den Art. 18, 19 Abs. 1 lit. a und b und Art. 21 Abs. 1 lit. a) und b begangenen Straftaten die Verjährungsfrist ausreichend lange ist, um eine Einleitung der Strafverfolgung auch nach Volljährigkeit des Opfers  zu ermöglichen. Dies soll im Verhältnis zur Schwere der Straftat stehen.

Nach § 58 Abs. 3 Z 3 StGB wird aufgrund des zweiten Gewaltschutzgesetzes schon derzeit die Zeit bis zur Erreichung des 28. Lebensjahres des Opfers bei einer strafbaren Handlung gegen Leib und Leben, gegen die Freiheit oder gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung nicht in die Verjährung eingerechnet, wenn das Opfer zur Zeit der Tatbegehung minderjährig war.

Zu Art. 34:

Art. 34 Abs. 1 verpflichtet die Vertragsstaaten spezielle Zuständigkeiten in Bezug auf die Ermittlungen von Straftaten iSd des Übereinkommens zu schaffen oder, dass Personen, die zu Straftaten iSd des Übereinkommens ermitteln, dafür auch ausgebildet sind. Darüber hinaus sollen solche Ermittlungseinheiten über ausreichende finanzielle Mittel verfügen. Durch die gemäß § 4 Abs. 3a Verordnung des Bundesministers für Justiz vom 16. Juni 1986 zur Durchführung des Staatsanwaltschaftsgesetzes (DV-StAG), BGBl. Nr. 338/1986 idgF, geschaffenen Sonderzuständigkeiten von besonders geschulten StaatsanwältInnen bei Staatsanwaltschaften mit zumindest 10 staatsanwaltschaftlichen Planstellen für Gewalt im sozialen Nahraum (Gewalt in der Familie, Gewalt an Kindern) und der in der Praxis vollzogenen Geschäftseinteilungen bei den Staatsanwaltschaften, wonach insbesondere strafbare Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung des X. Abschnitts des Besonderen Teils des Strafgesetzbuchs den selben Staatsanwälten zugewiesen sind, ist diese Bestimmung erfüllt.

Abs. 2 dieser Bestimmung verpflichtet die Vertragsstaaten zur Verfolgung der Straftaten iSd Übereinkommens ungeachtet der Ungewissheit über das aktuelle Alter des Opfers. Das Prinzip der Amtswegigkeit (§ 2 StPO) und der Objektivität der Wahrheitsforschung (§ 3 StPO) verpflichtet die Kriminalpolizei und die Staatsanwaltschaft jeden ihnen zur Kenntnis gebrachten Verdacht einer Straftat von Amts wegen aufzuklären und die Tatsachen die für die Beurteilung der Tat von Bedeutung sind aufzuklären, darunter fällt auch die Aufklärung über das strafrechtsrelevante Alter des Opfers, dessen sexuelle Integrität durch die Straftat beeinträchtigt worden sein könnte.

Zu Schulungsmaßnahmen siehe auch die Erläuterungen zu Art. 5.

Zu Art. 35:

Diese Bestimmung verpflichtet die Vertragsstaaten für die Einvernahme von Kindern besondere Maßnahmen vorzusehen: a) ohne unnötigen Aufschub die Einvernahme des Kindes durchzuführen, b) erforderlichenfalls die Einvernahme des Kindes in kindgerechten Räumlichkeiten durchzuführen, c) die Einvernahme des Kindes von speziell ausgebildete Personen durchgeführt wird, d) wenn möglich und angemessen sollen alle Vernehmungen von derselben Person durchgeführt werden, e) die Anzahl der Vernehmungen soll auf das für das Strafverfahren unbedingt erforderliche Minimum reduziert werden, f) die Möglichkeit für das Kind von einem Vertreter/einer Vertreterin oder einer Vertrauensperson begleitet zu werden.

