8310/J XXIV. GP

Eingelangt am 19.04.2011
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ANFRAGE

 

 

der Abgeordneten Mag.a Christiane Brunner, Freundinnen und Freunde

 

an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie

 

betreffend Atomtransporte

 

 

Vor 10 Jahren, am 30. März und am 1. April 2001, teilte der heutige Verkehrssprecher der SPÖ, NR-Abg. Anton Heinzl, der Öffentlichkeit im Wege zweier Presseaussendungen folgenden Sachverhalt mit:

 

„Heinzl: Keine Daten über Atomtransporte durch Österreich im Verkehrsministerium

Utl.: Riesiges Gefährdungspotential wird durch Infrastrukturministerin Forstinger völlig vernachlässigt=

 

St. Pölten, (SPI) - Im Verkehrsministerium gibt es keinerlei Daten über den Transport von strahlenden Materialien oder radioaktiver Abfälle durch Österreich. Diesen Umstand musste Infrastrukturministerin Monika Forstinger bei einer jüngst im Nationalrat stattgefundenen Debatte zugeben. "Auf detaillierte Fragen ob, wann bzw. von und zu welchen grenznahen Kernkraftwerken Atomtransporte durchgeführt wurden, antwortete die FPÖ-Ministerin, dass sie für diese Daten nicht zuständig sei. Die Daten würden über die ÖSTAT bzw. bei anderen privaten Institutionen in Auftrag gegeben - und zwar nur bei Bedarf", zeigt sich der St. Pöltner Nationalrat Anton Heinzl erschüttert über die Unwissenheit und den fahrlässigen Umgang der Ministerin mit der Sicherheit der Bevölkerung.****

"Die Brisanz dieser Thematik zeigen die Auseinandersetzungen rund um die Castor-Transporte in unserem Nachbarland Deutschland. Nicht auszurechnen was passiert, wenn sich herumspricht, dass die österreichischen Behörden auf eine genaue Vorbereitung und Überwachung der Transitrouten keinen Wert legen. Österreich ist von Atomländern umgeben. Man stelle sich vor, bei einem Verkehrsunfall oder einer ähnlichen tragischen Katastrophe wie im Tauerntunnel ist ein Lkw, der radioaktiv strahlendes Material transportiert, verwickelt - und die österreichischen Behörden wissen gar nichts davon. Die Folgen sind gar nicht abzuschätzen, ganze Landstriche könnten radioaktiv verseucht werden, Tausende Menschen könnten Schaden nehmen. Ein derart fahrlässiger Umgang mit der Sicherheit der Bevölkerung ist absolut inakzeptabel. Hier müssen im Verkehrsministerium raschest entsprechende Maßnahmen gesetzt werden, um für die Bevölkerung ein Höchstmaß an Sicherheit zu garantieren", so der St. Pöltner SP-Mandatar abschließend.“

 

In der zweiten Aussendung formulierte Heinzl ergänzend:


 

„... Die blau-schwarze Regierung gehe mit der Sicherheit von Atomtransporten geradezu fahrlässig um. "(...) Wir fordern die Bundesregierung auf, diesen gefährlichen Zustand umgehend zu bereinigen. Die ÖsterreicherInnen habe ein Recht darauf, dass Atomtransporte in und durch unser Land besser überwacht werden."

 

Dem war eine Parlamentarische Anfrage seitens der SPÖ vorangegangen, die unter anderem formuliert hatte:

 

„(...) Ein großer Graubereich ist jedoch der Transport von radioaktivem Material (,,Atomtransport") durch Osterreich. Um im Kampf gegen grenznahe Atomkraftwerke ausreichende Glaubwürdigkeit zu erlangen, ist es essentiell keine Transporte von radioaktivem Material durch Österreich zuzulassen.“

 

Es gab in der Folge auch vereinzelt Aufsehen wegen konkreter, „zufällig“ aufgeflogener Atomtransporte durch Österreich, etwa solchen mit Destination Krsko.

