Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll173. Sitzung / Seite 156

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Begründung

Genuiner Zweck von LeiharbeiterInnen in Unternehmen ist ihr Einsatz zum Abfedern kurzfristiger Auftragsspitzen. Gerade in den letzten Jahren kam es zu einer massiven Verbreitung von Leiharbeit in fast allen Branchen. Der Boom der Leiharbeit ist aller­dings zunehmend Resultat eines zweckentfremdeten, missbräuchlichen Einsatzes von Leiharbeit. Ein wesentlicher Grund für den gesteigerten und immer öfter auch dauer­haften Einsatz von LeiharbeiterInnen ist, dass die Kosten für LeiharbeiterInnen derzeit unter „Materialaufwand“ in der Gewinn- und Verlustrechnung verbucht werden können und daher im Jahresabschluss nicht unter Personalkosten sichtbar sind. Auf diese Weise haben Unternehmen die Möglichkeit, Personalkosten unsichtbar zu machen. Diese Praxis ist besonders in Aktiengesellschaften verbreitet, wo der Druck der Aktio­närInnen, Personalkosten zu reduzieren, groß ist. Ähnlich ist die Situation in ausgeglie­derten Unternehmen des öffentlichen Sektors in Teilbesitz des Bundes bzw. der Län­der wo der Spardruck groß ist.

Konsequenzen dieser Praxis sind, dass Leiharbeit weit über ihren ursprünglichen Zweck hinaus eingesetzt und ein ursprüngliches „Notkonstrukt“ als Beschäftigungsform für immer mehr Beschäftigte zur dauerhaften Realität wird. Gute Jobs werden in den betroffenen Unternehmen durch schlechte ersetzt, oft nur um nach außen den Schein niedriger Personalkosten zu wahren. Eine Form atypischer und oftmals auch prekärer Beschäftigung zweiter Klasse wird so innerhalb vieler Unternehmen zur Dauereinrich­tung.

Dieser Fehlentwicklung muss dringendst Einhalt geboten werden. Ein erster wichtiger Schritt dafür ist, dass Unternehmen dazu verpflichtet werden, Kosten für Leiharbeit im Jahresabschluss erkennbar auszuweisen und über Ausmaß, Grund und Dauer der Be­schäftigung von LeiharbeiterInnen Bericht zu legen.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesministerin für Justiz wird dazu aufgefordert,

dem Nationalrat eine Novelle des Unternehmensgesetzbuches vorzulegen, wonach im Jahresabschluss die Kosten für die eingesetzten LeiharbeiterInnen in der Gewinn- und Verlustrechnung gesondert auszuweisen und im Anhang zum Jahresabschluss ge­nauere Angaben zum Einsatz von LeiharbeiterInnen zu veröffentlichen sind und

sich in den aktuellen Verhandlungen zur Revision der EU-Bilanzrichtlinie nachdrücklich für die gesonderte Ausweisung der Kosten und die Sichtbarkeit der Leiharbeit einzu­setzen.

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Entschließungsantrag

der Abgeordneten Birgit Schatz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Überprüfung der Kontrollstrukturen der Arbeitskräfteüberlassung

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales (1947 d.B.) zur Regierungsvorlage (1903 d.B.) betreffend einem Bundesgesetz, mit dem


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