Entsprechend zu dieser Bestimmung ist das österreichische Strafverfahren gemäß dem Beschleunigungsgebot des § 9 StPO zügig und ohne unnötige Verzögerung durchzuführen, was auch für die Einvernahme von ZeugInnen und Opfern gilt. §§ 160 Abs. 1 und § 247a StPO bieten die Möglichkeit, ZeugInnen, die aus berücksichtigungswürdigen Umständen einer Ladung nicht folgen können bzw. die im Ausland aufhältig sind, eine Einvernahme am Aufenthaltsort und einer Übertragung der Einvernahme durch Video- oder Audio-Übertragung. Weiters stehen bei den Gerichten für Einvernahme von Kindern als Opfer/ZeugInnen kindgerechte Räumlichkeiten zur Verfügung. Darüber hinaus ist die Einvernahme auch in dafür eingerichteten und technisch ausgerüsteten Räumlichkeiten möglich (z. B. Krankenanstalten, Kinderschutzeinrichtungen etc). Die schonende abgesonderte kontradiktorische Einvernahme (§ 165 Abs. 3 und 4 StPO) ermöglicht nicht nur die Beschränkung der unmittelbaren Anwesenheit von Verfahrensbeteiligten bei der Einvernahme, sofern diese mittels Videoübertragung mitverfolgt werden kann, sondern bietet die Möglichkeit die Befragung des Kindes durch einen Sachverständigen (z. B. Kinderpsychiater, Kinderpsychologe) vornehmen zu lassen. Die schonende abgesonderte kontradiktorische Einvernahme, erforderlichenfalls durchgeführt von einem Sachverständigen (§ 165 Abs. 3 und 4 StPO) ermöglicht, insbesondere im Hinblick auf die Aussagebefreiung gemäß § 156 Abs. 1 Z 2 StPO eine abschließende Einvernahme des Kindes im Ermittlungsverfahren und die Vorführung der Ton- oder Bildaufnahmen der Vernehmung in der Hauptverhandlung. Opfer, deren sexuelle Integrität durch die Straftat verletzt worden sein könnten und das vierzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben, sind auf diese Art zu vernehmen (§ 165 Abs. 4 StPO). § 160 Abs. 2 und 3 StPO ermöglicht die Einvernahme von ZeugInnen im Beisein von Vertrauenspersonen, wobei eine Vertrauensperson bei Einvernahmen von unter vierzehn jährigen Personen sowie von psychisch Kranken und geistig Behinderten jedenfalls beizuziehen ist. § 66 Abs. 1 Z 1 StPO normiert das Recht des Opfers, einen Vertreter/eine Vertreterin (§ 73 StPO) beizuziehen.

Nach Abs. 2 dieser Bestimmung haben die Vertragsparteien nach Maßgabe des innerstaatlichen Rechts die Möglichkeit der Videoaufnahme von der Vernehmung des Opfers und von kindlichen ZeugInnen sowie die Zulässigkeit dieser Beweise in der Hauptverhandlung vorzuführen, vorzusehen. Korrespondierend dazu sieht die Bestimmung über die schonende abgesonderte kontradiktorische Einvernahme (§§ 165 f StPO) die Möglichkeit der Videoaufnahme einer Einvernahme des Opfers oder ZeugIn vor, deren Vorführung in der Hauptverhandlung unter den Voraussetzungen des § 252 Abs. 1 Z 1 und 2a StPO zulässig ist.

Abs. 3 dieser Bestimmung statuiert den Grundsatz, dass im Zweifelsfall über das Alter des die besonderen Maßnahmen für eine kindgerechte Einvernahme nach den Abs. 1 und 2 zur Anwendung kommen, und zwar solange als das Alter überprüft bzw. festgestellt wurde. Dem Grundsatz zur Wahrung der Interessen der Opfer des § 10 StPO folgend, sind alle im Strafverfahren tätigen Behörden verpflichtet, auf die Rechte und Interessen der Opfer von Straftaten angemessen Bedacht zu nehmen, wie auch die Opfer mit Würde zu behandeln und deren Interesse an der Wahrung ihres höchstpersönlichen Lebensbereiches zu beachten. Daher sind insbesondere jene Bestimmungen über die schonende Einvernahme von Kindern im Interesse von Opfern über deren Alter Zweifel bestehen auch auf diese anzuwenden.

Zu Art. 36:

Abs. 2 dieser Bestimmung verpflichtet die Vertragsparteien a) die Möglichkeit die Öffentlichkeit von der Hauptverhandlung auszuschließen und b) Opfern die Einvernahme vor Gericht ohne direkte Anwesenheit durch den Einsatz geeigneter technischer Mittel zu ermöglichen. Unter den Voraussetzungen des § 229 Abs. 1 StPO darf die Öffentlichkeit einer Hauptverhandlung amtswegig oder auf Antrag ausgeschlossen werden, wobei die Urteilsverkündung in öffentlicher Sitzung zu erfolgen hat. Entsprechend den §§ 247a und 250 Abs. 3 StPO können ZeugInnen bzw. Opfer unter Anwendung von technischen Mitteln (z. B. Videoübertragung) bzw. auch abgesondert und schonend iSd § 165 StPO während der Hauptverhandlung einvernommen werden.

Zu Art. 37

Dieser Artikel normiert, dass Daten über die Identität sowie den genetischen Fingerabdruck (DNA) von Personen aufzuzeichnen und zu speichern sind, die wegen in Übereinstimmung mit diesem Übereinkommen umschriebenen Straftaten verurteilt worden sind.