 

Nachdem die SPÖ nun seit mehr als vier Jahren wieder die Federführung im Verkehrsministerium inne hat , besteht hinsichtlich des Themas Atomtransporte mittlerweile seitens der BMVIT-Spitze sicher keinerlei „erschütternde Unwissenheit“ oder gar „absolut inakzeptabler“ „fahrlässiger Umgang mit der Sicherheit der Bevölkerung“ mehr wie 2001 von Abg. Heinzl konstatiert - die seinerzeit von der SPÖ eingeforderten „raschest zu setzenden entsprechenden Maßnahmen im Verkehrsministerium, um für die Bevölkerung ein Höchstmaß an Sicherheit zu garantieren“ wurden ja sicher spätestens 2007 vom damaligen Verkehrsminister Werner Faymann umgehend erledigt.

 

Die Beantwortung entsprechender Fragen sollte daher anders als 2001 problemlos möglich sein.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

 

 

ANFRAGE:

 

1. Ist Ihrem Ressort bekannt, wie viele Atomtransporte welcher Kategorie jeweils in den letzten Jahren, jedenfalls aber seit 2006
a) von Temelin nach Österreich,
b) von Temelin durch Österreich
c) von Österreich nach Temelin
d) von anderen Staaten durch Österreich nach Temelin
wann stattgefunden haben? Wenn ja, wann und welche?

2. Ist Ihrem Ressort bekannt, wie viele Atomtransporte welcher Kategorie jeweils in den letzten Jahren, jedenfalls aber seit 2006
a) von Krsko nach Österreich,
b) von Krsko durch Österreich
c) von Österreich nach Krsko
d) von anderen Staaten durch Österreich nach Krsko
wann stattgefunden haben? Wenn ja, wann und welche?

3. Ist Ihrem Ressort bekannt, wie viele Atomtransporte welcher Kategorie jeweils in den letzten Jahren, jedenfalls aber seit 2006
a) von Dukovany nach Österreich,
b) von Dukovany durch Österreich
c) von Österreich nach Dukovany
d) von anderen Staaten durch Österreich nach Dukovany
wann stattgefunden haben? Wenn ja, wann und welche?

4. Ist Ihrem Ressort bekannt, wie viele Atomtransporte welcher Kategorie jeweils in den letzten Jahren, jedenfalls aber seit 2006
a) von Mochovce nach Österreich,
b) von Mochovce durch Österreich
c) von Osterreich nach Mochovce
d) von anderen Staaten durch Österreich nach Mochovce
wann stattgefunden haben? Wenn ja, wann und welche?

5. Ist Ihrem Ressort bekannt, wie viele Atomtransporte welcher Kategorie jeweils in den letzten Jahren, jedenfalls aber seit 2006
a) von Bohunice nach Osterreich,
b) von Bohunice durch Österreich
c) von Österreich nach Bohunice
d) von anderen Staaten durch Österreich nach Bohunice
wann stattgefunden haben? Wenn ja, wann und welche?•

6. Ist Ihrem Ressort bekannt, wie viele Atomtransporte welcher Kategorie jeweils in den letzten Jahren, jedenfalls aber seit 2006
a) von Paks nach Osterreich,
b) von Paks durch Österreich
c) von Österreich nach Paks
d) von anderen Staaten durch Österreich nach Paks
wann stattgefunden haben? Wenn ja, wann und welche?

7. Ist Ihrem Ressort bekannt, wie viele Atomtransporte welcher Kategorie jeweils in den letzten Jahren, jedenfalls aber seit 2006
a) von Schweizer Atomkraftwerken nach Osterreich,
b) von Schweizer Atomkraftwerken durch Österreich
c) von Österreich nach Schweizer Atomkraftwerken
d) von anderen Staaten durch Österreich nach Schweizer Atomkraftwerken
wann stattgefunden haben? Wenn ja, wann und welche?

8. Ist Ihrem Ressort bekannt, wie viele Atomtransporte welcher Kategorie jeweils in den letzten Jahren, jedenfalls aber seit 2006
a) von deutschen Atomkraftwerken nach Osterreich,
b) von deutschen Atomkraftwerken durch Österreich
c) von Österreich nach deutschen Atomkraftwerken
d) von anderen Staaten durch Österreich nach deutschen Atomkraftwerken
wann stattgefunden haben? Wenn ja, wann und welche?

