Parlament Österreich

 

 

 

 

Stenographisches Protokoll

 

 

 

Bild des Parlamentsgebäudes

 

 

146. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXIV. Gesetzgebungsperiode

 

Donnerstag, 8. März 2012

 

 


 

Stenographisches Protokoll

146. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXIV. Gesetzgebungsperiode              Donnerstag, 8. März 2012

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 8. März 2012: 10.01 – 14.18 Uhr

*****

Tagesordnung

Erklärungen des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Ge­schäftsordnung des Nationalrates zum Stabilitätspaket 2012–2016

*****

Inhalt

Personalien

Verhinderungen ................................................................................................................ 9

Ordnungsruf ................................................................................................................... 58

Geschäftsbehandlung

Antrag der Abgeordneten Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 1846/A(E) der Ab­geordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend die un­verzügliche Verkleinerung der Bundesregierung gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäfts­ordnung eine Frist bis 28. März 2012 zu setzen – Ablehnung ................................  10, 85

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 10

Verlangen auf Durchführung einer namentlichen Abstimmung .................................... 83

Unterbrechung der Sitzung .......................................................................................... 83

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................... 9

Verhandlungen

Erklärungen des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates zum Stabilitätspaket 2012–2016 .............................................................. 11


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 2

Bundeskanzler Werner Faymann ............................................................................... 11

Vizekanzler Dr. Michael Spindelegger ....................................................................... 14

Verlangen auf Durchführung einer Debatte gemäß § 81 Abs. 1 der Geschäfts­ordnung                   11

Redner/Rednerinnen:

Heinz-Christian Strache .............................................................................................. 18

Dr. Josef Cap ................................................................................................................ 21

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek .................................................................................... 24

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll ...................................................................................... 26

Josef Bucher ................................................................................................................. 30

Kai Jan Krainer ............................................................................................................. 33

Jakob Auer .................................................................................................................... 35

Ing. Norbert Hofer ........................................................................................................ 38

Mag. Werner Kogler ..................................................................................................... 40

Herbert Scheibner ........................................................................................................ 43

Bundesministerin Mag. Dr. Maria Theresia Fekter .................................................. 45

Staatssekretär Mag. Andreas Schieder ..................................................................... 46

Dr. Sabine Oberhauser, MAS...................................................................................... 48

August Wöginger ......................................................................................................... 49

Herbert Kickl ................................................................................................................. 51

Dr. Alexander Van der Bellen ..................................................................................... 53

Gerald Grosz ................................................................................................................. 55

Heidrun Silhavy ............................................................................................................ 58

Mag. Heribert Donnerbauer ........................................................................................ 59

Harald Vilimsky ............................................................................................................ 59

Mag. Judith Schwentner ............................................................................................. 60

Ing. Peter Westenthaler ............................................................................................... 61

Dr. Martin Strutz ....................................................................................................  62, 73

Dr. Günther Kräuter ..................................................................................................... 63

Mag. Albert Steinhauser .............................................................................................. 65

Bundesministerin Mag. Dr. Beatrix Karl ................................................................... 66

Gabriele Tamandl ......................................................................................................... 70

Sigisbert Dolinschek .................................................................................................... 71

Mag. Gisela Wurm ........................................................................................................ 72

Ing. Hermann Schultes ................................................................................................ 75

Mag. Gisela Wurm (tatsächliche Berichtigung) ........................................................... 76

Ing. Robert Lugar ......................................................................................................... 76

Dorothea Schittenhelm ............................................................................................... 79

Wolfgang Zanger .......................................................................................................... 80

Entschließungsantrag (Misstrauensantrag) der Abgeordneten Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber der Bundesministerin für Justiz gemäß Artikel 74 Abs. 1 des Bundes-Verfassungsge­setzes – Ablehnung ...........................................................  57, 83

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Martin Strutz, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Nichtumsetzung der geplanten Schließungen der Kärnt­ner Bezirksgerichte – Ablehnung (namentliche Abstimmung) ...........................................................................................................  74, 83

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mario Kunasek, Kolleginnen und Kol­legen betreffend Beibehaltung der 41sten Wochenstunde – Ablehnung .................................................................  81, 85

Eingebracht wurden

Regierungsvorlagen ..................................................................................................... 9


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 3

1678: Bundesgesetz über das Arzneibuch (Arzneibuchgesetz 2012 – ABG 2012)

1680: 1. Stabilitätsgesetz 2012 – 1. StabG 2012

1681: Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 2012 und das Bundesfi­nanzrahmengesetz 2012 bis 2015 geändert werden und das Bundesfinanzrahmen­gesetz 2013 bis 2016 erlassen wird

1682: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Serbien über soziale Sicherheit

1685: 2. Stabilitätsgesetz 2012 – 2. StabG 2012

1686: Bundesgesetz, mit dem das Vermessungsgesetz geändert wird

1687: Bundesgesetz, mit dem ein Akkreditierungsgesetz 2012 erlassen wird und das Maß- und Eichgesetz und das Kesselgesetz geändert werden

Berichte ......................................................................................................................... 10

III-306: Bericht, Reihe Bund 2012/2; Rechnungshof

III-310: Bericht betreffend das auf der 94. Tagung der Internationalen Arbeitskon­ferenz angenommene Seearbeitsübereinkommen, 2006; Bundesregierung

III-311: Bericht des Fachhochschulrates 2010 gemäß § 6 Abs. 2 Z 7 FHStG; BM f. Wissenschaft und Forschung

III-312: Bericht des Akkreditierungsrates gemäß § 4 Abs. 9 UniAkkG, BGBl. I Nr. 168/1999 i.d.g.F. über die Tätigkeit des Akkreditierungsrates im Jahre 2010; BM f. Wissenschaft und Forschung

Anträge der Abgeordneten

Dr. Josef Cap, Karlheinz Kopf, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesver­fassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird (1864/A)

Dr. Josef Cap, Karlheinz Kopf, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Bundesministeriengesetz 1986 geändert wird (1865/A)

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wiedereinführung der Zweckbin­dung für Wohnbaufördermittel der Länder (1866/A)(E)

Mag. Daniela Musiol, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bundeskompetenz Ele­mentarpädagogik (1867/A)(E)

Mag. Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend RFID-Chips (1868/A)(E)

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung eines Kriterienka­talogs für SchulleiterInnenbestellungen (1869/A)(E)

Konrad Steindl, Dr. Christoph Matznetter, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wirtschaftstreuhandberufsgesetz, das Bilanzbuchhaltungs­gesetz und die Gewerbeordnung 1994 geändert werden (1870/A)

Dr. Gabriela Moser, Heidrun Silhavy, Franz Hörl, Mag. Roman Haider, Stefan Mar­kowitz, Kolleginnen und Kollegen betreffend verstärkte Kooperation zwischen den „Austria Guides“ und der Österreich Werbung (1871/A)(E)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz und das Pensionsgesetz 1965 geändert werden (1872/A)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 4

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Beibehaltung der 41sten Wo­chenstunde (1873/A)(E)

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufstockung der Exekutive in Linz (1874/A)(E)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Flexibilisierung des Verset­zungsrechts durch Änderung des § 38 BDG und teilweise Neufassung des § 12a GehG (1875/A)(E)

Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen betreffend keine zusätzlichen Belastungen durch etwaige Änderungen bei der Berechnung der Einheitswerte (1876/A)(E)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen betreffend die Behandlung der Lawinen-Gefahr im Schulunterricht (1877/A)(E)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Festschreibung der Pflichtgegenstände „Technisches Werken“ und „Textiles Werken“ im gleichen Ausmaß im Lehrplan der NMS wie im Lehrplan der Hauptschule (1878/A)(E)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Verbrennen von Materialien außerhalb von Anlagen (Bundesluftreinhaltegesetz – BLRG), BGBl. I Nr. 137/2002, geändert wird (1879/A)

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Transparenz in der privaten Zukunftsvorsorge (1880/A)(E)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Berechtigung sonderpä­dagogischer Schulen, VS- beziehungsweise HS- beziehungsweise NMS-Zeugnisse aus­zustellen (1881/A)(E)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz und das Pensionsgesetz 1965 geändert werden (1882/A)

Gabriel Obernosterer, Heidrun Silhavy, Mag. Roman Haider, Dr. Gabriela Moser, Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Online-Buchungsplattformen im Tourismus (1883/A)(E)

Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend Stärkung der Vaterbindung durch die Einführung eines „freiwilligen Papamonats“ (1884/A)(E)

Anfragen der Abgeordneten

Dr. Ruperta Lichtenecker, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wis­senschaft und Forschung betreffend finanzielle Ausstattung der Johannes Kepler Uni­versität (JKU) Linz (10897/J)

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Stellenplanüberschreitungen bei LandeslehrerInnen (10898/J)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inne­res betreffend Nichtbeantwortung der Anfrage 10138/J betreffend Speicherung perso­nenbezogener Daten durch die Sicherheitsbehörden gemäß § 53 SPG (10899/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Railjet-Vorspannlok-Rätsel (10900/J)

Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Ge­sundheit betreffend die Gesundheitsgefährdung durch Brustimplantate der Firma PIP (10901/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 5

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Verbesserung der Regelungen für die Marktzulassung und Inverkehrbrin­gung von Medizinprodukten (10902/J)

Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Schülerlotsen (10903/J)

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesvertei­digung und Sport betreffend Ausgehuniform am WKR-Ball 2012 (10904/J)

Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Bekämpfung der Jugendkriminalität (10905/J)

Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Begleitung schwerstkranker Kin­der (Familienhospizkarenz) (10906/J)

Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend „Einhaltung des Washingtoner Abkommens im Zusammenhang mit der Instandsetzung und Erhaltung Jüdischer Friedhöfe“ (10907/J)

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesvertei­digung und Sport betreffend die Traditionspflege des Bundesheeres in der Krypta im Hel­dentor (10908/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Geisterfahrer im Jahr 2011 am Teilstück A 2 Wörthersee (10909/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Geisterfahrer im Jahr 2011 am Teilstück A 2 Wech­sel (10910/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Geisterfahrer im Jahr 2011 am Teilstück A 2 Raum Graz (10911/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Geisterfahrer im Jahr 2011 am Teilstück A 1 Raum Salzburg (10912/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Geisterfahrer im Jahr 2011 am Teilstück S 6 Steier­mark (10913/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Geisterfahrer im Jahr 2011 am Teilstück A 10 Pon­gau (10914/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Geisterfahrer im Jahr 2011 am Teilstück A 5 gesamt (10915/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Inno­vation und Technologie betreffend Geisterfahrer im Jahr 2011 am Teilstück A 9 südlich von Graz (10916/J)

Dr. Susanne Winter, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend die ideologischen Wandlungen des Mag. St. (10917/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 6

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Steueraufkommen durch die Spielbankenabgabe (10918/J)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Geschäftsbeziehungen Casinos Austria AG mit Beratern und Konsulenten (10919/J)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend „Spielerkredite“ der Casino Austria AG (10920/J)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betreffend Lizenzvergabeverfahren Casinolizenzen (10921/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betref­fend Neue-Psychoaktive-Substanzen-Gesetz, NPSG (10922/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen be­treffend Neue-Psychoaktive-Substanzen-Gesetz, NPSG (10923/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend Neue-Psychoaktive-Substanzen-Gesetz, NPSG (10924/J)

Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend Neue-Psychoaktive-Substanzen-Gesetz, NPSG (10925/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft und Forschung betreffend „Stipendienstorno – Rückzahlung von Stipendien“ (10926/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres be­treffend „Abgängige Personen in Österreich im Jahr 2011: Cold-Case-Management“ (10927/J)

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesvertei­digung und Sport betreffend Ausgehuniform am WKR-Ball 2012 (10928/J)

Stefan Petzner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen be­treffend CSI Hypo und Zinszahlungen an die BayernLB (10929/J)

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betref­fend bevorstehenden Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone (10930/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Verpachtung von Jagd- bezie­hungsweise Fischereirevieren durch die Österreichische Bundesforste AG (10931/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend „Hacklerre­gelung“ für Beamte (10932/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öf­fentlichen Dienst betreffend „Hacklerregelung“ für Beamte (10933/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend „Hacklerregelung“ für Beamte (10934/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend „Hacklerregelung“ für Beamte (10935/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Finanzen betref­fend „Hacklerregelung“ für Beamte (10936/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 7

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit be­treffend „Hacklerregelung“ für Beamte (10937/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betref­fend „Hacklerregelung“ für Beamte (10938/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „Hacklerregelung“ für Beamte (10939/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung und Sport betreffend „Hacklerregelung“ für Beamte (10940/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend „Hacklerregelung“ für Beamte (10941/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend „Hacklerregelung“ für Beamte (10942/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innova­tion und Technologie betreffend „Hacklerregelung“ für Beamte (10943/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend „Hacklerregelung“ für Beamte (10944/J)

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend „Hacklerregelung“ für Beamte (10945/J)

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend Ansturm deutscher Studenten an der Universität Innsbruck (10946/J)

Zurückgezogen wurde die Anfrage der Abgeordneten

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesvertei­digung und Sport betreffend Ausgehuniform am WKR-Ball 2012 (10904/J) (Zu 10904/J)

Anfragebeantwortungen

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (10095/AB zu 10244/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (10096/AB zu 10245/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (10097/AB zu 10243/J)

der Bundesministerin für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier Kolleginnen und Kollegen (10098/AB zu 10246/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (10099/AB zu 10326/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (10100/AB zu 10406/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Stefan Mar­kowitz, Kolleginnen und Kollegen (10101/AB zu 10442/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 8

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Stefan Marko­witz, Kolleginnen und Kollegen (10102/AB zu 10469/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (10103/AB zu 10340/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen (10104/AB zu 10394/J)

des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage
der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (10105/AB zu 10586/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen (10106/AB zu 10252/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen (10107/AB zu 10253/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen (10108/AB zu 10254/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen (10109/AB zu 10255/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen (10110/AB zu 10256/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen (10111/AB zu 10257/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen (10112/AB zu 10258/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen (10113/AB zu 10259/J)


 


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 9

10.01.22 Beginn der Sitzung: 10.01 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Zweiter Präsident Fritz Neuge­bauer.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Guten Morgen, meine Damen und Herren! Ich eröffne die Sitzung.

Die Amtlichen Protokolle der 144. und 145. Sitzung vom 29. Februar 2012 sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und unbeanstandet geblieben.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Katzian, Mag. Schickhofer, Gahr, Großruck, Obernosterer, Dr. Graf, Linder, Dipl.-Ing. Deimek, Mayerhofer, Mag. Brun­ner, Dr. Pilz, Kaufmann-Bruckberger, Schenk und Windholz.

10.01.51Einlauf und Zuweisungen

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsge­genstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsord­nung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 10897/J bis 10928/J;

Zurückziehungen: 10904/J;

2. Anfragebeantwortungen: 10095/AB bis 10113/AB;

3. Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz über das Arzneibuch (Arzneibuchgesetz 2012 – ABG 2012) (1678 d.B.),

1. Stabilitätsgesetz 2012 – 1. StabG 2012 (1680 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Bundesfinanzgesetz 2012 und das Bundesfinanzrahmen­gesetz 2012 bis 2015 geändert werden und das Bundesfinanzrahmengesetz 2013
bis 2016 erlassen wird (1681 d.B.),

2. Stabilitätsgesetz 2012 – 2. StabG 2012 (1685 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem das Vermessungsgesetz geändert wird (1686 d.B.),

Bundesgesetz, mit dem ein Akkreditierungsgesetz 2012 erlassen wird und das Maß- und Eichgesetz und das Kesselgesetz geändert werden (1687 d.B.).

B. Zuweisungen:

Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Ausschuss für Arbeit und Soziales:

Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Serbien über soziale Sicherheit (1682 d.B.);

Ausschuss für innere Angelegenheiten:

Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Frem­denpolizeigesetz 2005 geändert werden (BVG Sicherheitsbehörden-Neustrukturie­rung 2012) (1679 d.B.);


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 10

Rechnungshofausschuss:

Bericht des Rechnungshofes, Reihe Bund 2012/2 (III-306 d.B.);

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Ausschuss für Arbeit und Soziales:

Bericht der Bundesregierung betreffend das auf der 94. Tagung der Internationalen Ar­beitskonferenz angenommene Seearbeitsübereinkommen, 2006 (III-310 d.B.);

Wissenschaftsausschuss:

Bericht des Fachhochschulrates 2010 gemäß § 6 Abs. 2 Z 7 FHStG, vorgelegt vom Bundesminister für Wissenschaft und Forschung (III-311 d.B.),

Bericht des Akkreditierungsrates gemäß § 4 Abs. 9 UniAkkG, BGBl. I Nr. 168/1999 i.d.g.F. über die Tätigkeit des Akkreditierungsrates im Jahre 2010, vorgelegt vom Bundesmi­nister für Wissenschaft und Forschung (III-312 d.B.).

*****

Fristsetzungsantrag

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich mit, dass Herr Abgeordneter Mag. Stefan beantragt hat, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 1846/A(E) der Abgeordneten Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend die unverzügliche Verkleinerung der Bundesregierung eine Frist bis 28. März 2012 zu setzen.

Der gegenständliche Antrag wird gemäß der Geschäftsordnung nach Beendigung der Verhandlungen in dieser Sitzung zur Abstimmung gebracht werden.

*****

Ich gebe bekannt, dass diese Sitzung auf ORF 2 von 10 bis 13 Uhr und von ORF III in voller Länge übertragen wird.

Wir gehen in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zwischen den Mitgliedern der Präsidialkonfe­renz wurde Konsens über Gestaltung und Dauer der Debatte erzielt. Demgemäß wur­de eine Tagesblockzeit von 3 „Wiener Stunden“ vereinbart, sodass sich folgende Re­dezeiten ergeben: SPÖ und ÖVP je 44 Minuten, FPÖ 38 Minuten, Grüne 32 Minuten sowie BZÖ 30 Minuten.

Für die Dauer der Fernsehübertragung in ORF 2 wurde folgende Redeordnung verein­bart: Erklärung des Bundeskanzlers 13 Minuten, Erklärung des Vizekanzlers 13 Minu­ten, dann eine Redner-/Rednerinnenrunde mit je 10 Minuten, eine weitere mit je 8 Mi­nuten, dann ein Regierungsmitglied ÖVP und anschließend ein Regierungsmitglied SPÖ mit je 5 Minuten, eine weitere Redner-/Rednerinnenrunde mit je 6 Minuten und dann noch eine Redner-/Rednerinnenrunde mit je 4 Minuten.

Hinsichtlich der Redner-/Rednerinnenreihenfolge wurde vereinbart: erste Runde: con­tra/pro, die weiteren Runden: nach Fraktionsgröße.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 11

Der vorsitzführende Präsident wird ersucht, die genaue Einhaltung der Redezeiten si­cherzustellen. Er verteilt vor Beginn der letzten Runde – nach Rücksprache mit den Klub­vorsitzenden – die verbleibende Redezeit auf die fünf Fraktionen in der Weise, dass noch alle Fraktionen in der Fernsehzeit gleichmäßig zu Wort kommen.

Allfällige tatsächliche Berichtigungen werden erst nach der Fernsehzeit in ORF 2 auf­gerufen.

Weiters schlage ich gemäß § 57 Abs. 7 der Geschäftsordnung vor, die Redezeit jedes Abgeordneten ohne Klubzugehörigkeit auf 10 Minuten zu beschränken.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über die soeben dargestellten Redezeiten.

Wer dem die Zustimmung gibt, den ersuche ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

10.04.33Erklärungen des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates zum Stabilitätspaket 2012–2016

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Damit gelangen wir zu den Erklärungen des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers.

Im Anschluss an diese Erklärungen wird im Sinne des § 81 der Geschäftsordnung entsprechend dem vorliegenden Verlangen von fünf Abgeordneten eine Debatte statt­finden.

Das Wort erhält nun der Herr Bundeskanzler zur Abgabe der Erklärung. Ich stelle die Uhr auf die vereinbarten 13 Minuten. – Bitte.

 


10.05.05

Bundeskanzler Werner Faymann: Sehr verehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrte Mit­glieder der Regierung! Sehr verehrte Abgeordnete! Meine Damen und Herren! In die­sen Tagen wird die Stabilität unserer gemeinsamen Währung deshalb immer wieder zum Thema, weil es in der Eurozone viele Länder gibt, die mit Strukturreformen ihre Stabilität verbessern müssen, weil wir als Währungszone unabhängig werden wollen von Spekulation, von hohen Zinsentwicklungen für Staatsanleihen, die in Europa seit der Finanzmarktkrise zu viel Unsicherheit geführt haben.

Um diese Stabilität, diese Unabhängigkeit, diese starke gemeinsame Währung zu er­reichen, müssen alle Länder der Eurozone ihre Aufgaben bewältigen. Dazu gehört mit Sicherheit, die Berechenbarkeit der Schulden ernst zu nehmen. Dazu gehört mit Si­cherheit all jenes, was im Fiskalpakt, im Sixpack oder in vielen anderen Beschlüssen in den letzten Wochen und Monaten als Regelwerk vereinbart wurde.

Wir sind noch lange nicht so weit, dass wir sagen können, die Eurozone hat die Un­gleichheiten, die es gibt, die Risken, die es gibt, beseitigt, die Eurozone ist stark und kann den nächsten, den vielleicht wichtigen Schritt gehen, auch gemeinsam für Staatsan­leihen zu haften, in der einen oder anderen Form auch gemeinsam Staatsanleihen zu kaufen, um damit auch das Vertrauen zurückzugewinnen, das in die Staatsanleihen vie-
le Jahre und Jahrzehnte bestanden hat.

Also der Endpunkt ist klar: Wir wollen eine stabile Währung. Wir wollen eine berechen­bare Entwicklung. Wir wollen eine Entwicklung, durch die wir auch zu mehr Gemein­schaftshaftung und Gemeinschaftsleistungen kommen. Ob die dann Eurobonds heißen oder ob es vermehrte Möglichkeiten der Europäischen Zentralbank sind, ob die ver­gleichbar sind mit Systemen der Vereinigten Staaten oder der Briten, das ist eine Fra­ge, die zum Schluss zu entscheiden ist, wenn die Stabilität in der Eurozone, in der ge-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 12

meinsamen Währungsunion stark genug ist, diese weiteren Schritte zu gehen. (Zwi­schenruf des Abg. Kickl.)

Es geht darum, diese Stabilität zu erreichen nach einer Finanzmarktkrise, die viele Werte vernichtet hat, auch den Ärmsten in Europa, die ohnehin wenig soziale Sicher­heiten hatten, viel genommen hat. Es gibt viele Länder in Europa, die hinsichtlich der Armutsbekämpfung gar nicht so viel vorzuweisen hatten, die in diesem Bereich Schluss­licht waren, und durch diese Finanzmarktkrise wurden die Ärmeren noch ärmer, ist die Arbeitslosigkeit, auch die Jugendarbeitslosigkeit, gestiegen.

Also: Gleichzeitig Strukturreformen in Angriff zu nehmen, gleichzeitig in Europa dafür zu sorgen, dass die Schuldenentwicklung berechenbar ist, sich von Finanzmärkten un­abhängig zu machen und zum selben Zeitpunkt aktiv zu investieren und die Wirtschaft wieder anzukurbeln, das ist mit Sicherheit eine schwierige Aufgabe. Aber wir müssen beides machen, wir dürfen darin keinen Gegensatz sehen. Wir können nicht entweder sparen oder investieren, sondern wir müssen sparen und investieren. Wir können nicht entweder die Schulden im Griff haben oder die Beschäftigung erhöhen, wir brauchen eine berechenbare Entwicklung bei den Schulden und eine berechenbare Entwicklung bei der Beschäftigung. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Nun hat auch Österreich diese Aufgaben zu erfüllen – natürlich von einem anderen Ni­veau aus als Länder, die durch die Spekulation täglich in den Schlagzeilen gelandet sind. Bei der Entwicklung der Zinsen, die Sie sich ja jeden Tag anschauen können – auch im Vergleich zu Deutschland oder zu anderen Ländern –, gehören wir immer zu den Besten in Europa. Wir liegen bei nicht einmal 3 Prozent Zinsen für unsere Staats­anleihen und haben in der Vergangenheit im Budget immer 4, ja 4 bis 5 Prozent Zinsen zu berücksichtigen gehabt. Also für jene Staatsanleihen, die noch über den zehnjähri­gen Zeitraum laufen, zahlen wir mehr Zinsen, als wir derzeit bei einer Neuaufnahme zu bezahlen haben.

Warum sage ich das? – Weil Zinszahlungen ein wesentlicher Faktor für die Beurteilung der Frage sind: Wie unabhängig, wie stark ist ein Land, wie viel Vertrauen in ein Land haben jene, die darüber entscheiden, ob sie Staatsanleihen kaufen?

Warum ist das aber für alle wichtig? – Weil es allemal besser ist, das Geld in unserem Land in Schulen, in Bildung, in Beschäftigung zu investieren als in überhöhte Zinszah­lungen. Daher ist es so wichtig, die Entwicklung dieser Zinsen sehr ernst zu nehmen und dafür zu sorgen, dass Österreich weiter stabil ist, dass Österreich weiter unabhän­gig ist und dass Österreich nicht das schwer verdiente Geld der Steuerzahler für über­höhte Zinsen ausgeben muss, wie das leider in vielen anderen Ländern in Europa der­zeit der Fall ist. Daher ist dieses Stabilitätspaket so entscheidend. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

27,8 Milliarden € bis 2016 durch einnahmen- und ausgabenseitige Maßnahmen zu er­reichen muss viel Diskussion hervorrufen, muss auch zu Widerspruch anregen. Die parlamentarischen Verhandlungen werden viele Aspekte aufzeigen – Aspekte, die schon bekannt sind, aber auch solche, die zusätzlich auf den Tisch gelegt werden –, und diese sind zu besprechen und zu verhandeln. Ich bin aber stolz darauf, dass wir das in Österreich in diesem Klima zuwege bringen, dass die Regierung, die diese Auf­gabe dieser Größenordnung vor sich hat, und das Parlament, das das zu diskutieren und zu beschließen hat, das in einem Klima machen können, wo nicht Demonstratio­nen und Gegendemonstrationen oder gar Gewaltauseinandersetzungen auf den Stra­ßen stattfinden, sondern ein sozial ausgewogenes Klima vorherrscht, ein respektvoller und fairer Umgang miteinander. Das allein ist eine Qualität Österreichs, die wir gemein­sam zu verteidigen haben. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ich bedanke mich bei jenen, die während dieser Verhandlungen viel zu arbeiten, viele Vorlagen zu erarbeiten hatten, Berechnungen zu erstellen hatten, bei den vielen Mitar-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 13

beiterinnen und Mitarbeitern, internen, externen, die dazu beigetragen haben, dass die­se 98 Gesetze, Hunderte, ja Tausende Maßnahmen durchgerechnet, vorgeschlagen, überlegt, in allen Konsequenzen vorbereitet wurden. Ich bedanke mich bei allen Mitar­beiterinnen und Mitarbeitern im Namen der Regierung dafür.

Ich bedanke mich aber auch bei jenen Regierungsmitgliedern, die in diesen Stunden ei­ne besonders schwere Last zu tragen hatten, allen voran bei der Finanzministerin, die da natürlich ein besonderes Stück an Arbeit zu leisten hatte. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ich möchte auch sagen – das ist mir persönlich wichtig –, es handelt sich nicht um ein Defensivprogramm, im Rahmen dessen ausschließlich mit Kürzungen und Verwaltungs­reformen in Einzelbereichen etwas in Angriff genommen wurde, sondern es sind auch 4 Milliarden € für Offensivmaßnahmen vorgesehen.

Nun weiß ich, dass die Debatte klar zeigen wird, dass man auch bei Offensivmaßnah­men verschiedener Meinung sein kann – wie viel war es vorher, wie viel ist weggenom­men beziehungsweise dazugegeben worden? (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Ge­nau!) –, dass man auch darüber trefflich streiten kann, aber Tatsache ist, dass bei uns im Unterschied zu den meisten Ländern Europas – und darin sind wir uns einig –, die derzeit ihre Budgets beschließen, aber auch zu den Vereinigten Staaten, den Bundes­staaten, zwei Dinge nicht zu sehen sind:

Erstens: Es wird, wenn über einnahmenseitige Maßnahmen aus anderen Ländern be­richtet wird, über eine Erhöhung der Mehrwertsteuer und der Kosten der Lebensmittel gesprochen. Das gibt es in Österreich nicht, denn wir wissen, wir brauchen keine Er­höhung der Mehrwertsteuer, und eine Erhöhung der Kosten der Lebensmittel würde die Schwächsten treffen, daher gibt es diese Maßnahmen in Österreich nicht. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Zweitens: Es wird in vielen Ländern der Rotstift quer drüber angesetzt, weil vielen Län­dern in ihrer Situation gar nichts anderes übrig bleibt, sodass auch bei den Universitä­ten, Schulen, bei Bildung eingespart wird. Auch das gibt es in Österreich nicht!

Wir sprechen bei den Offensivmitteln, in Summe 4 Milliarden €, von einem Mehr für Uni­versitäten, von der völligen Sicherstellung unseres Programms betreffend die Einfüh­rung der Neuen Mittelschule, von verbesserten Chancen unserer Kinder durch Bildung und Ausbildung, von einem weiteren Ausbau der Ausbildungsgarantie von jungen Men­schen, damit sie nicht auf der Straße stehen und damit sie nicht – wie in anderen Län­dern – nach jahrelanger Arbeitslosigkeit mühevoll wieder integriert werden müssen, sondern dass jeder junge Mensch mit 15 Jahren, der keine Lehrstelle findet, von uns einen Ausbildungsplatz bekommt. Das ist eine Ausbildungsgarantie, die europaweit Aufmerksamkeit erregt, die erst vor Kurzem vom Kommissionspräsidenten als Vorbild für Europa dargestellt wurde. Unser duales Ausbildungssystem, die starke Rolle der Klein- und Mittelbetriebe unseres Landes und die Verantwortung der Industrie sind her­vorzuheben, aber eben auch die von uns gezeigte Verantwortung durch die Ausbil­dungsgarantie. Das ist ein wesentlicher Punkt, der beweist: Es geht nicht um entweder Einsparen oder Beschäftigung, sondern wir in Österreich erreichen eine hohe Beschäf­tigung und werden trotzdem bis 2016 aufgrund unseres sparsamen Vorgehens stabile Finanzen vorweisen können. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Es gibt auch Maßnahmen, die gemeinsam mit den Bundesländern voranzutreiben sind. Am Internationalen Frauentag ein wichtiger und einer der wichtigen Punkte, die die Verantwortlichen, die unsere Gabi Heinisch-Hosek immer wieder auch auf den Tisch legt, ist, dass es beim Ausbau von ganztägigen Schulformen viel zu langsam voran­geht, dass es bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie viel zu langsam vorangeht, dass wir da ein höheres Tempo brauchen. Wir haben einen österreichweit unterschied­lichen Stand beim Ausbau von Kindergärten, von Kinderbetreuungseinrichtungen, die


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 14

eine Bildungseinrichtung und keine Aufbewahrungsstelle sind, die dazu beitragen, dass gemeinsam mit den ganztägigen Schulformen die Vereinbarkeit von Beruf und Familie verbessert wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Dafür – und das möchte ich am Internationalen Frauentag sagen –, dass sich Gabi Heinisch-Hosek so eingesetzt hat, bei diesen Verhandlungen und überhaupt, möchte ich ihr als Frauenministerin herzlich danken und ihr dazu gratulieren. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich möchte aufgrund der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit jetzt bei den Maß­nahmen nicht ins Detail gehen, sondern nur sagen, dass viele der einnahmenseitigen Maßnahmen nicht Massensteuern betreffen. Man kann sagen, seit Loipersdorf, von der Wertpapier-KESt über Änderungen bei Stiftungsprivilegien, von der Konzernbesteue­rung bis zur Änderung bei Stock Options, von Änderungen bei der Gruppenbesteue­rung, die wir dieses Mal vornehmen, bei Beträgen von Immobilienzuwächsen bis zum Solidarbeitrag, der etwas für unser Budget beitragen soll, mit dem, wofür wir auf euro­päischer Ebene kämpfen und wo wir überzeugt sind, dass wir gute Chancen auf Ver­wirklichung haben, etwa der Finanztransaktionssteuer, sowie der Bankenabgabe, auch der erhöhten Bankenabgabe, haben wir bewiesen, dass es auch bei einnahmenseiti­gen Maßnahmen Alternativen zum Erhöhen von Benzin- und Lebensmittelpreisen gibt. Wir sorgen dafür, dass in einem Mix etwas zustande gebracht wird, was als fair und vernünftig bezeichnet werden kann. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich möchte zum Schluss kommend sagen, dass dieses Stabilitätsprogramm und -paket mit den vielen Maßnahmen in den nächsten Jahren natürlich immer wieder auf den Prüfstand kommen wird: Entwickelt sich die Wirtschaft so, wie wir das angenommen haben, oder sind Veränderungen vorzunehmen? Entwickeln sich unsere Maßnahmen so, wie geplant, oder sind Änderungen vorzunehmen? Aber: Entschlossenheit hinsicht­lich der Struktur, Entschlossenheit in der Erreichung des Zieles, Entschlossenheit, dass es fair zugehen soll, Entschlossenheit, dass die Beschäftigung ein zentraler Wert in un­serer Gesellschaft ist und daher das Wirtschaftswachstum besondere Bedeutung hat, zeigt diese Regierung.

Ich bitte Sie, bei den Beratungen bei allem Pro und Kontra doch zu zeigen, dass wir Österreicher stolz darauf sind, dass Österreich ein stabiles Land ist und dass wir die Reformen gemeinsam zustande bringen, die uns auch in Zukunft in die Lage ver­setzen, in Europa immer wieder als Vorbild bezeichnet zu werden. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

10.18


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Vizekanzler Dr. Spindelegger zur Abgabe seiner Erklärung zu Wort. – Bitte.

 


10.18.36

Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Michael Spindelegger: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren der Bundesre­gierung! Hohes Haus! Wir haben nach zehn Wochen einer intensiven Diskussion in der Bundesregierung Maßnahmen vorgeschlagen, diese vor wenigen Wochen der Öffent­lichkeit vorgestellt und nunmehr auch mit Gesetzestexten unterlegt, Maßnahmen für die nächsten fünf Jahre, die insgesamt wertmäßig einen Umfang von etwa 27 Milliar­den € darstellen. Das ist ein Vorhaben gewaltiger Natur. Das ist ein Vorhaben, das ein großes Ziel hat. Dieses Ziel heißt: Wir müssen Österreich wieder auf gesunde Beine stellen!, und ich glaube, das ist damit verwirklicht. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abge­ordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Der wesentliche Inhalt dieses Maßnahmenpa­kets sind die Struktureffekte, die wir erzielen wollen. Diese Struktureffekte greifen ge-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 15

nau dort ein, wo wir in den letzten Jahren gesehen haben, dass Entwicklungen Platz greifen, die wir so nicht mehr akzeptieren dürfen, damit da nicht eine neuerliche Belas­tung Österreichs entsteht. Es muss ein anderes System Platz greifen, das insbeson­dere in Richtung der wesentlichen Kostentreiber geht und uns so hilft, unsere Zielset­zungen zu verwirklichen.

Ich darf ganz kurz auf diese Maßnahmen eingehen.

Der wichtigste Bereich ist sicherlich, dass wir bei den Frühpensionen zu einem ande­ren Antrittsalter kommen, das ist notwendig. (Zwischenrufe.) Aufgrund steigender Le­benserwartung und all der Dinge, die in der Zukunft vor uns liegen, ist es absolut wich­tig und notwendig, dass wir auch länger arbeiten, dass wir in Österreich insgesamt ein anderes Pensionsantrittsalter haben, als das heute der Fall ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben uns daher sehr intensiv damit beschäftigt, was man bei der Invaliditätspen­sion tun kann. Ich glaube, dass Maßnahmen gesetzt und jetzt noch in Gesetzesform gegossen werden, die das tatsächlich bewirken werden.

Wir haben uns die Einrichtung eines Pensionskontos vorgenommen, wo jeder auch nachvollziehen kann, zu welcher Pensionshöhe seine bisherigen Beiträge führen wer­den, und wodurch dieses System der Abschläge und der Deckel der Vergangenheit an­gehören werden. (Abg. Ing. Westenthaler: Höchstbeamte!)

Wir haben auch den Pensionisten einen Beitrag abverlangt, indem für die Jahre 2013 und 2014 nur eine sehr maßvolle Erhöhung der Pensionen vorgesehen ist. Auch das ist ein notwendiger Beitrag. Und ich bedanke mich auch an dieser Stelle für die Kom­promissbereitschaft des Seniorenrates, der mit uns an einem Strang gezogen und die­sen Beitrag mit uns ausverhandelt hat. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich möchte zum Zweiten auf die Frage der Gesundheitskosten und deren Entwicklung eingehen. Wir wissen alle ganz genau, dass eine weitere Steigerung der jährlichen Ge­sundheitsausgaben von über 5 Prozent, wie das heute der Fall ist, so nicht machbar ist. Deswegen haben wir uns mit den Bundesländern auf ein neues System geeinigt. Wir werden einen Kostendämpfungspfad mit Benchmarks einführen. Um das zu errei­chen, werden in allen Bundesländern Reformen im Spitalswesen durchgeführt werden müssen.

Ich bedanke mich auch bei den Bundesländern, die mit uns an einem Strang gezogen haben, die mit uns gemeinsam ein solches System politisch vereinbart haben, das wir jetzt auch in eine Artikel-15a-Vereinbarung gießen werden. Ich bin davon überzeugt, damit wird nicht beim Patienten gespart, sondern bei den Strukturen, und das ist der richtige Weg, wie wir weiter ein Gesundheitssystem in Österreich so aufrechterhalten werden können. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir haben uns bei den Zuschüssen zu den Österreichischen Bundesbahnen überlegt, wie wir das in eine neue Form bringen können, damit dieses Unternehmen auch eine gute Zukunft hat. Wir haben einen Mix gefunden aus Reformen und einem Überdenken der Großprojekte, wo wir noch Einsparungspotenziale haben, und das ist ein gutes Er­gebnis, das auf dem Tisch liegt. 1,4 Milliarden €, die bis zum Jahr 2016 eingespart wer­den, sind ein ordentlicher Beitrag zu diesem Sanierungspaket, und ich glaube, das ist genau das Richtige. Wir haben das auch mit dem Management intensiv diskutiert, so­dass wir bei den Bundesbahnen die Zuschüsse damit etwas geringer halten können.

Ich darf auf die Verwaltungsreform eingehen, ein langes Vorhaben in dieser Republik, das seit 20 Jahren diskutiert wird. Wir haben 599 Vorschläge des Rechnungshofes ge­nau durchgearbeitet, wir haben viele davon mit berücksichtigt (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Wie viele?), und wir wissen ganz genau, dass die Verwaltungsreform damit


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 16

nicht beendet ist, sondern dass wir das zu einer ständigen Strategie der Bundesregie­rung machen müssen, um unsere Verwaltung den heutigen Gegebenheiten auch ent­sprechend anzupassen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte besonders erwähnen, dass wir bei den Förderungen auch neue Wege ge­hen. Wir haben vereinbart, dass wir eine neue Förderpyramide aufstellen, wo künftig klar sein muss, wer welche Förderung auszahlt, wer die Anträge bearbeitet. Wir wollen auch ein System errichten, wo wir Förderziele überprüfen und auch mit Konsequenzen ausstatten. Und wir haben uns insgesamt bei den Förderungen mit den Ländern auf ei­ne Einsparungstangente von 5 Prozent verständigt. Auch das ist wichtig, damit klar ist, dass wir sehr sorgsam mit dem Steuergeld der Österreicherinnen und Österreicher um­gehen werden.