In Österreich sind gemäß § 65 iVm § 67 SPG DNA-Untersuchungen sowie die Ermittlung und Speicherung der Identitätsdaten von SexualstraftäterInnen zulässig, wenn der Betroffene in Verdacht steht, einen gefährlichen Angriff begangen zu haben, und wenn in  Hinblick auf diese Tat oder die Persönlichkeit des Betroffenen erwartet werden kann, dieser werde bei Begehung weiterer gefährlicher Angriffe Spuren hinterlassen, die seine Wiedererkennung auf Grund der ermittelten genetischen Information ermöglichen würden. Die Vorschrift für den Erkennungsdienst 2009 sieht die obligatorische Abnahme eines Mundhöhlenabstrichs bei Verdacht eines Sexualdeliktes nach den §§ 201 bis 212, 217 und 218 StGB vor. Die zuständige Behörde in Österreich ist das Bundeskriminalamt.

Zu Art. 38:

Abs. 1 dieser Bestimmung statuiert die Verpflichtung zur umfassenden Amts- und Rechtshilfeleistung im Zusammenhang mit den im Übereinkommen angeführten Straftaten auf der Grundlage anwendbarer internationaler und regionaler Übereinkünfte sowie des innerstaatlichen Rechts.

Vertragliche Grundlage für die Zusammenarbeit im Rechtshilfebereich sind insbesondere das Europäische Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen, BGBl. Nr. 41/1969 samt 1. Zusatzprotokoll, BGBl. Nr. 296/1983, sowie – im Verhältnis zu den Mitgliedstaaten der EU – das Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den Mitgliedstaaten der EU, BGBl. Nr. 65/2005. Mangels vertraglicher Grundlage finden die Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 4. Dezember 1979 über die Auslieferung und die Rechtshilfe in Strafsachen, BGBl. Nr. 529/1979 idgF, Anwendung.

Abs. 3 sieht vor, dass eine Vertragspartei, die die Rechtshilfe oder die Auslieferung vom Bestehen eines Vertrages abhängig macht, und die ein derartiges Ersuchen von einer Vertragspartei erhält, mit der sich keinen derartigen Vertrag hat, das gegenständliche Übereinkommen als Rechtsgrundlage für die Rechtshilfe oder Auslieferung in Bezug auf die im Übereinkommen angeführten Straftaten ansehen kann. Für Österreich ist diese Bestimmung nicht von Relevanz, da nach § 3 ARHG Rechtshilfe und Auslieferung unabhängig von Bestehen eines Vertrages in Betracht kommen, sofern die Gegenseitigkeit gewährleistet ist.

Zu Abs. 4 wird angemerkt, dass die  OEZA/ADA in verschiedenen Drittstaaten Projekte fördert, die u.a. das Ziel verfolgen, die sexuelle Ausbeutung und den sexuellen Missbrauch von Kindern zu verhindern und Opfer zu schützen.

KAPITEL X – Überwachungsmechanismus

Zu Art. 39

Diese Bestimmung regelt den Ausschuss der Vertragsparteien, wobei die erste Sitzung des Ausschusses der Vertragsparteien innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten dieses Übereinkommens für den zehnten Unterzeichner, der es ratifiziert hat, stattfindet.

Zu Art. 40

Diese Bestimmung regelt die Entsendung von VertreterInnen in den Ausschuss, die nicht dem Ausschuss der Vertragsparteien angehören. Dies betrifft in erster Linie die Parlamentarische Versammlung des Europarates, den Kommissar für Menschenrechte des Europarates sowie das Europäische Komitee für Verbrechensprobleme des Europarates sowie weitere zuständige Komitees. VertreterInnen der Zivilgesellschaft und insbesondere nichtstaatliche Organisationen können nach bestimmten festgelegten Verfahren als BeobachterInnen in den Ausschuss der Vertragsparteien zugelassen werden.

Zu Art. 41

Diese Bestimmung regelt die Aufgaben des Ausschusses der Vertragsparteien. Primäre Aufgabe des Ausschusses ist es, die Durchführung dieses Übereinkommens zu überwachen. In der Wahrnehmung seiner Aufgaben wird der Ausschuss vom Sekretariat des Europarates unterstützt.

KAPITEL XI – Verhältnis zu anderen völkerrechtlichen Übereinkünften

Zu Art. 42

Diese Bestimmung regelt das Verhältnis zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes und dem Fakultativprotokoll betreffend Kinderhandel, Kinderprostitution und Kinderpornographie. Österreich hat beide völkerrechtlichen Instrumente ratifiziert.

