6103/J XXIV. GP

Eingelangt am 09.07.2010
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

des Abgeordneten Bgm. Gerhard Köfer und

Kollegen und Kolleginnen

An die Bundesministerin für Inneres

betreffend des vom BMI mitfinanzierten Projektes OSETO sowie des Projektträgers "Genius"

In einer parlamentarischen Anfrage vom 5. November 2009 (3588/J) wurde das Ministerium bereits zum Integrationsprojekt OSETO befragt. Die damals vom Ministerium gegebenen Antworten ließen einige Fragen offen.

Am augenscheinlichsten ist dabei auf den ersten Blick die Diskrepanz von rund 90.000 €, die zwischen der der Anfragebeantwortung durch das Ministerium beigefügten Beilage und den auf der Homepage des Innenministerium vorhandenen Tabellen des Europäischen Flüchtlingsfonds u. Europäischen Integrationsfonds über die vom BMI mitfinanzierten Projekte von "Genius" im Zeitraum 2008 u. 2009 existiert.

Laut Antwort des Ministeriums (3573/AB) bzw. deren Beilage erhielt "Genius" vom BMI in der Zeit von 01.10.2008-30.06.2010 insgesamt 193.729,37 €, davon entfielen in besagtem Zeitraum 46.327,04 € auf Sprachkurse, 89.692,91 € auf eine Integrationsplattform u. 57.709,42 € auf interkulturelle Kurse mit Treffen mit Verwaltungsbehörden.

Laut Tabellen des Europäischen Integrationsfonds u. des Europäischen Flüchtlingsfonds, die auf der Homepage des BMI zu finden sind, überwies das BMI in den Jahren 2008 u. 2009 an "Genius" aber insgesamt viel mehr nämlich die satte Summe von 283.909,37 €. Zusammen mit den Förderungen, die vom Europäischen Flüchtlingsfonds u. dem Europäischen Integrationsfonds ausbezahlt wurden, erhielt "Genius" in Kärnten zwischen 2008 u. 2009 daher sage und schreibe 747.818,74 € u. zwar für die Projekte "Integrations-Netzwerkaufbau Sprachkurse und interkulturelles Training" sowie "Integrationsführerschein für MigrantInnen".

Erwähnenswert – weil sehr auffallend – ist die Tatsache, dass "Genius" als einziger Projektträger von ganz Österreich mit ein und demselben Projekt (nämlich "Integrationsführerschein für MigrantInnen") im Jahr 2008 vom Europäischen        Integrationsfonds aus insgesamt 3 der 6 vom Europäischen Integrationsfonds zur Auswahl gestellten Maßnahmen Fördergelder bezog. Und bei diesen drei Maßnahmen, bei denen "Genius" Geld erhielt – nämlich Maßnahme 1 (Integrations- u. Sprachkurse), Maßnahme 2 (Integration u. Kommunikation) sowie Maßnahme 5 (Maßnahme zur besseren innerstaatlichen Vernetzung, Austausch und interkultureller Kapazitätenaufbau) – war "Genius" jener Projekträger, der überall österreichweit die höchste Geldsumme zuerkannt erhielt.

Hinter "Genius" (GLOBAL EDUCATION NETWORK FOR KNOWLEDGE TRANSFER - auch als GLOBAL EDUCATION&TRAINING NETWORK FOR KNOWLEDGE TRANSFER AND LIFE LONG LEARNING bezeichnet) steht laut Internet eine gewisse K.I.S.T. Consulting, welche von einer gewissen Ingrid Trenner als Managing Director geführt wird. Ingrid Trenner war auch Gegenstand der eingangs erwähnten parlamentarischen Anfrage vom 5. November 2009, weil sie als Projektleiterin des am 29.10.2009 in einer Pressekonferenz von Kärntens Landeshauptmann Gerhard Dörfler vorgestellten Integrationsprojektes OSETO genannt wurde bzw. in Erscheinung trat.

Aufgrund der oben geschilderten Faktenlage ist es erstaunlich bzw. vielmehr erklärungsbedürftig, warum die Abgeordneten auf ihre am 5. November 2009 gestellte Anfrage, ob das BMI dem Verein Genius schon früher – also vor dem Projektstart von OSETO, der mit der Pressekonferenz am 29.10.2009 angesetzt werden kann – finanzielle Unterstützung zu Teil werden ließ, die Antwort "Nein" erhielt. Ebenso erklärungsbedürftig ist die Antwort auf Frage 10, die die Abgeordneten damals stellten u. die lautete: "Welche Erfahrung besitzt der Verein Genius im Bereich der Integrations- und Migrationsarbeit?" Die - angesichts der vom BMI zwischen 2008 u. 2009 für Integrationsmaßnahmen an "Genius" überwiesenen Gelder in Höhe von 283.909,37 € - unglaubliche Antwort des Ministeriums auf diese Frage lautete: "Die Beantwortung dieser Frage fallt nicht in den Vollzugsbereich des Bundesministeriums für Inneres."

