8257/J XXIV. GP

Eingelangt am 07.04.2011
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfrage

 

 

der Abgeordneten Brunner, Freundinnen und Freunde

 

an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

 

betreffend Artenschutz-Symposium im Mai 2011

 

 

 

Vom  17. bis 20. Mai 2011 veranstaltet das BMLFUW ein Symposium zum Thema Artenschutz und Armutsbekämpfung mit dem Titel “Die Relevanz von Schutzstrategien durch lokale Bevölkerungen und Dorfgemeinschaften für den Erhalt CITES[1]-gelisteter terrestrischer Arten in Entwicklungsländern”.

 

Neben Grundsatzreferaten bietet die Veranstaltung vor allem eine Plattform für Befürworter der Großwildjagd, sowie des kommerziellen Handels mit bedrohten Wildtieren. Der österreichische Regierungsvertreter setzte sich bei vergangenen internationalen Artenschutzkonferenzen für eine Lockerung des Elefantenschutzes und die Freigabe des internationalen Elfenbeinhandels ein. Entsprechende Vorstöße von zwei afrikanischen Staaten verfehlten allerdings auf der letzten CITES-Konferenz im März 2010 die erforderlichen Stimmen und wurden u.a. von der großen Mehrheit afrikanischer Staaten mit Elefantenbeständen vehement abgelehnt. Das Thema Elefantenschutz wurde von der Tagesordnung des Symposiums bewusst ausgeklammert.

 

In der Einleitung zum Symposium macht das BMLFUW bereits stark wertende Aussagen, die eine objektive bzw. wissenschaftliche Herangehensweise vermissen lassen. Andere Sichtweisen wie Tierschutz, kulturelle und ethische Aspekte werden diffamiert und im Rahmen demokratischer Abstimmungsprozesse getroffene Entscheidungen der EU und der internationalen Staatengemeinschaft in Zweifel gezogen: U.a. heißt es in der Einleitung „Many CITES debates - including those within the European Union – particularly on charismatic species, are, however, heavily influenced today by animal welfare concerns and cultural or aesthetic sensitivities rather than by objective evidence….”. Erklärtes Ziel des Symposiums ist die Einflussnahme auf die Position der EU („Thus, there is a clear need to redefine the parameters of discourse on conservation strategies within the European Union“) offensichtlich vor dem Hintergrund, dass sich Österreich mit seiner Position zur kommerziellen Nutzung „charismatischer, terrestrischer“ Arten (gemeint sind offenbar Elefanten) nicht durchsetzen konnte: Die Organisatoren wollen insbesondere erreichen, dass sozio-ökonomische und entwicklungspolitische Ziele stärker in Entscheidungen zum Schutz bedrohter Arten berücksichtigt werden.


Die unterfertigten Abgeordneten stellen dazu folgende

 

 

ANFRAGE:

 

 

1.    ArtenschutzexpertInnen und Nichtregierungsorganisationen kritisieren, dass die Tagesordnung und Gewichtung der Referate eine völlig einseitige Behandlung des Symposium-Themas erwarten und eine wissenschaftliche Herangehensweise vermissen lassen.

 

a. Wie begründen Sie die unausgewogene Auswahl der Themen und ReferentInnen für dieses Symposium?

 

b. Wie erklären Sie, dass ausschließlich VertreterInnen von Regierungen als ReferentInnen geladen sind, die die Jagd und andere konsumtive Nutzungsformen bedrohter Arten erlauben, während Staaten, die die Tötung und den Handel bedrohter Arten untersagen und für einen vorsorglichen Artenschutz stehen, ausgeschlossen wurden und stattdessen aus solchen Ländern Nichtregierungsorganisationen als ReferentInnen eingeladen sind, die die kommerzielle Wildtiernutzung (z.B. Großwildjagd) propagieren?

 

c. Wieso konzentrieren sich die Fallstudien zu verschiedenen Arten und Ländern auf die rein konsumtive (verbrauchende) Nutzung von Wildtieren und schließen existierende Beispiele nicht-konsumtiver Nutzung durch lokale Bevölkerungen aus?

