Eingelangt am 12.01.2009
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ANFRAGE
der Abgeordneten Brunner, Freundinnen
und Freunde
an den Bundesminister für
Wirtschaft & Arbeit
betreffend Energieeffizienz und
Umsetzung der Energieeffizienzrichtlinie
Der Energieverbrauch Österreichs steigt weiterhin stark
an: Der energetische Endverbrauch hat sich seit 1970 beinahe verdoppelt und
stieg im letzten Jahrzehnt beinahe mit 2 Prozent pro Jahr an. Damit
wächst der Energieverbrauch in etwa so stark wie Österreichs Wirtschaft.
Die Energieintensität, also der auf die Wirtschaftsleistung bezogene
Energieverbrauch, stagniert somit, in einigen Sektoren – insbesondere im
Dienstleistungssektor – steigt sie sogar an. Es besteht dringender
Handlungsbedarf, das Energieverbrauchswachstum zu reduzieren und eine
Trendwende herbeizuführen, um den Energieverbrauch auch in absoluten
Zahlen zu senken. Nur so können endliche fossile Ressourcen geschont, die
Energie-Importabhängigkeit gesenkt und den internationalen Verpflichtungen
zur Senkung der Treibhausgasemissionen nachgekommen werden.
Nicht zuletzt durch die Annahme des Energie-/Klimapakets der
EU ist der Bedarf zur Effizienzsteigerung nun auch längerfristig
verbindlich vorgegeben: Neben der Reduktion der Treibhausgasemissionen um 20
Prozent und die Anhebung des Anteils erneuerbarer Energie auf 20 Prozent
besteht auch das Ziel der Anhebung der Energieeffizienz um 20 Prozent bis 2020.
Einen wesentlichen ersten Schritt zur Erhöhung der
Energieeffizienz stellt die „Richtlinie 2006/32/EG des Europäischen
Parlaments und des Rates vom 5. April 2006 über Endenergieeffizienz und
Energiedienstleistungen und zur Aufhebung der Richtlinie 93/76/EWG des
Rates“ dar.
Zweck der Richtlinie ist die Steigerung der Effizienz der
Endenergienutzung in den Mitgliedstaaten und die Schaffung der Voraussetzungen
für die Entwicklung und Förderung eines Markts für
Energiedienstleistungen und für andere Maßnahmen zur Steigerung der
Energieeffizienz beim Endkunden. Die Richtlinie wendet sich dazu an
- Anbieter von Energieeffizienzmaßnahmen,
Energieverteiler, Verteilernetzbetreiber und
Energieeinzelhandelsunternehmen (Art. 2)
- Endkunden, mit Ausnahme von Unternehmen, die in den
Europäischen Emissionshandel eingebunden sind (Art. 2)
- in Teilbereichen an Streitkräfte(Art. 2)
- den öffentlichen Sektor, der eine Vorbildfunktion
wahrzunehmen hat (Art. 5)
Jeder Mitgliedstaat muss Programme und Maßnahmen zur
Verbesserung der Energieeffizienz festlegen (Art. 4 Abs. 3 der Richtlinie) und
der Europäischen Kommission drei Energieeffizienz-Aktionspläne (EEAP)
vorlegen. Der erste EEAP ist bis 30. Juni 2007, der zweite EEAP bis 30. Juni
2011 und der dritte EEAP bis spätestens 30. Juni 2014 vorzulegen. Der
zweite und dritte EEAP müssen auch eine Evaluierung und Analyse des
jeweils vorhergegangenen Planes enthalten (Art. 14 Abs. 2). Der erste EEAP
wurde im Juni 2007 vorgelegt.