Ich möchte als sechsten Punkt erwähnen, dass auch der öffentliche Dienst einen ge­waltigen Beitrag zu diesem Sanierungspaket leistet. Wir haben uns auch dazu verstän­digt, dass wir die Frage der Mobilität der Mitarbeiter ins Zentrum stellen. Eine Nulllohn­runde beziehungsweise eine kleine Gehaltssteigerung 2014 werden auch einen Beitrag zu diesem Sanierungspaket beisteuern, der sich sehen lassen kann. Wir haben einen hervorragenden öffentlichen Dienst in Österreich, den wir behalten wollen, und ich be­danke mich auch, dass wir das sozialpartnerschaftlich gemeinsam mit der Gewerk­schaft öffentlicher Dienst erreichen konnten. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Entscheidend aber, meine Damen und Herren, ist, warum wir dieses Sanierungspaket so aufgestellt haben. Ich möchte damit beginnen, aus meiner Sicht zu erläutern, dass eine Bundesregierung eben den Auftrag hat, auf das Ganze zu schauen und nicht auf Partikularinteressen, dass sie auch den Auftrag hat, längerfristig, also über die Legisla­turperiode hinaus Maßnahmen zu setzen, die diesen Sanierungskurs unterstreichen. Das hat diese Bundesregierung gemacht. Wir haben uns für fünf Jahre mit einem Pa­ket von 27 Milliarden sehr weit nach vorn gewagt, und wir haben Maßnahmen darge­stellt, die auch über das Jahr 2016 hinaus wirken, und das ist das Richtige. Wir wollen 2016 wieder ein Nulldefizit erreichen, wir wollen bis 2020 auf 60 Prozent Staatsver­schuldung kommen. Die Maßnahmen unterstreichen das, und das ist die richtige Ziel­setzung. Eine Bundesregierung hat Verantwortung zu übernehmen, wir haben das ge­tan. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Meine Damen und Herren, es ist im Übrigen, wenn ich auf die Jahre nach 2016 blicke, weder in der Verfassung noch in den Zehn Geboten festgeschrieben, dass man keinen Überschuss erwirtschaften darf, und ich halte es einmal für ein spannendes Vorhaben, uns in den Jahren nach 2016 einmal vorzunehmen, einen Überschuss im Budget zu er­zielen, damit die Schulden entsprechend abgebaut werden können. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte das mit folgendem Satz unterstreichen: Meine Zielsetzung in einer Bundes­regierung ist es, nicht Schulden zu vererben, sondern Chancen! Und mit diesem Maß­nahmenpaket tragen wir diesem Grundsatz auch Rechnung. (Beifall bei der ÖVP.)

Lassen Sie mich einen zweiten Punkt dazu erwähnen, das ist die europäische Ebene. Wir brauchen natürlich auch die Unterstützung auf europäischer Ebene, dass wir ins­gesamt in allen Ländern dieses Schuldenreduktionsprogramm durchziehen. Wir haben dazu einen Fiskalpakt verhandelt, der mittlerweile unterzeichnet ist und der dem Hohen Haus bald vorliegen wird. Wir haben einen ESM-Vertrag, der auch die Maßnahmen darstellt, wie man dann, wenn ein Land in Schwierigkeiten kommt, auch zu Rettungs­aktionen kommt.

Wir brauchen aber mehr als nur den Sparkurs in Europa, wir brauchen auch einen Wachstumskurs in Europa. Ich schlage daher noch einmal auch in diesem Haus vor, dass wir uns mit anderen Ländern zusammentun, um auch dieses Wachstum in Euro­pa, die Innovation zu einem Zukunftsprogramm zu machen. Die Bevölkerung der Euro-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 17

päischen Union macht derzeit etwa 7,5 Prozent der Weltbevölkerung aus. Aber in die­sen 27 Ländern werden 30 Prozent des Welthandels erwirtschaftet, und das zeigt, dass wir, wenn wir diese Benchmark halten wollen, auf diesem Kontinent auch in Rich­tung Wachstum, in Richtung Innovation gehen müssen. Dafür gehören ordentliche Pro­gramme vorgeschlagen. Wir sind dabei, ein solches derzeit zu entwickeln, das nach 2014 auch wirksam werden kann. (Beifall bei der ÖVP.)

Dritter Punkt: Wir werden in Österreich nicht nur sparen, sondern auch richtig investie­ren. Der Herr Bundeskanzler hat bereits darauf hingewiesen, dass wir uns auch Offen­sivmaßnahmen vorgenommen haben, Offensivmaßnahmen etwa bei den Universitäten mit einer Universitätsmilliarde, die ab 2013 wirksam wird. Das bedeutet, dass wir der akademischen Ausbildung der jungen Menschen einen besonderen Stellenwert einräu­men, dass wir hier auch Geld in die Hand nehmen, damit diese akademische Ausbil­dung auch im Ranking der Universitäten der Welt eine bessere wird. Damit sollten die Chancen der jungen Leute, die dort ausgebildet werden, steigen, und diese sollten er­folgreich selbst als Unternehmer, als zukünftige Mitarbeiter zu diesem Wachstum, zur Innovation in unserem Land etwas beitragen können. Das halte ich für sehr richtig und wichtig. Deswegen ist die Universitätsmilliarde auch ein wichtiger Programmpunkt der Offensivmaßnahmen dieser Bundesregierung. (Beifall bei der ÖVP.)

Vierter Punkt, meine Damen und Herren: Wir haben keine Sparmaßnahmen bei den Familien gesetzt (Rufe: Das habt ihr schon vorher gemacht!), wir haben keine Spar­maßnahmen bei den Beziehern kleinster Pensionen vorgenommen. Auch dort haben wir dafür gesorgt, dass nicht diejenigen, deren Einkommen ohnehin am unteren Rand angesiedelt ist, noch von zusätzlichen Maßnahmen betroffen sind. Und wir haben für die Zukunft auch klargemacht, dass wir für die Familien auch ein Programm der Ent­wicklung gestalten müssen. Das können wir im Augenblick nicht finanzieren, aber das werden wir grundlegen. Für mich ist es wichtig, der Familie einen besonderen Stellen­wert einzuräumen. Dafür werden Vorschläge erarbeitet, die wir auch zur rechten Zeit präsentieren werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Für mich entscheidend ist – darauf haben wir geachtet –, dass es jetzt, da wir der Be­völkerung auch ein Opfer abverlangen – und das sind keine einfachen Opfer, das möch­te ich durchaus nicht kleinreden, jeder, der von diesem Sanierungspaket betroffen ist, muss eben seinen Beitrag leisten –, eine gleichmäßige Verteilung gibt, dass nicht eine Gruppe ganz besonders in Anspruch genommen wird. Und das ist uns, wie ich meine, auch gelungen.

Ich werbe auch hier um die Zustimmung in der Bevölkerung, weil jeder letztlich wissen muss, dass wir Österreich insgesamt nur dann auf gesunde Beine stellen können, wenn alle einen Beitrag leisten. Bei 27 Milliarden in fünf Jahren leistet auch jeder einen Beitrag.

Und ich glaube, dass wir das so verantworten können, und hoffe, dass wir dieses Pa­ket, das wir heute dem Hohen Haus auch präsentieren, nach einer ordentlichen parla­mentarischen Debatte noch in diesem März verabschieden können, dass wir damit vor die Bevölkerung hintreten und sagen können: Ja, wir haben die Grundlagen gelegt, auch mit einer bitteren Medizin, die aber Voraussetzung dafür ist, dass wir wieder gesund werden. Österreich wieder auf gesunde Beine zu stellen, das ist das Hauptmotiv dieses Sparpakets, meine Damen und Herren. Ich glaube, es ist uns gelungen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

10.31


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gehen nun in die Debatte über die Erklärun­gen ein. Die Redezeiten sind bekannt.

Als Erster gelangt Herr Klubobmann Strache zu Wort. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 18

10.31.18

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Regierungsbank! Meine sehr geehrten Da­men und Herren! Am Internationalen Frauentag – das vielleicht ganz kurz zu Beginn – sollte man schon auch festhalten, dass wir leider Gottes noch immer, auch in unserem Land, eine Situation haben, in der viele Frauen bei gleicher Leistung noch immer nicht den gleichen Lohn erhalten, in der es über 400 000 Mindestpensionistinnen gibt, die teilweise mit dramatischen Bettelpensionen abgespeist werden, was wirklich unwürdig ist. Und wir sollten auch darauf hinweisen, dass immer mehr Frauen als Alleinerziehe­rinnen wirklich an der Armutsgrenze leben und damit zu kämpfen haben, neben ande­ren Fehlentwicklungen. (Beifall bei der FPÖ.)

Gerade am Internationalen Frauentag sollte man sich dessen auch besinnen und sich zumindest einmal auch ins Bewusstsein rufen, dass wir da noch viel zu tun haben, auch im Falle von Problemen mit Zwangsbeschneidung, Zwangsverheiratung bis hin zu Eh­renmorden, die es in unserer Gesellschaft leider Gottes heute noch gibt. Da ist viel zu tun, und in diesen Bereichen müssen wir auch sensibilisieren.

Aber kommen wir zum Thema der heutigen Sondersitzung. Wenn sich Herr Bundes­kanzler Werner Faymann, aber auch Herr Vizekanzler Spindelegger heute hier herge­stellt und uns erklärt haben, sie wollen dieses Land wieder auf gesunde Beine stellen, dann muss man sich schon die Frage stellen: Wer hat denn dieses Land in diese Situa­tion geführt? Wer hat diese dramatische Situation einer Rekordverschuldung, die wir heute erleiden müssen, verursacht? (Beifall bei der FPÖ.) Wir mussten den Verlust des Triple A hinnehmen und eine Entwicklung, wo unser österreichisches Steuergeld in ei­ner unverantwortlichen Art und Weise in Richtung der Bankenspekulanten Europas und in Richtung der Pleitestaaten hineingepumpt und verludert wird und verloren geht. Da­mit werden unzählige Österreicher und mehrere Generationen zu kämpfen haben, was Sie zu verantworten haben.

Und wenn Sie sich dann heute hier herstellen und uns erklären wollen, Sie werden jetzt unser Land, nachdem Sie uns in diese Krise geführt haben, auf gesunde Beine stellen, dann ist das so, wie wenn man vorher den Österreichern beide Beine amputiert, aber dann herkommt und sagt: Wir wollen euch jetzt sozusagen retten, nachdem wir euch beide Beine amputiert haben! – Das ist ja nicht mehr glaubwürdig! Da machen Sie ja den Bock zum Gärtner. (Beifall bei der FPÖ.)

Und wenn Sie sich, Herr Vizekanzler, heute herstellen und davon reden, dass 599 Vor­schläge des Rechnungshofes von Ihnen durchgearbeitet worden sind, dann muss ich sagen: Das ist zwar lieb, aber wie viele Punkte haben Sie davon umgesetzt? Sie haben bis heute keine Antwort darauf gegeben. Zweieinhalb Punkte vielleicht! Aber es gibt keine strukturelle Verwaltungsreform. Und das ist ja genau das, was alle Experten auch kritisieren, weil Sie heute hier hergehen und dieses Sparpaket in höchsten Tönen lo­ben und preisen.

In Wirklichkeit ist dieses Paket ein Offenbarungseid dieser Bundesregierung und zeigt, dass Sie in Form von Belastungen und Steuererhöhungen letztlich auch wieder in die Taschen der Bürger greifen. Und das ist unserer Meinung nach unverantwortlich, denn Sie hätten strukturelle Reformen umsetzen müssen, und das sind Sie schuldig geblieben.

Sie gehen wieder her und machen das, was Sie seit eh und je machen, nämlich ein­fach in Form von Steuererhöhungen und Belastungen in die Geldbörse der Österrei­cher hineingreifen. Und das ist genau das, was eine Loch auf-Loch zu-Politik bedeutet, die wir immer verurteilt haben.

Dringend notwendige Reformen, strukturelle Reformen sucht man in diesem Sparpaket vergebens. Und deshalb reden wir auch bewusst von einem mutlosen Stückwerk, das Sie hier vorlegen. Sie sagen zwar in Ihren Berechnungen, dass die Staatsverschuldung


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 19

von 73 Prozent auf 70 Prozent gedrückt werden soll – so weit, so gut; es ist zu hoffen, dass dies auch der Fall sein wird –, aber alleine mit diesen Zahlen zeigen Sie ja wiede­rum Ihre Unehrlichkeit, denn wenn man die ausgelagerten Bereiche ÖBB, ASFINAG, die Gemeinden hinzurechnet, dann kommen wir ja heute auf eine Staatsverschuldung von 90 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt. Da spielen Sie ja auch schon bei der Schul­denquote unehrlich in Ihren Zahlen.

Und dann rechnet diese Bundesregierung sogar mit fiktiven Einnahmen wie einer Fi­nanztransaktionssteuer, die nicht in Sicht ist, bis hin zu einer Abgeltungssteuer für Schwarzgelder, die angeblich mit der Schweiz fixiert worden sein soll. Aber die wissen nicht einmal etwas davon, weil bis heute keine Verhandlungen stattgefunden haben. Aber Sie gehen her und verbuchen da schon Einnahmen im Budget des kommenden Jahres von einer Milliarde Euro. Das ist ja unredlich! Das ist ja unehrlich! (Beifall bei der FPÖ.)

Das zeigt ja auf, wie unredlich Sie Politik betreiben. Da steht noch gar nichts fest. Das ist alles fiktiv. Das wäre genauso, wie wenn Sie ins Budget hineinschreiben würden: Wir spielen jetzt jede Woche Lotto und gehen davon aus, im kommenden Jahr dreimal den Lotto-Sechser zu machen. Und das buchen wir fix ins Budget ein. – Das ist unred­lich!

Wieder einmal wird in vielen Bereichen hinausgeschoben und gemogelt, wie wir es lei­der vom Herrn Bundeskanzler Faymann, aber auch Vizekanzler Spindelegger gewohnt sind. Und ich sage: Wenn Sie uns wenigstens elegant anschwindeln würden! Aber so durchsichtig, wie Sie uns anschwindeln, das ist letztlich etwas, wo ich sage, das ist stümperhaft und fast schon beleidigend, wie durchsichtig Sie das machen. (Zwischen­ruf des Abg. Dr. Kräuter.)

Das ist genau das, was da gelebt wird von Ihrer Seite. Und die Bevölkerung hat ja in­klusive dem Loipersdorfer Belastungspaket aus dem Jahr 2010, Herr Kräuter, 50 Mil­liarden € an Belastungen zu schlucken. (Beifall bei der FPÖ.) Damals haben Sie ja die Familien und die Pflegebedürftigen in diesem Land belastet und auf Kosten der Armen in unserem Land letztlich gespart und es erschwert, eine Pflegestufe zu bekommen, und diese auch anders eingeteilt. Und genau das ist es ja!

WIFO, Rechnungshof und IHS kritisieren zu Recht, was hier vorliegt, und sagen, wie­der hat man die Chance vertan, endlich strukturell im rot-schwarzen Verwaltungsspeck anzusetzen. Und da haben wir ja das letzte Mal die Vorschläge auch besprochen.

Herr Klubobmann Cap, weil Sie immer sagen: Vorschläge von Seiten der Opposition! Ja! Wir brauchen nicht über 20 Sozialversicherungsträger. Runter auf ein bis zwei So­zialversicherungsträger! Ein einheitlicher bundesweiter Spitalsplan wäre notwendig. Im Gesundheitsbereich wäre die Finanzierung aus einem Topf notwendig. Man sollte auch kritische Debatten darüber führen, ob es notwendig ist, eine demokratisch nicht legiti­mierte Verwaltungseinheit wie die Bezirkshauptmannschaften noch weiter aufrechtzu­erhalten, was natürlich Mehrkosten verursacht.

Viele, viele Vorschläge liegen vor, über die man diskutieren sollte. Man sollte Vorschlä­ge des Rechnungshofes, die in Richtung strukturelle Verwaltungsreform gehen, auch ernst nehmen. Man sollte sie nicht nur lesen und danach zur Tagesordnung überge­hen. Ja, da ist viel zu tun. (Beifall bei der FPÖ.)

Was beinhaltet denn Ihr Sparpaket? – Pensionsraub! Das heißt, Sie belasten wieder jene Menschen, denen man schon in den letzten zehn Jahren durch eine nicht vor­handene Pensionsindexanpassung vieles gestohlen und geraubt hat. Die sind jetzt wieder die Verlierer. Bei den ASVG-Pensionisten sehen wir die Verlierer.

Massive Belastungen für weite Teile der Bevölkerung bis hinein zu den kleineren und mittleren Unternehmen. Lohnnebenkosten werden erhöht. Na, bitte, das ist ja genau


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 20

das, wo wir seit Jahren hören, was man vorhat und versprochen hat, wo man jetzt ge­nau Gegenteiliges gemacht hat.

Aber wenn es um die Privilegien geht, wenn es endlich auch um Einschnitte bei den Spitzenpensionen geht, bei der Nationalbank oder beim ORF oder bei den privilegier­ten Politikerpensionen, dann schweigt man sich aus. Da greift man nicht hinein. Da handelt man nach dem Motto: Pfui Teufel, das betrifft die eigenen rot-schwarzen Berei­che, da wollen wir uns natürlich nicht weh tun! Man belastet wieder die breite Bevölke­rung. – Das ist ja genau Ihr Denken!

Das ganze Paket zeigt ja auch, wie wenig sich die Regierung und die ÖVP selbst hier ernst nehmen. So hat der damalige Finanzminister Molterer im Jahr 2008 gesagt: In den nächsten Jahren muss die Steuer- und Abgabenquote auf unter 40 Prozent ge­senkt werden. – So weit, so gut! Wundervolle Überlegung, wundervoller Vorschlag!

Sein Nachfolger, Finanzminister Josef Pröll, hat im Oktober 2009 gesagt: Ziel muss es sein, die Abgabenquote zu reduzieren.

Da wechseln ja die Finanzminister auf Teufel komm raus.

Dann sitzt Frau Finanzministerin Fekter da. Sie sagte in ihrer Budgetrede am 19. Ok­tober 2011 noch: Das Senken der Abgabenquote ist mein klares Ziel!

Und was passiert dann in diesem Belastungspaket? – Die Abgabenquote wird auf satte 46 Prozent angehoben! – Ja, nehmen Sie sich selbst noch ernst?! Sie sind ja nicht mehr ernst zu nehmen. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenbemerkung von Bundesminis­terin Dr. Fekter.)

Die Sonntagsreden kennen wir, wo es um die Senkung der Lohnnebenkosten geht, die Sie seit Jahren immer wieder verbal einfordern beziehungsweise verlangen und angeb­lich umsetzen wollen. Doch jetzt haben wir in vier Bereichen Lohnnebenkostenerhö­hungen – in Zeiten dieser Krise eine Katastrophe für die Wirtschaft, für den Wirt­schaftsstandort und für die Arbeitsplätze in Österreich! (Beifall bei der FPÖ.)

Genau das ist es! Aber bei den Bausparprämien, da greift man hinein. Bei der privaten Zukunftsvorsorge, da greift man hinein, statt wesentliche Eingriffe beim Förderungs­wesen vorzunehmen und eine Subventionsbremse, die möglich wäre, zu machen, um endlich damit aufzuhören, dass die Verschwendungsausgaben weitergeführt werden, die kommende Generationen hineinreißen, die das letztlich zu bezahlen haben.

Das Gleiche haben wir bei der Pensionskassenpauschale, die jetzt kassiert wird, um Löcher zu stopfen, und bei der Teilverstaatlichung der ÖVAG. – Na ja, da sind wir noch gar nicht am Ende angekommen. Die Kommunalkredit folgt ja demnächst mit einer Mil­liarde €, wie wir hören.

Da kann ich – auch in Richtung SPÖ – nur sagen: Da sind die 900 Millionen € bei der Hypo wirklich ein „Lercherlschas“ im Vergleich zu dem, was da letztlich an Kosten der Kommunalkredit und der ÖVAG anstehen. Das muss man einmal deutlich sagen.

Und da sitzt aber Frau Ministerin Schmied als Verantwortliche hier oben und tut so, als hätte sie bei der Kommunalkredit mit dieser Misere, die dort angerichtet wurde, nichts zu tun. Das vergisst man so gerne. (Beifall bei der FPÖ.)

Also ich sage, Sie sollten sich in Wirklichkeit für dieses Belastungspaket schämen und nicht hier mit stolz geschwellter Brust herauskommen und sagen, wie toll Sie ar­beiten. – Nein, Sie haben (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen) – der Schlusssatz ist das – das Wesentliche verabsäumt, nämlich strukturelle Reformen zu machen und endlich unser Steuergeld in Österreich so zu schützen, dass die Österrei­cher eine gute Zukunft vorfinden. (Beifall bei der FPÖ.)

10.42



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 21

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Klubobmann Dr. Cap gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


10.42.09

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Herr Klubob­mann Strache, Sie waren je heute richtig ergiebig. Ich muss Ihnen sagen – ich bin jetzt fast Tränen der Rührung erlegen –, weil Sie sich der Frauen am Weltfrauentag anneh­men: Das Allererste, was die Blauen im Jahre 2000 durchgesetzt haben, war die Ab­schaffung des Frauenministeriums. Und dann haben Sie aber dem noch etwas drauf­gesetzt, indem Sie in einem Ministerium quasi eine Männerabteilung eingerichtet ha­ben, und zwar in der Sektion VI die Abteilung 6 – damit es auch noch einen sexisti­schen Hintergrund gibt. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) – Das, glaube ich, sollte man in diesem Zusammenhang in aller Deutlichkeit sagen! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie müssen wissen, ein Frauenministerium gibt es deswegen, damit quer durch alle Bereiche in den Ressorts die Frage der Gleichberechtigung, des Ausbaus der Gleich­berechtigung der Frauen eine besondere Berücksichtigung findet. (Abg. Kickl: Wie ist das beim Familienministerium?) Der Herr Bundeskanzler hat ja vorhin deswegen auch besonders hervorgehoben, wie wichtig nicht nur das Frauenministerium ist, sondern wie sich auch Gabi Heinisch-Hosek im Rahmen der Erstellung dieses Stabilitätspakets ein­gebracht hat. (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Das hat jetzt peinlich begonnen!)

Das ist ganz wichtig, das wollen wir auch an diesem Weltfrauentag besonders betonen, so wie wir auch zugeben: Es ist vieles erreicht worden, aber es muss noch vieles zu­sätzlich erreicht werden, damit unser Ziel einer echten Gleichberechtigung der Frauen in der österreichischen Gesellschaft dann auch erreicht werden kann. Und das sei hier noch einmal deutlich hinzugefügt. (Beifall bei der SPÖ.)

Weil wir hier immer über die Entwicklung in Europa und die Eurozone und so weiter reden: Ich glaube, es ist ja mittlerweile sowieso die Meinung aller fünf Fraktionen hier herinnen, wie wichtig der Euro für unsere Wirtschaft ist, dass wir Handel treiben kön­nen, Beschäftigung und Wachstum absichern können; 1 Million Beschäftigte in Öster­reich sind förmlich abhängig von der Exportwirtschaft. Und wer will, dass es hier diese Beschäftigung gibt, der muss darum kämpfen, dass der Euro weiter eine stabile Wäh­rung bleibt.

In diesem Zusammenhang gibt es natürlich Sparpakete in anderen, vergleichbaren eu­ropäischen Ländern. Das wird hier immer zu wenig berücksichtigt. Da wird nicht von 0,5 Prozent plus statt 0,8 Prozent plus geredet, sondern da gibt es beinharte Kürzun­gen. Da greift man in Löhne ein. Da werden Reduktionen im staatlichen Bereich vorge­nommen, und zwar in einer Kategorie von 10 000, 20 000, 30 000 Jobs. In Frankreich allein werden 16 000 Jobs im Bildungsbereich eingespart, 9 000 Jobs an den Grund­schulen, insgesamt sollen weitere 14 000 Stellen abgebaut werden.

Ich nenne Ihnen zum Beispiel die Zahlen von Großbritannien: Das spielt sich dort in ei­ner Dimension von einer halben Million Jobs im öffentlichen Dienst bei den öffentlichen Leistungen ab. (Abg. Strache: Dort pumpen Sie unser Geld hinein! Dort versenken Sie unsere Steuermilliarden!) Ja, Leistungen, nicht immer wie manche zynisch sagen: Na ja, baut halt die Verwaltung und die Beamten ab! und aus. – Nein, das sind auch weni­ger Leistungen für die Bürgerinnen und Bürger. Da wird in Pensionen eingegriffen. Da heißt es nicht: Wir passen halt ein bisschen weniger an, weil wir ein Sparpaket haben!, sondern da heißt es minus 5 Prozent, minus 10 Prozent, minus 20 Prozent. Das ist in Europa in den verschiedensten, auch für Österreich vergleichbaren Ländern gang und gäbe.

Das soll man endlich auch sehen: dass es in Österreich keine Erhöhung der Mehrwert­steuer beispielsweise gibt! Ich kann Ihnen eine Reihe von Ländern aufzeigen, wo aber


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 22

locker die Mehrwertsteuer erhöht wird, die Massensteuern erhöht werden, in die Pen­sionen eingegriffen wird, wie ich vorhin schon gesagt habe. Da ist es nicht so wie hier in Österreich, wo es keine Erhöhung des Krankenversicherungsbeitrages, keine Erhö­hung der Massensteuern gibt. Wir haben wirklich versucht, dass es in diesem Konsoli­dierungspaket sozial gerecht vor sich geht.

Jetzt muss ich Ihnen etwas sagen, was eine besonders wichtige Errungenschaft ist. Wir haben hier oft über die Frage der Managergehälter diskutiert. Unverhältnismäßig angestiegen! Frivol teilweise, wie das stattgefunden hat. Jetzt ist erkämpft worden – und das war besonders unser Anliegen –, dass es im Rahmen der Corporate Gover­nance eine Offenlegung der Managergehälter in den staatsnahem Betrieben gibt. Und das soll ein Beispiel für alle Managergehälter sein. Die Manager sollen sich gefälligst auch in der Öffentlichkeit dafür verantworten, wenn sie ein Mehrfaches an Zuwächsen haben, auch in Krisenzeiten, während sie Leute zu entlassen haben oder Lohnsenkun­gen vorschlagen. Das halte ich für einen ganz wichtigen Punkt. Da sollten Sie eigent­lich auch dafür sein. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Strache: Machen Sie endlich eine Gehaltsdeckelung! Eine Managergehaltsdeckelung! Bis heute kommt nichts!)

Auch was die Boni betrifft, ist es so, dass die Boni einmal steuerlich stärker zur Brust genommen werden. Ich sage Ihnen noch etwas – wir haben es hier schon mehrfach diskutiert –: Wir haben in Österreich 80 000 Euro-Millionäre, die 100 reichsten Österrei­cher haben über 60 Milliarden € an Vermögen. Wir wissen, dass nur ein kleiner Teil der Österreicher den größten Teil der Immobilien und des Geldvermögens besitzt. Ich möch­te hier noch einmal sagen: Da geht es nicht um Enteignungen, da geht es nicht darum, dem Mittelstand Geld oder Vermögen wegzunehmen (Abg. Kickl: Und ob!) – falsch!, es geht da um soziale Gerechtigkeit.

Es geht um die wirklich Superreichen, die darüber nachdenken, ob sie nicht am besten mit einem Kuvert oder mit einem Koffer oder sonstwie in die Schweiz gehen und dort ihr Schwarzgeld unterbringen, oder von mir aus nicht das Schwarzgeld, sondern das Weißgeld, aber jedenfalls ihr Geld unterbringen, oder nach Liechtenstein oder auf die Cayman-Inseln oder sonst irgendwohin. Und da stellen Sie sich her und sagen: Mein Gott, ich bin so depressiv, die werden das mit dem Schwarzgeld gar nicht in den Griff be­kommen!

Nein, so kann man an diese Frage nicht herangehen. Dann helfen Sie gefälligst mit, wie man an das Schwarzgeld herankommt. Und der erste Schritt ist, zu versuchen, mit der Schweiz einen Vertrag abzuschließen, dass wir an diese Milliarden, die die österreichi­schen Superreichen dort hingebracht haben, herankommen und dass auf diese Art auch mehr soziale Gerechtigkeit in diesem Land erreicht wird. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Bucher: Wird schon verhandelt?)

Das ist ein ganz wesentlicher Punkt, denn wenn die Bürgerinnen und Bürger in der Mehrzahl hier das eine oder andere – im Vergleich zu Europa kleinere, aber doch – Opfer bringen müssen, sogar viel kleinere, aber doch Opfer bringen müssen, dann fra­gen sie zu Recht: Aber was ist mit denjenigen, die es sich gerichtet haben? Was ist mit denjenigen, die Vermögen angesammelt haben? – Viele durch ehrliche Arbeit, viele durch nicht ehrliche Arbeit, viele durch Steuerhinterziehung, viele in welcher Form auch immer. Und wir als Politik sind gefordert, hier Maßnahmen zu setzen. (Abg. Kickl: Und Politpensionisten so wie Sie!  bis zum Gehtnichtmehr!)

Und ich sage Ihnen: Auch bei der Erbschaftsteuer geht es nicht darum, da Betriebsver­mögen einzubeziehen. Es geht nicht darum, den Mittelstand einzubeziehen. Das ist ja alles nur Propaganda! Es geht darum, die großen Vermögen einzubeziehen. (Beifall bei der SPÖ.) Es geht darum, dass die endlich einmal eine Steuer zahlen. Und das ist gerecht, weil sie aus Vermögen einen Wertzuwachs haben, einen arbeitslosen Wertzu­wachs! Das ist nicht Enteignung. Das bedeutet nicht, jetzt hat man einmal besteuert,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 23

und wenn man es geschickt veranlagt, dann wird man reicher und reicher. Na, super! Gratuliere! – Das ist zu wenig, finde ich.

Und natürlich sind wir froh, dass es auch erfolgreiche Unternehmer in Österreich gibt, die Weltgeltung haben – Gratulation! Viele sagen übrigens schon freiwillig, dass es für ihr Image gut ist, wenn sie sich da einbringen. Viele sagen: Wir wollen da dabei sein, wir wollen für unsere Sicherheit, für die Arbeitsbedingungen in Österreich etwas tun, dafür, dass man in Österreich gerne sein Geld in Stiftungen gibt! Daher haben wir auch durchgesetzt, dass sie dort mehr Steuern zahlen, nämlich statt 12,5 Prozent 25 Prozent.

Für jene, die im Ausland Töchter ihrer Firmen und dort Verluste haben, ist es nicht so einfach, dass sie jetzt nach Österreich kommen und sagen: Die Verluste im Ausland zahlt der österreichische Steuerzahler! – Auch das, finde ich, ist ungerecht. Auch da haben wir zu intervenieren. Wir haben schon Schritte gesetzt, das geht auch in die richtige Richtung (Beifall bei der SPÖ) – jawohl, auch in die richtige Richtung –, aber die große umstrittene Frage ist natürlich schon die Frage der Vermögensteuer

Und da sage ich Ihnen noch einmal: große Vermögen, nicht Mittelstand; ich betone das immer wieder. Aber schauen Sie: In Großbritannien stammen 4,2 Prozent der Einnah­men, gemessen am BIP, aus der Vermögenbesteuerung. Dann kommen Frankreich, die USA, Japan, die Schweiz, Italien, der OECD-Schnitt, die Niederlande, Griechen­land, Norwegen, Schweden, Deutschland: Alle zahlen mehr Vermögensteuer – alle! –, nur Österreich nicht! Und das gehört korrigiert. Das ist ein Punkt – das sage ich durch­aus auch an die Adresse des Koalitionspartners –, wo wir nicht lockerlassen werden, nicht lockerlassen werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie müssen sich entscheiden, Sie müssen sich ja auch irgendwann einmal entschei­den: Wollen Sie die Unterstützung von ein paar Millionären, oder wollen Sie haben, dass Sie auch der Mittelstand unterstützt? (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Und der Mittel­stand sagt zu Recht: Wenn nicht die großen Vermögen drankommen, dann kommt der Mittelstand dran, dann kommen die kleinen Unternehmer dran, dann kommen Arbeit­nehmerinnen und Arbeitnehmer mit ihren kleinen Einkommen dran! (Abg. Strache: Ist das schon das Neuwahltheater?)

Da ist es wichtig, dass es diese soziale Gerechtigkeit auch in Österreich in vermehrtem Ausmaß gibt, denn dieses Konsolidierungspaket trägt die sozialdemokratische Hand­schrift, wo, dominierend, Elemente der sozialen Gerechtigkeit drinnen sind. (Abg. Dr. Gla­wischnig-Piesczek: Wo denn?) – Sie dürfen es als Opposition gar nicht sehen wollen. Sie müssen es aber sehen, wenn Sie sich herstellen und versuchen, das fair zu beur­teilen, denn wir werden nur dann Vertrauen in der Bevölkerung gewinnen, wenn wir diese Diskussion hier auch fair führen. (Abg. Bucher: Zuerst einmal ehrlich, dann fair!) Und fair heißt Fairness, und Fairness heißt hier auch die soziale Gerechtigkeit in den Mittelpunkt stellen. (Abg. Ing. Westenthaler: Warum verschlucken Sie sich dauernd?)

Ich habe Ihnen hier schon x-mal an diesem Punkt gesagt: Es ist wichtig, für diese so­ziale Gerechtigkeit zu kämpfen, denn dann haben die Menschen Geld in der Tasche, dann haben sie die Möglichkeit, zu kaufen, zu investieren, dann wird sich die Wirtschaft weiterentwickeln, dann gibt es Beschäftigung, dann gibt es Wachstum.

In all diesen Krisenzeiten, die wir budgetär seitens des Staates zu bewältigen hatten, ist es darum gegangen, dass auch dieser Faktor berücksichtigt wird, denn dann ist die österreichische Wirtschaft am stärksten, am konkurrenzfähigsten, am wettbewerbsfä­higsten. Das ist auch einer der Punkte, der unsere Sozial- und Gesundheitssysteme ab­sichert – und darauf sind wir stolz. (Beifall bei der SPÖ.)

10.52


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Klubobfrau Dr. Glawischnig-Piesczek ge­langt nun zu Wort. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 24

10.52.41

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Frau Präsidentin! Meine ge­schätzten Damen und Herren auf der Regierungsbank! Werte Kolleginnen und Kolle­gen Abgeordnete! Herr Klubobmann Tschopf, Herr Kopf, Kapf, Cap! (Allgemeine Hei­terkeit.) – Jetzt muss ich mich entschuldigen. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abge­ordneten der FPÖ.) Jetzt muss ich mich entschuldigen, aber der Kollege Cap hat mich dermaßen mit seiner emotionalen Performance verwirrt. (Demonstrativer Beifall bei Ab­geordneten der SPÖ.)

Wie kann man sich so dermaßen über Dinge aufregen, die mit der Realität überhaupt nichts mehr zu tun haben? Wo ist denn der Knopf, auf den man drücken kann, dass man eine solche Nummer abziehen kann? Das hat mich jetzt wirklich verwirrt! (Beifall bei den Grünen.)

Ich muss diese Namensverwirrung noch erklären. Aber ich frage mich: Gegen wen kämpfen Sie denn um die soziale Gerechtigkeit? Kämpfen Sie daheim vor dem Spiegel gegen sich selber – oder gegen den Klubobmann Kopf? Gegen wen? (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen.)

Jetzt sind Sie das vierte Jahr in dieser Bundesregierung – wo finde ich denn die rote Handschrift, die Handschrift der sozialen Gerechtigkeit? (Abg. Strache: Spiegelfech­ter!) Ich lese sie nur auf Plakaten. Ich denke immer: Wann ist denn jetzt endlich die Zeit für die soziale Gerechtigkeit? – Aber Klubobmann Cap übt daheim vor dem Spiegel den Kampf um die soziale Gerechtigkeit. – Ich gebe Ihnen eine politische Empfehlung: Bitte kämpfen Sie das in der Koalition einmal aus, bitte in der Koalition! (Beifall bei den Grünen.)

Ich war gestern schon ähnlich verwirrt, muss ich sagen, als der Herr Vizekanzler, der Herr Bundeskanzler über das Sparpaket gesprochen hat. (Allgemeine Heiterkeit.) Ja, dieses Schattenkämpfen und Kämpfen um die soziale Gerechtigkeit geht jetzt dauernd hin und her. – Fürs Stenographische Protokoll: allgemeine Heiterkeit; Klammer wieder zu. – Der Herr Bundeskanzler hat gemeint, dieses Sparpaket sei alternativlos. Und die­ses „alternativlos“ kommt uns ja allen irgendwoher bekannt vor. Wer gerade ein biss­chen im Oscar-Fieber war: Meryl Streep, die gerade Maggie Thatcher spielt, ist ja be­rühmt geworden worden mit dem Satz: „There is no alternative.“

Ich finde, gerade in diesem Bereich, wie man vernünftig sparen kann, wie man klug in­vestieren kann, wie man Reformen in Österreich vorantreiben kann, haben Sie alle Al­ternativen ausgelassen. Dieses Sparpaket ist die Minivariante des Kompromisses. (Bei­fall bei den Grünen.)

Wir haben das schon öfters gehört: „There is no alternative.“, nämlich insbesondere dann, wenn es um Liberalisierungsvorhaben gegangen ist, wie die letzten 20 Jahre, um Deregulierungsvorhaben, was den Finanzmarkt angeht. Auch bei der Bankenhilfe ha­ben wir das gehört: „There is no alternative.“; jetzt wiederum bei den Österreichischen Volksbanken.

Und die Bevölkerung fragt sich zu Recht, ich frage mich mittlerweile auch: Wieso ei­gentlich? Wieso überlegen Sie sich hier keine Alternative?

Man mag zu den Ratingagenturen stehen, wie man will, aber trotzdem ist es doch manchmal lesenswert beziehungsweise wert, zu schauen, was sie schreiben oder wie sie Österreich klassifizieren. Sowohl Standard & Poor’s als auch Moody’s haben eine sehr klare, ganz präzise Diagnose, was Österreich betrifft: Österreich hat ein Problem, was den Bankensektor betrifft. – Ein absolutes Problem, was den Bankensektor betrifft. Ich wiederhole es.

Ich frage mich, warum niemand von Ihnen einmal offen darüber redet, warum es hier keinen Klartext und warum es hier auch keine Konsequenzen gibt. Wir erleben keine


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 25

Konsequenzen, was den Finanzmarkt betrifft – auf europäischer Ebene steht das Pro­jekt „neue Regulierungen“ jetzt im Wesentlichen. Und auf der anderen Seite werden, auch was den österreichischen Bankensektor betrifft, keine Konsequenzen gezogen, außer neuerliche Bankenhilfspakete. Und wir sind nicht mehr bereit, das länger zu ak­zeptieren und hinzunehmen – wie viele in der Bevölkerung. (Beifall bei den Grünen.)

Der Herr Vizekanzler hat gemeint: Es steht weder in der Bundesverfassung noch in den Zehn Geboten – die Zehn Gebote haben mich etwas verblüfft, aber okay –, dass man nicht sparen soll, dass man keine Überschüsse machen soll. (Abg. Bucher: Das Neue Testament der ÖVP! – Bundesministerin Dr. Fekter: Man kann Überschüsse er­zielen!) Ich denke, es steht aber nicht in der Bundesverfassung und auch nicht in den Zehn Geboten, dass man die Vermögenden und die Superreichen in Österreich weiter­hin schützen muss. Im Gegenteil sogar! (Beifall bei den Grünen.)

Ich glaube, in der christlichen Soziallehre ist durchaus auch der Gedanke des Teilens und der Gedanke des Mitfühlens beheimatet – des Mitfühlens, wenn es Menschen nicht so gut geht.

Und wenn Sie heute hier herauskommen und über die Lage von Frauen in Österreich reden, so frage ich Sie: Wer ist denn das untere Einkommensdrittel? Wer sind die klei­nen Einkommensbezieherinnen in Österreich, wenn nicht die Frauen, wenn nicht die Alleinerzieherinnen, Frauen mit Kindern, die sich durchs Leben schlagen und durch dieses Sparpaket keine einzige Unterstützung und Hilfe erhalten? – Und dann darauf stolz zu sein, dass man die Mehrwertsteuer nicht erhöht hat, das ist mir, ehrlich gesagt, zu wenig für den Internationalen Frauentag. Das ist mir wirklich zu wenig für den Frau­entag. (Beifall bei den Grünen.)

Tatsache ist, es gibt durch dieses Sparpaket keine Entlastung. Man kann durchaus auch investieren, man kann durchaus auch untere Einkommen entlasten, auch mit einer Steuerreform. Es geht hier nicht nur ums Sparen, es geht auch um Reformen. Und ge­nau das ist ja die Grundsatzkritik an diesem „Riesen“-Paket – „Riesen“ unter Anfüh­rungszeichen –: Ein Drittel ist ja nicht wahr oder geschummelt oder ein schwarzes Loch. Hier gibt es keine Reformen, hier gibt es keine Finanzreform, hier gibt es keine Entlastung der unteren Einkommen, hier gibt es keine Entlastung von Frauen. – Das ist Tatsache!

Tatsache ist, dass es durch dieses Sparpaket im Jahr 2016 mehr ärmere Menschen, arme Menschen und mehr Vermögende in Österreich geben wird. Das ist Faktum! Und wir sind mit dem nicht zufrieden. Wir wollen das nicht. Wir wollen das wieder aufma­chen. Sie sind gerne eingeladen, in den parlamentarischen Verhandlungen genau die­ses Gebot zu überdenken, das es ja nirgendwo gibt – weder in der Verfassung noch in den Zehn Geboten –, dass man große Erbschaften, Stiftungen, dass man de facto leis­tungsloses Einkommen vollkommen ungeschoren lässt in diesem Paket. Vollkommen ungeschoren! (Beifall bei den Grünen.)

