Vorblatt

Ziele

1. Die Verordnung Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (EuMahnVO), ABl. Nr. L 399 vom 30.12.2006, S. 1, ist ab 12. Dezember 2008 unmittelbar anwendbar. Mit dem Europäischen Mahnverfahren wurde erstmals ein eigenständiges europäisches Verfahren geschaffen, das zur Schaffung eines Titels führt, der ohne Exequaturverfahren in jedem Mitgliedstaat vollstreckbar ist.

Die Verordnung (EG) Nr. 861/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen (EuBagatellVO), ABl. Nr. L 199 vom 31.7.2007, S. 1, ist ab 1. Jänner 2009 unmittelbar anwendbar. Mit dem Europäischen Bagatellverfahren wurde nach dem Europäischen Mahnverfahren ein weiteres eigenständiges europäisches Verfahren geschaffen, das zur Schaffung eines Titels führt, der ohne Exequaturverfahren in jedem Mitgliedstaat vollstreckbar ist. Im Unterschied zum Europäischen Mahnverfahren, das der Betreibung unstrittiger Forderungen dient, wurde damit ein streitiges und den gesamten erstinstanzlichen Bereich regelndes Verfahren zur Durchsetzung von Forderungen bis zu einem Streitwert von 2 000 Euro geschaffen.

Der Entwurf enthält zu den beiden Verordnungen ergänzende Regelungen.

2. Darüber hinaus enthält der Entwurf Regelungen zur Zweiseitigkeit des Rekursverfahrens, eine Anpassung der Bestimmungen über das bestandrechtliche Mandatsverfahren („Aufkündigung“) an die mit der Wohnrechtsnovelle 2006 erfolgte Wirksamkeitsverschiebung von verspätetet zugegangenen Kündigungen, die Übertragung der Zuständigkeit zur Erlassung bestimmter einstweiliger Verfügungen im Unterhaltsbereich an den Rechtspfleger, Verbesserungen im Zugang zum Recht für gehörlose Parteien, im Sachverständigen- und Dolmetscherrecht Erleichterungen im Gebührenbestimmungsverfahren, eine Verkürzung der Eintragungsfrist in die Gerichtssachverständigen- und Gerichtsdolmetscherliste sowie weitere Änderungen von Justizgesetzen.

Alternativen

Keine.

Auswirkungen des Regelungsvorhabens

- Finanzielle Auswirkungen

Die vorgeschlagenen Regelungen führen zu Mehrbelastungen des Bundes. Durch die nun generell vorgesehene Zweiseitigkeit des Rekursverfahrens werden geringfügige Zustellmehrkosten entstehen.

- Wirtschaftspolitische Auswirkungen

- - Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich

Die vorgeschlagenen Regelungen werden keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich haben. Längerfristig sind Maßnahmen, die zu einer Verbesserung des Zugangs zum Recht führen, dem Wirtschaftsstandort Österreich förderlich.

- - Auswirkungen auf die Verwaltungslasten für Unternehmen

Der Entwurf enthält keine Informationspflichten, die den österreichischen Unternehmen Kosten verursachen könnten.

- - Auswirkungen in umweltpolitischer Hinsicht, insbesondere Klimaverträglichkeit

Keine.

- Auswirkungen in konsumentenschutzpolitischer sowie sozialer Hinsicht

Die vorgeschlagenen Regelungen verbessern für alle Personen den Zugang zum Recht.

- Geschlechtsspezifische Auswirkungen

Keine.

Verhältnis zu den Rechtsvorschriften der Europäischen Union

Die Ausführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (EuMahnVO) und zur Verordnung (EG) Nr. 861/2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen (EuBagatellVO) ergänzen die Bestimmungen der unmittelbar anwendbaren Verordnungen und sind gemeinschaftskonform.

Die übrigen Regelungen fallen nicht in den Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens

Keine.

Aspekte der Deregulierung

Keine.

Kompetenzgrundlage

Die Kompetenz des Bundes zur Erlassung dieses Bundesgesetzes gründet sich auf Art. 10 Abs. 1 Z 6 B-VG (Zivilrechtswesen).


Erläuterungen

Allgemeiner Teil

I. Zielsetzungen

1. Europäisches Mahnverfahren

Die Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (EuMahnVO), ABl. Nr. L 399 S. 1, wurde am 30. Dezember 2006 im Amtsblatt veröffentlicht und ist ab 12. Dezember 2008 unmittelbar anwendbar. Ziel der EuMahnVO ist die Vereinfachung und Beschleunigung von Verfahren über unbestrittene Geldforderungen, die Verringerung der Verfahrenskosten sowie die Ermöglichung des freien Verkehrs europäischer Zahlungsbefehle in allen Mitgliedstaaten durch die Abschaffung des Exequaturverfahrens.

Das Verfahren beginnt damit, dass die antragstellende Partei unter zwingender Verwendung eines Formblatts einen Antrag auf Erlassung eines Europäischen Zahlungsbefehls einbringt. Wird der Zahlungsbefehl erlassen, so wird er der gegnerischen Partei mit der Rechtsbelehrung zugestellt, den geforderten Betrag einschließlich Zinsen und Kosten zu bezahlen oder binnen einer Frist von 30 Tagen Einspruch einzulegen. Wird innerhalb dieser Frist kein Einspruch erhoben, so wird der Zahlungsbefehl rechtskräftig und vollstreckbar, wobei die Vollstreckung in allen Mitgliedstaaten ohne Durchführung eines Vollstreckbarerklärungsverfahrens möglich ist. Erhebt der Antragsgegner fristgerecht Einspruch, so wird das Verfahren nach den Regeln des ordentlichen Verfahrens weitergeführt.

2. Europäisches Bagatellverfahren

Die Verordnung (EG) Nr. 861/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen (EuBagatellVO), ABl. Nr. L 199 S. 1, wurde am 31. Juli 2007 im Amtsblatt veröffentlicht und ist ab 1. Jänner 2009 unmittelbar anwendbar. Ziel der EuBagatellVO ist die Vereinfachung und Beschleunigung von grenzüberschreitenden Verfahren über Forderungen bis zu einem Streitwert von 2 000 Euro, die Verringerung der Verfahrenskosten sowie die Ermöglichung des freien Verkehrs der in diesem Verfahren ergangenen Urteile in allen Mitgliedstaaten durch die Abschaffung des Exequaturverfahrens.

Das Europäische Bagatellverfahren wird vom Kläger durch Einreichung eines Klageformblattes beim zuständigen Gericht eingeleitet, das die Zustellung an den Beklagten vornimmt. Der Beklagte hat darauf binnen 30 Tagen zu antworten. Das Verfahren soll grundsätzlich schriftlich durchgeführt werden, es kann aber auch eine mündliche Verhandlung durchgeführt werden. Das Gericht erlässt binnen 30 Tagen nach Abschluss der Beweisaufnahme ein Urteil, das bereits vor seiner Rechtskraft gleichermaßen in allen Mitgliedstaaten vollstreckbar ist.

3. Zweiseitigkeit des Rekursverfahrens

Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs hat für das Zivilverfahren zentrale Bedeutung. Nach österreichischem Zivilverfahrensrecht ist im Gegensatz zum Berufungsverfahren das Rekursverfahren wegen der typischerweise geringeren Bedeutung der angefochtenen Entscheidung in der Regel einseitig ausgestaltet. Nur in wenigen Fällen, so etwa, wenn eine Klage nach Eintritt der Streitanhängigkeit zurückgewiesen oder ein derartiger Antrag verworfen wird, ist das Rekursverfahren schon derzeit zweiseitig.

Mit Urteil vom 6.2.2001 gab der EGMR in der Rechtssache Beer gegen Österreich einer Beschwerde gegen die mangelnde Äußerungsmöglichkeit zu einem Kostenrekurs Folge und sprach aus, dass aufgrund des aus Art. 6 Abs. 1 EMRK herleitbaren Grundsatzes der Waffengleichheit in einem Verfahren über zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen jeder Partei Gelegenheit gegeben werden müsse, die gegnerischen Stellungnahmen oder von der Gegenseite beigebrachte Beweise zur Kenntnis zu nehmen und zu kommentieren. Auf Grund dieser Entscheidung wurde das Kostenrekursverfahren zweiseitig ausgestaltet (vgl. Art. 94 Z 20 lit. c und d des 1. Euro-Umstellungsgesetzes-Bund, BGBl. I 2001/98).

Mittlerweile hat die Rechtsprechung unter Berufung auf diese Entscheidung des EGMR in weiteren, im Gesetz nicht ausdrücklich geregelten Fällen die Zweiseitigkeit des Rechtsmittelverfahrens angenommen. Um die vom EGMR vorgegebene Linie der Auslegung des Art. 6 EMRK weiter zu beschreiten und auch die in der Rechtsprechung bestehenden divergierenden Auffassungen zu klären, soll nun die Zweiseitigkeit des Rekurses Regel, die Einseitigkeit nur mehr Ausnahme sein. Lediglich verfahrensleitende Beschlüsse sollen weiterhin einseitig bekämpfbar bleiben, bei allen anderen Beschlüssen wird eine Rekursbeantwortung vorgesehen.

Die Anordnung der Zweiseitigkeit kann jedoch nicht ohne weiteres für die Exekutions- und Insolvenzverfahren übernommen werden. Es werden daher dort Ausnahmen vorgesehen.

4. Wirkung verspäteter Aufkündigung

Mit der Neufassung einiger Bestimmungen über das bestandrechtliche Mandatsverfahren soll ein normatives Spannungsfeld aufgelöst werden, das mit einer Novellierung des § 33 MRG durch die Wohnrechtsnovelle 2006 aufgetreten ist. Inhaltlich geht es dabei um den Fragenkreis, welche Rechtsfolgen sich an Fristversäumnisse bei der Kündigung von Bestandverträgen knüpfen.

5. Zuständigkeit zur Erlassung einstweiliger Verfügungen im Unterhaltsbereich

Zur Sicherstellung von Unterhaltsansprüchen sieht die Exekutionsordnung für bestimmte Personengruppen in § 382a EO und § 382 Abs. 1 Z 8 lit. a EO Möglichkeiten vor, rasch Unterhaltszahlungen zu erhalten. Zur Entscheidung über Unterhaltsansprüche minderjähriger Kinder ist der Rechtspfleger berufen. Dieser ist auch zur Erlassung der einstweiligen Verfügung nach § 382a EO befugt. Mit dem neuen Außerstreitgesetz wurde die Zuständigkeit für Verfahren über Unterhaltsansprüche volljähriger Kinder vom streitigen ins außerstreitige Verfahren verlagert und in den Aufgabenbereich des Rechtspflegers übertragen (§ 19 Abs. 1 Z 4 RPflG). Volljährigen Kindern steht zur Erlangung vorläufigen Unterhalts jedoch § 382a EO nicht zur Verfügung. Ihnen bleibt nur die einstweilige Verfügung nach § 382 Abs. 1 Z 8 lit. a EO, die derzeit aber nicht in die Kompetenz des Rechtspflegers fällt. Dies ist unpraktikabel. Diese speziell auf Unterhalt abgestellte Maßnahme sollte sinnvollerweise auch vom Rechtspfleger getroffen werden, wenn er für das Hauptverfahren zuständig ist. Deshalb wird nun vorgeschlagen, dass der Rechtspfleger über einstweilige Verfügungen nach § 382 Abs. 1 Z 8 lit. a EO zu entscheiden hat, sofern er auch für das damit zusammenhängende Verfahren in der Hauptsache (Unterhalt minderjähriger und gesetzlicher Unterhalt volljähriger Kinder) zuständig ist.

6. Aufhebung des Mandatsverfahrens

Das Mandatsverfahren soll mangels praktischer Relevanz aufgehoben werden. Die §§ 550 bis 554 ZPO, die auch auf das – praktisch bedeutungsvolle – Wechselmandatsverfahren anzuwenden sind (vgl. § 559), werden in den Abschnitt über das Wechselmandatsverfahren aufgenommen.

7. Gebärdensprachdolmetscher

In Österreich sind etwa 8.000 bis 10.000 Menschen gehörlos und einige weitere tausend Menschen so hochgradig schwerhörig, dass ihnen eine Verständigung allein über das Gehör auch mit Hörhilfen kaum möglich ist. Diese Personen verwenden häufig die österreichische Gebärdensprache (ÖGS).

Am 6.7.2005 beschloss der Nationalrat eine Änderung der österreichischen Bundesverfassung, mit der die Anerkennung der österreichischen Gebärdensprache als eigenständige Sprache verankert wurde. Dem Artikel 8 B-VG wurde folgender Absatz 3 angefügt: „(3) Die österreichische Gebärdensprache ist als eigenständige Sprache anerkannt. Das Nähere bestimmen die Gesetze.“ Für den Bereich des Zivilverfahrens finden sich Regelungen in § 185 Abs. 1a ZPO und in § 4 Abs. 3 AußStrG. Diese Bestimmungen sollen systematisch an anderer Stelle angesiedelt werden. Auch soll - neben einigen Klarstellungen - vorgesehen werden, dass der Gebärdensprachdolmetscher die Partei nicht nur beim Auftreten vor Gericht, insbesondere während der mündlichen Verhandlung, begleiten und diese für die Partei übersetzen sowie die Wortmeldungen der Partei dolmetschen soll, sondern der Partei auch für die Gespräche mit dem von ihr gewählten Rechtsanwalt auf Kosten des Bundes zur Verfügung stehen soll.

8. Erleichterungen im Gebührenbestimmungsverfahren

Mit dem Berufsrechts-Änderungsgesetz 2008 wurde im Verfahren zur Bestimmung der Gebühren von Sachverständigen und Dolmetschern in Strafsachen an Stelle der Staatsanwaltschaft der Revisor zur Vertretung der Interessen des vordergründig kostenbelasteten Bundes berufen. Insbesondere bei mündlichen Strafverhandlungen hat sich in der Praxis jedoch gezeigt, dass diese Änderung einen zusätzlichen Verwaltungsaufwand schafft und das Gebührenverfahren entscheidend verzögert. Bisher konnte sich nämlich die in der Verhandlung anwesende Staatsanwaltschaft mündlich zum Gebührenantrag äußern, und der Vorsitzende konnte die Gebühren noch in der Verhandlung bestimmen. Nun muss der Akt zunächst dem Revisor zur Äußerung zum Gebührenantrag zugestellt werden. Nach Kostenbestimmung wird der Akt wiederum dem Revisor zur allfälligen Erhebung eines Rechtsmittels zugestellt. Um diese Aktenläufe zu vereinfachen, sieht der Entwurf daher einerseits analog zur Zeugengebühr eine Bagatellgrenze vor, unter der die Parteistellung des Revisors entfällt; andererseits wird auch den Gerichten die Möglichkeit eingeräumt, unwidersprochene Gebühren ohne formelle Bestimmung auszuzahlen.

9. Qualitätssicherung im Sachverständigen- und Dometscherrecht

Im Bereich des Sachverständigen- und Dolmetschergesetzes sieht der Entwurf eine Verkürzung der derzeit mit zehn Jahren befristeten Eintragung des bereits einmal rezertifizierten Sachverständigen bzw. Dolmetschers in die Gerichtssachverständigen- bzw. Gerichtsdolmetscherliste auf fünf Jahre vor. Damit soll ein weiterer wesentlicher Schritt zur Qualitätssicherung im Sachverständigen- und Dolmetscherwesen gesetzt werden.

10. Sonstiges

Darüber hinaus enthält der Entwurf Regelungen über die Bevorschussung von Barauslagen der Verfahrenshelfer und die sofortige Anfechtbarkeit von Entscheidungen über die Zulassung der Nebenintervention, Änderungen im ASGG aufgrund der Erlassung des Zahnärztekammergesetzes und der Änderung des Tierärztegesetzes, eine Bestimmung über die Auskunft aus den Geschäftsregistern für die Parteien, die Übernahme der Bestimmungen über die Videoeinvernahme vom GOG in die ZPO, den Entfall der Übermittlung von arbeits- und sozialgerichtlichen Entscheidungen an den Hauptverband der Sozialversicherungsträger, Anpassungen im Bereich des Gerichtsgebührenrechts an die neuen europäischen Verfahren sowie weitere geringfügige, vor allem redaktionelle Gesetzesänderungen.

II. Finanzielle Auswirkungen

Die vorgeschlagenen Änderungen werden zu Mehrbelastungen des Bundes führen, die seitens des Bundesministeriums für Justiz innerhalb des Ressorts bedeckt werden.

Durch die generelle Einführung der Zweiseitigkeit des Rekursverfahrens wird es zu erhöhten Kosten durch Zustellungen kommen. Schon bisher waren Rekurse gegen bestimmte Beschlüsse zweiseitig. Die Rechtsprechung hat aufgrund der Entscheidung des EGMR Beer gegen Österreich die Zweiseitigkeit des Rekursverfahrens auch in nicht im Gesetz ausdrücklich angeordneten Fällen bejaht. Der vorliegende Entwurf sieht nun unabhängig vom entschiedenen Gegenstand die Zweiseitigkeit vor. Ausgenommen sind lediglich verfahrensleitende Beschlüsse. Zahlenmaterial zur Frage, wie viele Beschlüsse mit welchen Inhalten erlassen werden und in wie vielen dieser Fälle Rekurs erhoben wird, sowie ob es sich dabei um solche Beschlüsse handelt, die schon nach geltender Rechtslage eine Rekursbeantwortung vorsehen oder nicht, fehlt weitgehend. Eine Kostenschätzung muss daher auf folgender Basis angestellt werden: Im Jahr 2007 wurden nach der Leistungsbilanz Justiz in Zivilsachen etwas mehr als 36.000 Rechtsmittel erhoben. Davon waren nach den aus dem BIS-Justiz erhobenen Zahlen knapp 22.500 Rekurse. Weil nach der neuen Rechtslage nur mehr Rechtsmittel gegen verfahrensleitende Beschlüsse einseitig sind, verfahrensleitende Entscheidungen aber überwiegend nicht oder nicht abgesondert anfechtbar sind, muss der überwiegende Teil (ca. 95%: ca. 21.000 Stück) dieser Rekurse als potentiell zweiseitige Rekurse angesehen werden. Davon waren bisher – vor dem Hintergrund der sehr eingeschränkten Ausnahmen nach § 521a ZPO – selbst nach vorsichtiger Schätzung 2/3, also 14.000 Stück bisher nicht zweiseitig (und sind es nunmehr). In einer worst-case-Annahme müssen daher in 14.000 Fällen zur Überwachung der neuen Rekursbeantwortungsfrist Zustellungen statt mit Fensterkuvert („grün“) mit Zustellnachweis („weiß“; mit RSb) vorgenommen werden. Die Differenz dieser Kosten sind unabhängig vom jeweiligen Gewicht der Sendung (20g/50g) und unter Außerachtlassung der höheren Kosten für das Kuvert RSb immer noch Euro 2,012 pro Zustellung. Selbst unter Annahme einer in jedem Fall geglückten Zustellung (also ohne wiederholte Zustellungen) sind daher Mehrkosten von Euro 28.000 alleine aus dem Titel Porto zu erwarten. Bedeckung aus Gebührenerhöhungen im Bereich des Justizressorts.

Die Kosten des Gebärdensprachdolmetschers für das Auftreten vor Gericht sind schon derzeit vom Bund zu tragen. Neu hinzu kommt lediglich, dass die Kosten des Gebärdensprachdolmetschers für die während eines anhängigen Verfahrens zwischen der gehörlosen oder hochgradig hörbehinderten Partei und ihrem Rechtsvertreter geführten Gespräche ebenfalls vom Bund zu tragen sind. Dies führt zu derart geringfügigen Mehrbelastungen, dass diese vernachlässigbar sind.

Durch die EUMahnVO ist mit einem Anstieg von Verfahren mit Auslandsbezug in diesem Segment zu rechnen.

III. Verhältnis zu den Rechtsvorschriften der Europäischen Union

Die Ausführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (EuMahnVO) und zur Verordnung (EG) Nr. 861/2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen (EuBagatellVO) ergänzen die Bestimmungen der unmittelbar anwendbaren Verordnungen und sind gemeinschaftsrechtskonform.

Die übrigen Regelungen fallen nicht in den Anwendungsbereich des Rechts der Europäischen Union.

IV. Kompetenzgrundlage

Die Zuständigkeit zur Erlassung dieses Bundesgesetzes gründet sich auf Art. 10 Abs. 1 Z 6 B-VG.


Besonderer Teil

Zu Art. I (JN)

Zu Z 1 (§ 20)

Mit dem Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001 wurde der Ausdruck „Mündel“ aus dem ABGB weitgehend ausgeschieden. Dieser Begriffswandel soll nun auch in der Jurisdiktionsnorm nachvollzogen werden. Dies kann durch Entfall des Begriffes geschehen, weil diese Personengruppe ohnedies von dem nachfolgenden Ausdruck „Pflegebefohlenen“ umfasst ist. Nach wie vor fallen damit sämtliche „Pflegebefohlene“ des dritten, vierten und fünften Hauptstückes des ersten Teiles des ABGB unter diese Regelung.

Zu Z 2 (§ 68)

Durch die Novelle des Sicherheitspolizeigesetzes, BGBl. I Nr. 151/2004, die mit 1.1.2005 bzw. 1.7.2005 in Kraft trat, kam es zu einer Umstrukturierung des öffentlichen Sicherheitsdienstes. Die daraus folgende Änderung soll nun nachvollzogen werden. Gleichzeitig soll hinsichtlich der Definition der Militärpersonen auf das Wehrgesetz 2001 verwiesen und auch das Bundesverfassungsgesetz über Kooperation und Solidarität bei der Entsendung von Einheiten und Einzelpersonen in das Ausland (KSE-BVG) berücksichtig werden.