Das quantitative Einsparziel durch die Umsetzung der
Richtlinie ist es, im neunten Jahr ihrer Anwendung den Einsparrichtwert von 9
Prozent der Endenergie zu erreichen (Art. 4 und Anhang 1 der Richtlinie). Der
nationale Energieeinsparrichtwert für Österreich wurde im ersten EEAP
für das Jahr 2016 mit 80,4 PJ festgelegt, das Zwischenziel für 2010
(gem. Art. 14 Abs. 2 der Richtlinie) beträgt 17,9 PJ . Die Einsparungen
müssen durch Energiedienstleistungen und anderen
Energieeffizienzmaßnahmen erreicht werden. Zur Beurteilung der
Einsparungen muss ein Monitoringsystem eingerichtet werden, das sukzessive
EU-weit harmonisiert werden soll (Art. 15 der Richtlinie). Auf nationaler Ebene
ist eine Stelle zu benennen, welche die gesetzten Maßnahmen
überprüft, die Energieeinsparungen ermittelt und darüber
berichtet (Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie). Das BMWA hat dazu im April 2008 die
Österreichische Energieagentur als Energieeffizienz-Monitoringstelle
benannt.
Die Rechts- und Verwaltungsvorschriften zur Umsetzung der
Richtlinie müssen bis 17. Mai 2008 erlassen werden (Art. 18 Abs. 1).
Ein wesentliches Instrument zur Umsetzung der Richtlinie stellt die
„Vereinbarung zwischen Bund und Ländern gemäß Art. 15a
B-VG zur Umsetzung der Richtlinie 2006/32/EG über
Endenergieeffizienz“ dar, die als Entwurf bereits am 20. August 2007
ausgesendet wurde, Ende der Begutachtungsfrist war der 20. September 2007. Die
Vereinbarung ist aber bis dato nicht in Kraft getreten.
Zur Einsparungsverpflichtung von Energieverteiler,
Verteilernetzbetreiber und Energieeinzelhandelsunternehmen können
verschiedene Instrumente eingesetzt werden, so können sie etwa zur
Finanzierung von Fonds verpflichtet werden (Art. 6 Abs. 2 lit. a cif. ii bzw.
Art. 11) oder freiwillige Vereinbarungen geschlossen werden, die auch
öffentlich zugänglich gemacht werden müssen (Art. 6 Abs. 2 lit.
b). In Österreich soll lt. Angaben im ersten EEAP der Weg über freiwillige
Vereinbarungen gegangen werden, die entsprechenden Vereinbarungen liegen
ebenfalls noch nicht vor.
In der Sitzung des Ministerrates vom 23. Jänner 2008
wurde die Energie-Control GmbH mit der Erstellung eines „Grünbuchs
Energieeffizienz“ beauftragt. Lt. Angabe der Energie-Control GmbH
enthielt dieser Auftrag „[..] ein Grünbuch zur Dämpfung des
Stromverbrauchswachstums sowie des Energieverbrauchswachstums vorzubereiten, in
dem Maßnahmenoptionen bewertet werden und für eine wirksame
Umsetzung erforderliche gesetzliche Anpassungen anzugeben sind.“
Dieses Grünbuch wurde in einem ersten Entwurf bei einem Symposium am 3.
Juli 2008 vorgestellt und am 13. Oktober 2008 in seiner Endfassung
präsentiert.
Das Regierungsprogramm für die XXIV.
Gesetzgebungsperiode behandelt Energieeffizienz sowohl im Kapitel
„Energie“ als auch in Kapitel „Klima und Umwelt“. Dabei
werden als wesentliche Vorschläge ein „Masterplan
Energieeffizienz“ und ein „Energieeffizienzgesetz“ genannt,
ohne jedoch näher auf deren Inhalte einzugehen.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende
ANFRAGE:
- Aus welchen Gründen unterblieb die Erlassung der
für die Umsetzung der Richtlinie erforderlichen Rechts- und
Verwaltungsvorschriften bis 17. Mai 2008?
- Welche konkreten Schritte zur Umsetzung der Richtlinie
erfolgten bis 31. Dezember 2008 und welche Rechts- und
Verwaltungsvorschriften wurden dazu erlassen bzw. welche weiteren
Maßnahmen wurden gesetzt?
- Wie weit ist die „Vereinbarung zwischen Bund und
Ländern gemäß Art. 15a B-VG zur Umsetzung der Richtlinie
2006/32/EG über Endenergieeffizienz“, die als Entwurf bereits
am 20. August 2007 zur Begutachtung ausgesendet wurde, per 31. Dezember
2008 gediehen?