Sehr, sehr amüsant habe ich auch gefunden, Herr Vizekanzler, dass Sie gesagt haben, Sie haben im Verwaltungsbereich etwas weitergebracht, Sie haben die 599 Vorschläge des Rechnungshofs durchforstet. – Da sage ich: Na immerhin, Sie haben sie einmal durchforstet! Aber wie viele haben Sie denn umgesetzt? Fünf oder zehn oder 15? Das wollten wir das letzte Mal schon wissen, haben aber keine Antwort darauf erhalten.

Tatsache ist, in diesen großen Bereichen – Gesundheitsbereich, Schulverwaltung, Pen­sionsbereich – gibt es keine Reformen, sondern das ist ein Groscherl-Zusammenfli­cken, auch teilweise gemogelt, viel zu hohe Zahlen, die nicht stimmen, wo man nicht sicher sein kann, ob das überhaupt hält. Und dann zu sagen, das ist jetzt die Politik für die nächsten fünf Jahre, auch das ist zu wenig und auch das wollen wir in den parla­mentarischen Verhandlungen noch ändern, und zwar mit Ihrer Mithilfe. Wir sind näm-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 26

lich ein selbstbewusstes Parlament – hoffe ich – und werden diese 400 Seiten, diese 98 Gesetzesvorschläge nicht einfach ungeändert durchwinken.

Da hoffe ich auf Sie, Herr Kollege Cap und Herr Kollege Kopf, dass wir schon parla­mentarisch unsere Arbeit tun. (Beifall bei den Grünen.)

Tatsache ist auch, dass es bis zum Jahr 2016 keine verbesserten Bildungschancen ge­ben wird für 200 junge Menschen, die in Ausbildung sind. „Offensivmaßnahmen“ – die­ses schöne Wort hin oder her, Tatsache ist: Aus den Gesetzestexten, die jetzt auf dem Tisch liegen, kann man gar nichts herauslesen. Da steht noch gar nicht drinnen, ob zu­sätzliche Mittel oder keine zusätzlichen Mittel bereitgestellt werden.

Im Gegenteil: Wir kennen das von den Taschenspielertricks beim Sparpaket von Loi­persdorf, dass man, wenn überhaupt, real auf demselben Niveau bleibt, wir aber mei­lenweit davon entfernt sind, wirklich Geld in die Hand zu nehmen und die Situation der Kindergärten, der Schulen und der Unis nachhaltig zu verbessern. – Das trotz flächen­deckender Unzufriedenheit der Eltern und der Jugendlichen, trotz flächendeckender Un­zufriedenheit und nach wie vor erschütternder Ergebnisse im Bildungsbereich.

Das soll die Politik für die nächsten fünf Jahre sein? – Dazu sage ich: Nein, Nein und noch einmal Nein! Wir werden das noch einmal ordentlich diskutieren müssen. (Beifall bei den Grünen.)

In ganz Europa werden Sparpakete geschnürt, mehr oder weniger unintelligent, also besteht die Gefahr, dass wir auf wirtschaftlich schwierige Zeiten zugehen, dass euro­paweit eine Rezession droht. Deshalb ist die Frage der Investitionsspielräume eine ganz entscheidende, auch für Österreich. Und genau diese Investitionsspielräume haben wir nicht im Budget! Es gibt in vielen Bereichen großartige Chancen, umso mehr bin ich extrem erschüttert, dass sich der Umweltminister mit seinen Kürzungs- und Sparge­danken in einem der wesentlichen Zukunftsbereiche neuerlich durchgesetzt hat. Im Be­reich von Klimaschutz und Grünen Jobs wird gespart werden. – Das ist nicht akzep­tabel, auch aus der Sicht, dass wir Wachstum brauchen, grünes Wachstum, nachhalti­ges Wachstum! (Beifall bei den Grünen.)

Mit diesem Paket wird es im Jahr 2016 nicht mehr Grüne Jobs geben als jetzt. Damit ist eine Riesenchance leider vertan.

Noch einmal zurück zu den Zehn Geboten! Ich glaube, das christliche Gebot: Mut zur Umkehr, Mut zur Einkehr, zum Teilen und so weiter! können wir jetzt in den parlamen­tarischen Behandlungen durchaus ernst nehmen. Wir sind bereit dazu. Sie haben es ja peinlichst vermieden, in irgendeinem Bereich eine Verfassungsbestimmung hineinzu­schreiben und tatsächlich auch verhandeln zu müssen mit der Opposition, aber ich bie­te Ihnen noch einmal herzlich an: Die große soziale Gerechtigkeit können wir hier noch einmal ausfechten, da haben Sie uns als Unterstützer – ernsthaft, ich fighte nämlich nicht daheim vor dem Spiegel, sondern mit Ihnen. Ebenso unsere Unterstützung haben Sie und werden Sie auch brauchen bei den Fragen der Zukunftsinvestitionen und der Bildung. Wir wollen das Programm so nicht durchgehen lassen, dass für die zwei Mil­lionen jungen Menschen in Österreich keine zusätzlichen Mittel, keine zusätzlichen Chan­cen mehr zur Verfügung stehen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

11.02


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


11.02.13

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundes­kanzler! Herr Vizekanzler! Hohes Haus! Ich glaube, dieses Stabilitätspaket, das die Bundesregierung uns, dem Parlament, gestern vorgelegt hat, zeigt eines: Die Regie-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 27

rung und die beiden Regierungsparteien haben die Lektion verstanden. (Ironische Hei­terkeit bei FPÖ und BZÖ.)

Die Lektion aufgrund der Turbulenzen der Finanzmärkte in den letzten Monaten und Jahren, aufgrund der Turbulenzen aus der Staatsschuldenkrise in Europa wurde ver­standen. Von dem politischen Märchen – ich habe es schon einmal gesagt –, ein Staat kann jahrelang ständig mehr ausgeben, als er einnimmt (demonstrativer Beifall und Bravoruf des Abg. Mag. Stefan), müssen wir uns verabschieden, und das tun wir mit diesem Stabilitätspaket, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Eines ist klar – und das ist ein ganz simpler Sachverhalt, Herr Kollege, ein ganz simp­ler Sachverhalt! –: Wenn man ständig mehr ausgibt, als man einnimmt, braucht man irgendjemanden, der einem Geld borgt. (Abg. Ing. Hofer: Warum haben Sie es dann gemacht?) Man kann aber niemanden zwingen, einem Geld zu borgen, daher ist man demjenigen, der einem Geld borgt, im Grunde ausgeliefert. (Abg. Strache: Warum wa­ren Sie dann die ganze Zeit dabei?) Daher machen wir dieses Stabilitätspaket. (Abg. Strache: Warum waren Sie die ganze Zeit dabei?) – Herr Kollege Strache, dass wir bereits erfolgreich sind, dass  (Abg. Strache: Warum waren Sie dabei? – Abg. Mag. Stefan: Jetzt sind Sie ausgeliefert!) – Das alte Problem: schwache Argumente – laute Stimme, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Strache: Warum sind Sie die ganze Zeit dabei gewesen?)

Dass das, was wir hier in Angriff nehmen, schon erfolgreich ist, sieht man daran – et­was, das Sie vielleicht gar nicht wissen, Herr Kollege Strache –: Wir haben das Triple A bei einer Ratingagentur verloren. Das ist schon richtig, aber wissen Sie, was die Kon­sequenz war? – Dass wir seither für unsere Staatsschulden weniger Zinsen zahlen als vorher! Letzte Woche: 2,89 Prozent Zinsen für Anleihen; das ist weniger als zu der Zeit, als wir das Triple A hatten! Das ist Ihnen alles entgangen, Herr Kollege Strache, natürlich, das verstehe ich schon. (Abg. Strache: Und deshalb sind Sie froh, dass Sie es verloren haben? Das ist absurd!)

Aber was zeigt das? – Natürlich ist das Urteil der Ratingagenturen ernst zu nehmen, gar keine Frage, aber das Vertrauen der Anleger in die Zukunft Österreichs ist noch viel wichtiger, meine Damen und Herren, und dieses Vertrauen der Anleger wurde mit der Schuldenbremse und dem nun vorliegenden Stabilitätspaket wieder zurückgewon­nen. Und das verdient ein Bravo an die Frau Finanzministerin und die Regierungsmit­glieder, ein Bravo für das Zurückgewinnen des Vertrauens der Finanzmärkte, denn das sind Leute, die uns Geld borgen, das sind Leute, die in die Zukunft Österreichs inves­tieren. (Beifall bei der ÖVP.) Wir haben das Vertrauen wiedergewonnen mit unserem energischen Eintreten für die Schuldenbremse – gegen die Sie sind, Herr Kollege Stra­che, gegen die die Grünen sind, gegen die das BZÖ ist (Abg. Dolinschek: Wo ist eure Schuldenbremse?) – und auch mit den Anstrengungen, die wir bei diesem Stabilitäts­paket an den Tag legen.

Meine Damen und Herren, ich habe es schon einmal gesagt: Gerade an solchen Pake­ten sieht man sehr schön den Unterschied zwischen Regierungsverantwortung und Oppositionspolitik. In jeder Demokratie, meine Damen und Herren, hat die politische Hauptverantwortung die Mehrheit. (Abg. Brosz: Die haben Sie aber  schon längst nicht mehr!) Diese Regierungsmehrheit trägt die politische Hauptverantwortung. Wir handeln nach bestem Wissen und Gewissen. Wenn wir überzeugt sind, dass diese Reformen notwendig sind, dann machen wir sie, auch wenn das durchaus nicht ange­nehm ist. Es ist nicht angenehm, Herr Kollege Strache, den Menschen zu sagen: Wir müssen das faktische Pensionsalter anheben! Es ist nicht angenehm zu sagen: Wir müssen Steuerlücken schließen! Das ist nicht angenehm, aber wir machen es aus Ver­antwortung für das Land, und weil wir wissen, wir brauchen das für die Zukunft unseres Landes. Das ist konkrete Zukunftssicherung, Herr Kollege Strache. Die Opposition,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 28

okay, kann alles besser wissen, kann alles kritisieren, kann alle Protestwähler an sich ziehen, aber umsetzen und Verantwortung tragen kann die Opposition natürlich nicht – und macht das auch nicht!

Wie uneinig die Opposition selbst ist, haben wir ja bei der Schuldenbremse gesehen. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Wir müssen uns nicht einigen! Sie müssen sich eini­gen! Sie haben sich nicht geeinigt!) Das BZÖ sagt: Wir stimmen zu, aber keine neuen Steuern! Die Grünen sagen: Wir stimmen zu, wenn es neue Steuern gibt! – Derart un­einig! Ich möchte mir nicht vorstellen, Frau Kollegin Glawischnig, dass Grün und Blau einmal in einer Regierung sind. Das wäre wahrscheinlich ein Chaos, denn Sie wollen etwas ganz anderes! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Neu­gebauer: Das ist ausgeschlossen!)

Frau Kollegin Glawischnig, in der Demokratie kann man hundert Mal davon überzeugt sein, dass die eigene Meinung die richtige ist, wenn man keine Mehrheit hat, hilft das nicht. – So einfach ist das! (Abg. Strache: Sie meinen, das kann schlimmer als Rot-Schwarz werden?)

Wir sind zwei Parteien, die sehr unterschiedliche ordnungspolitische, gesellschaftspoli­tische und wirtschaftspolitische Standpunkte haben. Natürlich muss man sich zusam­menraufen, und natürlich ist dieses Paket auch ein Kompromiss, gar keine Frage. Eine SPÖ-Alleinregierung hätte ein anderes Paket vorgelegt, mit Eigentumssteuern, eine ÖVP-Alleinregierung hätte wahrscheinlich viel mehr ausgabenseitig gemacht (Ruf bei den Grünen: Hätte die Höchstpensionen erhöht!), gar keine Frage, aber wir haben uns zusammengerauft für ein Paket, zu dem sogar die auflagenstärkste Zeitung dieses Lan­des, die „Kronen Zeitung“, bravo geschrieben hat. (Abg. Dr. Strutz: Na super!)

Bravo, hat die „Kronen Zeitung“ geschrieben, bravo aus mehreren Gründen. Erstens: weil es ein sehr ausgewogenes Paket ist. (Abg. Dr. Strutz: War das ein Inserat? – Abg. Strache: So viele Aufträge wie damals hat die „Kronen Zeitung“ vorher nie be­kommen!) – Das können Sie alles nachlesen! Und diese Zeitung ist nicht immer regie­rungsfreundlich, meine Damen und Herren!

Bravo, weil es ausgewogen ist, bravo, weil es zweitens den Mittelstand ungeschoren lässt und weil es drittens eine Umkehr im Denken ist, nämlich weg von der Schulden­politik, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Dieses Urteil deckt sich mit dem Urteil vieler Experten, und das ist uns wichtiger, ehr­lich gestanden, als das Urteil der Opposition! (Ruf bei der FPÖ: Sie werden auch bald Opposition sein!)

Ich war gestern mit Frau Finanzministerin Fekter in meinem Wahlkreis Waldviertel un­terwegs. Wir haben mehrere Veranstaltungen gehabt, und ich sage Ihnen: Das Ver­ständnis der Menschen für dieses Paket ist wirklich gewaltig, es hat mich beeindruckt! (Abg. Strache: Jubeltänze auf den Straßen?!) Der Herr Bundeskanzler hat sich zu Recht bei den Regierungsmitgliedern bedankt, deshalb möchte ich sagen, ich bedanke mich auch bei der Bevölkerung für dieses Verständnis, das sie gegenüber diesem Sparpaket aufbringt. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Hagen: Gehen Sie einmal unter die Menschen, dann hören Sie es! – Anhaltende Zwischenrufe bei FPÖ und BZÖ.) Es ist nicht einfach, aber die Menschen, Herr Kollege Strache, sind klüger, als so manche Op­positionspolitiker glauben. Glauben Sie mir das! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Ing. Wes­tenthaler: Die fallen sich um den Hals, die tanzen!)

Noch etwas, meine Damen und Herren: Es ist gar keine Frage, da haben Sie durchaus recht, es ist noch nicht alles fix und fertig. Gar keine Frage! Das Abkommen mit der Schweiz gibt es noch nicht, die Transaktionssteuer gibt es noch nicht. Aber was heißt denn das? – Das heißt, dass die Regierung sich die Latte sehr hoch legt. Wir sagen nicht: Wir haben jetzt ein Paket geschnürt und fünf Jahre lang keine Arbeit mehr, also


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 29

legen wir die Hände in den Schoß!, sondern wir haben jetzt Pfeiler eingeschlagen und wissen genau, da muss noch viel Schweiß und viel Gehirnschmalz investiert werden, um das auch zu erreichen. Gar keine Frage! Haben Sie schon jemals erlebt, dass ein Parlament einen fünfjährigen Finanzrahmen beschließt, bei dem gleich jedes Detail fix ist? – Das wäre herrlich! Da könnten wir uns dann fünf Jahre zurücklehnen und sagen: Es ist alles erledigt!

Genauso ist es mit der großen Verwaltungsreform. Manche glauben, da gibt es einen großen Knall, und dann ist Ruhe! – Nein, das ist ein permanenter Prozess, genauso wie in jedem Unternehmen Organisationsentwicklung ein permanenter Prozess ist, mei­ne Damen und Herren! Wir werden in den nächsten Monaten und Jahren hart daran ar­beiten müssen. Die Regierung hat sich die Latte sehr hoch gelegt, keine Frage.

Nehmen wir das Beispiel Schweiz. Wie waren die ersten Reaktionen? – Die Schweiz, das werden wir nie erreichen! Gestern gab die EU-Kommission grünes Licht für das Ab­kommen Schweiz-Deutschland, das unser Vorbild ist. Natürlich werden wir das schaf­fen, Herr Kollege, gar keine Frage, aber ein bisschen mehr Selbstbewusstsein würde ich mir eigentlich auch von der Opposition erwarten. Nur zu sagen, alles sei schlecht, nichts werden wir zustande bringen, das ist keine politische Haltung, Herr Kollege Bucher, die ich akzeptieren würde. Wir haben uns die Latte hoch gelegt, wir wissen genau, wir sind noch nicht am Ziel (Abg. Bucher: Ihr habt noch nicht einmal angefangen!), wir werden in den nächsten Monaten und Jahren noch hart arbeiten müssen, um all das zu errei­chen, was wir hier fixiert haben.

Ich möchte noch ein Wort zu meinem lieben Koalitionskollegen, Herrn Klubobmann Cap, sagen – ich habe es schon einmal gesagt –: Es ist vollkommen klar, gäbe es kei­ne ÖVP in der Regierung, hätten wir massive Eigentumssteuern. Aber schauen wir uns einmal an, Herr Kollege Cap und auch Herr Bundeskanzler, welche Arten von Eigen­tum es gibt!

Ich unterscheide immer vier Arten von Eigentum, nämlich erstens das Eigentum im Haushalt. Dazu hat der Herr Bundeskanzler erklärt, schnüffeln wollen wir nicht, wir schau­en nicht nach, ob ein Pelzmantel vorhanden ist, ob es einen Weinkeller oder ein paar teure Bilder gibt. – Okay, das kann man ausnehmen, Herr Bundeskanzler.

Das zweite Eigentum ist das Betriebsvermögen. Zwei Drittel des Vermögens der Stif­tungen sind Unternehmensbeteiligungen, sind Betriebsvermögen. Das sind Arbeitsplät­ze, und wir haben gesagt, Arbeitsplätze wollen wir nicht besteuern.

Das dritte Vermögen ist das Finanzvermögen. Das ist sicherlich sehr groß, aber, meine Damen und Herren, das ist auf Knopfdruck weg. Sie können keinen Investor zwingen, dass er sein Wertpapierportefeuille in Österreich hat. Didi Mateschitz muss nicht in Ös­terreich investieren, der kann überall auf der Welt investieren.

Es bleibt als viertes Vermögen nur noch Grund und Boden übrig. Dann müssen wir halt die Grundsteuer massiv anheben. Aber wollen Sie das wirklich? – Stellen Sie sich hier­her und sagen Sie, Sie wollen die Grundsteuer ganz massiv anheben, mit allen Folge­wirkungen wie Mietenerhöhungen und so weiter!

So schaut es aus, das ist die Realität, Herr Kollege Cap! Ich weiß, an den Stamm­tischen klingt es wahnsinnig gut, zu sagen, die Reichen, die Großkopferten sollen zah­len. Aber wenn man sich das genau anschaut, wenn man Daten und Fakten heran­zieht, Herr Kollege Cap, dann bleibt eigentlich sehr, sehr wenig übrig.

Lassen Sie mich noch eines sagen: Um Eigentum erwerben zu können, muss man ers­tens einmal ein Einkommen haben, das man versteuern muss. Dafür zahlt man Lohn- und Einkommensteuer. Wenn man etwas kauft, zahlt man ein zweites Mal Steuer, ent­weder Mehrwertsteuer oder Grunderwerbsteuer. Also eigentlich wäre das eine Drei­fachbesteuerung, wenn man dann auch noch Eigentumsteuer zahlen müsste.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 30

Meine Damen und Herren, wir haben uns dazu bekannt: keine Substanzbesteuerung, keine Enteignung, keine schleichende Enteignung zuzulassen, Vermögenserträgnisse aber sehr wohl zu besteuern. Dafür schließen wir heute eine wichtige Lücke mit der Im­mobilientransaktionssteuer. Bisher war es so, dass Erträge aus Immobilienverkäufen steuerfrei waren. Auch diese Lücke schließen wir. Wir haben eine Lücke bereits ge­schlossen mit der Aktiengewinnbesteuerung. Also darüber kann man mit uns immer reden, aber Eigentum ist für uns nicht antastbar, das ist unsere Politik. (Beifall bei der ÖVP.)

Eines zum Abschluss – und das habe ich auch gestern in meinem Wahlkreis gesagt, denn, Herr Minister Darabos, ich rede im Wahlkreis genau so wie im Parlament; das ha­be ich Ihnen schon einmal geschrieben –: Ich möchte mir nicht vorstellen, wie dieses Paket ausschauen würde, wenn wir nicht die Maria Fekter hätten! (Beifall bei der ÖVP.)

11.12


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Klub­obmann Bucher. – Bitte.

 


11.12.10

Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die gesamte öffentliche Aufmerksamkeit richtet sich in Zukunft auf den Wahlkreis des Herrn Abgeordneten Stummvoll (demonstrativer Beifall und Bravorufe bei der ÖVP – Abg. Strache: Jubelchöre!), dort nämlich tanzen die Menschen auf den Straßen vor Glück, weil wir eine Bundesregierung haben, die richtige Jubelstimmung auslösen kann aufgrund der tollen Beschlüsse, die sie vorbereitet hat, die sie jetzt alle in nächster Zukunft beschließen wird. Meine sehr geehrten Damen und Herren, von dieser Begeisterung, von dieser Euphorie war in den Ausführungen des Herrn Bundes­kanzlers und des Herrn Vizekanzlers nichts zu hören und nichts zu spüren. Also ich muss offen gestehen, ich hätte mir schon erwartet, dass Sie Visionen in die Welt set­zen oder Perspektiven eröffnen für die Menschen in unserem Land, aber das klang eher nach einem programmierten Abgesang, den Sie heute hier veranstaltet haben, Herr Bundeskanzler und Herr Vizekanzler! (Beifall beim BZÖ.)

Aber eines muss ich dem Herrn Bundeskanzler zugestehen: Er hat zum ersten Mal in einer Rede hier im Hohen Haus ganz klar und deutlich gesagt, was er unter sozialer Gerechtigkeit versteht, nämlich: dass die Österreicherinnen und Österreicher jetzt blu­ten sollen, jetzt zahlen sollen, jetzt geschröpft werden für die maroden Länder und Plei­tebanken Europas, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das haben Sie, Herr Bun­deskanzler, heute zum ersten Mal klar und deutlich zugegeben! (Beifall beim BZÖ.)

Sie haben auch davon gesprochen, dass die Österreicherinnen und Österreicher in Zu­kunft durch all diese 98 Luftblasen, die Sie in den nächsten Wochen beschließen wer­den, eine enorme Verteuerung erfahren werden; eine Verteuerung ihrer Lebensumstän­de, egal, was es betrifft.

Notiz am Rande: Die teuerste Tankstelle Österreichs befindet sich in der Löwelstraße. Für all jene, die nicht wissen, welche Straße das ist: Das ist die sogenannte SPÖ-Straße hier in Wien. – Damit ist klar und deutlich zum Ausdruck gebracht, wer eigent­lich für die enorme Teuerung der Treibstoffe in unserem Land und vor allem für die Si­tuation im Lebensmittelbereich in Österreich zuständig ist. Die Partei, die immer für den „kleinen Mann“ einsteht, für die Arbeiterinnen und Arbeiter in unserem Land, ausge­rechnet diese Partei schröpft jetzt jene Menschen, die nicht mehr wissen, wie sie ihr Leben finanzieren sollen. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.) Das ist schon sehr abenteuerlich und eine schamlose Ausbeutung der Menschen vor dem Hintergrund einer ganz, ganz schwierigen Zeit, der wir entgegengehen.

Ich habe mir die Vorschläge von Herrn Vizekanzler Spindelegger genau durch den Kopf gehen lassen, obwohl er immer von Vorschlägen gesprochen hat, die eigentlich


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 31

erst ab dem Jahr 2014 in Kraft treten. – Herr Bundeskanzler, was planen Sie eigent­lich? Einen ordnungsgemäßen Rückzug? All das, von dem heute geredet worden ist, betrifft nämlich nicht mehr diese Legislaturperiode, in der Sie Verantwortung tragen, sondern das soll ja erst die nächste Bundesregierung ausbaden.

Noch ein Wort zu Ihnen – weil Sie auch davon gesprochen haben –: Es steht weder in der Bibel noch in den zehn Geboten, dass es keine Überschüsse geben darf, deshalb ist das wahrscheinlich der Inhalt des neuen Testaments der ÖVP. Ich frage mich: Wann macht man denn ein Testament, meine sehr geehrten Damen und Herren? – Wenn man den Abgang plant! (Beifall bei BZÖ und FPÖ.) Ich hoffe nicht, dass es schon so weit ist, sondern dass Sie noch eine Zeit lang für bessere Umstände in unserem Land kämpfen.

Zusammengefasst, meine sehr geehrten Damen und Herren: Dieses geistlose Schröpf­paket ist auf dem Prinzip Hoffnung aufgebaut, auf dem Prinzip Hoffnung,

weil – wie Sie selbst wissen – fast 9 Milliarden €, die Sie in dieses Sparpaket hineinge­rechnet, „hineingestellt“ haben, wie der Herr Bundeskanzler immer sagt, wahrschein­lich niemals „hineingestellt“ werden;

weil – wie Sie genau wissen – die Verhandlungen mit der Schweiz mühsam werden, weil Sie noch nicht einmal begonnen haben mit Gesprächen mit der Schweiz (Bundes­ministerin Dr. Fekter: Falsch!), was die Schwarzgeldkonten der Österreicherinnen und Österreicher betrifft;

weil Sie 1,5 Milliarden € eingepreist haben für eine Transaktionssteuer, obwohl wir und auch Sie heute noch gar nicht wissen können, ob überhaupt ein Cent davon tatsächlich in das österreichische Budget wandert oder ob nicht alles, was an Finanztransaktions­steuer zusammenkommt, nach Brüssel fließt.

Das alles können Sie heute noch nicht wissen. Ihre Glaubwürdigkeit ist somit höchst in Gefahr!

Was haben Sie uns nicht schon alles von der Regierungsbank aus gesagt? Ich erin­nere nur an das Bankenrettungspaket. Der Bundeskanzler und auch der Finanzminis­ter haben einst gesagt, das wird ein Geschäft für den Steuerzahler. – Jetzt sind alle baff! Alle von Rot und Schwarz sitzen hier und schauen mich groß an. Ein Geschäft für den Steuerzahler hat es geheißen. Wir alle haben das vernommen und beschlos­sen. Jetzt stellen sich die Banken wieder an. Die Kommunalkredit braucht Geld, die Volks­banken, neuerlich 1 Milliarde € vom Steuerzahler.

Oder: Griechenland, Hilfspaket. Auch dazu hat der Finanzminister gesagt, ein Ge­schäft für die Republik. – Jetzt diskutiert man hinter den Kulissen bereits über das Griechenland-Paket Nummer 3, meine sehr geehrten Damen und Herren, weil neuer­lich 130 Milliarden € nicht reichen werden.

Beispiel: Rettungsschirme. Herr Bundeskanzler Faymann, Sie haben von Anfang an ge­sagt, dass diese niemals aufgespannt werden. Können Sie sich daran noch erinnern? Sie haben gesagt, sie werden niemals schlagend werden, wir brauchen sie nicht. – Al­les Annahmen, die so nicht zutreffen!

Zuletzt, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist von der Bundesregierung ein Bud­get unter dem Thema „stabile Finanzen für eine sichere Zukunft“ vorgelegt worden. Wenige Wochen ist es her, dass Sie das Budget für das Jahr 2012 beschlossen haben, ein Zukunftsbudget, das jetzt schon Vergangenheit ist! Wenige Wochen, nachdem wir ins neue Jahr gegangen sind, ist dieses Budget schon Vergangenheit. Sie wissen ge­nau, dass das, was Sie da hineingeschrieben haben, nicht halten wird und nicht halten kann. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 32

Meine sehr geehrten Damen und Herren, da drängt sich schon der Verdacht auf, dass Sie uns nicht immer die Wahrheit sagen, dass Sie uns hinters Licht führen, dass Sie uns über all das, was Sie planen, und all das, was Sie der Bevölkerung gegenüber ver­treten, nicht richtig informieren und auch nicht die Wahrheit sagen.

Auch wenn Sie heute sagen, dieses Sparpaket sei Maastricht-konform: Nicht einmal im Jahr 2020, meine sehr geehrten Damen und Herren, werden Sie mit diesem Budget­fahrplan die Maastricht-Ziele erreichen, denn sogar 2020 werden Sie noch 66 Prozent Schuldenquote in Österreich festschreiben müssen. Wir sagen, das ist eine klare Mo­gelpackung dieser Bundesregierung!

Auch nicht eingepreist beziehungsweise – wie der Herr Bundeskanzler zu sagen pflegt – nicht „eingestellt“ sind weitere große Hilfsmaßnahmen, die uns ins Haus ste­hen werden. Griechenland etwa ist nicht „eingestellt“, was die zukünftigen Hilfsmaß­nahmen betrifft.

Wir wissen doch alle, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass wir einer äußerst schwierigen wirtschaftlichen Situation entgegensehen. Ja welche Konjunktur, welche Konjunkturförderungen werden Sie denn in Zukunft finanzieren können mit diesem hilf­losen Paket, das Sie hier vorlegen?

Es gibt auch keine Anzeichen dafür, dass Sie irgendwie in der Lage sind, Reserven zu bilden, damit die Wirtschaft wieder flott wird, wenn Sie in nächster Zukunft starke Rück­gänge zu verzeichnen haben. Auch die Bankenstützungen sind nirgendwo eingepreist. (Zwischenruf des Abg. Hörl.)

Nur ein Beispiel möchte ich jetzt heranziehen, an dem man sieht, wie Sie dieses Spar­paket betrachten, und zwar Ihre Maßnahme, dass Sie die Höchstbeitragsgrundlage auf 4 230 € erhöhen. Das ist jener Satz, von dem die Sozialversicherung bezahlt wird.

Meine sehr verehrten Damen und Herren von SPÖ und ÖVP, Sie schröpfen jetzt kurz­fristig den Mittelstand. Ja, Sie schröpfen den Mittelstand, und Sie wissen ganz genau, dass in nächster Folge am Ende des Tages jene, die jetzt diese höheren Sozialversi­cherungsbeiträge leisten, auch höhere Pensionen erhalten werden. Das heißt, Sie ver­lagern alle Probleme dieses Budgets und der Haushaltsfinanzierung in die Zukunft. Das ist die Verantwortungslosigkeit, von der ich spreche.

Sie schröpfen jetzt in der Gegenwart die Menschen, und später kommen große Bud­getlöcher auf uns zu. Da sitzen Sie schon längst nicht mehr in der Bundesregierung. Die späteren Bundesregierungen werden sich damit herumschlagen und herumplagen müssen, wie sie noch einen ausgeglichenen Haushalt finanzieren können. Das ist die Verantwortungslosigkeit, vor der wir warnen, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall beim BZÖ.)

Da gibt es viele Dinge. Ich möchte nur eines ansprechen, weil Sie mit dieser Maßnah­me natürlich auch die Lohnnebenkosten erhöhen. Natürlich! Da gibt es ja vor allem in der ÖVP ganz klare Reaktionen, zum Beispiel von Herrn Leitl, der immer davon spricht, die Lohnnebenkosten müssten gesenkt werden, weil Österreich als Wettbewerbsstand­ort darunter leidet. Da spreche ich jetzt vor allem die Wohnbauförderung an. Er sagt: „Das Geld sickert in verschiedene Kanäle hinein, ein erheblicher Anteil geht verloren. Wir wollen die Zweckbindung der Wohnbauförderung zurück.“

Wir beantragen heute die Zweckbindung der Wohnbauförderung. Ich hoffe, dass vor al­lem die ÖVP und vor allem wirtschaftsnahe Vertreter, Wirtschaftsbündler dem zustim­men. Es ist doch ein Wahnsinn, dass 0,5 Prozent die Arbeitnehmer und 0,5 Prozent die Arbeitgeber dafür zahlen müssen, dass die Landesfürsten mehr Geld haben, um es zu verpulvern. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich hoffe, dass Sie unserem Antrag zustim­men. (Beifall beim BZÖ sowie der Abgeordneten Strache und Ing. Hofer.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 33

Schlusssatz, Frau Präsidentin: Natürlich ist dieses Sparpaket in erster Linie eine kalte Dusche für den Mittelstand. Das Leben wird für die Menschen teurer. Die Menschen in Österreich zahlen die Zeche für diese verlogene Europapolitik, die den Banken und vor allem den maroden Ländern nutzt. (Beifall beim BZÖ.)

11.22


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: In der nächsten Redner-/Rednerinnenrunde stel-le ich die Uhr jeweils auf 8 Minuten.

Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Krainer zu Wort. (Zwischenruf des Abg. Ing. Westenthaler. – Weitere Zwischenrufe beim BZÖ.)

 


11.22.50

Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kollege Bucher, wer hat denn die Zweckbindung der Wohnbaumittel abgeschafft? Wel­che Regierung hat denn das abgeschafft? (Abg. Bucher: 2008!) – Nein, ich kann Ihnen sagen, wann das abgeschafft wurde und wofür: Das ist nämlich abgeschafft worden, damit Ihr Freund Jörg Haider einen ungedeckten Scheck, das Kindergeld in Kärnten fi­nanzieren kann. (Ruf bei der ÖVP: Genau so ist es!) Das war nämlich Ihr Werk, das abzuschaffen. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie erinnern mich eher an Biedermann und die Brandstifter, dass Sie hier Probleme schaffen und dann nach der Feuerwehr rufen. (Rufe beim BZÖ:  falsch! So ein Blöd­sinn!)

Kollegin Glawischnig, Sie haben uns hier kritisiert und haben gesagt, die SPÖ sei seit vier Jahren in der Regierung – es sind in der Zwischenzeit fünf –, und Sie haben ge­fragt: Wo bleibt die Entlastung von kleinen und mittleren Einkommen? Wo bleibt das Mehr an sozialer und Steuergerechtigkeit? (Abg. Dolinschek: Ja, wo bleiben sie? Wo bleiben sie?) Wo bleibt die Besteuerung von leistungslosem Einkommen? – Das ist re­lativ einfach erklärt!

Wir brauchen uns nur zurückzuerinnern, was diese Bundesregierung seit Ausbruch der Krise – in den letzten drei, dreieinhalb Jahren – gemacht hat: Das Erste, das wir ge­macht haben, ist, dass wir die Arbeitslosenversicherungsbeiträge für kleine Einkom­men gesenkt haben und damit für kleine Einkommen eine Steuerersparnis von zirka 300 bis 360 € im Jahr geschaffen haben. Das war der erste Schritt.

Der zweite Schritt war, dass wir die kleinen und die mittleren Einkommen durch die Steuerreform vor drei Jahren, nämlich im Jahr 2009, entlastet haben. Das war ein Vo­lumen von zweieinhalb Milliarden, wovon 88 Prozent für kleine und mittlere Einkommen eingesetzt worden sind, das heißt über 2 Milliarden. Das war nämlich die Senkung der Steuern auf Arbeit und die Senkung der Abgaben auf Arbeit und damit die Entlastung der kleineren und mittleren Einkommen, wenn Sie sich nicht mehr erinnern. Aber Sie ha­ben ja selber gesagt, dass Sie heute ein bisschen verwirrt sind (Zwischenruf des Abg. Ing. Hofer), vielleicht ist das auch der Grund, wieso Sie es vergessen haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Der nächste Punkt: Wenn Sie fragen, wo die Steuergerechtigkeit ist (Abg. Dr. Glawisch­nig-Piesczek:  Arme mehr in Österreich!), wo die Maßnahmen dieser Bundesregie­rung sind, mit denen wir leistungslose Einkommen besteuern, dann darf ich daran erin­nern, was wir gemacht haben (neuerlicher Zwischenruf der Abg. Dr. Glawischnig-Pies­czek): Wir haben bereits vor einem Jahr hier beschlossen, dass für Aktiengewinne, die steuerfrei waren, Steuer zu bezahlen ist. Wir haben innerhalb der Stiftungen Steuerpri­vilegien gestrichen oder reduziert und Steuern erhöht.

Wir haben letztes Jahr in der Gruppenbesteuerung Einschränkungen gemacht und ma­chen dieses Mal wieder Einschränkungen bei der Gruppenbesteuerung. (Zwischenruf


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 34

des Abg. Brosz.) Wir werden die Umwidmungsabgabe einführen, das heißt, leistungs­lose Einkommen werden besteuert. Wir werden die Immobiliensteuer einführen, das heißt, bisher leistungslose Einkommen werden besteuert. (Abg. Ing. Hofer: Steuern, Steu­ern, Steuern! Bravo!)

Wenn Sie also wissen wollen, was geschehen ist: Es sind zirka 3 Milliarden € von Steu­ern und Abgaben auf Arbeit – also auf Leistungseinkommen – in den letzten Jahren gesenkt worden (Abg. Dolinschek: Aber für  machen sie nichts!) und gleichzeitig 3 Milliarden € mehr Steuern auf leistungslose Einkommen, auf Einkommen aus Kapital und Vermögen, eingehoben worden. (Abg. Ing. Hofer: Sie vergessen die kalte Pro­gression!) Das ist etwas, wofür wir uns als SPÖ sicher nicht genieren, und das ist nicht vor dem Spiegel geschehen, sondern das ist hier im Nationalrat geschehen, mit Ge­setzen. (Beifall bei der SPÖ.)

Weil Sie sagen, für die Ausbildung, für die Bildung werde nichts gemacht: Wir waren bei­de hier in der Opposition und haben gesehen, wie Jahr für Jahr Bildungsbudgets ge­kürzt wurden. Wir sind hier gesessen und haben Jahr für Jahr gesehen, dass es weni­ger Lehrer für unsere Schüler gegeben hat und dass mehr und mehr Schüler in den Klas­sen gesessen sind.

Wenn Sie sich genau anschauen, was in den letzten Jahren geschehen ist, dann se­hen Sie: Es gibt mehr Lehrer – und weniger Gehrer –, es gibt mehr Lehrer in den Schu­len und weniger Schüler in den Klassen. Es hat eine Reihe von Maßnahmen gegeben, mit denen die Regierung gezeigt hat, dass Bildung wichtig und ein Schwerpunkt ist.

Glauben Sie, dass es Zufall ist, dass es in Österreich die geringste Jugendarbeitslosig­keit gibt? Oder glauben Sie nicht, dass das etwas mit den Maßnahmen zu tun hat, die diese Bundesregierung gesetzt hat, zum Beispiel mit der Ausbildungsgarantie? Es ist kein Zufall, dass es in Österreich die geringste Jugendarbeitslosigkeit gibt, sondern das ist das Ergebnis der Politik dieser Bundesregierung. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Jakob Auer.)

Kollege Strache – Sie sind gegangen, ist in Ordnung, aber das können Ihnen Ihre Kol­legen ausrichten –, wenn Sie uns erklären, die Abgabenquote sei so arg und hier wer­de so viel Steuer kassiert, bitte, dann schauen wir uns an, was mit der Steuer- und Ab­gabenquote in den letzten Jahren geschehen ist. – Sie ist 2009 gesunken. Sie ist 2010 gesunken. Und wissen Sie, wann die Steuer- und Abgabenquote am höchsten war, wann es die Rekordsteuer- und -abgabenquote gab? – Als Sie in der Bundesregierung waren! (Abg. Ing. Hofer: Als Folge Ihrer Politik!) Da wurden die höchsten Steuern und Abgaben kassiert in diesem Land und nicht, seitdem wir in der Regierung sind. (Beifall bei der SPÖ.)

Da gab es aber keine Wirtschaftskrise, nein, die haben Sie dafür nicht gebraucht. (Ruf bei der FPÖ: Die haben wir von euch geerbt!) – Natürlich, von uns haben Sie die Wirt­schaftskrise geerbt! Sicher, die SPÖ ist schuld an einer Weltwirtschaftskrise und Fi­nanzkrise. (Abg. Ing. Hofer: Sie haben den Zwischenruf nicht verstanden!) Ganz Euro­pa leidet unter Sparpaketen, das die SPÖ  (Abg. Ing. Hofer: Sie haben den Zwi­schenruf nicht verstanden!) Das ist doch so lächerlich, das können Sie doch nicht ernst meinen. Das ist doch absurd.

Sie kommen und schlagen hier die Subventionsbremse vor: Klingt gut, keiner hat das Gefühl, dass er Subventionen bekommt. 6,5 Prozent des BIP sind Subventionen in Ös­terreich. Die können wir auf 3 Prozent reduzieren, ist ihr Vorschlag, weil Sie womöglich gar nicht einmal wissen, was alles unter Subventionen verstanden wird. (Ruf bei der FPÖ: Das ist der Europaschnitt, Kollege!) – Ja, das ist der Europaschnitt, ich weiß. Aber wissen Sie, was in den 6,5 Prozent drinnen ist, was in Europa nicht drinnen ist? – Ich kann es Ihnen sagen (Ruf bei der FPÖ: Zum Beispiel?): Bereits 2 Prozent, nämlich


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 35

fast 6 Milliarden, machen der 13. und 14. Gehalt aus. (Zwischenruf des Abg. Ing. Ho­fer.) Das gibt es in ganz Europa nicht. Stimmt, das gibt es nur bei uns. (Zwischenruf des Abg. Rädler.)

Das Nächste ist die Abfertigung, die gibt es nur in Österreich, das gebe ich zu. Das sind die nächsten Hunderte Millionen, die da drinnen stecken. Das Nächste ist die Be­steuerung der Überstunden, die da drinnen steckt. Das Nächste ist die Pendlerpau­schale, die da drinnen steckt. Diese Punkte alleine machen bereits mehr als 3 Prozent aus. Selbst wenn Sie alles andere streichen, müssen Sie in einem dieser vier Bereiche streichen.

