9849/J XXIV. GP

Eingelangt am 17.11.2011
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Anfrage

 

der Abgeordneten Dr.in Gabriela Moser,   Freundinnen und Freunde an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie

betreffend neue Barrieren statt Barrierefreiheit bei der Bahn

 

Nach dem Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz sind auch die ÖBB dazu angehalten, ihre Verkehrsstationen und Fahrbetriebsmittel sukzessive barrierefrei zu gestalten.

Unabhängig vom partiell großen Engagement der ÖBB in Sachen Barrierefreiheit gibt es immer wieder Diskussionen über entsprechende Nachrüst- bzw. Umbau-Erfordernisse.

Einmalig dürfte aber der folgende Vorgang sein: Der Bahnhof von St.Peter in der Au im westlichen Niederösterreich, der ständig von zumindest einem rollstuhlfahrenden Pendler benützt wird, soll nun dergestalt umgebaut werden, dass er nachher (anders als derzeit !) NICHT mehr über einen barrierefreien Zugang zu den Bahnsteigen verfügen würde. Es soll ein Personentunnel erreichtet werden, die Bahnsteige sollen dann nur mehr über Stufen erreichbar sein. Eine Rampe ist nicht vorgesehen, die Ausrüstung mit einem Lift soll nach offizieller ÖBB-Auskunft dem Betroffenen gegenüber frühestens 2015 erfolgen. Bis dahin solle der Linz-Pendler im doch immerhin über 20 Kilometer (!) entfernten Bahnhof St.Valentin oder im noch weiter entfernten (und in der Gegenrichtung des Fahrtziels Linz liegenden) Amstetten zu- bzw. aussteigen.

Nachdem St.Peter in der Au durch einen zum Verkehrslandesrat avancierten Lokalpolitiker, der nicht einmal die Bedürfnisse der Bahn-PendlerInnen seiner eigenen Gemeinde kannte und dann folgerichtig im Zuge der NÖ-Nebenbahnübernahme samt Rechts-Chaos und Zusperrkonzert rasch scheiterte, in Sachen Öffis unrühmliche Schlagzeilen machte, ist dies nun ein neuer öffi-politischer Höhe- bzw. Tiefpunkt.

 

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgende


ANFRAGE

 

1)    Wie erklären Sie angesichts der geltenden Rechtslage den geplanten Umbau des heute – abgesehen vom Besteigen und Verlassen des Zugs - barrierefrei benützbaren Bahnhofs St.Peter-Seitenstetten in einen nicht barrierefrei benützbaren baulichen Zustand (Personentunnel ohne Rampe und Lift)?

2)    Wie erklären Sie, dass ein simpler Lift erst in einigen Jahren als Nachrüstung finanzierbar sein soll, während jährlich über 2 Mrd Euro in die Infrastruktur der ÖBB gepumpt werden und Sie gerade mit dem aktuell in Diskussion stehenden Bundeshaushalt für 2012 hier wieder neue Ausgaben-Rekordwerte bejubeln?

3)    Was können Sie dem Eindruck entgegenhalten, dass bei der Bahn hunderte Millionen jährlich für einzelne Megaprojekte kein Problem sind, vergleichsweise bescheidene Summen für Barrierefreiheit dort, wo diese täglich benötigt wird, hingegen nicht so wichtig sind?

4)    Wie können Sie verantworten, dass mit solchen baulichen Fehlleistungen die Benutzung von Bahnhöfen auch für Eltern mit Kinderwagen sowie für Reisende mit Gepäck – keine extrem seltene Gruppe von Fahrgästen! – massiv erschwert wird?

5)    Was werden Sie konkret, zB im Rahmen der Schwerpunktsetzungen innerhalb ihrer Bahn-Infrastrukturinvestitionen oder im Zuge der Genehmigung der ÖBB-Infrastrukturrahmenpläne, wann dafür unternehmen, dass Barrierefreiheit bei Baumaßnahmen den gebotenen noch höheren Stellenwert bekommt, wenn nötig auch zulasten anderer Infrastrukturinvestitionen?