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Stenographisches Protokoll

 

 

 

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44. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXIV. Gesetzgebungsperiode

 

Donnerstag, 12. November 2009

 

 


Stenographisches Protokoll

44. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXIV. Gesetzgebungsperiode Donnerstag, 12. November 2009

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 12. November 2009: 9.00 – 9.03 Uhr

                                                                                                        12.00 –15.55 Uhr

*****

Inhalt

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 12

Ordnungsruf .............................................................................................................. ..... 12

Geschäftsbehandlung

Unterbrechung der Sitzung .......................................................................................... 14

Antrag der Abgeordneten Mag. Ewald Stadler, Mag. Dr. Martin Graf, Dr. Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Untersuchung der Causa „Kasachstan“ und der Causa „MobilTel“ gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung ................................. 93

Bekanntgabe ................................................................................................................... 36

Verlangen gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG .......................................................................................................... 36

Redner/Rednerinnen:

Mag. Ewald Stadler ................................................................................................. ..... 94

Otto Pendl ................................................................................................................ ..... 97

Werner Amon, MBA ............................................................................................... ..... 99

Mag. Dr. Martin Graf ............................................................................................... ... 100

Ing. Peter Westenthaler .......................................................................................... ... 101

Dr. Peter Pilz ............................................................................................................ ... 103

Ablehnung des Antrages .............................................................................................. 105

Ersuchen des Abgeordneten Ing. Norbert Hofer auf Unterbrechung der Sitzung und Abhaltung einer Sonderpräsidiale ............................................................................................................. 40

Wortmeldungen in diesem Zusammenhang:

Mag. Ewald Stadler ................................................................................................. ..... 41

Dr. Peter Pilz ............................................................................................................ ..... 42


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll44. Sitzung / Seite 2

Werner Amon, MBA ..................................................................................................... 44

Dr. Josef Cap ................................................................................................................ 45

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 12

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 12

Auslieferungsbegehren

gegen den Abgeordneten Gerhard Huber .................................................................... 13

Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung der Beschlüsse des Nationalrates vom 24. September 2008 zur Finanzierung der Universitäten (852/A)(E)              ............................................................................................................................... 14

Begründung: Dr. Eva Glawischnig-Piesczek .............................................................. 17

Bundeskanzler Werner Faymann ............................................................................... 22

Debatte:

Dr. Kurt Grünewald ................................................................................................ ..... 25

Dr. Josef Cap ........................................................................................................... ..... 34

Mag. Dr. Beatrix Karl ................................................................................................... 37

Mag. Dr. Martin Graf .............................................................................................  39, 55

Josef Bucher ........................................................................................................... ..... 46

Bundesminister Dr. Johannes Hahn .................................................................... ..... 48

Dr. Alexander Van der Bellen ..................................................................................... 50

Mag. Andrea Kuntzl ..................................................................................................... 52

Werner Amon, MBA ............................................................................................... ..... 54

Mag. Ewald Stadler ................................................................................................. ..... 68

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ...................................................................................... ..... 71

Dr. Sabine Oberhauser, MAS ................................................................................ ..... 74

Dr. Wolfgang Schüssel .......................................................................................... ..... 76

Dr. Walter Rosenkranz ........................................................................................... ..... 77

Mag. Rainer Widmann ............................................................................................ ..... 79

Dr. Harald Walser .................................................................................................... ..... 84

Mag. Laura Rudas ........................................................................................................ 85

Mag. Katharina Cortolezis-Schlager .......................................................................... 86

Stefan Petzner ......................................................................................................... ..... 88

Harald Vilimsky ....................................................................................................... ..... 89

Anna Franz .............................................................................................................. ..... 90

Gerald Grosz ........................................................................................................... ..... 91

Entschließungsantrag (Misstrauensantrag) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Wissenschaft und Forschung gemäß Artikel 74 Abs. 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes – Ablehnung  27, 92

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Dr. Beatrix Karl, Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Weiterentwicklung des österreichi­schen Hochschulwesens – Annahme (E 54)       58, 92


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll44. Sitzung / Seite 3

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend Nationalen Kraftakt, 12-Punkte-Plan für Österreichs Universitäten – Ablehnung ...  59, 92

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kollegin­nen und Kollegen betreffend Verhandlungen über Ausgleichszahlungen für deut­sche Studierende an Österreichs Universitäten – Ablehnung ................................................................................................................  73, 93

Entschließungsantrag der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „UNI-Bonus“ und „UNI-Card“ – Akutprogramm für die Uni­versitäten – Ablehnung ......................  81, 93

Ablehnung des Selbständigen Entschließungsantrages (852/A)(E) .............................. 92

Eingebracht wurden

Regierungsvorlagen ................................................................................................... 13

401: Protokoll über die strategische Umweltprüfung zum Übereinkommen über die Umweltverträglichkeitsprüfung im grenzüberschreitenden Rahmen

402: Internationales Tropenholz-Übereinkommen von 2006

Anträge der Abgeordneten

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung der Beschlüsse des Nationalrates vom 24. September 2008 zur Finanzierung der Universitäten (852/A)(E)

Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Zulassung von Trag­schraubern als Ultraleichtflugzeuge in Österreich (853/A)(E)

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „UNI-Bonus“ und „UNI-Card“ – Akutprogramm für die Universitäten (854/A)(E)

Stefan Petzner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Religionsunterrichtsgesetz 1949 geändert wird (855/A)

Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kostenübernahme für die Infrastruktur für barrierefreies Studieren (856/A)(E)

Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einrichtung einer zentralen Servicestelle für Studierende mit Behinderung (857/A)(E)

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend Nationalen Kraftakt, 12‑Punkte-Plan für Österreichs Universitäten (858/A)(E)

Anfragen der Abgeordneten

Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forst­wirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend österreichische Position zu „Land Use and Land Use Change and Forestry“ (3591/J)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend freie Planstellen und neues Dienstsystem bei der Wiener Polizei (3592/J)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend geeignete Büroinfrastruktur für Wiener Polizeidienststellen (3593/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll44. Sitzung / Seite 4

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Kreditkartenfälschungen und Kreditkartenbetrug (3594/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Kreditkartenfälschungen und Kreditkartenbetrug (3595/J)

Dr. Martin Strutz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend frag­würdige Vorgangsweise in Zusammenhang mit der Entscheidung über das österreichische Mitglied in der Europäischen Kommission (3596/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Geldzahlungen von ,Ratiopharm‘ an Ärzte – Korruption im Gesundheits­wesen“ (3597/J)

Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend versuchte Einflussnahme von Mitgliedern des Spitzelausschusses in anhän­gige Strafverfahren (3598/J)

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Einführung des „Schulfaches Zockerkunde“ (3599/J)

Dr. Harald Walser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Einführung des „Schulfaches Zockerkunde“ (3600/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Belastung der Anschlussbahnen durch Untätig­keit der Eisenbahnaufsicht (3601/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Beratungshonorare und Spesenabrechnung der Aufsichtsratsvorsitzenden von ÖBB und ASFINAG (3602/J)

Mag. Helene Jarmer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissen­schaft und Forschung betreffend Universitätsstudium für Menschen mit Behinderung (3603/J)

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend vermehrte Nichtbewilligung von verordneten Physiotherapien durch die Kran­kenversicherungsträger (3604/J)

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend geplante Einstellung des Schnellzugsverkehrs zwischen Linz und Graz (3605/J)

Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Werbung für einen Kinofilm auf der Homepage eines Ministeriums (3606/J)

Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst betreffend Werbung für einen Kinofilm auf der Homepage eines Ministeriums (3607/J)

Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für euro­päische und internationale Angelegenheiten betreffend Werbung für einen Kinofilm auf der Homepage eines Ministeriums (3608/J)

Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Werbung für einen Kinofilm auf der Homepage eines Ministeriums (3609/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll44. Sitzung / Seite 5

Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Werbung für einen Kinofilm auf der Homepage eines Ministeriums (3610/J)

Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesund­heit betreffend Werbung für einen Kinofilm auf der Homepage eines Ministeriums (3611/J)

Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Werbung für einen Kinofilm auf der Homepage eines Ministeriums (3612/J)

Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Werbung für einen Kinofilm auf der Homepage eines Ministeriums (3613/J)

Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend Werbung für einen Kinofilm auf der Homepage eines Ministeriums (3614/J)

Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Werbung für einen Kino­film auf der Homepage eines Ministeriums (3615/J)

Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Werbung für einen Kinofilm auf der Homepage eines Ministeriums (3616/J)

Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Werbung für einen Kinofilm auf der Homepage eines Ministeriums (3617/J)

Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirt­schaft, Familie und Jugend betreffend Werbung für einen Kinofilm auf der Homepage eines Ministeriums (3618/J)

Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend Werbung für einen Kinofilm auf der Homepage eines Ministeriums (3619/J)

Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirt­schaft, Familie und Jugend betreffend Auszahlung von Kinderbetreuungsgeld (3620/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Hauptschulabschluss auf Kosten des AMS (3621/J)

Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirt­schaft, Familie und Jugend betreffend die Familienbeihilfe nach dem Familienlasten­ausgleichsgesetz (3622/J)

Ing. Christian Höbart, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Badener Stadtpolizei (3623/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend gewerberechtliche Genehmigung von Kebap-Verab­reichungsplätzen im Rahmen des „kleinen Gastgewerbes“ (3624/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Suchvorgang im Internet nach der offiziellen Homepage der Österreich Werbung (3625/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll44. Sitzung / Seite 6

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Erhaltung der österreichischen alpinen Wanderwege (3626/J)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Aufwen­dungen des BKA für Pressemitarbeiter (3627/J)

Herbert Kickl, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesver­teidigung und Sport betreffend Förderung von Sportlern mit Dopingsperre (3628/J)

Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend Besetzung von Vertragsprofessuren an staatlichen Musikhochschulen und Universitäten (3629/J)

Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wis­senschaft und Forschung betreffend Studentenstreik und Auswirkungen auf die Kunstuniversitäten in Österreich (3630/J)

Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Entwicklung der Besucherzahlen in den österreichischen Bundesmuseen in den Quartalen 1-3/2009 (3631/J)

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Einsatz von Diensthunden der Polizei in Justizanstalten (3632/J)

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen an den Bundes­minis­ter für Gesundheit betreffend H1N1-Impfung für Kinder (3633/J)

Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Ungereimtheiten beim österreichischen EU-Nettobeitrag (3634/J)

Ing. Christian Höbart, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend polizeiliche Kriminalstatistik Niederösterreich (3635/J)

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend den Rechnungshofbericht Bund 2009/11 (3636/J)

Dr. Johannes Hübner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für euro­päische und internationale Angelegenheiten betreffend die Ausarbeitung von Gesetz­entwürfen (3637/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Frage nach der persönlichen politischen Ausrichtung bei einem Bewer­bungsgespräch (3638/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Zwangsernährung 2009 (3639/J)

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Gesamtkriminalität in Österreich 2009 (3640/J)

Werner Amon, MBA, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend die Zuteilung und Berechnung von Werteinheiten und richtige Schulwahl an allgemeinbildenden höheren Schulen (3641/J)

Dr. Martin Strutz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz be­treffend ein angebliches Treffen zwischen der Bundesministerin für Justiz und dem Anwalt von Ex-Minister Grasser, dem Beschuldigten in der BUWOG-Affäre (3642/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll44. Sitzung / Seite 7

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Einführung einer edu.Card (3643/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „Geldzahlungen von ,Ratiopharm‘ an Ärzte – Korruption im Gesundheits­wesen“ (3644/J)

Mag. Josef Auer, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Verbringung von verunfallten SchifahrerInnen zu WahlärztInnen und Privat­kliniken (3645/J)

Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend gesetzwidrige Haltung von Legehennen in Käfigen durch einen ÖVP-Bürgermeister und Untätigkeit der Behörden (3646/J)

Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend gesetzwidrige Haltung von Legehennen in Käfigen durch einen ÖVP-Bürgermeister und Untätigkeit der Behörden (3647/J)

Ing. Mag. Hubert Kuzdas, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend rechtliche Situation von Ferial­praktikantInnen und FerialarbeiterInnen in österreichischen Betrieben und im öffent­lichen Dienst (3648/J)

Ing. Mag. Hubert Kuzdas, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend FerialpraktikantInnen und FerialarbeiterInnen im öffentlichen Dienst (3649/J)

Ing. Mag. Hubert Kuzdas, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst betreffend FerialpraktikantInnen und FerialarbeiterInnen im öffentlichen Dienst (3650/J)

Ing. Mag. Hubert Kuzdas, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend FerialpraktikantInnen und FerialarbeiterInnen im öffentlichen Dienst (3651/J)

Ing. Mag. Hubert Kuzdas, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend FerialpraktikantInnen und FerialarbeiterInnen im öffentlichen Dienst (3652/J)

Ing. Mag. Hubert Kuzdas, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend FerialpraktikantInnen und FerialarbeiterInnen im öffentlichen Dienst (3653/J)

Ing. Mag. Hubert Kuzdas, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend FerialpraktikantInnen und FerialarbeiterInnen im öffentlichen Dienst (3654/J)

Ing. Mag. Hubert Kuzdas, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend FerialpraktikantInnen und FerialarbeiterInnen im öffentlichen Dienst (3655/J)

Ing. Mag. Hubert Kuzdas, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung und Sport betreffend FerialpraktikantInnen und FerialarbeiterInnen im öffentlichen Dienst (3656/J)

Ing. Mag. Hubert Kuzdas, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend FerialpraktikantInnen und FerialarbeiterInnen im öffentlichen Dienst (3657/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll44. Sitzung / Seite 8

Ing. Mag. Hubert Kuzdas, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend FerialpraktikantInnen und FerialarbeiterInnen im öffentlichen Dienst (3658/J)

Ing. Mag. Hubert Kuzdas, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend FerialpraktikantInnen und Ferial­arbeiterInnen im öffentlichen Dienst (3659/J)

Ing. Mag. Hubert Kuzdas, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend FerialpraktikantInnen und Ferial­arbei­terInnen im öffentlichen Dienst (3660/J)

Ing. Mag. Hubert Kuzdas, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wis­senschaft und Forschung betreffend FerialpraktikantInnen und FerialarbeiterInnen im öffentlichen Dienst (3661/J)

Ernest Windholz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend geheimste Zahl der Republik (3662/J)

Ernest Windholz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Zulagen und Nebengebühren im Bereich des Bundeskanzleramtes (3663/J)

Ernest Windholz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst betreffend Zulagen und Nebengebühren im Bereich des Bundes­ministeriums für Frauen und öffentlichen Dienst (3664/J)

Ernest Windholz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Zulagen und Nebengebühren im Be­reich des Bundesministeriums für europäische und internationale Angelegenheiten (3665/J)

Ernest Windholz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Zulagen und Nebengebühren im Bereich des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (3666/J)

Ernest Windholz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Zulagen und Nebengebühren im Bereich des Bundesministeriums für Finanzen (3667/J)

Ernest Windholz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit betreffend Zulagen und Nebengebühren im Bereich des Bundesministeriums für Ge­sundheit (3668/J)

Ernest Windholz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Zulagen und Nebengebühren im Bereich des Bundesministeriums für Inne­res (3669/J)

Ernest Windholz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Zulagen und Nebengebühren im Bereich des Bundesministeriums für Justiz (3670/J)

Ernest Windholz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung und Sport betreffend Zulagen und Nebengebühren im Bereich des Bundesministeriums für Landesverteidigung und Sport (3671/J)

Ernest Windholz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Zulagen und Nebengebühren


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll44. Sitzung / Seite 9

im Bereich des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Was­serwirtschaft (3672/J)

Ernest Windholz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Zulagen und Nebengebühren im Bereich des Bundes­ministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur (3673/J)

Ernest Windholz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Zulagen und Nebengebühren im Bereich des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie (3674/J)

Ernest Windholz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Zulagen und Nebengebühren im Bereich des Bun­desministeriums für Wirtschaft, Familie und Jugend (3675/J)

Ernest Windholz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung betreffend Zulagen und Nebengebühren im Bereich des Bundes­ministeriums für Wissenschaft und Forschung (3676/J)

Peter Haubner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend die Erhöhung der Tarife im nationalen unbe­glei­teten Kombinierten Verkehr durch die Rail Cargo Austria AG sowie gleiche Rahmen­bedingungen für die Marktteilnehmer am österreichischen Eisenbahnmarkt (3677/J)

Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur betreffend pathologisch-anatomisches Bundesmuseum im Narren­turm (3678/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidi­gung und Sport betreffend keine Behandlung von Versicherten der WGKK durch Heereskrankenanstalten (3679/J)

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­vertei­digung und Sport betreffend Möglichkeiten des Lufttransportes von mehreren Patienten durch das österreichische Bundesheer (3680/J)

Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend betreffend Teilnehmerliste an den Workshops für eine neue Tourismusstrategie (3681/J)

Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend Maßnahmen gegen die Arbeitslosigkeit (3682/J)

Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend unzureichende Maßnahmen gegen die Schließung von Postämtern (3683/J)

Zurückgezogen wurde die Anfrage der Abgeordneten

Leopold Mayerhofer, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Verleumdungsanzeigen von Polizeibeamten (3000/J) (Zu 3000/J)

Anfragebeantwortungen

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen (2949/AB zu 2990/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll44. Sitzung / Seite 10

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (2950/AB zu 2968/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (2951/AB zu 2970/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen (2952/AB zu 2972/J)

der Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst auf die Anfrage der Abge­ordneten Ing. Christian Höbart, Kolleginnen und Kollegen (2953/AB zu 3028/J)

der Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen (2954/AB zu 3109/J)

der Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst auf die Anfrage der Abge­ordneten Gerhard Köfer, Kolleginnen und Kollegen (2955/AB zu 3113/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen (2956/AB zu 2999/J)

der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen (2957/AB zu 3099/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Köfer, Kolleginnen und Kollegen (2958/AB zu 3081/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen (2959/AB zu 3266/J)

der Bundesministerin für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Johannes Jarolim, Kolleginnen und Kollegen (2960/AB zu 2973/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen (2961/AB zu 2975/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen (2962/AB zu 2976/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen (2963/AB zu 3010/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen (2964/AB zu 3011/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (2965/AB zu 3014/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (2966/AB zu 3015/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (2967/AB zu 3026/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abge­ordneten Mag. Josef Auer, Kolleginnen und Kollegen (2968/AB zu 3040/J)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll44. Sitzung / Seite 11

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeord­neten Mag. Josef Auer, Kolleginnen und Kollegen (2969/AB zu 3041/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (2970/AB zu 3060/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen (2971/AB zu 3102/J)

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Köfer, Kolleginnen und Kollegen (2972/AB zu 3111/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Martin Strutz, Kolleginnen und Kollegen (2973/AB zu 3122/J)

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen (2974/AB zu 3160/J)


09.00.41


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll44. Sitzung / Seite 12

Beginn der Sitzung: 9 Uhr

Vorsitzende: Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Zweiter Präsident Fritz Neugebauer.

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Präsident Fritz Neugebauer: Guten Morgen, meine Damen und Herren! Ich eröffne die 44. Sitzung des Nationalrates, die aufgrund eines ausreichend unterstützten Ver­langens gemäß § 46 Abs. 6 des Geschäftsordnungsgesetzes einberufen wurde.

Das Amtliche Protokoll der 43. Sitzung vom 5. November 2009 ist in der Parlaments­direktion aufgelegen und unbeanstandet geblieben.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Mag. Wurm, Mag. Donnerbauer, Dr. Plassnik, Schittenhelm, Dr. Sonnberger, Weinzinger, Jury und Scheibner.

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Meine Damen und Herren! Ich habe das Stenographische Protokoll der Rede des Herrn Abgeordneten Dr. Peter Pilz in der letzten Sitzung durchgesehen. Wie dem Protokoll dieser Plenarsitzung zu entnehmen ist, hat sich Dr. Peter Pilz der Aus­drucksweise „die Verbrechen der Österreichischen Volkspartei“ bedient und damit eine ganze politische Partei des Hohen Hauses beleidigt. Ich missbillige diese Aus­drucksweise und erteile Herrn Abgeordnetem Dr. Peter Pilz einen Ordnungsruf. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und BZÖ.)

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

 


Präsident Fritz Neugebauer: Für diese Sitzung hat das Bundeskanzleramt über Ver­tretung von Mitgliedern der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht:

Der Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Dr. Michael Spindelegger wird durch den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich vertreten.

09.02.12Einlauf und Zuweisungen

 


Präsident Fritz Neugebauer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 3591/J bis 3640/J;

Zurückziehung: 3000/J;

2. Anfragebeantwortungen: 2949/AB bis 2974/AB.

B. Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll44. Sitzung / Seite 13

Immunitätsausschuss:

Ersuchen der Staatsanwaltschaft Wien (501 St 75/09t) um Zustimmung zur behörd­lichen Verfolgung des Abgeordneten zum Nationalrat Gerhard Huber wegen des Verdachtes strafbarer Handlungen nach §§ 12 zweiter Fall, 15 und 75 bzw. §§ 12 zweiter Fall, 15 und 87 Abs. 1 sowie § 133 Abs. 1 StGB;

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:

Familienausschuss:

Antrag 846/A(E) der Abgeordneten Tanja Windbüchler-Souschill, Kolleginnen und Kollegen betreffend Gesetzentwurf über die Grundsätze für soziale Arbeit mit Familien und Erziehungshilfen für Kinder und Jugendliche;

Finanzausschuss:

Antrag 849/A der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz über die Gewährung eines Bundeszuschusses an das Bundesland Kärnten aus Anlass der 90. Wiederkehr des Jahrestages der Volksabstimmung,

Antrag 850/A(E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Streichung der steuerlichen Förderung kapitalgedeckter Pensionsvorsorge (private Altersvorsorge als 3. Säule „prämienbegünstigte Zukunftsvorsorge“);

Gesundheitsausschuss:

Antrag 842/A(E) der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung der Toleranzvereinbarungen „Mindestanforderungen für die Haltung von Rindern in bergbäuerlichen und kleinbäuerlichen Betrieben“;

Justizausschuss:

Antrag 847/A der Abgeordneten Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen be­treffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gerichtsgebührengesetz geändert wird;

Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft:

Antrag 841/A(E) der Abgeordneten Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen be­treffend Importverbot von Agro-Energiestoffen);

Tourismusausschuss:

Antrag 843/A(E) der Abgeordneten Maximilian Linder, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Dringlichkeit der Halbierung des Mehrwertsteuersatzes für Beherber­gungsdienstleistungen;

Umweltausschuss:

Geodateninfrastrukturgesetz – GeoDIG (400 d.B.),

Protokoll über die strategische Umweltprüfung zum Übereinkommen über die Umwelt­verträglichkeitsprüfung im grenzüberschreitenden Rahmen (401 d.B.);

Verfassungsausschuss:

Antrag 840/A der Abgeordneten Stefan Petzner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das ORF-Gesetz geändert wird;


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll44. Sitzung / Seite 14

Verkehrsausschuss:

Antrag 851/A(E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend weitergehende Fahrgastrechte im Bahn-Fernverkehr nach dem Vorbild anderer europäischer Staaten;

Ausschuss für Wirtschaft und Industrie:

Internationales Tropenholz-Übereinkommen von 2006 (402 d.B.);

Wissenschaftsausschuss:

Antrag 844/A(E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Qualitätsverbesserung an österreichischen Hochschulen,

Antrag 845/A(E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend sofortiges Notbudget von 200 Millionen € für Universitäten,

Antrag 848/A(E) der Abgeordneten Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend Uni-Milliarde und 2 Prozent BIP Ziel bis 2015.