Da frage ich Sie: Wo wollen Sie beim 13., 14. sparen? Wo wollen Sie bei der Abferti­gung sparen? Wo wollen Sie bei den Überstunden sparen? Und wo wollen Sie bei der Pendlerpauschale sparen? (Abg. Ing. Hofer: Sie wollen Steuern, Steuern, Steuern, Steuern!) Sagen Sie es doch ehrlich! Das sind doch nur leere Worte, und hinter dem, was Sie sagen, steht kein Inhalt. Das sind doch leere Ankündigungen, die mit der Rea­lität nichts zu tun haben, die vielleicht gut klingen, aber in Wirklichkeit für die Öster­reicherinnen und Österreicher ganz schlecht sind. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Jakob Auer.)

Aber die Österreicherinnen und Österreicher erinnern sich an die Politik, die Sie ge­macht haben. Was haben Sie gemacht? – Sie haben Steuerprivilegien eingeführt. Für wen? – Für Manageroptionen! Manager konnten 35 000 € im Jahr steuerfrei an Aktien­optionen bekommen. Das haben Sie eingeführt. Wer hat es abgeschafft? – Wir haben es abgeschafft! Diese Bundesregierung hat die Steuerprivilegien für Manager, die Sie eingeführt haben, wieder abgeschafft. Sie behaupten nämlich das Gegenteil von dem, was Sie immer getan haben. Das ist in Wirklichkeit das, was Sie tun. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie kommen hier her und erzählen uns etwas über Pensionsraub. (Zwischenruf des Abg. Ing. Hofer.) Wissen Sie, wie oft die Pensionen – selbst die kleinsten Pensionen – um die Inflationsrate erhöht wurden, als Sie in der Regierung waren? Wissen Sie, wie oft? – Kein einziges Mal! (Zwischenruf des Abg. Dolinschek.)

Wissen Sie, wie oft die Mindestpensionen über der Inflationsrate erhöht wurden, seit­dem wir in der Regierung sind? – Fast jedes Mal! Das ist ein Unterschied. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Hofer: Das ist nicht wahr! Das ist nicht wahr!) – Das ist nicht wahr? Das ist, weil Sie die Propaganda von Grasser geglaubt haben, dass Einmalzahlungen ir­gendetwas Reales sind! (Zwischenruf des Abg. Dolinschek.) Na gut, dann glauben Sie weiter dem Grasser, glauben Sie den Schmäh. Es ist absurd, wenn man die eigene Pro­paganda glaubt. (Zwischenrufe bei FPÖ und BZÖ.)

Und dann hier herzukommen und über Frauenförderung zu reden – am Frauentag (Abg. Ing. Hofer: Wo ist denn die Kanzlerin?) –, als eine Partei – Sie gehören ja da da­zu, Sie können auch gleich aufzeigen – mit dem geringsten Anteil von Frauen in den eigenen Reihen: Machen Sie bitte einmal Frauenförderung in der eigenen Partei! (Abg. Ing. Hofer: Wo ist denn die Kanzlerin? Wo ist denn die Parteiobfrau?) Das wäre not­wendig, und es wäre gut, dass es mehr Frauen in diesem Haus gibt.

Ich kann Ihnen eines sagen: Wenn es um Arbeit und um Beschäftigung geht, wenn es um Bildung geht, um Steuergerechtigkeit und gerechte Pensionen, dann gibt es eine Ad­resse, und das ist die SPÖ. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Ing. Hofer.)

11.31


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Auer zu Wort. – Bitte. (Zwischenruf bei der SPÖ.)

 


11.31.20

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren – mit dem Herrn Bundeskanzler und dem Herrn Vizekanzler an der


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 36

Spitze – auf der Regierungsbank! Herr Kollege Krainer, es zahlt sich gar nicht aus, dass man sich gar so in Rage redet, denn wenn man heute ein bisschen ruhiger die Debatte verfolgt, dann stellt man ja fast fest, dass die Opposition sehr mäßig, schwach in den Argumenten ist, weil sie offensichtlich selber weiß, dass die Notwendigkeiten vorhan­den sind. (Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Moser und Brosz.)

Meine Damen und Herren, die Notwendigkeit des Sanierens ist unbestritten gegeben, darum werden Sie von der Opposition nicht herumkommen. Es wäre ja durchaus be­merkenswert: Es gab einen interessanten Artikel in der „Kronen Zeitung“ mit dem Kon­terfei der drei bildhübschen Klubobleute Glawischnig, Strache, Bucher. (Der Redner zeigt den genannten Artikel. – Abg. Ing. Hofer: Ja, fesch sind sie!) In diesem Artikel ist von „Gschnas-Niveau“ die Rede. (Heiterkeit bei Abgeordneten der SPÖ.) Lesen Sie die­sen Artikel! (Zwischenruf bei der FPÖ.) Der Schlusssatz des Kommentators lautete, dass wir uns mit dem Herrn Bundeskanzler Faymann und dem Herrn Vizekanzler Spin­delegger glücklich schätzen können (Ruf: Na geh!), meine Damen und Herren. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Strache: War das ein Inserat? War das ein Inserat? – Wei­tere Zwischenrufe.)

Österreich auf gesunde Beine zu stellen und dass Stabilität notwendig sei, das war In­halt der Ausführungen und die – wie ich glaube – richtigen Ansagen des Herrn Bundes­kanzlers und des Herrn Vizekanzlers (Zwischenruf des Abg. Grosz); Stabilität der Eu­ro-Zone, Stabilität Österreichs, damit die Finanzmärkte nicht die Chance haben, uns so­zusagen etwas diktieren zu können. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Grosz.)

Österreichs Ausgangsbasis – und das ist ja unbestritten – ist wesentlich besser als die in vielen Ländern Europas. Daran kann man nicht vorbei, meine Damen und Herren! Ös­terreichs Ausgangsbasis ist eindeutig besser. Schauen wir uns die Fakten an, sie sind vorhanden (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ): Budgetkennzahlen, Budgetdefizit, Verschuldungsquote, Beschäftigungsziffern. Zeigen Sie mir viele Länder in Europa, die diesen in die Nähe kommen! Sie werden wenige finden. (Zwischenruf des Abg. Strache.) Zeigen Sie mir ein Land, in dem die Lohnstückkosten so hervorra­gend sind wie in Österreich! (Zwischenruf des Abg. Mag. Kogler.)

Letztlich ist damit auch das Exportwunder Österreichs begründbar. (Zwischenruf bei der FPÖ.) Zeigen Sie mir außer Deutschland noch ein weiteres Land, meine Damen und Herren! (Ruf bei der FPÖ: Haben wir jetzt einen Sanierungsbedarf?) Und daher sollten wir durchaus auch selbstbewusst sagen: Ja, Stabilität ist notwendig, Sanierung ist auch notwendig – und dass damit Schmerzen verbunden sind, das ist unbestritten. Eine Sa­nierung, eine Reform, die keine Schmerzen verursacht, ist keine Reform. Das ist so. (Zwi­schenruf des Abg. Kickl.)

Es wurde heute bereits ausgeführt: In der Bevölkerung ist das Verständnis vorhanden, wenn die Balance stimmt, wenn die richtigen Maßnahmen in etwa ausgewogen durch­geführt werden. Die richtige Balance zwischen dem intelligenten Sparen und dem Wachs­tum, das wir dringend brauchen, ist auch zu finden, denn: Was ist das Wichtigste? – Be­schäftigung, Beschäftigung, Beschäftigung. Das sichert Arbeitsplätze, sichert Exporter­folge, ermöglicht der Wirtschaft, zu produzieren, und spart letztlich auch Sozialausga­ben, wenn unter Umständen mehr Arbeitslose zu finanzieren sind.

Meine Damen und Herren! Der Herr Bundeskanzler hat heute darauf hingewiesen, dass es gelungen sei, dass wir keine Massensteuer erhöhen mussten, und so auch die Le­bensmittel ein vernünftiges Preisniveau haben. – Dem ist beizupflichten. Ich halte nur fest, dass die Lebensmittelausgaben der Österreicher, die 1950, 1960 in etwa 40 bis 44 Prozent betragen haben, jetzt auf 12 Prozent abgesunken sind. Und nicht der Han­del hat dazu beigetragen, sondern da gibt es eine Berufsgruppe, die wesentlich dazu beigetragen hat, nämlich die Bauernschaft.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 37

Milch, Fleischprodukte und Getreide sind immer noch günstiger – und der Bauer erhält weniger als vor dem EU-Beitritt. Daher habe ich es satt, wenn bestimmte Kreise in Österreich den Bauern ständig Ausgleichszahlungen vorhalten. (Beifall bei der ÖVP.) Man könnte nämlich auch meinen, damit sind Ausgleichszahlungen zur Konsumenten­stützung notwendig, aber vorgehalten wird es immer den Bauern – und sehr oft auch im Rucksack des Bauern verpackt –, wenn Finanzierungen für verschiedenste Berei­che stattfinden.

Meine Damen und Herren, es ist unbestritten, dass die Preissituation auch in der Land­wirtschaft im letzten Jahr durchaus gewisse Verbesserungen erfahren hat. Das sollten wir auch festhalten. Aber es ist sichergestellt, dass die Bauern dieses Sparpaket auch dementsprechend mitzutragen haben. Und sie tragen es auch mit, meine Damen und Herren, sie tragen es auch mit. Aber ich halte fest, dass es interessant war, dass die Angriffe auf die bäuerliche Bevölkerung im Vorfeld dieses Sparpakets und Sanierungs­pakets durchaus ein Niveau erreicht hatten, das unverständlich war und ist (Abg. Kopf: Gelinde ausgedrückt!) – und das bedauere ich zutiefst. Es gab offensichtlich Interes­sengruppen in diesem Land, die vom Sektor Land- und Forstwirtschaft, der einen Pro­duktionswert von 8 Milliarden € beiträgt, 1,8 Milliarden an Sanierungsbeitrag gefordert ha­ben. Das ist grotesk.

Ich darf bestimmte Dinge noch einmal in Erinnerung rufen: 400 Millionen € durch Erhö­hung der Grundsteuer; 300 Millionen € durch Aufhebung der Pauschalierungen, 220 Mil­lionen € durch eine neue Kfz-Steuer, Steuerwegfall für Traktoren, Einführung der Dün­gemittelabgabe und andere Bereiche, beispielsweise beim Agrardiesel; 600 Millionen € durch Kürzung der Ausgleichszahlung bis hin zur Bergbauernförderung. Da gab es of­fensichtlich tatsächlich manche Gruppierungen – und nicht umsonst hat dann auch der­selbe Redakteur in seiner Zeitung geschrieben: Da sind offensichtlich manche von der wilden Kuh gebissen gewesen.

So kann es also nicht gehen. Wir tragen dieses Stabilitätspaket mit, gar keine Frage. Das trifft uns, die bäuerliche Gruppe, in vielen Bereichen, aber in Verantwortung wis­sen wir, dass wir auch unseren Teil zu leisten haben. Ich sage aber ganz offen: Man­che werden in den nächsten Jahren keine Erhöhungen erhalten oder nur sehr maßvol­le. Wir werden Einkommenskürzungen zu tragen haben. Und daher ist es für uns ganz besonders wichtig, das künftige EU-Budget und die Finanzierung der kommenden Ag­rarpolitik, der GAP, sicherzustellen.

Wir von der Landwirtschaft brauchen hier die volle Unterstützung der Bundesregierung. Ich ersuche Sie, Herr Bundeskanzler, um Unterstützung, damit wir unsere Umwelt- und Bergbauernprogramme zumindest im gleichen Ausmaß wie bisher fortführen können, denn weitere Kürzungen und Belastungen kann diese Berufsgruppe nicht mehr ertra­gen. Das halte ich fest. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, es geht um die Sicherung der Lebensmittelversorgung, der Versorgung mit gesunden heimischen Produkten, um den Erhalt der Kulturlandschaft, unserer Naturräume, und letztlich auch um den Erhalt der vitalen Lebensräume im ländlichen Bereich. Ohne diese Bewirtschaftung in diesen Bereichen gäbe es auch kei­nen Tourismus. Das kann man sich ansehen. Hier ist eine Symbiose gegeben – Tou­rismus und Landwirtschaft –, denn nur von der schönen Pflege des Landes alleine kön­nen die Bauern nicht leben, sie brauchen auch die Unterstützung der Bundesregierung, sie brauchen auch in Zukunft die Ausgleichszahlungen. In diesem Sinne sind wir auch bereit, jetzt diese durchaus harten Sparmaßnahmen mitzutragen. (Beifall bei der ÖVP.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 38

11.39


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Ing. Hofer zu Wort. – Bitte.

 


11.39.36

Abgeordneter Ing. Norbert Hofer (FPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Herr Kollege Auer, das mit den Statistiken ist immer so eine Sache: 12 Prozent der Ausgaben für Lebensmittel. Wenn ich jetzt das Beispiel einer zahnärztli­chen Assistentin hernehme, die 1 000 € im Monat verdient, dann würde das heißen, wenn ich das umrechne, dass sie pro Tag etwa 4 € für Lebensmittel ausgeben darf, um mit diesen 12 Prozent auszukommen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber.)

Natürlich ist das ein Schnitt, aber auch ich, und ich verdiene relativ gut, so wie Sie alle, komme mit 12 Prozent nicht aus, wenn ich das durchrechne. Das geht sich nicht aus! (Ru­fe bei der ÖVP: Na geh! – Abg. Strache: Das ist eine kühne Berechnung nämlich!)

Und, meine Damen und Herren, wir wissen, dass die Lebensmittelpreise gerade jetzt mas­siv steigen. Ein Freund von mir, einer meiner engsten Freunde, hat ein gut gehendes Res­taurant und hat mir vorgerechnet, dass die Kosten, die er für seine Lebensmittel hat, vom Vorvorjahr auf voriges Jahr um 60 Prozent gestiegen sind. Das heißt, da gibt es wirklich eine massive Belastung, und das spüren wir alle. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Das ist ja gar keine Kritik jetzt an Ihnen, ich sage nur, wie diese Zahlen sich wirklich dar­stellen. Da können die Bauern gar nichts dafür, da verdienen andere, das wissen wir.

Ich möchte noch etwas sagen, was in diesem Haus, glaube ich, noch nicht gesagt wor­den ist und was einmal gesagt werden muss, nämlich dass das Belastungspaket, das wir jetzt zu verkraften haben, in unmittelbarem Zusammenhang mit der Krise der Euro­päischen Union steht und dass wir in diese Krise mit hineingerissen worden sind. Das bewerten ja auch die Agenturen so. Daher müssen wir uns vor Augen führen, was uns alles vor diesem EU-Beitritt versprochen worden ist.

Erstens ist uns gesagt worden: Der Schilling bleibt! Das war ein Versprechen von SPÖ und ÖVP: Der Schilling bleibt! – Wahr ist heute vielmehr, wir haben verfrüht eine Währungsunion bekommen, es wurde eine Kunstwährung geschaffen, wo völlig un­terschiedliche Volkswirtschaften in ein System gepresst worden sind.

Zweitens wurde versprochen: Die Grenzkontrollen bleiben! Auch das wurde von SPÖ und ÖVP versprochen. – Auch dieses Versprechen wurde gebrochen, und wir haben aufgrund dieser offenen Grenzen eine sehr, sehr hohe Kriminalität durch organisierte Banden aus dem Osten in Österreich zu verkraften, nicht nur im urbanen Bereich, auch am Land. Wenn Sie vor einigen Jahren im ländlichen Bereich, im Burgenland, in der Steiermark, in Kärnten, ein Haus gebaut haben, haben Sie die Mischmaschine noch im Vorgarten stehen lassen können. Das ist heute nicht mehr so.

Drittens haben Sie versprochen: Österreichs Souveränität bleibt bestehen! – Das ist von Maastricht bis Lissabon sukzessive zu Grabe getragen worden. Wir können nicht mehr entscheiden über unsere Währungspolitik, darüber, wer Sozialleistungen bekommt, über unsere Politik in der Frage der Gentechnik.

Dann ist noch gesagt worden von Ihnen: Österreich hat auf jeden Fall ein Vetorecht! Auch kleine Staaten haben die Möglichkeit, sich in der Europäischen Union durchzu­setzen. – Was ist die Wahrheit? Wir können nicht mehr entscheiden, welche Glühbir­nen wir verwenden dürfen. Wir können nicht mehr entscheiden, wie wir unsere Zuwan­derungspolitik selbst organisieren. Wir können nicht mehr entscheiden – Oh, der Herr Kai Jan Krainer schaut schon wieder.

Herr Krainer, Ihre Rede, die Sie heute gehalten haben, war die gleiche, die Sie immer halten. (Abg. Silhavy: Die war großartig! – Abg. Dr. Kräuter: Ausgezeichnet!) Sehr wü­tend und sehr heftig haben Sie gesprochen. Aber ich muss Ihnen schon sagen, in das Problem hineingeritten haben Sie den Staat selbst und nicht irgendwelche anderen! (Bei­fall bei der FPÖ.) Das waren Sie, die die Schulden gemacht und uns diese Probleme be­reitet haben. Aber, Herr Krainer, Sie sind nicht so wichtig, Sie werden im nächsten Par­lament sowieso nicht mehr vertreten sein.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 39

Fünftens wurde noch versprochen: Alles wird billiger! – So, was wurde daraus? Die Kaufkraft sinkt, das Leben ist so teuer wie nie zuvor. (Abg. Krainer: Ich glaube, das entscheiden die Wähler und Wählerinnen!) – Genau, und deswegen werden Sie hier bald nicht mehr vertreten sein, weil das die Wähler entscheiden! – Die Abgabenquote hat ei­nen Rekordwert erreicht, meine Damen und Herren!

Daher glaube ich, dass wir einerseits offen sehen müssen, welche Probleme es in Eu­ropa gibt (Abg. Krainer: Das stimmt ja gar nicht, das ist falsch!) – wir sprechen später darüber, Herr Kollege! –, und dass wir andererseits auch sagen müssen, dass wir die­ses Friedensprojekt Europa nicht gefährden wollen. Das ist uns wichtig. Wir haben so viele Jahre des Krieges erlebt im letzten Jahrhundert, wir wollen ein friedliches Europa haben, aber genau das Gegenteil passiert jetzt. Wir sehen, dass in Griechenland Fah­nen von anderen europäischen Ländern verbrannt werden, dass hier Misstrauen herrscht, dass eine sehr, sehr gefährliche Stimmung in Europa vorherrscht und dass immer mehr Menschen auf die Straße gehen. (Beifall bei der FPÖ.)

Jetzt möchte ich ein Beispiel eines Landes nennen, das von Ihnen immer so kritisiert worden ist im Rahmen des Beitritts, nämlich das der Schweiz. Damals haben Sie ge­sagt, die Schweiz geht einen völlig falschen Weg, da wird es Armut geben, die werden belastet werden und wir werden die Schweiz überholen. Ich könnte aus Ihren Reden hier im Parlament zitieren. Das, was Sie vorhergesagt haben, ist alles nicht eingetroffen.

Schauen wir uns diese zwei ähnlichen Kleinstaaten an, Kleinstaaten in Mitteleuropa, die unterschiedliche Wege der europäischen Integration gehen, die aber von Anfang der sech­ziger bis Mitte der neunziger Jahre als EFTA-Mitglied einen gemeinsamen Weg gegan­gen sind – und jetzt haben sich die Wege getrennt. Schauen wir uns also die Schweiz an.

In der Schweiz ist es so, dass derzeit die Kantone und Gemeinden einen Überschuss von 563 Millionen Franken erwirtschaften. Sie sind damit sehr unzufrieden und wissen, dass es im nächsten Jahr bereits wieder 1,5 Milliarden Franken sein werden. Zweitens ist es so in der Schweiz, das muss man auch zugeben, dass der Bund leicht im Minus ist, mit 1,5 Milliarden Franken, dass aber in den kommenden Jahren dieses Minus aus­geglichen sein wird. Österreich im Vergleich: 9 Milliarden €, und wir rechnen ÖBB und ASFINAG zu unseren ganzen Problemen gar nicht mit hinein.

Von den Sozialversicherungen der Schweiz werden jedes Jahr Überschüsse von Mil­liarden erwirtschaftet, Milliarden, und das bei einer Abgabenquote von 30 Prozent! 30 Prozent! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Strache: Da kann man nur gratulieren!)

Daher sage ich: Schauen wir doch nicht auf Griechenland, das kann doch nicht unser Vorbild sein, oder auf Portugal und Spanien! In diese maroden Länder schicken wir un­ser Steuergeld hin! Schauen wir doch auf die exzellenten Staaten in Europa! Das müss­ten doch unsere Vorbilder sein! Wie können wir es schaffen, bei niedriger Abgaben­quote unseren Staat besser zu organisieren? Deswegen müssen wir in diese Struktur­reformen hineingehen. Es gibt hier so viel zu tun! (Zwischenbemerkung von Bundesmi­nisterin Dr. Fekter.)

Die Frau Finanzminister sagt, das sei reine Polemik. – Das ist keine Polemik, Frau Mi­nister, sondern die Wahrheit! Sie haben es verabsäumt, wirklich in die Strukturen hi­neinzugehen. Sie trauen sich das nicht! (Beifall bei der FPÖ.)

Und deswegen sage ich: Wer immer mit der FPÖ nach einer Wahl regieren wird – wir wissen nicht, wie die Wahlen ausgehen werden –, wir werden nur dann bereit sein, in ei­ne Regierung zu gehen, wenn es mit Eintritt in diese Bundesregierung endlich mehr di­rekte Demokratie in Österreich gibt! (Beifall bei der FPÖ.)

Damit dann der Bürger das Recht und die Möglichkeit hat, selbst zu entscheiden. Denn ich muss sagen, ich habe keine Lust zu regieren, wenn es dann von den Ländern, von


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 40

den Landeshauptleuten heißt: Nein, die Spitalsstandorte, das soll nicht der Bund ent­scheiden, das wollen wir entscheiden. – Ja, dann werden wir eben das Volk fragen. Was sagen die Bürger dazu? Das ist doch der bessere Weg. All diese Blockierer, die hier über­all in ganz Österreich sitzen, kann man dann mit einer Volksentscheidung tatsächlich über­zeugen. (Beifall bei der FPÖ.)

Oder: Verwaltungsreform. Wir bringen keine Verwaltungsreform durch – gut, dann fra­gen wir eben das Volk! Dann werden wir die Verwaltungsreform sehr, sehr schnell haben.

Oder: Wollen die Bürger, dass wir unser Geld nach Griechenland schicken? Fragen wir sie doch! Die Bürgerinnen und Bürger sollen entscheiden.

Dann kommt immer das Argument: Das soll das Parlament entscheiden, so weitrei­chende Entscheidungen kann doch der dumme Bürger nicht treffen! – Also ich bin viel unterwegs, und ich kann Ihnen sagen, ich glaube, dass die Intelligenz der Österreicher der Intelligenz der Mandatare hier im Haus zumindest entspricht, aber sie eher über­steigt. Das ist mein Gefühl. (Beifall bei der FPÖ.)

Was haben wir also jetzt in Österreich von Ihrer Politik, meine Damen und Herren von Rot und Schwarz? – Wir haben eine Rekordverschuldung in Österreich, eine Rekord­abgabenquote und viele Österreicher, die unter der Armutsgrenze leben. Daher, meine Damen und Herren – ich komme zum Schluss –, unterstreiche ich noch einmal, dass es für uns ganz wichtig ist, dass die Bürger in Österreich mitentscheiden können und dass es keinen Platz geben darf für die Blockierer und für die Abkassierer in dieser Re­publik. (Beifall bei der FPÖ.)

11.48


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Kog­ler. – Bitte.

 


11.48.10

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Damen und Her­ren auf der Regierungsbank! Sie haben uns dieser Tage ein Konvolut übermittelt mit dem Titel „Konsolidierungspaket“, und ich stehe überhaupt nicht an, anzuerkennen, dass da auch einige (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Dr. Fekter.) – „Konsoli­dierungspaket“ haben Sie es immer genannt, wir wissen hier im Haus, dass es „Stabili­tätsgesetz“ heißt. Frau Bundesministerin, unterbrechen Sie mich nicht, wenn ich gera­de dabei bin, Sie einmal ausnahmsweise zu loben, nämlich genau an der Stelle, wo man anerkennen muss, dass auch Maßnahmen gesetzt wurden, wo Sie selber vielleicht vor zwei Jahren gesagt hätten, da hüpfen wir nicht drüber, schon gar nicht im Kompromiss. Ich verstehe, dass, wenn zwei Parteien unterschiedlicher Weltanschauung regieren, nicht alles jeweils zu 100 Prozent durchgesetzt werden kann. So naiv ist ja niemand oder soll­te zumindest niemand sein. Also diese Argumente werden ja akzeptiert.

Ich kann es im Übrigen auch benennen: Es gibt die Beseitigung von Steuerprivilegien – unserer Meinung nach nicht ausreichend genug, aber immerhin, vor zwei Jahren viel­leicht wäre das noch undenkbar gewesen. Es gibt auch Ansätze in der Verwaltungsre­form, tatsächlich, etwa im Heeresbereich unter Bundesminister Darabos, der eh immer nur gescholten wird. Ja, wenn es jetzt bei den Heeresspitälern einmal ein Umdenken gibt, super, wir kämpfen eh schon zehn Jahre darum, aber jetzt wird es gemacht. Aner­kennung!

Aber schauen Sie, losgetreten haben Sie das Ganze selber, und zwar vor Weihnach­ten des Vorjahres. Sie von der Bundesregierung haben ja in öffentlich zelebrierter Pa­nikattacke vor den Ratingagenturen plötzlich die Notwendigkeit erkannt, dass ganz et­was anderes und noch mehr passieren muss. Sie waren es ja, haben aber mit dem Finger auf die Opposition gezeigt wegen angeblicher Notwendigkeit, eine sogenannte Schuldenbremse in die Verfassung zu heben, ohne dass Sie das Paket vorgelegt


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 41

haben, das Sie jetzt vorlegen, das Paket, das man jetzt abwägen und bewerten kann, und das tun wir jetzt hier auch.

Aber diese Rating-Agenturen – siehe da! – finden in Ihrer Analyse zumindest unsere – „Zustimmung“ ist das falsche Wort, aber unsere – gemeinsame Einschätzung. Ich habe gestern Abend wieder Gelegenheit gehabt, auf Einladung der Handelskammer mit Ver­tretern von Standard & Poor’s zu debattieren. Und tatsächlich: Was sind die Probleme in Österreich? – Es ist die Strukturproblematik. Es ist zunächst der Bankensektor. Wenn es sich in den 8 Minuten ausgeht, werde ich liebend gern darauf zurückkommen, weil was sich da abspielt, ist jetzt wirklich genug. Uns reicht’s! Ich sage Ihnen das ganz of­fen. Mit unserer Zustimmung können Sie da gar nicht mehr rechnen, wenn nicht end­lich diese ganze Konkursordnung für Banken und das Insolvenzrecht auf gerade Beine gestellt werden. Keine Zustimmung für keinen Euro, wenn das nicht saniert wird! Sie ver­schlafen das seit drei Jahren! Das nur als Vorankündigung. (Beifall bei den Grünen so­wie bei Abgeordneten von FPÖ und BZÖ.)

Ich sage das auch deshalb dazu, weil Sie sich ja anschicken werden, das alles für die Zukunft wieder anzukündigen. Das war aber nur ein Seitenfenster.

Standard & Poor’s sagt, das Strukturproblem ist eines der Hauptprobleme in Öster­reich. Das sehen wir auch so. Das Zweite ist aber das politische Strukturproblem. Die Verflechtung mit der Eurozone lassen wir jetzt einmal weg. Aber die Entscheidung für „Ausblick negativ“ kommt daher, weil diese Agenturen versuchen zu bewerten, wie handlungsfähig eine politische Entscheidungsstruktur ist, wie zeitnah gegengesteuert wer­den kann. Und ich halte das Kriterium für total vernünftig.

Da kommen wir nämlich zu einem anderen Problem in dem Land: dass wir hier endlich einmal eine Staatsreform brauchen, die die Republik wieder vom Kopf auf die Füße stellt, und die fehlt! Und das ist jetzt schade bei dem ganzen Paket. Es ist, wie gesagt, nicht alles schlecht, aber das, was man gemeinhin unter Reform oder Innovation ver­steht – man mag ja den Begriff „Reform“ gar nicht mehr verwenden, weil Sie ihn schon verhunzt haben –, das ist das, was fehlt. Und auch an der Stelle teile ich die Einschät­zung von Standard & Poor’s. Das fehlt, weil Sie nur in bestehenden verkrusteten Sys­temen ein bissel herumkürzen.

Die 27 Milliarden € klingen so dramatisch, aber ehrlich gesagt, wir könnten uns auf in­novativere Art und Weise, vor allem aber auf sozial gerechtere Art und Weise mit mehr Ausgewogenheit und auf nachhaltigere Weise hier wesentlich mehr vorstellen. Das wird Sie jetzt überraschen. Und wir werden das auch in die Debatte einbringen, in den Ausschüssen und mit dem einen oder anderen Entschließungsantrag dann hier bei den Schlussabstimmungen.

Bleiben wir einmal auf der sogenannten Einnahmenseite, dort, wo unserer Meinung nach die Innovationsbereitschaft tatsächlich fehlt. Sie wissen es genau, weil Einzelne von Ih­nen wollen ja mehr, auch Sie, Frau Finanzministerin, nur müssen Sie das dann halt auch einmal angehen. Für manches wird hier eine Zweidrittelmehrheit gebraucht. Ja, aber dann schreiben wir nicht Schuldenbremsen in die Verfassung ohne Konzept, sondern ma­chen wir wirkliche Konzepte, in der Schulverwaltung, in der Gesundheitsplanung, bei der Förderpolitik!

Unser Angebot steht, und wir werden Sie einladen, um nicht zu sagen, herausfordern: Ei­ne Schulverwaltung, eine Krankenkasse für ganz Österreich – und das Förderwesen endlich so sanieren, dass nicht die Bundesländer, nicht Sie, Frau Minister, oder Sie, Herr Mitterlehner, die Bundesländer, 1 Milliarde pro Jahr völlig unkoordiniert an Wirt­schaftsförderung ausschütten. Von den anderen Gebietskörperschaften rede ich gar nicht. Kein Mensch weiß, wer wie viel kriegt! Gewinnmitnahmen der Großkonzerne son­der Zahl! Für das haben wir schon ein Geld. Das wird erst 2014 angegangen in Ihrer


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 42

Welt, wenn überhaupt, weil alles, was mit Bundesländern zu tun hat, wird auf 2014
bis 2016 verschoben. Aber dort, wo Sie ohne wirkliche Reform – und das ist der Vor­halt – herumtun können, da machen Sie es gleich, und das ist zu wenig!

Deshalb legen wir Ihnen da die Gegenvorschläge auf den Tisch, und deshalb will ich auch nicht mehr hören, wie von den Vorrednern, dass da nichts kommt. Nein, es kommt was, nur Sie kommen aus dieser Falle nicht heraus, sich gegen Ihre eigenen Landeshauptleute durchzusetzen. Das ist ja nicht nur Ihr Problem allein, ich weiß schon, das ist ein Problem der Realverfassung in der Republik. Und entweder wir ge­hen das jetzt einmal an, wenn der Reformnotstand so groß ist, wie Sie ihn selber aus­gerufen haben – oder das Vertrauen schwindet weiter. Und siehe da, ich gebe der Ra­tingagentur recht! (Beifall bei den Grünen.)

Wir haben das auch ausgerechnet, nur um die Dimensionen herzukriegen: Allein in dem Bereich Schulverwaltung, Gesundheitsplanung und Förderungen geht es um eine Di­mension, die fast an das herankommt, was Sie in diesen Bereichen insgesamt als Vo­lumen haben. Ja, das ist doch was! Das ist doch was!

Zweiter Punkt, die andere Seite: die Gerechtigkeitslücke. Die wird nicht geschlossen. Die großen Pensionen werden völlig unangetastet bleiben. Das geht nicht so! Das kann so nicht gehen! Und wenn Sie sich dauernd herstellen und da irgendwas von Eigentums­klau oder sonst etwas reden: Wir sind eines der wenigen Länder auf der Welt, wo Mil­lionenerben und Stiftungsmilliardäre extra steuerfrei durch die Gegend geschickt wer­den. Das kann so nicht bleiben, wenn Sie die Kleinen unten belangen! (Beifall bei den Grünen.)

Dieses Paket – ich hätte es ja selber nicht geglaubt, wenn wir nicht gerechnet hätten – belastet das untere Drittel der Einkommensschicht in der Bevölkerung mehr als das obe­re! Und da stellen Sie sich her und reden von Ausgewogenheit?!

Auch an der Stelle muss ich sagen: Schade, es wäre mehr drinnen gewesen! Mehr so­ziale Gerechtigkeit ist nicht nur sinnvoll, sondern auch notwendig. (Abg. Krainer: Das ist aber keine korrekte Rechnung!) – Ja, das ist ja lustig, dass da ausgerechnet von der SPÖ der Zwischenruf kommt. – Wir werden hier einen Antrag stellen, wo es genau da­rum geht, dass endlich die Steuergerechtigkeitslücke wirklich geschlossen wird. Und dann stimmen Sie dem zu und gehen nicht dauernd mit Plakatwellen die Bevölkerung sekkieren, die noch dazu mit ihren Steuergeldern Ihre Plakatieraktionen zahlen muss! Das ist doch wirklich ein Ärgernis und unglaubwürdig! (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Neubauer.)

Warum brauchen wir das ganze Volumen? – Weil wir einen Spielraum für die Zukunft brauchen. Es geht ja nicht darum, jetzt mehr Steuern bei den Reichen einzuheben, da­mit man auf der anderen Seite nur ja nichts reformieren muss. Ich weiß schon, dass das die Angst ist, aber es geht doch auch darum, das Steuersystem wieder dorthin zu krempeln, dass wir endlich im OECD-Schnitt, wenn man so will, Standard halten, wett­bewerbsfähig werden, dass wir die Leistungseinkommen entlasten – das betrifft die klei­nen Selbständigen genauso – und die leistungslosen Einkommen belasten. Das ist doch das Ärgernis, diese Strukturreform fehlt! Ja, wenn die Reformnot so groß ist, wo ist denn das dann?

Sie haben es sogar geschafft, dass eine nächste Regierung daran gebunden ist, bei ei­ner Steuerreform die Landeshauptleute zu fragen. Da täten wir endlich vielleicht darauf kommen, ein gerechteres, ein innovativeres System zu machen, und dann ist der Herr Pröll dagegen. – Gratuliere!

So geht es nicht! Wir werden andere Vorschläge machen, und wir werden schauen, wie Sie sich verhalten. (Beifall bei den Grünen.)

11.56



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 43

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Scheib­ner. – Bitte.

 


11.56.27

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Her­ren! Es ist ja mittlerweile schon gewohntes Ritual, und, Kollege Kogler, ich freue mich, dass du die Hoffnung noch nicht aufgegeben hast, dass man hier irgendetwas noch einbringen kann, ohne dass man trotzdem dem Vorwurf ausgesetzt ist, dass man eben nichts einbringt, wie der Kollege Stummvoll gesagt hat: Die Opposition ist sich uneinig, bringt nichts ein und kritisiert nur.

Ja, meine Damen und Herren, Sie wollen das ja gar nicht und sind auch gar nicht be­reit dazu. Die Behandlung dieses Belastungs- und Sparpaketes zeigt es ja, dass Sie an einer ordentlichen und intensiven Diskussion gar nicht interessiert sind.

Jetzt endlich legen Sie das Paket auf den Tisch – nach einer einwöchigen Begutach­tungszeit! Herr Kollege Cap, Sie hätten uns durch Sonne und Mond geschossen, hät­ten wir so etwas gemacht: eine Woche Begutachtungszeit für so ein Belastungspaket. Dann gibt es zwei Tage lang eine Behandlung im Ausschuss, ein Tag Hearing und dann Behandlung im Ausschuss. Danach kommt es hier ins Plenum. Und Sie haben uns ja schon ausgerichtet: Diskutieren dürfen Sie, aber abändern, aufmachen werden wir das nicht mehr. Und den Eindruck habe ich auch.

Als wir das letzte Mal bei der Sondersitzung hier diskutiert haben, habe ich Ihnen das vorgehalten, vor allem Ihnen von der Sozialdemokratie, dass ich nicht verstehe, dass Sie die Spekulanten begünstigen. Beim letzten Mal in Loipersdorf haben Sie die Ak­tienspekulanten begünstigt, indem Sie den Steuersatz für Aktiendeals unter einem Jahr von 50 auf 25 Prozent halbiert haben. (Abg. Strache: Casino-Steuer!) Und dasselbe ma­chen Sie jetzt bei den Immobilien, wo Sie jenen Spekulanten, die innerhalb der Zehn-Jahres-Frist ihre Immobilien wieder verkaufen, den Steuersatz von 50 auf 25 Prozent halbieren. Aber jene, die langfristig investiert haben, werden jetzt von Ihnen zur Kasse gebeten.

Das sind auch lenkungstechnisch für mich unverständliche Maßnahmen. Wenn es Ih­nen darum geht, Spekulanten stärker an die Kandare zu nehmen, aber Sie in dem Pa­ket, das Sie hier beschließen und das wir anscheinend im Ausschuss nicht mehr abän­dern können, genau das Gegenteil machen, nämlich die Spekulanten begünstigen, dann ist das ganz einfach unverständlich und zeigt nur, dass Sie an einer ordentlichen Be­handlung nicht interessiert sind. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Herr Bundeskanzler, so geht es uns ja auch bei den anderen Maßnahmen. Es ist die Finanztransaktionssteuer schon angesprochen worden. Sie haben jetzt wieder gesagt, Sie sind der Meinung und überzeugt, das wird kommen. Da bin ich gespannt, wie das kommen wird, wo doch Großbritannien massiv gegen diese Finanztransaktionssteuer auftritt und wo Sie ganz genau wissen, dass da ein Alleingang in der Europäischen Union gar nicht möglich ist, weil dann natürlich sofort die Karawane der Börsianer dort­hin weiterzieht, wo es diese Steuer nicht gibt.

Frau Finanzministerin! Wenn man diese Finanztransaktionssteuer will, dann würde ich mir erwarten, dass man dieses Anliegen auf EU-Ebene auch ordentlich unterstützt und mit Nachdruck – und da gilt das Prinzip Einstimmigkeit – darauf drängt, dass diese Fi­nanztransaktionssteuer auch wirklich kommt. Aber was ist passiert? Nicht vor einem Jahr oder zwei Jahren, sondern jetzt, vor wenigen Tagen gab es einen Gipfel, am 1. und 2. März, wo man auch einen Beschluss zur Finanztransaktionssteuer gefasst hat. Es ist schon spannend, sich die Entwicklung hier anzusehen, weil man da sieht, was die Kon­sequenz auf der EU-Ebene ist, nämlich die österreichische Konsequenz.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 44

Da gab es einen Entwurf für die Schlussfolgerungen des Rates zur Finanztransaktions­steuer, und der war schon sehr schwach. Da hat es nämlich geheißen:

„() Bei der Prüfung der Kommissionsvorschläge () zur Finanztransaktionssteuer sind ebenfalls rasche Fortschritte vonnöten.“ – Gut.

Der österreichische Vertreter bei den Vorberatungen hat gesagt, diese Aussage ist aus­geglichen formuliert und darf nicht abgeändert werden. Also keine Rede davon, dass wir einen Zeitplan brauchen, dass Österreich darauf besteht, dass diese Finanztrans­aktionssteuer eingeführt wird, und dass wir wollen, dass das auch in die nationalen Budgets einfließt, denn nur dann können diese Einnahmen auch eingebucht werden. Sie wissen aber ganz genau, dass die Richtlinie vorsieht, dass das in das EU-Budget ein­fließt. Aber auch diesbezüglich wurden keine Maßnahmen beziehungsweise keine For­mulierungen mit eingebracht. (Präsident Neugebauer übernimmt den Vorsitz.)

