8104/J XXIV. GP

Eingelangt am 30.03.2011
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

der Abgeordneten Tadler

und weiterer Abgeordneter

an den Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten

betreffend Atomwahnsinn und die Auswirkungen auf Österreich

Nur 150 Kilometer vor der Landeshauptstadt Salzburg, steht der Schrott-Reaktor Isar I in Niederaichbach im Landkreis Landshut in Deutschland. Dieser Schrottmeiler sollte eigentlich 2011 abgeschaltet werden, doch durch die Laufzeitverlängerung der deutschen Bundesregierung wird dieser bis 2020 gefährlichen Atomstrom erzeugen.

Als Konsequenz aus der Atomkatastrophe in Japan lenkte die deutsche Bundesregierung jedoch ein und verkündete ein Laufzeit-Moratorium. Durch dieses Moratorium wurden tatsächlich sieben Atomkraftwerke älterer Bauart für drei Monate vom Netz genommen. Während dieser drei Monate werden die AKWs einer Sicherheitsüberprüfung unterzogen danach soll über den weiteren Betrieb entschieden werden. Eine Sicherheitsüberprüfung der AKWs, die unter dem Pseudonym "Stresstest", in ganz Europa abgehalten werden soll, ist eine gewollte zahnlose Bemühung der Europäischen Kommission. Die Überprüfung wird durch die Betreiber der AKWs stattfinden, wobei sich die Betreiber der Reaktoren sicherlich keine Blöße geben werden. Sollten widererwarten Sicherheitsmängel auftauchen, gibt es keine gesetzliche Grundlage, Sanktionen über die Schrott-Reaktoren Betreiber zu verhängen.

Unter diesen sieben Atomkraftwerken befindet sich auch der Siedewasser-Reaktor Isar I, welcher die gleiche Bauart vorweist wie der Unglücksreaktor in Fukushima. Fünf Stunden nach dem herunterfahren des AKW sank im Druckbehälter des Reaktors der Kühlwasserpegel rapide ab. Dadurch wurde eine NOT-Abschaltung des AKW notwendig. Durch die geringe Entfernung, nicht nur zur Landeshauptstadt Salzburg, sondern auch zu den benachbarten Bundesländern, wäre eine NOT-Evakuierung der betroffenen Bevölkerung in Österreich nicht möglich, da eine atomar verseuchte Wolke innerhalb von wenigen Stunden (max. 3-4 Std) das österreichische Bundesgebiet erreichen kann. Der Vorfall bei der NOT-Abschaltung des AKW Isar I wurde knapp eine Woche geheim gehalten und wurde auch vom E.ON (Isar I Betreiber) Direktor, Johannes Thyssen verschwiegen.

In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage, wie sich die betroffene Bevölkerung bei einem Atomreaktorunglück und einer auf Österreich zuziehenden Reaktorwolke schützen kann. Bei einer sehr geringen Vorlaufzeit sind Schutzmaßnahmen unumgänglich. Alleine die Ausgabe von Kaliumjodid Tabletten reicht offenbar nicht aus. Österreich als atomfreies Land, muss Notfallübungen zum Schutz seiner Bevölkerung durchführen. Nach dem Verursacherprinzip sollten diese Kosten eben durch den Verursacher der Katastrophe getragen werden!


Im Auftrag der Länder Oberösterreich, Niederösterreich, Salzburg und der Wiener Umweltanwaltschaft wurde die Studie "Schwachstellenbericht Siedewasserreaktoren Baulinie 69" in Auftrag gegeben, die die deutschen Altreaktoren Brunnsbüttel, Isar I, Krümmel und Philppsburg betrifft und im Oktober 2010 veröffentlicht wurde.

Aus der Zusammenfassung: "Die schwerwiegenden Konstruktionsmängel können durch Nachrüstungsmaßnahmen nicht ausgeglichen werden. Das Design des Reaktordruckbehälters erfüllt nicht die Grundbedingungen der Basissicherheit, weder hinsichtlich der Minimierung der Anzahl der Schweißnähte noch hinsichtlich der ausreichenden Prüfbarkeit. Die grundlegende Forderung des Basissicherheitskonzeptes nach einem optimierten RDB­Werkstoff ist nicht erfüllt [...]Es besteht bei schweren Unfällen eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine frühe Radionuklidfreisetzung in die Umgebung. Das Brennelemente-Lagerbecken für die hoch-radioaktiven abgebrannten Brennelemente liegt bei der Baulinie 69 im oberen Teil des Reaktorgebäudes außerhalb des Sicherheitsbehälters. Die Gefährdung, die aus dieser Konstruktion bei Erdbeben oder äußeren Einwirkungen resultiert, ist offensichtlich".