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Ankündigung eines Dringlichen Antrages

 


Präsident Fritz Neugebauer: Der Grüne Klub hat gemäß § 74a Abs. 2 der Ge­schäftsordnung das Verlangen gestellt, den Selbständigen Entschließungs­an­trag 852/A(E) der Abgeordneten Dr. Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung der Beschlüsse des Nationalrates vom 24. September 2008 zur Finanzierung der Universitäten dringlich zu behandeln.

Der Aufruf des Dringlichen Antrages wird um 12 Uhr erfolgen.

Ich gebe bekannt, dass die Sitzung von 12 Uhr bis 13 Uhr und von 13.15 Uhr bis 15.10 Uhr vom ORF live übertragen wird.

Ich unterbreche die Sitzung bis 12 Uhr.

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(Die Sitzung wird um 9.03 Uhr unterbrochen und um 12 Uhr wieder aufgenommen.)

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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

12.00.46Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung der Beschlüsse des Nationalrates vom 24. September 2008 zur Finanzierung der Universitäten (852/A)(E)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zur dringlichen Behandlung des Selbständigen Antrages 852/A(E).

Da dieser inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich dessen Ver­lesung durch die Frau Schriftführerin.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll44. Sitzung / Seite 15

Der Dringliche Antrag hat folgenden Wortlaut:

Begründung

Alle Parlamentsparteien bekannten sich 2007 einstimmig dazu, bis 2020 2 % des BIP für Universitäten und Fachhochschulen aufzuwenden. Am 24. September 2008 wurden im Nationalrat neuerlich Beschlüsse über den dazu notwenigen Budgetpfad gefasst und die Regierung aufgefordert, eine ausreichende Finanzierung der Universitäten sicherzustellen. Neben der weitgehenden Abschaffung der Studiengebühren wurden konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der universitären Ressourcen beschlossen. Diese Anträge warten immer noch auf die Umsetzung.

Das am BIP gemessene Hochschulbudget ist der wichtigste und aussagekräftigste Indikator für die Messung der Hochschulausgaben eines Landes. In Österreich stagnieren diese seit 2000 bei rund 1 %, sinken tendenziell sogar und liegen damit signifikant unter dem OECD-Schnitt. Vorbildnationen wie Finnland und Schweden geben ca. 1,7 % am BIP für ihre Hochschulen aus. Die im internationalen Vergleich offensichtliche Unterdotierung der Universitäten ist verbunden mit einer fehlenden Bil­dungsstrategie das wesentliche Hemmnis einer zukunftsweisenden Weiterentwicklung der österreichischen Bildungs- und Forschungspolitik: Zusammen mit dem Mangel an klaren Zielvorstellungen der Regierung über die Aufgaben von Universitäten und Fachhochschulen gerät Österreich zum europäischen Nachzügler.

Aufgrund der restriktiven Budgets wurden weiters über Jahre wichtige Professuren nicht nach besetzt, der Mangel an HochschullehrerInnen bedingt teils untragbare Betreuungsverhältnisse für Studierende und damit verbundene Qualitätseinbußen in der Lehre. Studienverzögerungen sind ein Resultat davon. Laut Universitätsbericht 2008 werden zwischen 2009 bis 2010 voraussichtlich 580 ProfessorInnenstellen auf­grund von Pensionierungen/Emeritierungen vakant – womit mehr als ein Viertel aller Stellen neu zu besetzen sind.

Seit Jahren kritisiert die OECD auch, dass Österreich zu wenig Studierende hat, wodurch unsere niedrigen AkademikerInnenquoten zumindest teilweise erklärbar sind. Eine große Belastung für viele Studierende und somit vielfach auch eine Begründung für „Drop out“-Raten ist die Notwendigkeit, neben dem Studium noch einer Erwerbs­tätigkeit nachgehen zu müssen. Zuletzt lag die Erwerbstätigkeitsquote von Stu­dierenden bei über 80 Prozent. Erwerbstätigkeit neben der Berufsausbildung führt oft zu Zeitverzögerungen im Studium und dadurch zum Verlust wichtiger Beihilfen. Weniger als 20 % der Studierenden in Österreich beziehen Studienbeihilfe. Eine Ver­besserung und Verbreiterung unseres Stipendiensystems ist daher dringend not­wendig.

Zahlreiche Universitätsstandorte klagen über Raumnot, Sanierungsbedarf und die Nichterfüllung von ArbeitnehmerInnenschutzbestimmungen. Von Seiten der Univer­sitätenkonferenz (UNIKO) wurden unter dem Titel „Großsanierungen“ die offenen Bau- und Sanierungsprojekte (Stand August 2009) mit einem Finanzierungsbedarf von 1,6 Milliarden Euro für die Errichtungskosten und zusätzlich 300 Millionen für Einrich­tungskosten erhoben.

Mit der Autonomie der Universitäten wurde von den Rektoren auch die Übernahme universitärer Liegenschaften gefordert. Das ursprüngliche Versprechen, diesem Wunsch zu entsprechen, wurde von der Regierung nicht eingelöst, die Universitäten zahlen jährliche Mieten in der Höhe von rund 200 Millionen Euro an die Bun­desimmobiliengesellschaft (BIG).


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll44. Sitzung / Seite 16

Den Universitäten müssen noch heuer mindestens 200 Millionen Euro additiv zu Studiengebührenersatz, Kollektivvertrag und notwendigen Sanierungsmassnahmen zur Verfügung gestellt werden. Dabei sollen 100 Millionen Euro aus dem Budget als Son­dermittel zugewiesen werden, damit umgehend 100 ProfessorInnenstellen nach­besetzt, 100 neue wissenschaftliche MitarbeiterInnen finanziert und einige der dring­lichsten Bau- und Sanierungsprojekte vorgezogen werden können.

Weiters wird die Bundesregierung aufgefordert, Maßnahmen zu treffen, die zu einer 50%igen Mietreduktion durch die BIG führen und somit die universitären Budgets um weitere 100 Millionen Euro entlasten. Damit soll die dringend notwendige Ausweitung von Stipendien bzw. der Zahl der StudienbeihilfebezieherInnen auf EU-Niveau um­gesetzt werden. Ziel sollte schon nächstes Jahr die budgetäre Umsetzung des Finan­zierungspfades sein, wie ihn die UNIKO zur Zielerreichung der 2 % am BIP errechnet hat.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Antrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung und insbesondere der Bundeskanzler werden aufgefordert, die Beschlüsse des Nationalrats vom 24. September 2008 betreffend die Finanzierung der Universitäten rasch umzusetzen:

1) Durch öffentliche und private Investitionen sollen die Budgets für den tertiären Bildungssektor ab dem Jahr 2009 bis spätestens 2020 auf 2 % des BIP erhöht werden – das sind jährliche Steigerungen von mindestens 200 Mio. Euro zusätzlich. Die Globalbudgetierung der Universitäten soll daher – im Vergleich mit dem Budget des Jahres 2008 – im Jahr 2009 um 200, im Jahr 2010 um 400, im Jahr 2011 um 600, im Jahr 2012 um 800 Mio. Euro erhöht werden.

Die Betreuungsrelationen von Lehrenden und Studierenden soll verbessert und neue attraktive Angebote für berufstätige StudentInnen, wie Teilzeitstudium und E-Learning, eingerichtet werden. Es sind Maßnahmen zu setzen, die die Qualität der Lehre und Forschung steigern sowie zu lange Studienzeiten und Drop out´s auf ein Minimum reduzieren. Zusätzlich ist die vollständige Finanzierung des ausverhandelten Kollektiv­vertrages für Universitätsbedienstete im Budget 2009 sicherzustellen. (891/A(E) XXIII. GP).

2) Die Bundesregierung wird aufgefordert, in der Budgetplanung für die Bereitstellung von zusätzlichen 30 Mio. Euro jährlich in den Jahren 2009, 2010, 2011 und 2012 für Vorziehprofessuren und andere Hochschullehrer Sorge zu tragen. Diese zusätzlichen Mittel sollen schwerpunktmäßig den Universitäten zur Verfügung gestellt werden, die vom Wegfall der Zugangsbeschränkungen betroffen sind. (448/UEA XXIII. GP).

In formeller Hinsicht wird die dringliche Behandlung dieses Antrags unter Verweis auf § 74a GOG iVm § 93 Abs. 2 GOG verlangt.

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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich erteile nun Frau Klubvorsitzender Dr. Glawischnig-Piesczek als Antragstellerin zur Begründung des Dringlichen Antrages das Wort. Gemäß § 47a Abs. 5 der Geschäftsordnung darf die Redezeit 20 Minuten nicht überschreiten. – Bitte.

 



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12.01.21

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Bun­deskanzler! Herr Wissenschaftsminister! Frau Bildungsministerin! Geschätzte Kolle­ginnen und Kollegen! Verehrte Zuseherinnen und Zuseher auf der Galerie und zu Hause vor den Fernsehschirmen! Drei Wochen ist es nun her, dass die Studierenden zu Protestmaßnahmen gegriffen haben und Hörsäle besetzt haben. Der Anlass dazu war offensichtlich nicht etwas Konkretes, nämlich zum Beispiel das Streichen einer Sozialeistung, die sie betrifft, sondern Grund dafür war das Erreichen einer Schmerz­grenze im gesamten Bildungssystem, vor allem an den Universitäten. Stichworte: Raumnot, Sanierungsbedarf, Chaos, Frustration über prekäre Arbeitsverhältnisse, Burn-out, hohe Drop-out-Raten, Als-ob-Betreuung, stundenlanges Warten vor den Hörsälen, Proteste auf allen Ebenen, sei es nun im Audi Max oder draußen, Proteste im Mittelbau und auch harsche Kritik vonseiten der Rektoren.

Insgesamt ist das, glaube ich, eine sehr besorgniserregende Situation – auch für das politische System –, und es wäre falsch, das nicht ernst zu nehmen, und deswegen haben wir diese heutige Sondersitzung beantragt. Diese Probleme dürfen nicht länger unter den Teppich gekehrt werden, da bedarf es einer raschen Lösung. Wir wollen aber keine Symptombekämpfung, sondern wir wollen, dass es tatsächlich eine echte Diskussion, einen ernsten Dialog mit all diesen Menschen im Bildungssystem gibt, dass es nicht weniger Studierende gibt und mehr Barrieren, sondern umgekehrt: mehr Menschen, die Zugang zur Bildung haben, und den Abbau von Barrieren. Das ist unser Ziel auch heute! (Beifall bei den Grünen.)

Die Proteste haben etwas sehr Bemerkenswertes ausgelöst – und das ist, glaube ich, ganz wichtig –: Es geht da nicht nur um die Unis, sondern es geht da um eine breite Diskussion um das ganze Bildungssystem: Wem sollen die Universitäten dienen? Was ist der Sinn und Zweck eines Studiums? Wer soll Zugang zur Bildung erhalten? Wo sind tatsächlich die echten Barrieren im Bildungssystem?

Das ist eine Diskussion, vor der sich die politisch Verantwortlichen viele, viele Jahre gedrückt haben. Es ist bezeichnend, dass die Studentinnen und Studenten den Schulterschluss mit Schülerinnen und Schülern gesucht haben, mit vielen Menschen, die im Bildungssystem arbeiten, zum Beispiel mit den Kindergartenpädagoginnen und Kindergartenpädagogen, und dass sie das Bild gewählt haben, dass die Uni „brennt“.

Meiner Meinung nach „brennt“ das ganze Bildungssystem in Österreich, und wir sind heute aufgerufen, Lösungen und Antworten zu geben. (Beifall bei den Grünen.)

Den Studierenden gebühren großer Respekt und Hochachtung dafür, dass sie diese Diskussion so breit angelegt haben. Sie kämpfen nicht um Einzelanliegen, sondern um ein neues Bildungssystem und um neue Universitäten. Das verdient aus meiner Sicht Hochachtung.

Weniger Hochachtung verdient aus meiner Sicht, aus unserer Sicht im Moment die Reaktion der offiziellen Politik und der Verantwortlichen. Die Reaktion Ihres Wissen­schaftsministers, Herr Bundeskanzler, war zu Beginn extrem zynisch. Es ist extrem zynisch, zu sagen, es gehöre halt zu einem Studentenleben dazu, dass man einmal protestiert.

Ich bin nicht der Meinung, dass es zum Leben eines Studenten/einer Studentin dazu­gehört, protestieren zu müssen, um überhaupt studieren zu können, um barrierefrei studieren zu können. Im Gegenteil: Das sollte eine Selbstverständlichkeit sein! Man sollte in Österreich von einem Grundrecht auf Bildung ausgehen können. (Beifall bei den Grünen.)


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Die Bezeichnung „irgendwelche Studenten“ gibt einem das Gefühl: Die sind ja nicht legitimiert, dass ich mich mit ihnen zusammensetze! – Ich finde, jeder Bürger/jede Bür­gerin ist grundsätzlich legitimiert, an einen Minister heranzutreten und über Missstände reden zu können. (Beifall bei den Grünen.)

Erst einen Monat und drei Tage nach Ausbruch dieser Proteste einen Dialog anzu­bieten, das kommt einer echten Provokation gleich!

Herr Bundeskanzler Faymann, Sie haben gesagt, Sie stellen sich hinter Ihren Wis­senschaftsminister. – Allerdings: Ihr Wissenschaftsminister ist bereits mit einem Fuß oder mit beiden Füßen in Brüssel und hinterlässt an den Universitäten Österreichs einen echten Scherbenhaufen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Bundesminister Hahn ist nicht mehr handlungsfähig, er ist auch nicht mehr paktfähig. Er hat das erste Dialogangebot erst ausgesprochen, als er zum Kommissar nominiert wurde. Und er hat noch dazu behauptet, dass er hier eine gute Situation hinterlässt, dass alles in Ordnung ist. Zeitgleich protestieren jedoch tausende junge Menschen auf den Straßen in den Hauptstädten Wien, Linz, Klagenfurt und Graz.

Das ist krasse Realitätsverweigerung – ja krasseste Realitätsverweigerung! – und damit auch ein Beleg dafür, dass die Regierung in dieser Krise nicht gewillt ist, das Problem ernsthaft zu lösen, denn sie schickt jetzt einen Minister in Dialoge, in Ge­spräche, der eigentlich nicht mehr paktfähig ist. Was kann er jetzt noch versprechen? Was kann er jetzt noch wirklich ändern und tun?

Daher wollen wir von Ihnen, Herr Bundeskanzler, dass Sie den protestierenden Studenten in Österreich einen paktfähigen Dialogpartner zur Verfügung stellen, näm­lich einen Wissenschaftsminister, der tatsächlich das Problem lösen will und es nicht nur aussitzt und darauf hofft, dass die Proteste irgendwann einmal in sich zusam­menbrechen. Dass das nicht passiert, dafür werden wir jedenfalls sorgen! (Beifall bei den Grünen.)

Sie hätten die Chance gehabt, Herr Bundeskanzler, einen neuen/eine neue Wissen­schaftsminister/-ministerin zu bestellen und damit ein deutliches Zeichen zu setzen: Ja, wir wollen eine Lösung! Bei der Vorgangsweise, wie sie jetzt angelegt ist, ist der Verdacht mehr als erhärtet, dass es nur darum geht, den Status quo zu verteidigen, das Ganze auszusitzen und weiter so vorzugehen wie bisher. Deswegen werden wir heute einen Misstrauensantrag gegen Wissenschaftsminister Hahn stellen. (Beifall bei den Grünen.)

Die Studierenden in Klagenfurt haben am 10. November, also vor ein paar Tagen, prominente Unterstützung erhalten. Es war der Ex-Bundeskanzler Gusenbauer, der sich vor ein Plakat mit der Aufschrift „2 % vom BIP“ gestellt hat und sich mit den protestierenden Studenten und Studentinnen fotografieren ließ. Er hat sich auf die Seite der Studierenden gestellt, die damit eine Verdoppelung des Universitätsbudgets in den nächsten Jahren fordern.

Herr Bundeskanzler Faymann, eine der wesentlichen Fragen, die wir heute klären möchten, ist: Auf welcher Seite stehen Sie denn eigentlich?

Die letzten Tage waren aus meiner Sicht geprägt von völliger Orientierungslosigkeit der SPÖ: zuerst schweigen, dann eine Solidaritätserklärung für die Studentinnen und Studenten, dann die Meinung, dass man die Uni-Besetzungen gar nicht gut findet, dann ein Eintreten gegen Zugangsbeschränkungen, dann ein Ja für Zugangs­beschrän­kungen, an manchen Tagen sogar mehrere Presseaussendungen, die aneinander wider­sprechen. Also völlige Orientierungslosigkeit! (Ruf bei der FPÖ: Der muss einen Doppelgänger haben!) Oder mehrere Personen, mehrere Faymanns – multiple Per­sönlichkeit. Jedenfalls: Kein Ansatz, dieses Problem ernsthaft anzugehen und so


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etwas wie Leadership zu entwickeln, die Lösung einer akuten Uni-Krise zur Chefsache zu machen und als Bundeskanzler Leadership zu zeigen!

Herr Bundeskanzler, Sie können heute Vorschläge bringen, wir warten gespannt darauf – nicht nur wir, sondern auch viele, die heute da sind! Wir warten sehr gespannt auf Ihre Vorschläge, wie Sie die Studienbedingungen, die inakzeptabel sind, verbes­sern wollen, wie Sie die chronische Unterfinanzierung, die chronische Aushungerung der Universitäten über Jahre hinweg nun lösen wollen, wie Sie die Situation ändern wollen, dass alle Studien Österreichs im internationalen Vergleich nicht im Mittelfeld, sondern am Ende der Liste stehen.

Wie wollen Sie es ändern, Herr Bundeskanzler, dass viele junge Menschen ihrer Zukunft und auch ihrer Zukunftschancen beraubt werden dadurch, dass ihnen bei der Bildung unheimliche Barrieren in den Weg gelegt werden?

Ich möchte an dieser Stelle einen besonderen Punkt aufgreifen: Es sind heute auch einige Menschen hier, die gehörlos sind. Wissen Sie, wie es ist, mit einer Behinderung in Österreich zu studieren? Das ist eine echte Herausforderung! Diese Menschen werden tatsächlich in ihrem Recht auf Bildung absolut beschränkt, die haben nicht einmal eine Chance. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Bundeskanzler, wir warten heute auf Antworten auf unsere Forderungen in unse­rem Dringlichen Antrag. Eine Antwort möchten wir aber vorweg haben auf die Frage: Wie halten Sie es mit Versprechen?

Ich habe ein Zitat von Ihnen aus dem letzten Jahr gefunden, wo Sie es zu Ihrem Motto erklärt haben, den Menschen „nichts zu versprechen, was man nicht halten kann. Man müsse Zielsetzungen und Umsetzungsmöglichkeiten in Einklang bringen, um das Ver­trauen und die Glaubwürdigkeit nicht zu verlieren“.

Ja, das kann man nur unterstreichen. Das ist Ihr Motto, Herr Bundeskanzler! Das haben Sie zumindest so ausgegeben.

Herr Bundeskanzler, wie halten Sie es nun wirklich mit Versprechen? – Wie halten Sie es etwa mit Versprechen, die das Parlament gegeben hat, und zwar nicht nur einmal, sondern mehrmals, mit Mehrheit, mit Einstimmigkeit? Wie halten Sie es mit Ver­sprechen von Regierungsparteien in ihren Regierungserklärungen, von der SPÖ mehr­mals, von der ÖVP mehrmals? Wie halten Sie es mit Ihrem persönlichen Versprechen, das Sie vor zehn Tagen erneuert haben, nämlich das Uni-Budget tatsächlich zu ver­doppeln und damit genau jenen Weg zu gehen, den viele internationale Institutionen, allen voran die OECD, vorschlagen, nämlich die berühmten 2 Prozent Anteil der Wirtschaftsleistung in den Uni-Sektor hineinzustecken?

Wie halten Sie es mit diesem Versprechen? Das ist der Inhalt unseres Dringlichen Antrages heute. Wir wollen nicht mehr, aber auch nicht weniger, als dass dieses Versprechen endlich eingelöst wird. (Beifall bei den Grünen.)

Das war 2008 in dem Antrag enthalten, den der Kollege Broukal seinerzeit verhandelt hat, auch der Kollege Graf und der Kollege Grünewald, wo dieses Haus mehrheitlich bekräftigt hat, man solle dieses Ziel raschestmöglich in Angriff nehmen, mit einem Fahrplan, mit ganz konkreten Zielsetzungen, wie jedes Jahr das Budget erhöht werden soll. Und da drängt sich mir die Frage auf, warum das überhaupt keine Bindungs­wirkung, weder für einen Bundeskanzler noch für einen Wissenschaftsminister noch für einen Finanzminister, hat, nämlich, das ernst zu nehmen? Vor allem Sie persönlich, Herr Bundeskanzler, frage ich das, wenn Sie es mit Versprechen schon so genau nehmen!


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Das ist der Inhalt unseres Dringlichen Antrages. Wir wollen dieses Ziel heute durch­setzen. Wir möchten, dass dieses Versprechen endlich eingelöst wird. Es ist bemer­kenswert, dass Sie das nicht tun, während viele Länder in Europa aufgrund der Wirt­schaftskrise Konjunkturpakete geschnürt haben, die sogar über das hinausgehen, was wir heute hier verlangen, die die Krise als Chance genutzt haben, Konjunkturpakete im Bereich der Bildung zu schnüren.

