8187/J XXIV. GP

Eingelangt am 31.03.2011
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ANFRAGE

 

der Abgeordneten Dr. Susanne Winter, Dr. Martin Graf

und weiterer Abgeordneter

 

an die Bundesministerin für Wissenschaft und Forschung

 

betreffend Informationsfluss an Studierende seitens der Universitäten

 

Der Anspruch auf Familienbeihilfe und auf Studiengebührenbefreiung ist für Studenten gesetzlich klar geregelt. Jedoch führen ungenaue oder sogar oftmals falsche Auskünfte des Finanzamtes oder Auskunftsstellen der Universitäten dazu, dass vielen Studenten der Anspruch auf Familienbeihilfe aberkannt wird. Auch die Tatsache, dass es oftmals zu erheblichen Studienverzögerungen kommt, die im mangelnden Lehrveranstaltungsangebot begründet liegen, führt längerfristig zu Überschreitung der gesetzlichen Mindeststudiendauer und somit zur Verpflichtung zur Zahlung von Studiengebühren.

 

Gesetzlich ist der Anspruch auf Familienbeihilfe, die Studienbeitragsbefreiung sowie die Bereitstellung von Lehrveranstaltungen und Informationen wie folgt u.a. im Universitätsgesetz 2002, im Familienlastenausgleichsgesetz 1967, im Studienförderungsgesetz 1992, sowie in der Studienbeitragsverordnung 2004 geregelt. Weitere Informationen zu diesem Thema werden in der "Sozialbroschüre" (01/2011) der Österreichischen HochschülerInnenschaft sowie der Broschüre "Familienbeihilfe, Mehrkindzuschlag" (01/2011) des Bundesministeriums für Wirtschaft, Familie und Jugend" geboten.

 

Eltern mit ständigem Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in Österreich haben Anspruch auf Familienbeihilfe, unabhängig von der Höhe ihres Einkommens. (Details siehe § 2 – 4 Familienlastenausgleichsgesetz 1967) Sollten ihre Kinder nicht mehr im gemeinsamen Haushalt leben, so ist es zumindest erforderlich, dass die Eltern den überwiegenden Unterhalt für sie bestreiten. Die Unterhaltspflicht ist jedenfalls für die Dauer der Ausbildung gegeben, sollten sich die Kinder noch nicht selbst erhalten können. Der Anspruch auf Familienbeihilfe besteht grundsätzlich für volljährige Kinder bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres (bis inkl. Juni 2011: 26. Lebensjahr), wenn diese für einen Beruf ausgebildet werden. Wenn diese Kinder den Präsenz-, Zivil- oder Ausbildungsdienst geleistet haben, verlängert sich dieser Anspruch um ein Jahr. Seit 1. März 2011 besteht auch Anspruch für volljährige Kinder bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres, für die Zeit zwischen dem Schulabschluss und dem frühestmöglichen Beginn einer weiteren Berufsausbildung. Volljährige Kinder dürfen ein zu versteuerndes


Einkommen von 10.000,- Euro (2010: 9.000,- Euro) pro Kalenderjahr nicht überschreiten. (Details siehe § 5 Familienlastenausgleichsgesetz 1967)

 

Um den Anspruch auf Familienbeihilfe aufrecht zu erhalten, müssen Studenten die gesetzliche Mindeststudiendauer plus ein Toleranzsemester pro Studienabschnitt einhalten. Für das erste Studienjahr ist ein Studienerfolgsnachweis über 8 Semesterwochenstunden oder 16 absolvierten ECTS-Punkten als einmaliger Leistungsnachweis zu erbringen. In den folgenden Studienjahren kann das Finanzamt stichprobenartig prüfen, ob das Studium ernsthaft betrieben wird. Sollte man diese Voraussetzungen nicht einhalten, erlischt der Anspruch auf Familienbeihilfe. Diese kann dann erst ab Beginn des Monats weiter gewährt werden, in dem der vorangegangene Studienabschnitt erfolgreich absolviert und der nächste begonnen oder in dem der Student aus dem laufenden Studienjahr Prüfungen im erforderlichen Ausmaß erfolgreich absolviert hat. Hierbei können Teilerfolge aus verschiedenen Studienjahren nicht addiert werden (Details siehe Broschüren der ÖH sowie des BMWFJ).