Aber das ist ja noch nicht genug, denn anscheinend haben die Gegner dieser Finanz­transaktionssteuer intensiver gearbeitet als Österreich, denn die letztlich auch von Ih­nen, Herr Bundeskanzler – ich sage es noch einmal: Einstimmigkeitsprinzip; das hätte man verhindern können! –, mit beschlossene Formulierung heißt dann:

„Die Arbeiten und Beratungen zu den Kommissionsvorschlägen () zur Finanztransak­tionssteuer sollten fortgesetzt werden.“

Na danke, Herr Bundeskanzler! Sie legen uns hier ein Sparpaket vor, wo Sie die Fi­nanztransaktionssteuer bei den Einnahmen als fix einplanen, und dann sind Sie nicht in der Lage, auf EU-Ebene wenigstens solche Formulierungen durchzusetzen, wo man eine Konsequenz dahinter erkennt! Dann brauchen Sie sich nicht zu wundern, dass wir null Vertrauen in die Umsetzungskapazität bei diesen Maßnahmen haben. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Darum geht es! Denn wenn es so wäre, dass Sie in all den Bereichen, wo man einspa­ren kann, wo man sinnvolle Maßnahmen setzen kann, konsequent sind, wenn es sich dann aber trotzdem nicht ausgeht und Sie sagen, jetzt brauchen wir einnahmenseitig auch noch etwas, und wenn das dann vernünftig ist, dann würden wir sicher sagen: Re­den wir darüber! Aber nur bei den Menschen abzukassieren, vor allem beim Mittel­stand, und alles andere nur als Nummern hineinzuschreiben, aber nicht umzusetzen, das ist wesentlich zu wenig.

Wenn Sie uns dann noch glücklich machen wollen und sagen: Aber die Familien sind ausgespart worden!, dann muss ich Sie an Ihr Kurzzeitgedächtnis verweisen und sa­gen: Das ist ja nicht das erste Sparpaket, im Jahr 2010 haben Sie in Loipersdorf ein Be­lastungspaket von insgesamt 7 Milliarden € geschnürt, darunter 1,3 Milliarden € an Be­lastungen für die Familien. Und heuer gibt es über 300 Millionen € weniger an Fami­lienförderungen. Das alles müssten Sie mit hineinnehmen! Aber Sie verschweigen es und hoffen, dass die Leute es vergessen.

Und dann kommen Sie, wie der Herr Krainer, wieder mit dem Einwand: Ja, aber die da­malige Regierung hat für die Pensionisten nichts gemacht! – Herr Krainer, ich sage Ih­nen: Die Ausgleichszulagen sind von 1999 auf 2007 von 590 € auf 726 € angehoben worden, für die Familien von 840 € auf 1 120 €. Und das haben Sie als räuberische Maß­nahme, als Pensionsraub bezeichnet! – Heute erhöhen Sie nichts, und das ist selbst­verständlich für Sie. Das ist der Unterschied zwischen uns! (Beifall beim BZÖ. – Zwi­schenruf des Abg. Krainer.)

Meine Damen und Herren, dort, wo Sie  (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Krainer.) Je lauter Sie sind, desto falscher sind Ihre Argumente! Das zeigt ja nur Ihr schlechtes Gewissen. (Neuerlicher Beifall beim BZÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 45

Aber dort, wo die Pflänzchen vorhanden sind, wo wir Sie auch unterstützen würden, et­wa im Bereich der Verwaltungsreform oder bei den Bezirksgerichten, wo es um Zu­sammenlegungen geht, weichen Sie ja schon wieder vor dem Widerstand der Länder. Und da erwarten wir uns  (Weiterer Zwischenruf des Abg. Krainer.) Herr Kollege Krainer, schreien Sie hier nicht herum, während Sie irgendwelche Comics unter der Bank lesen, sondern arbeiten Sie als Parlamentarier, als Bundespolitiker endlich gemeinsam mit uns gegen den Widerstand der Länder!

Wenn ich mir das jetzt anschaue: Wir hatten jüngst eine Diskussion über den Jugend­schutz. Nicht einmal in dieser Materie ist es gelungen, eine bundeseinheitliche Rege­lung zu schaffen. Ja was glauben Sie denn, was dann sein wird bei der Schulverwal­tung, bei den Bundes- und Landesverwaltungsebenen?! – Nichts wird da herauskom­men! Milliarden und Abermilliarden werden wieder verschwendet für eine Verwaltung, die aus der Zeit der Maria Theresia stammt, wo Landesfürsten ihre Existenzberechti­gung genau aus diesem System ableiten.

Warum finden wir uns hier nicht, um gemeinsam eine Verfassungsänderung zu ma­chen und um diese Verschwendung abzustellen?!

Das wären interessante Maßnahmen! Aber nicht Placebos machen und hoffen, dass die Menschen Ihre Belastungen schon irgendwann einmal wieder vergessen werden! (Bei­fall bei BZÖ und FPÖ sowie des Abg. Mag. Kogler.)

12.04


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt Frau Bundesministerin Dr. Fekter. – Bitte.

 


12.05.00

Bundesministerin für Finanzen Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Werte Kolleginnen und Kollegen auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zu­seher! Österreich auf gesunde Beine stellen und stabile Finanzen für eine sichere Zu­kunft – das war unser Motto! (Zwischenrufe der Abgeordneten Bucher und Hagen.)

Von Beginn an haben wir die Verhandlungen unter den Prinzipien geführt, dass das Wirt­schaftswachstum nicht gebremst werden darf, dass wir um Vollbeschäftigung kämpfen, dass die Investitionen nicht gehemmt werden dürfen, dass wir keine Maßnahmen set­zen wollen, die die Inflation antreiben, dass wir für die Menschen die Kaufkraft erhalten wollen und dass wir die Modernisierung des Staates vorantreiben. – Unter diesen Prin­zipien müssen alle Maßnahmen auch ausgewogen gesetzt werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Das hat dann letztendlich dazu geführt – und darüber waren wir uns einig, da gab es keinen Dissens –, dass wir das große Reformpaket aufgesetzt haben, wo wir struktu­relle Veränderungen anpeilen, damit es zu einer Kostendämpfung kommt. Die Reform­agenda war das größte Verhandlungsergebnis in diesem gesamten Zusammenhang, sowohl was die Verwaltung betrifft als auch was die Pensionen betrifft, nämlich das faktische Antrittsalter näher an das gesetzliche zu bringen, aber auch was die großen Veränderungen im Förderbereich betrifft, wo derzeit die Mindeststandards für die För­derungen in Begutachtung sind. Wir werden dann eine Artikel-15a-Vereinbarung mit den Ländern abschließen, damit sich Bund, Länder und Gemeinden bei den Förderun­gen koordinieren können.

Im Gesundheitsbereich, wo wir mit den Maßnahmen schon sehr, sehr weit sind, haben wir uns mit Bund, Ländern und Sozialversicherung bereits auf einen Kostendämpfungs­pfad einigen können. Die Gesundheitskosten sollen nicht rascher steigen als 3,7 Pro­zent im Jahr; das ist in etwa das durchschnittliche Wachstum.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 46

Auch bei den ÖBB hat die Verkehrsministerin Maßnahmen setzen können, nämlich dass auch dort das Frühpensionsalter nicht mehr in dem Ausmaß schlagend wird wie bisher, sondern dass dort auch später in Pension gegangen wird. (Beifall des Abg. Hörl.)

Diese Strukturen wollen wir so verändern, dass die Ausgaben nicht explodieren, son­dern dass wir einen Konsolidierungspfad einschlagen, der mit diesem großen Paket für den Bund 27 Milliarden bringt, und zwar in etwa ein Viertel davon einnahmenseitig und drei Viertel davon ausgabenseitig.

Die Länder sind nicht im selben Ausmaß ambitioniert, sondern dort muss eine Summe von 5,2 Milliarden eingespart werden. Sie bekommen aber über die Einnahmen gleich wieder einmal 2,6 Milliarden. Das heißt, dort ist das Verhältnis fifty-fifty.

Mitten hinein in die Verhandlungen kam dann die Rettung des Volksbanken-Sektors. Ich habe schon erklärt, dass es da um eine Million Kunden ging, um Spareinlagen in Höhe von 17 Milliarden, die sonst ein Einlagensicherungsfall geworden wären, wo dann auf den Bund über 10 Milliarden an Kosten zugekommen wären. Daher war das Maß­nahmenpaket, das wir gemacht haben, die günstigere Variante.

Gemeinsam mit den Ländern werden wir diesen Reformansatz intensiv vorantreiben. Aber wir brauchen mit den Ländern auch einen Artikel-15a-Vertrag zum Stabilitätspakt. Die Opposition hat sich nicht bereit erklärt, die Schuldenbremse in der Verfassung zu verankern, daher wählen wir einen anderen Weg, damit die Schuldenbremse auch für die Länder gilt, nämlich eine Artikel-15a-Vereinbarung. Wir brauchen mit den Ländern aber auch Koordinierungen im Gesundheitsbereich und bei der Transparenzdatenbank.

Abschließend ersuche ich das Hohe Haus, dieses große Paket für die Bevölkerung, für Österreich positiv zu verabschieden. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeord­neten der SPÖ.)

12.10


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt Herr Staatssekretär Mag. Schieder. – Bitte.

 


12.10.01

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Mag. Andreas Schieder: Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Werte Kolleginnen und Kollegen auf der Regierungs­bank! Hohes Haus! Lassen Sie mich in meinem Redebeitrag das auch zum Ausdruck bringen, was der Herr Bundeskanzler vorhin gesagt hat, nämlich auch den Dank aus­sprechen an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, und zwar vor allem an jene im Fi­nanzministerium, die die letzten Tage massiv belastet waren, weil sie sehr viel Arbeit, Detailarbeit und Schreibarbeit und vieles andere mehr, was dazugehört, wie etwa Re­chenarbeit, zu leisten hatten. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir beschäftigen uns seit 2008 mit einer Finanzkrise und noch immer mit den Folgen dieser Finanzkrise. Auch das heute vorgelegte Stabi­lisierungspaket beziehungsweise Konsolidierungspaket hat genau mit dieser Finanz­krise zu tun und hat auch damit zu tun, dass Österreich bis 2016 einen ausgeglichenen Haushalt erreichen will, sich aber damit auch einen Schritt mehr von den Finanzmärk­ten unabhängig machen will.

Ich betone das mit der Krise deshalb, weil wir beim Blick über die Grenzen sehen kön­nen, wie in anderen Ländern die Krise gewütet hat und wie dort die Zustände sind. Ich nenne da nur Griechenland, Spanien, Portugal und Irland. In all diesen Ländern sehen wir, wie es auch sein kann und dass eigentlich im Vergleich dazu Österreich gut durch die Krise gekommen ist. Dass Österreich die niedrigste Arbeitslosenquote nachhaltig innerhalb der Europäischen Union aufweist, zeigt auch, dass die österreichische Bun­desregierung gut gewirtschaftet hat und Österreich gut durch die Krise gekommen ist. (Beifall bei der SPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 47

Wir haben aber auch die richtigen Lehren zu ziehen, und das heißt, wir haben eine ver­nünftige Konsolidierung zu machen, ohne dass das Wirtschaftswachstum und die Be­schäftigung eingeschränkt werden. Ganz im Gegenteil: Wir haben so zu konsolidieren, dass auch das Wirtschaftswachstum unterstützt wird, weil es uns eine wichtige Hilfe beim Konsolidieren ist. Wir brauchen dazu zusätzliche Einnahmen durch das Schlie­ßen von Steuerlücken, sinnvolle Sparmaßnahmen, die die Strukturen in unserem Land nachhaltig verbessern, und wir brauchen Offensivmittel für Investitionen, und zwar vor allem in den Bereichen Bildung, Forschung und Arbeitsmarkt.

Es geht, wie ich schon zuvor gesagt habe, darum, Österreich nachhaltig von den Fi­nanzmärkten, von den Ratingagenturen und all den negativen Ausprägungen der Fi­nanzmärkte unabhängig zu machen, und auch darum, Österreich wieder leistungsfähig und handlungsfähig für die zukünftigen Herausforderungen zu machen.

Wir haben in diesem Paket einen sinnvollen Anteil an Einnahmen vorgesehen. Und der Beweis für die soziale Ausgewogenheit dieses Pakets ist das Faktum, dass Vermögen­de einen gerechten Beitrag zahlen und dass Schlupflöcher im Steuersystem, die uns schon lange ein Dorn im Auge waren, geschlossen werden.

Mit folgenden Beispielen darf ich unterstreichen, wo Vermögende ihren gerechten Bei­trag zahlen:

Erstes Beispiel: Die Streichung der Spekulationsfrist beim Verkauf von Nebenwohnsit­zen bringt bis zu 750 Millionen € pro Jahr. Wenn man weiß, dass das reichste Zehntel der Österreicher 85 Prozent aller Nebenimmobilien besitzt, dann sieht man, dass ge­nau diese Steuer von dem reichsten Zehntel Österreichs beigesteuert werden wird. (Bei­fall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Aber von allen anderen auch!)

Oder das Beispiel „Solidarbeitrag“: 110 Millionen € pro Jahr an Einnahmen. Die kommen von Leuten, die einen Verdienst über der Jahresbemessungsgrundlage von 150 000 € haben. Das sind die ganz, ganz großen Topverdiener, 20 000 Topverdiener, deren Bei­träge bis zu 100 000 € im Jahr bringen. Das ist notwendig. Und ich muss sagen: Die soziale Balance verlangt es, dass die Topverdiener, denen es sehr gut geht, in der Zeit der Konsolidierung auch ihren Beitrag leisten.

Es geht aber auch darum, im Steuersystem Lücken zu schließen. Und da sage ich nur: Die Einschränkung der Gruppensteuer auf tatsächlich realisierte Verluste mit 75 Millio­nen € pro Jahr und die Einschränkung beim Vorsteuerabzug mit 300 Millionen € pro Jahr sind wichtige Maßnahmen bei der Modernisierung unseres Steuersystems, auch im Hinblick auf mehr Leistungsgerechtigkeit.

Sehr geehrte Damen und Herren, es werden aber auch die Strukturen transparenter und schlanker gemacht. Vorhaben in dieser Hinsicht betreffen folgende Bereiche: Leh­rerInnendienstrecht, Spitalsreform, Reform bei älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeit­nehmern und auch Reformen bei den Pensionen, wo es nicht darum geht, einfach nur das gesetzliche Pensionsantrittsalter hinaufzusetzen, sondern darum, das faktische Pen­sionsantrittsalter zu erhöhen, zu schauen, dass die Leute länger in Beschäftigung blei­ben können. Das ist das große Ziel dieser Regierung – eine Reform, die unserer An­sicht nach arbeitsmarkt- und arbeitnehmerInnenfreundlich ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Weil von ein paar Oppositionsrednern die Nationalbank-Pensionisten angesprochen wur­den: Ich würde Ihnen empfehlen, schauen Sie sich den Artikel 82 des Stabilitätsgeset­zes an! Genau dort ist nämlich normiert, dass mit einer Neuordnung der Pensionsord­nung in der Oesterreichischen Nationalbank ab 1. Jänner 2013 auch von dort ein wich­tiger Beitrag kommen wird.

Lassen Sie mich abschließend noch ganz schnell zu strukturellen Fragen etwas sagen: Wir haben mit dem Corporate Governance Code zum Beispiel auch umgesetzt, dass


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 48

die Frauenaspekte in der Wirtschaft und bei börsenotierten Unternehmen in Zukunft ei­ne größere Rolle spielen. Das ist gerade heute am Frauentag auch ein wichtiger As­pekt. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.15


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Oberhauser. – Bitte.

 


12.15.26

Abgeordnete Dr. Sabine Oberhauser, MAS (SPÖ): Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Werte Kolleginnen und Kollegen! Jeder von uns, der hier sitzt, vertritt eine Lobby, eine Personengruppe, wie auch immer, und so unterschiedlich sind natürlich auch die Redebeiträge der unterschiedlichen Abge­ordneten zu werten. Aber ich glaube, wir sind uns alle einig, dass ein Sparpaket kein Wunschkonzert ist. Das ist nichts, womit man an seine Menschen, die man vertritt, et­was verteilen kann, sondern das ist etwas, wo man darauf schauen kann, dass die Per­sonengruppe, die man vertritt – das sind in meinem Fall die Arbeitnehmerinnen und Ar­beitnehmer –, möglichst ausgewogen drankommt und keinen überproportional großen Teil zahlen muss.

Kollege Auer, der die Bauernschaft vertritt, hat heute hier gesagt: Ja, die Bauern tragen das Sparpaket mit, aber sie sind getroffen! – Ich kann für die ArbeitnehmerInnen sa­gen: Ja, sie werden das Sparpaket auch mittragen, aber sie sind auch getroffen!

Dieses Paket zeigt, dass das, was die Regierung in den letzten drei Jahren in Sachen Ent­lastung der Arbeit und einnahmenseitige Sanierungen gemacht hat, deutlich mehr ist als das, was von allen Bundesregierungen der unterschiedlichsten Couleurs in den letzten 20 Jahren gemacht wurde. Das muss man ganz klar sagen. Wir haben noch nie so viel an Einkommen besteuert und so viel an Steuerschlupflöchern geschlossen wie in den letz­ten zwei Jahren (Zwischenruf beim BZÖ), noch nie so viel an arbeitslosem Einkommen besteuert und an Arbeitseinkommen entlastet. Das war in den letzten 20 Jahren noch nie der Fall.

Das heißt, das ist etwas, was man dieser Regierung keinesfalls vorwerfen kann, son­dern ganz im Gegenteil! Das Ziel, das die Regierung mit diesem Paket verfolgt und das der ÖGB auch mitträgt, ist, dass wir aus dem Defizitverfahren herauskommen. Uns ist völlig klar, dass es den ArbeitnehmerInnen, die wir vertreten, deutlich lieber ist, dass das Geld in Österreich ausgegeben wird und nicht für den Zinsendienst verwendet wird. Wenn ich weiß, dass man mit ungefähr 9 Milliarden € an Zinsen rechnet, und wenn ich weiß, dass das Bildungsbudget ungefähr das Gleiche ausmacht, dann ist es mir lieber, dass wir die Zinsen reduzieren, dass wir schauen, was wir bei uns einsparen können und an Einnahmen lukrieren können, um das Geld in Österreich verwenden zu können.

Ja, es sind in diesem Paket auch Maßnahmen enthalten, die die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu tragen haben. Es ist vieles davon schon genannt worden. Ein Streitpunkt, ein Punkt, der bei der Begutachtung noch drinnen war und der vor allem bei uns für große Aufregung gesorgt hat, betraf die Frage: Was passiert mit den Men­schen, die in Altersteilzeit gehen? Da war in der ursprünglichen Vorlage vorgesehen, dass die Variante des Blockens, das heißt, dass man einen geblockten Arbeitsteil und einen geblockten Freizeitteil nimmt, wegfallen soll.

Die Lobby der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, nämlich die Arbeiterkammer und die Gewerkschaften, allen voran die Metallergewerkschaft, ist dann ganz massiv dage­gen aufgetreten, indem sie gesagt hat: Das ist eine Ungerechtigkeit, die überproportio­nal unsere Mitglieder betrifft!, und hat versucht, daran etwas zu ändern. Es ist dann dank der Hilfe von Rudi Hundstorfer gelungen, da ein Modell auszuarbeiten in die Rich-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 49

tung, dass die Blockvariante weiterhin bestehen bleibt und es sogar zu einer Ersatz­kraftstellung kommt. Das heißt, einerseits geben wir damit Menschen, und zwar vor al­lem Menschen, die im Schichtdienst arbeiten, wie etwa in metallverarbeitenden Betrie­ben, aber auch in Spitälern, die Möglichkeit, die Blockvariante weiterhin zu konsumie­ren, und andererseits entlasten wir den Arbeitslosensektor, indem wir eine Ersatzkraft vom Unternehmen dafür gestellt bekommen. (Beifall bei der SPÖ.)

Nun zum Gesundheitssektor. – Das ist gesagt worden, es gibt eine eingestellte Zahl, es gibt Gespräche mit den Ländern, mit dem Bund und mit den Sozialversicherungen, wie dieser Konsolidierungspfad im Gesundheitssystem gefahren werden muss.

Kollege Hofer, die FPÖ träumt – das fiel mir schon in vielen Reden auf – vom „Wunder­land“ Schweiz, vom „Schlaraffenland“ und beteuert immer, wie toll in der Schweiz alles sei. Ich habe ganz schnell in der Zeit, als Sie uns erzählt haben, welche Milliarden die Schweizer Sozialversicherungen, Krankenversicherungen scheffeln und wie gut dieses „Schlaraffenland“ dort ist, gegoogelt und geschaut, wie das Sozialsystem dort tatsäch­lich ausschaut.

Es gibt dort eine Grundleistung. Es gibt keine Mitversicherung von Familienangehöri­gen. Es ist jede Leistung, jedes Medikament vorher zu bezahlen, und man kann schau­en, ob man es nachher dann zurückbekommt. Es gibt hohe Selbstbehalte. Es gibt kei­ne zahnärztliche Versorgung. Eine normale Schwangerschaft ist gedeckt. Eine Schwan­gerschaft, die mit Komplikationen verläuft, wird als eine Krankheit bewertet und damit mit hohen Selbstbehalten belegt. Und die Arbeitgeber tragen nichts zur Sozialversiche­rung bei.

Lieber Herr Kollege, da ist mir das österreichische System zehnmal lieber! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

Lassen Sie mich zum Schluss auch noch auf den heutigen Frauentag zu sprechen kom­men. Ich habe die Rednerliste durchgezählt: Es werden zum heutigen Tagesordnungs­punkt, zum ersten, insgesamt 33 Menschen sprechen. Bis jetzt haben zwölf Männer und drei Frauen – ich bin die dritte Frau – gesprochen. Insgesamt werden 25 Männer und acht Frauen sprechen. Das heißt, wir haben hier noch einiges aufzuholen, auch was die Gleichberechtigung hier bei uns in diesem Haus betrifft. (Abg. Dr. Glawisch­nig-Piesczek: Wir haben halbe-halbe!)

Lassen Sie mich mit einem Zitat von Johanna Dohnal schließen, das ich den Frauen hier in diesem Haus und auch den Frauen zu Hause widme. Johanna Dohnal hat ge­sagt:

„Ich weiß aus meiner ganzen Lebenserfahrung heraus, wenn wir fordern, was uns zu­steht, werden wir Disziplinierungsversuchen ausgesetzt sein, aber mit geradem Rü­cken ist diesen leichter zu begegnen als mit hängenden Schultern. Das ist meine Emp­fehlung, wie der Statik in den Gebäuden der Macht beizukommen ist.“

In diesem Sinne: Brot und Rosen für uns Frauen! (Beifall bei der SPÖ.)

12.21


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Wöginger. – Bitte.

 


12.21.28

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Mitglieder der Bundesregierung! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Stabile Finanzen bedeuten eine sichere Zukunft, und daher gibt es keine Alternative zu diesem Sparpaket. Eine Entlastung von rund 27 Milliarden € für das Budget von heuer bis 2016 ist absolut not­wendig. Sie ist vor allem deshalb notwendig, damit unsere Kinder und die nachkom­menden Generationen eine gute Zukunft in unserem Land haben können.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 50

Was ist uns von der ÖVP bei dieser Budgetsanierung wichtig? – Erstens, dass der Wirtschaftsstandort und damit auch die Arbeitsplätze abgesichert werden. Wir haben derzeit einen Höchststand an Beschäftigung, und wir haben nach wie vor die niedrigste Arbeitslosenquote von den EU-27.

Der zweite Punkt: Alles zu tun, damit die Menschen auch weiterhin einen Job haben, damit sie weiterhin eine Beschäftigung haben. Das ist wichtig für das Gesamtsystem, vor allem auch in unserem Sozialbereich.

Und ganz wichtig war uns auch, dass jeder, jede und jeder zu dieser Budgetkonsolidie­rung einen Beitrag leisten muss, und das auch sozial ausgewogen über alle Alters- und Berufsgruppen.

Eine unserer Hauptforderungen war und ist nach wie vor, dass ausgabenseitig saniert wird, dass in erster Linie bei den Ausgaben gespart wird. Nach dem Prinzip: Man kann auf Dauer nicht mehr ausgeben, als man einnimmt!, hat sich insbesondere auch unser Vizekanzler Michael Spindelegger massiv dafür eingesetzt, dass größtmöglich bei den Ausgaben eingespart wird. Und das Ergebnis, meine Damen und Herren, kann sich se­hen lassen: 76 zu 24 Prozent ist es ausgegangen. Wir sparen also zu drei Vierteln bei den Ausgaben ein.

Die ÖVP hat sich sechs Bereiche vorgenommen, wo man einsparen muss und, meine Damen und Herren, wo man auch einsparen kann – und alle sechs Punkte finden sich in diesem Konsolidierungspaket wieder (Abg. Petzner: Punkte habt ihr ausge­lassen!) –: bei den ÖBB, bei den Pensionen, bei der Gesundheit, beim Förderwesen, also bei den Förderungen, in der Verwaltung und auch beim öffentlichen Dienst.

Lassen Sie mich auch eine gewisse Zufriedenheit zum Ausdruck bringen, was die Pen­sionen im Zusammenhang mit den ÖBB betrifft. Wir dämmen hier die Frühpensionen ein, meine Damen und Herren, und es ist ein Akt der sozialen Gerechtigkeit, dass in diesem Bereich endlich etwas geschieht. Ich mache den Mitarbeiterinnen und Mitar­beitern bei den ÖBB keinen Vorwurf, aber das System war hier falsch. Und deshalb sage ich auch ein Danke den zuständigen Regierungsmitgliedern, dass diese notwen­dige Maßnahme gesetzt wird, dass es zu einer Eindämmung bei den Frühpensionen bei den ÖBB kommt, denn das trägt schon auch zu einer Gerechtigkeit im Gesamt­system bei, wenn man vom Pensionsbereich spricht. (Beifall bei der ÖVP.)

Da hier gesagt wird, wir gehen nicht weit genug in der Struktur: Meine Damen und Her­ren, bei den Pensionen werden strukturelle Maßnahmen gesetzt! Das Pensionskonto ist eine Strukturreform in unserem Pensionsbereich, und ich bin froh darüber, dass wir das jetzt zur Umsetzung bringen, weil es mehr Nachhaltigkeit in sich trägt und weil es übersichtlicher und durchschaubarer für jeden einzelnen Versicherten in Österreich wird. Man kann praktisch in Zukunft auf Knopfdruck sehen, welche Pensionsleistung man hat und wie hoch die monatliche Pension ist.

Die I-Pensionen, die Invaliditätspensionen, werden reformiert. Das ist notwendig, da­rauf haben wir auch insbesondere gedrängt. Es soll so sein: Wenn jemand aus ge­sundheitlichen Gründen nicht mehr arbeiten kann, dann soll er auch in Zukunft die Mög­lichkeit haben, diese Pensionsart zu erwerben. Aber wenn man arbeiten kann, dann darf es nicht zu einer Frühpensionierung über dieses Pensionsmodell kommen. Das ist uns wichtig, und deshalb stehen wir voll und ganz hinter dieser Strukturreform, dass das faktische Pensionsantrittsalter in den nächsten Jahren bis 2020 um vier Jahre an­gehoben wird. Das bringt pro Jahr ein Plus von rund 1,4 Milliarden €.

Bei der Gesundheit und bei der Verwaltung ist auch den Ländern zu danken – das möchte ich hier tun –, weil es in diesem Bereich zu Artikel-15a-Vereinbarungen kom­men wird, im Spitalswesen beziehungsweise auch bei den Förderungen. Die Transpa­renzdatenbank soll umgesetzt werden, und Mindeststandards werden mit den Ländern vereinbart.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 51

Beim öffentlichen Dienst kommt es in den nächsten Jahren zu einem Verzicht bei Ge­haltsanpassungen. Hier ist es mir ein Anliegen, auch als Arbeitnehmervertreter, insbe­sondere der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst zu danken. Ich glaube, dass insgesamt natürlich auch von dieser Gruppe der Beitrag zu leisten ist, aber dass klug verhandelt wurde. Und das möchte ich zum Ausdruck bringen.

Was wir nicht wollen – dies ist an die FPÖ gerichtet –: Wir schaffen sicherlich keine Be­zirkshauptmannschaften ab. Das ist Bürgernähe, das ist Service in den ländlichen Ge­bieten. Und deshalb sagen wir Nein dazu, diese dezentralen Strukturen abzuschaffen. (Abg. Grosz: Murau! Da ist schon eine abgeschafft! Die ist schon weg!) Es gibt viele andere Möglichkeiten, wo man Einsparungen in der Verwaltung vornehmen kann, aber nicht bei den Bezirkshauptmannschaften. (Abg. Strache: Murtal!)

Drei Viertel werden also ausgabenseitig eingespart, ein Viertel kommt auch über die Einnahmenseite. Hier werden zum Großteil Steuerlücken geschlossen – Immobilien, Um­widmungsabgabe, Gruppenbesteuerung –, und es kommen der Solidarbeitrag und die Fi­nanztransaktionssteuer.

Wir haben aber keine zusätzliche Besteuerung auf Eigentum. Das war uns von der ÖVP besonders wichtig. Wir stellen uns schützend vor die Häuslbauer, und das werden wir auch in Zukunft tun. (Beifall bei der ÖVP.)

Ein Wort noch zum Kaputtsparen: Dem möchte ich entgegenwirken. Wir sparen dort, wo es machbar ist und wo es vertretbar und sinnvoll ist. Wir bringen mehr Effizienz ins System. Wir führen Strukturreformen durch, zum Beispiel bei den Pensionen, die auch nachhaltig sind. Und: Steuerlücken werden geschlossen. – Es sind auch Offensivmaß­nahmen damit verbunden.

Ich würde mir eines wünschen, meine Damen und Herren: Die Bevölkerung trägt die­ses Sanierungspaket zum Großteil mit (Ruf bei der FPÖ: Sagen Sie! – Abg. Mag. Wid­mann: Nicht mit!), hier im Parlament aber habe ich manchmal den Eindruck, dass sich das nicht widerspiegelt. Ich kann Sie nur ermuntern und animieren, diesem Paket zu­zustimmen, unter dem Motto: Tun, was notwendig ist, im Sinne unserer Kinder und der nachkommenden Generationen! – Das ist unsere Aufgabe. (Beifall bei der ÖVP.)

12.27


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Kickl. – Bitte.

 


12.27.51

Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bevor ich mich der Regierungsmannschaft zuwende, noch ein paar Worte zur Kollegin Oberhauser, die sich ja wieder besonders dadurch hervorgetan hat, dass sie die Schweiz madigmacht. Ich weiß, sie ist jetzt nicht im Saal; wahrscheinlich ist sie gerade auf den Bahnhof geeilt, um dort die Sonderzüge mit den Flüchtlingen aus der Schweiz – lauter sozial verwahrloste Gestalten – in Empfang zu nehmen. Sie hat ja hier ein Bild gezeichnet, als ob die Schweiz ein Abwanderungsland wäre, wo im Stunden­takt die Züge fahren, weil man es in diesem Land nicht mehr aushalten kann, weil es so brutal und sozial ungerecht zugeht. – Meine Damen und Herren! Nichts davon ent­spricht der Wirklichkeit. In Wirklichkeit hat die Schweiz das umgekehrte Problem – und Sie wissen das genauso gut wie ich. (Beifall bei der FPÖ.)

Aber es ist ja hier vonseiten der Regierungsbank ein regelrecht romantisches Idyll ge­zeichnet worden. Es fehlt nicht mehr viel, und die Frau Finanzminister hätte uns tat­sächlich erzählt, dass vor dem Haus trotz Schneefalls gebratene Tauben in der Luft he­rumschwirren. Es mag schon sein, dass diese gebratenen Tauben auch trotz dieses Belastungspakets in Österreich noch in der Luft herumschwirren, aber ich sage Ihnen, sie fliegen so hoch, dass sie für den Normalsterblichen nicht erreichbar sind. Für Sie,


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 52

für Ihresgleichen sind sie mit aller Wahrscheinlichkeit erreichbar, meine Damen und Her­ren, aber nicht mehr für die normalsterbliche Bevölkerung.

Da kann nämlich keine Rede davon sein, dass es auch nur in irgendeiner Form die von Ihnen so sehr strapazierte Ausgewogenheit gibt zwischen dem, was wir an steigenden Kosten auf der einen Seite und an sinkenden Einkommen auf der anderen Seite erle­ben. Das geht querdurch durch die Masse der Bevölkerung. Ein Besuch im Supermarkt würde Sie davon überzeugen, wie richtig ich liege. Reden Sie mit den Leuten, die jetzt in der Post die Nachzahlungen für ihre Heizkosten für diesen Winter haben! Begeben Sie sich an eine Tankstelle, und schauen Sie in die Gesichter der Menschen, die nicht mehr wissen, wie ihnen geschieht, wenn sie die Abrechnung an der Zapfsäule sehen! (Beifall bei der FPÖ.)

Da ist es doch eine Verhöhnung, von Ausgewogenheit und sozialer Balance zu re­den, meine Damen und Herren! Sie von dieser Bundesregierung und Ihre Vorgänger haben mit Ihrem budgetpolitischen Schlendrian und mit Ihrer blinden EU-Hörigkeit – die im Übrigen immer blinder wird, je mehr die Europäische Union unter dem Deckmantel der sogenannten Krisenbekämpfung Unsinn verzapft –, mit diesen beiden Komponen­ten, Österreich in eine rot-schwarze Schuldenwüste verwandelt, meine Damen und Herren, eine rot-schwarze Schuldenwüste, wo die Chancen der künftigen Generatio­nen austrocknen, wo die soziale Sicherheit und der bescheidene Wohlstand der Auf­baugeneration austrocknet und wo nur noch eines blüht – da fliegen die gebratenen Tauben! –: Ihre Proporz- und Privilegien-Oasen, meine Damen und Herren. Die blühen weiterhin! (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Hagen.)

Und damit bin ich bei den Politikerpensionen, die Sie wieder nicht angreifen. Das muss man sich einmal vorstellen: Der Sozialminister macht sich in der „Pressestunde“ zum Verteidigungsminister im Kampf für die Politikerprivilegien, meine Damen und Herren, für die Politikerpension. Ganz Deutschland debattiert darüber, wie unsinnig es ist, ei­nem abgetakelten Politiker noch einen Ehrensold nachzuschmeißen. Ich sage Ihnen, die Politikerpension in der alten Variante ist die österreichische Variante davon. Das ist der Ehrensold auf Österreichisch: eine Abwrackprämie für Leute, denen wir zum Groß­teil eines zu verdanken haben, nämlich den Anbau dieser Schuldenwüste, meine Da­men und Herren. Das ist ja eine Belohnung, die die Falschen trifft. (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)

Stichwort: Schulden-Wüste, Schulden-Sahara. Das hat offensichtlich auch klimatische Auswirkungen, dass wir uns in dieser Wüste befinden, da sind Sie nicht frei davon, be­einflusst zu werden. Das äußert sich nämlich darin, meine Damen und Herren, dass wesentliche Teile des Belastungspakets, nämlich – und das ist das Tragische – ausgerechnet die Teile, wo man noch sagen könnte, gut, da bewegt man sich in Rich­tung soziale Gerechtigkeit, und die Teile, wo man sagen könnte, da ist zumindest ein ge­wisses Naheverhältnis zu einer Strukturreform gegeben, den Charakter von Regie­rungshalluzinationen haben. Eine Regierungshalluzination nach der anderen: Hier wird nicht regiert, sondern halluziniert. Und der Klubobmann der SPÖ hat in diesem Zusam­menhang einen regelrechten Halluzinationsanfall gehabt vor wenigen Minuten in die­sem Hohen Haus. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich habe extra noch einmal nachgeschaut, damit ich Ihnen auch nichts Falsches sage, meine Damen und Herren, aber es ist schon so: Halluzinationen sind, bitte schön – ich zitiere –:

„Trugwahrnehmungen, denen kein entsprechender Außenreiz zugrunde liegt, die aber dennoch als reale Sinneseindrücke angenommen werden“. – Zitatende. (Abg. Grosz: Da gibt es aber Tabletten!)

Da sind wir mittendrin in essenziellen Bestandteilen Ihres Budgets. Da sind wir doch mittendrin. – Ich rede jetzt gar nicht von der Halluzination, von der Regierungshalluzi-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 53

nation einer Gesundheitsreform. Ich erwähne gar nicht die Halluzination einer Steuer für die Superreichen. Ich rede gar nicht von der Halluzination dieser Unsummen, die man aus der Vorbesteuerung der Pensionskassen gewinnt.

Nehmen wir nur die Schweizer-Milliarden-Halluzination her, meine Damen und Herren: Nicht nur, dass Ihnen die Schweiz ausrichtet, Sie können ihr den Buckel hinunterrut­schen, es kommt jetzt auch noch die von Ihnen so geschätzte Europäische Union da­her und sagt Ihnen, das mit der Fekter-Schieder-Extrawurst wird in der Variante, wie Sie sich das vorstellen, für Österreich nichts werden. Das ist wahrscheinlich die Dank­barkeit der Europäischen Union für das, was Sie vorhaben, nämlich die österreichische Souveränität im Zusammenhang mit unserer Budgeterstellung aus unseren Händen, hier herinnen, zu nehmen und sie nach Brüssel zu übertragen. Das ist nämlich die Übersetzung dessen, was „Fiskalpakt“ bedeutet, meine Damen und Herren, eine Reise ohne Wiederkehr. (Beifall bei der FPÖ.)

Da habe ich Ihnen noch ein Zitat mitgebracht, von Rousseau. Er kommt aus Genf, aber keine Angst, er ist kein Schweizer; als er geboren wurde, war Genf selbständig. Und dieser Rousseau hat gesagt:

„Auf seine Freiheit verzichten heißt, auf seine Eigenschaft als Mensch zu verzichten.“

Diesen Satz können Sie eins zu eins auf den Staat übertragen: Auf seine Freiheit, ist gleich seine Selbstbestimmung, zu verzichten, meine Damen und Herren, auch in bud­getären Fragen, das heißt, auf seine Eigenschaft als Staat zu verzichten. Und dorthin, meine Damen und Herren, treiben Sie die Reise! (Beifall bei der FPÖ. – Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.) – Ich komme schon zum Schluss.

Auch dieses Budget zeigt einmal mehr, meine Damen und Herren, dass Sie dieses Land nicht durch die Krise führen, sondern Sie machen es umgekehrt: Sie führen die Krise durch das Land, und zwar aufgrund Ihrer EU-Hörigkeit. (Beifall bei der FPÖ.)

12.34


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Van der Bel­len. – Bitte.

 


12.34.09

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Bundeskanzler Faymann hat das sogenannte Stabilitätsgesetz, das jetzt in Verhand­lung stehen wird, in einen europäischen Kontext gestellt – mit Recht. Ich beginne auch mit einem europäischen Kontext, nämlich dem Frauentag. Ich habe mich innerhalb der Auswahl der T-Shirts (Abg. Grosz: Sehr fesch!) – fesch?; weiß ich nicht – für dieses entschieden, nämlich: „Mehr Chefinnen!“ (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordne­ten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren, prägen Sie sich das gut ein! Ich weiß, dass mein Anblick nicht so erfreulich ist (Abg. Grosz: Der Papa-Monat wär schon zu spät gewesen, gell?) wie jener der ukrainischen Gruppe letzte Woche, der Feministengruppe Femen, aber immerhin: Dieses Mal bin ich über meinen Schatten gesprungen, um auch visuell zu zeigen, was mir wichtig ist. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Strutz: Fesch!)

Es ergibt sich, dass heute im „Standard“ Viviane Reding, die EU-Kommissarin und Vi­zepräsidentin der Kommission, Stellung nimmt zu dieser Frage: Was zum Teufel ist mit den Frauen in den Führungspositionen der Firmen, in Aufsichtsräten und in den Vor­standsetagen? Also unten, wenn man so will, am Beginn der Alterspyramide wächst ei­ne bedeutende Menge an Nachwuchs nach: Inzwischen sind 60 Prozent aller Hoch­schulabsolventen weiblich. Aber in den Aufsichtsräten in Europa, in der Union ist nur jedes siebte Aufsichtsratsmitglied beziehungsweise jedes 30. Vorstandsmitglied weib­lich.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 54

Das können wir noch hundert Jahre beklagen und bejammern, ich bin durchaus einer Meinung mit Ministerin Heinisch-Hosek beziehungsweise mit der Vizepräsidentin der Kommission: Da hilft nichts – deswegen habe ich das auch noch mitgenommen, um mich hier nicht öffentlich an- und ausziehen zu müssen (der Redner hält ein grünes T-Shirt mit der Aufschrift „Her mit der Quote!“ in die Höhe) –, da hilft nur die Quote (Beifall bei Grünen und SPÖ), für den Anfang, für die Frauen in Aufsichtsräten und Vorstandsetagen.

Und natürlich ist uns allen bewusst, dass das nur eine Spitze eines riesigen Eisbergs ist. Ich meine, für die meisten Menschen sind Aufsichtsratspositionen oder Vorstands­positionen sowieso unerreichbar, auch für die meisten von uns hier im Saal, da geht es um ganz andere Lebensperspektiven. Aber nichtsdestoweniger ist es eine wichtige, zu­mindest symbolische Sache für die Emanzipation der Frauen, dass es so nicht weiter­gehen kann. Und nebenbei gesagt, meine Damen und Herren: In Norwegen wird das seit Jahren praktiziert, dass mindestens 40 Prozent der Aufsichtsratsmitglieder in bör­sennotierten Unternehmen weiblich sein müssen.