Zu Z 3 (§ 76a)

Die Änderung ist rein redaktioneller Natur; sie betrifft die Richtigstellung eines Zitates.

Zu Z 4 (§ 118)

Mit dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 60/2004 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 66/2005, wurden mit Wirksamkeit vom 1.1.2005 das Bezirksgericht für Strafsachen Graz und das Jugendgericht Graz mit dem Bezirksgericht für Zivilrechtssachen Graz vereinigt und dessen Bezeichnung auf Bezirksgericht Graz geändert. Dieses wurde mit Wirksamkeit vom 1.1.2007 in die Bezirksgerichte Graz-Ost und Graz-West geteilt. Gemäß § 3 dieses Gesetzes ist, soweit Angelegenheiten nach einem Gesetz dem Bezirksgericht am Sitz eines Gerichtshofes erster Instanz in Graz oder namentlich dem Bezirksgericht für Zivilrechtssachen Graz zugewiesen sind, das Bezirksgericht Graz-Ost zuständig. Diese Änderung soll nun nachvollzogen werden.

Zu Z 5 (§ 120)

Bislang besteht für die nach dem Gesellschafter-Ausschlussgesetz (GesAusG) vom Gericht zu erledigenden Angelegenheiten mit § 120 Abs. 1 Z 6 JN nur eine ausdrückliche Regelung der sachlichen Zuständigkeit. Hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit konnte schon bisher (unter anderem aus dem Wortlaut von § 3 Abs. 1 vierter Satz GesAusG) erschlossen werden, dass der Gesetzgeber das Gericht als zuständig erachtet, in dessen Sprengel die den Gesellschafterausschluss durchführende Kapitalgesellschaft ihren Sitz hat. Um dies nunmehr ausdrücklich klarzustellen, soll der Klammerausdruck in § 120 Abs. 2 JN – der die Grundregel für die örtliche Zuständigkeit in Firmenbuchsachen und außerstreitigen gesellschaftsrechtlichen Angelegenheiten enthält – um die Fälle des Abs. 1 Z 6 (Angelegenheiten nach dem GesAusG) ergänzt werden.

In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage, ob die nationale Regelung der örtlichen Zuständigkeit mit dem internationalen Zuständigkeitsregime der EuGVVO im Einklang steht. Dies ist der Fall: Nach Art. 22 Z 2 EuGVVO sind für Klagen, welche die Gültigkeit, die Nichtigkeit oder die Auflösung einer Gesellschaft oder juristischen Person oder die Gültigkeit der Beschlüsse ihrer Organe zum Gegenstand haben, die Gerichte des Mitgliedstaats ausschließlich zuständig, in dessen Hoheitsgebiet die Gesellschaft oder juristische Person ihren Sitz hat. Zwar handelt es sich beim Verfahren zur Überprüfung der Barabfindung nach § 6 Abs. 2 GesAusG nicht um ein Beschlussanfechtungsverfahren im engeren Sinn (s. § 6 Abs. 1 GesAusG), aber jedenfalls um ein Verfahren, in dem ein Aspekt der Gültigkeit des Beschlusses über den Gesellschafterausschluss – nämlich sein Inhalt in Bezug auf die Höhe der Barabfindung – überprüft wird. Das Überprüfungsverfahren nach § 6 Abs. 2 GesAusG ist daher unter den Tatbestand „Gültigkeit von Organbeschlüssen“ in Art. 22 Z 2 EuGVVO zu subsumieren. Das hat zur Folge, dass – unabhängig davon, wo der Hauptgesellschafter seinen Wohnsitz oder Sitz hat – für die Durchführung des Verfahrens zur Überprüfung der Barabfindung bei Gesellschaften mit Sitz in Österreich ausschließlich österreichische Gerichte international zuständig sind.

Zu Art. II (EGZPO)

Zu Art. XLI

Mit dem Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001 wurden die Bezeichnungen "Vormund" und „Mündel“ weitgehend aus dem ABGB ausgeschieden. Dieser Begriffswandel soll nun auch in den Verfahrensgesetzen nachvollzogen werden. Aus diesem Anlass kann die gesamte Bestimmung des Art. XLI entfallen, ohne dass damit eine inhaltliche Änderung verbunden wäre. Nach wie vor bedürfen ua zwar die Erhebung einer Klage bzw. eines Antrags im Außerstreitverfahren und alle verfahrensrechtlichen Verfügungen, die den Verfahrensgegenstand an sich betreffen, der pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung, nicht aber sonstige einzelne Verfahrenshandlungen. An dieser allgemeinen Regel bestehen auf der Basis des § 154 Abs. 3 ABGB und der gesicherten Rechtsprechung keine Zweifel, sodass die - nur den Einzelfall "Antrag auf Vernehmung als Partei" hervorhebende - Regelung entfallen kann.

Zu Art. III (ZPO)

Zu Z 1 (§ 6a)

Die Korrektur des Zitats ist auf Grund der Änderungen durch das Sachwalterrechts-Änderungsgesetz erforderlich. § 268 ABGB ersetzt den vormaligen § 273 ABGB.

Zu Z 2 (§ 18)

Während die Verweigerung der Zulassung der Nebenintervention stets mit selbständigem Rekurs anfechtbar ist, sieht § 18 Abs. 4 vor, dass die Zulassung der Nebenintervention nicht durch ein abgesondertes Rechtsmittel angefochten werden kann. Diese Rechtsmittelbeschränkung des § 18 Abs. 4 gilt nicht nur im Verfahren erster Instanz, sondern auch im Rechtsmittelverfahren (Schubert in Fasching/Konecny, Kommentar II/1² § 19 Rz 15). § 515 sieht vor, dass „in den Fällen, in welchen nach den Bestimmungen dieses Gesetzes gegen einen Beschluss ein abgesondertes Rechtsmittel versagt ist, die Parteien ihre Beschwerden gegen diesen Beschluss mit dem gegen die nächstfolgende anfechtbare Entscheidung eingebrachten Rechtsmittel zur Geltung bringen können“. Die Rechtsprechung vertritt dazu die Auffassung, dass § 515 den Parteien nur gestattet, den Rekurs mit dem Rechtsmittel gegen die nächste anfechtbare Entscheidung zu verbinden, sie hiezu jedoch nicht verpflichtet. Der Rekurs kann auch erst mit dem Rechtsmittel gegen die Endentscheidung erhoben werden. Er kann auch dann selbständig überreicht werden, wenn infolge Abschlusses der Hauptsache eine weitere anfechtbare Entscheidung nicht erfließen kann (RIS-Justiz RS0035518).

Der OGH judiziert in ständiger Rechtsprechung, dass sich die Wirkungen eines materiell rechtskräftigen zivilgerichtlichen Urteils auf den einfachen Nebenintervenienten und denjenigen, der sich am Verfahren trotz Streitverkündung nicht beteiligte, so weit erstrecken, als diese Personen als Parteien eines als Regressprozess geführten Folgeprozesses keine rechtsvernichtenden oder rechtshemmenden Einreden erheben dürfen, die den notwendigen Elementen der Entscheidung des Vorprozesses widersprechen. In diesem Rahmen sind sie an die ihre Rechtsposition belastenden Tatsachenfeststellungen im Urteil des Vorprozesses gebunden, sofern ihnen in jenem Verfahren soweit unbeschränktes rechtliches Gehör zustand (RIS-Justiz RS0107338). Daher kommt es im Falle einer Streitverkündung oft dazu, dass dem Verfahren „vorsichtshalber“ beigetreten wird, obwohl die Partei selbst (bzw. ihr Rechtsanwalt) die Voraussetzungen für eine Nebenintervention für zweifelhaft hält. Da eine Zulassungsentscheidung – wie oben dargestellt – nicht abgesondert anfechtbar ist, sondern häufig erst mit der Endentscheidung angefochten wird, kommt es auch dazu, dass die Nebenintervenientin dem gesamten erstinstanzlichen Verfahren beigezogen wird, und dann in der Rechtsmittelentscheidung geklärt erhält, dass die Nebenintervention doch nicht zugelassen wird und sie daher die oft durchaus beträchtlichen Kosten (man denke an große Bauprozesse, in denen Streitverkündungen und Nebeninterventionen keine Seltenheit sind) nicht ersetzt erhält.

Es erscheint daher zweckmäßig, dass auch die Frage der Zulassung sofort geklärt werden kann. Die Einschränkung des Abs. 4 soll daher entfallen, sodass die Entscheidung nach der allgemeinen Regelung des § 514 abgesondert anfechtbar ist.

Zu Z 3 (§ 50)

Die Änderung ist rein redaktionell; sie betrifft die Richtigstellung eines Zitates.

Zu Z 4 (§ 64)

Durch die immer stärkere Internationalisierung des Wirtschaftslebens, aber auch durch die zunehmende Migration, sind immer häufiger Parteien in Zivilverfahren beteiligt, die über keine oder nur sehr eingeschränkte Kenntnisse der deutschen Sprache verfügen. Haben nun solche Parteien Anspruch auf Verfahrenshilfe, so kann der zum Verfahrenshelfer bestellte Rechtsanwalt in manchen Fällen die für die Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendigen Informationen von seinem Klienten nur durch Beiziehung eines Dolmetschers erlangen. Diese für den Dolmetscher aufgewendeten Kosten sind Barauslagen des Verfahrenshelfers gemäß § 64 Abs. 1 lit. f und vorläufig aus Amtsgeldern zu berichtigen. Die ausdrückliche Anführung der Übersetzungs- und Dolmetscherkosten als vom Verfahrenshelfer zu tätigende und ihm vom Bund zu ersetzende Barauslagen erfolgte mit der Zivilverfahrens-Novelle 2004 (BGBl. I Nr. 128/2004) in Umsetzung der Prozesskostenhilfe-Richtlinie 2003/8/EG, ABl. Nr. L 26 vom 27.1.2003, S. 41).

Der Verfahrenshelfer hat die allenfalls erforderlichen Dolmetscherkosten - wie auch andere Barauslagen - vorläufig selbst zu tragen und sie dann als seine Barauslagen geltend zu machen. Eine bloße Übermittlung der Gebührennote oder eine Geltendmachung durch den Dolmetscher selbst ist nicht vorgesehen (vgl. etwa OLG Wien 14 R 190/91, WR 518). Nicht geregelt ist, ob der Verfahrenshelfer einen Vorschuss auf seine Barauslagen erhalten kann. Da gerade bei den angesprochenen Dolmetscherkosten durchaus hohe Beträge auflaufen können und es dem Verfahrenshelfer nicht zugemutet werden soll, größere Beträge über längere Zeit vorzuschießen, erscheint es sachgerecht, voraussichtlich auflaufende Kosten zu bevorschussen. Um auch den Arbeitsaufwand bei Gericht in Grenzen zu halten, soll nicht in allen Fällen, in denen Barauslagen zu erwarten sind, ein Vorschuss gewährt werden, sondern nur dann, wenn die vorläufige Tragung nicht zumutbar ist.

Die Bestimmung spricht allgemein von Barauslagen, schränkt also nicht auf Dolmetscher- und Übersetzungskosten ein, auch wenn dies wohl der häufigste Anwendungsfall sein wird.

Die Änderung in Abs. 1 ist redaktionell; sie betrifft die Richtigstellung eines Verweises.

Zu Z 5 (§ 73b)

In Österreich sind etwa 8.000 bis 10.000 Menschen gehörlos und einige weitere tausend Menschen so hochgradig schwerhörig, dass ihnen eine Verständigung allein über das Gehör auch mit Hörhilfen kaum möglich ist. Diese Personen verwenden häufig die österreichische Gebärdensprache (ÖGS).

Am 6.7.2005 beschloss der Nationalrat eine Änderung der österreichischen Bundesverfassung, mit der die Anerkennung der österreichischen Gebärdensprache als eigenständige Sprache verankert wurde. Dem Artikel 8 B-VG wurde folgender Absatz 3 angefügt:

„Die österreichische Gebärdensprache ist als eigenständige Sprache anerkannt. Das Nähere bestimmen die Gesetze.“

Die Erläuterungen zu dieser Bestimmung führen aus, dass nun die österreichische Gebärdensprache im Verkehr mit Verwaltungsbehörden und Gerichten neben der deutschen Sprache gebraucht werden kann (ErläutRV 832 BlgNR 22. GP 2). Diese Verfassungsbestimmung ist aber nicht unmittelbar anwendbar, sondern bedarf der näheren Konkretisierung und Ausgestaltung durch den (einfachen) Gesetzgeber. Entsprechende bundesgesetzliche Regelungen gibt es bereits. Für den Bereich des Zivilverfahrens finden sie sich in § 185 Abs. 1a ZPO und in § 4 Abs. 3 AußStrG. Diese Bestimmungen sehen vor, dass dann, wenn eine gehörlose oder stumme Partei zur mündlichen Verhandlung weder mit einem geeigneten Bevollmächtigten noch mit einem Dolmetsch für die Gebärdensprache erscheint, die Tagsatzung vom Vorsitzenden zu erstrecken und zur neuerlichen Tagsatzung ein solcher Dolmetsch beizuziehen ist. Die Kosten des Dolmetsch für die Gebärdensprache trägt der Bund. Die Regelung befindet sich im Abschnitt über die mündliche Verhandlung unter dem Titel „Vorträge der Parteien und Prozessleitung“. § 185 wiederum beschäftigt sich mit der Postulationsunfähigkeit. Postulationsunfähig ist, wer sich nicht verständlich äußern kann, sei es mangels Deutschkenntnissen, sei es wegen dauernder (Gehörlosigkeit, Stummheit, grobes „Stottern“) oder vorübergehender (Heiserkeit, Trunkenheit, Übelkeit) Sprechbehinderung (Fucik in Rechberger, ZPO3 § 185 Rz 1). Unter anderem auf Grund dieser systematischen Stellung der Regelung wird die Auffassung vertreten, dass sich die Übernahme der Kosten des Dolmetsch nicht auch auf die Parteienvernehmung ausdehnen lässt (Fucik in Rechberger, ZPO3 § 185 Rz 4). Unabhängig von der Lösung dieser Frage ist die Regelung aber jedenfalls nur für das Verfahren vor Gericht heranzuziehen. Allenfalls erforderliche Gespräche der Partei mit dem Rechtsanwalt sind hievon nicht erfasst. Diese Kosten müssten daher von der gehörlosen, hochgradig hörbehinderten oder sprachbehinderten Partei selbst getragen werden. Der Partei soll aber auch hiefür der Gebärdensprachdolmetscher vom Bund finanziert werden, weil auch die Kommunikation mit dem eigenen Vertreter eine Frage des Zugangs zum Recht ist und die Tatsache, dass sich eine Person nur in der Gebärdensprache ausdrücken kann, ihr nicht zum Nachteil gereichen soll.

Es wird daher in einem eigenen Titel (nach den Bestimmungen über die Verfahrenshilfe) eine neue Bestimmung eingeführt. Wenn eine Partei gehörlos, hochgradig hörbehindert oder sprachbehindert ist, ist dem Verfahren ein Dolmetscher für die Gebärdensprache beizuziehen, sofern sich die Partei in dieser verständigen kann. Durch den Ausdruck „dem Verfahren beizuziehen“ wird verdeutlicht, dass der Dolmetscher nicht nur für die Kommunikation in der mündlichen Verhandlung, sondern auch außerhalb dieser, so etwa, wenn die Partei einen Rekurs zu Protokoll geben möchte, auf Kosten des Bundes beizuziehen ist. Gleichzeitig ergibt sich daraus, dass nicht nur die Äußerungen der Partei im Rahmen ihres Vorbringens, sondern auch eine allfällige Parteieneinvernahme auf Kosten des Bundes zu dolmetschen ist. Ebenso ist der Dolmetscher nicht nur für die Kommunikation zwischen Gericht und gehörloser oder hochgradig hör- oder sprachbehinderter Person beizuziehen. Vielmehr sind auch die Äußerungen des Gerichts und der anderen Verfahrensbeteiligten zu dolmetschen, sodass die gehörlose oder hochgradig hör- oder sprachbehinderte  Person der gesamten Verhandlung folgen kann.

Darüber hinaus sieht Abs. 2 vor, dass der Partei die Kosten für den Gebärdensprachdolmetscher, die für die mit ihrem Rechtsvertreter geführten Gespräche angefallen sind, vom Bund zu ersetzen sind. Ein Gebärdensprachdolmetscher soll also die Partei nicht nur beim Auftreten vor Gericht, insbesondere während der mündlichen Verhandlung, begleiten und diese für die Partei übersetzen sowie die Wortmeldungen der Partei dolmetschen, sondern der Partei auch für die Gespräche zwischen ihr und dem von ihr gewählten Rechtsanwalt auf Kosten des Bundes zur Verfügung stehen.

Zu Z 6 (§ 97)

Die Änderung in Abs. 4 vollzieht die mit der Novellierung des Zustellgesetzes durch die Novelle BGBl. I Nr. 10/2004 vorgenommene Verschiebung des Inhalts des § 9 Abs. 3 ZustG in den § 9 Abs. 5 ZustG nach.

Zu Z 7 (§ 121)

Die Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates (EuZustellVO), ABl L Nr. 324 vom 10.12.2007, S. 79, ist mit 13.11.2008 in Kraft getreten. Sie bringt einige Änderungen gegenüber der EuZustellVO-aF.

So wurden klar definierte Fristen für die Bearbeitung der Zustellungsanträge durch die jeweilige Empfangsstelle und für die Ausübung des Annahmeverweigerungsrechts durch den Empfänger eingeführt. Dadurch soll die Zustellung beschleunigt werden. Vereinfachungen sollen sich aus der Streichung des Art. 14 Abs. 2 der EuZustellVO-aF ergeben, der vorsah, dass jeder Mitgliedstaat die Bedingungen bekanntgeben kann, unter denen er eine Zustellung gerichtlicher Schriftstücke durch die Post zulässt. Nunmehr wird die Zustellung durch Einschreiben mit Rückschein als gleichwertige Alternative zur Zustellung über die Übermittlungs- und Empfangsstellen vorgesehen, ohne dass die Mitgliedstaaten weitere Bedingungen festlegen können.

Mehr Rechtssicherheit soll die mittels eines Formblattes vorzunehmende Belehrung des Empfängers über den Inhalt und die Modalitäten zur Ausübung des Annahmeverweigerungsrechts gewährleisten. Das nach Inkrafttreten der EuZustellVO-aF hervorgekommene Problem der Entstehung von zusätzlichen Zustellungskosten für die Bürger zahlreicher Mitgliedstaaten durch die in einigen Mitgliedstaaten zwingend vorgeschriebene Zustellung durch Gerichtsvollzieher wird in der neuen Verordnung abgeschwächt. Die Mitgliedstaaten müssen der Europäischen Kommission Festgebühren mitteilen, die einheitlich und im Voraus nach den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und der Nichtdiskriminierung festzusetzen sind.

Wie jede Verordnung der Europäischen Gemeinschaft ist auch die EuZustellVO in Österreich unmittelbar anwendbar, ohne dass es einer Umsetzungsbestimmung bedürfte. Sie ist auch vorrangig vor nationalem Recht anzuwenden, ohne dass dies gesondert angeordnet werden müsste. Dennoch erscheint es zweckmäßig, an einer geeigneten Stelle der ZPO einen Hinweis auf die maßgeblichen gemeinschaftsrechtlichen Regelungen vorzusehen, um den Rechtsanwendern die Arbeit zu erleichtern. In ähnlicher Weise wurde auch bei der Beweisaufnahmeverordnung vorgegangen (s. § 39a JN). Daher wird § 121 um einen Hinweis auf die Zustellverordnung in ihrer revidierten Fassung ergänzt.

Zu Z 8 (§ 185)

Siehe die Erläuterungen zu § 73b.

Zu Z 9 (§ 244)

Das durch die vorgeschlagene Aufhebung des Mandatsverfahrens unrichtige Zitat ist richtig zu stellen.

Zu Z 10 (§ 252)

Allgemeine Erwägungen

Die Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (EuMahnVO), ABl. Nr. L 399 vom 30.12.2006, S. 1, ist mit 12.12.2008 in Kraft getreten. Mit dem europäischen Mahnverfahren wurde erstmals ein eigenständiges europäisches Verfahren geschaffen, das zur Schaffung eines Titels führt, der ohne Exequaturverfahren in jedem Mitgliedstaat vollstreckbar ist. Das dem österreichischen Mahnverfahren nachgebildete Verfahren zur Schaffung eines europäischen Zahlungsbefehls steht alternativ zu den einzelstaatlichen Verfahren zur Verfügung. Der Antragsteller hat die Wahl, einen Zahlungsbefehl nach den Bestimmungen der EuMahnVO oder nach den in den meisten Mitgliedstaaten bestehenden innerstaatlichen Mahnverfahren zu beantragen. Das Verfahren zur Schaffung eines europäischen Zahlungsbefehls regelt die EuMahnVO; nationales Recht kommt zur Anwendung, soweit die Verordnung keine verfahrensrechtlichen Regelungen trifft (Art. 26 EuMahnVO).

Zusammenfassend enthält die Verordnung folgende Regelungen:

Die Verordnung ist nach ihrem Art. 2 auf grenzüberschreitende Rechtsstreitigkeiten beschränkt. Nach Art. 3 EuMahnVO liegt eine grenzüberschreitende Rechtssache vor, wenn mindestens eine der Parteien ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat als dem des angerufenen Gerichtes hat.