9. Sollte dies Ihrem Ressort nicht lückenlos bekannt sein: Ist dieser Informationsmangel
a) auf Informationsunterlassung oder Fehlinformation seitens
• der AKW-Betreiber,
• der Behörden des entsprechenden Staates,
• österreichischer Behörden, die anderen zuständigen Bundesministerien (welchen?) unterstehen,
• Strahlenschutzsachverständiger der Bundesländer,
b) auf gesetzliche Lücken (welche?),
c) sonstige Ursachen (welche?)
zurückzuführen?

10.  Was werden Sie unternehmen, um diese Informationsmängel rasch zu beheben?

11.   Können Sie ausschließen, dass von und zu diesen genannten AKWs Atombrennstäbe von oder über Österreich transportiert wurden bzw. werden? Wenn ja auf welcher Grundlage?

12.  Ist Ihrem Ressort bekannt, mittels welcher Verkehrsträger welche Atomtransporte von und zu den genannten AKWs durchgeführt wurden?

13.   Ist Ihrem Ressort bekannt, welche Atomtransporte von und zu den genannten AKWs von Seiten Österreichs mit welchen Kontroll- und Begleitschutzmaßnahmen versehen wurden?

14.   Durch welche Maßnahmen stellen Sie sicher, dass Sie von in Ihrem Haus befassten Stellen bzw. von anderen zuständigen Stellen des Bundes oder der Länder über alle Atomtransporte durch und nach Österreich informiert werden?

15.  Welche wesentlichen Veränderungen in der Rechtslage betreffend Atomtransporte gab es seit dem Jahr 2000?

16.   Halten Sie die derzeitige Kompetenzlage bei der Genehmigung von Atomtransporten der verschiedenen Kategorien für übersichtlich und ausreichend oder wird es von ihrer Seite eine Initiative für Veränderungen geben, wenn ja welche?

17.  Wie viele Ministerien und ggf. sonstige Stellen sind bei einem Antrag auf Atomtransporte durch Österreich in welcher Weise involviert?

18.  Sind Sie der Meinung, dass die Länder stärker eingebunden werden sollen oder setzen Sie sich eher für eine stärkere Zentralisierung der Genehmigung von derartigen Atomtransporten ein?

19.  Seit 1999 steht das Bundesverfassungsgesetz Atomfreies Österreich, BGBl I 149/1999 in Geltung, das in seinem § 3 ein klares Verbot für Atomtransporte incl solchen für Zwecke der Energiegewinnung durch Kernspaltung incl Entsorgung normiert, „sofern dem völkerrechtliche Verpflichtungen nicht entgegenstehen“. Welche völkerrechtlichen Verpflichtungen, die diesem weitreichenden Atomtransport-Verbot des BVG atomfreies Österreich entgegenstehen, ist Österreich wann eingegangen?

20.  Ist Ihnen bekannt, wie oft seit Inkrafttreten Verstöße gegen das Atomtransportverbot gemäß § 3 des BVG atomfreies Österreich zu verzeichnen waren? Wenn nein, warum nicht?

21.  Wie viele Anträge gemäß „alter“ Radioaktiver Abfälle-Verbringungsverordnung BGBl. II 44/1997 wurden in den einzelnen Jahren ab 2000 bis zum Außerkrafttreten dieser Verordnung jeweils eingereicht?

22.  Für wie viele dieser Anträge wurden in den einzelnen Jahren ab 2000 bis zum Außerkrafttreten dieser Verordnung jeweils Genehmigungen erteilt, und wie viele Verbringungen wurden damit genehmigt?

23.  Wie viele Anträge gemäß „neuer“ Radioaktiver Abfälle-Verbringungsverordnung RAbf-VV 2009, BGBl. II 47/2009, wurden in den einzelnen Jahren seit deren Inkrafttreten jeweils eingereicht?

24.  Für wie viele dieser Anträge wurden in den einzelnen Jahren jeweils Genehmigungen erteilt, und wie viele Verbringungen wurden damit genehmigt?

25.  In wie vielen Fällen kam in den einzelnen Jahren seit Inkrafttreten der „neuen“ RAbf-VV 2009 jeweils das Instrument der „stillschweigenden Zustimmung“ von der Seite Österreichs zur Anwendung?