Und es hat keineswegs zu einem Zusammenbruch dieser Firmen geführt, ganz im Ge­genteil. Da gibt es auch eine McKinsey-Studie dazu, dass die Performance, die Ge­winnsituation in Firmen, in denen Männer und Frauen sozusagen gleichrangig vertre­ten sind, in der Regel besser ist als in männerdominierten Firmen. Ich führe das, ne­benbei gesagt, nicht darauf zurück, dass Frauen die besseren Menschen sind (Abg. Kopf: Danke!), auch nicht darauf, dass Frauen die besseren Manager sind – das glau­be ich nämlich beides nicht; sie sind genauso gescheit oder blöd wie wir Männer (Abg. Ing. Westenthaler: Stell dir einmal vor, das täten wir sagen!) –, was aber eine Rolle spielt, glaube ich, ist die Diversität: die Diversität in Firmen und anderen Organisatio­nen, die Mischung aus beiden, die diese bessere Performance ergibt. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Dieser europäische Kontext des Stabilisierungsgesetzes entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Vor drei Monaten haben wir das Budget für 2012 beschlossen, wenige Wochen später kommt die Regierung drauf: Oje, das reicht ja nicht. Wir verhandeln Wochen über etwas, das zum Teil Schall und Rauch ist. Ich habe selber kaum glauben können, dass diese hypothetischen Einnahmen aus der Finanztransaktionssteuer und den noch nicht stattgefundenen Verhandlungen mit der Schweiz tatsächlich einkalkuliert sind – sie sind es aber: siehe Tabelle 8 im sogenannten Strategiebericht, dort stehen sie tat­sächlich drinnen.

Zuerst habe ich gezögert und dachte, ich bin in der falschen Tabelle, es heißt dort näm­lich: „Entwicklung der Einzahlungen“.

Zuerst habe ich mir gedacht: Aha, zahlt der Bund jetzt diese Steuern ein? – Nein, es sind unsere Auszahlungen, also die Auszahlungen des Bürgers.

Das sind Hunderte von Seiten. Sie werden nicht erwarten, dass Oppositionspolitiker das über Nacht gelesen haben können. Deswegen habe ich mir nur eine Sache ange­schaut: die sogenannte Uni-Milliarde, die auch Vizekanzler Spindelegger heute zitiert hat.

Tatsächlich sind drei oder vier Mal 250 Millionen € extra vorne budgetiert. Wenn Sie dann aber in der UG 31 nachschauen – das ist der gesamte tertiäre Sektor, Wissen­schaft und Forschung –, dann werden Sie feststellen, dass Sie ab 2014 schon wieder dieselbe Situation haben wie jetzt in den vergangenen Jahren, nämlich nominell kon­stante Beträge für den tertiären Sektor, und um 50 Millionen geringer als 2013. Bitte, das ist der Strategiebericht! Das soll die Strategie der Bundesregierung sein, wieder nominell konstante Beträge in diesem Sektor vorzusehen?

Meine Damen und Herren, das ist ein extrem personalintensiver Sektor. Die Gehälter bleiben nicht konstant. Es ist zum Teil ein sehr  (Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.) Schon aus die Zeit? – Schade! Ich hätte Ihnen so gerne noch etwas


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 55

über die Bedürfnisse der Universitäten in Österreich erzählt. Wir haben Spitzeninstitu­te, aber Sie tun alles, damit auch diese wenigen Institute nicht den Rang behalten kön­nen, den sie jetzt haben. (Beifall bei den Grünen.)

12.40


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Grosz. – Bitte.

 


12.40.25

Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Die heutige Debatte offenbart eines, nämlich dass es in diesem Land tatsächlich zwei Gesellschaftsmodelle gibt:

Das Gesellschaftsmodell der österreichischen Bundesregierung, das vorsieht, dass die Menschen unseres Landes entmündigte und mit Steuernummern versehene Melkkühe der Nation sind, abstrakte Steuernummern, die man nach Belieben belasten kann, um die eigene Politik in irgendeiner Form zu finanzieren.

Das zweite Gesellschaftsmodell, von dem ich glaube, dass mittlerweile eine Mehrheit dieses Hauses dieses auch vertritt, ist, dass die Menschen unseres Landes nicht ent­mündigt sind, sondern mündige, leistungsbereite Bürger sind, die die Freiheit haben sollen, ihren eigenen Lebensbereich zu gestalten und ihre Lebensführung auch zu be­stimmen. (Beifall beim BZÖ.) – Das ist unser Modell auch für die heutige Steuerde­batte.

Sehr geehrte Damen und Herren von der Bundesregierung, Sie hätten es ja in der Hand gehabt, keine Belastungen zu beschließen, sondern die 22 Sozialversicherungs­anstalten zusammenzulegen. Sie hätten es in der Hand gehabt, 599 Vorschläge des Rechnungshofes, de facto mundgerecht vorliegend, umzusetzen, um damit endlich in Österreich das System umzustellen, von dem wir seit Jahrzehnten wissen, dass es in die falsche Richtung geht. Und Sie hätten auch die Möglichkeit gehabt, im eigenen Be­reich zu sparen.

Aber was haben Sie tatsächlich gemacht? – Sie haben die Menschen belastet. Und das besonders Verwerfliche ist: Sie haben in der Person Ihrer Justizministerin zumin­dest probiert, in einem Bereich dieser Gesetze, die Sie heute dem Parlament vorlegen, die Diversion für Korruptionisten in diesem Land einzuführen. Ihre eigene Justizminis­terin, die Hüterin der Gesetze, die Hüterin auch der Gerechtigkeit in diesem Land, wird dabei ertappt, dass sie die Korruptionisten aus der Lichtenfelsgasse straffrei gehen lassen will, dass Korruptionisten in diesem Land nicht einer ordentlichen Strafe zuge­führt werden, sondern dass diese Korruptionisten – Strasser und wie sie alle heißen – sich mit Geld freikaufen können. Das hat Ihre Justizministerin bei diesem Belastungs­paket in diesem Gesetz probiert, diesem Hohen Haus zu servieren, und das ist Gott sei Dank aufgrund auch der Kritik aller Oppositionsparteien gescheitert! (Beifall beim BZÖ.)

Und seit gestern wissen wir, dass die Ministerin einmal mehr einen Kunstgriff ange­wendet hat, nämlich mit der Änderung der Strafprozessordnung, offenbar auch an ih­rem eigenen Koalitionspartner vorbei, etwas hineinzuschwindeln, was an den Grund­festen, an den Grundrechten unserer Republik rüttelt: die Aufweichung des Berufsge­heimnisses für Journalisten, für Ärzte, für Rechtsanwälte in der Form, dass in Zukunft nicht mehr der Richter das Verfahren leitet, wenn es um einen Beschuldigten geht, der aus diesen Berufsgruppen kommt, sondern der Staatsanwalt unter Umgehung des Re­daktionsgeheimnisses bei einer Hausdurchsuchung zu allen Unterlagen von Ärzten, Journalisten und Rechtsanwälten (Rufe bei der FPÖ: Notare!) kommt und diese auch verwerten kann – was eindeutig den Bürgerrechten widerspricht. (Rufe bei der FPÖ: Notare!) – Und selbstverständlich auch Notare, sehr geehrte Damen und Herren.

Und da gibt es jetzt zwei Varianten, Frau Minister.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 56

Die charmante Variante – auch am Frauentag –: Sie sind unfähig und überfordert, und der eigentliche Justizminister in Ihrem Haus ist der Herr Sektionschef Pilnacek, der Ih­nen das in Ihre eigenen Unterlagen jubelt.

Und der uncharmante Vorwurf ist: Sie machen das alles mit Vorsatz. Ihnen ist offenbar die politische Breitseite vor zwei Wochen noch nicht genug gewesen, und Sie rütteln am Watschenbaum auch einer politischen Diskussion, indem Sie diese Woche einmal mehr die Grundrechte in diesem Land angreifen wollen, in der alten Manier eines Herrn Metternich. Und das war auch charmant! Uncharmant wäre ein Vergleich mit Dollfuß gewesen, sehr geehrte Damen und Herren (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ), charmant ist ein Vergleich mit Metternich.

Das alles von Ihnen als Justizministerin, die – das sage ich noch einmal – an der Spit­ze eines Ressorts stehen sollte, gerade zu einer Zeit, in der die Grundsäulen dieses Staates zu bröseln beginnen. In einem Jahr wie 2012, wo das Vertrauen der Menschen in die Justiz enden wollend ist, wo die Säule der Demokratie und der Politik bröselt, wo auch die Religion und der Gemeinschaftssinn in diesem Land riskante Wege einschla­gen, genau zu so einem Zeitpunkt brechen Sie auch das Vertrauen der Österreiche­rinnen und Österreicher in die Justiz, das Sie am Anfang des Jahres selbst beklagt ha­ben, indem Sie uns solche Gesetzesvorlagen vorlegen und damit nichts anderes sind als die verlängerte Werkbank der Lichtenfelsgasse. Sie sind eine Politoffizierin und kei­ne unabhängige Justizministerin, und daher bringen wir auch folgenden Misstrauens­antrag der Abgeordneten Grosz, Petzner, Kolleginnen und Kollegen ein:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesministerin für Justiz wird gemäß Art. 74 Abs. 1 B-VG durch ausdrückliche Entschließung des Nationalrates das Vertrauen versagt.“

*****

Wir wollen gerade in diesen Zeiten, in denen der Vertrauensverlust groß ist und die Menschen zu Recht bereits behaupten, dass die Hälfte der Politiker korrupt ist, eine Ministerin haben, die das System kontrolliert, die für Unabhängigkeit und Gerechtigkeit sorgt, und nicht eine Justizministerin, die eine parteipolitische Mittäterin ist, um die Kor­ruptionisten in ihrer Heimatpartei und des ÖAAB in diesem Staat zu schonen.

Wir brauchen eine Richterin an der Spitze, eine politische Richterin, die für Recht und Ordnung sorgt, und nicht eine, die die verlängerte Lobbyistin in der Regierung für ihre eigene Partei ist und Bestellarbeit aus den beiden Regierungsparteien vollzieht, statt Unabhängigkeit walten zu lassen und darauf zu schauen, dass in diesem Land Moral und Anstand zum Durchbruch verholfen wird.

Sollte das nicht der Fall sein, können Sie sich alle Belastungs- und Sparpakete sparen. In Zukunft werden die Menschen bei diesem Vertrauensverlust nämlich auf die Straße gehen! Das wird noch kommen, sehr geehrte Damen und Herren. Der entmündigte Ös­terreicher, der gefesselte Österreicher, der von dieser Bundesregierung belastet ist und von einer Justizministerin in seinen Rechten beschnitten wird, wird auf die Straße ge­hen und sich gegen den moralischen Verfall einer solchen Bundesregierung zur Wehr setzen.

Wir tun es heute als Gebot der Demokratie und der Vernunft mit diesem Misstrauens­antrag. (Beifall beim BZÖ.)

12.46


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Antrag steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 57

Misstrauensantrag

gem. § 55 GOG-NR

der Abgeordneten Grosz, Petzner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber der Bundesministerin für Justiz; eingebracht im Zuge der Debat­te zu den Erklärungen des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates zum Stabilitätspaket 2012-2016 in der 146. Sit­zung des Nationalrates

Begründung:

„Die Presse muss die Freiheit haben, alles zu sagen, damit gewisse Leute nicht die Freiheit haben, alles zu tun.“ Dieses Zitat von Stewart Alsop, einem amerikanischen Journalisten, drückt deutlich aus, wie wichtig die Freiheit und Schutz der Medien und ihrer Informanten in einer Demokratie sind. Dass die ÖVP in Gestalt ihrer Justizminis­terin Beatrix Karl, wenige Tage nach der Veröffentlichung geheimer - die ÖVP massiv belastender - Akten einen ursprünglichen StPO-Gesetzesentwurf im Bereich Sicher­stellung von Aufzeichnungen und Datenträgern (347/ME XXIV. GP – Bundesgesetz, mit dem Strafregistergesetz 1968, das Tilgungsgesetz 1972 und die Strafprozessord­nung 1975 geändert werden), nachträglich still und heimlich geändert hat, beweist deutlich, dass es „Metternich-Ministerin“ Karl und der ÖVP nur darum geht, unliebsame Journalisten, Anwälte und sonstige Verteidiger des Rechtsstaates zu schwächen und lahm zu legen.

Eine Anlassgesetzgebung, die ihresgleichen sucht und schon für sich allein genommen ausreicht, dass der Ministerin, die eigentlich für Recht und Kontrolle stehen sollte, das Misstrauen ausgesprochen werden muss. Denn entweder war Ministerin Karl informiert und hat diesen Anschlag auf die Pressefreiheit, das Anwaltsgeheimnis, das Arztge­heimnis, etc. zu verantworten oder das Ministerium hat selbständig aus persönlichen Rachegelüsten an der Ministerin vorbei gehandelt und das wäre noch schlimmer, denn eine Ministerin, die ihr Ressort nicht mehr im Griff hat, muss erst recht den Sessel räu­men.

Gleiches gilt für den - vorläufig abgewehrten - Versuch der Ministerin, die Diversion für den Bereich schwerer Vermögens-, Wirtschafts- und Korruptionsdelikte zu öffnen bzw. den Freikauf der eigenen Schützlinge vor Konsequenzen bei den derzeit ruchbar wer­denden kriminellen Handlungen wie bei BUWOG, Telekom und anderen Fällen zu er­möglichen. In Zeiten des "Korruptionsausschusses" spricht dieser Plan und zudem das Vorgehen der Ministerin, unter dem Deckmantel des Sparpaketes eine derartige "Frei­kaufsmöglichkeit" einzuführen, für sich.

Alles in allem ist zu resümieren:

Wenn so die angekündigte Vertrauensoffensive von Justizministerin Karl aussieht, dann ist die Misstrauensoffensive des BZÖ gegenüber dieser „Metternich-Ministerin“ mehr als begründet.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen nachstehenden

Antrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesministerin für Justiz wird gemäß Art. 74 Abs. 1 B-VG durch ausdrückliche Entschließung des Nationalrates das Vertrauen versagt.“

*****


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 58

12.45.20Präsident Fritz Neugebauer: Herr Kollege Grosz, für den mehrmaligen undifferenzier­ten Vorwurf der Korruption an eine hier anwesende politische Partei erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf. (Abg. Grosz: Soll ich Ihnen den Wahrheitsbeweis antreten?)

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Silhavy. (Abg. Grosz: Soll ich den Wahrheitsbe­weis antreten, Herr Präsident?)

Ich merke an, dass die Redezeit für die verbleibenden fünf Redebeiträge in der Fern­sehzeit 2 Minuten und 30 Sekunden beträgt.

Bitte, Frau Abgeordnete.

 


12.46.53

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Danke, Herr Präsident. Das ist das Schicksal einer Rede am Ende der Fernsehzeit.

Geschätzte Damen und Herren, wir sprechen heute das erste Mal in diesem Haus über den Stabilitätspakt 2012–2016, und wir werden ja am Mittwoch nächster Woche schon das Hearing haben, wo wir über einzelne Maßnahmen sprechen. Zweieinhalb Minuten lassen nicht genügend Zeit, schon gar nicht Zeit, auf meinen Vorredner einzugehen. (Abg. Grosz: Dann tun Sie’s nicht!) Ich wollte nur sagen, es ist ein bisschen merkwür­dig, wenn ausgerechnet das BZÖ von moralischem Verfall redet. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.) Diese Anmerkung kann ich mir nicht verkneifen. (Abg. Grosz: Sie mit Ihrem ar­beitslosen Einkommen als Ministerin !)

Meine Damen und Herren, auch wenn der Herr Kollege Grosz sich hier wieder durch un­qualifizierte Zwischenrufe hervortut: Diese qualifizieren sich ohnedies von selbst. Sie hö­ren es ja nicht im Fernsehen, aber ich glaube, Sie sollten das Benehmen der Abgeord­neten dieser Partei wirklich einmal wahrnehmen. Es ist leider keines, das dieses Hau­ses würdig ist. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ziel des Stabilitätspaktes ist es, den Abbau der Gesamtschulden und ein ausgegliche­nes Budget zu erzielen, um langfristig die soziale Balance in Österreich zu sichern. Die Gesichtspunkte sind unter anderem: keine Erhöhung der Massensteuern, ein Teue­rungsausgleich bei kleinen Pensionen, echte vermögensbezogene Einnahmen zu lu­krieren, eine weitere Beitragsharmonisierung, aber vor allem die Stärkung der Erwerbs­arbeit und die Erwerbsarbeit als zentraler Wert in unserer Gesellschaft. Dem trägt die­ses Stabilitätspaket Rechnung.

Wenn ich von Erwerbsarbeit rede, möchte ich heute, am Internationalen Frauentag, aber schon anmerken, dass es ganz wichtig ist, dass diejenigen, die überwiegend die Last und die Verantwortung für den sozialen Zusammenhalt in unserer Gesellschaft tragen, nämlich die Frauen, auch wieder einmal entlastet werden. Eine wirkliche Chancengleich­heit können wir nur erreichen, wenn wir die soziale Infrastruktur stärken, das heißt Klein­kind-, Bildungseinrichtungen, ganztägige Schulformen, Pflegeinfrastruktur und so weit­er. Ich möchte in diesem Zusammenhang der Frauenministerin, dem Herrn Sozialmi­nister und auch der Bildungsministerin für ihren Einsatz danken. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich bin aber auch froh darüber, dass wir in diesem Stabilitätspaket zu keiner vorzeiti­gen Anhebung des Pensionsalters gekommen sind, denn „Scher dich drum“ ist eine Aktion der Gewerkschaft PRO-GE-Frauen, die zeigt, wie schlimm dies für viele Frauen gewesen wäre. Einen herzlichen Dank allen engagierten Frauen, dass sie sich um ihre eigenen Anliegen „scheren“! (Beifall bei der SPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 59

12.49


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Donnerbauer. – Bitte.

 


12.49.36

Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer (ÖVP): Herr Präsident! Verehrte Mitglie­der der Bundesregierung! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Werter Herr Kol­lege Grosz, das, was Sie heute hier zum wiederholten Mal abziehen, ist ein äußerst durchsichtiges Manöver. Ich weise den Vorwurf „Korruptionisten in der Lichtenfelsgas­se“ nicht nur auf das Schärfste zurück, sondern ich lade Sie ein, im Untersuchungsaus­schuss hin und wieder Platz zu machen. Die Einzigen, die dort hauptsächlich vorge­kommen sind, auch in der öffentlichen Berichterstattung, sind Sie vom BZÖ, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Kickl: Bravo!)

Was Sie hier machen, ist nicht nur ein Ablenkungsmanöver von diesen Ergebnissen des Untersuchungsausschusses, sondern ein durchsichtiges Manöver, eine erfolgrei­che und beliebte Bundesministerin, der die Menschen vertrauen, schlechtmachen zu wollen. Das ist das, was Sie immer wieder versuchen. Wofür haben Sie diesen Miss­trauensantrag eingebracht, Herr Kollege Grosz? – Weil die Frau Bundesministerin Karl das macht, wofür sie bestellt wurde, wofür sie bezahlt wird, wofür sie auch gewählt wird? – Sie regiert. Sie bringt Regierungsvorschläge in den Ministerrat, die ihr Haus ausgearbeitet hat, und sie bringt diese Vorschläge damit auch in das Hohe Haus. (Abg. Grosz: Seien wir uns doch ehrlich: Das ist ja ein Irrsinn!)

Herr Kollege Grosz, wir sollen diese Vorschläge diskutieren, keine Frage. Man soll die­se Vorschläge diskutieren, man kann sie auch kritisieren, man kann inhaltliche Kritik üben. Und wir können sie auch abändern; auch das ist das Recht des Hohen Hauses. Wir sind der Souverän, der letztendlich den Beschluss fasst. Aber eine Bundesmi­nisterin dafür zu kritisieren und ihr das Misstrauen auszusprechen dafür, dass sie das tut, wofür sie bestellt ist, nämlich Regierungsvorschläge zu erarbeiten und einzubrin­gen, ich glaube, das verdient nur Missachtung. (Abg. Strache: Solche rechtsstaatlich bedenklichen Vorgänge muss man heftig kritisieren! – Abg. Grosz: Diversion für Kor­ruption, Herr Kollege Donnerbauer?!)

Ich glaube, die Zuseherinnen und Zuseher haben sich ja ihr eigenes Bild von Ihrer Vor­stellung machen können.

Es geht nicht um Korruption, es geht darum, dass zwei inhaltliche Vorschläge zur Dis­kussion stehen. Der eine Vorschlag der Frau Bundesministerin, die Diversion auszu­weiten, hat ja durchaus Zustimmung gefunden. Die Korruptionsstaatsanwaltschaft hat gesagt, das wäre ein wichtiges Instrument, um Kapazitäten für die großen Fälle freizu­machen. (Abg. Grosz: Ja, die weisungsgebundene Staatsanwaltschaft!) Aber die Frau Bundesministerin hat darauf reagiert, hat das zurückgenommen und möchte das einer breiteren Diskussion zuführen. Was ist daran zu kritisieren? Was verdient daran Miss­trauen?

Der zweite Vorschlag liegt auf dem Tisch. – Herr Kollege Grosz, Sie sind seit wenigen Wochen Justizsprecher Ihrer Partei, und Ihre erste Tat ist ein Misstrauensantrag gegen die Frau Bundesministerin. Beteiligen Sie sich lieber an der Diskussion, beteiligen Sie sich durchaus auch mit kritischen Beiträgen an der Entstehung des Gesetzes, aber sprechen Sie nicht einfach nur das Misstrauen aus, wo kein Misstrauen angesagt ist, sondern wo wir durchaus weiterhin Unterstützung auch im Justizausschuss brauchen!

Die inhaltliche Diskussion und nicht das formale Misstrauen ist gefragt, Herr Kollege Grosz. – Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Grosz: Für sie gilt der Generalverdacht!)

12.52


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Vilimsky. – Bitte.

 


12.52.26

Abgeordneter Harald Vilimsky (FPÖ): Herr Präsident! Mein Kollege Walter Rosen­kranz hat anlässlich der Präsentation des Sparpaketes heute durch Faymann und Spin-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 60

delegger einen guten Vorschlag gemacht, und zwar, dass dieses Hohe Haus einen Lü­gendetektor bräuchte. Die Folge dessen, wie dieser Lügendetektor heute geklingelt hät­te, wäre vielleicht, dass mehr Ehrlichkeit, mehr Mut, mehr Anstand auch in die Debatte hineinkommt, wie das auf der anderen Seite heute durch Ihre Präsentation nicht gege­ben war.

Eines möchte ich Ihnen heute schon in aller Schnelligkeit angesichts der verkürzten Zeit mit auf den Weg geben. Sie reden davon, dass keine Massensteuern eingeführt wurden. Das ist nachweislich falsch! Es gibt eine brutale Massensteuer, die zurzeit greift, und das ist die Inflation. Sie haben offiziell ausgewiesen 3 Prozent Inflation. Der Mini-Warenkorb weist offiziell 7 Prozent aus, und de facto sind es, wenn Sie die jüngsten Steigerungen im Lebensmittelbereich und im Energiebereich, vor allem im Benzin- und Dieselbereich, mit hereinrechnen, sicherlich über 10 Prozent. (Beifall bei der FPÖ.)

Auf der anderen Seite gibt es Lohnsteigerungen, die entweder gegen Null gehen oder 1 bis 1,5 Prozent ausmachen. Gleiches ist im Zinsbereich der Fall. Das heißt, dass je­der in diesem Staat 7 oder 8 Prozent weniger an Kaufkraft im Jahr zu verzeichnen hat. Das sind Massensteuern! Inflation ist die böseste Steuer, die es gibt, und genau die wird mit der Politik der Europäischen Union geradezu produziert. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir haben es Ihnen im Jahr 2008 gesagt, als die Europäische Zentralbank damit be­gonnen hat, den Fluch des billigen Geldes in Gang zu setzen, als gedruckt wurde, als ob es kein Morgen gäbe, dass all das, was hier gedruckt wird, irgendwann wieder ein­mal aus dem Geldkreislauf herauszuholen sein wird. Und genau das passiert jetzt.

Und es wird mehr und mehr gedruckt – allein in den vergangenen drei Monaten an die 1 000 Milliarden, eine Billion €, wo größtenteils die Europäische Zentralbank Schrottpa­piere der südeuropäischen Länder kauft, über den Sekundärmarkt, weil es sonst kei­nen Anbieter und keinen Abnehmer mehr dafür gibt – außer eben die Europäische Zen­tralbank. Und genau das muss herausgeholt werden.

Das heißt, die nächsten Jahre wird es, wenn wir Glück haben, nicht mehr eine Hyper­inflation geben, mit Sicherheit aber eine Inflation von 5, 7, 8 Prozent offiziell ausgewie­sen und real wahrscheinlich über die 10 Prozent. Andere Wege gibt es nicht mehr, die­ses Geld aus dem Kreislauf herauszuholen. Und das ist eine der brutalsten, übelsten Massensteuern, die es gibt (Beifall bei der FPÖ), die vom Mindestlohnbezieher über die Familien jeden in diesem Land trifft.

Daher – und auch das ist ein zentraler Punkt unserer Programmatik –: Jetzt die Not­bremse in dieser Politik des billigen Geldes in der Europäischen Union zu ziehen und endlich eine Trennung in Nord- und Süd-Euro vorzunehmen, das wäre ein Weg, wie in den stabilen Volkswirtschaften wieder tatsächliche Stabilität gewonnen werden kann. (Bei­fall bei der FPÖ.)

Das, was Sie jetzt gemacht haben, ist nichts anderes, als das nachgehüpft zu haben, was Ihnen Merkel und Sarkozy international vorgegeben haben. (Präsident Neuge­bauer gibt das Glockenzeichen.) Das ist kein Sparpaket, sondern ein Belastungspa­ket mit hoher Inflation.

Das ist unanständig, und dieses Land verdient eine neue, eine bessere Regierung als die Ihre, eine Regierung mit Mut, Anstand und Charakter. Diese Eigenschaften weisen Sie politisch nicht mehr auf. (Beifall bei der FPÖ.)

12.55


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Schwent­ner. – Bitte.

 


12.55.43

Abgeordnete Mag. Judith Schwentner (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Ja, heute ist der 101. Frauentag. Zum 101. Mal for-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 61

dern Frauen – aber nicht nur Frauen, Gott sei Dank gibt es in manchen Parteien auch Männer, die die Forderungen von Frauen unterstützen – die gleichen Rechte, den glei­chen Lohn; „Brot und Rosen“ wurde schon genannt. Es ist aber noch immer kein Fei­ertag, und ich glaube, dass wir heute das Stabilitätspaket, das Stabilitätsgesetz disku­tieren, ist auch bezeichnend dafür, wie Stabilität erzeugt werden könnte zwischen so­zialen Gruppierungen in Österreich, zwischen Männern und Frauen. Aber dieses Stabi­litätsgesetz gewährleistet das nicht.

Vielleicht ist das auf den ersten Blick nicht unbedingt ersichtlich, aber wir haben heute in der Früh im „Morgenjournal“ aufs Neue gehört, dass Armut in Österreich weiblich ist, dass aber Reichtum durchaus männlich konnotiert ist. Da muss man jetzt nicht Männer und Frauen gegeneinander ausspielen, aber es ist Faktum. Es sind Frauen in Öster­reich armutsgefährdet, und unter den Reichen in Österreich sind vor allem Männer ver­treten. Da für Ausgeglichenheit zu sorgen und ausgewogen zu agieren, das ist Ihnen lei­der nicht gelungen. (Beifall bei den Grünen.)

Ich komme aus der Steiermark, also einem Bundesland, das es jetzt schon getroffen hat, wo sogenannte Reformpartner und nicht Reformpartnerinnen aktiv sind und Spar­pakete schnüren und ein Konsolidierungspaket geschnürt haben, das sich gewaschen hat für die Frauen, nämlich in sämtlichen sozialen Bereichen, im Pflegebereich, in der Gesundheit, im Bildungsbereich. Es ist der Regress abgeschafft worden, das Kinder­gartengratisjahr ist abgeschafft worden, es ist im Pflegebereich um 25 Prozent gekürzt worden.

Das trifft alles Frauen, und ich befürchte, dass dieses Paket, das Sie uns heute über die Bundesländer vorlegen, massiv die Frauen treffen wird, weil das, was die sogenann­ten Reformpartner in der Steiermark vormachen, wird, so befürchte ich, auch in ande­ren Bundesländern so sein.

Frau Ministerin, ich fordere Sie auf, dass Sie da ganz genau hinschauen und dass Sie eine Ministerin sind, die nicht nur sagt: Dafür, was die Länder machen, bin ich nicht zu­ständig!, sondern dass man genau schaut, was sich über Umwege in den Bundeslän­dern abspielt. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

12.58


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Westentha­ler. – Bitte.

 


12.58.14

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Herr Präsident! Es lässt sich dieses Paket im Wesentlichen in zwei Gruppen, in zwei Zeitzonen einteilen: In das eine, was sofort passiert – das ist all das, was Leistungskür­zungen und Steuererhöhungen anbelangt; so viel zur sozialen Gerechtigkeit, Herr Cap! –, und in alles andere, was auf den Sankt Nimmerleinstag verschoben wird oder gar nicht kommt, wie Verkleinerung der Regierung um zwei Regierungsmitglieder nach der nächs­ten Wahl, auch eine Verwaltungsreform findet nicht statt.

Aber Lohnnebenkosten werden sofort erhöht, Pensionen werden sofort gesenkt, in die Bausparverträge wird sofort und unbefristet eingegriffen, während die Solidarbeiträge für Besserverdiener nur bis zum Jahr 2016 höher belastet werden. Das ist die soziale Schieflage dieses Paketes.

Und wenn die „Kronen Zeitung“ – sie ist heute schon öfter zitiert worden – heute titelt: „20 Prozent Minus bei Neuabschlüssen – Erster Schock für Bausparkassen“, muss man sagen: So ist es! Bereits die Neuabschlüsse brechen ein, bevor überhaupt dieses Paket noch beschlossen ist. Es wird ein Fiasko. Sie zerstören hier eine ganz beson­dere Art des Ansparens für 5 Millionen und mehr Menschen in diesem Land. Das wer-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 62

den Sie noch bereuen, davon bin ich überzeugt. Das werden Sie bereuen, und Sie soll­ten das zurücknehmen, weil es einfach nicht in Ordnung ist. Sie sollten das lassen! (Bei­fall beim BZÖ.)

Ein letzter Satz, weil ja die Zeit sehr, sehr kurz ist, zum Procedere, zur Parlaments­farce. Herr Klubobmann Cap, das ist eine Farce! Uns gestern und in den letzten Tagen auszurichten, es kann überhaupt nichts mehr geändert werden, kein Beistrich mehr kann geändert werden – und heute kommen Sie hier ins Parlament, und in wenigen Tagen soll das dann schnell durch den Ausschuss gepeitscht und dann gleich hier be­schlossen werden, das ist kein Parlamentarismus!

Ich verstehe den Bundespräsidenten, der gesagt hat: Obacht, Einhalt, ich unterzeichne das nicht, sondern ich brauche mehr Zeit, das muss kontrolliert werden!

Herr Bundespräsident, ich merke hier an  falls Sie in irgendeiner goldenen Ecke der Hofburg zuhören : Sie sollten die Unterschrift zu diesem Wahnsinn, der hier beschlos­sen werden soll, nicht verzögern, sondern Sie sollten sie unterlassen und das Paket nicht unterschreiben, dann würden Sie der Bevölkerung einen Dienst erweisen! (Beifall beim BZÖ.)

12.59


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Strutz. – Bitte.

 


13.00.27

Abgeordneter Dr. Martin Strutz (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Vertreter der Bundesregierung! Sie sprechen heute von einem Maßnahmenpaket, Sie sprechen von einem Stabilitätspaket. In Wirklichkeit ist es das größte Belastungspaket, das die Österreicherinnen und Österreicher in der Zweiten Republik zur Kenntnis neh­men müssen.

Aber schauen wir uns einmal konkret die Strukturmaßnahmen, die offenbar, wenn es nach dem Abgeordneten Stummvoll – jetzt ist er nicht da – geht, in der Bevölkerung so gut ankommen, an einem Beispiel an, nämlich an der geplanten Schließung der Be­zirksgerichte in Österreich. Er hätte nicht in seinem Wahlkreis die Rede halten sollen, er hätte in den Wahlkreis seines Sitznachbarn, des Justizsprechers der ÖVP, des Herrn Donnerbauer fahren sollen. Der Herr Donnerbauer protestiert gegen die Schließung der Bezirksgerichte, Frau Minister. (Der Redner hält einen Zeitungsartikel in die Höhe.) Hoffentlich haben Sie das mitbekommen! (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Donnerbauer sagt: „Die  gewünschte Schließung der Bezirksgerichte Hollabrunn wird von uns sicherlich nicht akzeptiert werden.“

Das ist die „gute Akzeptanz in der Bevölkerung“, geschätzte Kollegen von der ÖVP, von der der Herr Stummvoll gesprochen hat. (Abg. Dr. Stummvoll: Ja! Zwischenruf bei der FPÖ.)

Ich zitiere Donnerbauer weiter: „  kleine und mittlere Bezirksgerichte wie jenes in Hol­labrunn“ funktionieren „durch ihre motivierten Mitarbeiter und ihre überschaubare Grö­ße“, sie bringen „rasche und qualitativ hochstehende Leistungen.“

Jawohl, Herr Donnerbauer, weiter diskutieren! Herr Stummvoll, fahren Sie einmal zu Ih­ren eigenen Kollegen, dann werden Sie sehen, wie dieses Belastungspaket akzeptiert ist! (Beifall bei der FPÖ.)

Wir in Kärnten sind besonders betroffen von der Schließung der Bezirksgerichte. In Ös­terreich sollen mehr als die Hälfte der Bezirksgerichte geschlossen werden. Wir haben bereits im Jahr 1977 eine umfassende Reform geleistet und haben auf die Hälfte un­serer Standorte verzichtet. (Zwischenruf des Abg. Wöginger.) Jetzt wird plötzlich eine Reform umgesetzt, die doppelt so teuer sein wird, die mehr kosten wird, wenn wir bei-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 63

spielsweise das Bezirksgericht Ferlach in das Bezirksgericht Klagenfurt verlagern wer­den.

Die österreichische Justiz, Frau Minister – und das wissen Sie –, finanziert sich aus Ge­bühren zu mehr als 100 Prozent selbst. Dafür erwartet man in der Bevölkerung auch eine Leistung, und das kann sicherlich nicht heißen, zuzusperren und den Riegel vor­zumachen. (Beifall bei der FPÖ.) – Oder Sie senken die Gerichtsgebühren und ma­chen nicht eine Reform, die in Wirklichkeit mehr Belastungen bringt.

Neben der Schließung der Postämter, neben der Schließung der Polizeidienststellen, ne­ben der Schließung der Kasernen ist das ein weiterer Anschlag auf den ländlichen Raum, auf die ländliche Bevölkerung, den wir so nicht hinnehmen wollen. (Zwischen­bemerkung von Bundesminister Mag. Darabos.)

Der Herr Obernosterer aus dem oberen Lesachtal beispielsweise: wenn das Bezirksge­richt in Hermagor geschlossen wird, wird er zukünftig mehr als 100 Kilometer zum Ge­richt nach Villach fahren. Ja ich werde mir anschauen, wie sich der Kollege Obernoste­rer hier im Parlament verhalten und abstimmen wird.

Wir bringen deshalb heute auch einen Entschließungsantrag ein, wo wir um den Erhalt dieser Bezirksgerichte in Kärnten kämpfen, weil wir bereits 1977 eine Reduktion durch­geführt und unseren Beitrag für die Republik auch geleistet haben. (Abg. Petzner: Wo sollen wir denn einsparen? – Zwischenruf des Abg. Scheibner.) Wir wollen von der Justizministerin, dass sie diese geplante Schließung zurücknimmt, weil es einen An­schlag auf den ländlichen Raum und auf die ländliche Bevölkerung bedeutet. (Beifall bei der FPÖ.)

Da hier vom BZÖ-Kollegen Petzner ein Misstrauensantrag gegen die Justizministerin ein­gebracht worden ist, werden wir diesen aus diesem Grund auch mit unterstützen. (Bei­fall bei der FPÖ.)

13.04


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Kräuter. – Bitte.

 


13.04.49

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­deskanzler! Meine Damen und Herren! Also wenn man dem Herrn Strutz zuhört, braucht man auch gute Nerven, denn der Herr Strutz gehört ja zu der berühmt-berüchtigten „Buberl-Partie“, die diese Woche im „Report“ aufmarschiert ist. Und dass wir uns jetzt von Ihnen Belehrungen anhören müssen (Zwischenrufe bei BZÖ und SPÖ), wo diese Partie, zu der Sie gehören, so unermesslichen Schaden über die Republik Österreich ge­bracht hat, ist ein starkes Stück, Herr Strutz. Das möchte ich Ihnen schon sagen. (Bei­fall bei der SPÖ. – Abg. Kickl: Sie haben es notwendig!  Stifter Kräuter!)

Meine Damen und Herren, es ist eine EU-weite Krise, und selbstverständlich ist auch Österreich da mit betroffen. Wir sind ein kleines Industrieland inmitten Europas mit acht Millionen Einwohnern, und diese Krise trifft uns natürlich auch, wird aber auf vorbildli­che Art und Weise bewältigt. EU-weit muss da gegengesteuert werden, müssen die Bud­gets stabilisiert werden – selbstverständlich auch in Österreich. Das ist doch klar! Dass da Unerfreuliches dabei ist, Schmerzliches und Problematisches, ist natürlich ebenso klar.

Aber wie sind die Auswirkungen? Gibt es Streiks? Gibt es Demonstrationen? Müssen Massensteuern erhöht werden? Muss Staatsvermögen verschleudert werden, so wie wir es in der Vergangenheit erlebt haben, aber in Zeiten der Hochkonjunktur? – Es gibt keine Erhöhung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters und einen vollen Inflationsaus­gleich für die kleinen Pensionen.

Ich bin übrigens der Meinung, meine Damen und Herren, man sollte bei den Spitzen­pensionen etwas machen. Da kann man durchaus den Pensionssicherungsbeitrag er-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 64

höhen, von mir aus auch bis zu 10 Prozent. (Abg. Grosz: Zum Beispiel vom Parla­mentsdirektor! Zwischenruf bei der FPÖ.) Das gilt für Altpolitiker, das gilt für den ORF, wo es rechtlich möglich ist, das gilt für die Nationalbank. Also ich denke, da sollte man im Sinne der Gerechtigkeit durchaus dann eine Stützung der kleinen Pensionen mit die­sen Geldern zusätzlich vornehmen. Das wäre ein Beispiel für eine gerechte Einnahme, wie es so viele andere gibt. (Zwischenruf des Abg. Öllinger.)

Ich möchte das in drei Etappen teilen, Kollege Öllinger. Die erste Etappe war Loipers­dorf, die Bankenabgabe – ich erinnere mich gut, Herr Kollege Stummvoll, da haben Sie sich wirklich geirrt, Sie haben immer gesagt, das wird auf die Kunden umgewälzt, das ist eindeutig nicht der Fall –, die Stiftungsbesteuerung oder der Vermögenszuwachs bei Aktien. Also das ist schon ein wirklich sehr ordentliches Paket eins, eine erste Etap­pe Loipersdorf.

Und jetzt gibt es eine satte Immobilienbesteuerung, die die Häuslbauer nicht betrifft. Wir haben eine Solidarabgabe – und einen schönen Gruß auch an den Herrn Treichl, es tut wirklich gut, zu wissen, dass er netto monatlich jetzt rund 13 000 € mehr Steuern zahlen wird und so zu mehr sozialer Gerechtigkeit beiträgt – oder die Gruppenbesteue­rung für Konzerne. (Zwischenruf der Abg. Mag. Schatz.)

Es wird sehr viel diskutiert, teilweise auch gestritten, über das Prozentverhältnis zwi­schen Sparmaßnahmen – wo durchaus zum Beispiel auch Subventionskürzungen da­zugehören, die Mineralölsteuerprivilegien beispielsweise von bestimmten Gruppen – auf der einen Seite und gerechten Einnahmen auf der anderen Seite. (Zwischenruf des Abg. Hornek.)

Machen wir es uns ganz einfach, stützen wir uns da auf die Wissenschaft. Das Wirt­schaftsforschungsinstitut, die Frau Margit Schratzenstaller, durchaus anerkannte Ex­pertin in diesem Bereich, hat das ja wissenschaftlich untersucht und ist zu dem Ergeb­nis gekommen, dass bei Etappe eins und Etappe zwei Sparmaßnahmen 59 Prozent ausmachen und gerechte Einnahmen 41 Prozent. Das verschiebt sich übrigens in der Tendenz noch etwas, da ja die Bankensteuer ebenso erhöht worden ist.

