8290/J XXIV. GP

Eingelangt am 13.04.2011
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Korun, Freundinnen und Freunde

 

an die Bundesministerin für Inneres

 

betreffend Abschiebeversuch trotz psychischen Ausnahmezustands, Familie P.

 

Die tschetschenische Asylwerberfamilie P., die im Freunde Schützen Haus untergebracht ist, sollte aufgrund der Dublin-Verordnung nach Polen abgeschoben worden. Die Mutter, die durch ihre Fluchtgeschichte und unter der Unsicherheit einer Abschiebung, psychisch schwer belastet war, beging am 6. März 2010 einen Selbstmordversuch und wurde daraufhin in eine psychiatrische Akutstation in Wien eingewiesen. Die Betreuerin der Familie, Karin Klaric,  gibt an, sie habe seit der Einlieferung der Mutter am 6. März mehrmals versucht Leitung der Wiener Fremdenpolizei zu erreichen. Sie habe mehrere Nachrichten hinterlassen mit der Bitte um dringenden Rückruf wegen Familie P. gebeten und darauf hingewiesen, dass die gesamt Familie sich in einem psychischen Ausnahmezustand befindet.

Am 8. März 2010 tauchte die Fremdenpolizei im Haus der zwei daheim gebliebenen Söhne Magomed und Khisar auf, um die Abschiebung durchzuführen. Letztendlich wurde die Abschiebung von der Fremdenpolizei abgebrochen, da aufgrund der im Spital aufhältigen Mutter eine Abschiebung rechtlich nicht möglich war. Es hieß, man werde die ärztlichen Befunde der Mutter anfordern. Zurück blieben zwei sehr verstörte Jugendliche. 

Am 9. März wurde den beiden Söhnen, die ihre Mutter im Spital besuchten mitgeteilt, dass eine Amtsärztin der Polizei auf sofortige Untersuchung der Mutter bestehe. Die bereits vorliegenden Befunde der Spitalsärzte wurden hierbei offensichtlich gar nicht erst eingeholt. Letztendes wurde auch dieser Versuch der Fremdenpolizei abgebrochen, da es hierfür im Spitalsgesetz keine rechtliche Grundlage gab. Die Betreuer der Familie kritisieren die Vorgehensweise der Fremdenpolizei „der dadurch entstandene seelische Schaden der Familie ist nicht messbar.“

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 


ANFRAGE:

 

 

  1. Wann wurde der Bescheid über die Abschiebung der Familie P. zugestellt?

 

  1. War der Fremdenpolizei zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung zur Ausweisung bereits bekannt, dass die Mutter der Familie in einem schlechten Gesundheitszustand war?

 

  1. Weshalb wurde in dem Abschiebebescheid kein konkreter Termin für die Vornahme der Abschiebung genannt? Entspricht dies dem üblichen Vorgehen der Fremdenpolizei, auch in Fällen, in denen eine akute psychische Gefährdung (zB Suizidgefahr) bekannt ist?

 

  1. Wann wurde der Fremdenpolizei zum ersten Mal mitgeteilt, dass die Mutter in einem schlechten psychischen Gesundheitszustand war?

 

  1. Wann erlangte die Fremdenpolizei davon Kenntnis, dass die Mutter aufgrund eines Suizidversuchs am 6. März 2010 in ein Spital eingewiesen wurde?

 

a)    Falls dies noch vor der Amtshandlung am 8. März war: Weshalb wurden dennoch FremdenpolizistInnen zu den zwei Söhnen im „Freunde schützen“ Haus geschickt, um die Abschiebung vorzunehmen?

 

b) Falls dies erst während der Amtshandlung war, wurde diese daraufhin sofort abgebrochen?

 

  1. Weshalb wurde die Amtshandlung am 8. März von der Fremdenpolizei letztendlich abgebrochen?

 

  1. Die Betreuerin der Familie, Karin Klaric,  gibt an, sie habe seit der Einlieferung der Mutter am 6. März mehrmals versucht die Leitung der Fremdenpolizei zu erreichen und mehrere Nachrichten bzgl. des schlechten Gesundheitszustands der Familie hinterlassen: Weshalb wurde auf diese Anrufe nicht reagiert und weshalb wurde dennoch eine Abschiebung ohne weitere Erkundigungen der Fremdenpolizei zum tatsächlichen Gesundheitszustand der Mutter angesetzt?

 

  1. Wie steht dieser Abschiebeversuch, der die zwei Söhne betraf, im Einklang mit §46 Abs. 4 FPG, der besagt, dass die Behörde bei der Erteilung des Auftrages zur Abschiebung Maßnahmen anzuordnen hat, die im Rahmen der Durchführung sicherstellen, dass die Auswirkung auf das Familienleben dieser Fremden so gering wie möglich bleibt?

 

  1. Wurden Befunde der Mutter von der psychiatrischen Akutstation, auf der sie sich befindet von der Fremdenpolizei angefordert? Falls ja, welche und wann?

  1. Welche Person gab die Weisung trotz der Untersuchung durch den Psychiater, dass ein polizeilicher Amtsarzt, der wohl über keine psychiatrische Spezialisierung verfügt, die Mutter extra untersuchen sollte und weshalb? Entspricht dies der normalen Vorgehensweise der Fremdenpolizei bei stationär aufhältigen Abzuschiebenden?

 

a)    Falls ja, was bezwecken Sie mit solchen Doppeluntersuchungen psychisch  schwer kranker bzw. labiler Personen?

 

b)    Falls ja, was ist die konkrete gesetzliche Grundlage für diese Vorgehensweise bzw. die Weisung?

 

  1. Inwiefern wird der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bei einer solchen Doppeluntersuchung einer psychisch schwer kranken Person von Ihnen berücksichtigt, zumal der Zweck der Untersuchung (Befunderstellung) bereits durch vorliegende Befunde abgedeckt ist?

 

  1.  Ist eine solche Doppeluntersuchung mit dem Wiener Krankenanstaltsgesetz vereinbar? Falls ja, aufgrund welcher rechtlichen Bestimmung im Krankenanstaltsgesetz?