Eine weiter Studie, welche im Auftrag der österreichischen Bundesregierung erstellt und somit von österreichischen Steuergeldern finanziert wurde, genannt FLAB DID II-Studie wird aus unerklärlichen Gründen unter Verschluss gehalten. Aus einem Schreiben des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft an den oberösterreichischen Umweltlandesrat R. Anschober kann man nachlesen:

"...Da die sogenannte FLAB DiD II-Studie nach wie vor als Verschlusssache einzustufen ist, kann sie nur an Personen übermittelt werden, die nachweislich einer entsprechenden Sicherheitsüberprüfung unterzogen wurden. Angesichts des großen Interesses an den Ergebnissen dieser Studie haben wir die Studienautoren jedoch gebeten, eine grundsätzlich zur Veröffentlichung geeignete Zusammenfassung zu erstellen und das Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten ersucht, als Koordinator des bilateralen Nuklearinformationsabkommens an die zuständigen deutschen Stellen heranzutreten, um eine Freigabe zur Veröffentlichung dieser Zusammenfassung zu erwirken. Nach langwierigen Konsultationen haben sich die zuständigen deutschen Stellen letztlich entschieden, diese Freigabe zur Veröffentlichung nicht zu erteilen."

Diesbezüglich wurde durch die deutsche Abgeordnete Sylvia Kotting-Uhl (Bündnis 90/Die Grünen) eine Anfrage an den Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit der deutschen Bundesregierung gestellt (90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 17/5015, Frage 52):

Frage: Liegt dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, BMU, die im Auftrag der österreichischen Bundesregierung erstellte sogenannte FLAB-DiD-II Studie zu den Sicherheitsrisiken deutscher Siedewasserreaktoren der Baulinie 69, insbesondere Isar 1, vor, und mit welcher Begründung hat das BMU die Veröffentlichung der bewertenden Zusammenfassung der sogenannten FLAB-DiD-II Studie verweigert -falls die Verweigerung nicht seitens des BMU erfolgte, wird gebeten, die dem BMU bekannten Gründe der verweigernden deutschen Behörde(n) anzugeben?

Antwort der Staatssekretärin Ursula Heinen-Esser: Die dem BMU vorliegende Studie FLAB DID II ist eine Zusammenfassung der Ergebnisse bilateraler Beratungen, die aufgrund des deutsch-österreichischen Nuklearinformationsabkommens in den Jahren 2004 und 2005 stattgefunden haben. Sie beruht auf Daten und Informationen, die teilweise in Deutschland aus Gründen des Geheimschutzes als Verschlusssache eingestuft sind und vom BMU seinerzeit ausdrücklich nur im Rahmen der vereinbarten  Vertraulichkeit  weitergegeben


wurden. Sie dienten nur zur Information innerhalb dieser deutsch-österreichischen Expertengespräche. Die zuständigen österreichischen Ministerien - Lebens- und Außenministerium - haben aus diesem Grund von einer Veröffentlichung der Studie sowie der bewertenden Zusammenfassung abgesehen.

 

In diesem Zusammenhang richten die unterzeichneten Abgeordneten an den Bundesminister für Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten nachstehende

Anfrage:

1.  Habe  Sie Kenntnis von der oben beschriebene  Studie  "Schwachstellenbericht Siedewasserreaktoren Baulinie 69"? Wenn ja, wann und von wem haben Sie davon erfahren?

2.              Welche Schritte haben sie in Verbindung mit der Studie "Schwachstellenbericht Siedewasserreaktoren Baulinie 69" in die Wege geleitet?

3.              Welchen Schluss ziehen Sie, in Bezug auf die Gefahrenquelle der durch die Studie "Schwachstellenbericht Siedewasserreaktoren Baulinie 69" ersichtlich ist, auf die Sicherheit der österreichischen Bevölkerung?

