4656/J XXIV. GP

Eingelangt am 25.02.2010
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Anfrage

 

 

des Abgeordneten Dr. Karlsböck

und weiterer Abgeordneter

 

an die Bundesministerin für Justiz

 

betreffend überlange Verfahren aufgrund von missverständlichen Gutachten – insbesondere bei ärztlichen Kunstfehlern

 

Bei Gerichtsverfahren, die ärztliche Kunstfehler betreffen, werden vom Gericht häufig Gutachten in Auftrag gegeben, die bei der Entscheidungsfindung eine maßgebliche Unterstützung liefern sollen. Jedoch wird dieser Effekt ins Gegenteil gekehrt wenn der Sachverständige innerhalb des Verfahrens mehrmals unterschiedliche und widersprüchliche Ausführungen tätigt.

 

Im Folgenden wird nun stellvertretend an dem Fall einer jungen Dame die Problematik von missverständlichen Gutachten bei ärztlichen Kunstfehlern erläutert. Im konkreten Fall gibt es den begründeten Verdacht einer Überdosierung von Diprivan, denn das Medikament wurde entgegen gängiger Regeln in einer höheren Dosierung und länger als von der Herstellerfirma angegeben, verabreicht. Höchstwahrscheinlich gerieten dadurch die unteren Extremitäten in einen Zerfallsprozess, welche fortschreitende und zahlreiche schmerzhafte Operationen und wochenlange Therapien erforderlich machten. Mittlerweile sitzt die junge Dame im Rollstuhl und benötigt Schmerzmittel in hoher Dosierung.

 

Aufgrund der Klage der jungen Dame wurde vom Gericht ein Gutachten in Auftrag gegeben um in erster Linie die Frage zu klären, ob die Behandlung regelgerecht und somit nach medizinischen Standards durchgeführt wurde. Im Zuge der Verhandlung kam es zu einer mündlichen Erörterung des Gutachtens mit dem Sachverständigen. Auf Basis dieses Gutachtens hat das Landesgericht die Klage abgewiesen. In weiterer Folge hat das Oberlandesgericht im Berufungsverfahren der jungen Dame das Gutachten selbst als widersprüchlich und unschlüssig beurteilt. Das Gutachten und die mündlichen Ausführungen der Sachverständigen waren so widersprüchlich und unschlüssig, dass gesicherte Feststellungen darauf nicht gegründet werden konnten.

 


Infolgedessen hat das Oberlandesgericht dem Erstgericht aufgetragen den Sachverständigen noch eine weitere Gelegenheit zu geben, sein Gutachten widerspruchsfrei zu gestalten, wobei nach Ansicht des Oberlandesgerichtes darauf zu drängen ist, nicht mehr vertretene Positionen und Aussagen unzweifelhaft und unmissverständlich aufzugeben.

 

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an die Bundesministerin für Justiz folgende

 

Anfrage

 

  1. Wie vielen Berufungen hat das Oberlandesgericht Graz aufgrund von missverständlichen Gutachten ab dem Jahr 2000 Folge gegeben?

 

  1. Wie viele davon waren Verfahren über ärztliche Kunstfehler?

 

  1. Wie vielen Berufungen hat das Oberlandesgericht Innsbruck aufgrund von missverständlichen Gutachten ab dem Jahr 2000 Folge gegeben?

 

  1. Wie viele davon waren Verfahren über ärztliche Kunstfehler?

 

  1. Wie vielen Berufungen hat das Oberlandesgericht Linz aufgrund von missverständlichen Gutachten ab dem Jahr 2000 Folge gegeben?

 

  1. Wie viele davon waren Verfahren über ärztliche Kunstfehler?

 

  1. Wie vielen Berufungen hat das Oberlandesgericht Wien aufgrund von missverständlichen Gutachten ab dem Jahr 2000 Folge gegeben?

 

  1. Wie viele davon waren Verfahren über ärztliche Kunstfehler?

 

  1. Gibt es Überlegungen, ähnlich wie bei wissenschaftlichen Beiträgen, eine „Blindüberprüfung“(d.h. das Gutachten wird anonymisiert) eines zweiten Sachverständigen einzuführen, um Widersprüche schon im Vorfeld zu erkennen und somit die Verfahrensdauer zu reduzieren?

 

  1. Mit welchen Konsequenzen müssen Sachverständige rechnen wenn sich die Anzahl an missverständlichen Gutachten häuft?

 

  1. Wie vielen Sachverständigen wurde ab dem Jahr 2004 die Rezertifizierung versagt? (Aufgeschlüsselt nach Jahren und Bundesländern)

 

  1. Wie viele davon waren Sachverständige aus dem Gesundheitsbereich?