 

2.    In Ihrer Antwort vom 23.12.2010 auf die parlamentarische Anfrage der Grünen vom 16.11.2010 nennen Sie eine vorläufige Liste der Eingeladenen und ReferentInnen. Hierauf fehlen zahlreiche Organisationen und Regierungen, die regelmäßig an CITES-Konferenzen teilnehmen. Organisationen mit langjähriger CITES Erfahrung, die sich aktiv um eine Einladung bemühten, wurde die Teilnahme offenbar versagt. Andere Organisationen wurden hingegen mehrfach eingeladen, mit bis zu sechs Landesbüros und zusätzlichen VertreterInnen auf der ReferentInnenliste.

a. Wie erklären Sie diese Ungleichbehandlung von NROs?

b. Wie begründen Sie die strikte Limitierung der TeilnehmerInnen und die Tatsache, dass kritische Organisationen und ExpertInnen, die die Position des BMLFUW in Sachen Artenschutz nicht teilen, großteils ausgeschlossen wurden?

 

c. Welche VertreterInnen von Verbänden, Institutionen, Behörden und Regierungen haben sich mittlerweile konkret für das Symposium registriert und mit jeweils wie vielen Personen (bitte um namentliche Aufzählung)? Wie viele Personen nehmen insgesamt am Symposium teil?

 

3.    Sie erklärten am 23.12.2010 auch, die Veranstaltung sei „ein direktes Resultat der Sitzung am 14.12.2009 zur nationalen Positionierung für die 15. CITES Vertragsstaatenkonferenz“, auf der einige TeilnehmerInnen eine Tagung zur Frage „Artenschutz und Armutsbekämpfung“ gefordert hätten. Auf dieser Sitzung wurde laut Auskunft von TeilnehmerInnen insbesondere die Position des BMLFUW zum Schutz Afrikanischer Elefanten kritisiert.

 

a. Von welchen Personen und Institutionen wurde das Symposium konkret initiiert und wer trägt die Verantwortung für die Erstellung der Agenda, der ReferentInnenliste und der Einladungsliste?


 

b. Wie genau hat das BMFLUW alle bei der o.g. Sitzung am 14.12.2009 anwesenden VertreterInnen (österreichische NGOs und offizielle wissenschaftliche CITES-VertreterInnen Österreichs) in die Planung des Symposiums mit einbezogen?

 

4.    Österreich setzte sich bei vergangenen internationalen Artenschutzkonferenzen für eine Lockerung des Elefantenschutzes und die Freigabe des internationalen Elfenbeinhandels ein.

 

a. Inwiefern ist das o.g. Symposium und dessen einseitige Organisation ein Resultat der Kritik der Zivilgesellschaft, der mehrheitlichen Position der im Parlament vertretenen Parteien und Medien angesichts der umstrittenen Position Österreichs im Artenschutz, insbesondere im Elefantenschutz?

 

b. Inwiefern verspricht sich das BMLFUW durch diese Veranstaltung und den einseitigen ReferentInnenkreis Rückendeckung für seine Position im internationalen Artenschutz?

 

5.    In der Einleitung zum Symposium lässt eine objektive bzw. wissenschaftliche Herangehensweise vermissen (sh. Begründungstext der Anfrage).

 

a. Wie rechtfertigen Sie, dass eine mit österreichischen und EU-Steuergeldern finanzierte und als „ExpertInnentreffen“ titulierte Veranstaltung erklärtermaßen dazu dient, Einfluss auf den Entscheidungsfindungsprozess der EU zu nehmen, und somit offensichtlich Lobbyzwecke verfolgt?

 

b. Welche Risiken und Nachteile könnte der vom BMLFUW verfolgte Ansatz, den Schutz bedrohter Arten mit den Zielen von Entwicklungspolitik und Armutsbekämpfung zu verbinden, Ihrer Einschätzung nach für die Natur und die betroffenen Menschen mit sich bringen und inwieweit wird dies auf der Veranstaltung thematisiert?

 

c. Welche Referate bzw. Referenten werden sich auf dem Symposium konkret mit erwiesenen oder mutmaßlichen negativen Konsequenzen der konsumtiven Nutzung von Wildtieren durch lokale Bevölkerungen auseinander setzen?

 

6.    Im Dezember 2010 schätzte das BMLFUW die Kosten für das Symposium auf 75.000 Euro.

a. Wie hoch belaufen sich die geschätzten Gesamtausgaben für das Symposium mittlerweile und von wem werden diese gedeckt?

 

b. Aus welchen genauen Etats des BMLFUW und der Europäischen Kommission wird die Veranstaltung finanziert und welche Bedingungen und Qualitätsstandards sind an die Finanzierungszusage geknüpft?

 

 



[1] CITES ist die Convention on International Trade in Endangered Species of Wild Fauna and Flora, zu deutsch: Washingtoner Artenschutzübereinkommen