1103/J XXIV. GP

Eingelangt am 02.03.2009
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Dr. Winter

und Kollegen

 

an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur

 

betreffend:

Dubioser Kunstvortrag an einer obersteirischen Bundeshandelsakademie

 

 

Die regionale Wochenzeitung „Ennsseiten“ aus dem Bezirk Liezen berichtete in ihrer Ausgabe vom Mittwoch, 11. Februar 2009, über einen Besuch des „Aktionskünstlers“ Günter Brus an einer Bundeshandelsakademie/Bundeshandelsschule. Dieser soll im Rahmen des jährlich stattfindenden „Artfest“ (=Kunstfest) der BHAK/BHAS Liezen zehn Schülern die Möglichkeit geben, gemeinsam mit ihm zu arbeiten.

 

In diesem Medienbericht wird unter anderem folgendes wiedergegeben:

„Ein halbes Jahr lang hat der Direktor der BHAK Liezen, Sepp Ahornegger, versucht, den Aktionskünstler für das Artfest 2009 zu gewinnen. Vergangene Woche sagte Günter Brus zu. Es wird dem Artfest 2009 beiwohnen. An den Artfest-Projekttagen im Juli dieses Jahres haben nun zehn Schüler die Möglichkeit, mit Günter Brus zu arbeiten.“ (Quelle: Ennsseiten vom 11.02.09, Seite 16)

 

Günter Brus künstlerischer Aktionismus wird unter anderem wie folgt beschrieben:

„Seine Arbeiten gehen in Richtung totaler Körperanalyse. Während einiger seiner Aktionen urinierte und defäzierte er, ritzte sich mit Rasierklingen die Haut und onanierte.“ (Quelle: Ennsseiten vom 11.02.09, Seite 16)

Weiters: „Verschiedene Arten der Selbstverstümmelung, auch bis dahin nicht zu Kunst gewordene menschliche Alltäglichkeiten wie Urinieren und Darmentleerung, oder mehr oder minder obszön Triebhaftes, wie sadomasochistische Praktiken und Manipulationen der Geschlechtsorgane wurden in Aktionen eingebunden.“

(Quelle: http://dwst02.edvz.sbg.ac.at/ipk/mitarbeiterinnen/thomas.hofbauer/aktionismus/einleitung.htm)

 


Am 7. Juni 1968 löste eine vom Sozialistischen Österreichischen Studentenbund organisierte Veranstaltung unter dem Titel "Kunst und Revolution“ im Hörsaal 1 des Neuen Institutsgebäudes an der Universität Wien vor 300 Zuschauern heftige Proteste aus. Die unter dem medial verbreiteten Titel „Uni-Ferkelei“ durchgeführte Aktion mehrerer Aktionisten, darunter auch Günter Brus, bestand aus Nacktheit, dem Verrichten der Notdurft, Onanie, Auspeitschen, Selbstverstümmelung, dem Verschmieren der eigenen Exkremente am eigenen nackten Körper und dem Erbrechen durch Reizung des Ösophagus – das alles unter Absingen der Nationalhymne auf der ausgebreiteten österreichischen Nationalflagge. Brus wurde wegen Herabwürdigung der österreichischen Staatssymbole nach zwei Monaten Untersuchungshaft zu sechs Monaten verschärftem Arrest verurteilt. Er floh nach Berlin um der Haftstrafe zu entgehen und gründete dort eine „Österreichische Exilregierung“.

 

 

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigenden Abgeordneten an die Frau Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur nachstehende

 

 

ANFRAGE

 

 

  1. Was sagen Sie in Ihrer Funktion als Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur zu diesem Vortrag/Workshop mit Günter Brus an einer obersteirischen Bundeshandelsakademie, der wegen der oben genannten Sachverhalte gerichtlich verurteilt wurde?
  2. Ist es im Sinne einer pädagogisch wertvollen Ausbildung vertretbar, dass Schülern einer Bundeshandelsakademie/Bundeshandelsschule solche Vorträge/Workshops zugänglich gemacht werden, wenn bekannt ist, dass die „Kunst“ aus Verrichten der Notdurft, Onanie, Auspeitschen, Selbstverstümmelung, dem Verschmieren der eigenen Exkremente am eigenen nackten Körper und Erbrechen besteht?
  3. Welche Personen dieser Schule (Lehrkörper, Schüler, sonstige Personen) werden an der Veranstaltung teilnehmen, insbesondere wie viele Schüler aus welchen Klassen?
  4. Ist die Teilnahme am „Artfest“ der Schule freiwillig?
  5. Ist die Teilnahme am Vortrag/Workshop von Günter Brus freiwillig?
  6. Was geschieht, falls sich Personen aus der Schule (Lehrkörper, Schüler, sonstige Personen) weigern, am „Artfest“ bzw. am Vortrag/Workshop von Günter Brus teilzunehmen?
  7. Wird der Vortrag/Workshop an der Bundeshandelsakademie in Liezen von Seiten Ihres Ressorts gefördert?
  8. Wenn ja, wie hoch fallen die Förderungen dafür aus?
  9. Kann davon ausgegangen werden, dass für den Vortrag/Workshop von Günter Brus an der besagten Schule, Gelder aus den laut Bundesfinanzgesetz den Schulen zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln verwendet werden?
  10. Wenn ja, in welcher Höhe?
  11. Wenn nein, wie wird der Vortrag/Workshop finanziert?

  1. Im Falle einer durch Drittmittel (=Spenden oder Werbeeinnahmen) akquirierten Finanzierung dieses Vortrages/Workshops, sind nach Abzug der erforderlichen Ausgaben für die Erbringung der vereinbarten Leistung, jene Drittmittel nach § 46 Abs. 3 SchUG zweckgebunden im Sinne einer allfälligen speziellen Widmung, ansonsten für andere Zwecke der Schule zu verwenden. Passiert dies in dem erwähnten Fall?
  2. Wenn ja, wie hoch sind die aufgebrachten Drittmittel speziell für den Vortrag/Workshop?
  3. Wenn ja, für welche Zwecke werden allfällige Drittmittelüberschüsse verwendet und in welcher Höhe fallen diese aus?
  4. Sind Ihnen weitere Fälle bekannt, wo Günter Brus in Schulen eingeladen wurde oder für Vorträge/Workshops zur Verfügung stand?
  5. Wenn ja, wie viele dieser Fälle sind Ihnen insgesamt bekannt?
  6. Wenn ja, an welchen Schulen haben diese Vorträge/Workshops im Jahr 2008 stattgefunden?
  7. Welche Schritte können unternommen werden, dass es im Zuge von solchen künstlerischen Schulveranstaltungen/Workshops unter Teilnahme von (minderjährigen) Schülern nicht zu Gesetzesverstößen kommt, wie dies beispielsweise am 7. Juni 1968 in der Universität Wien geschehen ist?
  8. Welche konkreten Schritte werden bei diesem Vortrag/Workshop mit Günter Brus unternommen?