4.              Aus welchem Grund wird die FLAB DID  II  Studie  und  die  dazugehörende Zusammenfassung, welche von der österreichischen Bundesregierung in Auftrag gegeben und von österreichischen Steuergeldern finanziert wurde, unter Verschluss gehalten (Bitte um ausführliche Stellungnahme und die ausführliche Rechtsgrundlage nationales Recht/EU-Recht)?

5.              Wie argumentieren Sie den Umstand der Geheimhaltung der FLAB DID II Studie, welche das elementare Sicherheitsinteresse der österreichischen Bevölkerung betrifft und dieser dadurch vorenthalten wird?

6.              Wie ist dieser Umstand in Bezug auf die Sicherheit und den Schutz der Öffentlichkeit zu werten?

7.              Wann haben die  Expertengespräche im Zuge des deutsch-österreichischen Nuklearinformationsabkommens stattgefunden?

8.              Welche Personen haben an diesen Expertengesprächen teilgenommen? (Bitte um genaue Auflistung der Teilnehmer)

9.              Wie oft und wo wurden diese Expertengespräche abgehalten?

10.       Zu welchem Ergebnis kam diese Expertenrunde?

11.       Wie hoch waren die Kosten für diese Expertengespräche? (Bitte um genaue Auflistung)

12.       Haben Sie Kenntnis von der Endlagerung der Brennstäbe von Isar I? Wenn ja, wo wird der Atommüll des AKW Isar I endgelagert?

13.       Haben Sie Kenntnis vom Zwischenfall (24.03.2011) im AKW Isar I, der eine NOT­Abschaltung zur Folge hatte? Wenn ja, von wem   und wann haben Sie davon Erfahren?


14.  Wenn nein, warum haben Sie davon keine Kenntnis?

15.  Werden  Sicherheitsübungen  bezüglich  einer atomaren   Strahlung  für   die österreichische Bevölkerung  abgehalten? Wenn ja,  von welchen Organisationen werden  diese  Notfallübungen abgehalten (Bitte  um  genaue  Auflistung  der Organisationen)?

16.  Wenn nein, warum nicht?

17.  Wie hoch belaufen sich die Kosten für solche Notfallübungen pro Jahr? (Zeitraum der Abfrage 2005 bis 2010; Bitte um genaue Auflistung nach Jahren)

18.  Wer kommt für die Kosten von Notfallübungen auf?

19.  Wird in Österreich bei Kosten von Notfallübungen nach dem Verursacherprinzip gehandelt? Wenn nein, warum nicht?

20.  Können Sie ausschließen, dass durch die "Stresstests von AKWs" in Europa eine ähnliche Katastrophe wie in Japan möglich ist?

21.  Können Sie gewährleisten, dass mit der Durchführung der von Ihnen vorgeschlagenen Stresstests keine Gefahren mehr von den europäischen AKWs ausgeht?

22.  Gibt es Regelungen, wie und von wem diese Stresstests durchgeführt werden?

23.  Gibt es Sanktionen, bei AKWs und deren Betreibern, sollten diese durch den Stresstest durchfallen?

24.  Wie viele Kaliumjodid-Tabletten sind für einen atomaren Unglücksfall in Österreich bereitgestellt?

25.  Von wem und wo  werden diese Kaliumjodid-Tabletten für die österreichische Bevölkerung bereit gestellt?

26.  Wo und wie werden diese Kaliumjodid-Tabletten gelagert?

27.  Seit wann sind die Kaliumjodid-Tabletten eingelagert?

28.  Werden Kaliumjodid-Tabletten im Zuge einer Rotation überprüft und ausgetauscht, sollten diese Tabletten schon abgelaufen sein.

29.  Von wem werden die Kaliumjodid-Tabletten auf ihr Ablaufdatum überprüft?

30.  Wie hoch sind die Kosten für eine diesbezügliche Überprüfung?

31.  Welches Ablaufdatum haben diese Kaliumjodid-Tabletten?

32.  Können Sie ausschließen, dass Kaliumjodid-Tabletten, die für die österreichische Bevölkerung bereitgestellt sind, schon abgelaufen sind?