13227/J XXIV. GP

Eingelangt am 05.12.2012
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

der Abgeordneten Dietmar Keck, Genossinnen und Genossen

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend „Politische Intervention im Linzer Swap-Strafverfahren"

Am 12.2.2007 hat der vormalige Finanzdirektor der Stadt Linz ein Angebot der BAWAG P.S.K. auf Abschluss des Swap-Geschäfts 4175 angenommen. Jahre später hat sich dieses Geschäft als hochriskante Währungsspekulation mit einem Schaden von mehr als € 400 Mio herausgestellt.

Die Staatsanwaltschaft Linz hat angesichts dieses Sachverhalts im Jahr 2011 ein Strafverfahren gegen den vormaligen Finanzdirektor und gegen den Finanzreferenten eingeleitet (StA Linz GZ 9 St 80/11z). Im August 2012 hat die Stadt Linz ein finanzmathematisches Bewertungsgutachten vorgelegt, demzufolge das Swap-Geschäft die Stadt Linz bereits bei seinem Abschluss um etwa € 20 Mio benachteiligt. Daraufhin hat die Staatsanwaltschaft Linz das Strafverfahren auf unbekannte Täter wegen Betrugsverdachts erstreckt. Dieser Verdacht wurde durch den von der Staatsanwaltschaft bestellten Sachverständigen in einem 400-Seiten-starken Gutachten verstärkt. Demzufolge wies der Swap von Anfang an ein deutlich asymmetrisches Gewinn-Verlust-Profil (mit einem Negativwert von etwa € 20 Mio) zum Nachteil der Stadt auf.

Ausgehend davon wird im Strafverfahren StA Linz GZ 9 St 80/11z aufzuklären sein, welche Personen im Bereich der BAWAG P.S.K. im Jahr 2007 für die Strukturierung des Swap 4175 verantwortlich waren und mit welcher Intention sie dabei gehandelt haben. Vor diesem Hintergrund versucht die BAWAG P.S.K., die Unbefangenheit der Staatsanwaltschaft Linz mit unterschiedlichen Eingaben in Zweifel zu ziehen, obwohl die Generalprokuratur eine Delegation des Verfahrens bereits abgelehnt hat und das Landesgericht Linz bereits die Unbefangenheit des Sachverständigen bestätigt hat.


Aufgrund von Recherchen der OÖ Kronen Zeitung ist nun bekannt geworden, dass die BAWAG PSK über das Kabinett von Vizekanzler BM Dr. Michael Spindelegger beim Bundesministerium für Justiz im Interesse der BAWAG PSK interveniert hat:

Mit E-Mail vom 6.11.2012, 12.29 Uhr hat sich BAWAG-Anwältin Mag. Bettina Knötzel (Wolf Theiss Rechtsanwälte GmbH) bei Mag. Johannes Kasal (BMeiA) über die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen unbekannte Täter und das Gutachten des bestellten Sachverständigen beschwert. Zugleich ersuchte Mag. Knötzel um dringende Unterstützung. Um 12.55 Uhr, also nur 26(!) Minuten später (12.55 Uhr), übermittelte SC Mag. Christian Plinacek (BMJ) die Intervention und Beschwerde von RA Mag. Knötzel an die Leitende Oberstaatsanwältin der Oberstaatsanwaltschaft Linz. Zugleich ersuchte SC Mag. Pilnacek die Leitende Oberstaatsanwältin um „dringende Berichterstattung im Hinblick auf die Befassung des BMeiA“.

Die unterzeichneten Abgeordneten richten daher an die Bundesministerin für Justiz folgende

Anfrage

1.    Ist es richtig, dass Mag. Johannes Kasal (Mitarbeiter im Kabinett des Vizekanzlers und BMeiA) am 6.11.2012 bei SC Mag. Christian Pilnacek (BMJ) interveniert hat, um das Strafverfahren StA Linz 9 St 80/11z im Sinne der BAWAG PSK zu beeinflussen? Wenn ja, auf welcher Rechtsgrundlage ist diese Intervention erfolgt?

2.    Mit welchem konkreten Ersuchen hat Mag. Johannes Kasal SC Mag. Christian Pilnacek im Hinblick auf das Strafverfahren StA Linz 9 St 80/11z am 6.11.2012 konfrontiert?