- Was sind die Gründe für das bisherige
Nicht-Zustandekommen dieser Vereinbarung, insbesondere in Anbetracht der
verstrichenen Umsetzungsfrist und über welche Fragestellungen konnte
bis dato kein Einvernehmen zwischen Bund und Ländern gefunden werden?
- Welche Änderungen bestehen zwischen dem
Begutachtungsentwurf für diese Vereinbarung und dem derzeit aktuellen
Verhandlungsstand?
- Wann soll diese Vereinbarung zwischen Bund und
Ländern gemäß Art. 15a B-VG unterzeichnet werden und in
Kraft treten?
- Welche konkreten Maßnahmen planen Sie, um der von
der Richtlinie in Art. 5 geforderten Vorbildfunktion des öffentlichen
Sektors nachzukommen und welche Maßnahmen haben Sie bereits gesetzt?
- Wie gestalten Sie diese Vorbildfunktion auf Seiten des
Bundes insbesondere hinsichtlich des Zusammenwirkens der einzelnen
Ministerien?
- Welche der nach Art. 6 der Richtlinie möglichen
freiwilligen Vereinbarungen sollen abgeschlossen werden, wer sind die
jeweiligen Vertragspartner und was ist jeweilige Inhalt dieser
Vereinbarungen?
- Aus welchen Gründen kamen derartige Vereinbarungen
bis dato nicht zustande?
- Wie stellen Sie sicher, dass die aufgrund der freiwilligen
Vereinbarungen gesetzten Maßnahmen zu Energieeinsparungen
führen und wie werden diese nachgewiesen?
- Welche Sanktionsmechanismen für den Fall des
Verfehlens der vereinbarten Ziele werden Sie in den freiwilligen
Vereinbarungen festlegen?
- Ziehen Sie die Schaffung eines Fonds zur Finanzierung von
Durchführung von Energieeffizienzprogrammen und anderen
Energieeffizienzmaßnahmen lt. Art. 11 der Richtlinie in Betracht?
- Wenn ja, wie soll dieser Fonds ausgestaltet werden, wie
und in welcher Höhe soll er dotiert werden und welche
Maßnahmen sollen damit finanziert werden?
- Wenn nein, warum nicht?
- Nach welchen Kriterien werden durch wen die Einsparungen
durch bereits ab 1995 bzw. 1991 gesetzten Energieeffizienzmaßnahmen
(sog. „early actions“, Anhang I der Richtlinie) bewertet und
auf die jährlichen Energieeinsparungen angerechnet?
- Welcher Anteil am Energieeinsparrichtwert für 2016
bzw. am Zwischenziel für 2010 werden voraussichtlich durch diese sog.
„early actions“ erbracht?
- Gibt es bundesweit einheitliche Monitoring-Mechanismen,
anhand derer die Energieeinsparungen aufgrund von Energiedienstleistungen
oder anderen Energieeffizienzmaßnahmen, einschließlich bereits
getroffener Energieeffizienzmaßnahmen aller Verpflichteten (Bund,
Länder, Unternehmen) bewertet werden?
- Wenn ja, wie sind diese ausgestaltet und wer wendet sie
an?
- Wenn nein, warum nicht?
- Auf welche Art und Weise und durch wen beteiligt sich
Österreich an der Entwicklung des in der Richtlinie vorgesehenen
harmonisierten europäischen Berechnungsmodell für die Messung
der jährlichen Verbesserungen der Energieeffizienz laut
Energieeffizienz- und Energiedienstleistungsrichtlinie?
- Wann wird dieses harmonisierte Modell aus ihrer Sicht in
Kraft treten?
- Welcher Zusammenhang besteht zwischen der Tätigkeit
der Energie-Control GmbH, die im Auftrag des Ministerrats das
„Grünbuch Energieeffizienz“ erstellt hat und jener der
Österreichischen Energieagentur, die mit den Aufgaben der
Energieeffizienz-Monitoringstelle im Rahmen der Umsetzung der Richtlinie
2006/32/EG beauftragt wurde?
- Welcher Zusammenhang besteht zwischen dem im Juni 2007
vorgelegten ersten Energieeffizienz-Aktionsplan, der eine Reihe
effizienzsteigender Maßnahmen enthält und dem von der
Energie-Control im Oktober 2008 vorgelegten „Grünbuch
Energieeffizienz“?
