4556/J XXIV. GP

Eingelangt am 24.02.2010
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Anfrage

der Abgeordneten Mag. Johann Maier

und Genossinnen

an die Bundesministerin für Justiz

betreffend „Betrug und Wirtschaftskriminalität in Österreichs Unternehmen“

Unternehmen, die bei finanzinternen Kontrollen sparen, spüren die Wirtschaftskriminalität besonders. Denn mit Wirtschaftskrisen steigen auch die Wirtschaftsdelikte in Unternehmen. Nach Presseberichten steigen vor allem Diebstahl, Betrug und Unterschlagung (d.h. Vermögensdelikte).

ACFE, eine internationale Vereinigung von Spezialisten zur Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität, geht nun davon aus, dass Wirtschaftskriminalität weiter ansteigen wird. In ihrer Studie über die Auswirkungen der Rezession haben 90 Prozent der befragten betrieblichen Betrugsbekämpfungsexperten (Fraud-Experten) gemeint, dass in den nächsten zwölf Monaten die Fälle weiter zunehmen werden. Wobei „Veruntreuung“ ihrer Meinung nach das häufigste Delikt sein wird.

Sehr deutlich wurde kürzlich Wolfgang Hetzer (Abteilungsleiter bei OLAF), der bei einer

Veranstaltung in Salzburg von einer Symbiose von Wirtschaft und organisierter Kriminalität

(OK) sprach.

Nach seiner Ansicht sind Finanzindustrie, Wirtschaft und Politik teilweise Domäne der

organisierten Kriminalität (OK) geworden. Sie hätten am Aufbau eines Systems mitgewirkt,

das Risken geschaffen habe, die in ihrem Umfang und in ihrem Schadenspotential in der

neueren Wirtschaftsgeschichte ohne Beispiel seien. Auf den Finanzmärkten ortet er eine

„kriminogene Casinokultur“. Oder:


Zwischen einem Businessplan und einer mafiotischen Tatvorbereitung bestand nicht immer

ein Unterschied. In manchen Wirtschaftsunternehmen waren Handlungsmuster organisierter

Kriminalität alltägliche Geschäftspraxis“, erklärte Hetzer (SN 17.02.2010).

Damit waren wohl die bekannten Praktiken von Hypo Alpe Adria, Lehmann Brothers, Hypo

Real Estate, BAE Systems und vieler anderer Unternehmen gemeint.

Presseberichten zufolge beabsichtigt Justizministerin Mag. Bandion-Ortner nun eigene Spezialeinheiten für Wirtschaftsstrafsachen an den vier Oberstaatsanwaltschaften einzurichten.

Die unterzeichneten Abgeordneten richten an die Bundesministerin für Justiz nachstehende

Anfrage:

1.              Welche Formen von Wirtschaftskriminalität bzw. Wirtschaftsdelikten sind dem Ressort in den letzen Jahren – insbesondere im Jahr 2009 – bekannt geworden (Aufschlüsselung auf Branchen und Bundesländer)?

2.      Welche Maßnahmen wurden bzw. werden seitens des Ressorts aktuell gegen die Formen von Wirtschaftskriminalität ergriffen?

3.              Welche Service- und Beratungsleistungen werden durch das Ressort Unternehmen zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität angeboten?

4.              Welche Haltung nimmt das Ressort zu Tätigkeit von „Whistleblower" ein, die Fälle von Wirtschaftkriminalität in Unternehmen aufdecken bzw. bekannt machen?

5.              Halten Sie zusätzliche gesetzliche Regelungen zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität bzw. der organisierten Kriminalität für notwendig?

Wenn ja, welche?

6.              Wann sollen – entsprechend ihrer Ankündigung – bei den vier Oberstaatsanwaltschaften eigene Kompetenzzentren für Wirtschaftsdelikte eingerichtet werden?

7.              Teilt das Ressort die zitierten Auffassungen des OLAF-Abteilungsleiter Wolfgang Hetzer?

Wenn ja, welche gesetzlichen oder sonstigen Maßnahmen sind aus Ressortsicht notwendig, um diese „Symbiose von organisierter Kriminalität und Wirtschaft“ in Österreich zu zerschlagen?