3.    Aus welchem Grund hat sich SC Mag. Christian Pilnacek am 6.11.2012 veranlasst gesehen, auf die Intervention von Mag. Johannes Kasal innerhalb von nur 26 Minuten (!) mit einem „dringenden“ Berichtsauftrag per E-Mail an , die Leitende Oberstaatsanwaltschaft Linz zu reagieren?

a.    Hat es in diesem Zusammenhang auch einen telefonischen Kontakt des Bundesministeriums für Justiz mit der Leitenden Oberstaatsanwaltschaft Linz gegeben?

b.    Wenn ja, welches Ersuchen wurde in diesem telefonischen Kontakt an die Leitende Oberstaatsanwaltschaft Linz gerichtet?


4.    Ist es richtig, dass SC Mag. Christian Pilnacek die Leitende Oberstaatsanwaltschaft Linz beauftragt hat, mit den Rechtsanwälten der BAWAG PSK eine Besprechung zu den Themen des Strafverfahrens, abzuhalten? Auf welcher Rechtsgrundlage beruht diese Aufforderung?

5.    Ist die Intervention von SC Mag. Christian Pilnacek vom 6.11.2012 bei der Oberstaatsanwaltschaft Linz auf Wunsch der Bundesministerin für Justiz erfolgt? Wenn nein, ist diese Intervention zumindest mit Wissen der Bundesministerin für Justiz erfolgt?

6.    Ist es richtig, dass die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft der BAWAG PSK binnen 24 Stunden eine Bestätigung ausgestellt hat, wonach gegen diese nicht ermittelt wird?

a.    Wie lange dauert es, bis im Normalfall eine solche Bestätigung ausgestellt wird?

b.    Ist es richtig, dass das Bundesministerium für Justiz die Ausstellung der Bestätigung beschleunigt hat?

c.    Was war der konkrete Inhalt dieser Bestätigung der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft an die BAWAG PSK?

7.    Hat das Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten auch in anderem Zusammenhang das Bundesministerium für Justiz wegen des Strafverfahrens StA Linz 9 St 80/11z kontaktiert?

a.    Wenn ja, was war das Ziel solcher Kontakte?

b.    Welchen konkreten Inhalt hatte diese Kommunikation?

8.    Hat das Bundesministerium für Justiz der Oberstaatsanwaltschaft Linz bzw der Staatsanwaltschaft Linz im Hinblick auf das Strafverfahren StA Linz 9 St 80/11z weitere Weisungen bzw. Aufträge (abgesehen vom Berichtsauftrag vom 6.11.2012) erteilt oder Wünsche geäußert? Wenn ja, was war der konkrete Inhalt solcher Interventionen?

9.    Ist es richtig, dass die BAWAG PSK beim Bundesministerium für Justiz, bei der Oberstaatsanwaltschaft Linz und bei der Generalprokuratur Beschwerden, Anregungen oder sonstige Interventionen mit Bezug auf das Strafverfahren StA Linz 9 St 80/11z eingebracht hat?

a.    An wen haben sich diese Eingaben bzw Interventionen konkret gerichtet?

b.    Was war der konkrete Inhalt dieser Eingaben bzw Interventionen?

c.    Wie wurde darauf reagiert?


10. Hat das Bundesministerium für Justiz in irgendeiner Weise (durch informelle Kontakte mit der Oberstaatsanwaltschaft bzw Staatsanwaltschaft Linz, Berichtsaufträge, Ersuchen, Weisungen, informelle Gespräche etc) versucht, die Ermittlungen im Strafverfahren StA Linz 9 St 80/11z gegen den vormaligen Finanzdirektor und/oder den Finanzreferenten der Stadt Linz zu beeinflussen? Wenn ja, was war der konkrete Inhalt dieser Kommunikation?

11 .Wie wird durch die Bundesministerin für Justiz sichergestellt, dass die

Ermittlungen im Strafverfahren StA Linz 9 St 80/11z gegen Unbekannte Täter wegen Betrugsverdachts nicht durch politische Einflussnahme behindert werden?