Sie können heute auch eine Antwort darauf geben, warum das Wirtschafts­forschungs­institut – jenes Institut, das Sie sich halten, um Wirtschaftspolitik vorzugeben – kritisiert, dass Österreich in Beton investiert und nicht in Bildung. –Warum drehen wir das nicht um? Heute wäre ein erster Schritt dazu möglich. (Beifall bei den Grünen.)

Natürlich gibt es eine Vorgeschichte zu diesem Uni-Notstand: Das ist der Bildungs­abbau unter Schwarz-Blau seit dem Jahr 2000. (Ruf bei der FPÖ: Na geh!) Selbstver­ständlich! Beispiele dafür sind: der sinkende Anteil der Bildungsausgaben in all diesen Jahren, „Feuerwehr-Aktionen“, Notverordnungen. Ich erinnere da auch an die Bil­dungsministerin Gehrer, die lange Zeit für den Bereich Bildung verantwortlich war. Die ÖVP hat schon bald zehn Jahre Bildungsverantwortung in Österreich.

Herr Bundeskanzler, ich frage Sie, warum Sie durchgehen lassen, dass der Finanz­minister und Chef der ÖVP so tut, als würde ihn das alles überhaupt nichts angehen, als würde ihn die chronische Unterfinanzierung des Bildungsbereichs überhaupt nichts angehen, und er extrem respektlos mit den Studierenden umgeht –extrem respekt­los! –, indem er in Bezug auf die Proteste der Studierenden von Aktionismus und Blockade spricht und sagt, nur zu protestieren und andere am Studieren zu hindern, sei falsch.

Vielleicht beantworten Sie auch einmal die Frage: Wer blockiert denn hier wirklich? Wer ist denn der Oberblockierer in der Bildungspolitik? Wer verhindert? – Meiner Meinung nach ist es der Herr Finanzminister! (Beifall bei den Grünen.)

Er hat es auch nicht wert gefunden, heute hier zu erscheinen. Wäre schön gewesen. (Abg. Kopf: Der kommt noch!) Ja, vielleicht kommt er noch.

Die Respektlosigkeit muss ich noch einmal erläutern, denn das ist vielleicht nicht allen bekannt. Der Vizekanzler spricht im Zusammenhang mit der Uni-Krise von „Geiselhaft“. Er sagte Folgendes:

„Ich werde nicht zulassen, dass lautstarke Gruppen versuchen, die Politik, das Land und die Steuerzahler in Geiselhaft zu nehmen.“ (Abg. Eßl: Genau!)

Sie von der ÖVP sagen „genau“!, aber eines möchte ich Sie schon fragen: Warum fällt Ihnen das Wort „Geiselhaft“ bei protestierenden Studierenden ein, die für nichts Anderes eintreten außer dafür, dass sie ein Recht auf Bildung erhalten? (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Eßl.) Sie wissen aber schon, was Geiselhaft ist – oder? Das ist, wenn man jemandem die Pistole an die Schläfe setzt und sagt: Entweder erreiche ich mein Ziel oder ...! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das ist Geiselhaft im wahrsten Sinne des Wortes! (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich frage mich schon, warum der Herr Finanzminister nie von Geiselhaft gesprochen hat, als es darum ging, Milliarden für das Bankenpaket zur Verfügung zu stellen. Warum spricht er davon bei Anliegen von jungen Menschen? (Beifall bei den Grünen.)

Ein weiteres Zitat von Finanzminister Pröll:

„Es kann gerade heute nicht immer darum gehen, wo mehr Geld herauszubekommen ist, sondern wie wir mit dem vorhandenen Geld das Beste für Österreich herausholen können.“ – Zitatende.


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Warum gilt das nur für die Universitäten, aber für viele andere Bereiche nicht? Warum reist der Vizekanzler in ganz Osteuropa, in allen Hauptstädten der Staaten Osteuropas herum und lobbyiert für Raiffeisen und für die Banken? (Abg. Rädler: Sie haben keine Ahnung!) Warum ist er kein einziges Mal nach Berlin gefahren, um zum Beispiel eine bilaterale Finanzausgleichslösung für die Studierendenströme zu finden? Warum nicht? Sie können gerne eine Antwort darauf geben! (Beifall bei den Grünen.)

Die Respektlosigkeit erreicht aus meiner Sicht einen absoluten Höhepunkt, wenn man mit großen Inseraten in allen österreichischen Tageszeitungen den „Superpraktikanten“ sucht, der dann eine Woche mit dem Vizekanzler zum VIP-Nachtslalom fahren darf und ihm in der Früh die Zeitungen vorliest, natürlich ohne Bezahlung. – So jemand hat noch nie in seinem Leben tatsächlich die echte Situation der Generation „Praktikum“ erlebt, nämlich vieler Menschen, die nach dem Studium über Monate keinen Job finden und auch kein Auskommen haben!

Beim Budget allerdings – und vielleicht können Sie, Herr Bundeskanzler, da auch ein­mal eine Antwort geben – klammern sich alle an einen Schmäh, den sie, glaube ich, von Karl-Heinz Grasser gelernt haben, nämlich, dass man beim Budget für die Universitäten trickst und täuscht. Sie klammern sich an eine Zahl und behaupten: 17 Prozent Plus beim Budget! Aber sie sagen nicht dazu, was sich tatsächlich dahinter verbirgt. Daher möchte ich das jetzt an einem Beispiel erläutern.

Es gibt kein Plus im Uni-Budget! Denn: Wenn ein Finanztopf mit seiner Finanzierung von einem Ministerium ins Wissenschaftsressort hinübergeschoben wird, dann ist das kein Plus! Wenn ArbeitnehmerInnen-Schutzbestimmungen, weil die Situation schon so katastrophal ist, endlich eingehalten werden müssen und Bautätigkeit vorgezogen werden muss, um überhaupt die gesetzlichen Voraussetzungen einhalten zu können, dann ist das kein Plus für das Budget der Universitäten! Und wenn man nicht die genaue Studentinnen-/Studentenzahl hernimmt, sondern einfach nur einen Fixbetrag für den Entfall der Studiengebühren hernimmt und den Rest die Unis selber berappen müssen, dann ist das auch kein Plus für die Universitäten! – Das ist nichts anderes als tricksen und tarnen und täuschen, das hat mit einem echten Engagement für die Unis nichts zu tun! (Beifall bei den Grünen.)

Wir von den Grünen wollen eine wirkliche Lösung! Wir wollen nicht, dass diese Sondersitzung einfach nur vorbeigeht und dann Business as usual ist. Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, können sich diesem Problem nicht mehr länger verweigern. Wir brauchen eine Lösung für die österreichischen Univer­sitäten – und damit für eine ganze Generation, die mittlerweile schon den Titel „Gene­ration Krise“ bekommt. Dazu darf es nicht kommen, und deswegen laden wir Sie heute herzlich ein, diese Anträge endlich einmal ernst zu nehmen und auch mit zu be­schließen.

Ich persönlich finde es extrem bedauerlich, dass es so ablaufen musste, dass junge Menschen, die für etwas eintreten – das soll uns allen Respekt abringen –, dass junge Menschen, die studieren wollen, als Belästigung, als Störung, als Zuviel empfunden werden, in dem Sinne: Die wollen wir nicht haben, das alles ist nur ein Problem!

Das ist ein völlig falscher Zugang! Junge Menschen, die Bildung anstreben, sind kein Problem, sondern sie sind wirklich unsere Zukunft – gerade in Zeiten einer Wirt­schafts­krise, wo man auch Kreativität braucht! (Beifall bei den Grünen.)

Wir verlangen von der Generation, die in zehn, fünfzehn Jahren wirtschaftlich, politisch, wissenschaftlich das Ruder in der Hand haben wird, wir verlangen von diesen Menschen, dass sie nicht nur eine Ausbildung haben und einen Arbeitsplatz finden, sondern wir brauchen sie für das gesamte System, das jetzt in vielen Bereichen in eine Krise gekommen ist, ob das den Finanzmarkt betrifft, ob das den Energiebereich oder


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den Klimabereich betrifft. Wir brauchen neue Spielregeln für das ganze System, und deswegen brauchen diese Menschen mehr als nur eine Ausbildung. Sie brauchen auch die Befähigung zum kritischen und reflexionsbewussten Denken. Dazu, dies zu erlernen, sollten wir ihnen eine Chance geben.

Die Universitäten der Zukunft sind genau der Ort, wo man das tun kann! Es ist nicht nur wichtig, auszubilden, um irgendwann einmal Geld verdienen zu können, sondern wichtig ist es auch, kritisches und reflexionsbewusstes Denken zu entwickeln, das unsere Gesellschaft so dringend braucht wie keine andere zuvor. Dem heißt es gerecht zu werden – und nicht künstliche Barrieren aufzubauen. Also, geben Sie sich einen Ruck! (Beifall bei den Grünen.)

Herr Bundeskanzler Faymann, Sie haben heute eine Reihe von Fragen zu beant­worten. Sie haben bis jetzt Orientierungslosigkeit an den Tag gelegt bei denen, die Sie beobachtet haben.

Wir von den Grünen wollen ein Notbudget für die Universitäten – noch heuer! Wir wollen die langfristige Sicherung der Universitäten durch einen Beschluss, den Sie alle schon einmal getroffen haben! Und wir wollen einen Finanzminister, der sich ordentlich „ins Zeug haut“, der sich auch einmal andere Länder zum Vorbild nimmt, indem er in Brüssel und in Berlin für die österreichischen und die internationalen Studentinnen und Studenten in Österreich eine Lösung erarbeitet. Das wäre ein konstruktiver Abschluss dieser Sitzung.

Sie sind aufgerufen, heute nicht zu polemisieren, sondern in Respekt vor all den Menschen, die diesen Protest vom Zaun gebrochen haben, Lösungen auf den Tisch zu legen. (Beifall bei den Grünen.)

12.19


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zur Abgabe einer Stellungnahme hat sich Herr Bundeskanzler Faymann zu Wort gemeldet. Die Redezeit soll 20 Minuten nicht über­steigen. – Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


12.20.09

Bundeskanzler Werner Faymann: Sehr verehrte Frau Präsidentin! Werte Mitglieder der Regierung! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Es gibt viel Überein­stim­mung bezüglich der grundsätzlichen Bedeutung der Bildung, der Universitäten in unserem Land, mit dem, was Sie, Frau Klubvorsitzende Glawischnig-Piesczek, gesagt haben. Auch ich fühle, so wie Sie das zum Ausdruck gebracht haben, dass Missstände in einzelnen Bereichen an den Universitäten dringend behoben werden müssen, dass ein freier Zugang – das heißt für mich aber nicht ohne Regelungen und Regeln, aber ein freier Zugang ohne soziale Barrieren, ohne finanzielle Barrieren – für Menschen, die in unserem Land studieren wollen, gefördert werden muss, weil alle Zahlen zeigen, dass die Anzahl der Absolventinnen und Absolventen geringer ist als im OECD-Durchschnitt, dass die Akademikerquote deutlich niedriger ist, der Hochschulzugang in einem sehr hohen Ausmaß von der Bildung der Eltern abhängt, die Bedingungen in einigen Studienrichtungen unzumutbar sind. Zu erwähnen ist aber auch, dass etwa die durchschnittliche Studienzeit überdurchschnittlich lang ist: in Österreich 5,6 Jahre, OECD 4,5.

Nun mag das in dem einen oder anderen Fall daran liegen, dass man keine Labor­plätze oder nicht ausreichend gute Bedingungen vorfindet, aber es gibt sicher auch andere Gründe dafür. Ziel ist mit Sicherheit, dafür zu sorgen, dass die Akademiker­quote steigt, dass es mehr Studienanfänger gibt, dass es bessere Studienbedingungen gibt und dass wir die besten Universitäten und Hochschulen im internationalen Ver­


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gleich bauen, erreichen, gemeinsam gestalten und letztendlich auch finanzieren. Das ist, was wir tun wollen und müssen.

Die Frau Bildungsministerin zitiert so gerne Henry Ford mit dem Satz: Die Zukunft eines Landes entscheidet sich in den Klassenzimmern. – Das gilt sicher auch für die Hörsäle, das gilt für einen umfassenden Bildungsbegriff, der sehr früh bei der Kinder­betreuung ansetzt, was aber von vielen in unserem Land deshalb nicht in Anspruch genommen werden kann, weil es flächendeckend gesehen zu wenig Kinderbetreu­ungs­einrichtungen gibt, weil in manchen Bundesländern zwar Gratiskindergärten exis­tieren, aber in sehr vielen Gebieten unseres Landes nicht ausreichend Plätze für diese Förderung der Fähigkeiten von jungen Menschen in etwa mit dem dritten, vierten oder fünften Lebensjahr vorhanden sind.

Dasselbe gilt auch für ganztägige Schulformen: Es gibt zu wenige ganztägige Schul­formen in unserem Land, obwohl viele Menschen – ohne Zwang, ohne die alte Diskussion, jemanden dazu zwingen zu wollen, der das gar nicht möchte, weil viele Menschen dieses Angebot nicht nützen können, weil es nicht existiert – dieses Ange­bot gerne nützen würden.

Dasselbe gilt auch an unseren Hochschulen: Auch hier besteht ein dringender Bedarf an Regelungen, an zusätzlichen Mitteln, an besserer Finanzierung. Aber ich bin auch sehr stolz, sagen zu können – und ich weiß, dass das allein noch keine Lösung dar­stellt –, dass sich in diesem Haus vor mehr als einem Jahr eine Mehrheit gebildet hat für die Abschaffung der Studiengebühren (Ruf bei der ÖVP: Das war auch ein Blödsinn!), denn ich bin davon überzeugt, dass finanzielle Schranken, Herr Kollege, nicht die richtige Antwort sind. (Beifall bei der SPÖ.)

Finanzielle Schranken zu errichten, um die, die es sich leisten können, und jene, die es sich nicht leisten können, auseinanderzudividieren, ist Ihre Politik, und die wird sich immer von meiner unterscheiden. (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Beifall bei der SPÖ.)

Daher bin ich sehr froh darüber, stehe auch heute zu diesem Beschluss und kann auch mit jenem Punkt leben, den Sie gesagt haben: Versprechen sind einzuhalten. (Demonstrativer Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Pirklhuber: Richtig! – Abg. Ing. Westenthaler – in Richtung ÖVP deutend –: Aber ihr seid schon in einer Koalition mit ihnen?!)

Nun hat der Wissenschaftsminister sehr deutlich und sehr häufig zu der Frage Stellung genommen, ob er jetzt mehr oder weniger Budget hat: Sind es jetzt 16 Prozent mehr oder sogar darüber hinaus? – Es lässt sich, und das wird der Herr Wissenschafts­minister auch ausführen, natürlich über die Einzelpunkte eines Budgets trefflich strei­ten, und im Einzelfall ist auch einiges an Aufklärung zu liefern, aber eine Unterlage, die er mir jetzt gerade wieder gezeigt hat, die ich aber schon kenne, belegt sehr genau, dass wir die Mittel erhöht haben, und zwar – das möchte ich auch erwähnen – nachvollziehbar erhöht haben, also nicht nur durch Budgetverschiebungen, durch die dasselbe Geld in einem anderen Budgetbereich ein neues Mascherl bekommt (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Ja, genau!), denn tatsächlich soll es manches Mal in der öffentlichen Darstellung auch vorkommen, dass man demselben Betrag ein neues Mascherl umhängt und glaubt, dadurch ist es mehr geworden.

Nein, ich spreche von wirklicher Erhöhung: von einer Erhöhung, wo bezogen auf den Status quo der Anstieg erst ab dem Jahr 2008 nachzuweisen ist. Im Jahr 2001 hat es, gemessen am BIP, für das Budget der Hochschulen einen Prozentsatz von 1,05 Pro­zent gegeben, 2006 waren es 1,08 Prozent, also eigentlich eine weitgehende Stag­nation. Der Anstieg hat erst ab 2008 begonnen, indem – das ist auch nicht gleich der Sprung, der notwendig gewesen wäre, aber ich bitte, dass in wirtschaftlich schwie­rigeren Zeiten auch Verständnis dafür vorhanden ist, dass wir nicht die Möglichkeiten


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der Einnahmenseite so zur Verfügung haben, wie wir das alle am liebsten und sofort hätten – ein Anstieg auf immerhin 1,3 Prozent erfolgt ist. Das sind heuer 300 Mil­lionen € mehr als 2008, und im nächsten Jahr kommen zusätzlich 300 Millionen € dazu, also 600 Millionen € mehr als 2008.

Der Budgetpfad von 2011 bis 2020 – das ist dieses mehrfach angesprochene Ziel – soll 2 Prozent des BIP erreichen. Das ist eine gemeinsame Aufgabe der Regierung, und dazu gehört ein Finanzminister genauso wie ein Bundeskanzler genauso wie – selbstverständlich! – ein Wissenschaftsminister, der ja diese Ziele zu erfüllen, diese Versprechen einzuhalten und dann auch die entsprechenden Maßnahmen zu setzen hat.

Ich weiß, dass diese Zielerreichung nicht einfach wird, und manche Zyniker sagen, wenn das Wirtschaftswachstum nicht wieder steigt und das BIP geringer wird, dann wird das mit den 2 Prozent gar nicht so schwierig. – Das ist der Forschung und der Bildung gegenüber zynisch!

Es kann nur darum gehen, in unserem Land dafür zu sorgen, dass das Wachstum wieder stärker wird – europaweit; international, aber vor allem in Europa. Das Wirt­schaftswachstum ist eine Voraussetzung dafür, dass wir diese Versprechen, die wir gegeben haben, die wir brauchen zur Beseitigung von Missständen auch an den Universitäten, die wir brauchen zur Beseitigung von Missständen in vielen Bereichen unseres Bildungssystems und zur Verbesserung der Chancen junger Menschen, und das gegebene Wort auch einhalten können. Das setzt natürlich auch voraus, dass wir in der Lage sind, mithilfe unserer wirtschaftlichen Maßnahmen im Land, aber auch in Europa dafür zu sorgen, dass die Wirtschaftskrise rasch überwunden wird, das Wachstum wieder anspringt und Teil unserer Politik ist, denn nur mit Wachstum lassen sich soziale Ausgaben im Bereich des Arbeitslosengeldes und automatische Ausgabenfaktoren reduzieren und Einnahmen erhöhen.

Diese Einnahmen und die Reduktion von sozialen Ausgaben, die wir in der Defensive einsetzen, sind notwendig, um in den nächsten Budgetverhandlungen wieder in eine Situation versetzt zu werden, die es möglich macht, den von uns versprochenen Hoch­schuldialog unter Einbeziehung aller Betroffenen zu führen, aber auch den Hoch­schulplan umzusetzen, den wir im Regierungsprogramm versprochen haben und den der Wissenschaftsminister – und ich sage, nicht ohne uns, sondern mit uns gemein­sam und mit unserer Unterstützung – ausarbeiten und letztendlich dann auch zu verwirklichen hat. Es ist aber notwendig, dass wir von den wirtschaftlichen Rahmen­bedingungen in unserem Land her auch die Voraussetzungen dafür schaffen.

Wir dürfen also nicht gegeneinander aufrechnen, dass wir in der Wirtschaftskrise mit Konjunkturprogrammen gegensteuern und andererseits notwendige Bildungsinves­titionen und wichtige Anliegen in wesentlichen Bereichen unseres Landes tätigen. Im Gegenteil: Wir brauchen diesen wirtschaftspolitischen Erfolg, dieses Wachstum, diesen zusätzlichen Einsatz, diese Leistungssteigerung, weswegen wir auch in die Schlüssel­faktoren Forschung und Bildung besonders investieren.

Ich gehe also davon aus: Wir halten unser Wort. Wir verbessern die Situation an den Universitäten, indem wir in der Regierung als Team – der Wissenschaftsminister führt für uns die Gespräche beim Hochschuldialog – antreten, um das zu verwirklichen, was wir versprochen haben, um Missstände, die es gibt, nicht zu leugnen oder unter den Teppich zu kehren, sondern zu beseitigen, denn letztendlich kann man nicht oft genug wiederholen: Die Zukunft unseres Landes entscheidet sich in den Klassenzimmern und Hörsälen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Jakob Auer. – Abg. Ing. Westenthaler:


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Nur für das Protokoll: Zwei ÖVP-Abgeordnete haben applaudiert! Ganze zwei! – Abg. Mag. Gaßner: Herr Westenthaler, warum haben Sie nicht geklatscht?)

12.30


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gehen nun in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß der Geschäftsordnung kein Redner/keine Rednerin länger als 10 Minuten sprechen darf, wobei jedem Klub eine Gesamtredezeit von insgesamt 25 Minuten zukommt.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. Ich stelle die Uhr wunschgemäß auf 8 Minuten. – Bitte.

 


12.31.09

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bun­deskanzler! Mitglieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Geschätzte und ge­wünschte Studentinnen und Studenten! Liebe Kolleginnen und Kollegen an den Uni­versitäten und Fachhochschulen! Lassen Sie mich atypisch beginnen.

Ich bringe folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Grünewald, Glawischnig-Piesczek, Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Wissenschaft und Forschung

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Dem Bundesminister für Wissenschaft und Forschung wird im Sinne des Art. 74 B-VG das Vertrauen versagt.“

*****

(Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Dr. Königshofer.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, für manche Menschen im Parlament würde es zu ihren schönsten Tagen zählen, einen Misstrauensantrag stellen zu dürfen; im Prinzip bin ich nicht dieser Typ, kann Ihnen aber auch erklären, warum ich diesen Antrag stelle – und diese Erklärung wird Sie weniger freuen.

Wenn man jahrelang an Universitäten gelebt, gearbeitet, geforscht, publiziert hat, wenn man auch jahrelang 1 000 Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer vertreten durfte (Zwischenruf bei der ÖVP), wenn man mitarbeiten durfte an Universitätsgesetzen, Studiengesetzen, in Kommissionen des damaligen Vizekanzlers Busek, wenn man jahrelang Mitglied im Kuratorium des FWF war, macht man in der Politik Erfahrungen, die einem diesen Misstrauensantrag direkt aufzwingen. Die Erfahrung ist, dass ich orte, dass über das Leben an der Universität, der Universitätsangehörigen, der Studieren­den, über die Bedeutung der Universität und ihre Wechselwirkung mit der Gesellschaft in zu vielen Teilen der Bundesregierung, vielleicht oder wahrscheinlich auch bei zu vielen Personen des Ministeriums so etwas wie ein schwarzes Loch existiert.

