1728/J XXIV. GP

Eingelangt am 21.04.2009
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Petra Bayr und GenossInnen

an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

betreffend Abfallverbringung ins Ausland - Wertschöpfungsverlust in Österreich.

Österreich ist verpflichtet gemäß der Verordnung EG 1013/2006 über die Verbringung von Abfällen und dem 7. Abschnitt des AWG 2002 (BGBl I 102/2002 idF 54/2008) bei der Genehmigung von Exporten von Siedlungsabfällen zur Verwertung und zur Beseitigung in andere Staaten der EU die Prinzipien der Autarkie und der Nähe zu berücksichtigen. Siehe dazu Artikel 11 Abs 1 lit a AbfallverbringungsVO sowie § 69 AWG 2002:

Artikel 11 Abs 1 lit a VerbringungsVO

Einwände gegen die Verbringung von zur Beseitigung bestimmten Abfällen

(1) Bei der Notifizierung einer geplanten Verbringung von zur Beseitigung bestimmten Abfällen können die zuständigen Behörden am Bestimmungsort und am Versandort innerhalb einer Frist von 30 Tagen ab dem Zeitpunkt der Übermittlung der Empfangsbestätigung durch die zuständige Behörde am Bestimmungsort gemäß Artikel 8 im Einklang mit dem Vertrag begründete Einwände erheben, die sich auf einen oder mehrere der folgenden Gründe stützen:

a) Die geplante Verbringung oder Beseitigung würde nicht im Einklang mit Maßnahmen stehen, die zur Umsetzung der Grundsätze der Nähe, des Vorrangs der Verwertung und der Entsorgungsautarkie auf gemeinschaftlicher und nationaler Ebene gemäß der Richtlinie 2006/12/EG ergriffen wurden, um die Verbringung von Abfällen allgemein oder teilweise zu verbieten oder um gegen jegliche Verbringungen Einwände zu erheben;"

§ 69 AWG 2002

Bewilligungspflicht der Einfuhr, Ausfuhr und Durchfuhr und Verbringungsverbote

§ 69. (1) Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft hat über jede von der EG-VerbringungsV erfasste notifizierungspflichtige Verbringung von Abfällen nach, aus oder durch Österreich bescheidmäßig abzusprechen.

(2) Für Bescheide gemäß Abs. 1 gelten folgende Fristen:

1.     Bescheide für Verbringungen innerhalb der Europäischen Gemeinschaft sind innerhalb von 30 Tagen nach Absendung der Empfangsbestätigung (gemäß Art. 8 der EG-VerbringungsV) zu erlassen. Für Verbringungen innerhalb der Gemeinschaft mit Durchfuhr durch Österreich ist kein Bescheid zu erlassen, es sei denn, es sind auf Art. 11 oder 12 der EG-VerbringungsV gestützte Einwände zu erheben oder Auflagen vorzuschreiben.

2.     Bescheide für Verbringungen innerhalb der Gemeinschaft mit Durchfuhr durch Drittstaaten sind innerhalb von 30 Tagen nach Absendung der Empfangsbestätigung zu erlassen.

3.     Bescheide für die Einfuhr aus Drittstaaten nach Österreich sind innerhalb von 30 Tagen nach Absendung der Empfangsbestätigung zu erlassen.

4.     Bescheide für die Ausfuhr von zur Verwertung bestimmten Abfällen in Drittstaaten aus Österreich sind innerhalb von 30 Tagen nach Absendung der Empfangsbestätigung zu erlassen.

5.     Bescheide für die Ausfuhr von zur Beseitigung bestimmten Abfällen in Drittstaaten aus Österreich und für die Ausfuhr von zur Verwertung bestimmten Abfällen in Drittstaaten, für die der OECD-Beschluss (Art. 2 Z 17 der EG-VerbringungsV) gilt, mit Durchfuhr durch einen Staat, für den der OECD-Beschluss nicht gilt, aus Österreich sind frühestens 61  Tage nach Absendung  der Empfangsbestätigung zu erlassen. Der Bescheid kann auch früher erlassen werden, wenn die schriftliche Zustimmung der anderen betroffenen zuständigen Behörden eingelangt ist.

