8220/J XXIV. GP

Eingelangt am 04.04.2011
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Korun, Freundinnen und Freunde

 

an die Bundesministerin für Inneres

 

betreffend unverschuldet ausgebürgert durch Gesetzeslücke im Staatsbürgerschaftsgesetz


Die Problematik von Kindern, die in aufrechten Ehen auf die Welt kommen, aber  bei denen oft Jahre bzw. Jahrzehnte später festgestellt wird, dass der eheliche Vater nicht der leibliche ist, wodurch es immer wieder zu Staatsbürgerschaftsverlusten der betroffenen Kinder bzw. Erwachsenen gekommen ist, ist dem Gesetzgeber durchaus bewusst. Um diese Kinder und Jugendlichen bzw. Erwachsene vor der Staatenlosigkeit oder plötzlicher Ausbürgerung aus dem österreichischen Staatsverband zu schützen, wurde 2009 dem Staatsbürgerschaftsgesetz eine neue Bestimmung hinzugefügt. Dieser neue § 59 besagt, dass wenn der Betroffene selber der Staatsbürgerschaftsbehörde "schriftlich anzeigt, Staatsbürger kraft Abstammung ... nur vermeintlich gewesen zu sein, weil eine Feststellung der Vaterschaft gemäß § 163 ABGB nachträglich ergeben hat, dass ein Fall des § 7 oder § 7a nicht vorlag", also der eheliche Vater nicht der leibliche war, der Betroffene die Staatsbürgerschaft rückwirkend erwirbt.

Wie der Fall von Herrn Igor D. aufzeigt, der am 28.3.2011 in der Tageszeitung "Kurier" berichtet wurde, weist diese Bestimmung allerdings Lücken auf, vor allem wenn der Betroffene die neuen Fakten selber nicht schriftlich angezeigt hat, da er beispielsweise von der Behörde nicht richtig beraten wurde oder da er von den neuen Fakten selber keine Kenntnis erlangt hatte. Um die Ausbürgerung bzw. Staatenlosigkeit von Personen zu vermeiden, die als ÖsterreicherInnen sozialisiert wurden und bis ins Erwachsenenalter in dem festen Glauben gelebt haben, ÖsterreicherInnen zu sein, oder z.B. ihren Militärdienst für Österreich abgeleistet haben, ist die Schließung dieser Gesetzeslücke notwendig.



Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende


ANFRAGE:

 

  1. Ist Ihnen der Fall des Herrn Igor D. bekannt, der nach 21 Jahren als österreichischer Staatsbürger und Wiener aufgrund einer Gesetzeslücke im Staatsbürgerschaftsgesetz nun staatenlos ist?

 

  1.  Wenn ja, werden Sie etwas unternehmen, damit Herr D. seine seit seiner Geburt bestehende, bisherige Staatsbürgerschaft möglichst ohne bürokratischen Aufwand und lange Wartefristen wieder erlangen kann?

 

  1. Der § 59 des Staatsbürgerschaftsgesetzes sieht die (Wieder-)Erlangung der Staatsbürgerschaft bei der oben beschriebenen Betroffenengruppe nur dann vor, wenn der Betroffene von der Tatsache der "falschen" Vaterschaft selber Kenntnis erlangt hat, aber nicht in Fällen, in denen die Behörde davon Kenntnis erlangt und der Betroffene daher gar nicht die Möglichkeit hat, die im § 59 verlangte schriftliche Anzeige bei der Behörde zu machen. Sind Sie bereit dem Parlament eine Gesetzesnovelle vorzulegen mit welcher die angesprochene Lücke geschlossen wird?

a)    Wenn ja, bis wann?

b)    Wenn nein, warum nicht?

 

  1. § 13a des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG) sieht vor, dass die Behörde "Personen, die nicht durch berufsmäßige Parteienvertreter vertreten sind, die zur Vornahme ihrer Verfahrenshandlungen nötigen Anleitungen in der Regel mündlich zu geben und sie über die mit diesen Handlungen oder Unterlassungen unmittelbar verbundenen Rechtsfolgen zu belehren hat". Im Fall von Herrn D. dürfte die Staatsbürgerschaftsbehörde trotz Vorsprache der Familie die (falsche) Auskunft erteilt haben, dass sich an der Staatsbürgerschaft von Herrn D. trotz der nachträglichen Anerkenntnis der Vaterschaft durch seinen leiblichen Vater nichts ändere, da die Mutter ohnehin Österreicherin sei. Sind Sie der Meinung, dass eine solche Auskunft eine Verletzung der Rechtsbelehrungspflicht gemäß AVG darstellen würde?
    a) Wenn ja, welche Konsequenzen hätte dies im Fall von Herrn D., aber auch

in anderen ähnlich gelagerten Fällen?

b) Wenn nein, warum nicht?

 

  1. Wie kann der betroffenen, falsch belehrten Person dann bei auftretenden widrigen Folgen wie beispielsweise plötzlichem Staatsbürgerschaftsverlust geholfen werden?

 

  1. Was gedenken Sie in solchen Fällen zu tun, wo die Betroffenen durch mutmaßliche falsche Auskünfte der Behörden von einer Anzeige gemäß § 59 StbG Abstand nehmen und später die rechtlichen Konsequenzen allein zu tragen haben?

 

  1. Sind Sie bereit, dem Parlament eine Gesetzesnovelle vorzulegen, mit welcher die angesprochene Lücke dahingehend geschlossen wird, dass die Staatsbürgerschaft auch dann rückwirkend gewährt wird, wenn die Behörde vom genannten Sachverhalt Kenntnis erlangt hat und den/die Betroffenen falsch informiert?

a)    Wenn ja, bis wann?

b)    Wenn nein, warum nicht?