Schauen Sie, mein Wunsch war eigentlich ein Verhältnis von 50 : 50. Das ist noch nicht erfüllt, aber wir werden das erreichen. Es fehlt ja eine dritte Etappe: Millionäre, große Besitztümer, große Vermögen. (Abg. Grosz: Regierungsräte! Oberregierungsrä­te! Diplomatenpassinhaber!) – Ja, ja, die tragen schon bei inzwischen, durch die Im­mobiliensteuer, durch die Solidarabgabe, durch eine Verbesserung, was die Stiftungen betrifft, aber trotzdem fehlt da die dritte Etappe.

Wenn wir uns die Statistik der Frau Finanzministerin anschauen, wie sich die Steuer­einnahmen eigentlich entwickeln, sehen wir Folgendes: 2007 bis 2011, Mehrwertsteuer plus 2,6 Milliarden, Lohnsteuer plus 1,2 Milliarden, Einkommensteuer minus 160 Millio­nen, Körperschaftsteuer minus 460 Millionen.

Also da ist eine Schräglage, ein Trend der Ungleichgewichte verstärkt. Und ich kann durchaus verstehen, wenn der Linzer Ökonom Professor Friedrich Schneider sagt, das ist nicht in Ordnung. Er gebraucht starke Worte, er sagt sogar, das ist verrückt, wir brau­chen eine stärkere Finanzpolizei. Es geht um die Großbetriebsprüfungen, und ein Prü­fer, der zusätzlich tätig ist, bringt zwischen 500 000 € und 1 Million € pro Jahr und kos­tet selbstverständlich nur einen Bruchteil davon.

Also das müssen wir weiter diskutieren. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass wir bei Großbetriebsprüfungen stärker etwas machen.

Na, die dritte Etappe wird dann eben eine Erbschafts- und Schenkungssteuer sein. Ich bin ja dafür, dass man bei 500 000 € beginnt, also da sind nicht die kleinen Erbschaf­ten gemeint, und eine Vermögenssteuer für Vermögen jenseits 1 Million € schafft. Das


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 65

trifft dann nicht die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer oder die Pensionisten, son­dern die, die sich das wirklich leisten können.

Die Zielsetzung der Sozialdemokratie, meine Damen und Herren, ist klar: Eine gerech­te Verteilung von Staatsvermögen und damit auch ein Gegenpol zur korrupten Vertei­lung von Staatsvermögen, wie wir es ja haben beobachten können. Und wenn da vom BZÖ, von der FPÖ so große Töne gespuckt werden: Mein Gott, beim BZÖ die Hypo-Korruptionsaffäre, oder Telekom! (Abg. Grosz: Der Herr Gartlehner sagt das und der Herr Jarolim und der Herr Gusenbauer! Zwischenruf des Abg. Kickl.) Sie haben sich ja den ganzen Wahlkampf mit 1,2 Millionen finanzieren lassen; oder die FPÖ, die schon genannte Buberl-Partie, meine Damen und Herren, die ja da aufmarschiert ist im „Report“, wie sie alle heißen, eine Korruptionslawine ist da losgetreten worden, Stich­wort „Eurofighter“ beispielsweise.

Es ist ja klar, dass von EADS über die Firma Rumpold zur FPÖ mehr als 700 000 € ge­flossen sind, das sind ja mehr als 10 Millionen Schilling. Und Herr Strache – er ist schon wieder nicht da, jedes Mal, wenn ich mich mit ihm unterhalten will, da schlottern ihm offenbar die Knie, da ist er dann immer weg , Sie sind nämlich erwischt. (Abg. Kickl: Das sagen Sie auch nur da draußen!) Er war in diesem Zeitraum ja stellvertre­tender FPÖ-Parteivorsitzender und hat zugleich zwei Firmen mit dem Herrn Rumpold unterhalten. Und da hat er nie etwas gewusst davon? Ja wer glaubt denn so etwas?!

Diese Reinkarnationstheorie des Herrn Strache, dass er 2005 wiedergeboren wurde, eine Seelenwanderung sozusagen  also mit Ehrlichkeit, Charakter, Verantwortung hat das überhaupt nichts zu tun. Da ist der Herr Strache längst überführt, das nimmt ihm kein Mensch mehr ab.  Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPÖ. Abg. Grosz: Wir hät­ten gerne noch etwas zu den Diplomatenpässen gehört!)

13.11


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Steinhau­ser. – Bitte.

 


13.11.51

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Justizministerin, was haben Sie sich dabei gedacht, als Sie die Än­derungen im Zusammenhang mit dem Redaktionsgeheimnis und der Anwaltsverschwie­genheit am Begutachtungsverfahren vorbei ins Gesetz geschwindelt haben? Allein das rechtfertigt jedes Misstrauen, sage ich Ihnen (Beifall bei Grünen und BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ), denn wenn Sie schon in diesem sensiblen Bereich etwas än­dern wollen, dann stellen Sie sich der Debatte und geben Sie den KritikerInnen die Mög­lichkeit, ihre Kritik auch zu formulieren! Allein, dass Sie die Problematik nicht erkennen, die Sensibilität nicht haben, allein das zeigt, dass Sie als Justizministerin nicht qualifi­ziert sind! (Beifall bei Grünen und BZÖ.)

Sie haben sich ja jetzt zu Wort gemeldet. Erklären Sie uns eines: Warum sind diese heik­len Punkte, die das Redaktionsgeheimnis und die Verschwiegenheit der Rechtsanwäl­tinnen und Rechtsanwälte betreffen, nicht bereits im Begutachtungsverfahren gestan­den? Was hat Sie gehindert? Warum ist das jetzt plötzlich in die Regierungsvorlage hi­neingekommen?

Ich teile aber auch die inhaltlichen Bedenken, und Sie stellen sich immer hin und sa­gen: Es ändert sich nichts! Ich gebe Ihnen ein einfaches Beispiel: Gegen einen Jour­nalisten wird beispielsweise wegen einer Versicherungssache ermittelt. Es gibt eine Hausdurchsuchung, es werden Unterlagen beschlagnahmt, und es werden auch Unter­lagen beschlagnahmt, die nichts mit der Versicherungssache zu tun haben, sondern die die journalistische Tätigkeit betreffen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 66

Früher hätte der Journalist Einspruchsrechte geltend machen können. Die schaffen Sie jetzt ab. Die Staatsanwaltschaft kann in diese sensiblen Redaktionsunterlagen Ein­schau nehmen, Informanten werden enttarnt, und wenn man Pech hat und diese Infor­manten vielleicht gegen die Amtsverschwiegenheit verstoßen haben, haben sie ein Straf­verfahren am Hals und der Journalist, wenn er Pech hat, gilt noch als Bestimmungstä­ter, als Anstifter. Und Sie sagen: Es ändert sich nichts! – Das ist unglaublich!

Meine Damen und Herren, aber bei unserer Justizministerin gilt ja das Gesetz der Se­rie. Es folgt auf jede Panne zielsicher eine Pleite. Das ist ja nicht alles. Es hat mit der Diversion begonnen  Diversion, für alle, die das im Detail nicht kennen, heißt Geld­buße statt Strafe –, nämlich mit der Überlegung, die Diversion für schwere Wirtschafts­kriminalfälle einzuführen. Das ist das völlig falsche Signal gewesen, zumal Sie das im Sparpaket verpackt haben.

Was war denn das Signal?  Das Signal war: Weil wir sparen müssen, weil die Staats­anwaltschaft zu wenig Ressourcen hat, sollen in Zukunft, weil wir nicht mehr in allen Fällen ermitteln können, bestimmte Straftäter freigehen können. – Das ist nicht das Signal, das wir im Moment brauchen! Und auch das zeigt, dass Sie als Justizministerin kein Gespür haben.

Der dritte Punkt ist das Korruptionsstrafrecht. Monatelang haben Sie nichts getan. Dann ist der Druck aufgrund des Untersuchungsausschusses so groß geworden, dass Sie was haben tun müssen. Was war dann?  Sie waren zu feig, etwas zu tun und haben keine Regierungsvorlage vorgelegt, sondern haben gesagt: Ich werde Unterlagen er­stellen, und die werde ich ans Parlament schicken. (Zwischenruf des Abg. Grosz.)

Okay, eine feige Vorgangsweise, aber es soll so sein. Dann haben Sie gesagt: Ich ha­be es ans Parlament geschickt! – Und wer hat nichts bekommen?  Die Oppositions­parteien!

Ich halte fest: Das Parlament besteht offensichtlich für Sie aus zwei Parteien, aus SPÖ und ÖVP. Und eine Justizministerin, die glaubt, dass das Parlament aus zwei Parteien besteht, und die glaubt, dass das Justizministerium eine Servicestelle der Parlaments­fraktionen von SPÖ und ÖVP ist, die hat unser Misstrauen verdient, und daher werden wir diesem Antrag heute zustimmen. (Beifall bei Grünen und BZÖ sowie bei Abgeord­neten der FPÖ.)

Überdenken Sie Ihre Arbeit! Das, was Sie im Moment an den Tag legen – ich sage es Ihnen ganz ehrlich –, ist Bandion-Ortner-verdächtig.  Danke schön. (Beifall bei den Grü­nen. Abg. Grosz: Das hat sich aber die Bandion nicht verdient!)

13.15


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt nun Frau Bundesministerin Dr. Karl. – Bitte.

 


13.15.50

Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Herr Abgeordneter Grosz hat in Bezug auf die Ausweitung der Diversion angemerkt, dass diese Maßnahme an der Kritik der Op­positionsparteien gescheitert sei. – Herr Abgeordneter Grosz, ich kann Ihnen nur sa­gen: Da überschätzen Sie sich wirklich! (Beifall bei der ÖVP. Uah-Rufe des Abg. Grosz.)

Das ist keineswegs aufgrund Ihrer Kritik passiert, sondern ich habe  wahrscheinlich im Gegensatz zu Ihnen  die Stellungnahmen sehr genau durchgelesen, und da wurde zum Beispiel in einigen Stellungnahmen gelobt, dass wir die Diversion ausweiten wol­len, aber es wurde auch gesagt, es sei zu eng, dass wir die Diversion nur für Korrup­tions-, Amtsdelikte und Wirtschaftsdelikte ausdehnen wollen. (Abg. Grosz: Vom Herrn


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 67

Strasser war das, im Begutachtungs, in der Stellungnahme! Der Herr Strasser ist aber keine begutachtende Stelle!)

Wir sollen das breiter betrachten. Diese Anregung greife ich gerne auf. Wir werden uns das Thema „Ausweitung der Diversion“ daher in einer Arbeitsgruppe breiter und genau ansehen und werden diskutieren, ob es sinnvoll ist, die Diversion auf weitere Delikte aus­zuweiten.

Warum habe ich an diese Maßnahme gedacht?  Es hat der Herr Abgeordnete Don­nerbauer darauf hingewiesen, dass ich meine Pflichten als Regierungsmitglied ernst nehme, und ich sehe es als meine Verpflichtung als Justizministerin an, dafür zu sor­gen, dass sich die Staatsanwälte und Staatsanwältinnen im Bereich der Korruption auch wirklich den großen Fischen widmen können. Und wenn Sie wüssten, wie die Arbeit der Staatsanwälte aussieht  (Abg. Grosz: Ich hab gedacht, das sind die Hendldiebe auf den Cayman-Islands!) Macht der Korruption, der Hendldieb? Das sollten Sie eigent­lich wissen, aber Sie wissen scheinbar ja leider gar nicht, worin die Arbeit der Staats­anwaltschaft besteht. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Da geht es nicht nur um die großen Fälle. Schauen Sie sich einmal an, was die Wirt­schafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft für Fälle zu erledigen hat! Da geht es ja auch um kleine Amtsdelikte, und mit kleinen Amtsdelikten meine ich zum Beispiel auch einen Fall, wo eine 16-jährige Vertragsbedienstete im Melderegister die Adresse ihres Ex-Freundes raussucht. Ja, muss da lang ermittelt werden? (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Das Beispiel haben Sie schon einmal gebracht, das ist fad! Zwischenruf des Abg. Kickl.)

Ich sage Ihnen eines: Professor Sickinger ist sicher niemand, der Korruption kleinredet. Professor Sickinger hat sich alle Amtsdelikte der letzten Jahre angesehen, und zu wel­chem Ergebnis ist er gekommen? (Abg. Mag. Steinhauser: Ihr Vorschlag war nur wei­ter gehend!)  Bei einem Drittel können wir quasi ungeschaut die Diversion durchfüh­ren, weil das minder schwere Fälle sind. Beim zweiten Drittel müssen wir näher hin­schauen. Beim dritten Drittel geht die Diversion nicht. (Abg. Grosz: Verteidigen Sie es ruhig! Machen Sie ruhig weiter!)

Worauf will ich hinaus?  Ich sehe es als meine Verpflichtung an, die Staatsanwälte und Staatsanwältinnen von diesen minder schweren Fällen zu entlasten, damit sie sich den großen Fällen widmen können, genau den Fällen, von denen Sie sprechen, denen sollen sich die Staatsanwälte besser widmen können, damit diese Fälle rascher abge­schlossen werden können. (Zwischenruf bei der FPÖ.)

Das ist mir ein Anliegen, und dieses Anliegen werde ich auch weiterverfolgen. Aber an­scheinend ist es Ihnen nicht recht, dass ich dafür sorge, dass wir bei großen Fische ein schnelleres Verfahren bekommen und dass schneller Anklage erhoben und ein Urteil gefällt wird. Ich weiß ja nicht, was Sie dagegen haben. (Beifall bei der ÖVP. Abg. Grosz: Leiden Sie unter Realitätsverlust? Das ist behandelbar!) – Herr Abgeordneter Grosz, ich weiß nicht, was bei Ihnen behandelbar ist, aber lassen Sie mich einfach ausreden, ich habe Sie auch ausreden lassen! (Abg. Mag. Wurm: Und das zum Frau­entag!  Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ. – Gegenruf des Abg. Grosz.)

Jetzt zum Nächsten: Wenn Sie mir betreffend die aktuellen Änderungen in der Straf­prozessordnung sagen, das sei am Koalitionspartner vorbei, wenn der Herr Abgeord­nete Steinhauser sagt, das sei am Begutachtungsverfahren vorbei ... (Abg. Grosz: Der Herr Jarolim sagte das! Zwischenruf bei den Grünen.Lassen Sie mich erklären, wie das Procedere abgelaufen ist! Ich glaube, ich weiß das besser als Sie. (Beifall bei der ÖVP.)

Es war Folgendes: Es gab ein Begutachtungsverfahren, Herr Abgeordneter Steinhau­ser, dort gingen natürlich Stellungnahmen ein, wie es halt so ist bei einem Begutach-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 68

tungsverfahren. Gerade deshalb machen wir es ja, denn welchen Sinn hat denn ein Begutachtungsverfahren, wenn es keine Stellungnahmen gibt? (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ich nehme die Stellungnahmen ernst. (Abg. Grosz: Und wer wollte das?)

Es ist von Gerichtsseite gekommen. (Zwischenruf der Abg. Mag. Korun.  Abg. Grosz: Und wer wollte das?) Ja, haben Sie die Stellungnahmen nicht gelesen? Bitte, Sie sind der Justizsprecher des BZÖ, regen sich über eine Maßnahme auf und lesen nicht einmal die Stellungnahmen zum Begutachtungsentwurf?!  Also ich muss schon sa­gen! (Beifall bei der ÖVP. Abg. Kopf: Er redet über etwas, das er nicht versteht!)

Bitte: Bevor Sie mich anschütten, nehmen Sie Ihre Aufgaben als Justizsprecher ernst! (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP.) Auf jeden Fall habe ich die Stellungnahme eingear­beitet, und die Stellungnahme kam von Gerichtsseite. Da wurde empfohlen, dass wir den § 112 StPO in eine andere Richtung regeln sollen, als wir das vorgesehen haben. (Abg. Mag. Stefan: Ist das üblich, dass man ...?)

Wir haben die Stellungnahme eingearbeitet und sind mit dieser Regierungsvorlage in die Verhandlungen mit dem Koalitionspartner gegangen. Das war auch im Ministerrat. Es wurde im Ministerrat am 28. Februar in dieser Fassung beschlossen (Abg. Grosz: Noch schlimmer!), und ich gehe davon aus, Herr Abgeordneter Grosz, dass Sie wis­sen, dass im Ministerrat auch SPÖ-Regierungsmitglieder sitzen. Die haben da mitge­stimmt, es war also nicht am Koalitionspartner vorbei. Wir haben sogar eine Protokoll­anmerkung vereinbart. In der Protokollanmerkung wurde festgehalten, dass wir zu die­ser Materie noch weitere Gespräche führen werden, auch mit den Parlamentsfrak­tionen, und wie Sie ja wissen, habe ich für nächsten Montag zu einem Gespräch mit al­len fünf Parlamentsfraktionen eingeladen, und wie Sie wissen, ist am Dienstag auch der Justizausschuss, wo genau dieser Punkt auch auf der Tagesordnung steht und wo wir ausreichend Zeit haben werden, darüber zu diskutieren. Also ich verstehe Ihre Auf­regung da wirklich nicht.

Dann haben Sie einen uncharmanten und einen charmanten Vorwurf an mich ge­richtet. Ich meine, den kann ich an Sie zurückgeben: Entweder Sie sind nicht in der La­ge, Gesetzestexte zu verstehen, oder Sie machen das mit Vorsatz, und zwar mit Vor­satz im Sinne eines blanken Populismus. (Abg. Dr. Kräuter: Eher Letzteres!) Wie ge­sagt, er hat mir auch zwei Vorwürfe zur Wahl gestellt, ich stelle ihm auch gerne zwei Vorwürfe zur Wahl. Er kann sich aussuchen, welcher stimmt. (Beifall bei der ÖVP.)

Sie werfen mir vor, ich breche das Vertrauen der Bevölkerung in die Justiz, aber ge­rade mit dieser Art von Populismus brechen Sie das Vertrauen der Bevölkerung in die Justiz! Und das hat unsere Justiz wirklich nicht verdient. (Beifall bei der ÖVP.)

Nun zum Inhaltlichen. Auch wenn die Änderung der Strafprozessordnung kompliziert ist, versuche ich trotzdem, es zu erklären. Da geht es nicht, wie Sie es angesprochen ha­ben, um die Hausdurchsuchung. Es bleibt völlig unverändert, dass bei Geheimnisträ­gern eine Hausdurchsuchung natürlich nur nach richterlicher Bewilligung stattfinden darf. Das ist völlig unverändert. (Zwischenruf des Abg. Grosz.) Wir haben von der Hausdurchsuchung gesprochen. Das möchte ich hier wirklich klarstellen: Die Haus­durchsuchung findet natürlich weiterhin nur nach richterlicher Bewilligung statt. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn nun Widerspruch gegen die Sichtung der Unterlagen, die sichergestellt worden sind, erhoben wird, dann gilt im Moment Folgendes: Wenn ein Widerspruch gegen die Sichtung der sichergestellten Unterlagen erhoben wird, dann ist es derzeit so, dass ein Haft- und Rechtsschutzrichter die Sichtung vornimmt unter Anwesenheit des Staatsan­waltes und des Betroffenen. Das heißt, der Staatsanwalt und der Betroffene sind dabei.

Künftig wollen wir das so regeln, dass eine Erstsichtung durch den Staatsanwalt und den Betroffenen stattfindet, wobei sie die Möglichkeit haben, sich zu einigen. (Abg.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 69

Grosz: Ohne Richter!) Bis dahin – das muss man auch dazusagen; das habe ich jetzt zu erwähnen vergessen – ist das Material getrennt vom Akt aufzubewahren, und zwar an einem sicheren Ort. Den Staatsanwälten zu unterstellen, dass die da dauernd rechts­widrig reinschauen, das ist überzogen. (Abg. Grosz: Werden die Strasser-Akten auch sicher aufbewahrt!)

Lassen Sie mich weiter fortsetzen! – Es schaut dann künftig so aus, dass die Staats­anwaltschaft mit dem Betroffenen eine Einigung darüber erzielen kann, welche Unter­lagen, die sichergestellt worden sind, verwertet werden dürfen und welche Unterlagen, die sichergestellt worden sind, nicht verwertet werden dürfen. (Abg. Mag. Stefan: Das ist doch in den Medien, bevor es der Staatsanwalt sieht!)

Wenn sich nun Staatsanwalt und Betroffener darauf einigen, dann kann der Betroffene viel rascher, als es jetzt möglich ist, die Unterlagen, die nicht benötigt werden, mit nach Hause nehmen. Das ist die Überlegung dahinter. Wir wollen, dass der Betroffene seine Unterlagen, wenn eben eine Einigung mit dem Staatsanwalt erzielt wurde, rasch wie­der mit nach Hause nehmen kann.

Wenn es nicht zu dieser Einigung kommt, dann ist weiterhin der Richter am Zug, dann hat der Richter darüber zu entscheiden. Wenn der Betroffene mit der Entscheidung des Richters nicht zufrieden ist, dann gibt es die Beschwerdemöglichkeit bei einem Richter­senat. Sie sehen also, wir haben einen Rechtsschutz eingezogen. Es besteht ein Rechts­schutz.

Und da immer die Vermutung im Raum steht, dass der Staatsanwalt da in Unterlagen reinschaut, in die er gar nicht reinschauen dürfte: Bitte, da unterstellen wir den Staats­anwälten rechtswidriges Handeln (Abg. Grosz: Das passiert ja nie! Die Staatsanwälte sind über jeden Verdacht erhaben!), Sie verstoßen ja gegen die Verschwiegenheits­pflicht! Und wenn sie da reinschauen und wenn sie die Unterlagen, die sie nicht ver­werten dürfen, verwenden, dann ist das mit Nichtigkeit bedroht. Also da den Staatsan­wälten dauernd rechtswidriges Handeln zu unterstellen, halte ich wirklich für vermes­sen. (Beifall bei der ÖVP.)

Sie sehen, das ist der Hintergrund für diese Maßnahme. Uns geht es, ganz im Gegen­teil zu dem, was Sie gesagt haben, Herr Abgeordneter Grosz, nicht um eine Locke­rung des Berufsgeheimnisses. Das Redaktionsgeheimnis und sonstige Berufsgeheim­nisse sollen weder gelockert werden noch aufgeweicht werden. Es geht ganz im Ge­genteil darum (Zwischenruf des Abg. Kickl) – darauf komme ich gleich –, dass das Be­rufsgeheimnis sogar doppelt abgesichert werden soll und dadurch gestärkt werden soll.

Zur Situation des Beschuldigten – das haben Sie angesprochen, Herr Abgeordneter Steinhauser –: Sie haben gefragt: Was geschieht, wenn ein Journalist Beschuldigter ist? – Da muss ich wieder zur Hausdurchsuchung zurückkommen. Da ist es ja so, dass bereits bei der richterlichen Bewilligung der Hausdurchsuchung ein strengerer Maßstab anzulegen ist. Da darf die richterliche Bewilligung der Hausdurchsuchung nur dann er­teilt werden, wenn ein dringender Tatverdacht besteht, und da muss schon mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit feststehen, dass das der Täter ist. Das heißt, wir haben hier schon eine höhere Schwelle eingezogen. Das ist einmal zu beachten.

Gerade was das Redaktionsgeheimnis betrifft, hat ja der Oberste Gerichtshof ein sehr richtungweisendes Urteil gefällt, wie Sie wissen, und nach diesem richtungweisenden Urteil ist es gerade beim Redaktionsgeheimnis wirklich kaum mehr möglich, Haus­durchsuchungen durchzuführen.

Aber wenn es hier noch Bedenken betreffend die Beschuldigten gibt, kann man diese gerne in der Diskussion am Montag oder auch im Justizausschuss am Dienstag aus­räumen. Darüber können wir gerne diskutieren.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 70

Ich wollte Ihnen hier nur aufzeigen, dass es wirklich nicht um ein Aufweichen des Re­daktionsgeheimnisses und des sonstigen Berufsschutzes geht, sondern um eine Stär­kung. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

13.26


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Tamandl. – Bitte.

 


13.26.33

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werter Herr Bun­deskanzler! Herr Vizekanzler! Werte Regierungsmitglieder! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte nach den kompetenten Ausführungen der Frau Justizministerin, die hoffentlich jetzt auch den Herrn Kollegen Grosz wieder ein bisschen heruntergebracht haben von seinem hohen Blutdruck, den er offenbar heute hat, wieder zum Thema des heutigen Tages zurückkehren. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Grosz: Ich habe kein Blut­druckproblem!) Ich möchte mich bei der Gelegenheit auf ein paar Punkte beziehen, die seitens des Kollegen Krainer, aber auch des Kollegen Kräuter vorhin angesprochen wor­den sind.

Herr Kollege Kräuter hat aufgezählt, in welcher Höhe die Umsatzsteuer gestiegen ist, die Lohnsteuer gestiegen ist, die Körperschaftsteuer zurückgegangen ist. Ja, Herr Kol­lege Kräuter – ich sehe ihn jetzt zwar nicht –, es ist erfreulich, dass die Lohnsteuer steigt. Daran merken wir wenigstens, dass viele Menschen in Beschäftigung sind. Viel­leicht ist es Ihnen aufgefallen, dass wir im Jahr 2009 bei der Steuerreform die Lohn­steuern gesenkt und nicht erhöht haben, und deshalb ist es gut, wenn wir mehr Ein­nahmen aus dieser Steuer bekommen.

Das gilt auch bei der Umsatzsteuer. Wenn die Umsatzsteuer steigt und wir davon spre­chen, dass wir um 1,5 oder 2 Milliarden € mehr an Umsatzsteuer lukrieren können, dann heißt das ja nur, dass wir die richtige Politik machen und den Leuten die Kaufkraft lassen.

Bei der Einkommensteuer – Sie haben es angesprochen, dass wir hier einen Rück­gang haben – sollten Sie sich auch einmal darüber informieren, dass die Leute, die sich jetzt über eine Arbeitnehmerveranlagung die Steuern vom Finanzamt zurückholen, auch eine Einkommensteuerveranlagung bekommen, was dann von der Einkommen­steuer abgezogen wird und deshalb auch weniger veranlagt wird. Ich glaube, dass man, wenn man sich während der Fernsehübertragung hierherstellt, den Leuten die Wahr­heit sagen, aber sie nicht verunsichern sollte.

Zum Herrn Kollege Krainer, der in Permanenz nach einer Vermögensteuer ruft: Ja, es ist richtig, wir haben kein Vermögensteuergesetz in Österreich, ja, es ist richtig, es gibt keine Erbschafts- und Schenkungssteuer mehr in einem Gesetz verpackt, aber eines muss man schon sagen: Wir haben voriges Jahr nach dem Loipersdorf-Paket vermö­gensbezogene Steuern eingeführt, die auch nicht jedem besonders gefallen, nämlich bei Gewinnen von Aktien und Wertpapieren. Wir haben jetzt bei Verkäufen von Immo­bilien, bei Verkäufen von Grundstücken und bei Umwidmungen zu dem Zeitpunkt, wo sie veräußert werden und das Geld dann bei demjenigen auch wirklich im Börsel ist, ei­ne Steuer eingeführt. Und ich glaube, das ist der richtige Ansatz.

Ich möchte aber heute die Gelegenheit nutzen – auch wenn die Zeit durchaus knapp bemessen ist –, mich bei allen Interessengruppen zu bedanken, mich bei den Pensio­nistinnen und Pensionisten zu bedanken, die diese Einsparungsmaßnahmen durchaus mittragen. Ich möchte mich bei allen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bedanken, die fleißig in diesem Land arbeiten, ebenso bei den Unternehmerinnen und Unterneh­mern, die nach wie vor nicht müde werden, Arbeitsplätze in diesem Land zu schaffen und für Wirtschaftswachstum zu sorgen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 71

Nicht zuletzt aber bedanke ich mich auch bei den Bäuerinnen und Bauern. Es wird immer wieder von den Privilegien der Bauern et cetera gesprochen. Da bin ich jetzt eine Unverdächtige und keine Bauernvertreterin, aber als Konsumentenschutzspreche­rin der ÖVP möchte ich sagen: Wenn wir die Bäuerinnen und Bauern nicht hätten in Österreich, dann hätten wir keine gesunden Lebensmittel! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich glaube nicht, dass wir der Bevölkerung heute sagen könnten, wir importieren halt ir­gendwas, nur dass es billig ist, und dafür bringen wir die Bauern um. Ich glaube auch nicht, dass das in unser aller Sinne ist.

Letztendlich möchte ich mich bedanken bei den vielen Beschäftigten im öffentlichen Dienst, bei den Kolleginnen und Kollegen, die serviceorientiert an die Sache herangehen.

Noch einmal zum Herrn Kollegen Kräuter: Es gibt so viele Betriebsprüfungen wie nie zuvor, und die Betriebsprüfer sind immer mit neuen Gesetzesvorlagen konfrontiert, so auch jetzt mit den Neuerungen im Finanzstrafgesetz. Ich kann Ihnen sagen, erkundi­gen Sie sich einmal bei der Wirtschaft! Die Prüfer in den Wirtschaftsprüfungskanzleien und in den Wirtschaftstreuhänderkanzleien geben sich die Tür in die Hand. Hier zu sagen, das ist zu wenig, das ist einfach nicht richtig. (Abg. Dr. Kräuter: Nein, nein, so habe ich das nicht gesagt!) Da sollten Sie sich erkundigen, Herr Kräuter. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Kräuter: Ich schicke Ihnen das!)

13.30


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dolinschek. – Bitte.

 


13.30.46

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Wer-
te Mitglieder der Bundesregierung! Sehr geehrte Damen und Herren! Ein Stabilitäts­pakt, so wie es jetzt genannt wird, der eigentlich ein Belastungspaket und ein Sparpa­ket ist und ursprünglich eine Schuldenbremse hätte sein sollen – das ist ganz einfach verunglückt und widersprüchlich.

Frau Justizministerin, das ist gleich wie in Ihrem Ressort. Ich hoffe, Sie kennen sich selbst aus bei dem, was Sie jetzt vorgetragen haben, denn Sie haben hier mit der Tak­tik der Verwirrung gearbeitet.

Genauso ist es auch widersprüchlich bei Eingriffen in bestehende Verträge. Bei der Bausparprämie, bei der Zukunftsvorsorge, überall wird um die Hälfte gekürzt. (Abg. Neubauer: So ist es!) Die Leute gehen doch davon aus, wenn sie einen Vertrag unter­schreiben, dass der auch bis zum Schluss hält. Jetzt kann man natürlich sagen, da steht doch kein fixer Betrag, den kann man ruhig ändern. Aber wie ist es dann bei den Pensionsprivilegien, bei den Sonderpensionsrechten bei den Altpolitikern, bei den ho­hen Beamten? (Beifall beim BZÖ.)

Wir wissen, bei denen, die eine höhere Pension haben als die höchste ASVG-Pension von ungefähr 2 900 € brutto, bei den ÖBB oder der Nationalbank, da sagt man bei den Pensionen, in bestehende Verträge kann man nicht eingreifen. Natürlich kann man! Mit einer Zweidrittelmehrheit kann man alles machen, nur das Vertrauen ist dann halt nicht mehr da. Aber das Vertrauen ist jetzt auch bei der Zukunftsvorsorge nicht mehr da, und das Vertrauen ist auch bei den Pensionskassen nicht mehr da. Dort werden Sie Ihren nächsten Schiffbruch erleiden. Dort geht ja die Dimension der erwarteten Einnahmen so weit auseinander, nämlich von 50 Millionen bis auf 900 Millionen. Wer soll denn auf diese Dinge einsteigen, die Sie hier vorhaben?

Es ist auch überhaupt keine Spur von Harmonisierung der Pensionssysteme. Davon ist weit und breite keine Spur. Die Beamten gehen in den Ruhestand – sie können auch durch Leiharbeiter ersetzt werden –, und sie können im Ruhestand unbegrenzt dazu verdienen. Ein ASVG-Versicherter hat die Ruhensbestimmungen und kann nur bis zur Geringfügigkeitsgrenze dazu verdienen. Das sind die Ungleichbehandlungen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 72

Jetzt reparieren Sie die Hacklerregelung. Ab 2014 muss der Beamte 42 Beitragsjahre statt bisher 40 leisten, wer im ASVG-System versichert ist, der muss 45 Jahre leisten; beides ab dem 62. Lebensjahr. Der Unterschied ist auch noch der, dass bei einem Beamten die Versicherungszeit gleich Beitragszeit ist, bei einem ASVG-Versicherten nicht. Wenn der ein Jahr im Krankenstand ist, dann ist es Ersatzzeit. Das ist nicht das­selbe. Das eine und das andere, das ist nicht das Gleiche.

Diese Ungleichbehandlung wird fortgeschrieben mit diesem „Stabilitätspakt“, wie Sie es nennen; Schuldenbremse ist es ja keine geworden.

Bei den arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen ist es ebenfalls so. Statt einer Invaliditäts­pension unter 50, die jetzt abgeschafft wird ... (Abg. Kopf: Wirfst du uns jetzt vor, dass keine Schuldenbremse gekommen ist?) Ja, es kommt ja keine. (Abg. Kopf: Da hat es keine Mehrheit gegeben!) Wie wollt ihr eine Mehrheit erhalten? Ihr macht ja nichts bei der Schuldenbremse. Einnahmenseitig erhöht ihr alles, aber von einer Verwaltungsre­form oder von einer Bundesstaatsreform ist keine Spur. (Beifall beim BZÖ.) Das ist ja mit der ÖVP sowieso nicht machbar.

Jetzt geht man her und schafft bei den Invaliditätspensionen für Menschen unter 50 ein Rehabilitationsgeld. Das Einzige, was dabei herauskommt, ist, dass die Statistik ge­schönt wird bei den Pensionen, denn die wird gleich einmal ansteigen, das ist keine Frage, aber bezahlen tut es der Sozialversicherungsbeitragszahler. Der zahlt nämlich in die Arbeitslosenversicherung genauso ein wie in die Pensionsversicherung. Gezahlt wer­den soll das Rehabilitationsgeld in Zukunft vom AMS. Das ist nur ein anderes Mascherl, und die Statistik wird dadurch verfälscht. Das ist alles, was in diesem Bereich gesche­hen wird.

Bei der Auflösungsabgabe bei der Beendigung von Dienstverhältnissen rudern Sie jetzt schön langsam zurück, weil Sie draufgekommen sind, dass es viele Ferialpraktikanten gibt und viele befristete Dienstverhältnisse. Jetzt wollen Sie das wieder herausnehmen. Ich bin schon neugierig, was aus dem ganzen Desaster überhaupt noch wird und was dabei herauskommt. Schauen wir uns das einmal in den Ausschüssen an!

Von einer Transparenzdatenbank ist weit und breit auch nichts zu sehen. Da geht bis­her überhaupt noch nichts weiter. Beim Förderdschungel, den es da gibt, geschieht auch nichts. 18 Milliarden sind da drinnen. Da könnten Sie sofort zwei Drittel einsparen. (Bei­fall beim BZÖ.)

13.34


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Wurm. – Bitte.

 


13.34.53

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Herr Präsident! Frauen Ministerinnen! Herr Minister! Vor 100 Jahren war es, da gingen Zigtausende Frauen auf die Straße beim sogenannten Textilarbeiterinnenstreik und sangen das Lied „Wir wollen Brot und Ro­sen!“ Alles Gute zum Internationalen Frauentag den Frauen an den Bildschirmen und Ihnen hier! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

Worum ging es den Frauen? – Um mehr Lohngerechtigkeit und auch um Anerkennung. Der Internationale Frauentag ist seit mehr als 100 Jahren immer ein Kampftag gewe­sen, ein Kampftag für die Rechte und Forderungen der Frauen. So auch heute.

Ich bin froh darüber, dass sich im Vorfeld viele der bewegten Frauen darauf einigen konnten, dass wir mehr Frauen im Parlament haben möchten und dass es dazu viel­leicht Maßnahmen bedarf. Sicher bedarf es Maßnahmen, zum Beispiel der Quotierung, denn wenn ich so in die Reihen schaue, dann fällt mir auf, dass überall dort, wo keine Quote eingeführt ist, die Frauen in der Minderheit sind, wenn überhaupt vorhanden.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 73

Und jetzt schaue ich mir die Rednerliste an. Bei Ihnen von der FPÖ kann man wirklich von der Rednerliste sprechen. Sie lassen die Frauen nicht einmal sprechen: weder am Internationalen Frauentag noch sonst, denn auch sonst sprechen Sie statt der Frauen. Was ist denn das für ein Frauenverständnis? Bei der FPÖ darf keine Frau sprechen. (Abg. Mag. Stefan: Sie sprechen als letzte Rednerin!) Hier spricht keine Frau. Auch beim BZÖ nicht. Finden Sie das in Ordnung? Josephinisch ist das! (Abg. Neubauer: Reden Sie zum Sparpaket! – Abg. Mag. Stefan: Es geht hier nicht um den Frauentag!) Alles durch, oder nichts für. Oder wie geht das? (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neubauer: Heute geht es um das Sparpaket!)

Ich sage Ihnen eines, und ich komme damit sehr wohl zum Sparpaket: Ich bin sehr froh, dass hier in diesem Paket nicht verankert ist, dass die Frauen vor der Zeit das gleiche gesetzliche Pensionsanfallsalter haben, sondern dass 750 Millionen € vorgese­hen sind für ältere Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen für Schulungen, damit sie wie­der von der Arbeitslosigkeit in die Arbeit kommen können. (Abg. Dr. Rosenkranz: Ich gratuliere Ihnen, dass es in Ihrer Partei eine Quote gibt!) Das nützt den Frauen und nicht irgendwelche Pamphlete, die ihnen schlicht und einfach nichts bringen. (Abg. Neu­bauer: Ohne Quote wären Sie kein Bote!)

Maßnahmen für die Frauen sind es, wenn sie nicht aus der Arbeitslosigkeit in die Pen­sion geschickt werden, sondern etwas für sie getan wird. (Abg. Kickl: Sie arbeiten am Gegenteil!) Maßnahmen für die Frauen sind es, wenn Stelleninserate so ausgestaltet sind, dass selbstverständlich die verschiedenen Löhne auch erkennbar sind.

An all diesen Dingen haben Sie nichts Gutes gefunden. Wo ist denn Ihre Kraft in der ei­genen Partei, Frau Gartelgruber? Wo sind denn Ihre Forderungen, die Sie dann hier auch durchsetzen können? Nicht einmal reden lässt man Sie hier – und das am Inter­nationalen Frauentag! Das ist eine Schande! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kickl: Ich kann das SPÖ-Gelaber schon nicht mehr hören! – Abg. Neubauer: Was haben Sie in 40 Jahren für die Frauen getan? Nichts!)

Sehr geehrte Damen und Herren, es gibt eine Möglichkeit, wie Sie zu mehr Frauen kommen: Sie müssen die Quote einführen, sonst ist es Ihnen nicht ernst, sonst sind Sie wieder armselig mit drei, vier Frauen hier im Klub. Das können auch Sie nicht wol­len, Herr Neubauer. Sie sind doch so ein begeisterter Südtirol-Sprecher. Das sind Sie doch. Dann schauen Sie sich einmal das Gesetz der Südtirolerinnen an: Ein Drittel der Gremien muss mit Frauen besetzt werden. Schauen Sie sich das an – nicht nur die an­deren Gesetze, auch dieses Gesetz. Schauen Sie sich einmal an, wie es die Südtiroler machen! (Abg. Neubauer: Sie bewirken für die Frauen mit der Quote gar nichts! Neh­men Sie einmal zur Kenntnis, dass wir keine Quote brauchen!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin froh darüber, dass dieses Konsolidierungs­paket auf jene Frauen, die wir auch zu vertreten haben, die eben nicht auf der Butter­seite sind, die nicht die hohen Löhne haben, Rücksicht nimmt, dass Bezieher unterer Einkommen nicht in dem Maß zur Kasse gebeten werden, denn sie sind nicht die Ver­mögenden. Bei Vermögenszuwachssteuern sind es vor allem die Herren, die davon be­troffen sind. Old-Men-Network – das brauchen wir nicht! (Abg. Neubauer: Das ist un­geheuerlich! Was Sie hier gesagt haben, ist eine Frechheit! Eine Frechheit ist das!) Wir brauchen Empowerment für die Frauen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neubauer: Aber nicht mit so einer Frechheit!)

13.39


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Strutz. – Bitte. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Neubauer.)