Das Europäische Mahnverfahren ist ein den Parteien fakultativ zur Verfügung stehendes Verfahren für die Betreibung bezifferter Geldforderungen, die zum Zeitpunkt der Beantragung eines Europäischen Zahlungsbefehls fällig sind (Art. 1 Abs. 2, Art. 4 EuMahnVO). Im Gegensatz zum österreichischen Mahnverfahren enthält das Europäische Mahnverfahren keine Wertgrenze, so dass bezifferte Geldforderungen unabhängig von ihrer Höhe geltend gemacht werden können. Die Verordnung ist nach Art. 2 Abs. 1 EuMahnVO in Zivil- und Handelssachen anzuwenden, ohne dass es auf die Art der Gerichtsbarkeit ankommt. Sie erfasst insbesondere nicht Steuer- und Zollsachen, verwaltungsrechtliche Angelegenheiten sowie die Haftung des Staates für Handlungen oder Unterlassungen im Rahmen der Ausübung hoheitlicher Rechte (acta iure imperii). Darüber hinaus ist die Verordnung auf Rechte an Vermögenswerten aus ehelichen oder eheähnlichen Gemeinschaften, das Gebiet des Erbrechts einschließlich des Testamentsrechts, Konkurse, Vergleiche (im Sinne der österreichischen Terminologie Ausgleiche) und ähnliche Verfahren sowie die soziale Sicherheit nicht anzuwenden (Art. 2 Abs. 2 lit. a bis c EuMahnVO). Dies entspricht im Wesentlichen auch dem Anwendungsbereich der EuGVVO. Die Verordnung ist darüber hinaus nach Art. 2 Abs. 2 lit. d EuMahnVO grundsätzlich nicht auf Ansprüche aus außervertraglichen Schuldverhältnissen anzuwenden. Wenn jedoch ein außervertraglicher Anspruch (z.B. Schadenersatzanspruch aus einem Verkehrsunfall) Gegenstand einer Vereinbarung zwischen den Parteien oder eines Schuldanerkenntnisses ist oder wenn es sich beim Klagsgegenstand um bezifferte Forderungen aus gemeinsamem Eigentum an unbeweglichen Sachen handelt, ist die Verordnung wiederum anzuwenden.

Die Zuständigkeit richtet sich grundsätzlich nach der EuGVVO (Art. 6 EuMahnVO). Betrifft die Forderung jedoch einen Vertrag, den ein Verbraucher zu einem Zweck geschlossen hat, der nicht seiner beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit zugerechnet werden kann, und ist der Verbraucher Antragsgegner, so sind nur die Gerichte des Mitgliedstaats zuständig, in welchem der Antragsgegner seinen Wohnsitz im Sinn des Art. 59 EuGVVO hat.

Der Antragsteller muss nach Art. 7 EuMahnVO – wobei unabhängig von der Höhe der Forderung keine Anwaltspflicht besteht (Art. 24 EuMahnVO) – unter zwingender Verwendung eines Formblatts einen Antrag auf Erlassung eines Europäischen Zahlungsbefehls einbringen. Dieser Antrag kann in Papierform oder durch andere – auch elektronische – Kommunikationsmittel, die nach dem Recht des angerufenen Gerichts zulässig sind und diesem zur Verfügung stehen, eingebracht werden (Art. 7 Abs. 6 EuMahnVO). Er muss gemäß Art. 7 Abs. 2 EuMahnVO eine kurze Beschreibung der anspruchsbegründenden, der zuständigkeitsbegründenden und der den grenzüberschreitenden Anwendungsbereich charakterisierenden Tatsachen sowie eine Bezeichnung der Beweismittel enthalten. Der Antragsteller kann schon im Antragsformular, aber auch noch bis zur Erlassung des Europäischen Zahlungsbefehls dem Gericht mitteilen, dass er im Fall eines Einspruchs die Überleitung ins ordentliche Verfahren ablehnt (Art. 7 Abs. 4 EuMahnVO). Das Gericht prüft anhand der Angaben im Antragsformular, ob die formellen Voraussetzungen für die Erlassung des Europäischen Zahlungsbefehls erfüllt sind, und ob die Forderung begründet erscheint (Art. 8 EuMahnVO). Diese Bestimmung ermöglicht es dem Gericht, offensichtlich unbegründete Forderungen – wie beispielsweise unklagbare Ansprüche (z.B. Wett- oder Spielschulden) – zurückzuweisen. Wenn eine der formellen Voraussetzungen für die Erlassung des Europäischen Zahlungsbefehls nicht erfüllt ist, hat das Gericht dem Antragsteller einen Verbesserungsauftrag zu erteilen (Art. 9 EuMahnVO). Hingegen ist der Antrag bei offensichtlicher Unbegründetheit ohne Verbesserungsversuch zurückzuweisen. Befindet das angerufene Gericht, dass die eben dargelegten Voraussetzungen nur für einen Teil des Anspruchs erfüllt sind, so ist der Antragsteller davon zu unterrichten und aufzufordern, den Europäischen Zahlungsbefehl über den vom Gericht angegebenen Betrag anzunehmen oder abzulehnen. Nimmt er den Vorschlag des Gerichts an, so erlässt das Gericht über den als berechtigt erkannten Teil einen Zahlungsbefehl; andernfalls erfolgt die Zurückweisung des Antrags (Art. 10 EuMahnVO). Darüber hinaus erfolgt eine Zurückweisung des Antrags gemäß Art. 11 EuMahnVO, wenn der Antragsteller nach Verbesserungsauftrag den verbesserten Antrag nicht innerhalb der vom Gericht festgesetzten Frist einbringt; ebenso dann, wenn die Forderung offensichtlich unbegründet ist. Die Zurückweisung des Antrags ist unanfechtbar (Art. 11 Abs. 2 EuMahnVO), jedoch kann der Antragsteller neuerlich einen Europäischen Zahlungsbefehl beantragen oder die Forderung in einem anderen Verfahren nach dem Recht eines Mitgliedstaates oder nach Gemeinschaftsrecht durchsetzen (Art. 11 Abs. 3 EuMahnVO).

Bei Vorliegen sämtlicher Voraussetzungen hat das Gericht nach Art. 12 EuMahnVO so rasch wie möglich und in der Regel binnen 30 Tagen den Europäischen Zahlungsbefehl unter Verwendung eines Formblatts zu erlassen. Dieser wird zusammen mit einer Abschrift des Antragsformulars an den Antragsgegner übermittelt und enthält eine Rechtsbelehrung, die darüber aufklärt, dass der Antragsgegner entweder den vom Antragsteller geforderten Betrag einschließlich Zinsen und Kosten zu bezahlen oder binnen einer Frist von 30 Tagen Einspruch einzulegen hat (Art. 12 Abs. 3 und 4 EuMahnVO).

Die Zustellung des Europäischen Zahlungsbefehls an den Antragsgegner erfolgt nach dem Recht des „ersuchten Mitgliedstaats“, das ist jener Mitgliedstaat, in dem die Zustellung erfolgt, wobei gewisse in der Verordnung geregelte Mindestzustellvorschriften eingehalten werden müssen (Art. 12 Abs. 5, 13, 14 und 15 EuMahnVO).

Der Antragsgegner kann nun gemäß Art. 16 EuMahnVO innerhalb einer Notfrist von 30 Tagen einen (nicht zu begründenden) Einspruch erheben. Der Einspruch, für den ebenfalls keine Anwaltspflicht besteht, kann in Papierform oder durch andere – auch elektronische – Kommunikationsmittel, die nach dem Recht des angerufenen Gerichts zulässig sind und diesem zur Verfügung stehen, eingelegt werden.

Erhebt der Antragsgegner fristgerecht Einspruch, so wird das Verfahren gemäß Art. 17 EuMahnVO vor den zuständigen Gerichten nach den Regeln eines ordentlichen Verfahrens weitergeführt, es sei denn, der Antragsteller hat gegenüber dem Gericht vor Erlassung des Europäischen Zahlungsbefehls erklärt, dass er im Fall einer Einspruchserhebung durch den Antragsgegner keine Fortsetzung des Verfahrens will. Wenn der Antragsgegner innerhalb der 30-tägigen Frist keinen Einspruch einlegt, so erklärt das Gericht den Europäischen Zahlungsbefehl unverzüglich unter Verwendung eines Formblatts für vollstreckbar (Art. 18 EuMahnVO).

Der für vollstreckbar erklärte Europäischen Zahlungsbefehl wird in den übrigen Mitgliedstaaten anerkannt und vollstreckt, ohne dass es einer weiteren Vollstreckbarerklärung bedarf und ohne dass seine Anerkennung im Vollstreckungsmitgliedstaat angefochten werden kann. Damit wird auch im Rahmen des Europäischen Mahnverfahrens – wie in der Verordnung zur Einführung eines europäischen Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen (Verordnung (EG) Nr. 805/2004, ABl. Nr. L 143 vom 30.4.2004, S. 15 – das Exequaturverfahren abgeschafft (Art. 19 EuMahnVO).

Nach Ablauf der 30-tägigen Einspruchsfrist besteht für die Antragsgegnerin die Möglichkeit der Überprüfung in Ausnahmefällen. Der Sache nach handelt es sich bei diesen Ausnahmenfällen nach Art. 20 Abs. 1 EuMahnVO um Zustellmängel und Wiedereinsetzungsgründe (jedoch unter schärferen Voraussetzungen). Darüber hinaus ist gemäß Art. 20 Abs. 2 EuMahnVO eine Überprüfung nach Ablauf der Einspruchsfrist dann zulässig, wenn der Europäische Zahlungsbefehl nach Maßgabe der in der Verordnung festgelegten Voraussetzungen oder aufgrund von anderen außergewöhnlichen Umständen offensichtlich zu Unrecht erlassen worden ist.

Für das Vollstreckungsverfahren gilt grundsätzlich das Recht des Vollstreckungsmitgliedstaates, wobei die Besonderheiten der Verordnung zu berücksichtigen sind (Art. 21 Abs. 1 EuMahnVO). So ist ein vollstreckbarer Europäischer Zahlungsbefehl unter den gleichen Bedingungen zu vollstrecken wie eine vollstreckbare Entscheidung des Vollstreckungsmitgliedstaats. Bei divergierenden Entscheidungen über denselben Streitgegenstand oder wenn der Antragsteller trotz Bezahlung der Forderung durch die Antragsgegnerin die Vollstreckung beantragt, ist diese vom zuständigen Gericht des Vollstreckungsmitgliedstaats zu verweigern (Art. 22 EuMahnVO).

Zu § 252

Nach den §§ 244 bis 251, die das nationale Mahnverfahren regeln, sollen in § 252 ergänzende Bestimmungen zur EuMahnVO vorgesehen werden. Die EuMahnVO enthält nicht zu allen Fragen, die sich aus der Einbringung eines Antrages auf Erlassung eines Europäischen Zahlungsbefehls ergeben können, Regelungen. Gemäß Art. 26 der Verordnung richten sich sämtliche verfahrensrechtliche Fragen, die in der Verordnung nicht ausdrücklich geregelt sind, nach nationalem Recht. Es scheint  zweckmäßig, in Abs. 1 zunächst einen Hinweis auf die Geltung der EuMahnVO vorzusehen und klarzustellen, dass die für den jeweiligen Verfahrensgegenstand geltenden Bestimmungen subsidiär anzuwenden sind, soweit die EuMahnVO keine Regelungen enthält.

Der Charakter des Antrags auf Erlassung eines Europäischen Zahlungsbefehls erschließt sich derzeit nicht unmittelbar aus der ZPO; soweit daher in der EuMahnVO oder in dieser Bestimmung nichts anderes vorgesehen ist, soll der Antrag auf Erlassung eines Europäischen Zahlungsbefehls als Klage angesehen werden (Abs. 2). Dies gilt beispielsweise für die Form der Zustellung des Antrages und des Zahlungsbefehles an den Antragsgegner, aber auch für die Fragen der Gerichtsanhängigkeit oder der Verjährungsunterbrechung. Gleichzeitig ist damit auch klargestellt, dass es nach Erhebung eines Einspruchs zur fortgesetzten Behandlung im Verfahren nach der ZPO keiner eigenen „Klage“ mehr bedarf.

Nach Art. 6 EuMahnVO richtet sich die Zuständigkeit für die Durchführung des Europäischen Mahnverfahrens nach den hiefür geltenden Vorschriften des Gemeinschaftsrechts, insbesondere der EuGVVO. Abweichend von der EuGVVO normiert aber Art. 6 Abs. 2 EuMahnVO eine Zuständigkeit im Wohnsitzmitgliedstaat (Art. 59 EuGVVO) des Antragsgegners bei Forderungen, die einen Vertrag betreffen, den ein Verbraucher zu einem Zweck geschlossen hat, der nicht seiner beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit zugerechnet werden kann. Wenn daher die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 2 EuMahnVO vorliegen, kann die Zuständigkeit nach der EuGVVO von jener nach der EuMahnVO abweichen. Anders als nach der EuGVVO ist auch immer eine Überprüfung der Zuständigkeit a limine vorgesehen (Art. 8 EuMahnVO).

Ebenso wie dies etwa auch in Deutschland vorgesehen wurde, soll die Zuständigkeit für die Durchführung des Europäischen Mahnverfahrens bei einem Gericht österreichweit zentralisiert werden, nämlich beim Bezirksgericht für Handelssachen Wien (Abs. 2). Dies soll dem ausländischen Rechtssuchenden, der ja für die Einbringung des Antrags auf Erlassung eines Europäischen Zahlungsbefehls keines Anwalts bedarf, die Antragstellung erleichtern. Erst dann, wenn aufgrund der Einspruchserhebung die Rechtssache weiterbehandelt wird, hat der Antragsteller das für die Durchführung des ordentlichen Verfahrens zuständige Gericht binnen einer Frist von 30 Tagen zu bezeichnen (Abs. 3). Tut er dies fristgerecht, so hat das Bezirksgericht für Handelssachen Wien die Rechtssache an dieses Gericht zu überweisen. Die Streitanhängigkeit bleibt unberührt. Die Frage der Zuständigkeit des vom Antragsteller für die Durchführung des ordentlichen Verfahrens namhaft gemachten Gerichts ist erst nach Überweisung von diesem zu prüfen.

Kommt der Antragsteller der Aufforderung, das zuständige Gericht namhaft zu machen, nicht fristgerecht nach, so ist die Klage vom Bezirksgericht für Handelssachen Wien zurückzuweisen. Die Zurückweisung der Klage ist auch dem Antragsgegner zuzustellen.

Abs. 4 regelt, wie nach einer Überweisung der Rechtssache an das für das ordentliche Verfahren zuständige Gericht weiter vorzugehen ist und inwieweit Unzuständigkeitseinreden (noch) erhoben werden können. Nach § 248 Abs. 1 muss der Einspruch gegen einen vom Landesgericht erlassenen Zahlungsbefehl den Inhalt einer Klagebeantwortung haben. Die EuMahnVO lässt hingegen unabhängig vom Streitwert einen „leeren“ Einspruch zu (Art. 16 Abs. 3 EuMahnVO). Es stellt sich daher die Frage, wie im landesgerichtlichen Verfahren vorzugehen ist. Dafür stehen prinzipiell zwei Varianten zur Verfügung. Einerseits könnte angeordnet werden, der beklagten Partei einen Auftrag zu Erstattung der Klagebeantwortung zu erteilen; andererseits könnte das Gericht verpflichtet werden, sogleich eine mündliche Verhandlung anzuberaumen. Der Entwurf entscheidet sich für letztere Variante. Der Auftrag, eine Klagebeantwortung zu erstatten, ist dann unzweckmäßig, wenn der Einspruch bereits ausreichendes Vorbringen enthält. Ist der Einspruch hingegen „leer“, kann das Gericht dem Antragsgegner einen vorbereitenden Schriftsatz auftragen bzw. – was im Hinblick auf das Antragsformular im Einzelfall zweckmäßig sein kann –  überhaupt einen Schriftsatzwechsel zwischen den Parteien auftragen.

Da nach einem rechtzeitig erhobenen Einspruch die Anberaumung der mündlichen Verhandlung auch im landesgerichtlichen Verfahren vorgesehen ist, muss klargestellt werden, bis zu welchem Zeitpunkt der Beklagte die Einrede der sachlichen und örtlichen Unzuständigkeit zu erheben hat. § 248 iVm § 239, wonach im landesgerichtlichen Verfahren der Einredeausschluss an den Zeitpunkt der Erhebung des Einspruchs, der den Inhalt der Klagebeantwortung zu enthalten hat, geknüpft ist, greift aufgrund der Zulässigkeit eines „leeren“ Einspruchs nach der EuMahnVO nicht. Der Entwurf enthält dazu eine dem § 441 entsprechende Regelung. Der Beklagte hat demnach (grundsätzlich) die Einrede der örtlichen und sachlichen Unzuständigkeit in der vorbereitenden Tagsatzung vor Einlassung in die Hauptsache zu erheben. Nur die Heilung der unprorogablen (sachlichen und örtlichen) Unzuständigkeit kann – wie auch bisher – im bezirksgerichtlichen Verfahren zu einem späteren Zeitpunkt eintreten, und zwar dann, wenn sich der nicht qualifiziert vertretene Beklagte trotz einer beurkundeten Belehrung durch die Richterin in die Verhandlung zur Hauptsache rügelos einlässt (§ 104 Abs. 3 JN).

Das für die Durchführung des Europäischen Mahnverfahrens zuständige Bezirksgericht für Handelssachen Wien soll auch für die Überprüfung in den Ausnahmefällen nach Art. 20 EuMahnVO zuständig sein. Art. 20 EuMahnVO normiert Rechtsbehelfe, die der beklagten Partei auch nach Verstreichen der Einspruchsfrist nach Art. 16 Abs. 2 EuMahnVO die Möglichkeit geben, den Europäischen Zahlungsbefehl zu bekämpfen. Art. 20 Abs. 1 lit. a EuMahnVO gewährt einen Rechtsbehelf bei Vorliegen von Zustellmängeln, wenn der Europäische Zahlungsbefehl in einer der in Art. 14 EuMahnVO genannten Formen zugestellt wurde, wobei der Antragsgegner unverzüglich zu handeln hat. Art. 20 Abs. 1 lit. b EuMahnVO sieht eine Bestimmung vor, die Ähnlichkeiten mit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 146 aufweist. Im Unterschied zu § 146 kann aber dieser Rechtsbehelf nur bei fehlendem Verschulden und unverzüglichem Tätigwerden des Schuldners erhoben werden. Art. 20 Abs. 2 EuMahnVO normiert darüber hinaus einen weiteren Rechtsbehelf nach Verstreichen der Einspruchsfrist, falls der Europäische Zahlungsbefehl „gemessen an den in dieser Verordnung festgelegten Voraussetzungen oder aufgrund von anderen außergewöhnlichen Umständen offensichtlich zu Unrecht erlassen worden ist“. Dazu führt Erwägungsgrund 25 aus, dass nach Ablauf der Frist für die Einreichung des Einspruchs der Antragsgegner in bestimmten Ausnahmefällen berechtigt sein soll, eine Überprüfung des Europäischen Zahlungsbefehls zu beantragen. Die Überprüfung in Ausnahmefällen soll jedoch nicht bedeuten, dass der Antragsgegner eine zweite Möglichkeit hat, Einspruch gegen die Forderung einzulegen. Während des Überprüfungsverfahrens soll die Frage, ob die Forderung begründet ist, nur im Rahmen der vom Antragsgegner angeführten außergewöhnlichen Umstände geprüft werden. Zu den „anderen außergewöhnlichen Umständen“ kann auch der Fall gezählt werden, dass der Europäische Zahlungsbefehl auf falschen Angaben im Antragsformular beruht.

In der EuMahnVO sind nur die Voraussetzungen und die Wirkungen der Rechtsbehelfe normiert, nicht aber das Überprüfungsverfahren.

Da die Überprüfung in Ausnahmefällen nach Art. 20 Abs. 1 EuMahnVO Ähnlichkeiten mit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aufweist, sollen auf das Überprüfungsverfahren die §§ 149 und 153 sinngemäß anzuwenden sein. Daher hat die Partei etwa die in Art. 20 Abs. 1 EuMahnVO genannten Umstände glaubhaft zu machen. Über den Antrag entscheidet das Gericht mit Beschluss, wobei es eine mündliche Verhandlung nur dann anzuberaumen hat, wenn es eine solche für erforderlich hält. Durch den Verweis soll auch sichergestellt werden, dass gegen die Bewilligung der Überprüfung nach Art. 20 Abs. 1 EuMahnVO ein Rechtsmittel nicht zulässig ist. Sofern der Antragsgegner mit seinem Rechtsbehelf nach Art. 20 Abs. 1 EuMahnVO erfolgreich war, soll das ordentliche Verfahren eingeleitet werden, weil er mit seinem Überprüfungsantrag deutlich gemacht hat, dass er sich gegen den Europäischen Zahlungsbefehl zur Wehr setzen will. Etwas anderes soll nur gelten, wenn die antragstellende Partei für den Fall des Einspruchs eine Überleitung in das ordentliche Verfahren abgelehnt hat (Art. 7 Abs. 4 EuMahnVO).

In den Fällen des Art. 20 Abs. 2 EuMahnVO soll das Überprüfungsverfahren gleich geregelt werden, auch wenn diese Umstände mit jenen nach Art. 20 Abs. 1 EuMahnVO nicht ganz vergleichbar sind. Es handelt sich dabei (auch) um Gründe, die die Begründetheit der Forderung betreffen (vgl. Erwägungsgrund 25). Insgesamt erscheint die verfahrensrechtliche Gleichbehandlung sachgerecht. Allerdings soll die dem Antrag stattgebende Entscheidung anfechtbar sein. Es wird daher für dieses Verfahren – anders als im Überprüfungsverfahren nach Art. 20 Abs. 1 EuMahnVO – nicht auf § 153 verwiesen. Sofern die beklagte Partei mit ihren Rechtsbehelfen nach Art. 20 Abs. 2 EuMahnVO erfolgreich war, soll das Verfahren über den Antrag auf Erlassung eines Europäischen Zahlungsbefehls enden. Weder soll der Antrag neuerlich zugestellt noch das ordentliche Verfahren eingeleitet werden, weil diese Konstellation mit der Zurückweisung a limine vergleichbar ist. Wie bei der Zurückweisung des Antrags nach Art. 11 Abs. 1 EuMahnVO kann der Antragsteller den Anspruch aber neuerlich geltend machen.