Ich habe den Verdacht – leider! –, dass sehr wenig darüber gewusst wird, ja vielfach Ahnungslosigkeit darüber herrscht, was es heißt, zu forschen, zu lehren, zu studieren, in welchem Umfeld sich Lehre und Forschung entwickeln können, welche Perspektiven und welches Klima Forschung, Lehre und Bildung brauchen. – Das ist kein gutes Zeichen!


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Ich hatte das Gefühl, dass viele Weichen falsch gestellt und viele Chancen verspielt wurden, und das Resultat dieser schmerzhaften Erfahrung ist ein Misstrauensantrag, der einem insbesondere dann leichter fällt, wenn man sieht, wie von Regierungsseite, wie von Parteiseite, von Ministerseite Wortmeldungen diversester ExpertInnen – von Rektoren, von Studierenden, von der OECD, von wirklich Betroffenen, die mit beiden Füßen im Leben stehen – unter den Tisch gekehrt werden, wie Kritiker oder Leute, die Anregungen, Vorschläge haben, sofort irgendwo in das Eck der Betonierer, der Unein­sichtigen oder Antimodernisten gestellt werden und die erste Assoziation, die auf Studentenbewegungen – die man sich nur wünschen kann – folgt, eine mit Bierdosen ist. – Das ist infam, das ist falsch und unwürdig. Das stimmt nicht! (Beifall bei den Grünen.)

Ich habe oder wir haben zu lange – und ich verwende jetzt schon ein paar harte Worte – hier das Gefasel über Weltklasse- und Jahrhundertgesetze mitmachen müs­sen – oder dürfen, wie Sie sagen würden. Das war rührend, naiv, blauäugig oder was auch immer, aber es war wenigstens vorgespielt offensiv. Was ich jetzt erlebe, ist eine rein passive, defensive Bildungspolitik, wo Besitzstände verteidigt werden, wo Budgets beschönigt werden, wo getarnt, getäuscht oder gar verleugnet wird.

Ich komme nur ganz kurz auf die 17 Prozent zu sprechen: Man kann sich natürlich immer das schlechteste Budgetjahr aussuchen und dadurch eine Steigerung heraus­holen. Dass diese 17 Prozent aber auf drei Jahre berechnet sind, dass man sie also durch drei dividieren muss und dann kaum 6 Prozent bleiben bei einem Budgetpfad von 2 Prozent des BIP, das wird nicht gesagt. Da kann ich ja auch hergehen und vielleicht Kronen und Taler in Euro umrechnen und sagen: Ja, ich bin der beste Minister! Seit Maria-Theresia ist das Uni-Budget um das Tausendfache gestiegen! – Toll, aber nicht schlüssig, nicht wissenschaftlich. Das sind Tricks, auf die die Leute nicht mehr hereinfallen! (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Dr. Königshofer.)

Wenn aber unter diesen „Weltklasse“-Parolen gleichzeitig Studierenden vermittelt wird, sie seien auf der Universität nicht gewünscht, ja gefürchtet, weil dann das Chaos, weil dann weiß Gott welche Katastrophen ausbrechen, dann ist das eine Optik, die Studie­renden, ihren Eltern und Angehörigen, aber auch dem ganzen Bildungssystem kein gutes Bild gibt – kein gutes Bild! (Beifall bei den Grünen.)

Gleichzeitig mit den „Weltklasse“-Sprüchen verließen viele junge Wissenschaftler Öster­reich Richtung Ausland, weil sie dort bessere, besser dotierte, sicherere und weniger hierarchische Arbeitsbedingungen vorfanden als in Österreich. – Viele kommen nicht mehr zurück! Das sage nicht ich, das sagt nicht die böse Opposition, das sagen alle, die etwas davon verstehen. Das wird ignoriert.

Gleichzeitig kauft man sich teure Legionäre ein, setzt sie nach Gugging auf die Wiese und glaubt, Nobelpreisträger würden wie Manna vom Himmel fallen. – Das ist keine Forschungspolitik! Das ist keine! (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Dr. Königshofer.)

Dann behauptet eine Wissenschaftssprecherin einer Regierungspartei, die Opposition hätte sich von der Hochschulpolitik verabschiedet. – Von welcher Hochschulpolitik, frage ich Sie? Von einer, die uns in den OECD-Daten über Absolventenquoten eines Jahrgangs auf Platz 30 von 36 Staaten katapultiert?

Dann werden in einer Studie Studierendenzahlen genannt, und das Ministerium macht gleich eine tolle Pressekonferenz, in der gesagt wird, die Studierendenzahlen in Österreich entwickeln sich im europäischen Schnitt. – Schaut man sich die Grafik an, sieht man, es gibt drei Nationen, die von 1996 bis 2006 an der Nulllinie herumgrundeln: darunter Österreich. – Das sind Studien, die grotesk sind, die wissenschaftlich unhalt­bar sind, aber man rühmt sich mit solchen Zahlen!


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Es wurden da Betreuungsverhältnisse vorgespiegelt, wobei es nicht einmal so viele wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gibt, die an der Universität Beschäf­tigung haben. – Das alles ist grotesk!

Und nun zu den Studierenden: Sie waren seit langem die Einzigen und Ersten, die Grundsatzfragen gestellt, den Finger auf eine Wunde gelegt haben und unbequem geworden sind. Wir brauchen diese unbequemen Studierenden: Sie zeigen Courage, Leidenschaft, Empathie und Engagement! (Zwischenruf des Abg. Ing. Westen­thaler.) – Ein Bruchteil davon im Ministerium, ein Bruchteil davon beim Minister, damit wäre uns gedient und es wäre mehr weitergegangen. (Beifall bei den Grünen. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Ing. Westenthaler.)

Wir verlangen die Einlösung jener parlamentarischen Beschlüsse, die vor einem Jahr gefällt wurden. Wenn das kommt, verlangen wir auch etwas, das den Namen Dialog verdient, und keinen Monolog, zu dem einmal eingeladen wird. Wir brauchen einen fortlaufenden Dialog, eine Art Jour fixe mit den Betroffenen, mit den Wissenden und Experten und mit der Politik.

Hier waren wir immer bereit zusammenzuarbeiten – nicht gegen Universitäten, nicht gegen Menschen, sondern für ein besseres Studieren, ein besseres Forschen, für bessere Universitäten und damit auch für einen besseren Staat. – Danke. (Beifall bei den Grünen)

12.39


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich halte fest, dass der Entschließungsantrag ordnungsgemäß eingebracht wurde und auch mit in Verhandlung steht.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Grünewald, Glawischnig-Piesczek, Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Wissenschaft und Forschung

eingebracht im Zuge der Debatte über den Dringlichen Antrag betreffend Umsetzung der Beschlüsse des Nationalrates vom 24. September 2008 zur Finanzierung der Universitäten

Begründung

Das Amt des Ministers /der Ministerin für Wissenschaft und Forschung liegt seit dem Jahr 2000 fest in schwarzer Hand. Zuerst Gehrer, dann Hahn: Eine Chronologie der Misere. Halbherziges und oft rein anlassbezogenes politisches Agieren ohne lang­fristige, klare Zielsetzungen über die Aufgaben von Universitäten und Fach­hoch­schulen haben das letzte Jahrzehnt geprägt. Jährlich werden Universitäten und Ihre Angehörigen mit Notverordnungen und „Feuerwehraktionen“ konfrontiert, ohne jemals eine notwendige Grundsatzdebatte über Bildung und Forschung geführt und lang­fristige Strategien mit allen Akteuren akkordiert zu haben. Geschickt formulierte Aussagen und in ihrem wissenschaftlichen Wert zum Teil äußerst fragwürdige Studien sollen über jahrelange Versäumnisse österreichischer Hochschulpolitik hinweg­täu­schen und bekannte Defizite beschönigen.

Nicht nur ausgewiesene ExpertInnen bezeichnen dies als komplettes Versagen der Hochschulpolitik. Diese Diagnose wird durch die jährlichen Berichte der OECD (Bildung auf einen Blick, OECD-Indikatoren), die seit Jahren den unterdurch­schnitt­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll44. Sitzung / Seite 28

lichen AkademikerInnenanteil, die geringen Übertrittsquoten in den tertiären Bildungs­sektor und die vergleichsweise niedrigen Budgets österreichischer Universitäten kriti­sieren, nur bestätigt. Internationale Rankings wurden vom zuständigen Minister ent­weder negiert oder deren Aussagekraft für Österreich in Abrede gestellt. Während die seit mittlerweile drei Wochen dauernden Proteste der Studierenden an allen Uni­versitätsstandorten gerade diese Grundsatzdebatte einmahnen und versuchen, über rein studentische Anliegen hinausgehend generelle Probleme der Bildungspolitik anzusprechen, stellt man sich von Seiten der ÖVP taub oder versucht, die Anliegen der Studierenden in Misskredit zu bringen.

Den Studierenden ist es aber, im Gegensatz zu den politisch Verantwortlichen, gelun­gen, der breiten Öffentlichkeit das Problem mangelnder Ressourcen der Universitäten und Fachhochschulen zu kommunizieren. Dass der angehende EU-Kommissar und noch Wissenschafts- und Forschungsminister Hahn im Hauptausschuss des National­rates eine positive Bilanz seiner Bildungspolitik gezogen hat, kann nur als Zeichen völliger Realitätsverweigerung gedeutet werden.

Das Amt eines Wissenschaftsministers / einer Wissenschaftsministerin erfordert neben hoher fachlicher Kompetenz einen redlichen Umgang mit Daten und Fakten sowie einen ehrlichen und engagierten Dialog mit den betroffenen Studierenden, Lehrenden und ForscherInnen. Bundesminister Hahn zeigt hier nicht einen Bruchteil des tempe­ramentvollen Engagements und der Kreativität der Studierenden und ihrer Unter­stützer. Die notgedrungene Einladung zu einem Hochschul-Dialog erfolgte erst mit beträchtlicher Verspätung und startet diesen am 25. November 2009. Auch die Bereitstellung von zusätzlichen 34 Millionen Euro für Verbesserungsmaßnahmen trifft die wahren Probleme nicht im Kern und soll nur über das Ausmaß der tatsächlichen Defizite hinweg täuschen.

Österreich braucht eine offensive Bildungs- und Forschungspolitik. Die Zeit des Täuschens, Tarnens, des Beschönigens und des Negierens von Problemen muss ein Ende haben. Die Reduktion der Diskussion auf Studiengebühren und Zulassungs­verfahren kann eine Grundsatzdebatte nicht ersetzen.

Gerade jetzt brauchen die Universitäten eine/n handlungsfähige/n und zukunftsfähige/n Minister/in, der/die sein/ihr eigenes Wort auch im nächsten Jahr halten kann. Univer­sitäts­politik erlaubt keine bildungspolitische Agonie und kein forschungspolitisches Nirwana. Daher muss die Frage der NachfolgerIn des Ministers umgehend geklärt und öffentlich gemacht werden.

1) Versagen, Täuschen und Tarnen bei den Budgetverhandlungen

Die Budgetrede von Finanzminister Pröll am 21. April 09 ließ im ersten Moment den Wissenschaftsminister als Krisengewinner und guten Verhandler dastehen: 1,2 Milliar­den Euro zusätzlich. Was ist daraus geworden? Oder soll uns dies bloß an den ehemaligen Minister Grasser erinnern?

21. 04. 2009, Presse und News, www.bmwf.gv.at

„Zweistelliges Plus für Wissenschafts- und Forschungsministerium“

„Wissenschaft und Forschung sind klare Schwerpunkte der Regierungsarbeit, die sich im Budget deutlich wiederfinden“

„Wissenschaft und Forschung brauchen eine stabile und verlässliche Finanzierung – dies wird mit dem vorliegenden Budget gewährleistet. Der Wachstumspfad wird fort­geführt - der Wissenschafts- und Forschungsstandort Österreich weiterhin gestärkt und ausgebaut.“


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll44. Sitzung / Seite 29

"Bei den Universitäten haben wir ein verlässliches Paket für die kommenden drei Jahre geschnürt. Den Unis stehen zwischen 2010 und 2012 1,6 Milliarden Euro mehr zur Verfügung. Das sind jährlich über 500 Millionen Euro mehr als noch 2008. Nach Abzug des Studienbeitragsersatzes in Höhe von 157 Millionen Euro bleibt ein jährliches Plus zwischen 355 und 391 Millionen Euro. Das entspricht einer Erhöhung von 16 bis 17 Prozent trotz Startnachteil durch den Studiengebühren-Beschluss.“

Wahr ist vielmehr:

Leistungsvereinbarungsperiode 2007 – 2009: Globalbetrag für insgesamt 3 Jahre: ca. 6,8 Milliarden Euro.

Leistungsvereinbarungsperiode 2010 – 2012: Globalbetrag für insgesamt 3 Jahre: ca. 7,4 Milliarden Euro.

Das ergibt im Vergleich dieser beiden Dreijahresperioden eine Steigerung um ca. 9 % und nicht um 16 – 17 %, wie seit Wochen fälschlich behauptet wird. Eingerechnet in diese Budgets sind aber auch die für 2010 bis 2012 geplanten Vorfinanzierungen der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) für Hochschulneubauten, die bekanntlich von den Universitäten in Form von künftigen Miet- und Betriebskosten (plus Preisaufschlag für Erträge der BIG) wieder zurückgezahlt werden müssen.

Abweichend von parlamentarischen Mehrheitsbeschlüssen wurde als Ersatz des Entfalls der Studiengebühren lediglich ein jährlicher Fixbetrag von 157 Millionen Euro budgetiert, somit nicht der wahren Entwicklung der Studierendenzahlen angepasst. Auch die Mehrkosten des Kollektivvertrages wurden den Universitäten nicht zur Gänze abgegolten. Zudem entgehen den Universitäten die vom FWF geplanten Overhead­kosten, die aufgrund der knappen FWF Budgets sistiert werden mussten. Viele notwendige Sanierungsmaßnahmen dienen der Umsetzung von ArbeitnehmerIn­nenschutzbestimmungen und sind somit wohl kaum forschungswirksam. Ungelöst blieb auch der überhöhte Klinische Mehraufwand, der von den Ländern vielfach zur Defizitabdeckung ihrer Landeskrankenhäuser verwendet wird.

Größere Veränderungen im Hochschulbudget 2009 gegenüber 2008 (Über­schlags­mäßige Rechnung ohne Kosten für Beamte, bzw. für Bau- und Sanierungsarbeiten, bzw. klinischer Mehraufwand):

1) Erhöhung des Universitätsbudgets im engeren Sinn = Bestandteil des Uni-Globalbetrags (in Mio. Euro):

Bezugserhöhungen 2008                                                                   +     28,3

Bezugserhöhungen 2009                                                                   +     37,3

Uni-KV 2009                                                                                            +     50,0

Vertragliche Erhöhung Uni-Globalbetrag 2009                         +     25,0

                                                                                                                      +   140,6

2) Sonstige Sachausgaben im Hochschulbudget im weiteren Sinn (in Mio. Euro):

Abdeckung Entfall Studiengebühren                                             +   157,0

Fachhochschulen                                                                                  +     19,5

FWF                                                                                                           +     70,8

ISTA (Eliteuniversität)                                                                         +        2,8

Studienförderung                                                                                   +        9,4

                                                                                                                      +   259,5

Das ergibt in Summe jene ominöse Zahl von ca. 400 Mio. Euro, die in der Öffentlichkeit offenbar als Erhöhung des Hochschulbudgets von 2008 auf 2009 kolportiert wurde.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll44. Sitzung / Seite 30

Aber:

Rund zwei Drittel dieser sogenannten Erhöhung des Hochschulbudgets von 2008 auf 2009 beziehen sich auf Kosten, die von den Universitäten weder verursacht wurden noch in Hinkunft beeinflusst werden können.

Diese sogenannte Erhöhung des Hochschulbudgets um rund 400 Mio. Euro erweist sich als große Täuschung, wenn man bedenkt, dass der FWF bisher vom BMVIT bud­getiert wurde (77,2 Mio. Euro) und die Kompensation des Entfalls der Studiengebühren (157 Mio. Euro) ebenfalls zu keiner Nettoerhöhung des Universitätsbudgets führt. Nach dieser Überschlagsrechnung wird das Universitätsbudget von 2008 auf 2009 also nicht um ca. 400 Mio. Euro, sondern sondern bedeutend geringer steigen.

Der Uni-Globalbetrag soll einmal im Jahr 2010 gegenüber 2008 um 220 Mio. Euro erhöht werden und wird in den Folgejahren etwa auf diesem Niveau eingefroren. Und dies unter Einschluss des Mehraufwandes für den Uni-Kollektivvertrag von geschätzten 50 Mio. Euro.

Unscharfe Abgrenzung von Uni- und sonstigem Hochschulbudget:

Das BMWF vermengt in Pressemeldungen gerne die beiden Begriffe Unibudget und Fachhochschulbudget. Durch diesen optischen Trick steigt natürlich die Gesamt­sum­me, also stieg auch das „Hochschulbudget“, denn das BMBWK verstand (so wie auch heute noch das BMWF) unter Hochschulbudget die Bundesaufwendungen für die Universitäten und die Fachhochschulen. Minister Hahn hat diese Praxis des „Schön­rechnens“ fortgesetzt. So wird das Budget der sogenannten „Eilte-Uni“ ISTA von der­zeit 2,8 Mio. Euro auf 39,5 Mio. Euro im Jahr 2013 erhöht werden und unter dem Uni-Budget subsumiert.

Unzulässige Etikettierung des FWF-Budgets als Bestandteil des Hochschulbudgets:

Ab 2002 wurde der Ansatz 65326 des BMVIT (FWF, Fonds zur Förderung der wis­senschaftlichen Forschung) in den offiziellen Statistiken des BMWF (vormals BMBWK) zu ca. 85 % ins sogenannte Hochschulbudget einbezogen, mit dem Argument, dass ca. 85 % der FWF-Förderungen ForscherInnen aus dem universitären Bereich zugeteilt werden. Im Bundesfinanzrahmen wird der FWF ab 2009 zur Gänze dem Hoch­schulbudget zugerechnet. Damit wird aber die Tatsache ignoriert, dass FWF-För­derungen von Gesetzes wegen in der Einnahmen-Ausgabenrechnung der Univer­sitäten als Fremd- oder Drittmittel verbucht werden müssen.

2) Versagen beim FWF Budget

24.04.2009, Presse und News, www.bmwf.gv.at:

Wissenschaftsfonds FWF steht auf soliden finanziellen Beinen

„„Bis 2013 bekommt der FWF aus meinem Haus jährlich 160 Millionen Euro. Das sind im Vergleich zu den vergangenen fünf Jahren 25 Prozent, also ein Viertel, mehr an Budget. Für das Jahr 2009 wurde der Anteil des Ordinariums von rund 77 Mio. € (2008) auf 134 Mio. € angehoben.“

Economy Nr. 75, August 2009, Presse und News, www.bmwf.gv.at:

"Der Wachstumspfad geht weiter"

(Frage an BM Hahn: Kommen wir zur Excellence-Strategie: Wo sehen Sie Österreichs Schwerpunkte?)

„Ein großes Anliegen war mir auch, für Kontinuität und Planungssicherheit zu sorgen. Das FWF-Budget etwa steht für die nächsten fünf Jahre, und es gibt ein Plus von rund 25 Prozent gegenüber den vergangenen fünf Jahren.“


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll44. Sitzung / Seite 31

Wahr ist vielmehr:

Das Budget des FWF ist bis 2013 auf dem Niveau von 2009, das sind 160 Mio. Euro, eingefroren. Real kommt dies einer jährlichen Senkung um etwa 3 % gleich, was bedeutet, dass das Budget des FWF im Jahr 2013 um rund 15 % kleiner sein wird als heute.

Aus dem aktuellen Arbeitsprogramm des FWF:

„Der Finanzrahmen bedeutet, dass 2009 gegenüber dem Jahr 2008 die Bewilli­gungsbudgets etwa um 18 % gekürzt werden müssen. Die im Mehrjahresplan 2009–2012 noch postulierte Frontrunner-Strategie mit deutlichen Budgetsteigerungen musste demnach einer Strategie der schadensminimierenden Kürzungen Platz machen.“

Mehr als ein Viertel des wissenschaftlichen Personals der Universitäten wird über international als ausgezeichnet bewertete Projekte des FWF mitfinanziert. Es mussten aufgrund fehlender Budgetmittel für den FWF im ersten Halbjahr 2009 sogar zwei Projektvergabesitzungen abgesagt werden. Auch der definitive Stopp für die Finanzierung von Overheadkosten sowie die auf unbestimmte Zeit verschobenen Exzellenzcluster werden Österreich keinen Aufholprozess gegenüber vergleichbaren Staaten ermöglichen.

OTS0108, 02. 06. 2009

"Das Institute of Science and Technology (IST) Austria ist eine neue, tragende Säule der heimischen Spitzenforschung". Nach siebenjähriger Aufbauarbeit wurde der Cam­pus im Juni 2009 eröffnet, "ein sichtbares Zeichen und neues Kapitel in der Erfolgsgeschichte der heimischen Forschung und Forschungsförderung".

Die Vorstellung, Wissenschaft und Nobelpreise ließen sich „top down“ verordnen, entspricht nicht der langjährigen Erfahrung von ExpertInnen. Erfolgreicher sind Spitzenleistungen in Wissenschaft und Forschung zu erzielen, wenn sie nicht durch staatlich dirigierte 10-Jahrespläne, sondern durch gezielte Förderung bestehender Teams mit internationaler Reputation generiert werden. Bereits existierende Spitzen­leistungen an Universitäten müssen zusätzlich durch bessere Budgets und damit Ressourcen, angelehnt an die Studie über Exzellenz Cluster des FWF im Auftrag des BMWF, unterstützt werden. Nur so können existierende Leistungsträger unabhängig von Standort und Forschungsdisziplin Anschluss an die internationale Spitze finden.

3) Erhöhen der Studierendenzahlen

Uni-Standard, September 2009, www.bmwf.gv.at

(Frage an BM Hahn: Studierende aus bildungsfernen Schichten sind in Österreich im OECD-Vergleich unterdurchschnittlich vertreten – diese Problematik ist schon lange bekannt. Hat die Politik in den letzten Jahren ausreichend auf diese Problematik reagiert? Welche Maßnahmen schlagen Sie vor um die soziale Durchlässigkeit des Hochschulsystems zu erhöhen?)