 


13.40.01

Abgeordneter Dr. Martin Strutz (FPÖ): Frau Abgeordnete Wurm, Sie haben soeben gesagt, dass die FPÖ zukünftig mit vier „armseligen“ Frauen hier im Hohen Haus ver-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 74

treten ist. – Ich fordere Sie auf, auch im Sinne der Frauensolidarität derartige Bezeich­nungen zurückzunehmen und sich für diese Aussage hier im Parlament zu entschuldi­gen! (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)

Unsere Abgeordneten sind keine „armseligen“ Frauen! Das sind genauso fleißige und für das Wohl Österreichs engagierte Frauen und Damen, wie sie in der SPÖ, wie sie in der ÖVP, beim BZÖ und bei den Grünen vertreten sind. (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)

Herr Präsident! Ich ersuche Sie, für diese Aussage – „armselige“ Frauen in Richtung der Freiheitlichen Partei – einen Ordnungsruf zu erteilen. (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)

Ich möchte aber auch folgenden freiheitlichen Entschließungsantrag einbringen, an die Frau Justizminister gerichtet.

„Die Bundesministerin für Justiz wird aufgefordert von den geplanten Schließungen der Kärntner Bezirksgerichte abzusehen und alles zu unternehmen, um der Kärntner Be­völkerung die gesetzlich und verfassungsrechtlich zugesicherten rechtsstaatlichen Ver­tretungsmöglichkeiten auch wie bisher in angemessenem Umfang zu gewährleisten.“

*****

Frau Justizminister, Sie sind mit keinem Wort auf Ihren geplanten Kahlschlag bei den Bezirksgerichten in Österreich eingegangen. Nicht nur Ihr Justizsprecher Donnerbauer protestiert medienwirksam zu Recht gegen diesen Kahlschlag.

Ich mache Sie auch darauf aufmerksam: Sprechen Sie mit Staatssekretär Ostermayer! Die Minderheit in Kärnten hat ein Recht auf zweisprachige Gerichtsbarkeit. Erklären Sie uns, wenn die Bezirksgerichte – wie es Ihr Plan ist – von Eisenkappel, von Blei­burg, von Ferlach aufgelassen werden, ob das nicht im Sinne des Volksgruppengeset­zes und auch verfassungsrechtlich nicht in Ordnung ist! (Beifall bei der FPÖ.)

13.41


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Antrag steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Antrag

der Abgeordneten Dr. Strutz, Jury, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Nichtum­setzung der geplanten Schließungen der Kärntner Bezirksgerichte

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 1 betreffend Erklä­rungen des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäfts­ordnung des Nationalrates zum Stabilitätspaket 2012-2016 in der 146. Sitzung des Na­tionalrates, XXIV. GP, am 8. März 2012.

Der Plan von Justizministerin Beatrix Karl, mehr als die Hälfte der Kärntner Bezirksge­richte zu schließen, ist ein Anschlag auf die ländliche Infrastruktur und die Gerichtsbar­keit im Bundesland Kärnten.

Die APA berichtete unter APA317 vom 20. Februar 2012 über die geplanten Schlie­ßungen der Kärntner Bezirksgerichte:

„() Einen Sonderfall bietet Kärnten: Die drei Mini-Bezirksgerichte Ferlach, Eisenkap­pel und Bleiburg sind im Volksgruppengesetz aufgelistet, in der Verfassungsbestim­mung der Anlage 2 als Bezirksgerichte, an denen auch Slowenisch als Amtssprache angeboten werden muss. Karls "Idealvorstellung" ist dennoch, Eisenkappel und Blei­burg sowie Wolfsberg an Völkermarkt anzugliedern und Ferlach an Klagenfurt. Um die


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 75

Verfassungsbestimmung zu ändern, müsste im Parlament aber eine Oppositionspartei zustimmen. In Kärnten will Karl noch zwei weitere Standorte - in Summe also sechs der elf - auflassen: Hermagor und Feldkirchen sollen an Villach angeschlossen werden. Unverändert blieben St. Veit an der Glan und Spittal an der Drau. ()“

Auf Grund der besonderen Täler-Struktur Kärntens und vor dem Hintergrund der dro­henden Errichtung eines zweisprachigen BG Klagenfurt stellen die unterfertigten Abge­ordneten daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Justiz wird aufgefordert von den geplanten Schließungen der Kärntner Bezirksgerichte abzusehen und alles zu unternehmen, um der Kärntner Be­völkerung die gesetzlich und verfassungsrechtlich zugesicherten rechtsstaatlichen Ver­tretungsmöglichkeiten auch wie bisher in angemessenem Umfang zu gewährleisten.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Schultes. – Bitte. (Abg. Grosz: Herr Präsident! Und zum Ordnungsruf an Frau Wurm? „Armselige Frauen“? – Weitere Zwischenrufe.)

 


13.41.51

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzter Herr Vizekanzler! Meine geschätzten Damen und Herren der Bundesregie­rung! Geschätztes Hohes Haus! Wir erleben gerade, wie die Diskussion um die Anpas­sung unserer Strukturen an die Leistungsfähigkeit unserer Steuerzahler vonstatten­geht. Die einen, die Regierungspartei, die Koalition kommt nach langer Diskussion mit ei­nem Vorschlag, der Veränderungen bringen wird – schmerzhaft für die einen, höchst not­wendig für die anderen –, aber immerhin eine Antwort auf die Fragen der Zeit ist.

Der Opposition hingegen fällt nichts anderes ein, als darum ein Geschrei zu erwecken, Nebenschauplätze aufzubauen und das übliche Theater zu machen. Das ist ärgerlich! Das ist deswegen sehr ärgerlich, weil wir in der Frage der Bewältigung dieser europa­weiten, vielleicht auch weltweiten Schuldenkrise einen ernsthaften Beitrag werden leis­ten müssen. Es ist dies eine so ernste Geschichte, dass sie es sich verdienen würde, auch von Ihnen ernsthaft behandelt zu werden.

Meine Damen und Herren! Die Alterspyramide hat sich verändert, der internationale Wettbewerb hat sich verändert, der Klimawandel findet statt, die Energiepreise explo­dieren, die Sicherheitslage der Welt verändert sich – und Sie tun so, als ob das keine Veränderungen in unserem Land zur Folge haben müsste! Die Schuldenkrise ist zu be­wältigen, daher ist es notwendig, dass wir Maßnahmen setzen.

Ich möchte die Diskussionen auf einen Punkt hinführen, der bis jetzt noch nicht groß angesprochen worden ist. Wir werden die Schuldenkrise nur bewältigen können, wenn nicht nur der Bund, sondern auch die Länder und die Gemeinden, also jeder in seinem Verantwortungsbereich, Vorgaben, gemeinsam vereinbarte Vorgaben erfüllt. Das wird eine sehr spannende Geschichte werden, denn es wird, weil die Opposition der Koa­litionsregierung die Zustimmung zu Verfassungsbestimmungen verweigert, notwendig sein, dass die Länder in Verträgen mit der Bundesregierung, 15a-Vereinbarungen nach unserer Verfassung, sich selbst Verpflichtungen auferlegen, Dinge einzuhalten, die wir ihnen nicht abverlangen können, wenn sie das nicht selber wollen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 76

Jetzt kommt der spannende Punkt: In den Bundesländern wird es darum gehen, dass alle diejenigen, die glauben, dass es ohne Veränderungen geht – und da gibt es ja beim Koalitionspartner einige, die sich gerne auf die leichte Seite schlagen würden –, in den Bundesländern genauso Verantwortung werden übernehmen müssen wie wir hier auf der Bundesebene. Das wird nur dann zum Erfolg führen, wenn das Jahr um Jahr um Jahr wieder geschieht.

Meine Damen und Herren an den Fernsehschirmen: Was jetzt vor uns liegt, ist ein schweres Stück Arbeit, das verantwortungsbereite und verantwortungsvolle Politiker erfordert. Geben Sie nichts auf das Geschrei der Opposition! Geben Sie nichts auf das Geschrei der profilierungssüchtigen Populisten! Achten Sie auf die Menschen, die be­reit sind, in ihrer politischen Verantwortung Veränderung zu begründen (Zwischenrufe bei der FPÖ), und die bereit sind, auch schwierige Maßnahmen vor den Menschen zu erklären. (Beifall bei der ÖVP.)

Unsere Bundesregierung – der Herr Vizekanzler, der Herr Bundeskanzler, unsere Fi­nanzministerin – hat diesen Weg beschritten. Wir werden mit den Landeshauptleuten und den Bundesländern diesen Weg für Österreich gut weitergehen. Wir brauchen da­für die Unterstützung der Wähler, nicht unbedingt die der Schreier aus der Opposi­tion. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

13.45


Präsident Fritz Neugebauer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Frau Ab­geordnete Mag. Wurm zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


13.45.38

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Wem das Herz voll ist, dem geht der Mund über. Ich habe in meinem Redebeitrag – die vier armseligen Frauen – die An­zahl gemeint.

Sollten sich die vier weiblichen Abgeordneten der FPÖ dadurch in ihrer Person, in ihrer Integrität verletzt fühlen, dann entschuldige ich mich dafür. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und FPÖ.)

13.46


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Lugar. – Bitte. (Unruhe im Saal. – Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.)

 


13.46.12

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Hohes Haus! Bevor ich auf das Belastungspaket der Regierung eingehe, würde ich gerne noch kurz über den Weltfrauentag reden. Es passiert hier eine Entwicklung, die ich aus meiner Sicht als sehr bedenklich erachte. Es hat in der Vergangenheit immer wieder Diskussionen über verpflichtende Frauenquoten gegeben, über Gesetze, die Männer zwingen, über einen gewissen Zeitraum zu Hause zu bleiben; ein bis drei Monate sind hier im Gespräch für den verpflichtenden Papa-Monat. Es gibt immer wieder Diskus­sionen darüber, ob es nicht fixe Quoten für leitende Angestellte geben sollte. Letztens habe ich gehört, dass auch auf der Wahlliste eine verpflichtende Quote festgeschrie­ben werden soll. (Abg. Öllinger: Was Sie alles hören!)

Jetzt frage ich mich, wofür das gut sein soll. Auf der einen Seite wollen wir nicht diskri­minieren, das heißt, es gibt ein Diskriminierungsverbot. Da ist eindeutig festgeschrie­ben, dass nicht nach Geschlecht diskriminiert werden darf. Das heißt, ohne Ansicht des Geschlechts muss über Qualifikation und sonstige Dinge entschieden werden. Aber auf der anderen Seite diskriminieren wir! (Abg. Öllinger: Wen denn?) Wir diskri­minieren mit diesen Quoten die Männer. (Ah-Rufe bei den Grünen.) Wir diskriminieren


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 77

sie! Wir diskriminieren sie, indem wir sagen: Unter einer gewissen Quote wird kein Mann mehr eingestellt, nur noch Frauen. Ist das nicht Diskriminierung? Ist das keine Diskriminierung? (Zwischenrufe bei den Grünen.)

Jetzt frage ich Sie: Was kann ein Mann dafür, wenn er heute diskriminiert wird, dass die Frauen Jahrtausende unterdrückt wurden? Was kann er dafür? Warum müssen wir heute Männer schlechter behandeln, nur weil Frauen jahrtausendelang diskriminiert wur­den?

Deshalb: Hören Sie auf mit dieser Quotendebatte! Hören Sie damit auf, die Männer zu diskriminieren! Wir haben in Österreich kein Problem mit der Gleichberechtigung, das haben wir nicht. Na, schauen Sie sich um! Schauen Sie sich dort um, wo es um Leis­tung geht. Schauen Sie in die Chefetagen, dort gibt es genug Frauen, die es geschafft haben, und es gibt auch genug Frauen, die ordentlich Geld verdienen. (Abg. Mag. Schatz: Sagen Sie auch etwas zur Einkommensschere?)

Entscheidend ist: Die Statistik, die Sie immer zurate ziehen, berücksichtigt ein paar Punkte nicht. Erstens: Frauen arbeiten öfter in Teilzeit, weil sie nun einmal Kinder be­kommen. Das wollen Sie hoffentlich nicht ändern. – Das ist das Erste.

Zweitens: Frauen arbeiten in Bereichen, in denen weniger gezahlt wird – Textil, Einzel­handel und so weiter. Wenn die Frauen dort überproportional vertreten sind, dann ist in der Statistik, keine Frage, ein Ungleichgewicht da! Aber wir müssen jetzt nicht mit Ge­walt eine Quote einführen.

Oder schauen Sie einmal auf eine Baustelle: Dort gibt es praktisch keine Frauen. Wol­len Sie die Unternehmen verpflichten, Frauen als Maurerinnen, als Eisenbiegerinnen oder sonst etwas einzusetzen? Wollen Sie sie verpflichten? – Natürlich gibt es verein­zelt Frauen, die das machen wollen. Das ist auch gut so. Aber brauchen wir hier einen Zwang? (Abg. Mag. Schatz: Intelligenztest für Parlamentarier!) Brauchen wir eine ver­pflichtende Quote? – Ich sage: Nein!

Deshalb: Hören Sie damit auf! Letztlich: Hören Sie auf mit der Diskriminierung von Män­nern, und damit löst sich das Diskriminierungsproblem der Frau von selbst. Es gibt näm­lich keine Diskriminierung mehr, zumindest nicht mehr in unserer Generation! Es mag sein, dass die ältere Generation hier noch einige Vorbehalte hat; das mag sein, aber die sterben aus. Die sterben aus, und was nachkommt, macht keinen Unterschied. Auch ich in meinem Betrieb mache keinen Unterschied zwischen Männern und Frauen. Ich mache sehr wohl einen Unterschied zwischen Leistung und Leistungsbereitschaft. Da mache ich einen großen Unterschied, aber nicht zwischen Männern und Frauen.

Das dazu, und das ist auch schon die Überleitung – die Diskussion, die hier von der Frau Minister angezettelt wurde, zeigt ja eines ganz deutlich: Man will ablenken! Man will ablenken von den tatsächlichen Problemen dieses Landes. Unser Land hat ganz andere Probleme als irgendwelche verpflichtenden Frauenquoten auf Wahllisten oder in sonstigen Bereichen.

Wir haben ein Riesenproblem damit, dass diese Regierung nicht bereit ist, die Proble­me, die wir in diesem Land haben, anzugehen. Das ist das Problem, das wir haben. Wenn Sie jetzt mit diesem Paket daherkommen, mit diesem Stabilisierungspaket: In Wirklichkeit ist es ein Stillstandspaket! Es ist ein Paket, das den Status quo fort­schreibt, ganz leicht an kleinen Schrauben dreht, um ein bisschen Geld von den Steu­erzahlern hereinzuholen – und dieses Geld fließt eins zu eins nach Griechenland ab. Das ist ja schon weg! Aber das wissen nur die wenigsten.

Die wenigsten wissen, dass dieses Belastungspaket, das wir hier geschnürt haben, eins zu eins nach Griechenland abgeflossen ist. Das Geld ist schon weg. Wir haben hintennach für das viele Geld, das auf Nimmerwiedersehen nach Griechenland geflos-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 78

sen ist, jetzt ein Belastungspaket geschnürt, um den Menschen das Geld aus der Ta­sche zu ziehen, das Sie vorsätzlich und mutwillig nach Griechenland überwiesen ha­ben, ohne dass das einen nachvollziehbaren Sinn hat.

Wenn man sich anschaut, was in diesem Paket steht, so sagen Sie, es ist ein Stabili­sierungspaket; ich sage, es ist ein Belastungspaket. Aber es stimmt, es ist ein Stabili­sierungspaket, weil es ein Stillstandspaket ist. Was wir jedoch brauchen, ist keine Sta­bilität und kein Stillstand, was wir brauchen, sind Reformen und Veränderungen. Wir brauchen Aufbruch, wir brauchen Visionen für ein neues Österreich. Aber das ist in diesem Paket nicht enthalten. Ganz im Gegenteil, es ist ein Aufschiebungspaket: Sie schieben die Reformen, die wir brauchen, auf den Tag nach der Wahl auf. Sie schie­ben das auf 2014, 2016 und 2020.

Jetzt fragt sich der Bürger, und auch ich frage mich: Warum verspricht uns eine Re­gierung, die für fünf Jahre gewählt wurde, Reformen nach der nächsten Wahl? Warum machen Sie das? Warum gibt es nicht heute schon Reformen? Warum nicht schon beim letzten Budget? Warum erst 2014? Kann mir das jemand erklären?

Ich kann Ihnen sagen, warum es erst 2014 Reformen geben soll: Weil Sie hoffen, dass Sie, wenn Sie in Verantwortung sind, diese Reformen dann einfach vergessen können; oder vielleicht sind Sie ja nicht mehr in Verantwortung, und dann muss sich der Nächs­te damit plagen. Genau das ist Ihre Taktik! Ihre Taktik heißt: Verzögern, schauen, über die nächste Wahl zu kommen, und dann werden die Karten neu gemischt.

Dass Sie sich nicht an Ihre eigenen Regeln halten, haben Sie schon bewiesen. Sie ha­ben uns ganz klar bewiesen, dass Ihnen die eigenen Regeln nichts wert sind, und zwar mit der ÖVAG. Mit der ÖVAG haben Sie uns ganz augenscheinlich bewiesen, dass Ih­re eigenen Regeln keinen Cent wert sind, indem Sie in der Finanzkrise beschlossen haben, dass nur systemrelevante Banken geschützt werden. Das haben Sie selbst be­schlossen! Sie haben beschlossen: Eine nicht systemrelevante Bank lassen wir in die Pleite gehen.

Und was ist passiert? – Die ÖVAG war nicht systemrelevant, das haben Sie selbst zu­gegeben. Sie war es nicht. Und was haben Sie gemacht? – Ein eigenes Gesetz wurde durch den Finanzausschuss gepeitscht, um es der ÖVAG zu ermöglichen, sich mit ih­ren regionalen Banken zusammenzuschließen, um sie systemrelevant zu machen und den Steuerzahler wieder zur Kasse zu bitten!

Genau das ist der Punkt: Sie stellen Regeln auf – die ja sinnvoll waren, diese Regeln waren sinnvoll –, und dann, wenn Sie sie brauchen würden, schmeißen Sie sie über Bord. Das ist genau Ihre Art, Politik zu machen.

Eines noch betreffend das, was hier international gerade abgeht: Die EZB hat ein Ver­bot – weil wir schon von Regeln sprechen –, das aus meiner Sicht heilig ist. Ein heili­ges Gebot und Verbot: Die EZB darf unter keinen Umständen Staaten finanzieren! Und was macht die EZB? – Genau das Gegenteil! Die EZB geht nämlich her, gibt zu 1 Pro­zent unbegrenzt Geld an alle Banken, die es wollen, jene Banken kaufen die Staatsan­leihen der maroden Euroländer und kassieren dafür 5, 6, 7, 8 Prozent Zinsen! Man muss sich das einmal vorstellen: Die EZB finanziert damit indirekt die europäischen Staaten und damit die Staatsanleihen.

Wo wird das hinführen? Wo führt das hin? – Das kann nur in den Untergang führen. Das kann nur in Inflation münden, und Herr Vilimsky hat es schon gesagt: Inflation ist eine Sondersteuer. Sie ist eine Sondersteuer, die alle trifft, die Reichen, aber auch die Ärmsten in diesem Lande. Das ist ein Weg, den Sie mitgehen, und da habe ich drau­ßen in Brüssel von Ihnen noch nichts darüber gehört, dass das eine Frechheit ist, was hier passiert. Denn letztlich höhlt die EZB mit dieser Maßnahme das Verbot, das heili­ge Verbot aus, dass Staaten niemals finanziert werden dürfen. Genau das macht die EZB! (Beifall bei der FPÖ.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 79

Sie haben dieses Belastungspaket geschnürt, um den Griechen das Geld hinterherzu­werfen. Ihnen liegt nicht Österreich am Herzen, sondern der europäische Gedanke. Sie haben es heute gesagt, Herr Faymann; leider sind Sie nicht mehr hier. Herr Faymann hat heute gesagt – ich habe es aufgeschrieben –: Er will mehr Solidarität, und er will ei­ne Gemeinschaft jener, die sich gegenseitig finanzieren.

Das ist nicht mein Weg, und ich hoffe, auch nicht Ihr Weg, dass Sie die Interessen der Österreicher und des österreichischen Staates unterordnen den Interessen der euro­päischen Staaten und jener Staaten, die nicht wirtschaften können. Das heißt, wenn wir in unserem Land ordentlich wirtschaften (Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeic­hen), dann sollen wir nicht die Rechnung für jene bezahlen, die das nicht können. Da­für sollte ein Bundeskanzler dieser Republik einstehen, und dafür sollte er kämpfen! – Vielen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

13.56


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Schittenhelm. – Bitte.

 


13.56.24

Abgeordnete Dorothea Schittenhelm (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Vi­zekanzler! Geschätzte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Erste Lesung Stabilitätsgesetz: ein Stabilitätsgesetz, das in den letzten Wochen nicht nur formal erarbeitet wurde, sondern natürlich auch entsprechend schwer wiegt, wenn man die Maßnahmen liest, sich damit auch auseinandersetzt und beschäftigt. Aber uns al­len ist klar: Wenn wir das tun, was wir tun müssen, nämlich Österreich wieder auf ge­sunde Beine zu stellen, damit wir wieder Tritt fassen können, damit wir wieder die Rich­tung Zukunft und Sicherheit in unserem Lande einschlagen können, dann ist es unum­gänglich, dass wir diese Maßnahmen auch setzen.

Es wurden heute von vielen Kolleginnen und Kollegen hier die verschiedensten Maß­nahmen erwähnt, besprochen und auch kritisiert. Ich kann Ihnen aus meinen Gesprä­chen mit vielen, vielen Bürgerinnen und Bürgern in den Bezirken und in den Bundes­ländern nur sagen: Die Menschen verstehen diese Schritte, die wir setzen. Sie sagen: Ja, wir wissen – und das sagen wir auch –, wir haben über unsere Verhältnisse gelebt. Den jungen Mädchen und Burschen, die heute hier auch zuhören und zuschauen, sind wir es schuldig, dass wir diese Maßnahmen setzen.

Meine Damen und Herren! Dieser Stabilisierungspakt ist nicht nur geschnürt, sondern bedarf auch einer Umsetzung. Daher muss ich meinen Vorredner korrigieren: Nicht erst nach der nächsten Wahl, sondern die ersten Maßnahmen treten bereits mit 1. April dieses Jahres in Kraft, und in der Folge natürlich auch andere Maßnahmen. Jawohl, es ist jetzt schon anzusetzen! Wir haben diesen großen Rucksack aus der Vergangenheit, der uns nach vorne drückt, der uns diesen Stabilisierungspfad gehen lässt.

Diesen Rucksack müssen wir leichter machen – so wie es unser Vizekanzler auch ge­sagt hat –, sonst werden wir die Spielräume, die wir für eine innovative Wirtschaft brau­chen, nicht haben. Wenn wir diesen Spielraum für die innovative Wirtschaft, für die Wirtschaft überhaupt auch entsprechend nützen wollen, brauchen wir Investitionen in diesem Bereich. Es wurden seitens der Regierung auch Offensivmaßnahmen vorge­schlagen, von unserer Finanzministerin, die das wirklich in hervorragender Art und Wei­se mit ihrem Team erarbeitet hat, immerhin im Ausmaß von 6,4 Milliarden €.

Meine Damen und Herren, genau diese Investitionen, genau dieser Wirtschaftsbereich liegt mir besonders am Herzen, denn hier sind es auch die Frauen, die betroffen sind, Frauen, die ihre Leistung und ihre Arbeit, ihr soziales Engagement in der Familie ein­bringen, am Arbeitsplatz einbringen. Sie können das, sie wollen das auch. Wir haben auch die Diskussion über die Teilzeit gehabt. Ja, ich stehe zur Teilzeit! Frauen müssen


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 80

selbst entscheiden können, welche Form der Beschäftigung sie annehmen, in welchem Bereich sie tätig sind. Dafür stehen wir von der Österreichischen Volkspartei.

Frauen wollen in der Familie ihre Kinder erziehen, sie wollen in der Familie verbleiben. Sie wollen aber aufgrund ihrer guten Ausbildung natürlich auch einen Fuß in der Firma haben, im Betrieb, um den Anschluss nicht zu verlieren, um auch eine eigene Vorsorge für das Alter zu haben. Wir wissen ganz genau, dass da die Beschäftigung der Frauen voranschreitet. Wir haben heute 4,2 Millionen Bürgerinnen und Bürger, die erwerbstätig sind. Davon sind 1,9 Millionen Frauen, und wir wissen, das von ihnen sehr, sehr viele Teilzeit arbeiten. Aber 80 Prozent der Frauen, die Teilzeit arbeiten, wollen das auch! Es zwingt sie niemand dazu. Es ist ihre Angelegenheit, es ist ihr Wunsch, beides ver­einbaren zu können. (Beifall bei der ÖVP.)

Eines sei heute am Internationalen Frauentag aber auch gesagt: Ich wünsche mir nicht nur die Akzeptanz der Frau, sondern ich wünsche mir den notwendigen Respekt den Frauen gegenüber – egal, wo sie stehen, gleich welchen Alters und welcher Berufsaus­übung, gleich in welcher Position und geographischen Lage. Ich wünsche mir aber nicht nur die Anerkennung und den Respekt, ich wünsche mir auch die Wertschätzung, und diese Wertschätzung muss sich letztendlich auch im gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit niederschlagen. Es kann in einem Land wie Österreich nicht sein, in dem wir ei­ne gesunde Wirtschaft haben, in dem wir ein sozial stabiles Gefüge haben, dass Frau­en bei gleichwertiger Arbeit immer noch bis zu 25 Prozent weniger verdienen.

Ich kenne viele Unternehmen, und die Unternehmer sagen: Wir verstehen es nicht, bei uns findet das nicht statt. – Wir werden uns das im Rechnungshofbericht noch einmal anschauen, dort wird es aufgelistet. (Abg. Kitzmüller: Was haben Sie die ganzen Jah­re über dagegen getan?) Woran krankt es? Was haben wir zu tun? Das ist meiner Mei­nung nach eine Aufgabe, die wir auch gemeinsam lösen können, wenn wir das wollen. In diesem Sinne wünsche ich den Frauen in Österreich alles, alles Gute. Wählt euren Weg selbst! (Beifall bei der ÖVP.)

14.01


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Zanger. – Bitte.

 


14.01.17

Abgeordneter Wolfgang Zanger (FPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Werte Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Schittenhelm, Sie haben Wertschätzung und Respekt gegenüber den Frauen in Österreich eingefor­dert. Im Namen der Freiheitlichen Partei darf ich allen Frauen in Österreich unsere Wertschätzung und unseren Respekt ausdrücken, auch wenn sie vielleicht gerade von Frauen selbst oft nicht gegenüber Angehörigen ihres eigenen Geschlechts zum Aus­druck gebracht werden. (Beifall bei der FPÖ.)

Frau Kollegin Wurm, ich möchte noch ganz kurz auf Ihre Worte replizieren: Ich finde es sehr schön, dass Sie eine Entschuldigung ausgesprochen haben gegenüber den Ab­geordnetenreihen der Freiheitlichen Partei, gegenüber unseren Damen. Es definieren sich nicht alle Frauen über eine Quote, Frau Kollegin Wurm. Wenn das Ihre Sache ist, dann mag es das sein. Ich akzeptiere das, aber akzeptieren Sie bitte auch, dass es Frauen gibt, die sich über andere Eigenschaften, zum Beispiel als Mutter, als Frau defi­nieren und nicht unbedingt in die Quotenregelung fallen würden. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich kenne, schätze und respektiere Sie als Kämpfer für die Rechte der Frauen. Ich hoffe, Sie kämpfen in Zukunft mit uns gemeinsam für die Rechte aller Frauen und für ein umfassendes Recht der Frauen! (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn wir heute das Belastungspaket der Regierung diskutieren und über die Mogelpa­ckungen, die vorgelegt werden, schon einiges gehört haben, so darf ich eine weitere auf-


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 81

warten, eine Mogelpackung des Ministers für Landesverteidigung, der nämlich die 41. Wo­chenstunde für unsere Soldaten abschaffen will, eine Stunde, die tatsächlich geleistet wird und die Bestandteil der Grundausstattung eines Soldaten ist. Jetzt hat er ein we­nig zurückgerudert und möchte sie durch Überstunden ersetzen. Da wir aber wissen, dass auch die Überstunden kontingentiert sind, bedeutet das nichts anderes als eine Reduktion der Leistungen, eine Reduktion der Ausbildung, eine Reduktion der Qualität, und da wollen wir Freiheitliche nicht mitspielen. (Beifall bei der FPÖ.)

Aus diesem Grunde bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mario Kunasek, Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Beibehaltung der 41sten Wochenstunde

„Der Nationalrat wolle beschließen:

,Die Bundesregierung, insbesondere der Bundeskanzler und der Bundesminister für Lan­desverteidigung und Sport, wird aufgefordert, sich für die Beibehaltung der 41sten Wo­chenstunde einzusetzen.‘“

*****

(Beifall bei der FPÖ.)

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Kürzungen in diesem Belastungspaket betreffen auch ein wesentliches Organ dieser Republik, betreffen die Kontrolle, betreffen den Rech­nungshof, wenn Frau Bundesminister Heinisch-Hosek fordert, dass der Rechnungshof um 19 Beamtenstellen reduziert wird. (Abg. Dr. Strutz: Ja, das hätten sie gerne!)

Der Rechnungshof selbst hat seit Jahren schon das ihm zustehende Maß an Bediens­teten nicht zur Gänze ausgenützt, das heißt, er hat schon bis jetzt sehr an sich selbst gespart. Und wo auf dieser Welt gibt es das, dass ein Organ, das kontrolliert wird, dem Organ, das es zu kontrollieren hat, vorschreibt, wie, wann und mit welchen Ressourcen es zu kontrollieren hat. Das ist wohl einzigartig auf der Welt. (Abg. Dr. Strutz: In Al­banien vielleicht!) Möglicherweise passiert das in Albanien oder Kuba oder ähnlichen Staaten. Dabei werden wir nicht mitspielen! (Beifall bei der FPÖ.)

Die Kontrolle obliegt noch immer dem Parlament, und dieses Parlament wird entschei­den, dieser Nationalrat, wie der Rechnungshof auszustatten ist. Das ist im Übrigen auch verfassungsmäßig garantiert. (Abg. Krainer: Und genau das geschieht auch!)

In diesem Sinne abschließend zum heutigen Tag: Diese Mogelpackungen, die Sie dem Volk vorlegen, werden wir nicht mittragen. Von Frau Kollegin Tamandl wurde heute schon vielen gedankt: den Bauern, den Pensionisten und so weiter. Sie hat gesagt: Al­le tragen dieses Paket mit. – Nein, Frau Kollegin Tamandl! Da sind Sie zu wenig bei der Bevölkerung, zu wenig bei den Bürgern. Die tragen das nicht mit! Mittragen tun das nur die, die das verhandeln, die Spitzen der Interessenvertretungen von Rot und Schwarz, und die vertreten wirklich nicht mehr die, die sie vertreten sollten, sondern nur mehr ih­re Parteien. – Danke! (Beifall bei der FPÖ.)

14.05


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Antrag steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mario Kunasek, Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen betref­fend Beibehaltung der 41igsten Wochenstunde


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 82

eingebracht im Zuge der Erklärungen des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates zum Stabilitätspaket 2012-2016 in der 146. Sitzung des Nationalrats am 08. März 2012

Der Wegfall des § 48 Abs. 6 BDG (verlängerter Dienstplan) bedeutet einen Verlust von bis zu 5,6% des Bruttolohns eines Soldaten.

Die Streichung der „41igsten Wochenstunde für Soldaten“ bedeutet darüber hinaus eine Kostensteigerung im Wege von Überstunden, will man dieselben Erfolge weiterhin bei der Ausbildung von Rekruten erreichen. Wobei neben den Mehrkosten von Über­stunden auch ein mehr an Verwaltungsaufwand erzeugt wird.

Die Soldaten wären dadurch die einzige Personengruppe im öffentlichen Dienst, die eine überproportionale Lohneinbuße im laufenden Jahr hinnehmen müsste. Darüber hi­naus trifft es mit Masse jene, die bereits jetzt schon im unteren Gehaltsniveau angesie­delt sind am existenziellsten. Diese Maßnahme hat genau aus den genannten Gründen zu unterbleiben.

Die von Bundesminister Darabos angekündigte Neuregelung des verlängerten Dienst­plans, die sogenannte „Abfederung“, ist jedoch eine Mogelpackung. Würden die Abfe­derung bei „Niedrigverdienern“ (bis zu €3.000,- Brutto) durch Erlass so wie angekün­digt eingeführt werden, würde das bedeuten, dass das schon in den letzten Jahren ver­kürzte Überstundenbudget der Soldaten angegriffen wird.

Laut Bundesminister Darabos sind genau 7.000 Soldaten davon betroffen. Werden statt der 41igsten Wochenstunde Überstunden bezahlt, sind das 4 Stunden pro Monat. Durch­schnittlich kostet dem Bundesheer eine Überstunde €20,-. Das wären 28.000 Über­stunden pro Monat. Wird das auf ein Monat und dann auf eine Jahr hochgerechnet würden das €6.720.000,- sein, die aus dem Überstundenbudget entnommen werden. Addiert man diese Summe mit dem Wegfall der 41igsten Wochenstunde, so hätte Bun­desminister Darabos €13.440.000,- eingespart.

Nimmt man jedoch alle Bediensteten her, die die 41igste Wochenstunde verlieren, so würde das schon ca. €16.000.000,- an Einsparungen ergeben. Das bedeutet, dass es eine Gesamtsumme, eingerechnet den €6.720.000 aus dem Überstundenbudget, von €22.720.000 ergeben würde.

Durch den nochmaligen Eingriff in das Überstundenbudget rückt die von Darabos oft zitierte Attraktiverung des Grundwehrdienstes in noch weitere Ferne. Mit dieser Maß­nahme verliert nicht nur das Kaderpersonal des Bundesheeres, sondern auch tausen­de Grundwehrdiener, die unserer Ansicht nach ein Anrecht auf gute und qualifizierte Ausbildung haben sollten.

Vor diesem Hintergrund stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundeskanzler und der Bundesminister für Landesverteidigung und Sport, wird aufgefordert, sich für die Beibehaltung der 41igs­ten Wochenstunde einzusetzen.“

*****

14.05.30

 


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Ich schließe daher die Debatte.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 83

Wir gelangen zu den Abstimmungen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Grosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber der Bundes­ministerin für Justiz gemäß Artikel 74 Abs. 1 B-VG.

Zu einem solchen Beschluss des Nationsrates ist gemäß Abs. 2 der zitierten Verfas­sungsbestimmung die Anwesenheit der Hälfte der Abgeordneten erforderlich. Ich stelle diese ausdrücklich fest.

Ich bitte nun jene Damen und Herren, die sich für den gegenständlichen Misstrauens­antrag aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Der Antrag findet keine Mehr­heit und ist abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Strutz, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Nichtumsetzung der geplanten Schlie­ßungen der Kärntner Bezirksgerichte.

Es ist namentliche Abstimmung verlangt worden.

Dieses Verlangen wurde von 20 Abgeordneten gestellt. Wir gehen daher so vor.

Stimmzettel, die zu benützen sind, befinden sich in den Laden der Abgeordnetenpulte, tragen die Namen der Abgeordneten sowie die Bezeichnung „Ja“ – das sind die grau­en – beziehungsweise „Nein“ – das sind die rosafarbenen Stimmzettel. Bitte, nur diese amtlichen Stimmzettel verwenden.

Gemäß der Geschäftsordnung werden die Abgeordneten namentlich aufgerufen, den Stimmzettel in die bereitgestellte Urne zu werfen.

Ich ersuche nunmehr jene Abgeordneten, die für den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Strutz, Kolleginnen und Kollegen stimmen, „Ja“-Stimmzettel, jene, die dagegen stimmen, „Nein“-Stimmzettel in die Urne zu werfen.

Achten Sie bitte darauf, nur einen Stimmzettel einzuwerfen.

Ich bitte nunmehr Frau Schriftführerin Abgeordnete Binder-Maier, mit dem Namensauf­ruf zu beginnen; Frau Abgeordnete Franz wird sie später dabei ablösen. – Bitte.

*****

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerinnen Binder-Maier und Franz werfen die Abgeordneten ihren Stimmzettel in die Urne.)

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Die Stimmabgabe ist beendet.

Die Bediensteten des Hauses werden unter Aufsicht der Schriftführer nunmehr die Stim­menzählung vornehmen.

Ich unterbreche die Sitzung für einige Minuten.

*****

(Die zuständigen Bediensteten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um 14.11 Uhr unterbrochen und um 14.16 Uhr wieder aufgenommen.)

*****

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 84

Präsident Fritz Neugebauer: Meine Damen und Herren, ich nehme die unterbro­chene Sitzung wieder auf und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt:

Abgegebene Stimmen: 150, davon „Ja“-Stimmen: 23, „Nein“-Stimmen: 127.

Der Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Strutz, Kolleginnen und Kollegen ist somit abgelehnt.

Gemäß § 66 Abs. 8 der Geschäftsordnung werden die Namen der Abgeordneten unter Angabe ihres Abstimmungsverhaltens in das Stenographische Protokoll aufgenommen.

Mit „Ja“ stimmten die Abgeordneten:

Fichtenbauer;

Gartelgruber;

Herbert Werner, Höbart Christian, Hofer, Hübner Johannes;

Jury;

Karlsböck, Kickl, Kunasek;

Lausch;

Riemer, Rosenkranz;

Stefan, Strache, Strutz;

Tadler Erich;

Unterreiner;

Venier, Vilimsky, Vock;

Winter;

Zanger.

Mit „Nein“ stimmten die Abgeordneten:

Ablinger, Amon, Aubauer, Auer Jakob, Auer Josef;

Bartenstein, Bayr, Becher, Binder-Maier, Brosz Dieter, Bucher Josef, Buchmayr;

Cap, Cortolezis-Schlager, Csörgits;

Dolinschek, Donabauer Karl, Donnerbauer Heribert;

Einwallner, Eßl;

Fazekas, Franz, Fuhrmann, Fürntrath-Moretti;

Gartlehner, Gaßner, Gerstl, Gessl-Ranftl, Glaser, Glawischnig-Piesczek, Grillitsch, Grosz Gerald, Grünewald;

Haberzettl, Hagen, Hakel Elisabeth, Hakl Karin, Hammer, Haubner Peter, Haubner Ur­sula, Hechtl, Heinzl, Hell, Höfinger, Höllerer, Hörl, Hornek, Huainigg, Huber Gerhard;

Ikrath;

Jarmer;

Kaipel, Keck, Kirchgatterer, Klikovits, Kogler, Königsberger-Ludwig, Kopf, Korun, Kößl, Krainer, Kräuter, Krist, Kuntzl, Kuzdas;

Lapp, Lettenbichler, Lichtenecker, List, Lohfeyer, Lopatka, Lueger Angela, Lugar Robert;

Maier Johann, Marek, Markowitz, Matznetter, Mayer Elmar, Mayer Peter, Muchitsch, Musiol, Muttonen;


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 85

Neugebauer Fritz;

Oberhauser, Öllinger;

Pendl, Petzner, Pirklhuber, Plessl, Prähauser, Prammer, Praßl, Preiner, Prinz;

Rädler Johann, Rasinger, Riepl, Rudas;

Sacher, Schatz, Scheibner, Schittenhelm, Schmuckenschlager, Schönegger Bernd, Schönpass Rosemarie, Schopf, Schultes, Schwentner, Silhavy, Singer, Spadiut, Spin­delberger, Steibl Ridi Maria, Steindl Konrad, Steinhauser, Steßl-Mühlbacher, Stumm­voll;

Tamandl;

Van der Bellen;

Walser, Weninger, Westenthaler, Widmann Rainer, Windbüchler-Souschill, Wittmann Peter, Wöginger, Wurm.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen zu den weiteren Abstimmungen. – Herr Kollege Herbert (in Richtung des zwischen den Bankreihen stehenden Abgeordneten Herbert), Abstimmungen!

Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Kunasek, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Beibehaltung der 41sten Wochenstunde.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zei­chen der Zustimmung. – Das ist abgelehnt.

14.17.25Abstimmung über Fristsetzungsantrag

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Mag. Stefan, Kolleginnen und Kollegen, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag 1846/A(E) der Abgeordneten Strache, Kollegin­nen und Kollegen betreffend die unverzügliche Verkleinerung der Bundesregierung ei­ne Frist bis 28. März 2012 zu setzen.

Wenn Sie für diesen Fristsetzungsantrag sind, bitte um ein Zeichen. – Das ist abge­lehnt.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

14.17.51Einlauf

 


Präsident Fritz Neugebauer: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 1864/A bis 1884/A(E) eingebracht wurden. (Unruhe im Saal.)

Kolleginnen und Kollegen, wir haben noch eine weitere Sitzung abzuhalten.

Ferner sind die Anfragen 10929/J bis 10946/J eingelangt.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen betreffen wird, berufe ich für 14.18 Uhr – das ist gleich im Anschluss an diese Sitzung – ein.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll146. Sitzung / Seite 86

Diese Sitzung ist geschlossen.

14.18.21Schluss der Sitzung: 14.18 Uhr

Impressum:

Parlamentsdirektion

1017 Wien