In der Anfrage vom 5. November 2009 bemängelten die Abgeordneten die Unprofessionalität der Homepage des Projektes OSETO. Es fanden sich damals relativ wenig konkrete Infos. Das hat sich seither nicht wesentlich verändert. Die Angaben über durchgeführte Maßnahmen sind nach wie vor außerordentlich spärlich. Auffallend ist, dass unter "Team" nur Prof. MMag. Ingrid Trenner zu finden ist. Äußerst bescheiden auch die Infos über abgewickelte Projekte. Unter "Galerien" etwa steht bei der Integrationstagung, die am 11.03.2010 im Gemeindezentrum St. Ruprecht (Klagenfurt) stattgefunden hat, folgende völlig nichtssagende Passage: '"Die Integration von Migranten in die heimische Gesellschaft ist eine Kernaufgabe der Zukunft, die uns alle betrifft'. Diese und viele andere Botschaften erreichten die rund 50 Teilnehmer der 1. Interkulturellen Tagung in Klagenfurt". In der Folge wird Trenner mit den Worten zitiert: "Wir konnten nicht nur viele der wesentlichen Akteure im heimischen Integrationsprozess anlässlich dieser Tagung begrüßen, sondern auch durch die verschiedenen Vorträge und den anschließenden Workshop zahlreiche Anregungen und Verbesserungsmöglichkeiten für den Integrationsprozess erarbeiten". Welche "wesentlichen Akteure im heimischen Integrationsprozess" tatsächlich bei dieser Tagung zugegen waren, wird verschwiegen. Denn die später namentlich genannten Mag. Werner Sattlegger (ein Führungskräftetrainer), Dr. Gerhard Herbst (Bildungsbeauftragter des Landes Kärnten) sowie Mag. Helga Grafschafter (Gleichbehandlungsbeauftragte des Landes Kärnten) können wohl kaum als wesentliche Akteure im heimischen Integrationsprozess gesehen werden. Ebenso wenig übrigens wie der indische Berater, Dr. Raj Sethia, dessen Namen übrigens in einem völlig anderen Zusammenhang aber in Verbindung mit dem Namen Ingrid Trenner auftaucht: In der letzten des in offenbar nur sieben Ausgaben erschienenen Newsletter der K.I.S.T Consult verfasste er einen Artikel. (Siehe dazu: KIST VET - NEWSLETTER 01/2007, Page 8-10) Das war im Jahre 2007. Einen positiven Effekt – zumindest für Frau Ingrid Trenner – hatte die Integrationstagung im Gemeindezentrum St. Ruprecht am 11.03.2010 jedenfalls: Sie schaffte es immerhin in der größten Kärntner Tageszeitung in die Rubrik "Kärntner des Tages". (Siehe dazu: www.kleinezeitung.at/kaernten/kaerntnerdestages/2310914)

Zusammenfassend stellt sich der ganze Sachverhalt für die Abgeordneten wie folgt dar: Es scheinen hier viel zu hohe Geldsummen an eine Einzelperson mit wenig ausgewiesener einschlägiger Fachkompetenz überwiesen worden zu sein, wobei der Nutzen für die Thematik Integration als sehr bescheiden bezeichnet werden kann. Durch die kritische Anfrage der Abgeordneten am 5. November 2009 wurde es dem Ministerium ermöglicht, hellhörig auf den Projektträger "Genius" zu werden.

Zur weiteren Klärung des gesamten Sachverhaltes stellen die Abgeordneten folgende

Anfrage:

 

1.             Läuft das Projekt "OSETO" noch, oder wurde dieses Projekt inzwischen beendet? (Falls beendet: Wann?; Falls noch nicht beendet: Wann ist das Ende vorgesehen?)