„Mir ist es ein großes Anliegen, dass junge Menschen aus allen sozialen Schichten Zugang zu Bildung haben. Das erfordert, dass wir entsprechend Bewusstsein schaffen und die notwendigen Mittel zur Verfügung stellen.“

Die Einführung der Studiengebühren im Wintersemester 2001 führte zu einem mas­siven Rückgang der Studierendenzahlen um 20 %, vor allem jungen Menschen aus bildungsfernen Schichten und berufstätigen Personen wurde der Zugang zu den Universitäten erschwert. Der Anteil von Studierenden, die Studienbeihilfen beziehen, liegt ebenfalls deutlich unter dem Schnitt vergleichbarer Nationen (OECD 2008). Auch wenn die Anzahl der StudienanfängerInnen langsam wieder auf das Niveau vor


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Einführung der Studiengebühren gestiegen ist, so hat sich an der Zahl der Studieren­den insgesamt nichts geändert. Was Studierendenzahl, Übertrittsquoten in den ter­tiären Bildungssektor und Anteil von AkademikerInnen und ForscherInnen betrifft, ist Österreich deutlicher Nachzügler.

Während die OECD Österreich bei der Altersgruppe der 25- 34 Jährigen mit einem Abschluss im Tertiärbereich lediglich Platz 30 von 36 Nationen zuweist, preist BM Hahn wissenschaftlich unhaltbare Daten von Studierendenzahlen und Betreuungs­ver­hältnissen des Joanneum Research ("Die Struktur der Österreichischen Universitäts­landschaft im Internationalen Vergleich", März 2009).

In Österreich wurden allgemeine Studiengebühren in den Siebzigerjahren abgeschafft und 2001 als Studienbeiträge für öffentliche Universitäten wiedereingeführt. Wie der Statistik Österreich (ÖSTAT) zu entnehmen ist, gibt es neben den Unterschieden im Sozialniveau einen signifikanten Zusammenhang zwischen Erhöhung des Frauen­anteils und der Abschaffung der "Studientaxen" per Wintersemester 1972/73. So wie die Abschaffung der Studiengebühren maßgeblich zur Erhöhung des Frauenanteils bei den Studierenden beigetragen hat, so hatte die Einführung von Studiengebühren den gegenteiligen Effekt. Durch die Erschwerung des Hochschulzuganges für Kinder aus einkommensschwächeren Familien ist bei mehreren Kindern mit einer Bevorzugung der männlichen Geschwister zu rechnen.

Zuletzt lag weiters die Erwerbstätigkeitsquote von Studierenden in Österreich bei über 80 Prozent (Bericht zur Sozialen Lage der Studierenden, Studierenden Sozialer­hebung 2006). Vor allem diese notwendige Erwerbstätigkeit neben der Berufsaus­bil­dung führt oft zu Zeitverzögerungen im Studium und dadurch zum Verlust der wich­tigen Beihilfen, die auch heute noch weniger als 20 % der Studierenden in Österreich beziehen.

BM Hahn unterschätzt offenbar die mit einem Studium verbunden Kosten, die von Studierenden und ihren Eltern aufgebracht werden müssen. Verzicht auf Jahre des Einkommens, das Fehlen notwendiger Beitragsjahre in der Sozialversicherung und die Kosten für den Lebensunterhalt machen Studieren keineswegs gratis.

Inakzeptabel und ein Spiel mit Vorurteilen und Emotionen ist der Hinweis auf die Kosten pro Studierenden. Hahn befindet sich hier in bester Tradition mit dem ehemaligen Kanzler Schüssel, der die Universitätsbudgets lediglich durch die Zahl der Studierenden dividieren ließ. Das entspricht nicht internationalen Gepflogenheiten und ist nicht „state of the art“. Der Anteil der Lehre und damit ihrer Kosten am Uni­versitätsbudget wird über alle Studienrichtungen gerundet mit max. 40 % berechnet. Studierende sind daher wesentlich billiger als vorgetäuscht.

4) UG Novelle: Die vertane Chance

Die Geheimniskrämerei nahm bei der UG-Novelle 2009 im Wissenschaftsministerium neue Maßstäbe an. Nur hinter verschlossenen Türen wurde verhandelt und be­sprochen, die Oppositionsparteien sowie sämtliche anderen interessierten und betrof­fenen Gruppen wurden nicht miteinbezogen. Eine zeitgerechte Offenlegung des Gesetzesentwurfs wurde vielfach gefordert, aber nicht umgesetzt.

Die Chance für einen „großen Wurf“ im Sinne von notwendigen und sinnvollen Verbesserungen hat der Gesetzgeber leider nicht genützt. Viele der Befürchtungen haben sich bewahrheitet: Mit der UG-Novelle 2009 wird die Autonomie der Uni­versitäten noch weiters ausgehöhlt.

Insbesondere die erweiterten Befugnisse des Universitätsrates bei gleichzeitiger Schwächung des Senates waren Kern der vielfach geäußerten Kritik. Unscharf und vage blieben die Regelungen über Zulassungsverfahren und Einstiegsemester als


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mögliche Orientierungsphasen. Es ist unverkennbar, dass keine Offensive für höhere Bildung breiterer Bevölkerungsschichten geplant ist.

Auf viele der hinlänglich bekannten Probleme, wie etwa die der ausgegliederten Medi­zinischen Universitäten und der durch die Trennung entstandenen Mehrkosten, wurde in der Novelle nicht reagiert.

5) Zugangsbeschränkungen oder Ausgleichszahlungen?

Österreich braucht mehr Studierende, um den Anschluss an die europäische Spitze zu finden. Zugangsbeschränkungen sind hier kontraproduktiv. Statt in eine Grund­satz­debatte einzutreten und in höhere Bildung zu investieren, endlich breiteren Bevöl­kerungsschichten diesen Zugang zu ermöglichen, reagiert BM Hahn mit Notwehr- und Feuerwehraktionen, die sich jährlich wiederholen. Im Gegenteil: es braucht ein klares politisches Bekenntnis mit einem entsprechenden Universitäts-Budget.

APA170, 13. 10. 2009

Hahn gegen Ausgleichszahlungen von Deutschland: "Problem lösen durch Zugangs­beschränkungen"

Österreich habe eine ausgeglichene Bilanz, es würden auch viele heimische Studierende ins Ausland gehen. Das Problem der Studienzuwächse ließe sich durch die Wiedereinführung von Zugangsbeschränkungen lösen. Ausgleichszahlungen hätten auf europäischer Ebene keine Relevanz, da es sich um ein Problem im deutschsprachigen Raum handle. Er sei dafür, die Mobilität der Studierenden zu erhöhen und "nicht künstlich Barrieren aufzubauen durch Ausgleichszahlungen".

Im Wintersemester 2008/2009 kamen nach Angaben des Wissenschaftsministeriums mit 18 000 Studentinnen und Studenten sieben Prozent aller Studierenden aus Deutschland (18 000 von 240 000).

Die skandinavische Bildungskooperation, die auf ein Abkommen zwischen Finnland, Schweden, Norwegen, Dänemark und Island beruht, funktioniert durch Beitrags­zahlungen zu einem gemeinsamen Finanzierungstopf, der sich prozentual aus den jeweiligen nationalen Bildungsbudget errechnet. Aus diesem gemeinsamen Topf werden die jeweiligen Mehrbelastungen einzelner Länder zwar nicht völlig ausge­glichen, aber zumindest gedämpft. Auch hier reagierte BM Hahn defensiv und lässt nachhaltige Gespräche, sowohl bilateral wie auch auf EU Ebene, vermissen.

6) Versagen in internationaler Forschungspolitik:

Der von BM Hahn geplante Austritt Österreichs aus dem international hoch ange­sehenen Teilchenforschungszentrum CERN hat international Staunen und Verwun­derung hervorgerufen und zur Solidarisierung vieler WissenschafterInnen, Univer­sitäten und Forschungseinrichtungen geführt.

Die unverständliche, übereilte und undiplomatische Entscheidung hat der Reputation Österreichs in der Wissenschaftlichen Community Schaden zugefügt, was alles andere als ein Empfehlung für seine zukünftigen europäischen Aufgaben darstellt.

Ein Ausstieg nach mehr als 50 Jahren Mitgliedschaft, zu einem Zeitpunkt, wo der Start der weltgrößten Forschungsmaschine, dem LHC (Large Hadron Collider), unmittelbar bevorsteht, muss verwundern. Dass dieser Austritt lediglich mit Kosten argumentiert wird, deren zu erwartende Renditen für Wissenschaft und Wirtschaft unter den Tisch gekehrt wurden, zeigt erneut die wahre Misere unserer Bildungs- und Forschungs­budgets. Wie so häufig wird von internationaler Mobilität und Vernetzung geredet, aber nicht gehandelt.


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Fazit:

Bundesminister Hahn betreibt eine defensive Bildungs- und Forschungspolitik. Grund­satzdebatten über Ziele und Aufgaben des tertiären Bildungssektors wurden jahrelang versäumt und sind Ursache fehlender Strategien. Ein breiter und rechtzeitiger Dialog mit den Betroffenen und ExpertInnen wurde nie ausreichend und konsequent verfolgt. Die Budgets liegen meilenweit hinter einem Budgetpfad, der 2 % des BIP erreichen sollte. Studierenden wird vermittelt, sie seien nicht erwünscht. Beschönigung und Ver­schleierung können nicht weiter Grundlage einer Universitätspolitik bleiben. Die Situation von Lehre und Forschung ist in vielen Bereichen inakzeptabel, in manchen schlicht desaströs.

Es reicht.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Dem Bundesminister für Wissenschaft und Forschung wird im Sinne des Art. 74 B-VG das Vertrauen versagt.“

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Klubobmann Dr. Cap. Ich stelle die Uhr wunschgemäß auf 8 Minuten. – Bitte.

 


12.40.04

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Man kann natürlich unterschiedlicher Meinung sein über die Art und Weise, wie diese Protestbewegung an den Universitäten abläuft, aber mit der Geisteshaltung wie vor 160 Jahren von Kaiser Ferdinand I. kann man nicht herangehen, der damals dem Metternich, als die Bauern, die Arbeiter und die Studenten auf den Straßen waren, die Frage gestellt hat: Dürfen s’ denn des überhaupt?, sondern man muss schon sehen, dass das hier rein von der Kommunikationstechnik her, die angewendet wird, eine der modernsten Protestbewegungen ist.

Diese Protestbewegung hat natürlich auch eine reale Substanz und einen realen Grund. Wenn man weiß, dass es von 2000 bis 2006 eine Stagnation gegeben hat bei der Ausstattung der Universitäten – in allen Zeitungsartikeln hieß es: Forschung und Lehre und Unterricht an den Universitäten krass unterfinanziert –, dann weiß man auch, dass das natürlich die logische Folge ist. Und wenn es in den Jahren 2000 bis 2006 eine Entdemokratisierung sondergleichen an den Universitäten gegeben hat, dann ist es klar, dass es eine Bewegung gibt, die sich dann parallel dazu entwickelt. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Und was ist 2009?)

Die Studenten und der akademische Mittelbau wurden zurückgedrängt. Es war ein Weg wieder in Richtung Ordinarien-Universität, und es wurde die Direktwahl zur Österreichischen Hochschülerschaft abgeschafft. Dann braucht man sich nicht zu wundern, wenn es in den Kommentaren heißt: Wieso ist eigentlich die ÖH neben dieser Bewegung und nicht der Träger dieser Bewegung? – Völlig klar: Wenn ich die so schwäche, dass sie am Schluss irgendwie in einem Baukasten-System ihre Ver­tretungen hier zusammenschachtelt, dann braucht man sich nicht zu wundern, wenn es zu dieser Bewegung kommt. (Abg. Rädler: ... abgeschafft!)


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Ich finde, wenn wir in einem Staat wie Österreich, mit einer demokratischen Kultur, daran interessiert sind, dass diese demokratische Kultur sich weiterentwickelt, dann hat man einfach zu akzeptieren, dass es diese Bewegung gibt. – Man muss nicht alle Forderungen teilen, man muss nicht alle Methoden teilen, aber man muss zur Kenntnis nehmen, dass es hier etwas gibt, das es zu korrigieren gilt. (Beifall bei der SPÖ.)

Daher hat die Regierung das auch in der Form erkannt, dass sie gesagt hat, da müsse man mehr Geld zur Verfügung stellen. Am 24. September, vor einem Jahr, hat es hier herinnen Beschlüsse gegeben, wie unter anderem auch ... (Abg. Rädler: Wir sind dabei!) – Es gibt auch demokratische Beschlüsse, wo Sie nicht dabei sind, und diese Beschlüsse sind trotzdem demokratisch, möchte ich Ihnen nur sagen! (Ironische Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.)

Es hat hier Beschlüsse gegeben, unter anderem dahingehend, dass zwei Prozent des BIP hier ein Ziel ist. Wir brauchen das heute gar nicht neuerlich beschließen – es ist Beschlusslage! (Abg. Dr. Glawischnig: Ist aber nichts passiert!) Der Herr Bun­deskanzler hat auch jetzt gesagt, dass das die Zielorientierung ist bei der Finanzierung, und das ist anzustreben, wenn wir dafür sorgen wollen, dass wir in Zukunft die Universitäten haben, die ihren Auftrag auch wirklich erfüllen können. Daher war das am 24. September so wie alle anderen Beschlüsse auch damals ein guter Beschluss. (Beifall bei der SPÖ sowie demonstrativer Beifall und Bravorufe bei Abgeordneten der ÖVP.) Ja, ja!

Ich sage Ihnen: Es war auch ein guter Beschluss, dass damals auf Initiative der Kollegen Broukal, Graf, Grünewald die Studiengebühren hier herinnen abgeschafft wurden. Wir haben das lange angestrebt, denn wir waren der Meinung, dass das eine soziale Barriere ist, die beseitigt gehört. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Großruck: Und jetzt bereuen Sie es!)

Wenn man sieht, dass 42 Prozent der Studierenden während des Semesters arbeiten und dass weitere 18 Prozent fallweise arbeiten, und wenn man sieht, dass weitere 25 Prozent während des Semesterferien arbeiten müssen, dann weiß man, dass das die soziale Lage ist, in der sich viele Studierende befinden. Wer aber keine soziale Barriere will, der darf hier auch nicht diese Barrieren errichten! Man muss sehen, dass es, wenn nebenbei so viel gearbeitet wird, wenn die Studenten nebenbei Jobs erfüllen müssen – und in Krisenzeiten ist es noch schwieriger als sonst, Jobs zu finden –, berechtigt ist, dass wir auch dabei bleiben, zu sagen: Studiengebühren werden in Österreich nicht eingeführt! (Beifall bei der SPÖ.)

Wobei all denen, die dann mit dem Argument „Bummelstudent“ kommen, gesagt sei: Wir haben da Leistungskriterien vorgesehen, als wir das beschlossen haben. So ist es nicht! Wenn einer bummelt, „brennt“ er Studiengebühren, um das einmal gleich klar­zustellen.

Eines verstehe ich nicht ganz jetzt: Was ist das mit den 5 000 € für die deutschen Studenten? Ist das die Angst vor einer Germanenwelle aus einer Ecke, die mich diesbezüglich sehr verwundert? Früher habe ich nämlich immer den Eindruck gehabt, Ihr Hoffnungspunkt ist die neue Germanenwelle. Ich bin der Auffassung, dass man natürlich mit den Deutschen reden muss. Und dass wir die Bildungsmisere der deutschen Universitäten nicht in Österreich lösen können, ist auch klar. Das muss man einmal in aller Deutlichkeit feststellen! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe des Abg. Grosz.)

Jetzt habe ich mir die Kampagne genau angeschaut: Die Unis werden überflutet. Heute lese ich in einer Tageszeitung, ganz klein gedruckt, plötzlich, es sind doch nur 252 000,


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die studieren. Wo sind die 300 000, die angekündigt wurden? Was für eine Angst­mache ist da im Hintergrund, wogegen orientiert sich das? – In der „Presse“ habe ich das gelesen. Es war ein sehr interessanter Artikel, und unten ist kleingedruckt ge­standen: Es kommt zwar noch die Nachinskriptionsfrist, aber es sind nur 252 000.

Ich freue mich über jeden Studenten und jede Studentin mehr, der/die studiert. Ich gehöre nämlich zu diejenigen, die sagen, die Akademikerquote in Österreich ist zu niedrig, sie gehört erhöht! Und daher müssen wir alles tun, damit sie höher wird, um hier konkurrenzfähig zu sein! (Beifall bei der SPÖ.)

Noch etwas: Ich glaube, dass diese Diskussion, die es über den Bologna-Prozess und über die Frage Bildung/Ausbildung gibt, auch eine berechtigte ist. Ich bin nicht dafür, dass wir da Fließbandakademiker herstellen, sondern das sollen auch Menschen sein, die, wenn sie die Universität absolviert haben, erkennen, dass sie hier auch eine wichtige Rolle in einer demokratischen Gemeinschaft zu spielen haben, dass sie hier nicht nur ausgebildet werden wollen, sondern dass es auch so etwas wie Bildung gibt.

Das ist ganz entscheidend! Das ist, bitte – und da sollten die Konservativen mit mir gleich mit stimmen –, ein humanistischer Grundsatz. Ich war in einem humanistischen Gymnasium, im Piaristengymnasium, und dort war das ein ganz wichtiger Grundsatz. Und ehrlich gesagt: Ich bekenne mich dazu, aber nicht deshalb, weil ich dort war, sondern deswegen, weil ich es für richtig empfinde. Und dieser Gedanke soll nicht nur in den Gymnasien und in allen Schulen ein wesentlicher Punkt sein, sondern natürlich auch auf den Universitäten, damit ein Fortschritt in Richtung einer weiteren Demo­kratisierung und demokratischen Kultur in unserer Gesellschaft erzielt wird.

Das sind die Grundsätze, und das sind die Punkte und die Botschaften: mehr Geld für die Universitäten, kritisch die Verschulungstendenzen zu sehen, kritisch die Öko­nomisierungstendenzen zu sehen, zu sehen, dass es nicht darum geht, Fließband­akademiker, die ihre Arbeitskräfte optimal verkaufen können, zu produzieren – das sage ich jetzt durchaus in dieser Härte –, sondern darum, dass mehr gebildete, demo­kratische Menschen die Universitäten nach ihren Studien verlassen, aber natür­lich gleich auf den internationalen Arbeitsmärkten unterkommen können.

Wir respektieren, wenn es eine demokratische Bewegung gibt, diese Bewegung auch, und wir haben mit den Betreffenden in einen Dialog zu treten, wir haben sie anzuhören, und wir sollten das letztendlich auch in unsere Politik einfließen lassen.

Wenn Fehler begangen wurden – und ich habe sie aufgezählt – von 2000 bis 2006, dann sind sie jetzt zu korrigieren, weil diese Bewegung die Finger auf diese Wunde gelegt hat. Wir haben das aufzugreifen und umzusetzen! (Beifall bei der SPÖ. – Zwi­schenrufe bei der ÖVP.)

12.48

12.48.11Ankündigung eines Antrages auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich habe folgende Mitteilung zu machen: Die Abgeordneten Mag. Stadler, Dr. Graf, Dr. Pilz haben gemäß § 33 Abs. 1 der Ge­schäftsordnung beantragt, einen Untersuchungsausschuss zur Untersuchung der Causa „Kasachstan“ und der Causa „MobilTel“ einzusetzen.

Ferner liegt das von fünf Abgeordneten gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vor, eine Debatte über diesen Antrag durchzuführen. Gemäß § 33


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Abs. 2 der Geschäftsordnung finden Debatte und Abstimmung nach Erledigung des Dringlichen Antrages statt.

*****

Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Karl. Ich stelle die Uhr wunschgemäß auf 8 Minuten. (Abg. Ing. Westenthaler: Frau „Fast-Minister“ oder „Lieber-nicht-Minister“! Auf-und-davon-Minister!)

 


12.49.00

Abgeordnete Mag. Dr. Beatrix Karl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Regierungsmitglieder! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Im Antrag der Grünen heißt es unter anderem, es sind Maßnahmen zu setzen, die die Qualität der Lehre und Forschung steigern sowie zu lange Studienzeiten und Drop-outs auf ein Minimum reduzieren.

Da gebe ich Ihnen vollkommen recht, das ist ein wichtiges Ziel! Dazu muss man aber auch erwähnen, dass es bereits Maßnahmen gibt, die diesem Ziel gerecht werden. Betrachten Sie zum Beispiel das Studium der Humanmedizin! Dort gibt es Aufnahme­tests, und die haben dazu geführt, dass die Drop-out-Quote nunmehr bloß 4,8 Prozent beträgt. In den neunziger Jahren lag sie noch bei rund 50 Prozent. Die Studierenden werden noch schneller mit dem Studium fertig, der erste Studienabschnitt wird von den meisten Studierenden in Mindestzeit absolviert, außerdem sind natürlich auch die Studienbedingungen besser, weil nämlich überschaubarere und planbarere Studie­rendenzahlen auch ein besseres Betreuungsverhältnis bringen. Bessere Betreuung bedeutet natürlich ein Mehr an Qualität für die Studierenden und auch für die Lehren­den. Und das ist uns besonders wichtig, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Bessere Studienbedingungen, nämlich im Sinne von keine überfüllten Hörsäle, keine Wartelisten und Lehre in einer Qualität, wie man sie sich an einer Hochschule erwarten darf, finden Sie aber nicht nur an den medizinischen Universitäten, sondern etwa auch an den Fachhochschulen oder an den Kunstuniversitäten. Auch hier gibt es Zugangs­regelungen. Und zu den Fachhochschulen sei noch erwähnt, dass es hier neben Zugangsregelungen bei sehr vielen Fachhochschulen auch noch Studiengebühren gibt. Und trotzdem haben wir dort eine weit bessere soziale Durchmischung als etwa an den Universitäten.