 

Im Zuge des Studiums sind bis zu zwei Studienwechsel zulässig (Details siehe § 17 Studienförderungsgesetz 1992 sowie Durchführungsrichtlinie zum Familienlastenausgleichsgesetz 1967, 21. Studienwechsel). Ein Studienwechsel muss spätestens nach dem zweiten Semester vorgenommen werden. Werden diese Fristen nicht eingehalten, verfällt der Anspruch auf Familienbeihilfe im Ausmaß der bereits zurückgelegten Studiendauer. Somit verkürzt sich auch die Anzahl der anspruchsberechtigten Semester im neuen Studium.

 

Sollte man nicht (mehr) Studienbeitragsbefreit sein (was zumeist auch mit einem Verlust der Familienbeihilfe einhergeht), ist man verpflichtet den Studienbeitrag von derzeit 379,86 Euro (zusammengesetzt aus Studienbeitrag von 363,36 Euro, ÖH-Beitrag von 16,- Euro und Versicherung von 0,50 Euro) zu entrichten (Details siehe § 91 UG 2001). Man kann jedoch einen Antrag auf Erlass oder Rückerstattung des Studienbeitrages stellen, wenn man zum Beispiel durch eine Krankheit oder Schwangerschaft für mindestens zwei Monate im Semester am Studium gehindert war, oder auch einer Berufstätigkeit mit einem Einkommen von mindestens 5.128,62 Euro (im Kalenderjahr 2010) nachgegangen ist (Details siehe § 92 UG 2002 sowie Studienbeitragsverordnung 2004 § 2a, 2b, 3 und 3a). In diesem Fall muss man jedoch den Einkommenssteuerbescheid des vorangegangenen Kalenderjahres übermitteln, der oftmals nicht der aktuellen Beschäftigungssituation der Studenten entspricht. Sollte ein Erlassungs- oder Rückerstattungsgrund wirksam werden, zahlt der Student nur noch einen Betrag von 16,50 Euro pro Semester.

 

Laut § 54 Abs. 8 UG 2002 ist im Curriculum "für Lehrveranstaltungen mit einer beschränkten Zahl von […] Teilnehmern die Anzahl der möglichen […] Teilnehmer sowie das Verfahren der Vergabe der Plätze festzulegen. Dabei ist zu beachten, dass den bei der Anmeldung zurückgestellten Studierenden daraus keine Verlängerung der Studienzeit erwächst."

 

§ 66 Abs. 3 UG 2002: "Anlässlich der Zulassung zum Diplom- oder Bachelorstudium sind die Studierenden in geeigneter Form über die wesentlichen Bestimmungen des Universitätsrechts und des Studienförderungsrechts, […] das Curriculum, […] das empfohlene Lehrangebot in den ersten beiden Semestern sowie insbesondere über die Zahl der Studierenden im Studium, die durchschnittliche Studiendauer, die Studienerfolgsstatistik und die Beschäftigungsstatistik zu informieren."


 

Soviel zur Theorie. In der Praxis sieht dies jedoch erheblich anders aus. Um im Zuge des Studiums Familienbeihilfe zu beziehen, müssen Studenten einige Kriterien erfüllen. Diese stehen unter anderem im Zusammenhang mit der erfolgreichen Absolvierung der Studienabschnitte innerhalb des vorgegebenen zeitlichen Rahmens. Da Studenten jedoch oftmals mit Fehlinformationen konfrontiert sind, führt dies unweigerlich dazu, dass sie ihren Familienbeihilfeanspruch verlieren. Auch das mangelnde Platzangebot bei Pflichtlehrveranstaltungen in vielen Studienrichtungen führt zu Verzögerungen. Wenn Studenten auch noch berufstätig sind, im Vorjahr jedoch noch nicht die erforderliche Mindestverdienstgrenze zur Befreiung der Studienbeiträge erreicht haben, sind sie gezwungen Studienbeiträge in voller Höhe zu bezahlen. Diese Situation soll nun anhand kurzer anonymisierter Beispiele dargestellt werden:

 

1) Patricia K. war von Beginn ihres Politikwissenschaftsstudiums an Teilzeit berufstätig. Auf Grund dessen, dass die meisten Lehrveranstaltungen terminlich nicht an die Bedürfnisse berufstätiger Studenten angepasst sind, konnte sie nicht alle Pflichtlehrveranstaltungen des ersten Abschnittes innerhalb des vorgeschriebenen Zeitraumes erfüllen. Sie erhielt von ihrem zuständigen Finanzamt mehrmals mündlich die Auskunft, dass es in diesem Fall auch möglich sei bereits Lehrveranstaltungen aus dem zweiten Abschnitt vorzuziehen, da nur die Gesamtzahl der positiv absolvierten Lehrveranstaltungen im Ausmaß von acht Semesterwochenstunden für den weiteren Erhalt der Familienbeihilfe relevant wären und es daher nicht wichtig wäre, ob die Studienabschnitte im zeitlichen Rahmen erfüllt werden. Im Anschluss an das 4 + 1 Semester fehlte Frau K. nur noch eine Prüfung des ersten Abschnittes, sie hatte jedoch bereits etliche des zweiten absolviert. Dennoch wurde ihr die Familienbeihilfe gestrichen und somit entfiel auch der Anspruch auf Studienbeitragsbefreiung. Da sie auf Grund ihrer Teilzeit-Berufstätigkeit im Vorjahr nicht ausreichend verdient hatte um sich von den Studienbeiträgen befreien zu lassen, musste sie die volle Studienbeitragssumme bezahlen und ihre Berufstätigkeit erhöhen, da sie sonst durch das Fehlen der Familienbeihilfe ihre Fixkosten nicht mehr begleichen hätte können.

 

2) Susanne B. hat beschlossen ihr Studium der Pharmazie von der Uni Wien an die Uni Graz zu verlegen. Trotz der Tatsache, dass beide Studien die gleiche Studienkennzahl haben, ihr alle anrechenbaren Lehrveranstaltungen von der Universität Graz genehmigt wurden und sie sich noch innerhalb der zeitlichen Vorgaben ihres Studienabschnittes befand, verlor sie ihren Anspruch auf Familienbeihilfe. Das Finanzamt begründete dies dadurch, dass es sich in vorliegendem Fall um einen Studienwechsel handle, da in diesem Fall keine Gleichwertigkeit der Studien gegeben sei. "Das Studium in Graz […] wird als neues Studium gewertet und somit als Studienwechsel nach dem 3. inskribierten [sic] Semester gezählt, welcher für den Anspruch der Familienbeihilfe schädlich ist. Somit besteht erst nach einer Wartezeit von 3 Semestern wieder Anspruch auf Familienbeihilfe." Es liegt jedoch kein Studienwechsel vor, wenn man bloß den Studienort bei gleichbleibender Studienrichtung wechselt und alle Prüfungen angerechnet wurden, wie es in diesem Fall war. Somit ist die Begründung des Finanzamtes verwirrend und unrichtig gewesen, da nicht zwischen einem Studienwechsel und dem Wechsel des Studienortes unterschieden wurde.

 

In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Abgeordneten an die Bundesministerin für Wissenschaft und Forschung nachstehende


 

Anfrage:

 

1.    Ist geplant speziell für Studenten eine Broschüre zu erstellen, die inhaltlich umfassende und korrekte Informationen bzgl. der Anforderungen für einen erfolgreichen Studienverlauf und für den Erhalt der Familienbeihilfe beinhaltet?

Wenn ja, in welcher Form und ab welchem Zeitpunkt?