- Welche Synergien bestehen bzw. bestanden zwischen der
Tätigkeit der E-Control GmbH, die mit der Erstellung des
„Grünbuchs Energieeffizienz“ beauftragt wurde und jener
der Österreichischen Energieagentur, die lt. Regierungsprogramm
für die XXIII. Gesetzgebungsperiode mit der „[..] Koordinierung
eines nationalen Energieeffizienz-Aktionsprogramms“ wahrgenommen
hat?
- Wie werden bzw. wurden diese genützt und wie stellen
Sie deren Nutzung sicher?
- Welche Synergien bestehen bzw. bestanden zwischen der
Tätigkeit der E-Control GmbH, die mit der Erstellung des
„Grünbuch Energieeffizienz“ beauftragt wurde jener der
Österreichischen Energieagentur, die vom BMWA mit den Aufgaben
für die Energieeffizienz-Monitoringstelle im Rahmen der Umsetzung der
EDL-RL beauftragt wurde?
- Wie werden bzw. wurden diese genützt und wie stellen
Sie deren Nutzung sicher?
- Auf welche Rechtsgrundlage bezog sich die Beauftragung der
Energie-Control GmbH mit der Erstellung eines „Grünbuchs
Energieeffizienz“ durch den Ministerrat am 23. Jänner 2008?
- Wie lautete die Beauftragung im Ministerratsvortrag vom 23.
Jänner 2008 und wie wurde diese begründet?
- Wie und von wem wurden auf Basis welcher rechtlichen
Grundlage die Kosten für die Erstellung des „Grünbuchs
Energieeffizienz“ und des Energieeffizienz-Symposiums vom 3. Juli
2008 getragen und wie hoch waren diese?
- Welche Aktivitäten planen Sie bzw. die
Energie-Control GmbH zur weiteren Verwertung der Ergebnisse des
„Grünbuchs Energieeffizienz“ und zur Umsetzung der im
Grünbuch enthaltenen Empfehlungen?
- Auf welche rechtliche Grundlage bezieht sich die Befassung
der Energie-Control GmbH mit dem Thema Energieeffizienz, insbesondere
außerhalb der Elektrizitäts- und Gaswirtschaft? Bitte mit
Angabe der Rechtsquellen.
- Welche Inhalte planen Sie für den im
Regierungsprogramm für die XXIV. Gesetzgebungsperiode geplanten
Masterplan-Energieeffizienz und welchen Zweck soll dieser Masterplan
erfüllen?
- Durch wen soll dieser Masterplan erstellt werden und wer
soll in die Erstellung mit einbezogen werden?
- Inwieweit soll der geplante Masterplan-Energieeffizienz
zur Umsetzung der Richtlinie 2006/32/EG dienen, bzw. welche Inhalte der
Richtlinie sollen damit umgesetzt werden?
- Welche Inhalte planen Sie für das im
Regierungsprogramm für die XXIV. Gesetzgebungsperiode geplante
Energieeffizienzgesetz?
- Inwieweit soll das geplante Energieeffizienzgesetz zur
Umsetzung der Richtlinie 2006/32/EG dienen, bzw. welche Inhalte der
Richtlinie sollen damit umgesetzt werden?
- Soll das geplante Energieeffizienzgesetz als Ersatz
für die vorgeschlagene Vereinbarung zwischen Bund und Ländern
gemäß Art. 15a B-VG zur Umsetzung der Richtlinie 2006/32/EG
über Endenergieeffizienz dienen? Bitte mit Begründung.
- Auf welche Art und Weise planen Sie, die im
Regierungsprogramm für die XXIV. Gesetzgebungsperiode geplante
Maßnahme „Energieeffizienz als Kriterium bei öffentlichen
Ausschreibungen“ umzusetzen?
- Welche Energieeinsparungspotenziale liegen im
Zuständigkeitsbereich ihres Ressorts und welche Aktivitäten
planen Sie, um diese Potenziale bis wann zu heben?
- Was bedeutet aus ihrer Sicht das EU-Ziel der Verbesserung
der Energieeffizienz um 20 Prozent bis 2020 für Österreich?