Art. 20 EuMahnVO regelt die Rechtsbehelfe, die dem Antragsgegner nach Verstreichen der Einspruchsfrist offen stehen, um den Europäischen Zahlungsbefehl zu bekämpfen, abschließend. Es ist daher keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand möglich, auch kann eine Nichtigkeits- oder Wiederaufnahmsklage nicht erhoben werden. Das soll ausdrücklich geregelt werden, zumal sämtliche Nichtigkeits- und Wiederaufnahmegründe (§§ 529, 530, 531) unter die Begriffsfolge „andere außergewöhnliche Umstände“ (Art. 20 Abs. 2 EuMahnVO) subsumiert werden können, sofern sie der Sache nach überhaupt auf einen Europäischen Zahlungsbefehl zutreffen.

In Abs. 6 wird angeordnet, dass die verhandlungsfreie Zeit auf die Frist zur Erhebung eines Einspruchs gegen einen Europäischen Zahlungsbefehl keinen Einfluss hat.

Wenn die in Art. 8 EuMahnVO genannten Voraussetzungen nur für einen Teil des Anspruchs erfüllt sind, hat das Gericht dies dem Antragsteller unter Verwendung des Formblatts C mitzuteilen (Art. 10 EuMahnVO). Darin wird der Antragsteller aufgefordert, den Europäischen Zahlungsbefehl über den vom Gericht angegebenen Betrag anzunehmen oder abzulehnen. Das Gericht hat die Antragsgegnerin daher zu unterrichten, wenn von mehreren selbständigen Ansprüchen nicht alle begründet sind oder wenn ein einzelner Anspruch nur teilweise begründet ist. Art. 8 Abs. 2 EuMahnVO sieht vor, dass die Folgen hinsichtlich des verbleibenden Teils der ursprünglichen Forderung dem einzelstaatlichen Recht unterliegen. Es könnte nun für den verbleibenden Teil der Forderung vorgesehen werden, das ordentliche Verfahren einzuleiten oder den Antrag hinsichtlich dieses Teils als ohne Verzicht auf den Anspruch zurückgenommen gelten zu lassen. Der Entwurf entscheidet sich für letztere Variante (Abs. 7).

Zu Z 11 (§ 277)

Die Bestimmung über die Verwendung technischer Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung bei der Beweisaufnahme in zivilgerichtlichen Verfahren soll inhaltlich unverändert aus § 91a GOG in die Bestimmungen dieses Titels ("Allgemeine Bestimmungen über den Beweis und die Beweisaufnahme") übernommen werden. Dahinter stehen systematische Überlegungen; auch die Bestimmungen über die Verwendung von Wort- und Bildübertragung im Strafprozess finden sich in der Strafprozessordnung. Zugleich soll aber auch durch eine erhöhte "Sichtbarkeit" dieser Bestimmung ihre Anwendung gefördert werden.

Zu Z 11a (§ 311)

Der sogenannte „erste Beglaubigungsweg“ ausländischer Urkunden erfolgt über die zuständigen österreichischen Vertretungsbehörden (vgl. die Verordnung des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten vom 16. März 1984 betreffend Beglaubigungen durch österreichische Vertretungsbehörden im Ausland, BGBl. Nr. 140/1984). Ergänzend besteht derzeit ein „zweiter Beglaubigungsweg“ über fremde Vertretungsbehörden und das BMeiA. Es ist beabsichtigt, diesen „zweiten Beglaubigungsweg“ abzuschaffen, da es sich erwiesen hat, dass insbesondere bei der – durchaus häufigen – Vorlage gefälschter Dokumente die zuständigen österreichischen Vertretungsbehörden, aufgrund ihrer örtlichen Erfahrung und Behördenkenntnis bzw. durch Einschaltung von Vertrauenspersonen, bessere Überprüfungsmöglichkeiten haben als das BMeiA selbst. Daher soll die Erwähnung des „Ministerium des Äußeren“ aus § 311 gestrichen werden.

Zu Z 12 (§ 332)

Mit dem BRÄG 2008 (BGBl. I 111/2007) wurde die Bagatellgrenze für Zeugengebühren in § 21 Abs. 2 GebAG von 100 Euro auf 200 Euro angehoben. Unterhalb dieser Grenze entfällt eine Parteistellung der Verfahrensparteien und des Revisors (und damit deren Rekursrecht) für die Frage der Gebührenbestimmung. Traditionell stimmt die Grenze des § 332 Abs. 1, bis zu der das Gericht - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzung - von der Auferlegung eines Kostenvorschusses absehen kann, mit dem Betrag des § 21 Abs. 2 GebAG überein. Tragender Grund für beide Betragsgrenzen ist, dass die im Standardfall zu erwartenden Zeugengebühren keinen unverhältnismäßigen Verfahrensaufwand generieren sollen. Die ZPO soll daher an die bereits erfolgte Änderung des GebAG angepasst werden.

Zu Z 13 (§ 470)

An die Stelle der Betrauung durch den Gerichtsvorsteher ist durch § 4 Abs. 2 der Gerichtsverfassungsnovelle, RGBl. Nr. 422/1921, die Geschäftsverteilung durch den Personalsenat getreten. Der Verweis auf den Vorsteher des Gerichts soll nun auch aus dem Gesetzestext entfernt werden.

Zu Z 14 und 15 (§§ 521, 521a)

Allgemeine Erwägungen

Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs ist für ein den Anforderungen des Art. 6 EMRK entsprechendes Zivilverfahren von zentraler Bedeutung. In Österreich war und ist im Gegensatz zum Berufungsverfahren das Rekursverfahren wegen der typischerweise geringeren Bedeutung der angefochtenen Entscheidung in der Regel einseitig ausgestaltet.

Die Zivilverfahrens-Novelle 1983 führte ein zweiseitiges Rekursverfahren in denjenigen Fällen ein, in denen die Einseitigkeit als besonders unerträglich empfunden wurde (ErläutRV 669 BlgNR 15. GP 59 f.). Nach § 521a in der Fassung der Zivilverfahrens-Novelle 1983 ist eine Rekursbeantwortung bei Rekursen gegen den Endbeschluss im Besitzstörungsverfahren, gegen Aufhebungs- und Zurückweisungsbeschlüsse des Berufungsgerichtes sowie gegen Beschlüsse, mit denen eine Klage nach Eintritt der Streitanhängigkeit zurückgewiesen oder ein Antrag auf Zurückweisung der Klage verworfen wurde, vorgesehen.

Mit Urteil vom 6.2.2001 gab der EGMR in der Rechtssache Beer gegen Österreich einer Beschwerde Folge, wonach der aus Art. 6 Abs. 1 EMRK herleitbare Grundsatz der Waffengleichheit in einem Verfahren über zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen für jede Partei eine angemessene Gelegenheit erfordere, ihren Fall unter Bedingungen zu präsentieren, die keinen wesentlichen Nachteil gegenüber dem Verfahrensgegner bedeuteten. Jeder Partei müsse daher Gelegenheit gegeben werden, die gegnerischen Stellungnahmen oder von der Gegenseite beigebrachte Beweise zur Kenntnis zu nehmen und zu kommentieren. Zwar sei verständlich, dass in untergeordneten Angelegenheiten wie etwa der Bestimmung der Verfahrenskosten die innerstaatlichen Behörden auf die Zwänge der Wirtschaftlichkeit Bedacht nehmen sollten. Dies rechtfertige aber nicht die Außerachtlassung des elementaren Grundsatzes eines fairen Verfahrens. Die Partei habe die Notwendigkeit der Stellungnahme zu einem Schriftstück selbst zu beurteilen. Das Vertrauen auf die Funktionsfähigkeit der Justiz sei unter anderem auf das Wissen der Parteien gegründet, Gelegenheit zu haben, ihre Ansichten zu jedem Schriftstück im Akt darzulegen. Die unterbliebene Zustellung eines Kostenrekurses und die mangelnde Möglichkeit, ihn zu beantworten, seien daher eine Verletzung des durch Art. 6 Abs. 1 EMRK garantierten Grundsatzes der Waffengleichheit.

Auf Grund dieser Entscheidung wurde das Kostenrekursverfahren zweiseitig ausgestaltet, indem die Möglichkeit zur Erstattung einer Rekursbeantwortung vorgesehen wurde (vgl. Art. 94 Z 20 lit. c und d des 1. Euro-Umstellungsgesetzes – Bund BGBl. I Nr. 98/2001).

Die Rechtsprechung ging einen Schritt weiter und befand, dass beispielsweise auch im Rückstellungsverfahren (Oberste Rückstellungskommission 28.11.2001, RKV 1/01), im Verfahren über die Bestellung des Heiratsguts (OGH 6 Ob 281/01v)  sowie im Konkurseröffnungsverfahren (OGH 8 Ob 282/01f, 8 Ob 232/01b ua) das Rechtsmittelverfahren wegen des elementaren Grundsatzes der Waffengleichheit zweiseitig ausgestaltet sein müsse (weitere Analogien bei Zechner in Fasching/Konecny², IV/1 § 521a Rz 8 ff). Der OGH begründet die Zweiseitigkeit des Rekursverfahrens in den nicht ausdrücklich gesetzlich geregelten Fällen mit einer verfassungskonformen Auslegung, wobei er sich im Wesentlichen auf eine Analogie zu § 521a stützt.

Dies zeigt, dass die Tragweite der Entscheidung des EGMR weit über das Kostenrekursverfahren hinaus reicht und für das gesamte zivilrechtliche Rechtsmittelrecht von grundlegender Bedeutung ist (G. Kodek, Zur Zweiseitigkeit des Rekursverfahrens, ÖJZ 2004/34 und 37). Daher soll in Anerkennung der in vielen Konstellationen gebotenen Waffengleichheit der Parteien die Zweiseitigkeit des Rekurses zur Regel, die Einseitigkeit zur Ausnahme werden.

Zu § 521

Mit der Ausweitung der Zweiseitigkeit des Rekursverfahrens soll dem Grundsatz der Waffengleichheit Rechnung getragen werden, aber keine unnötige Verfahrensverzögerung einhergehen. Daher soll die Rekursfrist in jenen Fällen, in denen der Rekurs schon bisher binnen 14 Tagen zu erheben war, auch nicht verlängert werden, sondern lediglich auch dem Rechtsmittelgegner binnen derselben Frist eine Rekursbeantwortung eingeräumt werden. Die bisherigen Fälle der vierwöchigen Rekursfrist sollen nunmehr systematisch in § 521 Abs. 1 aufgenommen werden, wobei die Fälle der geltenden § 521a Abs. 1 Z 3 nicht übernommen werden sollen. Für diese soll in Hinkunft die vierzehntägige Frist gelten.

Das Rekursverfahren war ursprünglich einseitig ausgestaltet. Mit der Zivilverfahrens-Novelle 1983 wurde in bestimmten Fällen, nämlich in den im geltenden § 521a enthaltenen Konstellationen (Z 1 bis 3) die Zweiseitigkeit eingeführt. Die Erläuterungen zur damaligen Einführung des § 521a führen an, dass es wiederholt als zumindest nachteilig angesehen worden sei, dass dem Gegner des Rekurswerbers nicht die Möglichkeit gegeben sei, Gegenargumente ins Treffen zu führen. Als besonders unerträglich sei dies in jenen Fällen empfunden worden, in denen in einer kontradiktorischen Sache zwar eine Endentscheidung ergehe, diese aber infolge ihrer Entscheidungsart als Beschluss nur mit Rekurs angefochten werden könne (Endbeschluss und Beschluss, mit dem eine Klage nach Eintritt der Streitanhängigkeit zurückgewiesen wird). Es müsse aber auch das rechtliche Gehör derjenigen Partei gewahrt werden, die sich gegen eine durch den Rekurs angestrebte endgültige Versagung des Rechtsschutzes zur Wehr setzte. Die Zweiseitigkeit solle also auch für den Fall vorgesehen werden, dass die Ablehnung einer diesbezüglichen Prozesseinrede angefochten werde. Schließlich solle der Rekurs in den Fällen zweiseitig sein, in denen über den Rekurs eine für den Rechtsstreit richtungsweisende, die Untergerichte bindende Entscheidung des OGH zu ergehen habe. Im Übrigen solle aber die Einseitigkeit des Rekursverfahrens schon aus Gründen der Verfahrensökonomie aufrecht erhalten werden. Damals sah § 521a als Rekursfrist und Rekursbeantwortungsfrist 14 Tage vor. Dies deshalb, weil auch die Berufungsfrist vor der Novelle 1983 nur 14 Tage betrug. Im Justizausschuss wurde aber auch eine Änderung des § 464 beschlossen und dort die Berufungsfrist von 14 Tagen auf vier Wochen verlängert. Begründet wurde dies im Wesentlichen mit dem Bedarf nach einer ausreichenden Frist zur Ausarbeitung eines Rechtsmittels. Aus diesen Gründen wurde nicht nur eine allgemeine Verlängerung der Berufungsfrist vorgesehen, sondern auch eine Verlängerung der Frist für die Revision, die Berufungs- und die Revisionsbeantwortung sowie den zweiseitigen Rekurs, letzteres mit der Begründung, dass im Fall des § 519 Abs. 1 Z 3 (nunmehr Z 2) ebenfalls die Entscheidung in der Sache selbst ergehe und auch sonst grundlegende Fragen des Rechtsschutzes betroffen seien. Zusätzlich wird ausgeführt, dass eine unterschiedliche Regelung der Fälle, in denen der Rekurs zweiseitig ist und in denen die Rekursfrist vier Wochen beträgt, dem Ausschuss jedenfalls zu kompliziert erscheine (JA 1337 BlgNR 15. GP 17; RV 669 BlgNR 15. GP 59).

Nach dem vorliegenden Entwurf sollen grundsätzlich alle Rekurse zweiseitig sein. Es könnte nun angedacht werden, die Rekursfrist insgesamt auf vier Wochen zu verlängern. Das könnte die Verfahren freilich unnötig verlängern. Die mögliche Alternative, unterschiedlich lange Fristen für die Bekämpfung von Beschlüssen vorzusehen ist wieder problematisch. Auch die sich zur analogen Anwendung des
§ 521a Abs. 1 Z 3 herangebildete Judikatur, die als Begründung für die analoge Heranziehung mit der Notwendigkeit der Einräumung rechtlichen Gehörs argumentiert, zeigt, welche Schwierigkeiten damit verbunden sein können. Sie wirft ferner die Frage auf, ob bei Beibehaltung der vierwöchigen Rekursfrist für derartige Beschlüsse eine Analogie nun nur mehr auf Grund der unterschiedlichen Fristen gezogen würde.

Auf Grund dieser Erwägungen soll die vierwöchige Frist nur mehr bei Beschlüssen im Besitzstörungsverfahren und bei den Aufhebungsbeschlüssen beibehalten werden. Bei Aufhebungsbeschlüssen des Berufungsgerichts, deren Anfechtung an den Obersten Gerichtshof zugelassen wird, ist auf Grund deren Bedeutung für die Sacherledigung an der vierwöchigen Frist jedenfalls festzuhalten. Im Besitzstörungsverfahren ist zu beachten, dass diese Entscheidungen Endentscheidungen in einem Verfahren und damit ähnlich einem Urteil sind.

Zu § 521a

Diese Bestimmung, die schon bisher die Regeln über die Zustellung des Rekurses an den Rekursgegner und die Einräumung einer Rekursbeantwortung für die ausnahmsweise zweiseitigen Fälle des Rekurses enthielt, soll auch nach Umkehr des Regel-Ausnahme-Schemas die grundsätzlichen Bestimmungen über Zustellung und Rekursbeantwortung enthalten.

Das Rechtsmittelverfahren gegen Beschlüsse soll grundsätzlich zweiseitig gestaltet werden. Davon ausgenommen sind Beschlüsse, die vor Streitanhängigkeit ergehen. Auch prozessleitende Beschlüsse sollen, soweit im Einzelnen nicht die Zweiseitigkeit angeordnet ist, nur einseitig bekämpfbar bleiben.

Weist das funktionell als Prozessgericht erster Instanz einschreitende Gericht einen Rekurs gegen einen zweiseitig bekämpfbaren Beschluss nicht bereits a limine zurück, so hat es den Rekurs – oder in Ausnahmefällen: das Protokoll darüber – dem Rekursgegner zuzustellen, um ihm rechtliches Gehör zu gewähren und Gelegenheit zu einer Rekursbeantwortung zu geben.

Den Regeln der Waffengleichheit folgend steht dem Rekursgegner die gleiche Frist zur Verfügung wie dem Rekurswerber selbst. So wie bisher § 521 Abs. 1 auf § 521a Abs. 1 verweist, soll daher künftig § 521a Abs. 1 auf § 521 Abs. 1 verweisen.

Durch die Umkehr des Regel-Ausnahme-Schemas schlägt die nun grundsätzliche Zweiseitigkeit des Rekursverfahrens auch auf die Rekurse gegen Beschlüsse der Berufungsgerichts, Rekurse an den OGH und Revisionsrekurse durch. In Abs. 2 müssen daher die Besonderheiten des Verfahrens über die erst nachträglich auf Grund eines Zulassungsantrags zugelassene ordentliche Revision und die außerordentliche Revision entsprechend berücksichtigt werden.

Zu Z 16 (§ 548)

Allgemeine Erwägungen

Die Verordnung (EG) Nr. 861/2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen (EuBagatellVO), ABl. Nr. L 199 vom 31.7.2007 S. 1 ist ab 1. Jänner 2009 unmittelbar anwendbar. Mit dem Europäischen Bagatellverfahren wurde neben dem Europäischen Mahnverfahren ein eigenständiges europäisches Verfahren geschaffen, das zur Schaffung eines Titels führt, der ohne Exequaturverfahren in jedem Mitgliedstaat vollstreckbar ist. Im Unterschied zum Europäischen Mahnverfahren, das der Betreibung unstrittiger Forderungen dient, sieht diese Verordnung ein streitiges und den gesamten erstinstanzlichen Bereich regelndes Verfahren zur Durchsetzung von Ansprüchen bis zu einem Streitwert von 2 000 Euro vor. Nationales Recht kommt zur Anwendung, soweit die Verordnung keine verfahrensrechtlichen Regelungen trifft (Art. 19 EuBagatellVO). Wie auch das Verfahren zur Schaffung eines Europäischen Zahlungsbefehls steht das Europäische Bagatellverfahren alternativ zu den einzelstaatlichen Verfahren zur Verfügung.

Zusammenfassend enthält die Verordnung folgende Regelungen:

Das Europäische Bagatellverfahren ist ein fakultatives Verfahren (Art. 1 Satz 2 EuBagatellVO) zu den in den Mitgliedstaaten bestehenden innerstaatlichen Verfahren.

Die Verordnung gilt in allen EU-Mitgliedstaaten mit Ausnahme Dänemarks (Art. 2 Abs. 3 EuBagatellVO).

Die Verordnung ist in Zivil- und Handelssachen anzuwenden, ohne dass es auf die Art der Gerichtsbarkeit ankommt, wenn der Streitwert zum Zeitpunkt der Gerichtsanhängigkeit der Klage 2 000 Euro nicht übersteigt (Art. 2 Abs. 1 Satz 1 EuBagatellVO). Vom Anwendungsbereich ausgenommen sind Steuer- und Zollsachen, verwaltungsrechtliche Angelegenheiten sowie die Haftung des Staates für Handlungen oder Unterlassungen im Rahmen der Ausübung hoheitlicher Rechte („acta iure imperii“). Weiters ist die Verordnung nicht anzuwenden auf den Personenstand, die Rechts- und Handlungsfähigkeit sowie die gesetzliche Vertretung von natürlichen Personen (Art. 2 Abs. 2 lit. a EuBagatellVO), die ehelichen Güterstände, das Unterhaltsrecht und das Gebiet des Erbrechts einschließlich des Testamentsrechts (lit. b), Konkurse, Verfahren im Zusammenhang mit der Abwicklung zahlungsunfähiger Unternehmen oder anderer juristischer Personen, gerichtliche Vergleiche, Vergleiche (gemeint: Ausgleiche) und ähnliche Verfahren (lit. c), die soziale Sicherheit (lit. d), die Schiedsgerichtsbarkeit (lit. e), das Arbeitsrecht (lit. f), die Miete oder Pacht unbeweglicher Sachen, mit Ausnahme von Klagen wegen Geldforderungen (lit. g), und die Verletzung der Privatsphäre oder der Persönlichkeitsrechte, einschließlich der Verletzung der Ehre (lit. h).

Die EuBagatellVO kommt nur in einer grenzüberschreitenden Rechtssache zur Anwendung (Art. 3 EuBagatellVO). Nach Art. 3 EuBagatellVO liegt eine grenzüberschreitende Rechtssache vor, wenn mindestens eine der Parteien ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat als dem des angerufenen Gerichts hat.

Die EuBagatellVO sieht vier Formblätter vor, nämlich das Klageformblatt (A), das Antwortformblatt für den Beklagten (C), das Formblatt zur Erteilung eines allfälligen Verbesserungsauftrages an den Kläger betreffend die Klage (B) und das Formblatt zur Bestätigung des Urteils (D).