Es gibt aber auch noch eine weitere Maßnahme, durch die es gelungen ist, die von Ihnen angesprochene Qualität zu heben und zu lange Studienzeiten und Drop-outs auf ein Minimum zu reduzieren: Das sind die heute bereits vielfach angesprochenen Studiengebühren. Durch die Studiengebühren ist es nämlich gelungen, die durch­schnittliche Studienzeit von 14 Semestern auf knapp 12 Semester zu reduzieren. Es wurde die Zahl der prüfungsinaktiven Studierenden massiv gesenkt, nämlich von über 40 Prozent auf rund 15 Prozent. Und es gab zudem mehr Studienanfänger und Studienanfängerinnen und auch mehr Absolventinnen und Absolventen. Das ist hier besonders wichtig hervorzuheben, weil das ein wichtiges Ziel von uns ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Angesichts dessen kann man den 24. September 2008 nur als schwarzen Tag für die österreichischen Universitäten bezeichnen (Abg. Dr. Grünewald: Weil Sie die Res­sourcen nicht erhöht haben!), weil nämlich an diesem Tag die SPÖ, die FPÖ und die Grünen in einer wirklich beispiellosen Husch-Pfusch-Aktion die sogenannte Abschaf­fung der Studiengebühren beschlossen haben (He-Rufe bei der SPÖ. – Ruf bei der SPÖ: Ein Beschluss des Parlaments, bitte!) – trotz wirklich eindringlicher Warnungen


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von Seiten der Rektoren, Professoren und auch von Seiten der ÖH. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich könnte Ihnen hier nun viele dieser Warnungen zitieren, möchte mich aber nur auf eine beschränken. Ich darf nun aus der E-Mail von Rektor Töchterle, dem Rektor der Universität Innsbruck, an die Tiroler Abgeordneten und die Tiroler Landesregierung vom 18. September 2009 zitieren. Er warnt hier davor, dass die Kombination des Erlas­ses der Studiengebühren mit der Aufhebung der Zugangsbeschränkungen in allen Fächern fatal sei. Und weiter sagt er: Die Studierenden erhalten am Ende eine mittelmäßige Ausbildung, die sie für nichts mehr konkurrenzfähig qualifiziert. Die Uni­versitäten sinken in den internationalen Rankings auf eine nicht mehr ernst zu neh­mende Ebene zurück. – Zitatende.

Trotz solcher Warnungen haben Sie die Studiengebühren am 24. September 2008 abgeschafft und haben auch die Zugangsbeschränkungen gelockert. Wider besseres Wissen haben Sie das beschlossen! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Grünewald: Das sind doch nicht die Gründe für die Misere!)

Wären am 24. September die Studiengebühren nicht abgeschafft worden, hätten die Universitäten heute mehr Budget zur Verfügung. Natürlich kann man nicht sagen, es werden ihnen die 150 Millionen € an Studiengebührenentfall ersetzt, aber diese 150 Millionen könnten die Universitäten heute zusätzlich haben – und nicht als bloßen Ersatz für den Entfall der Studiengebühren! (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Dann kommt natürlich noch eines dazu: Es geht nicht nur um die finanziellen Kon­sequenzen. Es geht auch darum, dass diese großartige Neuregelung der Studien­gebühren – sie wurden ja nicht zur Gänze abgeschafft – an den Universitäten bewirkt hat, dass diese mit einem ungeheuren bürokratischen Aufwand überlastet worden sind. (Abg. Dr. Grünewald: Ist ja gar nicht wahr!) Ja natürlich!

Herr Klubobmann Cap hat vorhin angesprochen, dass „Bummelstudenten“ noch immer Studiengebühren „brennen“. Bummelstudenten „brennen“ Studiengebühren, haben Sie gesagt. – Ich würde statt „Bummelstudenten“ lieber Langzeitstudierende sagen, aber ich nehme gerne Ihren Jargon auf. (Oh-Rufe bei der SPÖ.) „Bummelstudenten“ „brennen“ Studiengebühren – das gilt aber nur beschränkt, Herr Klubobmann. Die Universitäten müssen nämlich prüfen, ob der „Bummelstudent“ vielleicht längere Zeit krank war, schwanger war, Präsenz- oder Zivildiener war. All das müssen die Uni­versitäten prüfen! Die Universitäten haben anderes zu tun, als zu prüfen, ob ihre Studierenden krank waren oder schwanger waren. Ich wünsche mir, dass sie die Ressourcen für andere Dinge einsetzen können! (Beifall bei der ÖVP.)

Außerdem darf ich Sie bitte an Folgendes erinnern: Der „Bummelstudent“, der im Jahr 2008 mehr als 4 886 € verdient hat, brauchte keine Studiengebühr zu zahlen; der, der unter 4 886 € verdient hat, zahlte sehr wohl Studiengebühr. – Ist das soziale Treffsicherheit à la SPÖ? (Beifall bei der ÖVP.) Also, unter einer sozial treffsicheren Regelung hätte ich mir, ehrlich gesagt, etwas anderes vorgestellt! Die, die gut verdienen, zahlen nicht, und die, die schlecht verdienen, die dürfen zahlen?!

Damit bin ich gleich bei einem anderen Punkt der sozialen Treffsicherheit. Es wird immer gesagt, Studiengebühren hielten sozial Schwächere vom Studium ab. Hier muss man schon sehen, werte Kolleginnen und Kollegen, dass ja jene Studierenden, die sich die Studiengebühren nicht leisten können, diese im Wege der Studienförderung refundiert bekommen. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich darf hier Claus Raidl zitieren. Claus Raidl hat gesagt: Ich will nicht, dass die Kinder meiner Böhler-Arbeiter das Studium meines Sohnes zahlen. – Darauf läuft es nämlich hinaus, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek:


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Sagen Sie was zu den Universitäten!) Von der Studiengebühr befreit wurden de facto nur jene Studierenden, die sich die Studiengebühr auch leisten können. Jene, die es sich nicht leisten können, haben sie schon bisher nicht gezahlt, weil sie sie über die Studienförderung refundiert bekamen. Auch das ist ein „großartiger“ Akt der sozialen Treffsicherheit, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Wir treten daher für eine Wiedereinführung von moderaten Studienbeiträgen ein, die mit einer Anhebung der Studienförderungsmittel um zirka 150 Millionen € verbunden sein sollen, damit jene, die sich das Studium beziehungsweise die Studiengebühren nicht leisten können, einerseits die Studiengebühren refundiert bekommen, aber auch ein höheres Stipendium bekommen.

Abschließend, Herr Klubobmann Cap, möchte ich Sie noch an einen Beitrag vom ehemaligen Wissenschaftsminister Broukal im „profil“ vom September 2008 erinnern (Ruf bei der SPÖ: Er war nicht Minister!) – bitte um Entschuldigung: Wissenschafts­sprecher; danke für den Hinweis, war kein Freudscher Versprecher! –, an einen Beitrag vom ehemaligen Wissenschaftssprecher Broukal, den Sie ja gelobt haben dafür, dass er die Studiengebühren mit abgeschafft hat. Auf die Frage des „profil“: Warum haben Sie die Studiengebührenabschaffung so verteidigt?, sagt Kollege Broukal Folgendes: Es war Parteilinie. Ich habe einmal versucht, das intern anzudiskutieren: höhere Stipendien, kostenlose Kredite, bessere Studienbedingungen – unmöglich! Da wird man sofort zurechtgestutzt. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Frau Präsidentin, die Redezeit ist aus!) Dabei glaube ich, viele Studierende sagen, sie zahlen lieber 360 € pro Semester, wenn sie dafür sicher einen Seminarplatz bekommen. Die Politik wird immer grundsatzloser, der Wahlkampf 2008 wird ganz kurzatmig geführt: Bauern, Fa­milien, Pensionisten, Studenten, jeder kriegt noch schnell ein Wahlgeschenk. Eine langfristige Perspektive kann ich nicht erkennen. – Zitatende.

So Ihr damaliger Wissenschaftssprecher Broukal. – Danke. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

12.57


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Präsident Dr. Graf zu Wort. 3 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.

 


12.58.01

Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf (FPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Herren auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Es ist ja ohne Zweifel, dass es sich hier um ein kollektives Versagen der Verantwortlichen in der Bundesregierung und zum Teil auch des Budgetgesetzgebers, aber auch von Teilen des Managements an den Universitäten und vieles andere mehr handelt.

Wir benötigen tatsächlich einen nationalen Kraftakt, um bildungspolitische Akzente zu setzen und die Dinge umzusetzen, die für Österreich unabdingbar notwendig sind. Worum geht es in Wirklichkeit?

Es geht in Wirklichkeit darum, dass wir jedem Österreicher und jeder Österreicherin, die die Voraussetzungen mitbringen und auch studierwillig sind, einen Studienplatz in Österreich ermöglichen wollen. (Beifall bei der FPÖ.) Und mit Ihrer Politik des Zusperrens, des Wegsperrens ist das nicht möglich!

Zu einigen Zahlen. – Wir haben an den medizinischen Universitäten im Jahr 2004 insgesamt 18 026 Studenten gehabt. Heute, im Jahr 2009, haben wir 14 073 Studen­ten. An medizinischen Universitäten waren im Jahr 2004 noch 3 092 Erstinskribenten zu finden, Österreicher und Österreicherinnen, heute sind es die Hälfte: 1 800.


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Wem schadet eine Zugangsbeschränkung denn dann wirklich? – Den Österreicherin­nen und Österreichern! (Beifall bei der FPÖ.) Und damit nehmen wir in Wirklichkeit unserer Jugend Chancen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Regierung soll auch planen und soll voraussehen. Es gibt heute mehr Studenten; und wir reden jetzt bitte von ordentlichen Hörern und nicht von außerordentlichen Hörern, da wird auch immer viel in den Statis­tiken herumgetrickst. Im Jahr 2000 waren wir an Österreichs Universitäten 227 948 Studenten inskribiert. Im Jahr 2009 beträgt der Ist-Stand der ordentlichen Hörer heute 244 006. Das ist eine Steigerung um 17 000 Studenten in neun Jahren. Ich bitte Sie, das zur Kenntnis zu nehmen: in neun Jahren! Das sind nicht einmal 1 500 bis 1 600 Studenten mehr pro Jahr.

Wenn man da keine Politik in dem Sinne macht, dass wir das verkraften können, dann ist das, muss ich sagen, in Wirklichkeit die Verabschiedung von einer Bildungspolitik schlechthin. Und wenn man sagt, wir haben zu viele Studenten, dann muss ich davon ausgehen, dass das falsch ist, denn wir brauchen Studierende. Wir hatten in den letzten Jahren eine höhere Geburtenrate, und zwar gab es um 14 Prozent mehr Geburten als in den achtziger Jahren.

Eine vorausschauende Politik vom Management auf der einen Seite, aber auch von der Regierung auf der anderen Seite kann nur bedeuten, dass man sich auch die Fakten vor Augen führt. (Beifall bei der FPÖ.)

13.01

13.01.20*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Abgeordneter Ing. Hofer zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


13.01.28

Abgeordneter Ing. Norbert Hofer (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Ich melde mich zur Ge­schäftsbehandlung zu Wort. Ich beantrage, die Sitzung zu unterbrechen und eine Sonderpräsidiale abzuhalten.

Ich beantrage weiters, dass der Nationalrat beschließen möge, darüber eine Debatte abzuhalten.

Ich darf nun begründen, warum ich diese Anträge stelle. Uns ist bekannt geworden, dass die Mitglieder der Regierungsparteien vorhaben, den U-Ausschuss betreffend Spitzelaffäre langsam beenden zu wollen, ohne die Minister zu laden.

Meine Damen und Herren! Der Untersuchungsausschuss hat nicht die Aufgabe, hat keinesfalls die Aufgabe, die rechtlichen Komponenten abzuklären. Das machen die ordentlichen Gerichte – keine Frage. Der Untersuchungsausschuss hat aber sehr wohl die wichtige Aufgabe, die politische Komponente zu klären. Dazu sind wir auch hier in dieses Hohe Haus gewählt, um auch dieser Aufgabe nachzukommen.

Es ist aber nahezu unmöglich, diese politische Komponente zu betrachten, wenn es nicht ermöglicht wird, die politisch verantwortlichen Mitglieder der Bundesregierung vorzuladen. Daher wäre es ein großer Schaden für das Ansehen dieses Hauses, wenn es nicht möglich gemacht würde, die verantwortlichen Minister auch im Ausschuss zu hören. Deswegen haben ja die Oppositionsparteien zu dieser Notwehrmaßnahme gegriffen und haben zu diesen Sondersitzungen des Nationalrates geladen. (Abg. Großruck: Das ist jetzt ein Debattenbeitrag, keine Meldung zur Geschäfts­ord­nung!)


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Im Zusammenhang mit diesen Sondersitzungen, meine Damen und Herren, haben wir jetzt die Situation, dass es zwischen 13 Uhr und 13.15 Uhr nicht möglich ist, die Sit­zung im Fernsehen zu übertragen. Wir hatten dazu bereits einmal eine Debatte in der Präsidialsitzung geführt. Es kam damals zu keiner Einigung, weswegen die Frau Präsidentin entschieden hat, einmal eine Sondersitzung um 8 Uhr zu eröffnen und um 11 Uhr zu starten, dann um 9 Uhr zu eröffnen und um 12 Uhr zu starten. Das geschah heute. Das nächste Mal wird um 10 Uhr eröffnet werden, die Sitzung wird dann eigentlich um 13 Uhr fortgesetzt. (Abg. Ing. Westenthaler: Die Präsidentin hat keine Linie!)

Das heißt, meine Damen und Herren, dass es für denjenigen, der um 13 Uhr zum Rednerpult schreitet, natürlich unangenehm ist, weil er nicht die Möglichkeit hat, in der Fernsehzeit zu sprechen. (Abg. Mag. Kuzdas: Das wird die Republik aushalten!) Das war auch davor ein Problem. Dr. Cap hat es – ich glaube, bei der vorletzten Sitzung war es – erlebt, dass er zum Rednerpult gegangen ist und die Sitzung unterbrochen wurde.

Daher ist es notwendig, meine Damen und Herren, dass wir gemeinsam eine Lösung finden, damit es für alle Redner gleiche Chancen und gleiche Voraussetzungen gibt. (Beifall bei der FPÖ.)

Warum sage ich das, meine Damen und Herren? – Es ist einfach damit zu rechnen, dass es immer, wenn die Sitzungen nicht unterbrochen werden, zirka um 13 Uhr Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung geben wird. Daher glaube ich, dass wir sehr vernünftig vorgehen sollten und alles daransetzen sollten, eine gemeinsame Lösung, einen guten Weg zu finden. (Beifall bei der FPÖ.)

13.04


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter, bevor ich die nächste Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung aufrufe, von meiner Seite Folgendes:

Sie haben Anträge zur Geschäftsbehandlung gestellt, die nicht gestellt werden können. Es gibt weder das Recht auf Abhaltung einer Präsidiale, noch das Recht auf Beantragung einer Sitzungsunterbrechung. Das wissen Sie, Sie haben ja zum Schluss auch erläutert, warum Ihre Wortmeldung abgegeben wurde.

Ich mache an dieser Stelle auf eines aufmerksam: Mir wäre nichts lieber, als – so wie bisher – zum Weg zurückzufinden, im Konsens Sitzungen vorzubereiten. (Abg. Ing. Westenthaler: Das haben Sie im Untersuchungsausschuss beendet!) Wenn Sit­zungen im Konsens nicht möglich sind, wenn es immer wieder Fraktionen gibt, egal, von welcher Seite, die einen Konsens blockieren, dann muss ich zu Entscheidungen greifen. Und ich habe meine Entscheidungen so getroffen, dass ich der Meinung war, jedem ein Mal recht zu geben und damit anderen unrecht zu geben. Das ist das Schlechteste, das wir hier tun können, aber die einzige Möglichkeit, die ich gesehen habe.

Ich unterstütze den Appell des Herrn Abgeordneten Hofer: Kehren wir bei der Planung der Sitzungen zum Konsens aller fünf Fraktionen zurück! Das ist auch ein Appell von meiner Seite. (Beifall bei SPÖ und FPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Als Nächster zur Geschäftsbehandlung zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Stadler. – Bitte.

 


13.06.28

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Präsi­dentin! Hohes Haus! Sie haben vor wenigen Minuten enunziert, dass ein Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses betreffend Untersuchung der Causa


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Kasachstan und der Causa MobilTel – gemeint ist die MobilTel Bulgarien – eingebracht wurde.

Wir haben jetzt eine besondere Situation. Dieser Antrag wird behandelt, aber die Debatte darüber findet im Anschluss an die Debatte über den Dringlich Antrag statt. Wir haben aber bis dorthin eine grundsätzliche verfassungsrechtliche Problematik zu klären, die sich schon das letzte Mal gestellt hat, die aber nicht geklärt wurde, nämlich die verfassungsrechtliche Problematik, dass der Spitzel-Untersuchungsausschuss heute – angekündigt von der ÖVP – abgewürgt werden soll. Ab heute wird dieser Untersuchungsausschuss mit Unterstützung der sozialistischen Begleitpartei abge­würgt. Er soll abgewürgt werden°!

Damit wird ein einstimmig von diesem Haus eingesetzter Untersuchungsausschuss von einer Minderheit – in diesem Fall von der ÖVP mit Begleitung der SPÖ – im Aus­schuss abgewürgt. Das ist eine verfassungsrechtliche Problematik, die einfach ins Groteske geht. Und diese Frage wäre dringlich vor der Debatte über den neuen Untersuchungsausschuss zu klären, zumal deswegen, weil es hier auch die Bereit­schaft der Frau Bundesminister Bandion-Ortner gibt, im Untersuchungsaus­schuss zu erscheinen, es aber die ÖVP verhindert, dass sie erscheinen kann, weil es die öffent­liche Ankündigung des Ex-Botschafters der Republik Kasachstan gibt – in mehreren Medien nachzulesen –, im Untersuchungsausschuss erscheinen zu wollen, um auszu­sagen, es aber die Österreichische Volkspartei deswegen, weil sie halstief in einem Parteienfinanzierungssumpf drinnensteckt, verhindert, dass der Herr Alijew vor diesem Ausschuss erscheint. (Hallo-Rufe bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren, wir haben das Problem, dass wir einen Ex-Minister laden wollen, der für das gesamte System, das wir im Bereich des Innenressorts untersucht haben, verantwortlich ist, aber die Österreichische Volkspartei es verhindert, dass er geladen werden kann!

Hohes Haus! Das ist eine verfassungsrechtliche Problematik, die vor dem Hintergrund der einstimmigen Einsetzung dieses Untersuchungsausschusses und des einstim­migen Auftrages aller Fraktionen – auch der Oppositionsfraktionen – gefasst wurde. Und nun dreht das eine Partei, die kein Interesse an Aufklärung, keine Interesse an demokratischer Kontrolle hat, ab. Das ist ein Anschlag auf die parlamentarischen Kontrollrechte, der in der Form, meine Damen und Herren, noch nie stattgefunden hat! (Beifall beim BZÖ.)

Daher muss das vorher in einer Präsidialkonferenz diskutiert werden, um die Debatte über unseren Antrag auch auf einer entsprechenden verfassungsrechtlich geklärten Grundlage führen zu können. (Beifall beim BZÖ.)

13.09


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Her Abgeordneter Stadler, ich habe Ihre Wort­meldung zur Geschäftsbehandlung, die Sie weitestmöglich ausgelegt haben, gehört. Morgen findet eine Sitzung der Präsidiale statt. Ich gehe davon aus, dass Ihr Klubobmann dieses Thema morgen in der Präsidiale einbringen wird. Dort ist auch der richtige Platz, weiter darüber zu diskutieren.

Herr Abgeordneter Dr. Pilz hat sich ebenfalls zur Geschäftsbehandlung zu Wort ge­meldet. – Bitte.

 


13.09.50

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Präsidentin! Ich möchte Sie in aller Form darauf hinweisen, dass durch das Vorgehen der Öster­reichischen Volkspartei mit Hilfe der Fraktion der SPÖ heute im Untersuchungs­ausschuss der § 42 Z 2 des Geschäftsordnungsgesetzes gebrochen worden ist.


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Ich werde Ihnen auch erklären, warum, und ersuche Sie, dafür Sorge zu tragen, dass das ungesetzliche Vorgehen der Österreichischen Volkspartei im Untersuchungsaus­schuss nicht fortgesetzt werden kann. (Abg. Grosz: Wieder einmal! – Ruf bei der SPÖ: ... Universitäten!)

Ich begründe das wie folgt (Abg. Großruck: ... Anträge sind gegen Sie gestellt worden!): Die Abgeordneten Dr. Cap  er kann sich, glaube ich, noch daran erinnern –, Kopf, Bucher und ich selbst haben hier im Plenum des Nationalrates den Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses eingebracht. Dieser Untersuchungsaus­schuss ist, wie bekannt, einstimmig beschlossen worden.

Im Punkt 3 dieses einstimmigen Beschlusses des Plenums des Nationalrates heißt es:

„Aufklärung darüber, welche Erkenntnisse die Sicherheitsbehörden über versuchte Ein­flussnahme ausländischer Geheimdienste in der XXIII. und XXIV. GP auf aktive und ehemalige Mitglieder des Nationalrates besitzen“.

Dazu hat es dann einen einstimmigen Beschluss der Abgeordneten Pendl, Amon, Graf, Stadler und Pilz im Untersuchungsausschuss gegeben, in dem, unter Punkt 2.3., Folgendes wörtlich festgehalten und damit beschlossen wurde:

„Aufklärung darüber, ob und gegebenenfalls welche Abgeordneten zum Nationalrat oder zum Bundesrat in der XXIII. oder XXIV. Gesetzgebungsperiode in Schriftstücken des Heeresnachrichtenamtes oder des Heeres-Abwehramtes oder allfälliger weiterer mit nachrichtendienstlicher Tätigkeit oder ihrer Kontrolle betrauter Dienststellen des Bundesministeriums für Landesverteidigung (und Sport) erwähnt wurden, von diesen Stellen überwacht wurden, von der Erfassung oder Speicherung personenbezogener Daten bei diesen Stellen betroffen waren oder außerhalb der dafür vorgesehenen parlamentarischen Ausschüsse geheime Informationen von diesen Stellen oder einzelnen Bediensteten erhielten, welche Vorgeschichte und Umstände jeweils dazu führten, ob dabei die gesetzlichen und verfassungsrechtlichen Vorgaben eingehalten wurden, wie mit den gegenständlichen Daten weiter verfahren wurde, welche Be­deutung sie im Weiteren erhielten, ob die Rechte der betroffenen Abgeordneten ver­letzt wurden, und welche Konsequenzen im Bereich des Bundesministeriums für Landesverteidigung (und Sport) allenfalls aus solchen Vorfällen gezogen wurden.“ (Abg. Gahr: ... lesen ... Pilz!)

