5156/J XXIV. GP

Eingelangt am 23.04.2010
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

ANFRAGE

 

des Abgeordneten Dr. Karlsböck

und weiterer Abgeordneter

 

an den Bundesminister für Gesundheit

betreffend fehlerhafte Silikonimplantate – weitere negative Auswirkungen des „Gesundheitstourismus

 

 

Viele europäische Medien berichteten über fehlerhafte Silikonimplantate eines französischen Herstellers und den damit verbundenen Gesundheitsrisiken.

 

Ein diesbezüglicher Artikel lautet wie folgt:

„…Französische Behörden warnen vor Brustimplantaten der konkursgegangenen Firma Poly Implant Prothèse (PIP). Bei diesen Implantaten ist es verstärkt zu Rissen gekommen, da ein nicht zugelassenes Silikon-Gel verwendet worden ist. Die Staatsanwaltschaft von Marseille hat Ermittlungen wegen Irreführung, Fälschung und Lebensgefährdung anderer gegen Poly Implant Prothèse aufgenommen. (…) Gestern wurden von der Medizinaufsichtsbehörde für Medizinprodukte alle Implantat-Modelle von PIP aus dem Handel genommen. In Frankreich wurden seit 2001 schätzungsweise 35.000 bis 45.000 solcher mangelhafter Implantate eingesetzt. Allerdings exportierte PIP 90 Prozent seiner Produktion ins Ausland. (…) Silikon selbst gilt als relativ ungefährlich für das Gewebe. Da PIP aber ein nicht zugelassenes Gel verwendet hat, rufen die Behörden zur Wachsamkeit auf und empfehlen, die Implantate zeitnah entfernen zu lassen…“

 

Aufgrund dieser Berichterstattung kam es auch in Österreich zu einer wachsenden Verunsicherung. Der Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie (ÖGPÄRC), Univ. Doz. Dr. Helmut Hoflehner, konnte aufgrund der hohen österreichischen Qualitätsstandards eine Entwarnung für in Österreich eingesetzte Implantate aussprechen.

 

Die diesbezügliche Stellungnahme lautet wie folgt:

„…In Österreich wurden diese Implantate nicht verkauft. Bei uns wird Qualitätssicherung besonders groß geschrieben, weshalb wir auf hochwertige Produkte setzen. Außerdem wird jedes eingesetzte Implantat in ein Register eingetragen, wodurch wir einen perfekten Überblick über alle verwendeten Implantate haben. Bereits 1996 wurde von Univ. Doz. Dr. Hoflehner das Österreichische Implantatregister für Silikonimplantate gegründet (…) Das Register ist mittlerweile das größte weltweit...“


 

Mittlerweile konsumieren viele Österreicher Schönheitsoperationen im nahegelegenen Ausland. Aufgrund fehlender bzw. geringer Qualitäts- und Sozialstandards können diese im Ausland erheblich billiger angeboten werden als in Österreich. Beispielsweise besteht bei einer Brustvergrößerung das Risiko, dass keine hochwertigen Implantate verwendet werden. Darüber hinaus besteht, durch fehlende oder lückenhafte Register, kein ausreichender Überblick über die verwendeten Implantate, um bei später auftretenden implantatbedingten Gesundheitsrisiken adäquat und rasch reagieren zu können. Diese Situation kann bei österreichischen „Gesundheitstouristen“ zu Komplikationen oder sogar bis zum Tod führen. Beispielsweise verstarb bereits eine Burgenländerin nach einer Schönheitsoperation im Ausland.

 

Diese negativen Entwicklungen im Bereich der freiwilligen Schönheitsoperationen stellen nur die „Spitze des Eisbergs“ dar. Im Bereich der notwendigen Gesundheitsleistungen wird dieser „Gesundheitstourismustrend“ seitens der österreichischen Systempartner schon jahrelang billigend in Kauf genommen. So stehen zahnmedizinische Behandlungen aufgrund der hohen Selbstbehalte ganz oben auf den Wunschlisten der „Gesundheitstouristen“. Hierbei gibt es noch das Paradoxon, dass die Krankenkassen die im Ausland anfallenden Kosten - nach Vorlage einer Rechnung - oftmals zur Gänze übernehmen. Dieses sozialpolitische Outsourcing, welche eine Vorstufe zur Zwei-Klassen in der Zahnmedizin darstellt, geht einerseits zu Lasten der bestmöglichen Behandlung jedes Patienten und andererseits entsteht ein enormer volkswirtschaftlicher Schaden durch den Abfluss von österreichischen Sozialversicherungsgelder ins Ausland. Zusätzlich kommt es zu einem hohen Verlust an heimischen Arbeitsplätzen (Optiker, Zahntechniker, Medizinhandel etc.).

 

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Gesundheit folgende

 

ANFRAGE

 

1.    Sind Ihrem Ressort jährliche Zahlen bzw. Schätzungen über die im Ausland durchgeführten Schönheitsoperationen bekannt und wenn ja, wie sehen diese Zahlen für die letzten 5 Jahre aus?

 

2.    Sind Ihrem Ressort ab dem Jahr 2008 Fälle bekannt, wo aufgrund einer Schönheitsoperation im Ausland Komplikationen bzw. Todesfälle aufgetreten sind?

 

3.    Welcher Art waren diese Komplikationen und kam es im Rahmen von notwendigen Nachoperationen bzw. -behandlungen zu einer Kostenübernahme durch die jeweilige Krankenkasse?

 

4.    Sind ihrem Ressort jährliche Zahlen bzw. Schätzungen über die im Ausland durchgeführten zahnmedizinischen Behandlungen bekannt und wenn ja, wie sehen diese Zahlen für die letzten 5 Jahre aus?

 

5.    Sind ihrem Ressort ab dem Jahr 2008 Fälle bekannt, wo Komplikationen aufgrund einer zahnmedizinischen Behandlung im Ausland aufgetreten sind?

 

6.    Welcher Art waren diese Komplikationen und kam es im Rahmen von notwendigen Nachoperationen bzw. -behandlungen zu einer Kostenübernahme durch die jeweilige Krankenkasse?

 

7.    Welche Maßnahmen gibt es auf EU-Ebene, um einheitlich hohe Qualitätsstandards im medizinischen Bereich zu etablieren und in weiterer Folge zu kontrollieren?