2.             Wie viel Geld wurde bisher für "OSETO" von Seiten des Ministeriums an "Genius" ausbezahlt? (Bitte um genaueste Angaben über die Art der Verwendung der Gelder)

3.             Wie viel Geld wird insgesamt für "OSETO" an "Genius" ausbezahlt und wofür? (Bitte um genaueste Angaben über die Art der Verwendung)

4.             Ist es richtig, dass ein Ziel des Projektes "OSETO" ist, mit einer Reihe von Maßnahmen Drittstaatsangehörige besser in Österreich zu integrieren. Wenn ja: Welche Maßnahmen wurden im Projektverlauf gesetzt? (Bitte um detaillierteste Angaben der Maßnahmen) Wenn nein: Welches Ziel bzw. welche Ziele verfolgt(e) "OSETO" dann?

5.             Wie viele Drittstaatenangehörige wurden wie lange vom Projekt "OSETO" genau betreut u. aus welchen Ländern kamen diese Personen? (Bitte um detaillierteste Angaben über Alter, Geschlecht u. Bildungsstand der betreuten Personen)

6.             Welche Projekte wurden von "OSETO" tatsächlich abgewickelt? (Bitte um genaueste Angabe über die Art der Projekte, Teilnehmerzahl u. Verwendung der Gelder?)

7.             Ist es richtig, dass für die sogenannten "Interkulturellen Kurse der Verwaltung" das Hotel Lindner am Wörthersee gewählt wurde u. alle ca. 84 Kursteilnehmer kostenlos für die Kursdauer untergebracht wurden? (Wenn ja: Wie viele Kursteilnehmer wurden untergebracht u. woher kamen diese u. von welchen Organisationen? Wenn ja: Waren unter den TeilnehmerInnen auch MitarbeiterInnen des BMI? Wenn ja: Wie viele? Wenn ja: Waren unter den TeilnehmerInnen auch MitarbeiterInnen des ÖIF? Wenn ja: Wie viele? Wenn ja: Wie viel hat die Unterbringung gekostet? Wie viel davon wurde durch Gelder a) des BMI, b) des EFF, c) des EIF u. d) des ÖIF bezahlt?)

8.             Welche Kosten verursachte die Integrationstagung im Gemeindezentrum St. Ruprecht? (Bitte um genaue Angaben der Kosten für Referenten, Saalmiete, Buffet etc.)

9.             Welche Referenten sprachen bei der Integrationstagung im Gemeindezentrum St. Ruprecht u. zu welchem Thema?

10.      Wie viel kostete der indische Referent Dr. Raj Sethia? (Bitte um Angabe sämtlicher Kosten also Reisekosten, Aufenthaltskosten u. Referentenhonorar)

11.      Ist es richtig, dass gegen "Genius" bei der AK derzeit mehrere Verfahren wegen Entgeltvorenthalts im Laufen sind? (Wenn ja: Wie viele?)

12.      Wie viele MitarbeiterInnen hat/hatte "Genius" u. mit welcher Qualifikation?

13.      Welche Art der Anstellung haben/hatten diese MitarbeiterInnen u. wie hoch ist/war deren Stundenlohn? (Bitte um genaue Aufstellung der Laufzeit der Dienstverhältnisse)

14.      Wie viele ProjektmitarbeiterInnen hat/hatte das Projekt OSETO u. welche Qualifikation haben bzw. hatten diese?

15.      Welche Art der Anstellung haben/hatten diese MitarbeiterInnen u. wie hoch ist deren Stundenlohn? (Bitte um genaue Aufstellung)

16.      Wie viel Honorarnote streift Frau Trenner für das Projekt "OSETO" insgesamt vom BMI ein?

17.  Wie viel Honorarnote streifte Frau Trenner von 2008 bis zum jetzigen Zeitpunkt vom BMI ohne Berücksichtigung des Projektes "OSETO" ein?


18.      Warum wurden in der Anfragebeantwortung des Ministeriums (3573/AB) die Fragen 10 u. 11 der Anfrage (3588/J) nicht wahrheitsgetreu beantwortet u. wer zeichnet dafür verantwortlich?

19.      Wie erklärt sich die Diskrepanz von 90.180 € zwischen den Angaben bezüglich Fördergelder 2008/2009 des BMIs für "Genius" in der Anfragebeantwortung (3573/AB) bzw. deren Beilage sowie den Angaben auf den Förderlisten von EFF u. EIF auf der Homepage des BMI?

20.  Ist es richtig, dass der Österreichische Integrationsfonds unter Leitung von Dr. Alexander Janda im Auftrag des Innenministeriums sowohl die Projekte des Europäischen Flüchtlingsfonds als auch die Projekte des Europäischen Integrationsfonds in Österreich betreut? (Wenn ja, wie viel Geld bekommt dafür der Österreichische Integrationsfonds vom Ministerium überwiesen?)