6.     Bescheide  für  Verbringungen   von   zur  Beseitigung   oder  Verwertung   bestimmten  Abfällen außerhalb der Gemeinschaft mit Durchfuhr durch Österreich, sind innerhalb folgender Fristen nach Absendung der Empfangsbestätigung zu erlassen:

a) Bescheide für Verbringungen von zur Beseitigung bestimmten Abfällen innerhalb von 60 Tagen;

b) Bescheide für Verbringungen von zur Verwertung bestimmten Abfällen

aa) von Staaten, für die der OECD-Beschluss gilt, nach solchen Staaten innerhalb von 30Tagen,

bb) von oder nach Staaten, für die der OECD-Beschluss nicht gilt, innerhalb von 60 Tagen.

(3)  Die Bewilligungen zur Verbringung von Abfällen gemäß Abs. 1 aus Österreich sind, sofern sie gefährliche Abfälle betreffen, nur

1.    Inhabern einer Erlaubnis gemäß § 25 Abs. 1 oder

2.    rücknahmeberechtigten Abfallsammlern oder -behandlern gemäß § 25 Abs. 2 Z 2 in Bezug auf jene gefährlichen Abfälle, für die sie rücknahmeberechtigt sind,

3.    Inhabern einer gleichwertigen ausländischen Erlaubnis gemäß § 25 Abs. 2 Z 7 oder

4. dem Abfallersterzeuger, sofern der Abfallersterzeuger ausschließlich eigene Abfälle verbringt, zu erteilen.

(4)  Für die Bewilligung der Einfuhr müssen jedenfalls folgende Voraussetzungen vorliegen:

1.     Die ordnungsgemäße Behandlung der betreffenden Abfälle, einschließlich der ordnungsgemäßen vorläufigen Verwertung (Art. 2 Z 7 der EG-VerbringungsV) oder Beseitigung (Art. 2 Z 5 der EG-VerbringungsV),  in  dafür genehmigten  Anlagen  von  dazu  berechtigten  Personen  und  die ordnungsgemäße Behandlung des dabei anfallenden Abfalls erscheint gesichert.

2.     Die Anlagen verfügen über eine ausreichende Kapazität.

 

(5)   Die Verbringung ist zu untersagen, wenn der Notifizierende oder der Empfänger mindestens zweimal wegen einer illegalen Verbringung von Abfällen im Sinne der EG-VerbringungsV bestraft worden ist und die Strafen noch nicht getilgt sind.

(6)        Für die Bewilligung einer Verbringung von POP-Abfällen zu alternativen Behandlungsverfahren gemäß § 16 Abs. 4 letzter Satz in Verbindung mit Anhang V Teil 2 der EG-POP-V hat ein Nachweis gemäß   Art.   7   Abs.   4   Buchstabe   b   Z   i   der   EG-POP-V,   dass   diese   Behandlung   die   unter Umweltgesichtspunkten vorzuziehende Möglichkeit darstellt, vorzuliegen.

(7)   Das Verbringen von Asbestabfällen nach Österreich zum Zweck der Beseitigung ist nicht zulässig.

(8)        Vor Erteilung einer Einfuhrbewilligung für Abfälle sind die Landeshauptmänner der Bundesländer, in denen die Abfälle behandelt werden sollen, anzuhören.

(9)        Ein Widerruf gemäß Art. 9 Abs. 8 der EG-VerbringungsV ist dem Notifizierenden, dem Empfänger, den  anderen   betroffenen  zuständigen   Behörden,  den   betroffenen   Landeshauptmännern   und   den Zollorganen mitzuteilen."

Österreich hat eines der modernsten und weitreichendsten Abfallwirtschaftsgesetze in der EU. In Österreich wurde schon im Jahr 2004 das Ablagerungsverbot unbehandelter Abfälle gesetzlich bestimmt. Aus diesem Grund wurden in Österreich in den letzten Jahren große Kapazitäten an modernsten Abfallverbrennungsanlagen zur gesetzeskonformen Vorbehandlung geschaffen in dem neue Anlagen (Monoverbrennungsanlagen) errichtet und bestehende Verbrennungsanlagen so adaptiert wurden, dass Abfälle nach einer entsprechenden Vorbehandlung mit verbrannt werden können. Die österreichische Wirtschaft hat in diese Modernisierung der Abfallwirtschaft mehrere Milliarden Euro investiert.


Die Bestimmungen der Verbringungsverordnung und die Verpflichtung der Untersagung von Exporten unter den Gesichtspunkten der Prinzipien der Entsorgungsautarkie und der Nähe geben der Republik Österreich ein europarechtlich genehmigtes Instrument der Schutzmöglichkeit dieser Investitionen in die Hand.