Das Europäische Bagatellverfahren wird vom Kläger durch Einreichung des ausgefüllten Klageformblatts beim zuständigen Gericht eingeleitet. Die Zuständigkeit richtet sich grundsätzlich nach der EuGVVO. Bereits im Klageformblatt muss der Kläger verpflichtend eine Beschreibung der Beweise vornehmen. Unterlagen, welche dem Gericht als Beweis vorgelegt werden sollen, können sogleich mit dem Klageformblatt, aber auch erst zu einem späteren Zeitpunkt übermittelt werden (Art. 4 Abs. 1 EuBagatellVO). Stellt das Gericht bei Prüfung der Klage fest, dass diese nicht in den Anwendungsbereich der VO fällt, so unterrichtet es den Kläger darüber. Dieser hat nun die Möglichkeit, die Klage zurückzuziehen. Andernfalls kommen für das weitere Verfahren die innerstaatlichen Verfahrensvorschriften des Gerichtsstaates zur Anwendung (Art. 4 Abs. 3 EuBagatellVO).

Wenn die Klage nicht offensichtlich unbegründet oder unzulässig ist, die Angaben des Klägers aber unzureichend oder nicht klar genug sind oder das Formblatt nicht ordnungsgemäß ausgefüllt ist, hat das Gericht dem Kläger einen Auftrag zur Verbesserung binnen einer unter einem zu bestimmenden Frist zu erteilen (Art. 4 Abs. 4 EuBagatellVO). Ist die Klage hingegen offensichtlich unbegründet oder offensichtlich unzulässig oder kommt der Kläger einem ihm erteilten Auftrag zur Verbesserung seiner Klage nicht fristgerecht nach, so weist das Gericht die Klage zurück (Art. 4 Abs. 4 letzter Satz EuBagatellVO).

Das Gericht hat das ordnungsgemäß ausgefüllte Klageformblatt unter Anschluss des Antwortformblattes an den Beklagten zusammen mit allenfalls bereits vom Kläger vorgelegten Beweisunterlagen binnen 14 Tagen abzusenden. Der Beklagte muss binnen 30 Tagen antworten. Er kann in seiner Antwort einwenden, dass der Wert einer nicht lediglich auf eine Geldzahlung gerichteten Klage (z. B. eine Klage auf Herausgabe einer Sache) den höchstzulässigen Streitwert von 2 000 Euro übersteigt.

Der Beklagte kann auch eine Widerklage erheben. Dazu muss er zusätzlich zum Antwortformular auch ein eigenes Klagsformular vollständig ausgefüllt an das Prozessgericht übermitteln. Liegt der Streitwert der Widerklage über 2 000 Euro, so wird über Klage und Widerklage nach den nationalen Verfahrensvorschriften des Gerichtsstaates verhandelt und entschieden (Art. 5 Abs. 7 Satz 1 EuBagatellVO).

Langt beim Gericht entweder die Antwort des Beklagten oder im Falle einer Widerklage die Antwort des Klägers (Widerbeklagten) auf die Widerklage nicht fristgerecht ein, so erlässt das Gericht über die Klage oder die Widerklage bereits in diesem Verfahrensstadium ein Urteil (Art. 7 Abs. 3 EuBagatellVO).

Liegt dem Gericht die Antwort des Beklagten (und allenfalls des Klägers auf eine Widerklage) vor, so erlässt es entweder bereits binnen 30 Tagen ein Urteil oder geht nach einer der weiteren drei in der Verordnung vorgesehenen Möglichkeiten vor: Es fordert die Parteien zu weiteren Angaben auf, es führt eine Beweisaufnahme nach Art. 9 durch oder es lädt die Parteien zu einer mündlichen Verhandlung vor.

Grundregel soll eine schriftliche Verfahrensdurchführung sein. Eine mündliche Verhandlung hält das Gericht ab, wenn es diese für erforderlich hält oder eine der Parteien einen entsprechenden Antrag stellt. Ein solcher Antrag kann aber auch abgelehnt werde. Entscheidet sich das Gericht für die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, so kann es diese über Video-Konferenz oder unter Zuhilfenahme anderer Mittel der Kommunikationstechnologie (soweit vorhanden) abhalten (Art. 8 EuBagatellVO).

Das Gericht entscheidet darüber, welche Beweismittel es aufnimmt, und bestimmt den Umfang der Beweisaufnahme. Schriftliche Aussagen von Zeugen, Sachverständigen und Parteien sind zulässig. Die Beweisaufnahme außerhalb einer mündlichen Verhandlung kann wie auch die mündliche Verhandlung selbst über Video-Konferenz oder mit anderen Mitteln der Kommunikationstechnologie, soweit diese verfügbar sind, durchgeführt werden (Art. 9 Abs. 1 EuBagatellVO). Hinsichtlich der Sachverständigenbeweise und mündlichen Aussagen hat das Gericht ausdrücklich die Erfordernisse für sein Urteil und die Kosten zu bedenken (Art. 9 Abs. 2 EuBagatellVO).

Die Schriftsätze sind dem Gericht in seiner Amtssprache vorzulegen (Art. 6 Abs. 1 EuBagatellVO). Weitere Unterlagen dürfen auch in einer anderen Sprache vorgelegt werden, wobei das Gericht nur dann eine Übersetzung der betreffenden Unterlagen anfordern kann, wenn dies für den Erlass des Urteiles erforderlich erscheint (Art. 6 Abs. 2 EuBagatellVO).

Für das erstinstanzliche Verfahren besteht keine Anwaltspflicht (Art. 10 EuBagatellVO). Die Verfahrenskosten trägt grundsätzlich die unterlegene Partei, jedoch nur soweit diese notwendig und zum Streitwert verhältnismäßig sind (Art. 16 EuBagatellVO). Ob gegen ein nach der EuBagatellVO ergangenes Urteil ein Rechtsmittel zulässig ist, bleibt ebenfalls dem Verfahrensrecht der Mitgliedstaaten überlassen (Art. 17 EuBagatellVO).

Der Beklagte kann in Ausnahmefällen, nämlich bei Vorliegen von Zustellmängeln (Art. 18 Abs. 1 lit. a sublit. i und ii EuBagatellVO) oder unter sehr eng definierten Voraussetzungen, die den Wiedereinsetzungsgründen der ZPO ähnlich sind (lit. b), beim Titelgericht eine Überprüfung des Urteils beantragen. In einem Zwischenverfahren prüft das Gericht, ob eine Überprüfung des Urteils gerechtfertigt ist. Lehnt es die Überprüfung ab, so bleibt das Urteil in Kraft. Befindet das Gericht eine Überprüfung aufgrund des Vorliegens einer der im Art. 18 Abs. 1 EuBagatellVO genannten Gründe für gerechtfertigt, so ist das ursprüngliche Urteil nichtig.

Ein in einem Europäischen Bagatellverfahren ergangenes Urteil ist bereits vor seiner Rechtskraft vollstreckbar (Art. 15 Satz 1 EuBagatellVO). Es wird in den anderen Mitgliedstaaten anerkannt und vollstreckt, ohne dass es einer Vollstreckbarerklärung bedarf und ohne dass seine Anerkennung angefochten werden kann. Es ist unter den gleichen Bedingungen zu vollstrecken wie ein im Vollstreckungsmitgliedstaat ergangenes Urteil (Art. 20 Abs. 1 und Art. 21 Abs. 1 Satz 2 EuBagatellVO).

Wird die Vollstreckung des Urteils beantragt, so muss der betreibende Gläubiger eine Ausfertigung des Urteils (Art. 21 Abs. 2 lit a EuBagatellVO) und eine Ausfertigung der Urteilsbestätigung (Formblatt D – Art. 21 Abs. 2 lit b EuBagatellVO), welche das Titelgericht über seinen Antrag ausfertigt (Art. 20 Abs. 2 EuBagatellVO), vorlegen. Lediglich von dieser Bestätigung ist eine Übersetzung in die Amtssprache oder eine sonstige vom Vollstreckungsmitgliedstaat zugelassene Sprache erforderlich (Art. 21 Abs. 2 lit b EuBagatellVO).

Der Verpflichtete hat nach der EuBagatellVO nur beschränkte Möglichkeiten, gegen die Vollstreckung vorzugehen: Auf seinen Antrag kann diese nach Art. 22 EuBagatellVO bei Vorliegen „entschiedener Sache“ (res iudicata) verweigert werden, sofern dies nicht im Erkenntnisverfahren geltend gemacht werden konnte. Ist das Urteil noch nicht rechtskräftig oder hat der Verpflichtete eine Überprüfung nach Art. 18 EuBagatellVO beantragt, so kann das Vollstreckungsverfahren auf Sicherungsmaßnahmen beschränkt, von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht oder unter außergewöhnlichen Umständen ausgesetzt werden (Art. 23 EuBagatellVO).

Das Urteil selbst darf im Vollstreckungsmitgliedstaat nicht nachgeprüft werden (Art. 22 Abs. 2 EuBagatellVO).

Die Verordnung bedarf keiner Umsetzung, weil sie unmittelbar in allen Mitgliedstaaten gilt. Es ist jedoch zweckmäßig, dort Ausführungsbestimmungen vorzusehen, wo es allenfalls zu Unsicherheiten über die Anwendung nationalen Rechts kommen kann oder sich doch für das Bagatellverfahren eine andere Vorgangsweise anbietet. Daher werden in die ZPO ergänzende Bestimmungen zum Europäischen Bagatellverfahren aufgenommen.

Die Verordnung ist in Zivil- und Handelssachen anzuwenden, ohne dass es auf die Art der Gerichtsbarkeit ankommt. Das bedeutet, dass auch Ansprüche, die nach österreichischem Recht im Außerstreitverfahren geltend zu machen sind, im Bagatellverfahren abzuhandeln sind. Dabei fallen die Kernmaterien des Außerstreitverfahrens aber ohnedies nicht in den Anwendungsbereich der EuBagatellVO. So sind Verfahren im Bereich des Personenstandrechts, der Rechts- und Handlungsfähigkeit sowie der gesetzlichen Vertretung von natürlichen Personen (dies umfasst auch Obsorge- und Besuchsrechtsangelegenheiten), die ehelichen Güterstände, das Unterhaltsrecht und das Gebiet des Erbrechts einschließlich des Testamentsrechts ausgenommen. Betroffen könnten etwa bestimmte Streitigkeiten aus Miteigentum oder aus gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen sein. Gerade im Bereich des Gesellschaftsrechts wird das Bagatellverfahren aber wohl kaum gewählt werden, selbst wenn ausnahmsweise die Wertgrenze nicht überschritten wird. Aber auch für Miteigentumsstreitigkeiten bietet sich das Bagatellverfahren nicht an. Mangels praktischer Relevanz wird daher davon abgesehen, auch in das Außerstreitgesetz ergänzende Bestimmungen aufzunehmen. Im Übrigen sind die Bestimmungen des Außerstreitgesetzes ausreichend flexibel, um in den Fällen, in denen es zu einem „außerstreitigen Bagatellverfahren“ kommt, von der Verordnung offen gelassene Fragen zu lösen, sodass auch aus diesem Grund Ausführungsbestimmungen entfallen können. Es sind dann subsidiär die für den jeweiligen Verfahrensgegenstand geltenden Verfahrensvorschriften anzuwenden.

Einen weiteren, wenn auch theoretischen Anwendungsbereich könnte das Bagatellverfahren in den wohnrechtlichen Verfahren finden. Auf Miete oder Pacht unbeweglicher Sachen ist die EuBagatellVO nicht anwendbar. Nur Klagen wegen Geldforderungen aus Miete oder Pacht fallen in ihren Anwendungsbereich; diese sind wiederum ohnedies im streitigen Verfahren geltend zu machen. Alle Ansprüche nach § 37 Abs. 1 MRG, § 22 Abs. 1 WGG, § 12 LPG sowie nach dem Kleingartengesetz sind hingegen ausgenommen. In Betracht kämen allerdings Europäische Bagatellverfahren in den Angelegenheiten des § 52 Abs. 1 WEG 2002 und des § 25 HeizKG, doch ist es kaum wahrscheinlich, dass ein Anspruchswerber nach diesen Normen die Verfahrensart des Bagatellverfahrens wählen wird. Selbst für diesen Fall ist es Sache der Antragsgegner, gemäß Art. 5 Abs. 5 EuBagatellVO geltend zu machen, dass das konkrete Begehren im Hinblick auf seine Bedeutung oder seine Wirkungen auf die übrigen Wohnungseigentümer bzw. Wärmeabnehmer die Wertgrenze von 2 000 Euro übersteigt.

Zu § 548

Die Verordnung ordnet in Art. 19 an, dass sämtliche verfahrensrechtliche Fragen, die in der Verordnung nicht oder nicht ausreichend geregelt sind, nach dem innerstaatlichen Recht des Verfahrensstaats zu lösen sind. Damit ist auf jene Verfahrensvorschriften zurückzugreifen, die – ohne Europäisches Bagatellverfahren – auf die Streitigkeit nach allgemeinen Grundsätzen und nach der Art der Streitigkeit anzuwenden sind. Dies soll ausdrücklich klargestellt werden. Abs. 1 ordnet daher an, dass die nach
Art. 19 der EuBagatellVO subsidiär heranzuziehenden Bestimmungen sich nach den jeweils auf den Verfahrensgegenstand anzuwendenden Verfahrenbestimmungen richten. Ein Eingriff in die nach nationalem Recht vorgesehenen allfälligen Sonderbestimmungen für bestimmte Arten von Streitigkeiten, z. B. Besitzstörungsklagen, soll außerhalb des Regelungsbereiches der Verordnung nicht erfolgen. Auch die sachliche Zuständigkeit soll unberührt bleiben. Zwar wird aufgrund des Streitwertes (bis einschließlich 2 000 Euro) fast immer die Zuständigkeit der Bezirksgerichte gegeben sein, doch kann aufgrund von Eigenzuständigkeiten auch der Gerichtshof zur Entscheidung berufen sein (z. B. Klagen nach den §§ 32 und 33 DSG 2000). In diesem Fall sollen subsidiär die für das Gerichtshofverfahren geltenden Vorschriften heranzuziehen sein.

Auch soll ein Eingriff in die nach nationalem Recht vorgesehene Verfahrensart durch die EuBagatellVO nicht vorgenommen werden. Für Ansprüche, die nach nationalem Recht im Zivilprozess geltend zu machen wären, sollen subsidiär die Regelungen der ZPO gelten. Dagegen sollen für jene Ansprüche, die nach nationalem Recht im Verfahren außer Streitsachen geltend zu machen wären, subsidiär die Vorschriften des Außerstreitgesetzes herangezogen werden.

Nicht nur das erstinstanzliche Verfahren, sondern auch das Rechtsmittelverfahren richtet sich nach den jeweiligen innerstaatlichen Vorschriften, soweit nicht die Verordnung auch hiefür Regelungen trifft, wie dies in Art. 17 EuBagatellVO für den Kostenersatz angeordnet wird.

Soweit sich aus nationalem Recht ergibt, an welche Vorschriften anzuknüpfen ist, erübrigen sich Ausführungsbestimmungen. Nur dort, wo sich dies aus dem nationalen Recht nicht ableiten lässt oder sich doch für das Bagatellverfahren eine andere Vorgangsweise anbietet, besteht Bedarf nach ergänzenden Regelungen.

In Abs. 2 wird ausdrücklich angeordnet, dass die verhandlungsfreie Zeit (§ 222) auf Verfahren nach der EuBagatellVO keinen Einfluss hat. Dies könnte zwar aus der Verordnung selbst erschlossen werden, die ein rasches und zügig durchzuführendes Verfahren vor Augen hat, soll aber zur Klarstellung doch geregelt werden.

Nicht ausdrücklich festgelegt wird, dass das Bagatellverfahren dem an sich obligatorischen österreichischen Mahnverfahren vorgeht. Dies ergibt sich bereits aus der Rechtsnatur der Verordnung und ihrem Anwendungsbereich.

Nach Art. 5 Abs. 6 und 7 EuBagatellVO gelten für die Erhebung der Widerklage und das Verfahren hierüber die Bestimmungen über die Klage entsprechend. Fällt die Widerklage nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung, weil sie z. B. einen arbeitsrechtlichen Anspruch betrifft (s. Art. 2 Abs. 2 lit f EuBagatellVO), oder handelt es gar nicht um eine Widerklage im Sinn der Verordnung, so wäre dies nach Art. 4 Abs. 3 EuBagatellVO dem Kläger mitzuteilen und in weiterer Folge nationales Recht anzuwenden. Art. 4 Abs. 3 EuBagatellVO sieht nämlich für die Klage vor, dass das Gericht den Kläger darüber zu unterrichten hat, wenn die Klage nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung fällt. Der Kläger kann daraufhin die Klage zurücknehmen. Tut er dies nicht, so ist mit der Klage nach nationalem Recht zu verfahren. Sie ist daher, wenn sie alle Voraussetzungen für eine Weiterbehandlung nach nationalem Recht erfüllt, dem Beklagen zuzustellen. Auch ist eine mündliche Verhandlung anzuberaumen bzw. in seltenen Ausnahmefällen eine Klagebeantwortung aufzutragen. Oft wird es aber erforderlich sein, einen Verbesserungsauftrag zu erteilen, etwa wenn der Anspruch nach österreichischem Recht im Mahnverfahren geltend zu machen ist. Ergänzende Bestimmungen zu diesen Regelungen der Verordnung sind nicht erforderlich; allenfalls könnte vorgesehen werden, dass das Gericht dem Kläger für seine Erklärung, ob er die Klage zurückzieht, eine Frist setzt. Ein derartiges Vorgehen erscheint sinnvoll, doch soll dies dem Gericht im Einzelfall überlassen bleiben.

Anders als im Fall einer Klage erscheint es aber nicht sinnvoll, eine Widerklage nicht als solche, sondern losgelöst von der ursprünglichen Klage als hievon unabhängige Klage zu behandeln. Daher wird in Abs. 3 vorgesehen, dass eine Widerklage, die nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung fällt, zurückzuweisen ist. Eine Ausnahme besteht nur, wenn die Widerklage nur auf Grund ihres Streitwerts nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung fällt (Art. 5 Abs. 7 EuBagatellVO). Wenn sie den in Art. 2 Abs. 1 EuBagatellVO festgelegten Betrag von 2 000 Euro überschreitet, aber sonst in den Anwendungsbereich der Verordnung fällt, dann sieht Art. 5 Abs. 7 EuBagatellVO vor, dass die Klage und Widerklage nach Maßgabe des Verfahrensrechts des Mitgliedstaats, in dem das Verfahren durchgeführt wird, zu behandeln sind. Die Widerklage ist daher in diesem Fall nicht zurückzuweisen. Vielmehr sind die Verfahren über die Klage und die Widerklage fortzuführen.

Art. 7 Abs. 3 EuBagatellVO sieht vor, dass das Gericht zu der Klage oder der Widerklage ein Urteil erlässt, wenn innerhalb der für die Beantwortung der Klage bzw. Widerklage offen stehenden Fristen (dies sind jeweils 30 Tage) keine Antwort der betreffenden Partei eingegangen ist. Die Verordnung überlässt die nähere Ausgestaltung, in welcher Form ein Urteil aufgrund Säumnis der beklagten Partei zu ergehen hat, dem nationalen Recht der Mitgliedstaaten (Art. 19 EuBagatellVO). Entsprechend den Regelungen der ZPO wäre bei Versäumung der Beantwortung der Klage ein Versäumungsurteil zu erlassen. Derartiges soll auch bei Versäumung der Klagebeantwortung im Bagatellverfahren gelten.
Abs. 4 ordnet daher ausdrücklich an, dass in diesen Fällen ein Versäumungsurteil nach § 396 zu erlassen ist. Auf Grund der Regelung des Art. 7 Abs. 3 EuBagatellVO bedarf die Erlassung des Urteiles entgegen § 396 jedoch keines Antrags durch den Kläger, es ist von Amts wegen zu erlassen. Das Versäumungsurteil im Bagatellverfahren bedarf daher keiner Antragstellung.

Die gegen ein nach österreichischem Verfahrensrecht ergangenes Versäumungsurteil dem Beklagten zustehenden Rechtsbehelfe und Rechtsmittel sollen ihm auch für den Fall, dass ein Versäumungsurteil in einem Verfahren nach der EuBagatellVO ergangen ist, zustehen.

Für die Durchführung des Verfahrens enthalten vor allem Art. 5 Abs. 1 sowie die Art. 8 und 9 EuBagatellVO Sonderbestimmungen für die mündliche Verhandlung und die Beweisaufnahme. Es liegt im Ermessen des Gerichts, eine mündliche Verhandlung abzuhalten. Selbst wenn dies eine der Parteien beantragt, kann das Gericht eine solche ablehnen, wenn es der Auffassung ist, dass ein faires Verfahren auch ohne mündliche Verhandlung sichergestellt werden kann. Eine vergleichbare Regelung enthält die österreichische Zivilprozessordnung nicht. Nur im Bereich des Außerstreitgesetzes findet sich eine ähnlich flexible Regelung (§ 18 AußStrG). Eine allenfalls stattfindende mündliche Verhandlung kann auch über Videokonferenz oder unter Zuhilfenahme anderer Kommunikationsmittel abgehalten werden. Auch hier gibt es keine entsprechende Regelung im österreichischen Zivilverfahrensrecht. Dieses kennt lediglich die Beweisaufnahme im Wege der Verwendung technischer Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung, nicht aber die Abhaltung der mündlichen Verhandlung. Derartiges soll derzeit für den Geltungsbereich der ZPO auch nicht vorgesehen werden, wohl aber ist dies im Anwendungsbereich der Verordnung zulässig, soweit die technischen Voraussetzungen vorliegen. Da immer mehr Gerichte mit Anlagen zur Wort- und Bildübertragung ausgestattet werden, wird diese Bestimmung wohl einen Anwendungsbereich finden. Die Verordnung spricht einerseits von Videokonferenz und andererseits von „anderen Mitteln der Kommunikationstechnologie“. Damit wurde eine auf den technischen Fortschritt Rücksicht nehmende allgemeine Formulierung gewählt, die aber gleichwohl wie die Videokonferenz eine Wort- und Bildübertragung erfordert, sodass etwa eine bloße Wortübertragung nicht ausreicht, um den Begriff der mündlichen Verhandlung zu erfüllen.