Wenn nicht, warum nicht?

 

2.    Stimmt es, dass unterschiedliche Auskunfts- und Beratungsstellen der Universitäten verschiedene und teilweise unrichtige Aussagen über die zu absolvierenden Lehrveranstaltungen eines Studiums erteilen?

Wenn ja, was werden Sie zukünftig dagegen unternehmen?

 

3.    Was werden Sie dagegen unternehmen, dass Studenten, die sich vertrauensvoll an die zuständigen Behörden wenden, oftmals falsche Auskünfte erhalten und daher ihre Ansprüche auf Familienbeihilfe bzw. Befreiung von Studienbeiträgen verlieren?

 

4.    Was wollen Sie unternehmen, damit sich Studenten in Zukunft sicher sein können, dass sie korrekte Auskünfte erhalten und somit auch die Studienbeitragsbefreiung für die gesamte Dauer des Studiums gewährleistet ist?

 

5.    Ist angedacht in Fällen, wo Studenten von zuständigen Mitarbeitern falsche Informationen erhalten und daher finanzielle Ansprüche verloren haben, diesen Betrag zurückzuerstatten, zum Beispiel aus dem Titel der Amtshaftung?

Wenn ja, in welchem Ausmaß?

Wenn nein, warum nicht?

 

6.    In welcher Form werden Mitarbeiter der Universitäten geschult um Studenten korrekte Auskünfte zu geben?

 

7.    Sind Ihnen weitere Fälle bekannt, in denen es zu Falschauskünften seitens der zuständigen Stellen gekommen ist? Wenn ja, welche?

 

8.    Was werden Sie unternehmen um universitäre und behördliche Auskünfte und Beratungen zukünftig zu verbessern?

 

9.    Wie definieren Sie den Unterschied zwischen Studienwechsel und Wechsel des Studienorts? Welche Kriterien müssen jeweils erfüllt sein, bitte führen Sie diese an?

 

10. Welche Maßnahmen werden Sie setzen um Studenten, wie im § 66 Abs. 2 UG 2002 vorgesehen, besser über Ihre Rechte und Pflichten, Studieninhalte, Leistungsanforderungen, etc. zur informieren?

Wenn keine Maßnahmen vorgesehen sind, warum nicht?

 

11. Was unternehmen Sie gegen Platzmangel an Lehrveranstaltungen an Universitäten (bitte Maßnahmen anführen)?


 

12. Wie sehen Sie es gerechtfertigt, dass es für Studenten oftmals zu Studienverzögerungen auf Grund dessen kommt, dass sie keine Plätze in Pflichtlehrveranstaltungen erhalten, obwohl im Gesetz vorgesehen ist, dass in einem solchen Fall "keine Verlängerung der Studienzeit erwächst"?

 

13. Wie sollen Studenten ein ordentliches Studium innerhalb der vorgegebenen Zeitspanne absolvieren, wenn ihnen nicht genügend Lehrveranstaltungen zur Verfügung stehen? Ist es geplant, dass in solchen Fällen auch Gründe für eine Studienbeitragsbefreiung geltend gemacht werden können?

Wenn ja, welche und in welchem Ausmaß?

Wenn nein, warum nicht?

 

14. In welcher Form haben Sie vor das Anmeldesystem für Lehrveranstaltungen transparenter und gerechter zu gestalten – es ist derzeit nicht nachvollziehbar, weshalb man Plätze für manche Lehrveranstaltungen erhält und für manche nicht?

Bitte führen Sie Ihre Gestaltungsvorhaben an.

Sollten keine geplant sein, warum nicht?

 

15. Wie wollen Sie zukünftig die Regelung für die Rückerstattung bzw. Befreiung von Studiengebühren ändern, damit diese besser auf die jeweilige (Beschäftigungs-) Situation, vor allem von Werksstudenten, angepasst sind?

Wenn Änderungen vorgesehen sind, welche?

Wenn keine Änderungen vorgesehen sind, warum nicht?