8216/J XXIV. GP

Eingelangt am 04.04.2011
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Korun, Freundinnen und Freunde

 

an die Bundesministerin für Inneres

 

betreffend Vorgehen der Polizei gegen einen Journalisten

 

 

Am 29.3.2011 kam es im 10. Wiener Gemeindebezirk nahe Reumannplatz zu einer Amtshandlung der Exekutive, bei der - laut Videoaufzeichnungen zumindest - ein junger Mann von der Exekutive zu Boden gerungen wurde und ihm anschließend Handschellen angelegt wurden.

 

Als ein in der Nähe befindlicher Journalist zum Tatort gekommen ist und die Geschehnisse filmen wollte, soll er von den BeamtInnen weggeschubst und mit sarkastischen Bemerkungen ("ja, ja, Presse von oben") behandelt worden sein. Der Betroffene behauptet, dass auf ihn auch der Polizeihund angesetzt wurde, um ihn vom Ort der Amtshandlung zu vertreiben. Diese Behauptungen sind teilweise auf Aufnahmen, die vor Ort gemacht wurden, belegt. Der betroffene Journalist soll sich am Tag nach den Geschehnissen mit einem Beschwerdebrief an Sie und die Wiener Polizeidirektion gewandt und über die besagten Videos informiert haben.

 

Da die behauptete Vorgehensweise den Prinzipien der Verhältnismäßigkeit und der Pressefreiheit widerspricht, stellen die unterzeichnenden Abgeordneten folgende

 

 

 

ANFRAGE:

 

 

1)    Welcher Tatbestand lag der genannten Amtshandlung am späten Abend des 28.3.2011 nahe Reumannplatz, die mit der Festnahme - zumindest - eines jungen Mannes endete, zugrunde?

 

2)    Wurde der festgenommene Mann bei der Amtshandlung verletzt?


 

3)    Gibt es interne Weisungen oder Dienstvorschriften wie bei einer Amtshandlung der Exekutive mit anwesenden JournalistInnen umzugehen ist? Wenn ja, bitte um Vorlage dieser Weisungen bzw Vorschriften.

 

4)    Ist es grundsätzlich zulässig, von Einsätzen der Polizei Foto- oder Filmaufnahmen herzustellen, sofern dadurch der Einsatz nicht behindert wird?

 

5)    Falls nein: auf welche Rechtsgrundlage stützen Sie diese Ansicht?

 

6)    Falls ja: weshalb wurde dann im konkreten Fall der betroffene Journalist daran gehindert, Aufnahmen anzufertigen?

 

7)    Besteht hinsichtlich der Anfertigung von Foto- oder Filmaufnahmen von Einsätzen der Polizei ein rechtlicher Unterschied zwischen der Anfertigung dieser Aufnahmen durch Angehörige der Presse und der Anfertigung durch Privatpersonen? 

 

8)    Auf einem der während der Amtshandlung aufgenommenen Videos fragt eine Polizeibeamtin den Journalisten, der seinen Presseausweis herzeigt, ob er von der "österreichischen Presse" sei. Ist die Herkunft der akkreditierten JournalistInnen bzw wo ihre Medien ihren Hauptsitz haben für die Exekutive ausschlaggebend für die Behandlung dieser durch die Exekutive?

 

9)    Auf demselben Video antwortet die Polizeibeamtin auf die Aufforderung des Journalisten "Schubs' mich nicht" mit "O ja, ich schubs' dich schon". Sind PolizistInnen befugt, anwesende Presseangehörige zu schubsen und dies auch stolz zuzugeben und zu bestätigen?

 

10) Finden Sie so ein Verhalten der Exekutive gegenüber JournalistInnen gerechtfertigt und in Ordnung?

 

11) Der betroffene Journalist behauptet, der Polizeihund sei auf ihn angesetzt worden und habe sich, geführt von einer Beamtin, bellend auf ihn zubewegt womit der Journalist vom Ort des Geschehens abgedrängt hätte werden sollen. Stimmt diese Behauptung nach Ihren Informationen?

 

12) Falls ja: handelte es sich dabei um einen Anwendungsfall des § 10 Waffengebrauchsgesetz und waren dessen Anwendungsvoraussetzungen gegeben?

 

 

13) Der § 10 Waffengebrauchsgesetz lautet:

Diensthunde

§ 10. Der scharfe Einsatz eines Diensthundes gegen Menschen ist unter
sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen des Abschnittes 1 zulässig:

1.im Falle gerechter Notwehr;



2.zur Überwindung eines aktiven gewaltsamen Widerstandes gegen die
Staatsgewalt;

3.zur Erzwingung der rechtmäßigen Festnahme oder zur Verhinderung des
Entkommens einer rechtmäßig festgehaltenen Person, die gerichtlich strafbare
Handlungen, die nur vorsätzlich begangen werden können und mit mehr als
einjähriger Freiheitsstrafe bedroht sind überwiesen oder dringend verdächtig
ist oder eines Geisteskranken, der für die Sicherheit der Person oder des
Eigentums als allgemein gefährlich anzusehen ist.

Falls Sie die Frage 12 mit ja beantwortet haben: auf welche der genannten Bestimmungen des § 10 ging die Vorgehensweise zurück?

 

14) Auf dem bereits genannten Video hört man einen eingreifenden Polizeibeamten auf die Mitteilung des Journalisten, dass er von der Presse sei, mit "ja, ja, die Presse von oben" antworten. Gehört diese sarkastische Vorgehensweise gegenüber JournalistInnen zum Standard-Repertoire der Wiener Polizei oder handelt es sich hier um einen "Ausrutscher"?

 

15) Wie war die bisherige Reaktion des BMI bzw der Wiener Polizeidirektion auf das Beschwerdeschreiben des Journalisten?

 

16) Wurden die Videoaufnahmen, von denen der betroffene Journalist dem BMI und der Wiener Polizeidirektion in seinem Schreiben berichtet hatte, angefordert und analysiert? Wenn ja, mit welchen Folgen? Wenn nein, warum nicht?

 

17) Wurde das „Büro für besondere Ermittlungen“, das für Ermittlungen von mutmaßlich problematischen Amtshandlungen zuständig ist, eingeschalten bzw hat es sich mit den vorliegenden Beschwerden beschäftigt? Wenn ja, mit welchem Ergebnis? Wenn nein, warum nicht?