Anderes gilt für die bloße Beweisaufnahme. In dieser Bestimmung kann der Begriff „mit anderen Mitteln der Kommunikationstechnologie“ durchaus auch als bloße Wortübertragung verstanden werden. In jedem Fall der Beweisaufnahme ist aber die EuBeweisaufnahmeVO (EG) Nr. 1206/2001 zu beachten.

Art. 18 EuBagatellVO  sieht eine Überprüfung des Urteils vor, wenn das Klageformblatt oder die Ladung zur Verhandlung dem Beklagten nicht persönlich zugestellt wurde und die Zustellung nicht so rechtzeitig erfolgt ist, dass er Vorkehrungen für seine Verteidigung hätte treffen können oder wenn er aufgrund höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände daran gehindert war, das Bestehen der Forderung zu bestreiten. Art. 18 EuBagatellVO enthält aber keine Regelungen darüber, wie bei einer Überprüfung des Urteils vorzugehen ist. Da es sich bei den hier genannten Gründen für eine Überprüfung um Zustellmängel bzw. Wiedereinsetzungsgründe (jedoch unter schärferen Voraussetzungen als in der ZPO) handelt, sollen nach Abs. 5 die Verfahrensvorschriften – wie auch beim Europäischen Mahnverfahren vorgeschlagen – jenen des österreichischen Wiedereinsetzungsverfahrens entsprechen.

Zu Z 17 und 18 (§§ 549 ff.)

Allgemeine Erwägungen

Das Wesen des Mandatsverfahrens liegt darin, dass auf Antrag der klagenden Partei und ohne Anhörung der beklagten Partei dieser der Auftrag erteilt wird, einen Anspruch der klagenden Partei auf Geld oder vertretbare Sachen zu befriedigen. Dieser Anspruch muss von der klagenden Partei schon in der Klage durch besonders qualifizierte Urkunden bewiesen werden. Mandatsfähig sind nur solche öffentliche Urkunden, die in Österreich errichtet wurden. Werden gegen den daraufhin erlassenen Zahlungsauftrag (= Mandat) nicht rechtzeitig Einwendungen erhoben, so wird dieser rechtskräftig und vollstreckbar. Erhebt die beklagte Partei rechtzeitig Einwendungen, so ist darüber mündlich zu verhandeln. Vom allgemeinen Mandatsverfahren wird in der Praxis kaum Gebrauch gemacht, weil für die schnelle und kostengünstige Erlangung eines Titels ohnehin das automationsunterstützte Mahnverfahren zur Verfügung steht. Mangels praktischer Bedeutung soll daher das Mandatsverfahren abgeschafft werden. Das Wechselmandatsverfahren hat hingegen weiterhin praktische Bedeutung (E. Kodek in Rechberger, ZPO³ Vor § 548 Rz 1) und soll daher in Geltung bleiben.

Die Bestimmung des § 559 über das Wechselmandatsverfahren in der geltenden Fassung ordnet an, dass auf das weitere Verfahren in Wechselstreitigkeiten die Bestimmungen des ersten Abschnitts (Mandatsverfahren - §§ 550 bis 554) entsprechende Anwendung zu finden haben. Da die vorgeschlagene Aufhebung des Mandatsverfahrens auch diese Bestimmungen betrifft, werden sie in den Abschnitt über das Wechselmandatsverfahren aufgenommen.

Zu § 555

Abs. 1 und 2 entsprechen dem § 557 Abs. 1 und 2 in der geltenden Fassung. In Abs. 3 findet sich der Inhalt des § 558 unverändert wieder.

Zu § 556

Die Abs. 1, 2, 3 und 4 entsprechen den Abs. 1, 1a, 2 und 3 des § 550 in der geltenden Fassung. In Abs. 5 findet sich der Inhalt des § 554 unverändert wieder.

§ 551 enthält eine Sondervorschrift für den Fall, dass Urkundenabschriften nur für einzelne von mehreren Beklagten fehlen. Danach soll das Gericht den Zahlungsauftrag nur gegen diejenigen Beklagten erlassen, für welche die erforderlichen Klagegleichschriften vorgelegt werden. In Ansehung der übrigen beklagten Parteien soll ein Verbesserungsverfahren eingeleitet werden (E. Kodek in Rechberger, ZPO³ § 551 Rz 1 mwN). Diese Bestimmung soll nicht übernommen werden. Es ist daher nun im Wechselmandatsverfahren für den Fall, dass Urkundenabschriften nur für einzelne von mehreren Beklagten fehlen, insgesamt kein Zahlungsauftrag zu erlassen, sondern nach § 84 vorzugehen.

Zu § 557

In § 557 findet sich inhaltlich unverändert § 552 wieder.

Zu § 558

§ 558 entspricht dem § 553 in der geltenden Fassung.

Zu § 559

§ 559 entspricht dem § 556 in der geltenden Fassung. Diese Bestimmung gilt nicht nur für das Wechselmandatsverfahren, sondern auch für das Verfahren über eine gewöhnliche Wechselklage
(E. Kodek in Rechberger, ZPO³ § 556 Rz 1).

Zu Z 19 bis Z 22 (§§ 563 bis 572)

Allgemeine Erwägungen

Mit der Wohnrechtsnovelle 2006, BGBl. I Nr. 24/2006, wurde – unter anderem – in § 33 Abs. 1 MRG eine Regelung eingefügt, wonach eine Kündigung, die dem Vertragspartner erst nach Beginn der für den genannten Kündigungstermin einzuhaltenden Kündigungsfrist – also verspätet – zugeht, ihre Wirkung für den ersten späteren Kündigungstermin entfaltet, für den die Kündigungsfrist zum Zeitpunkt des Zugangs noch offen ist. Nach früherer Rechtslage war eine dem Gegner verspätet zugestellte Kündigung – jedenfalls bei Erhebung von Einwendungen (§ 564 Abs. 2) – unwirksam. Dies hatte zur Folge, dass der kündigungswillige Vertragspartner neuerlich eine Aufkündigung einbringen musste. Dieser nochmalige Aufwand für den Fall des verspäteten Zugangs der Kündigung an den Vertragspartner sollte dem Kündigenden durch die mit der WRN 2006 eingeführte Neuerung erspart bleiben (RV 1183 BlgNR 22. GP 43).

Dabei wurde es jedoch verabsäumt, die neue Regelung über die Wirksamkeitsverschiebung bei verspätetem Kündigungszugang mit den Bestimmungen des § 563 und des § 564 Abs. 2 abzustimmen. Sie widmen sich ja ebenfalls der Frage, wie sich Verspätungen beim Vorgang der Kündigung auswirken. Die mangelhafte Konvergenz zwischen § 33 Abs. 1 zweiter Satz MRG nF und §§ 563 f wurde zunächst in rechtswissenschaftlichen Beiträgen thematisiert (Würth, wobl 2006, 105, 133 [137]; Stabentheiner, wobl 2006, 241, 277 [265, insb FN 122]; Prader/Kuprian, immolex 2006, 307 [311 ff]; Riepl, immolex 2007, 40; T. Hausmann in Hausmann/Vonkilch, § 33 MRG Rz 5, 5a) und war sodann auch Diskussionsgegenstand der Bestandrichter-Tagung im Mai 2007 am Tulbingerkogel. Ein dort präsentierter Vorschlag zur interpretativen Harmonisierung der genannten Gesetzesbestimmungen fand bei diesem Seminar ungeteilte Zustimmung. Inhaltlich handelte es sich dabei um eine – aus dem Blickwinkel des neuen § 33 MRG – „kleine Lösung“, nach der nur eine verspätete Zustellung der Aufkündigung, nicht aber auch eine bereits verspätete Einbringung derselben bei Gericht in den Genuss der Verschiebungsregelung kommen sollte.

Im Gefolge dieser Diskussion wurde überlegt, diesen Lösungsansatz auch in das Gesetzesrecht zu übernehmen und dadurch auch eine legistische Harmonisierung zu bewerkstelligen. Dabei stellten sich aber zuvor zwei Grundsatzfragen:

a) Zum ersten fragt sich, ob die nunmehr angestrebte Änderung im Mietrechtsgesetz geschehen und damit – wie schon die mit der WRN 2006 herbeigeführte Neuerung – nur solche Objekte erfassen soll, die zumindest dem Teilanwendungsbereich des MRG angehören, oder ob durch eine Änderung im Dritten Abschnitt (des Sechsten Teiles) der ZPO eine umfassende Neuregelung für sämtliche unbewegliche Sachen und auch für Pachtverträge getroffen werden soll. Die dazu angestellten Überlegungen mündeten in die Entscheidung für die umfassendere Lösung, also für generelle Anordnungen in der ZPO. Dies erklärt sich vor allem auch daraus, dass es ja schon nach geltendem Recht für diesen weiteren Anwendungskreis Verspätungsregelungen in den §§ 563 f. gibt, wobei hier besonders auf § 564 Abs. 2 hinzuweisen ist, der einen Einfluss der Verspätung auf die Wirksamkeit der Kündigung von der Erhebung von Einwendungen durch den Kündigungsgegner abhängig macht. Es wäre daher eine gekünstelte Einengung, noch einen Schritt weitergehende Anordnungen nur für den Geltungsumfang des MRG zu schaffen.

b) Die zweite, noch grundsätzlichere Frage geht dahin, ob man nicht aus Anlass dieser spezifischen Fragestellung nicht ganz allgemein zur Diskussion stellen sollte, das bestandrechtliche Mandatsverfahren der §§ 560 ff. als Gesamtheit zu beseitigen und für den gerichtlichen Konflikt um die einseitige Auflösung eines Bestandverhältnisses nur noch das „normale“ streitige Verfahren vorzusehen. Die Befürworter einer solchen durchgreifenden Änderung verweisen darauf, dass es sich beim bestandrechtlichen Mandatsverfahren nur um ein historisches, nämlich letztlich aus dem Jahr 1858 stammendes Relikt handle, dessen Ausgestaltung nur aus der damaligen materiell-rechtlichen Rechtslage erklärbar sei, die sich aber in der Zwischenzeit grundlegend gewandelt habe. Damit korrespondierend wurde auch in der wohnrechtlichen Reformdiskussion eine Auflösung der Doppelgleisigkeit von gerichtlicher Aufkündigung im Mandatsverfahren und Räumungsklage vorgeschlagen (Oberhammer in BMJ/Schauer/Stabentheiner, Erneuerung des Wohnrechts 247; Frauenberger, ebenda 279). In dieser Frage hat sich das Bundesministerium für Justiz aber nach reiflicher Überlegung für eine bloß systemimmanente Korrektur und nicht für eine durchgreifende Neuerung durch Beseitigung des bestandrechtlichen Mandatsverfahrens entschieden. Eine für das praktische Rechtsleben so einschneidende Änderung wie die Eliminierung der gerichtlichen Aufkündigung in der bisher gekannten Gestalt sollte in ein umfassenderes Gesetzesvorhaben eingebettet und einer breiten und grundlegenden Diskussion unterzogen werden. Auch ist in der gegenwärtigen Situation kein politischer Wille für eine derart wesentliche Neuerung erkennbar.

Allgemein ist zur nunmehrigen Neuregelung noch Folgendes zu bemerken: Im zivilprozessrechtlichen Schrifttum wird zutreffend auf die Mehrdeutigkeit des in den §§ 560 ff. verwendeten Begriffs der „Aufkündigung“ hingewiesen. Einmal sei damit die Vertragsauflösungserklärung des Kündigenden, einmal der das Mandatsverfahren einleitende Schriftsatz und schließlich die gerichtliche Entscheidung (also der Auftrag an den Kündigungsgegner) gemeint (Lovrek in Fasching/Konecny2 IV § 560 ZPO Rz 30 f mwN; vgl auch Frauenberger in Rechberger, ZPO3 § 560 Rz 1). Bei der Konzeption der nunmehrigen Änderungen wurde auch erwogen, diese terminologische Unschärfe durch eine klarere Begriffsbildung zu überwinden, etwa durch die differenzierende Verwendung auch des Begriffs der „Kündigungserklärung“ und/oder durch Einführung des Begriffs der „Kündigungsschrift“. Davon wurde jedoch aus zwei Gründen wieder Abstand genommen: Zum einen geriete eine derart differenzierende Begriffsbildung unweigerlich in den Theorienstreit um den Charakter der Aufkündigung und müsste deshalb einer profunden Diskussion letztlich zum gesamten Mandatsverfahren unterzogen werden. Zum anderen wurde bisher die praktische Handhabung des Kündigungsverfahrens durch diese Terminologiefrage in keiner Weise beeinträchtigt, sodass von jeder noch so stringenten Neuordnung der Terminologie zu befürchten wäre, in der Praxis eher Verwirrung als Klarheit zu stiften.

Zu § 563

Der neue § 563 ist nun strenger chronologisch aufgebaut; sein Abs. 1 befasst sich mit der – zeitlich vorangehenden – Einbringung der Aufkündigung bei Gericht und den Rechtsfolgen einer verspäteten Einbringung, sein Abs. 2 mit dem Fragenkreis um die rechtzeitige oder verspätete Zustellung der Aufkündigung an den Gegner.

Wie das Gericht mit einer bei ihm eingebrachten Aufkündigung zu verfahren hat, hängt nach dem neuen § 563 Abs. 1 ausschließlich davon ab, ob die Aufkündigung vor oder nach dem „Beginn der Kündigungsfrist“ eingebracht wurde. Der „Beginn der Kündigungsfrist“ ist jener Zeitpunkt, der sich ausgehend von dem in der Aufkündigung genannten Kündigungstermin unter zeitlicher Rückrechnung der dafür einzuhaltenden Kündigungsfrist als spätestmöglicher Punkt auf der Zeitskala ergibt (bei der Aufkündigung eines Wohnungsmietvertrags [ohne vertragliche Vereinbarungen über Kündigungstermin und -frist] beispielsweise zum 30. April wäre dies der 31. März, 24.00 Uhr). Damit stellt sich die Frage, was unter der „Anbringung bei Gericht“ zu verstehen ist. Jedenfalls im neu konzipierten § 563 ist damit die „Einbringung“ im allgemeinen zivilprozessualen Sinn gemeint, sodass die Tage des Postlaufs nicht zu berücksichtigen sind. Es kommt also für die Rechtzeitigkeit der „Anbringung“ nicht auf das Einlangen des Kündigungsschriftsatzes bei Gericht, sondern im Fall postalischer Übermittlung auf den Zeitpunkt der Postaufgabe an.

Im zweiten Satz des neuen § 563 Abs. 1 wird – korrespondierend zur bisherigen Rechtslage – angeordnet, dass in diesem Sinn verspätet angebrachte Aufkündigungen von Amts wegen zurückzuweisen sind. Rechtzeitig angebrachte Aufkündigungen sind dem Gegner nach dem dritten Satz des neuen § 563 Abs. 1 aber jedenfalls zuzustellen, unabhängig davon, ob die Zustellung voraussichtlich noch rechtzeitig vor Beginn der Kündigungsfrist bewerkstelligt werden kann oder nicht. Auch wenn also eine Aufkündigung am letzten Tag vor Beginn der Kündigungsfrist zur Post gegeben und deshalb beispielsweise zwei Tage nach Beginn der Kündigungsfrist bei Gericht einlangt, hat das Gericht diese Aufkündigung dem Gegner zuzustellen, obwohl bereits feststeht, dass die Zustellung verspätet erfolgen wird. Diese Änderung gegenüber der bisherigen Rechtslage (in ihrer Ausprägung durch die herrschende Rechtsprechung und das überwiegende Schrifttum) ist deshalb berechtigt, weil ein neuer Mechanismus für die Fragen der verspäteten Kündigungszustellung vorgesehen wird.

Dieser Regelungsmechanismus findet sich im neuen § 563 Abs. 2. Hier wird die Frage behandelt, welche Wirkungen die dem Gegner zugestellte Aufkündigung je nach dem Zeitpunkt der Zustellung und dem Verhalten des Kündigungsgegners entfaltet. Dabei sind drei Fallkonstellationen zu unterscheiden:

a) Der vom Gesetz vorgesehene Regelfall ist jener der Zustellung der Aufkündigung rechtzeitig vor Beginn der Kündigungsfrist; wenn der Gegner entweder keine Einwendungen gegen die Aufkündigung anbringt oder mit diesen Einwendungen im darüber zu führenden gerichtlichen Verfahren nicht durchdringt, ist die Aufkündigung zu dem in ihr genannten Kündigungstermin rechtswirksam.

b) Bei der zweiten Fallkonstellation wird die Aufkündigung dem Gegner zwar verspätet zugestellt, doch erhebt der Gegner entweder überhaupt keine Einwendungen oder er bringt zwar Einwendungen an, macht aber die Versäumung der Kündigungsfrist nicht geltend. Hier entfaltet die Aufkündigung – bei Erhebung bloß von nicht auf den zeitlichen Aspekt bezogenen Einwendungen selbstverständlich nur im Fall der gerichtlichen Wirksamerklärung der Aufkündigung (§ 572) – ihre Wirkung trotz der verspäteten Zustellung ebenfalls für den in ihr genannten Kündigungstermin. Eine entsprechende Regelung findet sich schon im bisherigen Recht, nämlich in § 564 Abs. 2, der allerdings nicht zwischen zeitlichen und sonstigen Einwendungen differenziert.

Auf Grund von Stellungnahmen im Begutachtungsverfahren soll durch eine textliche Änderung gegenüber dem Ministerialentwurf klargestellt werden, dass für die Geltendmachung der verspäteten Zustellung der Aufkündigung nicht die Eventualmaxime gilt. Für die verfahrensrechtliche Beachtlichkeit des Verspätungseinwandes reicht es also auch aus, wenn der Kündigungsgegner zunächst nur sonstige Einwendungen gegen die Aufkündigung erhebt und deren verspätete Zustellung erst im Laufe des Verfahrens geltend macht. Dies soll durch den Wegfall der Wendung „in seinen Einwendungen“ in § 563 Abs. 2 erster Satz und durch die Wortfolge „Behauptung verspäteter Zustellung“ in § 572 (statt „Einwendungen wegen verspäteter Zustellung“) zum Ausdruck gebracht werden.

c) Der dritte Fall liegt vor, wenn die Aufkündigung verspätet zugestellt wurde und der Kündigungsgegner diese Verspätung entweder bereits zum Gegenstand seiner Einwendungen macht oder zumindest im Laufe des Verfahrens (über sonstige Einwendungen) rügt. Für diesen Fall wird nun die mit der Wohnrechtsnovelle 2006 im Mietrechtsgesetz getroffene Regelung in den § 563 transferiert und damit verallgemeinert. Die verspätete und vom Gegner im Verfahren relevierte Zustellung der Aufkündigung hat nicht die Unwirksamkeit derselben zur Folge, sondern lediglich den entsprechend verspäteten Eintritt ihrer Vertragsauflösungswirkung.

Zur Klarstellung sei erwähnt, dass der in § 563 Abs. 2 zweiter Satz genannte „spätere Kündigungstermin“ auch ein vertraglich vereinbarter Kündigungstermin sein kann, wenn sich im Verfahren über die Einwendungen des Kündigungsgegners herausstellt, dass die Vertragsparteien einen vom Gesetzesrecht abweichenden Kündigungstermin vereinbart hatten.

Zu § 564

Die Anordnung des bisherigen § 564 Abs. 2 über die „Unschädlichkeit“ einer verspäteten Kündigungszustellung bei Unterbleiben von Einwendungen wird in spezifizierter Gestalt in den neuen § 563 Abs. 2 aufgenommen; daher kann der bisherige Abs. 2 des § 564 entfallen. Somit stellt der bisherige Abs. 1 des § 564 künftig den einzigen Inhalt dieses Paragraphen dar.

Zu § 567

Die Zitatänderung in § 567 Abs. 3 ist eine notwendige Folge der Neunummerierung des § 564.

Die Regelung des § 567 Abs. 4 über die Kündigungsklage hat heute keine praktische Bedeutung mehr; ihre Funktion in der Systematik des Rechts der Auflösung von Bestandverträgen ist fraglich. Es handelt sich also um ein einerseits zweifelhaftes und andererseits entbehrliches Rechtsinstitut, das daher getrost entfallen kann (eingehend dazu Iby in Fasching/Konecny2 IV § 567 ZPO Rz 19 ff; Frauenberger in Rechberger ZPO3 § 567 Rz 4).

Zu § 572

Diese Änderung ist eine Folge der Novellierung des § 563. Demnach ist ja die Rechtsfolge einer vom Kündigungsgegner eingewendeten Verspätung bei der Zustellung der Aufkündigung nicht mehr deren Unwirksamkeit, sondern lediglich die entsprechende Verschiebung des Eintritts der Wirkung dieser Aufkündigung. Darauf muss auch bei der Regelung des § 572 über die möglichen Inhalte eines im Kündigungsverfahren ergehenden Urteils Bedacht genommen werden. Wenn es nämlich gemäß § 563 Abs. 2 zweiter Satz zu einer solchen Verschiebung des Wirksamkeitseintritts kommt, hat das Gericht im Urteil auszusprechen, zu welchem späteren Kündigungstermin nun die Aufkündigung ihre Wirkung entfaltet.