Frau Präsidentin, zu diesem Beschluss gibt es heute einen Beschluss, der dem diametral entgegensteht, in dem beschlossen wird, den Ausschuss abzuwürgen (Abg. Mag. Stadler: Das ist schon beschlossen!), und keine einzige Auskunftsperson darf zu diesem Punkt – der verständlich übersetzt lautet: Verdacht der Bespitzelung von Eurofighter-Gegnern und -Gegnerinnen durch das militärische Abwehramt – geladen werden. Da geht es nicht mehr nur um den Verteidigungsminister Mag. Darabos! (Zwi­schenrufe bei der ÖVP.)

Zu einem beschlossenen Beweisthema darf keine einzige Auskunftsperson geladen werden. Der Untersuchungsausschuss darf, nach dem Diktat der Österreichischen Volkspartei, unterstützt von der SPÖ, nicht mehr seinen Aufgaben, die das Plenum des Nationalrates gemeinsam mit dem Ausschuss selbst zweimal einstimmig beschlos­sen hat, nachkommen. (Zwischenruf des Abg. Grosz.) Das ist der erste Teil dieses Beschlusses, aber es wird noch wesentlich mehr verletzt, Frau Präsidentin!

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter, ich würde trotzdem bitten, dass Sie die Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung nicht überstrapazieren und auch auf die Zeit schauen. – Bitte. (Abg. Gahr: Sie strapazieren das Parlament, Herr Pilz!)

 



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Abgeordneter Dr. Peter Pilz (fortsetzend): Frau Präsidentin, das Problem habe nicht ich geschaffen. Die Österreichische Volkspartei strapaziert diesen Nationalrat über, indem sie etwa die Hälfte ... (Beifall bei Grünen, BZÖ und FPÖ.)

Die Österreichische Volkspartei will mittels Beschluss etwa die Hälfte des beschlos­senen Untersuchungsgegenstandes außer Kraft setzen. (Abg. Ing. Westenthaler: Das kann Ihnen nicht gefallen!) Die Österreichische Volkspartei maßt sich an, einen Unter­suchungsausschuss aufzulösen, ohne dass er die Chance erhält, den Auftrag, den das Plenum des Nationalrates ihm einstimmig erteilt hat, überhaupt zu beginnen, ge­schweige denn abzuschließen.

Der ganze zweite Punkt, den ich Ihnen vorlesen wollte und der noch wesentlich länger ist – und ich appelliere an Sie, Frau Präsidentin, das nicht nur in der Präsidiale genau zu verfolgen und die ÖVP an dieser gesetzeswidrigen Vorgangsweise im Nationalrat und im Untersuchungsausschuss zu hindern –, betrifft die sogenannte Kasachstan-Affäre. (Zwischenrufe der Abgeordneten Ing. Westenthaler und Grosz.) Der Herr Alijew darf nicht geladen werden, der ehemalige Abgeordnete Gaál darf nicht geladen werden, der ehemalige Minister Blecha darf nicht geladen werden, der Ex-Journalist Ender darf nicht geladen werden, die befassten und inzwischen gerichtskundigen Polizeibeamten, die die Daten des Innenministeriums weitergegeben haben, dürfen nicht befragt werden. Nicht einmal der Abgeordnete Vilimsky, der darauf gedrängt hat, im Untersuchungsausschuss befragt zu werden, darf befragt werden! (Zwischenruf des Abg. Kopf. Abg. Dr. Pirklhuber: Unglaublich!)

Es darf, bis auf den Direktor des Verfassungsschutzes und einen ihm untergebenen Beamten, niemand zur Kasachstan-Affäre befragt werden. Frau Präsidentin, das ist eine Notsituation in diesem Hause! (Beifall bei Grünen, BZÖ und FPÖ.)

Ich komme damit schon zum Schluss und verstehe Ihr Argument mit der Zeit, aber wir müssen uns ab und zu in einer Notsituation die Zeit nehmen, die Kontrollrechte des Nationalrates gegen den Machtmissbrauch der Österreichischen Volkspartei und insbesondere gegen Herrn Dipl.-Ing. Pröll zu verteidigen – was wir hier versuchen.

Ich appelliere an Sie, Frau Präsidentin: Verhindern Sie Kraft Ihres Amtes mit Hilfe der Präsidiale den geplanten Gesetzesbruch durch die Österreichische Volkspartei und schützen Sie den österreichischen Nationalrat vor dem Machtmissbrauch durch die Österreichische Volkspartei und – in ihrem Schlepptau – die sozialdemokratische Frak­tion dieses Hauses! Danke für Ihr Verständnis. (Beifall bei Grünen, BZÖ und FPÖ.)

13.16


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter, ich glaube nicht, dass ich an dieser Stelle besonders erläutern muss – weil ich davon überzeugt bin, dass Sie die Geschäftsordnung kennen –, dass die Präsidentin zwar vieles, aber nicht alles in diesem Haus kann (Abg. Ing. Westenthaler: Gefällt Ihnen das? Ich frage nur!), und dass Entscheidungen, auch in Ausschüssen, nicht durch die Präsidentin zu revidieren sind – ich stelle nur klar. (Abg. Ing. Westenthaler: Er hat Sie ja etwas gefragt!)

Natürlich bin ich aufgefordert worden durch den Herrn Pilz. (Abg. Ing. Westenthaler: Na eben! Dann sagen Sie etwas dazu, inhaltlich, dass das Parlament abgedreht wird! – Heiterkeit.) – Ich habe es gerade gesagt, Sie haben mir offensichtlich nicht zugehört.

Herr Abgeordneter Amon hat sich zur Geschäftsbehandlung zu Wort gemeldet. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler: Sie müssen dazu sagen, dass das Parlament ... abgedreht wird!)

 


13.17.13

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Insbesondere zu dem, was der Kollege Abgeordneter Pilz hier gesagt


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hat: Es ist bedauerlicherweise, wie so oft, nicht den Tatsachen entsprechend. Der Ausschuss hat heute in keiner Weise sein Ende beschlossen. (Rufe beim BZÖ: Nein! Nein!) Das ist eine Darstellung, wie sie der Herr Abgeordnete Pilz haben will. (Abg. Bucher: Ah ja!?)

Wahr ist, dass der Ausschuss sowohl für den 24. November als auch für den 25. November und auch für den 26. November Ladungen beschlossen hat (Oh-Rufe beim BZÖ), und zwar zu den Angelegenheiten, die den Herrn Abgeordneten Öllinger und eine mögliche Beeinflussung eines Kriminalbeamten betreffen. (Abg. Öllinger: ... nicht geladen! Traut’s euch nicht! Laden Sie mich noch einmal!)

Zwei Ausschusstermine gibt es zur Untersuchung der Angelegenheit, die das Parla­ment sehr unmittelbar betrifft, nämlich die Einflussnahme ausländischer Geheimdienste auf das Parlament. Wir haben hier eine Fülle von Ladungen beschlossen. Es ist glatte Unwahrheit, was der Herr Abgeordnete Pilz hier von sich gegeben hat! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Pendl. Abg. Brosz: ... ja oder nein?!)

Zum Ablauf der heutigen Plenarsitzung, Frau Präsidentin, sei zu erwähnen, dass Ihre Entscheidung natürlich zu respektieren ist, ich aber schon darauf verweisen darf, dass unser Klubobmann in der Präsidiale vorgeschlagen hat, mit der Sitzung um 10 Uhr zu beginnen, sie um 13 Uhr zu unterbrechen und um 13.15 Uhr wieder fortzusetzen – also da Anschuldigungen zu erheben, geht glatt ins Leere.

Dann möchte ich, zu guter Letzt, noch einmal zum Gegenstand des Untersuchungs­aus­schusses etwas sagen, weil da offenbar wirklich eine Reihe von Fehlbehauptungen schlicht und einfach im Raum stehen. Da würde ich den Herrn Dr. Pilz bitten, sich noch einmal den Allparteienbeschluss in allen Details anzuschauen – nachdem Sie hier eine so lange Liste von Persönlichkeiten vorgestellt haben, die wir zur Causa Kasachstan laden sollten.

Ich möchte in aller Deutlichkeit sagen: Der Untersuchungsgegenstand ist die Einfluss­nahme ausländischer Dienste auf das österreichische Parlament. (Zwischenrufe der Abgeordneten Ing. Westenthaler und Bucher.) Da geht es nicht um die Frage irgendeiner berechtigten oder unberechtigten Aufenthaltsgenehmigung eines Staats­bürgers eines anderen Landes. Es geht auch nicht um die Frage, ob oder ob es keine Entführungsversuche im Land gegeben hat – das ist Sache der Gerichte und der Staatsanwaltschaft. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Pendl.)

Wir haben hier eine politische Untersuchung zu führen, darum geht es! Hören Sie auf, den Untersuchungsausschuss als politische Showbühne zu missbrauchen! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.19


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Klubobmann Dr. Cap hat sich zur Ge­schäftsbehandlung zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


13.20.01

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Präsidentin! Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass wir natürlich seitens meiner Fraktion, der Sozial­demokratinnen und Sozialdemokraten, für die präzise Umsetzung des Unter­suchungs­gegenstandes sind (Abg. Ing. Westenthaler: Bitte etwas zur neuen Demo­kratie und zum neuen Parlamentarismus sagen!), und zwar keinen Millimeter mehr und keinen Millimeter weniger.

Nur dann, wenn das auch wirklich gewährleistet und ernst genommen wird, wird diese Einrichtung, die der Kontrolltätigkeit des Parlamentes dient, auch auf Akzeptanz außer­halb des Hauses stoßen – und das ist uns ein ganz wichtiges Anliegen, denn wir


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wollen nicht, dass das Ergebnis der Arbeit des Untersuchungsausschusses die Einrichtung des Untersuchungsausschusses schädigt. – Das zum einen.

Das andere ist, dass ich aber die Einwendungen sehr, sehr ernst nehme und es daher unterstütze, dass wir das auch in der Präsidiale diskutieren. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. Abg. Bucher: „Sehr ernst“! Die Abgeordneten Ing. Westenthaler und Grosz: Neuer Parlamentarismus! Abg. Neugebauer: Fernsehzeit!)

13.21


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich gehe davon aus, dass morgen in der Prä­sidiale über dieses Thema weiterdiskutiert wird.

13.21.06*****

Nun gelangt Herr Klubobmann Bucher zu Wort. Ich stelle die Uhr wunschgemäß auf 5 Minuten. – Bitte.

 


13.21.10

Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Frau Präsidentin!Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben jetzt wieder einmal gehört, wie es die SPÖ mit der sogenannten demokratischen Kultur in unserem Land hält: Wenn es darum geht, dass sich faule Studierende auf den Straßen versammeln und irgendwelche Parolen klopfen können, dann ist die Demokratie in unserem Land in Ordnung. (Abg. Mag. Muttonen: „Faule Studierende“?!) Aber wenn es darum geht, dass wir hier im Haus, als Volksvertreter, Aufklärung betreiben und wo Missstände vorhanden sind, diesen auch nachgehen – sei es im Bereich der Justiz oder der Polizei –, dann schütten Sie alles zu, dann werden Sie zum Erfüllungsgehilfen der ÖVP und dann ist die demokratische Kultur in unserem Land nichts mehr wert! (Beifall beim BZÖ.)

Es geht darum, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass wir auch von Ihnen, Herr Kollege Cap, einfordern, zu einer Entscheidung zu stehen und nicht immer nur verständnisvoll zu sein und bei jeder Gelegenheit zu beteuern, dass Sie dem etwas abgewinnen können. Sie sollten in der letzten Konsequenz auch einmal zu einer Entscheidung stehen, denn es gibt nur zwei Möglichkeiten einer Entscheidung, nämlich jene, die man trifft und jene, die man nicht trifft. Und Sie sollten einmal die Entscheidung treffen, in diesem Land und hier in diesem Haus für Aufklärung zu sorgen, damit wir den Untersuchungsausschuss weiter fortsetzen können und Sie ihn nicht fahrlässig abwürgen! (Beifall beim BZÖ.)

Auch ein zweiter Punkt ist mir in diesem kurzen Redebeitrag, den Sie gebracht haben, zur Situation der Universitäten aufgefallen, nämlich dass Sie davon sprechen, dass das alles natürlich in der Zeit von 2000 bis 2006 stattgefunden hat, was wir jetzt auszu­baden haben.

Meine Damen und Herren von der SPÖ, nur zur Erinnerung: Sie sind seit Beginn 2007 in der Regierung und Sie stellen seit 2007 den Bundeskanzler. Sie haben bis heute nichts unternommen, um dieses Chaos zu beheben. Sie haben bis heute drei Jahre Zeit gehabt, um dieses Chaos an den Universitäten und Bildungseinrichtungen endlich einmal zu ordnen. (Beifall beim BZÖ. Abg. Mag. Gaßner: ... zu groß, das in zwei Jahren zu beheben! Zwischenruf des Abg. Grosz.)

Hauptverantwortlicher ist natürlich Regierungschef Faymann, meine sehr geehrten Damen und Herren. Sie waren ja auch derjenige, der den Wissenschaftsminister abgezogen hat. Sie sind derjenige, der ihn jetzt nach Brüssel schickt und ihn von dieser Baustelle – den Universitäten – wegholt. Sie sind jetzt hauptverantwortlich dafür,


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dass diese Baustelle der Universitäten endlich einmal bereinigt wird, und daher fordern wir Sie auf, hier klar Stellung zu beziehen! (Beifall beim BZÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich und das gesamte BZÖ, wir haben kein Verständnis für die Demonstranten in den Universitäten. Wir haben kein Verständnis dafür, dass viele tüchtige Studierende in unserem Land davon abgehalten werden, ihr Studium zu beenden.

Meine Damen und Herren, das ist ein Umstand, der verwerflich ist und der bereinigt werden muss. Wir wollen, dass die fleißigen Studierenden ihre Vorlesungen besuchen können. Viele arbeiten nebenher und müssen Geld verdienen, damit sie ihr Studium finanzieren können – und jetzt werden sie von diesen linkslinken Demonstranten, von diesen Anarchisten abgehalten, ihre Studien zu beenden! (Beifall und Bravorufe beim BZÖ.)

Da müssen wir uns ganz ehrlich auch damit beschäftigen, ob es für so ein Verhalten an den Universitäten nicht Sanktionen geben muss – dafür, dass dort blockiert wird, dass dort Geld verludert wird, dass viele Kosten entstehen und dass das Leistungsprinzip abgeschafft wird, meine sehr geehrten Damen und Herren. Darum geht es: Leistung muss sich wieder lohnen in diesem Land! (Beifall beim BZÖ.)

Ich rufe für die SPÖ in Erinnerung, was der ehemalige Bundeskanzler Kreisky einmal gesagt hat: Ich lasse mich nicht von ein paar Lausbuben erpressen! (Zwischenrufe der Abgeordneten Mag. Muttonen und Grosz.) – Ich glaube, diesem Prinzip sollten Sie sich endlich wieder einmal zuwenden. (Beifall beim BZÖ.)

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, das Hauptproblem ist doch, dass Sie jetzt über viele Jahre weggeschaut haben und seit dem Jahr 2001 die ausländischen Studenten unsere Universitäten kontinuierlich übervölkert haben (Abg. Dr. Grünewald: Das ist doch Unsinn! „Übervölkert“?!) und daher viele österreichische Studierende leider keinen Platz mehr finden. Wir haben einen Zulauf ausländischer Studenten von über 120 Prozent, mittlerweile gibt es 60 000 deutsche Studenten, die unsere öster­reichischen Universitäten als Bildungseinrichtungen nutzen.

Daher geht es darum, meine sehr geehrten Damen und Herren, auch einmal darüber nachzudenken, wie wir dieses Problem in den Griff bekommen können. Wir haben dazu ein sehr gutes Instrument erfunden, nämlich die Bonus Card mit 5 000 €. Das ist das BZÖ-Modell: Jeder, der in Österreich eine Matura oder eine Studienberech­tigungs­prüfung macht, erhält 5 000 €. (Abg. Mag. Gaßner: Jeder?!) Damit hat er einen Bonus für die Zeit, die er an den Universitäten verbringt. Im Gegenzug führen wir eine Ein­schreibgebühr von 5 000 € ein, das würde auch das Finanzierungsproblem teilweise lösen.

Wenn Sie das ausrechnen, sehen Sie, dass das bei 60 000 Studierenden 300 Mil­lio­nen € zusätzlich bringen würde – für die Universitäten, um dort die infrastrukturellen und personellen Defizite endlich zu beseitigen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ.)

Das ist mitunter eines jener Probleme, mit denen wir tatsächlich zu schaffen haben. Sie sind ja hauptverantwortlich dafür, dass wir derzeit in dieser Misere stecken, und zwar durch die Abschaffung der Studiengebühren, wodurch wir jährlich 160 Millionen € weniger zur Verfügung haben, um den Studierenden in unserem Land das Studieren überhaupt erst zu ermöglichen.

Die Roten haben damals für die Abschaffung gestimmt, genauso wie die Grünen und auch die Freiheitlichen. Leider Gottes sind sie in die Falle dieser linken Politik in Österreich gegangen. Das heißt, dass Sie auch verantwortlich dafür sind, dass wir diese Misere und dieses Chaos derzeit auszubaden haben. (Beifall beim BZÖ.)


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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Bundeskanzler, die Bildung und die Ausbildung sind das Fundament für Wohlstand, Weiterentwicklung und den so­zialen Frieden in unserem Land. Sie sind jetzt am Zug, handeln Sie und sorgen Sie dafür, dass dieses Chaos baldigst beendet wird! – Danke. (Beifall und Bravorufe beim BZÖ.)

13.27


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es hat sich nun Herr Bundesminister Dr. Hahn zu Wort gemeldet. Herr Bundesminister, ich mache darauf aufmerksam, auch Ihre Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte. (Ruf: Wieso bist du nicht in Brüssel?)

 


13.27.32

Bundesminister für Wissenschaft und Forschung Dr. Johannes Hahn: Frau Prä­sidentin! Herr Bundeskanzler! Frau Kollegin! Herr Kollege! Meine Damen und Herren! (Abg. Grosz: Der Herr Kommissar spricht! Abg. Ing. Westenthaler: Drah’ di net um, der Kommissar geht um!) Am Beginn ist es mir wichtig, festzuhalten, dass jemand, der sich mit Universitäten, mit dem tertiären Sektor beschäftigt, die Herausforderungen kennt.

Ich spreche bewusst von Herausforderungen – und nicht von Problemen. Ich gehe davon aus, dass das auch den Wissenschaftssprecherinnen und Wissenschafts­sprechern bekannt ist. Dass das Frau Dr. Glawischnig entgangen ist, mache ich ihr nicht sonderlich zum Vorwurf, man kann nicht alles und jeden verfolgen, aber, Herr Dr. Grünewald, Sie sollten das wissen und Sie sollten auch wissen, dass ich schon im August in Alpbach ganz bewusst die Diskussion über eine zukünftige Gestaltung des österreichischen Hochschulraumes ausgerufen habe.

Dabei geht es genau um all diese Fragestellungen, die wir jetzt diskutieren. (Abg. Öllinger: Das hat aber niemand gehört! Abg. Dr. Grünewald: Okay, aber zehn Jahre zu spät!) – Ja, machen Sie mir das jetzt zum Vorwurf? – Fakt ist: Ich habe das erkannt und ich habe die Initiative ergriffen. Wir wollten diskutieren und wir werden diskutieren.

Der Vorteil – ich sage das ganz bewusst der aktuellen Debatten, öffentlichen Stel­lungnahmen und auch Demonstrationen ist, dass die Diskussion über die zukünftige Ausgestaltung des tertiären Sektors – nicht nur der Hochschulen – jetzt Gott sei Dank eine ist, an der sich wesentlich mehr Menschen beteiligen. (Abg. Öllinger: Das haben Sie den Studierenden zu verdanken!) Daher hoffe ich auch, dass wir schneller zu Ergebnissen kommen, weil wir nicht so lange brauchen, um auch die Studierenden einzubinden. Diese waren immer eingebunden, sind es und werden es in Zukunft auch sein! (Abg. Öllinger: Wo denn bitte?)

Das ist ganz logisch, weil es auch nicht ohne diese gehen kann und gehen soll, aber wichtig ist, dass wir uns einmal der unterschiedlichen Problemstellungen bewusst sind und dass wir verstehen, dass auch Österreich in einen internationalen Kontext einge­bunden ist. (Abg. Dr. Strutz: Er spricht schon wie ein Europäer!) Rund um uns gibt es andere Instrumente des Zugangs, der Finanzierung und der Möglichkeiten des Studierens – anders, als es in Österreich der Fall ist. Wir haben im internationalen Vergleich eine höchst skurrile Situation, nämlich dass sich – mit Ausnahme weiter Bereiche der Universitäten – praktisch alle anderen Bereiche des tertiären Sektors ihre Studierenden aussuchen können und dies zu Verdrängungseffekten führt.

Das führt dazu, dass zum Beispiel jene, die an den Pädagogischen Hochschulen die Eignungstests für das Lehramt nicht bestehen – und viele von uns sind der Meinung, das ist eine gute Einrichtung –, jetzt an die Universitäten gehen und dort dann das


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Lehramt für die allgemeinbildenden höheren Schulen studieren, denn dort gibt es keine Zugangsregelungen beziehungsweise Eignungstests.

So könnte ich Ihnen eine Fülle von Beispielen dafür liefern, wo eben bestimmte andere Bereiche des tertiären Sektors Zugangsregelungen haben, dies jedoch an den Uni­versitäten nicht der Fall ist. Daher kommt es zu derartigen Verdrängungseffekten. Diese Dinge muss man ansprechen, muss man diskutieren.

Es ist schon angesprochen worden, dass 60 Prozent der Erstinskribenten lediglich 10 Prozent der Studienmöglichkeiten von insgesamt 400 an den Fachhochschulen und Universitäten in Anspruch nehmen und nutzen. Diese Dinge sind anzusprechen, auch dass wir etwa manche Studienrichtungen haben, wo es eine Drop-out-Quote von bis zu 80 Prozent gibt. – Warum, weshalb?, auch das gilt es zu diskutieren.

Natürlich haben wir da und dort überproportional viele deutsche Studierende. Aber ich sage Ihnen, in Summe, mit Ausnahme einzelner weniger Fächer, ist das nicht das zentrale Problem.