In den letzten Monaten gehen den Betreibern von Verbrennungsanlagen Abfallmengen, die noch im Jahr 2007 in den Verbrennungsanlagen in Österreich behandelt und verwertet wurden, ab. Die angelieferten Mengen sind in dieser Zeit um rund ein Drittel zurückgegangen. Dieser Rückgang kann zwar teilweise mit der Wirtschaftskrise argumentiert werden, es besteht jedoch der Verdacht, dass ein großer Teil dieser Fehlmengen exportiert und im Ausland in Anlagen beseitigt wird, die nicht den Umweltstandards der in Österreich bestehenden Anlagen entsprechen. Diese Exporte werden zum Teil mittels Notifizierungen genehmigt aber zum Teil auch ohne Genehmigungen oder falsch deklariert durchgeführt. Häufig kommt es zu so genannten Scheinverwertungen" im Ausland, bei denen im Zuge der Entsorgung durch das ausländische Entsorgungsunternehmen Falschinformationen geliefert werden.

Der österreichischen Volkswirtschaft entgeht durch diese Praxis nicht nur ein großer Teil der Wertschöpfung im Bereich der Abfallentsorgung, sondern es entgeht dem Staat selbst ein nicht unbeträchtlicher Betrag an Altlastensanierungsbeiträgen.

Es gilt, einen weiteren Schaden von der österreichischen Wirtschaft abzuwenden und auch die Umwelt vor weiteren Schädigungen durch die Beseitigung der österreichischen Abfälle in nicht dem Stand der Technik entsprechenden Anlagen zu schützen

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft folgende

Anfrage:

1.  In welcher Form wird vom zuständigen Bundesministerium vor einer Bewilligung zur Notifizierung geprüft, ob es in Österreich genügend Kapazitäten für die Beseitigung/Verwertung der zu exportierenden Abfälle gibt?

2.            Wie wird sichergestellt, dass nur Abfälle in das Ausland exportiert werden, für die in Österreich keine entsprechenden Kapazitäten vorhanden sind?

3.            Wie viele Abfälle wurden im Jahr 2008 als Siedlungsabfälle in das benachbarte Ausland verbracht, wie viele Abfälle wurden grün gelistet (im vereinfachten Verfahren) verbracht und wie viele Abfälle wurden überhaupt nicht deklariert?

4.            Wie ist es mit dem Anspruch Österreichs, eines der modernsten Länder im Bereich einer nachhaltigen Abfallwirtschaft zu sein, vereinbar, dass der Export von Abfällen in das benachbarte Ausland in Anlagen genehmigt wird, die weit hinter dem Stand der Technik österreichischer Anlagen liegen?

5.            Welche Maßnahmen werden gesetzt um illegale Exporte zu unterbinden?

6.            Wie viele Beamte werden für die Kontrolle der Abfallexporte an den Grenzen       eingesetzt?

7.            Wie viele illegale Exporte wurden im Jahr 2007 und im Jahr 2008 angezeigt?

8.            Wie wird geprüft, ob die angegebenen Entsorgungsmaßnahen im Empfangsstaat           tatsächlich durchgeführt werden und dem österreichischen Stand der Technik       entsprechen?

9.            Für welche Mengen der folgenden Abfallschlüsselnummern der ÖNORM S2100 wurden im Jahr 2008 Import- und Exportanträge gestellt, wie groß ist die jeweils genehmigte Menge und welche Mengen wurden jeweils tatsächlich ein- und ausgeführt.

SN 91101 SN 91103 SN 91105 SN 91107 SN 91108 SN 91206 SN 91207 SN 91401 SN 91402 SN 17201 SN 17202 SN 17115 SN 18101 SN 18401 SN 18407 SN  57801

10.    Wie wird sicher gestellt, dass dem österreichischen Staat durch die Exporte keine Altlastensanierungsbeiträge verloren gehen?

11.    Woran liegt es, dass österreichische Entsorgungsunternehmen, die Abfälle in Österreich beseitigen/verwerten im Bezug auf ihre Abgabenleistung ständig von den zuständigen Zollbehörden überprüft werden, Entsorgungsunternehmen die Abfälle exportieren jedoch weitgehend unbehelligt bleiben?