Zu Art. 43

Art. 43 regelt das Verhältnis zu anderen internationalen Rechtsinstrumenten. Art. 43 soll im Einklang mit der Wiener Konvention über das Vertragsrecht 1969 sicherstellen, dass die Konvention mit anderen Verträgen bilateraler und multilateraler Natur vereinbar ist. Dieser Artikel ist insofern entscheidend, als sichergestellt werden soll, dass internationale Instrumente, welche höheren Schutz und Unterstützung für Kinder vor sexueller Ausbeutung und sexuellen Missbrauch garantieren, Vorrang besitzen. Gemäß Abs. 2 können die Vertragsparteien bilaterale oder multilaterale Vereinbarungen abschließen, welche die Inhalte des Übereinkommens behandeln. Der Wortlaut des Abs. 2 stellt jedoch auch klar, dass die Vertragsparteien keine Vereinbarungen abschließen dürfen, welche die Ziele dieses Übereinkommens beeinträchtigen. Gemäß Abs. 3 wenden die Vertragsparteien, die Mitglieder der Europäischen Union sind – unbeschadet des Ziels und Zwecks dieses Übereinkommens und seiner uneingeschränkten Anwendung gegenüber anderen Vertragsparteien – in ihren Beziehungen untereinander die Vorschriften der Gemeinschaft und der Europäischen Union an, soweit es für die betreffende Frage Vorschriften der Gemeinschaft und der Europäischen Union gibt und diese auf den konkreten Fall anwendbar sind.

KAPITEL XII – Änderungen

Zu Art. 44

Art. 44 regelt, dass die Vertragsparteien Änderungsvorschläge zu dem Übereinkommen vorbringen können. Diese Regelung soll sicherstellen, dass alle Vertragsparteien an dem Entscheidungsprozess betreffend Änderungen zu diesem Übereinkommen auf einer gleichwertigen Basis teilnehmen können.

KAPITEL XIII – Schlussbestimmungen

Zu Art. 45

Art. 45 normiert, dass das Übereinkommen für die Mitgliedstaaten des Europarates, Nichtmitgliedstaaten, die sich an seiner Ausarbeitung beteiligt haben (Kanada, Heiliger Stuhl, Japan, Mexiko und USA) und die Europäische Gemeinschaft zur Unterzeichnung aufliegt. Gemäß Abs. 3 tritt das Übereinkommen am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach dem Tag folgt, an dem fünf Unterzeichner, darunter mindestens drei Mitgliedstaaten des Europarates, nach Abs. 2 ihre Zustimmung ausgedrückt haben durch das Abkommen gebunden zu sein.

Zu Art. 46

Art. 46 normiert, dass nach dem Inkrafttreten des Übereinkommens auch andere Nichtmitgliedstaaten eingeladen werden können, dem Übereinkommen beizutreten.

Zu Art. 47

Art. 47 normiert die Hoheitsgebiete, auf welche das Übereinkommen Anwendung findet. Jede Vertragspartei kann durch eine an den Generalsekretär des Europarates gerichtete Erklärung die Anwendung dieses Übereinkommens auf Hoheitsgebiete erstrecken, für dessen internationale Beziehungen sie verantwortlich ist oder in dessen Namen Verpflichtungen einzugehen sie ermächtigt ist.

Zu Art. 48

Art. 48 normiert, dass die Vertragsparteien nur jene Vorbehalte anbringen können, die ausdrücklich zu diesem Übereinkommen zulässig sind.

Zu Art. 49

Gemäß Art. 49 kann jede Vertragspartei dieses Übereinkommen kündigen.

Zu Art. 50

In Art. 50 werden die Notifikationen, welche der Generalsekretär des Europarates vorzunehmen hat, und die Empfänger dieser Notifikationen (Mitgliedstaaten des Europarats, Unterzeichnerstaaten, Vertragsstaaten, Europäische Gemeinschaft, jedem nach Artikel 45 zur Unterzeichnung dieses Übereinkommens und jedem nach Artikel 46 zum Beitritt zu diesem Übereinkommen eingeladenen Staat) definiert.

 

Die Bundesregierung hat beschlossen, dem Nationalrat vorzuschlagen, anlässlich der Genehmigung des vorliegenden Staatsvertrages zu beschließen, dass die französische Sprachfassung dieses Staatsvertrages gemäß Art. 49 Abs. 2 B-VG dadurch kundzumachen ist, dass sie zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten aufliegt.

 

Daran anknüpfend wurde mit Rücksicht auf eine sparsame und zweckmäßige Verwaltung gemäß § 23 Abs. 2 GOG-NR von der Vervielfältigung und Verteilung dieser Sprachfassung Abstand genommen. Die gesamte Regierungsvorlage liegt in der Parlamentsdirektion zur Einsicht auf. Über­dies ist diese Regierungsvorlage mit allen Sprachfassungen auf der Homepage des Parlaments unter http://www.parlament.gv.at abrufbar.