21.      Ist es richtig, dass der Österreichische Integrationsfonds darüber mitentscheidet, welche Projekte Gelder vom Europäischen Integrationsfonds sowie dem Europäischen Flüchtlingsfonds erhalten?

22.      Ist es richtig, dass der Österreichische Integrationsfonds im Auftrag des BMI im Rahmen der Integrationsvereinbarung Kursinstitute in ganz Österreich zertifiziert und die Kursqualität durch regelmäßige Evaluierung garantiert? (Wenn ja, wie viel erhält der ÖIF jährlich – seit Übertragung dieser Aufgabe – dafür vom BMI? Bitte um genaue jährliche Aufstellung)

23.  Auf der aktuellen Homepage findet sich auf der Liste der zertifizierten Kursanbieter "K.I.S.T- Consulting-GmbH 9800 Klagenfurt, Kohldorferstraße 98" – Wann erfolgte die Zertifizierung durch den ÖIF genau und welche Person(en) hat/haben diese Zertifizierung durchgeführt?

24.  Wie oft wurde "K.I.S.T-Consulting" seit der Zertifizierung durch den ÖIF evaluiert um die Kursqualität sicherzustellen?

 

25.  Welche Maßnahmen hat das BMI nach der kritischen parlamentarischen Anfrage vom November 2009 gesetzt um sicherzustellen, dass die Steuergelder, die vom BMI an das Projekt "OSETO" fließen bzw. flossen, möglichst effizient u. zielführend eingesetzt werden bzw. wurden?

26.       Im Jahr 2008 erhielt "Genius" laut Projektliste des EIF auf der Homepage des BMI für das Projekt "Integrationsführerschein für MigrantInnen" vom BMI insgesamt 193.729,37 € u. vom Europäischen Integrationsfonds, der ja in Österreich vom Österreichischen Integrationsfonds betreut wird, zusätzlich noch sagenhafte 343.729,37 €. Aufgrund dieses massiven Geldflusses an einen einzigen Projektträger für ein Projekt wollen die Abgeordneten bis ins kleinste Detail wissen, wofür das Geld verwendet wurde? (Bis ins kleinste Detail heißt in diesem Zusammenhang: Genauer Wortlaut der Projektbeschreibung, die zu dieser massiven Förderung geführt hat, genaueste Darstellung und Auflistung wie viele Personen aus welchen Ländern in diesem Projekt betreut wurden u. mit welchem Erfolg, genaueste Aufschlüsselung sämtlicher Ausgaben des Projektes bzw. genaueste Aufschlüsselung darüber, wie viel wofür an "Genius" überwiesen wurde)

27.  Erhielt "Genius" bereits vor 2008 Förderungen des BMI? Wenn ja: Wann u. in welcher Höhe?

28.  Erhielt K.I.S.T Consulting irgendwann Förderungen des BMI? (Wenn ja: Wann, wofür u. in welcher Höhe?)

29.  Auf welche Erfahrungen konnte "Genius" im Bereich der Integrations- u. Migrationsarbeit verweisen, dass diesem Projektträger im Jahr 2008 vom BMI 193.729,37 € u. vom Europäischen Integrationsfonds über den Österreichischen Integrationsfonds 343.729;37 € zugesprochen wurden?


30.  Was ist unter dem von "Genius" abgewickelten "Integrationsführerschein für MigrantInnen" zu verstehen? (Wie lauten bzw. lauteten die Kriterien, um einen solchen "Integrationsführerschein" zu erhalten? Was bringt den Migrantinnen dieser "Migrationsführerschein" - sprich wo wird dieser "Migrationsführerschein als Ausbildungszeugnis anerkannt? Wie viele MigrantInnen erhielten den "Integrationsführerschein"? Aus welchen Ländern kamen sie u. welche Ausbildung brachten sie mit bzw. wie alt waren sie u. welches Geschlecht hatten sie? Mussten zur Erlangung des "Integrationsführerscheines" Kurse besucht werden? Falls ja: In welchem Umfang nach Unterrichtseinheiten waren diese Kurse? Wie viele MigrantInnen besuchten diese Kurse? Aus welchen Ländern kamen sie u. welche Ausbildung brachten sie mit bzw. wie alt waren sie u. welches Geschlecht hatten sie? Wie hoch war die Dropout-Rate bei diesen Kursen? Wie lauteten die Lehrinhalte dieser Kurse? Wie viele Lehrkräfte mit welcher Qualifikation und welchem Angestelltenverhältnis wickelten diese Kurse ab?