Abschließender Hinweis zu §§ 563 bis 572

Korrespondierend zu diesen Änderungen wird auch § 33 Abs. 1 zweiter Satz MRG neu gefasst. Dazu sei auf die Erläuterungen zu Artikel XIII verwiesen.

Zu Art. IV (ASGG)

Zu Z 1 (§ 20)

Die fachkundigen Laienrichter in Arbeits- und Sozialrechtssachen werden durch die Wahlkörper der gesetzlichen beruflichen Vertretungen und die für die Bundes-, Landes- oder Gemeindebediensteten vorgesehenen Personalvertretungen gewählt bzw. entsendet. Näheres hiezu bestimmen die §§ 18 bis 27. § 20 listet die Wahlkörper der Arbeitgeber auf. Aufgrund von Gesetzesänderungen sind folgende Anpassungen der in § 20 genannten Wahlkörper erforderlich:

Mit dem Zahnärztekammergesetz (ZÄKG), BGBl. I Nr. 154/2005, ist mit Wirkung vom 1.1.2006 eine einheitliche Standesvertretung der Angehörigen des zahnärztlichen Berufs und des Dentistenberufs geschaffen worden. Gleichzeitig ist durch Art. 1 des Zahnärztereform-Begleitgesetzes, BGBl. I Nr. 155/2005, das Bundesgesetz über den Dentistenberuf (Dentistengesetz), das auch die Grundlage zur Errichtung der Österreichischen Dentistenkammer war, mit 31.12.2005 aufgehoben worden.

In Abs. 1 Z 2 lit. c wird daher die Hauptversammlung der Österreichischen Dentistenkammer durch das entsprechende Organ der Österreichischen Zahnärztekammer ersetzt.

Das Zahnärztekammergesetz sieht – im Gegensatz zum früher bestehenden Dentistengesetz – die Einrichtung eigener Landeszahnärztekammern (LZÄK) vor. Eine diesbezügliche Ergänzung bei den Wahlkörpern auf Landesebene in § 20 Abs. 2 Z 2 ASGG erfolgt aber nicht, weil diese Kammern keine eigenständigen Körperschaften öffentlichen Rechts sind.

Durch die Novelle zum Tierärztegesetz, BGBl. I Nr. 95/2002, ist an die Stelle der früheren Bundeskammer der Tierärzte Österreichs die Österreichische Tierärztekammer getreten. In der Standesvertretung der Tierärzte bestehen seit dieser Novelle auch keine eigenständigen Landeskammern mehr.

In Abs. 1 Z 2 lit. i wird daher die Hauptversammlung der Bundeskammer der Tierärzte Österreichs durch die Hauptversammlung der Österreichischen Tierärztekammer ersetzt. Die bisherige lit. e in Abs. 2 Z 2 entfällt.

Zu Z 2 (§ 81)

§ 81 sieht vor, dass eine Ausfertigung der Entscheidung erster Instanz nicht nur den Parteien, sondern auch dem Sozialressort und dem Hauptverband der Sozialversicherungsträger übermittelt wird. Um den damit verbundenen Kosten- und Personalaufwand zu verringern, soll diese Verpflichtung insbesondere im Hinblick auf die umfassende Judikaturdokumentation letztinstanzlicher Entscheidungen im Intranet eingeschränkt werden. Die Entscheidungen sollen in Hinkunft mit Einverständnis des Hauptverbandes nur mehr dem Bundsministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, das die Entscheidungen weiterhin zur internen Dokumentation benötigt, übermittelt werden.

Zu Z 3 (§ 98)

In § 98 wurden mit der Novelle BGBl. I Nr. 102/2007 (Bundesgesetz, mit dem das Betriebliche Mitarbeitervorsorgegesetz, das Einkommensteuergesetz 1988, das ORF-Gesetz, das Journalistengesetz, das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, das Familienlastenausgleichsgesetz, das Landarbeitsgesetz 1984 und das Körperschaftsteuergesetz 1988 geändert werden) unrichtige Absatzbezeichnungen richtig gestellt. Dabei wurde eine weitere Änderung durch die Novelle BGBl. I Nr. 77/2007 (Bundesgesetz, mit dem das

Arbeitsverfassungsgesetz, das Bundesgesetz über die Post-Betriebsverfassung und das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz geändert werden) nicht berücksichtigt, was nun nachgeholt werden soll.

Zu Z 4 (Anlage 1)

In Anlage 1 „Aufstellung der für die fachkundigen Laienrichter der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit maßgebenden Berufsgruppen“ soll die Änderung des § 20 nachvollzogen werden und daher der Begriff „Dentistenkammer“ durch „Zahnärztekammer“ und die Wortfolge „Kammer der Tierärzte“ durch den Begriff „Tierärztekammer“ ersetzt werden.

Zu Art. V (AußStrG)

Zu Z 1 (§ 4)

Die Änderung der Bestimmungen über den Gebärdensprachdolmetscher in der ZPO sollen auch für das Außerstreitverfahren übernommen werden. Dazu sei auf die Erläuterungen zu § 73a ZPO verwiesen.

Zu Z 2 (§ 5)

Die Korrektur des Zitats ist auf Grund der Änderungen im Rahmen des Sachwalterrechts-Änderungsgesetzes 2006, BGBl. I Nr. 92/2006, erforderlich. § 268 ABGB ersetzt den vormaligen § 273 ABGB.

Zu Z 3 (§ 35)

Die Bestimmung über die Verwendung technischer Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung bei der Beweisaufnahme in zivilgerichtlichen Verfahren, die sich bisher in § 91a GOG befindet und auf alle zivilgerichtlichen Verfahren Anwendung findet, wird in die ZPO als § 277 übernommen und ist auch für das Außerstreitverfahren für weiterhin anwendbar zu erklären.

Zu Z 4 (§ 83)

Die Änderung ist redaktionell; mit ihr wird ein Zitat richtiggestellt.

Zu Z 5 (Inkrafttretensbestimmung)

Die Bestimmungen über den Gebärdensprachdolmetscher sind mangels anderslautender Übergangsvorschrift auch in anhängigen Verfahren anzuwenden.

Zu Art. VI (EO)

Zu Z 1 (§ 65)

Die mit der vorliegenden Novelle vorgenommene grundsätzliche Ausweitung der Zweiseitigkeit des Rekursverfahrens in der ZPO muss und kann nicht ohne weiteres für die EO übernommen werden. Die Verfahren nach der EO fallen nach mittlerweile einhelliger, durch die Judikatur des EGMR (Freilinger u.a. gegen Österreich Rs. 4533/02) gestützter, Ansicht nicht in den Anwendungsbereich der EMRK. Da wesentliche Teile des Exekutionsverfahrens, und zwar das Verteilungsverfahren, nicht Zweiparteienverfahren, sondern Mehrparteienverfahren sind, lässt sich die Anordnung einer Zweiseitigkeit des Rekursverfahrens auch nicht durch eine schlichte Verweisung für das Exekutionsverfahren übernehmen.

Die sich bereits derzeit aus § 78 EO in Verbindung mit § 521a Abs. 1 Z 4 ZPO ergebende Zweiseitigkeit des Kostenrekurses wird aufrecht erhalten.

Zu Z 2 (§ 73a)

Über die Einsicht in die Geschäftsbehelfe des Exekutionsverfahrens werden den einsichtsberechtigten Personenkreisen (österreichischen Rechtsanwälten, Notaren und Körperschaften öffentlichen Rechts) unter bestimmten Voraussetzungen personenbezogene Daten bekannt, die zum einen eine verantwortungsbewusste Interpretation, zum anderen eine besondere Vertraulichkeit erfordern. In letzter Zeit häufen sich Beschwerden über den vermuteten Abfluss von Daten aus den Geschäftsbehelfen des Exekutionsverfahrens, insbesondere zu Unternehmen, die auf dieser Basis Bonitätsauskünfte erteilen. Auch beschweren sich Betroffene, welche gegen solche „grauen“ Auskunfteien ihre Rechte nach dem Datenschutzgesetz 2000 durchsetzen wollen, über massive faktische Hindernisse, die ihnen in den Weg gelegt werden. Bei den Versuchen, diesen behaupteten Missständen nachzugehen, hat sich erwiesen, dass sich mit den bestehenden Rahmenbedingungen die wünschenswerte Datensicherheit nicht ausreichend gewährleisten lässt. Dazu kommt, dass die als Einsicht in die Geschäftsbehelfe des Exekutionsverfahrens konzipierte Serviceleistung auf Grund datenschutzrechtlicher Vorgaben (VfGH G 194/02; V 45/02) umgestaltet werden müsste, sodass sie derzeit ohnehin keine schlichte Einsicht in bestehende Geschäftsbehelfe ist, sondern die Datenbestände der Geschäftsbehelfe mit einem gewissen Mehraufwand an die datenschutzrechtlichen Vorgaben angepasst werden müssen. Nicht zuletzt ist derzeit ein Vertragsverletzungsverfahren der Europäischen Kommission gegen Österreich anhängig, in dem der Ausschluss von Rechtsanwälten, Notaren und Körperschaften öffentlichen Rechts aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union als gemeinschaftsrechtswidrig angefochten wird. Mit den bestehenden Regeln lässt sich aber eine entsprechende Datensicherheit bei europaweiter Einsicht keinesfalls gewährleisten. Die aus datenschutzrechtlichen und europarechtlichen Gründen in Zweifel gezogene Bestimmung soll daher aufgehoben werden.

Zu Z 3 (§ 413)

Um ein Durchschlagen des mit dieser Novelle geänderten § 521a ZPO über § 78 auf das Exekutionsverfahren zu vermeiden, ist hier eine zur diesbezüglichen Änderung der ZPO parallele Übergangsbestimmung vorzusehen.

Die Aufhebung des § 73a EO ist aus den zu dieser Bestimmung dargelegten Gründen möglichst zeitnahe anzuordnen.

Zu Art. VII (KO)

Zu Z 1 (§ 176)

Die mit dieser Novelle vorgenommene grundsätzliche Ausweitung der Zweiseitigkeit des Rekursverfahrens in der ZPO muss und kann nicht ohne weiteres für die KO übernommen werden. Da im Konkursverfahren eine Vielzahl von Parteien beteiligt sind, lässt sich die Anordnung einer Zweiseitigkeit des Rekursverfahrens auch nicht durch eine schlichte Verweisung für das Konkursverfahren übernehmen. Die bereits derzeit vorgesehenen Ausnahmen für mehrseitige Rekurse (z. B. bei Entscheidung über die Entlohnung des Masseverwalters nach § 125 Abs. 2 und im Konkurseröffnungsverfahren [s. Mohr, KO10, § 71c E 11 ff]) bleiben aufrecht.

Zu Z 2 (§ 254)

Um ein Durchschlagen des mit dieser Novelle geänderten § 521a ZPO über § 171 auf das Konkursverfahren zu vermeiden, ist hier eine zur diesbezüglichen Änderung der ZPO parallele Übergangsbestimmung vorzusehen.

Zu Art. VIII (GOG)

Zu Z 1 (§ 47)

Die Änderung betrifft nur das Richtigstellen eines Verweises.

Zu Z 2 (§ 89l)

Nach dieser Bestimmung kann jedermann Auskunft über Gericht und Aktenzahl aller im elektronischen Register enthaltenen zivilgerichtlichen Verfahren, in denen er Partei ist, beim Bezirksgericht seines Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts beantragen. Die auf diese Weise geschaffene Möglichkeit, eine (auf Bekanntgabe von Gericht und Aktenzahl der betroffenen Verfahren beschränkte) Auskunft aus dem Register zu erlangen, dient als Ergänzung der bestehenden Regelungen über die Akteneinsicht (§ 219 ZPO), die Registereinsicht (§ 89i Abs. 2 GOG) sowie das den datenschutzrechtlichen Vorgaben entstammende Auskunfts-, Richtigstellungs- und Löschungsrecht (§ 84 GOG). Die effektive Wahrnehmung dieser Parteirechte vor dem jeweils für das Verfahren zuständigen Gericht setzt die Kenntnis zumindest von Gericht und Aktenzahl der die Partei betreffenden Gerichtsverfahren voraus. Wie die Erfahrungen der Praxis zeigen, sind Fälle, in denen Bürgern eben diese Kenntnis fehlt, nicht selten. Insbesondere Personen, die sich einen Überblick über ihren Schuldenstand verschaffen wollen oder einen außergerichtlichen Ausgleich zur Verringerung ihrer Schuldenlast anstreben, treten oftmals an die Gerichte oder an das Bundesministerium für Justiz mit der Bitte heran, ihnen eine Aufstellung aller gegen sie anhängigen Exekutionsverfahren zur Verfügung zu stellen. Soweit die betroffenen Verfahren im elektronischen Register enthalten sind, wäre eine derartige Auskunft im Regelfall mit relativ geringem manipulativen Aufwand mittels Registerabfrage (technisch) machbar. Jedoch mangelte es bislang an einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage für eine solche Auskunft aus dem Register. Diese soll mit dem vorgeschlagenen § 89l geschaffen werden. Der Antragsteller hat dabei seine Identität (Name, Geburtsdatum, Wohnanschrift) und damit das Vorliegen der Voraussetzungen einer Auskunftserteilung nachzuweisen. Die Auskunft ist im Rahmen der Justizverwaltung nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten sowie unter Bedachtnahme auf eine einfache und sparsame Verwaltung und eine ausreichende Sicherung vor Missbrauch durch dritte Personen bei Gericht zu erteilen. Im Gegensatz zur Entscheidung über die Einsichtnahme in Gerichtsakten und Geschäftsbehelfe, welche einen Akt der Rechtsprechung darstellt, handelt es sich hier bloß um die Bekanntgabe von Gericht und Aktenzahl der die anfragende Person als Partei betreffenden und im elektronischen Register eingetragenen Gerichtsverfahren, demnach um eine Auskunft, die (noch) keine Einsichtnahme in Verfahrensdaten darstellt, und deshalb eine Entscheidungstätigkeit eines Rechtssprechungsorgans nicht erfordert. Vielmehr soll eine solche Auskunftserteilung lediglich die Möglichkeit verschaffen, das Einsichtsrecht in Verfahrensdaten effektiv wahrnehmen zu können; die Entscheidung, ob der betreffenden Person ein Einsichtsrecht in konkrete Verfahrensdaten zusteht, ist in der Folge unverändert von dem – durch die Auskunft nach dieser Bestimmung ermittelten – zuständigen Gerichtsorgan im Rahmen der unabhängigen Rechtsprechung zu treffen.

Zu Z 3 (§ 91a)

Die Bestimmung über die Verwendung technischer Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung bei der Beweisaufnahme in zivilgerichtlichen Verfahren wird zu den Bestimmungen des Titels "Allgemeine Bestimmungen über den Beweis und die Beweisaufnahme" als § 277 in die ZPO übernommen.

Zu Art. IX (RPflG)

Zu Z 1 (§ 2)

Der Begriff der „Pflegschaftssachen“, der in § 19 definiert wird, wurde mit dem Außerstreitgesetz, BGBl. Nr. 111/2003, durch den Begriff der Kindschafts- und Sachwalterschaftsangelegenheiten ersetzt. Diese Änderung ist auch im Rechtspflegergesetz vorzunehmen.

Zu Z 2 (§ 16)

Gemäß § 16 Abs. 1 lit. a RPflG obliegt die Durchführung des Mahnverfahrens nach den §§ 244 ff. ZPO dem Rechtspfleger. Mit der Schaffung des Europäischen Mahnverfahrens durch die EuMahnVO steht in nun ein weiteres „Mahnverfahren“ in Österreich zur Verfügung. Dieses ist dem österreichischen Mahnverfahren zwar ähnlich, es ist aber nicht deckungsgleich. Einerseits ist der Anwendungsbereich des Europäischen Mahnverfahrens in sachlicher Hinsicht differenzierter als im österreichischen Mahnverfahren, andererseits ist bei der Zuständigkeitsprüfung jedenfalls die EuGVVO anzuwenden. Das Europäische Mahnverfahren soll daher vorerst nicht in den Wirkungsbereich des Rechtspflegers fallen, sondern Richtersache sein. Zwar ist mit dem Begriff „Mahnverfahren“ schon aus der Entstehungsgeschichte des Gesetzes her nur das österreichische Mahnverfahren gemeint und kann wohl nicht argumentiert werden, dass darunter auch das „Europäische Mahnverfahren“ fällt. Um aber in der Diskussion bereits aufgetauchte Unsicherheiten jedenfalls auszuräumen, soll dies durch Einfügung eines Verweises auf das österreichische Mahnverfahren klargestellt werden.

Nach § 16 Abs. 2 Z 2 RPflG sind Schreiben an österreichische Vertretungsbehörden im Ausland, an ausländische Vertretungsbehörden im Inland, an andere ausländische Behörden und an zwischenstaatliche Organisationen stets dem Richter vorbehalten. Im Zuge von Fortbildungsveranstaltungen zum neuen Außerstreitrecht wurde von der Praxis der Vorschlag gemacht, diese Regelung zu überdenken.

Angesichts der zunehmenden Internationalisierung (auch) von Zivilverfahren ist diese Regelung nicht mehr zeitgemäß. Es ist kein Grund ersichtlich, warum dem Rechtspfleger nicht auch Aufgaben übertragen werden sollen, die den zwischenstaatlichen Rechtsverkehr betreffen. In der Praxis ist es ohnedies üblich, dass derartige Ersuchen vom Rechtspfleger vorbereitet und vom Richter nur unterschrieben werden. In Hinkunft soll es daher auch möglich sein, dass der Rechtspfleger die seine Akten betreffenden Ersuchen an ausländische oder zwischenstaatliche Stellen auch selbst unterschreiben kann.

Zu Z 3 (§ 19)

Bei der Anpassung des § 19 Abs. 1 Z 2 durch Art. XXIII des Außerstreit-Begleitgesetz, BGBl. I Nr. 112/2003, wurde nicht berücksichtigt, dass nur noch Sicherstellungsexekutionen vom Titelgericht bewilligt werden können (Fucik/Kloiber, AußStrG § 19 RpflG Rz 1). Dieses Versehen soll behoben werden. Die Wortfolge „einer in § 17 Abs. 2 Z 1 genannten Exekution“ in Z 2 hat daher zu entfallen.

Zur Sicherstellung von Unterhaltsansprüchen sieht die Exekutionsordnung für bestimmte Personengruppen in § 382a EO und § 382 Abs. 1 Z 8 lit. a EO Möglichkeiten vor, noch vor dem Vorliegen eines rechtskräftigen Titels Unterhaltszahlungen zu erhalten. Während § 382 Abs. 1 Z 8 lit. a EO unter anderen sowohl minderjährigen als auch volljährigen Kindern einen Anspruch auf einstweiligen Unterhalt im Zusammenhang mit einem Verfahren auf Leistung des Unterhalts bzw. bei ehelichen Kindern auch im Zusammenhang mit einem Verfahren auf Scheidung, Aufhebung und Nichtigerklärung der Ehe gibt, steht § 382a EO nur minderjährigen Kindern offen.

Ein vorläufiger Unterhalt nach § 382a EO ist zu bewilligen, wenn der nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Elternteil dem Kind nicht bereits aus einem vollstreckbaren Unterhaltstitel zu Unterhalt verpflichtet ist und ein Verfahren zur Bemessung des Unterhalts des Minderjährigen gegen diesen Elternteil anhängig ist oder zugleich anhängig gemacht wird. Die Höhe des vorläufigen Unterhalts ist gemäß § 382a Abs. 2 EO mit dem Grundbetrag der Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz begrenzt. Ein einstweilig zu zahlender Unterhaltsbetrag nach § 382 Abs. 1 Z 8 lit. a EO ist einem volljährigen oder minderjährigen Kind zuzusprechen, wenn der Unterhaltsanspruch und die Verletzung desselben bescheinigt werden.

Minderjährige Kinder haben daher – sofern die jeweiligen Voraussetzungen vorliegen - die Wahl zwischen der einstweiligen Verfügung nach § 382 Abs. 1 Z 8 lit. a EO und jener nach § 382a EO. Volljährige, nicht selbsterhaltungsfähige Kinder können nur eine einstweilige Verfügung nach § 382 Abs. 1 Z 8 lit. a EO beantragen.

Zur Entscheidung über Unterhaltsansprüche minderjähriger Kinder ist der Rechtspfleger berufen. Bei der Einführung der Bestimmung des § 382a EO mit dem Bundesgesetz BGBl. Nr. 645/1987 wurde auch die Entscheidungsbefugnis im Zusammenhang mit dieser neu geschaffenen einstweiligen Verfügung dem Rechtspfleger übertragen, um eine Verzögerung des Unterhaltsverfahrens dadurch, dass für bestimmte Entscheidungen der Richter, für andere der Rechtspfleger zuständig ist, zu vermeiden. Der Rechtspfleger ist somit auch zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach § 382a EO berufen (Abs. 1 Z 3).

Mit dem neuen Außerstreitgesetz wurde die Zuständigkeit für Verfahren über Unterhaltsansprüche volljähriger Kinder vom streitigen ins außerstreitige Verfahren verlagert und in den Aufgabenbereich des Rechtspflegers übertragen (Abs. 1 Z 4). Volljährigen Kindern steht zur Erlangung vorläufigen Unterhalts jedoch § 382a EO nicht zur Verfügung. Ihnen bleibt nur die einstweilige Verfügung nach § 382 Abs 1 Z 8 lit. a EO. Diese fällt aber, anders als die einstweilige Verfügung nach § 382a EO, nicht in den Wirkungsbereich des Rechtspflegers (Fucik/Kloiber, AußStrG § 19 RpflG Rz 1). Dies ist unpraktikabel, weil diese speziell auf Unterhalt abgestellte Maßnahme sinnvollerweise auch vom Rechtspfleger getroffen werden sollte, wenn er für das Hauptverfahren zuständig ist. Dies gilt einerseits für minderjährige Kinder, für die in bestimmten Konstellationen die einstweilige Verfügung nach § 382 Abs. 1 Z 8 lit. a EO günstiger sein kann als jene nach § 382a EO, andererseits aber besonders für volljährige Kinder, denen die einstweilige Verfügung nach § 382a EO gar nicht zur Verfügung steht, was dazu führt, dass in diesen Fällen eine Verzögerung des Unterhaltsverfahrens geradezu vorprogrammiert ist, weil der Akt vom Rechtspfleger zum Richter wandern und dieser sich auch gänzlich neu einlesen muss.

Es ist auch kein sachlich gerechtfertigter Grund ersichtlich, warum über eine einstweilige Verfügung nach § 382 Abs. 1 Z 8 lit. a EO nur der Richter und nicht auch der Rechtspfleger entscheiden sollte. Deshalb normiert § 19 Abs. 1 Z 3 nun, dass der Rechtspfleger über einstweilige Verfügungen nach § 382 Abs. 1 Z 8 lit. a EO zu entscheiden hat, sofern er auch für das damit in Zusammenhang stehende Verfahren in der Hauptsache (Unterhalt minderjähriger und gesetzlicher Unterhalt volljähriger Kinder) zuständig ist.

Zu Z 4 (§ 45)

Die Bestimmung enthält die Inkrafttretensregelungen und das Übergangsrecht.

Zu Z 5 (§ 46)

Während § 2 Z 2 RPflG das Arbeitsgebiet des so genannten „Außerstreitrechtspflegers“ nach wie vor mit „Verlassenschafts- und Pflegschaftssachen sowie Angelegenheiten des Gerichtserlages und der Einziehung gerichtlicher Verwahrnisse“ umschreibt, heißt in der näheren Beschreibung der Wirkungskreise (§§ 16 ff.) seit 1.1.2005 (Außerstreit-Begleitgesetz, BGBl. I Nr. 112/2003) der frühere Wirkungskreis der „Pflegschaftssachen“ (§ 19) nunmehr „Kindschafts- und Sachwalterschaftsangelegenheiten“.

Die beiden Begriffe sollen aufeinander abgestimmt und in § 2 Z 2 RPflG das Wort „Pflegschaftssachen“ durch die Wendung „Kindschafts- und Sachwalterschaftsangelegenheiten“ ersetzt werden.

Diese Anpassung soll durch eine entsprechende Übergangsregelung ergänzt werden.

Zu Art. X (GebAG)

Zu Z 1 (§ 39)

Zu § 39 Abs. 1 und 1a

Der letzte Satz des Abs. 1, der die Anhörungsrechte der Parteien verankert, soll aus systematischen Gründen in den nachfolgenden Abs. 1a übernommen werden. Da Abs. 1 verschiedene Tatbestände regelt, die nicht im unmittelbaren Sachzusammenhang stehen, ermöglicht dies einen zielgenaueren Verweis auf das Anhörungsverfahren in anderen Bestimmungen.

Die Formulierung, wonach der Gebührenantrag „übermittelt“ werden muss, wird vermieden, da die Äußerungsmöglichkeit auch mündlich eingeräumt werden kann, was besonders bei den Dolmetschgebühren in der Praxis häufig vorkommt.

Der letzte Satz enthält die bisher in Abs. 1 letzter Satz vorgesehene Frist von 14 Tagen als Regelfall, allerdings ergänzt um eine Mindestfrist. Dies soll klarstellen, dass bei Einräumung einer Äußerungsmöglichkeit durch Zustellung des Gebührenantrags an die Partei (einschließlich des Revisors) eine Frist von unter sieben Tagen nicht als angemessen erachtet werden kann. So berücksichtigt etwa eine Frist von drei Tagen nicht eine allfällige kurzfristige Abwesenheit von der Abgabestelle, die noch keine Ortsabwesenheit im Sinn des § 17 Abs. 3 ZustG begründet, insbesondere, wenn der erste Tag der Abholfrist auf einen Freitag fällt. Bei Revisoren kommt dazu, dass mit dem Datum des Eingangsvermerks der Einlaufstelle als zugestellt gilt (§ 283 Abs. 3 Geo), auch wenn sie an mehreren Gerichten Dienst versehen und nur einen Tag in der Woche anwesend sind. Gleichzeitig wird die bisherige Höchstfrist fakultativ gestaltet, da insbesondere in „Großverfahren“, bei denen etwa auch die Voraussetzungen des § 285 Abs. 2 StPO zur Verlängerung der Rechtsmittelfrist vorliegen, die Höchstgrenze von 14 Tagen zu starr erscheint. Sie soll dessen ungeachtet der Regelfall bleiben, damit die Sachverständigen und Dolmetscherinnen nicht zu lange auf die Auszahlung warten müssen.

Nach Vorliegen der Unterlagen hat das Gericht unverzüglich (48 Stunden, § 110 Abs. 1 Geo) die Gebührenbestimmung und/oder die Auszahlung vorzunehmen.

Zu § 39 Abs. 3

Die Möglichkeit des Gerichts zu einer verkürzten Begründung des Beschlusses bei Nichterhebung von Einwänden soll um die Möglichkeit erweitert werden, die Auszahlung anzuordnen, ohne die Gebühr zu bestimmen. Bisher war diese Möglichkeit explizit nur der Staatsanwaltschaft eingeräumt (§ 52 Abs. 3). Dass Beschlüsse über widerstreitende Anträge und (teil)abweisende Beschlüsse zu begründen sind, ergibt sich bereits aus den Verfahrensgesetzen (§ 428 Abs. 1 ZPO, § 86 StPO) und nunmehr implizit aus der in Z 2 vorgesehenen Begründungserleichterung, sodass die ausdrückliche Anordnung der Begründungspflicht entfallen kann.

Der letzte Satz stellt sicher, dass eine Person, die zur endgültigen Tragung der Gebühren verpflichtet werden soll, die zuvor nicht oder nicht ausreichend gehört wurde und die Einwendungen gegen die Höhe hat, nach Anhörung die nachträgliche beschlussmäßige Bestimmung der Gebühren erreichen kann. Darauf kann die Partei in bürgerlichen Rechtssachen etwa durch einen Beschluss nach § 2 Abs. 2 GEG aufmerksam werden. Ein anderer möglicher Fall wäre, dass ein Revisor in einem Akt auf eine (weitere) Auszahlungsanordnung über 200 Euro (siehe dazu § 40) stößt, bei der ihm der zugrunde liegende Gebührenantrag nicht zugestellt worden ist. Wenn die kostenbelastete Partei allerdings erst durch die Bestimmung der Kostenersatzpflicht in der Sachentscheidung auf die Gebühren aufmerksam wird, so muss sie auch diese Kostenbestimmung der Höhe nach bekämpfen. Mit der Rechtsmittelentscheidung wäre dann zuzuwarten, bis die rechtskräftige Gebührenbestimmung vorliegt.

Wird die kostenbelastete Partei auf eine solche Auszahlung aufmerksam, so kann sie entweder gleich Einwendungen gegen die Gebührenhöhe erheben oder die Zustellung des zugrunde liegenden Gebührenantrags begehren, um Einwendungen formulieren zu können. Damit kann auch erreicht werden, dass die Gebühren bestimmt werden, wenn – etwa aufgrund eines Irrtums – ein höherer Betrag ausgezahlt als vom Sachverständigen begehrt wurde, ohne Einwendungen gegen die antragsgemäße Gebührenbestimmung selbst zu erheben. Werden die Gebühren nachträglich in geringerem Ausmaß bestimmt, so hat der Sachverständige den zuviel bezahlten Betrag zurückzuzahlen (siehe § 42 Abs. 3 erster Satz).

Zu Z 2 (§ 40)

Die Änderungen in dieser Bestimmung betreffen zunächst die Definition der Parteistellung des Revisors in Z 3. Zur besseren Übersicht werden die zwei bisherigen Fälle, in denen die Parteistellung des Revisors entfällt, auseinander gelegt und um einen neuen dritten Fall ergänzt. Geringfügig umformuliert wird der zweite Fall („wenn die Gebühr nach § 34 Abs. 1 oder § 37 Abs. 2 bestimmt worden ist“), denn die Begründung für den Entfall der Parteistellung des Bundes liegt im Verzicht auf Auszahlung aus Amtsgeldern, die aber Voraussetzung und nicht Folge für die Anwendung der Bestimmungen der §§ 34 Abs. 1 oder 37 Abs. 2 ist.

Mit der neu eingefügten lit. c soll – analog zur Regelung in § 21 Abs. 2 – das Rechtsmittelrecht des Revisors bei einem Betrag bis zu 200 Euro entfallen. In einem solchen Betrag finden üblicherweise etwa Dolmetschgebühren für einen Verhandlungstag (Mühewaltung, Entschädigung für Zeitversäumnis und Reisekosten) Deckung. Selbstverständlich ist den übrigen Parteien weiterhin Gelegenheit zur Äußerung zu geben, doch sind diese in der Regel in der Verhandlung anwesend und können sich gleich dazu äußern. Das führt zu einer Verringerung des Verwaltungsaufwandes bei den Gerichten, da diese die Gebühren gleich im Anschluss an die Verhandlung bestimmen können, und stellt sicher, dass die Dolmetscher nicht ungebührlich lange auf die Auszahlung der Gebühren warten müssen. Eine unkritisch zu hohe und objektiv unrichtige Bestimmung von Sachverständigen- oder Dolmetschgebühren ist nicht zu erwarten, da in solchen Fällen das Organhaftpflichtrecht zum Tragen käme.

Um zu verhindern, dass die Gebühren abschnittsweise jeweils zu Beträgen von 200 Euro verzeichnet werden und damit die Parteistellung des Bundes umgangen wird, ist auf den „nach Abschluss der Tätigkeit“ (vgl. die Diktion in § 38 und die dazu ergangene Rechtsprechung in Krammer/Schmidt, SDG³ § 38 E 9 ff.) verzeichneten Gebührenbetrag abzustellen.

Die Auflistung des § 40 Abs. 1 ist genau genommen die Definition der Parteistellung; an vielen anderen Stellen im GebAG wird zur Umschreibung des Parteienbegriffs auf die „in § 40 Abs. 1 Z 1 bis 3 genannten Personen“ verwiesen. Da die Zustellung jedoch nur eine Folge und nicht die Ursache der Parteistellung ist, wird der Parteienbegriff nun explizit eingeführt. Damit ist sicher gestellt, dass auch dort, wo das Gesetz auf die „in § 40 Abs. 1 Z 1 bis 3 genannten Personen“ verweist, der Revisor vom Verweis nicht umfasst ist, wenn Gebühren von weniger als 200 Euro verzeichnet werden.

Zu Z 3 (§ 42)

Mit der Änderung in Abs. 1 fünfter Satz wird klargestellt, dass im Fall einer bloßen Auszahlungsanordnung nach § 39 Abs. 3 Z 1 die Auszahlung nicht erst nach Rechtskraft eines Beschlusses erfolgt.

Die Änderung in Abs. 3 stellt sicher, dass bei einer nachträglichen Bestimmung in geringerer Höhe der Sachverständige den zuviel ausbezahlten Betrag zurückzuzahlen hat.

Zu Z 4 (§ 52)

Klargestellt wird, dass auch im Anhörungsverfahren der Staatsanwaltschaft die Parteistellung des Revisors bei Gebührenbeträgen unter 200 Euro entfällt.

Zu Z 5 (§ 53)

Die neue Z 2 stellt klar, dass bei Dolmetschern die abschnittsweise Gebührenbestimmung – abweichend von der allgemeinen Regel des § 39 – dann zulässig ist, wenn sie die Gebühr für die Teilnahme an einem Verhandlungstag an dessen Ende geltend machen. Das soll sicherstellen, dass Dolmetscher – selbst wenn sie für eine mehrtägige Verhandlung geladen werden – am Ende jedes Tages die Gebühren begehren und erhalten können.

Zu Art. XI (SDG)

Zu Z 1 (§ 6)

Ein zentrales Anliegen des Sachverständigen- und Dolmetscherrechts ist die Qualitätssicherung. Einen wesentlichen Beitrag dazu liefert die bereits derzeit gesetzlich angeordnete Befristung des Eintrags des Sachverständigen bzw. des Dolmetschers in die Gerichtssachverständigen- bzw.
-dolmetscherliste. Er kann nur nach Durchführung eines Überprüfungsverfahrens verlängert werden (Rezertifizierungsverfahren). Konkret sieht das SDG vor, dass jeder Sachverständige (Dolmetscher) zunächst auf fünf Jahre befristet eingetragen wird, wobei dieser Eintrag auf Antrag und nach Durchführung des Rezertifizierungsverfahrens (in dessen Rahmen insbesondere auch das unveränderte Vorliegen der Eintragungsvoraussetzung der Sachkunde des Sachverständigen zu überprüfen ist) auf jeweils zehn Jahre verlängert werden kann.

Mit dem Entwurf soll – im Sinn einer Anregung des Hauptverbands der Gerichtssachverständigen, der sich der Österreichische Verband der Gerichtsdolmetscher angeschlossen hat – die Befristung der Verlängerungseintragung an die Frist der Ersteintragung angepasst und von zehn auf fünf Jahre verkürzt werden. Eine solche Maßnahme erscheint trotz des damit verbundenen erhöhten Verwaltungsaufwands auch bei bereits einmal rezertifizierten (also schon bewährten) Sachverständigen sinnvoll. Die wirtschaftliche, technische und wissenschaftliche Entwicklung einschließlich der Änderung der maßgeblichen Normen, Richtlinien und Grenzwerte ist in den letzten Jahren viel rasanter als früher vorangeschritten. Daher kommt gerade der Einhaltung der Fortbildungsverpflichtung der Sachverständigen nach Pkt. 1.6. der Standesregeln der Sachverständigen ganz wesentliches Gewicht zu. Auf die absolvierten Fortbildungsaktivitäten hat der Sachverständige in seinem Antrag auf Rezertifizierung hinzuweisen und diese durch entsprechende Nachweise (wofür insbesondere der „Bildungspass“ des Hauptverbands der Gerichtssachverständigen in Betracht kommt) zu belegen.

Gleichzeitig ist festzuhalten, dass sich das Rezertifizierungsverfahren bei weitem nicht nur in der Kontrolle der Nachweise über absolvierte Fortbildungsveranstaltungen erschöpft. Vielmehr hat der listenführende Präsident gerade im Bereich der Prüfung der Sachkunde dann, wenn die Eignung der oder des Sachverständigen ihm nicht ohnehin – besonders wegen der häufigen Heranziehung in Gerichtsverfahren – bekannt ist, bei den Gerichten, für die der Sachverständige seit der Eintragung bzw. (bei häufiger Heranziehung) in einem maßgeblichen Zeitraum vor der Antragstellung tätig geworden ist, Stellungnahmen über die Eignung einzuholen; in diesen ist insbesondere über die Sorgfalt der Befundaufnahme, die Rechtzeitigkeit der Gutachtenserstattung sowie über die Schlüssigkeit, die Nachvollziehbarkeit und den richtigen Aufbau der Gutachten zu berichten. Ferner besteht nach § 6 Abs. 3 letzter SDG zur Prüfung der weiteren Eignung des Sachverständigen für den Präsidenten auch die Möglichkeit, ein Gutachten der Zertifizierungskommission nach § 4a SDG oder eine Äußerung eines qualifizierten Mitglieds dieser Kommission einzuholen.

Zu Z 2 (§ 16c)

Die Änderungen dienen der Beseitigung von Redaktionsversehen.

Zu Z 3 (§ 16d)

Die Übergangsvorschrift erklärt sich aus den Fristen des Rezertifizierungsverfahrens.

Zu Art XII (GGG)

Zu Z 1 (Tarifpost 1)

Die Verordnung zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens bestimmt in ihrem Art. 25, dass die Gerichtsgebühren eines Europäischen Mahnverfahrens und eines ordentlichen Zivilprozesses, der sich an die Einlegung eines Einspruchs gegen den Europäischen Zahlungsbefehl in einem Mitgliedstaat anschließt, insgesamt nicht höher sein dürfen als die Gerichtsgebühren eines ordentlichen Zivilprozesses ohne vorausgehendes Europäisches Mahnverfahren in diesem Mitgliedstaat. Dies passt ausgezeichnet in das österreichische Gerichtsgebührensystem, in dem beim Zivilprozess ja nur die verfahrenseinleitende Eingabe zu vergebühren ist und für das weitere erstinstanzliche Verfahren keine zusätzlichen Gebühren anfallen. Weiters wird in Erwägungsgrund 15 zur Verordnung ausgeführt, dass die Einreichung eines Antrags auf Erlass eines Europäischen Zahlungsbefehls mit der Entrichtung der gegebenenfalls fälligen Gerichtsgebühren verbunden sein sollte; auch dies korrespondiert uneingeschränkt mit der nach dem österreichischen Gerichtsgebührenrecht vorgesehenen Entstehung der Gebührenpflicht für das zivilgerichtliche Verfahren erster Instanz (die nämlich gemäß § 2 Z 1 lit. a GGG „mit der Überreichung der Klage oder des in der Anmerkung 1 zur Tarifpost 1 angeführten Antrages“ eintritt). Der verfahrenseinleitende Schriftsatz, an den bei der gerichtsgebührenrechtlichen Begleitmaßnahme zum Europäischen Mahnverfahren anzuknüpfen ist, heißt „Antrag auf Erlass eines Europäischen Zahlungsbefehls“ (Art. 7 der Verordnung). Daher sind in der Anmerkung 1 zur Tarifpost 1 GGG auch Verfahren über derartige Anträge als nach dieser Gesetzesbestimmung gebührenpflichtig zu nennen. Weitere Adaptierungen, etwa in § 2, in § 4 oder in § 7 GGG sind entbehrlich, weil die Formulierungen dieser Bestimmungen auch den hier zu berücksichtigenden Fall des Europäischen Mahnverfahrens abdecken.

Bei der gerichtsgebührenrechtlichen Bedachtnahme auf das Europäische Mahnverfahren stellte sich aber eine andere Frage, und zwar im Zusammenhang mit Art. 20 Abs. 2 der Verordnung. Während Art. 20 Abs. 1 unzweifelhaft mit dem österreichischen Institut der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand korrespondiert, ist die Einordnung des Antrags auf „Überprüfung des Europäischen Zahlungsbefehls“ wegen offensichtlich ungerechtfertigter Erlassung nicht völlig eindeutig. Wenn die zivilprozessuale Begleitmaßnahme des innerstaatlichen Rechts hiezu eine Art Nichtigkeits- oder Wiederaufnahmeverfahren vorgesehen hätte, wäre aus gerichtsgebührenrechtlicher Sicht zu überlegen, dafür eine eigene Pauschalgebühr vorzusehen. Der vorgesehene § 252 ZPO geht indes nicht in diese Richtung: Nach seinem Abs. 2 soll § 149 ZPO für Anträge nach Art. 20 der Verordnung entsprechend gelten, ohne dass hinsichtlich des Verfahrens (mit Ausnahme der Frage der Anfechtbarkeit) zwischen den Fällen des Abs. 1 und jenen des Abs. 2 der Verordnung differenziert wird. Dieses Konzept spricht dagegen, für den Überprüfungsantrag nach Art. 20 Abs. 2 der Verordnung eine eigene Pauschalgebühr vorzusehen, wie dies etwa für Wiederaufnahms- oder Nichtigkeitsklagen der Fall ist (die freilich im gegebenen Zusammenhang gemäß § 252 Abs. 2 letzter Satz ZPO jedenfalls ausgeschlossen sind). Der Überprüfungsantrag nach Art. 20 Abs. 2 der Verordnung ist daher – ebenso wie jener nach Art. 20 Abs. 1 der Verordnung – gebührenrechtlich wie ein Wiedereinsetzungsantrag zu behandeln und daher nicht gesondert zu vergebühren.

Der Vollständigkeit halber sei noch Folgendes zum europäischen Bagatellverfahren bemerkt: Nach der Verordnung zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen wird der verfahrenseinleitende Schriftsatz als „Klage“ bezeichnet (Art. 2 Abs. 1 und Art. 4 der Verordnung). Dies macht es entbehrlich, im österreichischen Gerichtsgebührenrecht für eine Klage nach dieser Verordnung eine eigene innerstaatliche Regelung vorzusehen.

Zu Artikel XIII (MRG)

Die mit der Wohnrechtsnovelle 2006 in den §§ 33 Abs. 1 MRG eingefügte Regelung über die zeitlich verschobene Wirkung einer dem Kündigungsgegner verspätet zugegangenen Kündigung wird mit diesem Gesetzeswerk in spezifizierter Gestalt in das bestandrechtliche Mandatsverfahren transferiert. Dort hat diese Neuregelung allerdings nur für die gerichtliche Aufkündigung Gültigkeit. Für die nach § 33 Abs. 1 erster Satz MRG auch zulässige schriftliche Kündigung des Mieters bedarf es aber einer eigenen mietrechtlichen Regelung. Deshalb wird die bisherige Anordnung des § 33 Abs. 1 zweiter Satz MRG für diesen Sonderfall der schriftlichen Mieterkündigung aufrecht erhalten, dabei aber in der Formulierung auf diesen Sonderfall eingeschränkt und modifiziert. Im Übrigen – also für die gerichtliche Aufkündigung – wird auf den neuen § 563 ZPO verwiesen.

Zu Art XIV (Inkraftretens- und Übergangsbestimmungen)

Bis auf wenige in den Übergangsbestimmungen aufgelistete Ausnahmen sind die geänderten Bestimmungen auch auf bereits anhängige Verfahren anzuwenden.