Auch hier eine Klarstellung: Wir haben 17 000 deutsche Studierende in Österreich und etwa 6 000 österreichische Studierende in Deutschland. Auch hier mein Appell, meine Damen und Herren: Seien wir im Großen und Ganzen froh – auch das war ja eine Zielsetzung der Bologna-Architektur und -Philosophie –, dass wir Mobilität unter den Studierenden haben, nicht nur in Europa, sondern weltweit! Seien wir froh, dass es diese Mobilität gibt, unterstützen wir sie durch Stipendienprogramme! In Zeiten wie diesen ist es enorm wichtig, dass Studierende internationale Erfahrung sammeln. Seien wir daher keine übertriebenen Groschenfuchser, die hier versuchen, Gegenrech­nungen anzustellen. In Summe, von einzelnen Ausnahmen abgesehen, da stimme ich mit Ihnen überein, haben wir eine ausgewogene Balance zwischen Incoming- und Outgoing-Studierenden. Das sind also die Dinge, die es anzusprechen und zu diskutieren gilt.

Ganz kurz noch zur leidigen Budgetdebatte: Ich stehe dazu und bin sogar stolz darauf, dass es möglich war, in Zeiten wie diesen das Unibudget um 17 Prozent zu steigern. (Abg. Öllinger: Das reicht nicht!) Und da können wir auch nicht viel herumdiskutieren, ob das passt oder nicht, das ist alles nachvollziehbar. Ich oder meine Beamtinnen und Beamten geben gerne wiederholte Informationen dahin gehend, wie sich dieser Prozentsatz zusammensetzt. Dass dann noch einmal die Ausgleichszahlungen für die Studienbeiträge von rund 7 Prozent hinzukommen, das ist budgetwirksam und führt dazu, dass die Ausgaben der öffentlichen Hand für die Universitäten in den nächsten drei Jahren um 23 bis 24 Prozent höher sein werden. Man möge mir nicht nur in Österreich, sondern auch international einmal vorhupfen, in welchem Politikbereich derartige Steigerungen in Zeiten wie diesen möglich sind. (Beifall bei der ÖVP.)

Auch die Fachhochschulen erhalten in so angespannten Zeiten wie diesen, damals noch mit Finanzminister Molterer vereinbart, 13,7 Prozent mehr, erstmalig seit Exis­tieren dieser Fachhochschulen – lange gewünscht, jetzt eingehalten und umgesetzt. Da geschieht also einiges. (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Dr. Grünewald, ich habe mir die Protokolle Ihrer Debattenbeiträge zur Budget­debatte von diesem April herausgesucht. Sie haben das Budget im Rahmen Ihrer Möglichkeiten als Oppositionsabgeordneter – das hat mich gefreut – durchaus gelobt. Sie haben auch positive Anmerkungen zu meinen Budgetsicherungsmaßnahmen für den FWF gemacht. (Abg. Dr. Grünewald: Der hat weniger als letztes Jahr!) Sie wissen genau, wie die Dinge zustande gekommen sind, dass es hier im Vorjahr sehr hohe Genehmigungen im Vertrauen auf einen anderen Budgetpfad gegeben hat. Aber Österreich ist eines der ganz wenigen Länder in Europa, die auch in Zeiten wie diesen


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im Forschungsbereich eine 25-prozentige Ausgabensteigerung zustande gebracht haben.

Es gibt Länder, auch in Europa, die ihre Forschungsbudgets leider Gottes halbieren. In Österreich gibt es eine nicht unerhebliche Steigerung. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Grünewald: Außeruniversitär!) Auch damit haben wir eine Möglichkeit für die Forschungscommunity geschaffen, ihre Arbeit stabil fortzusetzen.

Eines noch: Herr Dr. Grünewald, Sie zitieren immer wieder die OECD. Verzeihen Sie, aber da haben Sie eine selektive Wahrnehmung, denn Sie sollten die gesamten OECD-Berichte jedes Jahr lesen und dann zitieren, antizipieren. (Abg. Dr. Grünewald: Machen wir eine Zehnjahresrückschau!) Ich würde sagen, dann müssten wir zu sehr ähnlichen Ergebnissen kommen, wenn wir beide bereit wären, OECD-Ergebnisse zur Kenntnis zu nehmen.

Wenn Sie, Herr Professor Van der Bellen, immer wieder ausländische Unis, mit Recht, wie ich meine, von Harvard angefangen, loben, sollten Sie sich auch anschauen, wie diese Unis finanziert und von den Zugängen, von den Studienbeiträgen her strukturiert sind. Ich weiß, dass auch viele grüne Mandatarinnen und Mandatare gerne ihre Kinder hinschicken. Wir sollten Interesse daran haben, gemeinsam auch dort hinzukommen. (Zwischenruf bei den Grünen.) – Kann ich im bilateralen Gespräch nachliefern.

Daher, meine Damen und Herren, war und ist es notwendig, einen Dialog zu führen – ob dieser „Konvent“ oder wie immer heißen möge. Ich sage Ihnen, nächste Woche, am 25. November wird es nicht ein Treffen, eine Besprechung geben, sondern das werden mehrere, das werden viele sein. Ich hoffe, dass alle Beteiligten, die Studierenden, die Lehrenden, aber auch die Sozialpartner und alle, die hier eingeladen sind, die internationalen und nationalen Experten und Expertinnen, mit Ernsthaftigkeit und Seriosität die Dinge diskutieren werden. Das Ziel muss ein maximal breiter nationaler Konsens sein. Ich bin überzeugt, wir werden nicht überall zu 100 Prozent einer Meinung sein, aber eine große Breite der Übereinstimmung muss gegeben sein. Auf Basis dieser Erkenntnisse kann und muss man dann den Prozess der Hochschul­raumgestaltung neu strukturieren.

Und ich sage Ihnen, mein Nachfolger oder meine Nachfolgerin wird dieses Staffelholz mit dem gleichen Elan übernehmen. Es bleibt ihm/ihr auch gar nichts anderes übrig. Wer Interesse an einer künftigen optimalen Entwicklung des tertiären Sektors hat, muss annähernd mit dieser Leidenschaft ans Werk gehen, wie ich das die letzten drei Jahre getan habe. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.37


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. Ich stelle die Uhr wunschgemäß auf 6 Minuten. – Bitte.

 


13.37.14

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Frau Präsidentin! Immerhin, die Fronten werden hier ein bisschen klarer. Also das BZÖ sieht im Protest der Studierenden einen „linkslinken Anarchismus“, wörtlich gesagt. Diese „linkslinken Anarchisten“ haben es immerhin geschafft, etwas zu erreichen, was wir, glaube ich, in der Form über die Jahre nicht geschafft haben, nämlich die Aufmerksamkeit der Öffent­lichkeit in Österreich auf die Misere des Bildungssystems zu lenken, vom Kindergarten über die Schulen bis hin zu den Universitäten. Dafür gebührt diesen Studierenden voller Respekt, finde ich, und nicht diese Verächtlichmachung seitens des BZÖ. (Beifall bei den Grünen.)


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Und zweitens kommt vom BZÖ: Die Universitäten werden „umgevolkt“, Überschwem­mung, fremdländische Überschwemmung der Universitäten. – Herr Kollege Bucher, der jetzt leider schon nicht mehr da ist! Minister Hahn hat ja in einem Punkt – es freut mich, Ihnen in einem Punkt zustimmen zu können – darauf hingewiesen, ja, es studieren rund 17 000 deutsche Studierende in Österreich, aber es studieren auch rund 6 000 Österreicher in Deutschland. (Abg. Dr. Graf: Gut so!) Gemessen an der Bevölkerungszahl studieren viel mehr Österreicher in Deutschland als Deutsche in Österreich, und ich sage, das ist okay. Wir wollen internationale Universitäten. Wir wollen ein internationales Publikum bei den Studierenden. (Beifall bei den Grünen.)

Wir wollen auch Internationalität bei den Professoren. Nur so werden wir im inter­nationalen Wettbewerb auf Dauer bestehen können. Und da haben die Alarmglocken schon längst zu läuten begonnen.

Herr Minister Hahn, Ihnen ist doch bewusst, dass in fast allen bekannten inter­na­tionalen Rankings von Forschung und Lehre der Universitäten Österreich im Lauf der letzten Jahre zurückgefallen ist. Es gibt Ausnahmen, aber im Großen und Ganzen fällt Österreich zurück. Und das ist ja kein Zufall, das liegt auch am Budget – nicht nur, aber auch! Eine Erhöhung des Budgets ist eine absolut notwendige Bedingung für eine Verbesserung der Situation an den Universitäten, in Forschung und Lehre, nicht hinreichend, aber notwendig. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Kollege Cap! Kanzler Faymann hat mit Recht darauf hingewiesen, dass wir in Österreich zu wenige Studierende haben und nicht zu viele. – Richtig, verglichen mit allen Industriestaaten! Wir haben zu geringe Übertrittsquoten von der AHS an die Universitäten. – Richtig, ja! Wir tun zu wenig, um die Filterfunktion der Schulen zu verändern, denn dort liegt die eigentliche Eintrittsbarriere ins Universitätssystem. Und das ist eine wirtschaftspolitische Herausforderung ersten Ranges, nicht nur eine bil­dungspolitische.

Herr Minister, ich lese die Wirtschaftsberichte der OECD über Österreich sehr genau, die unter ihren vier Kapiteln 2009 eines der Bildung und Ausbildung widmen: „Re-inventing the Education System“ in Österreich, inklusive Schulen. Deswegen bin ich froh darüber, dass Frau Ministerin Schmied hier sitzt.

Nur, Herr Kanzler Faymann und Herr Kollege Cap, was ist jetzt? Unser heutiger Antrag ist nichts anderes als die Bekräftigung des Antrages vom 24. September 2008. Gehen Sie jetzt mit oder nicht? Das ist jetzt die erste Probe, und das ist verdammt viel genauer als das, was du vorhin wieder gesagt hast. Dieser Antrag sagt, 200 Millionen heuer mehr, verglichen mit dem letzten Jahr. Nächstes Jahr wieder 200 Millionen mehr, das sind 400, im Jahr darauf 600, im Jahr darauf 800 Millionen mehr, sodass wir am Ende dieser Legislaturperiode eine Milliarde mehr für das Universitäts- und Fachhochschulsystem in Österreich haben. Gehst du da mit oder nicht? Fühlt sich die SPÖ nach wie vor gebunden daran oder nicht? Das ist einmal die erste Nagelprobe.

Die zweite ist: Selbst wenn die SPÖ mitgehen sollte, werden wir ja sehen, was sich im Budget abspielt. Das Budget berücksichtigt diesen Beschluss vom 24. September 2008 nicht. Nein, berücksichtigt ihn schlicht und ergreifend nicht! (Beifall bei den Grünen.) Wenn wir so weitermachen, ändern sich die miserablen Studienbedingungen für die Studenten, aber auch für die Professoren in Österreich nicht – für alle, nicht nur für die Österreicher. Und das ist sehr gefährlich, was hier läuft. Österreichs Universitäten sind drauf und dran, ihre internationale Reputation zu verlieren.

An meiner Fakultät an der Uni Wien studieren Leute aus über 60 Nationen. Rektor Badelt hat mir gesagt, an der Wirtschaftsuniversität studieren über 100 Nationen. Das zeigt ja, dass wir noch wettbewerbsfähig sind – noch! An der Universität Oxford sind 50 Prozent der Professoren Ausländer, bei uns nicht im Entferntesten. Da sind wir


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noch Provinz. Die kann man nur anziehen, wenn die Universitäten entsprechend aus­gestattet sind, und das sind sie derzeit nicht. Das sagen uns nicht nur die Stu­dierenden, sondern das sagen uns auch die Professoren, die Assistenten, der gesamte Mittelbau, das sagt jeder, der sich halbwegs an der Universität auskennt oder sich die Mühe macht hinzugehen, um das physisch in Augenschein zu nehmen. Wenn nur der Putz von der Decke kommt, ist das noch das Harmloseste.

Auch bei den Studienrichtungen, die nicht überlaufen sind – und die gibt es, zum Beispiel Volkswirtschaftslehre, Gott sei Dank –, heißt das noch lange nicht, dass dort alles in Ordnung ist. Es heißt noch lange nicht, dass bei allen Physikern, Biologen und so weiter die Geräte auf dem letzten Stand der Technik sind. Das heißt noch lange nicht, dass dort ein Stand gegeben ist, der sich auch nur ungefähr mit jenem der britischen Eliteuniversitäten, geschweige denn der ostamerikanischen vergleichen lässt. (Abg. Mag. Molterer: Wie hoch sind die Studienbeiträge dort?)

Mein Gott, die Studienbeiträge, die 160 Millionen €. Kollegin Karl tut so, als wären die jetzt im Budget nicht kompensiert. Wir reden hier von Milliarden, Herr Kollege Mol­terer. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Molterer: Wie hoch sind sie in den USA?) Die 2 Prozent des BIP, die wir in zehn Jahren erreichen wollen, bedeuten Milliarden mehr für das Universitäts- und Fachhochschulsystem. Dazu stehe ich. Dafür müssen wir Ausgaben kürzen und, wenn notwendig, Steuern erhöhen, befristet Steuern erhöhen, damit Österreich nicht in diesen Bereichen, in der Bildung und Ausbildung, in der Forschung zurückfällt, sonst werden wir die Zeche zahlen.

Was Sie von der ÖVP machen – zumindest heute und in den letzten zehn Jahren, so lange ist das Wissenschaftsressort ungefähr in schwarzer Hand –, ist etwas ganz anderes. Sie sagen, ja, ja, es regnet schon herein beim Dach, das ist nicht zu leugnen, da müssen wir eben noch zehn Kübel aufstellen. – Das ist es. Um das Dach zu reparieren, müssen wir Milliarden in die Hand nehmen. Und dazu stehe ich mit allen Konsequenzen.

Solange mir die Wiener Verkehrsbetriebe schreiben: Sie werden demnächst 65, herz­lichen Glückwunsch, und im Übrigen dürfen Sie in Zukunft um die Hälfte fahren, wenn Sie den folgenden Antrag ausfüllen!, so lange kann ich nur sagen: Österreich ver­schwendet Geld. – Ich habe den Antrag übrigens nicht ausgefüllt.

Wir bohren in jeden Berg, der sich nicht wehren kann, ein Loch, ob der Koralm, Brenner oder sonst wie heißt, Milliarden gehen da verloren. (Beifall bei den Grünen.) Da tun Sie so, als würde das Geld auf der Straße liegen. Aber bei den Unis, den Schulen, den Kindergärten, da heißt es immer auf bessere Zeiten waren. Vielleicht, wenn die Konjunktur wieder anspringt, im Jahre Schnee.

So geht es nicht, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Grünewald: Bravo!)

13.44


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl zu Wort. Ich stelle die Uhr auf 5 Minuten. – Bitte.

 


13.45.07

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Die Situation an den österreichischen Universitäten – darauf haben schon einige meiner Vorredner und -rednerinnen hingewiesen – hat sich in den letzten ungefähr zehn Jahren für die Studierenden tatsächlich deutlich verschlechtert. Das hat natürlich auch eine Geschichte, auf die ich verweisen möchte, denn man vergisst ja so schnell, noch dazu, wenn man hier bestimmte Redebeiträge hört.


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Es war in der Zeit, in der die ÖVP mit Ihnen von den Freiheitlichen damals noch vereint regiert hat, in der die Universitätsbudgets nicht nur nicht erhöht, sondern gesenkt worden sind, in der zum Beispiel im Jahr 2003 allein bei der Universität Wien die Inves­titionsbudgets um 80 Prozent – um 80 Prozent! – gekürzt wurden. Und das war eine Politik des Kaputtsparens, die Sie damals maßgeblich mitgetragen haben, die jetzt nachhaltig wirkt. Das halte ich dann schon für eine besondere Chuzpe, wenn sich Klubobmann Bucher hier herausstellt und sagt: Sie haben es aber in der kurzen Zeit, in der Sie in der Regierung sind, nicht geschafft, das zu verbessern. Aber ich kann Ihnen versichern, es ist unser Ziel, das zu verbessern, was Sie hinterlassen haben, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Von wegen „faule Studierende“. Die Situation der Studierenden an der Universität ist wirklich sehr angespannt. (Abg. Neubauer: Sie sind bemerkenswert unwissend!) Die Studierenden stehen unter großem Druck. Wir haben gehört, der Großteil der Studie­renden muss arbeiten, die Hörsäle sind überfüllt, es hängt davon ab, ob man zum richtigen Zeitpunkt auf die Taste drückt, um in ein Seminar hineinzukommen.

Ich verstehe die Ungeduld der Studierenden: Es geht um ihre Lebenschancen, sehr geehrte Damen und Herren. Das sind eben Studierende, die sich jetzt zu Wort melden, die ihr Studium unter entsprechenden Bedingungen fortsetzen wollen.

Welche Signale haben diese Studierenden seit Anfang des Wintersemesters aus bestimmen Bereichen der Politik gehört? – Da ist über alarmierenden Ansturm auf die Universitäten gesprochen worden, darüber, dass wir wieder Studiengebühren und Zugangsbeschränkungen brauchen. Ich sage dazu ein ganz klares Nein. Das sind die völlig falschen Signale an die jungen Leute in unserem Land.

Von wegen Ansturm auf die Universitäten. Jawohl, wir brauchen mehr Studierende, sehr geehrte Damen und Herren, und nicht weniger Studierende! Haben Sie sich schon einmal die Frage gestellt, warum wir jetzt mehr Leute an den Universitäten haben? Könnte das nicht vielleicht auch damit zusammenhängen, dass junge Menschen heute nach der Matura nicht so gute Chancen haben, einen Job zu finden, wie das vielleicht vor einigen Jahren der Fall war? Und sind wir dann nicht froh, wenn sich diese jungen Menschen bemühen, sich höher zu qualifizieren? Also mir ist das hundertmal lieber, als wenn sie auf der Straße stehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ziel der SPÖ ist es, in dieser Situation die Studienbedingungen für die Studierenden zu verbessern. Die Wiedereinführung von Studiengebühren ist keine Verbesserung der Situation von Studierenden. Wenn ausgerechnet jetzt, wo es darum geht, dass bestimmte Kräfte sagen, wir wollen weniger Studierende, die Studiengebühren als Instrument wieder ausgepackt werden sollen, dann zeigt das ganz klar, was die Studiengebühren sind, nämlich eine soziale Hürde, um junge Menschen davon abzu­halten, an die Universitäten zu gehen, davon abzuhalten, sich besser zu qualifizieren. Das wollen wir sicher nicht! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir wollen die Universitäten besser ausstatten. Ja, es ist sehr wichtig, dass im Ministerrat das Budgetziel 2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes bis 2020 beschlossen wurde. Es gilt jetzt, das auch schrittweise zu verwirklichen und einen entsprechenden Umsetzungsplan zu machen. Dafür ist der Finanzminister verantwortlich, das erwarte ich mir auch vom Finanzminister.

Wir wollen die jungen Menschen auch dabei unterstützen, schon im Vorfeld für sich selbst die richtige Entscheidung für ihr Studium zu treffen. Da ist Information not­wendig, da sind auch die Universitäten gefordert, aktiv auf die jungen Leute schon während der Schulzeit zuzugehen.


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Die vielen Studienrichtungen, die nicht überlaufen sind und sich über jeden Stu­dierenden mehr freuen, sollen auf die Schüler und Schülerinnen zugehen und dort um Studenten werben. Die jungen Menschen in unserem Land haben sich die besten Bildungschancen in allen Bereichen des Bildungssystems verdient, so auch an den Universitäten. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.50


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Amon. 6 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.50.37

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Um zumindest einleitend das Gemeinsame vor das Trennende zu stellen, darf ich einen gemeinsamen Antrag der Abgeordneten Dr. Karl und Mag. Kuntzl einbringen.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Beatrix Karl, Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Weiterentwicklung des österreichischen Hochschulwesens

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, Maßnahmen zu setzen, um eine zukunfts­orien­tierte und nachhaltige Weiterentwicklung des Österreichischen Hochschulraumes sicher­zustellen, um sowohl die Qualität der Bildung und Ausbildung an den Uni­versitäten und die Rahmenbedingungen für Studierende zu verbessern als auch Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Universitäten zu steigern. Auf Basis dessen und auf Basis der schrittweisen Umsetzung des 2 %-Zieles bis 2020 für den gesamten tertiären Bildungssektor wird die Bundesregierung ersucht, sofort Umsetzungs­maß­nahmen für das Gesamtkonzept zur Gestaltung des Österreichischen Hochschul­raumes einzuleiten und möglichst rasch vorzulegen.“

*****

Ich ersuche Sie, Frau Präsidentin, den Antrag mit in Verhandlung zu nehmen.

Wenn man die heutige Debatte verfolgt, dann muss man, glaube ich, Herr Bundes­kanzler, hier schon eines ansprechen – das ist mir wichtig, weil wir ja immer wieder Bildungsdebatten führen, in denen wir uns über internationale Vergleichsstudien unterhalten und uns bemühen, so etwas wie einen Common Sense herzustellen, näm­lich darüber, dass man doch versuchen sollte, im europäischen Gleichschritt Weiter­entwicklungen im Bildungssystem vorzunehmen –: Insbesondere dann, wenn wir uns in der Bildungsdebatte im Bereich der Primär- und Sekundarstufe bewegen, erleben wir sehr oft, dass uns auch der Koalitionspartner internationale Studien vorhält und sagt, wir müssten eigentlich möglichst alles übernehmen, was in anderen Ländern gilt.

Und da stelle ich dann schon die Frage: Warum gilt das plötzlich für den tertiären Bereich nicht? – Es gibt in Europa überhaupt nur noch drei Staaten, die weder irgendeine Form von Zugangsregelungen zu den Universitäten noch Studienbeiträge haben. Es gibt nur noch drei Staaten in Europa, in denen es nicht eine der beiden Formen gibt.

Ich glaube, Herr Bundeskanzler, dass diese Frage schon berechtigt ist: Warum gilt bei internationalen Vergleichsstudien im Primär- und Sekundärsektor alles, was auf euro­


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päischer Ebene geschieht, und im tertiären Sektor nicht? – Ich bitte darum, dass der Koalitionspartner diese Frage beantwortet. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte auf die Ausführungen von Herrn Professor Van der Bellen eingehen – ich sehe ihn zwar im Moment nicht, möchte seine Argumente aber trotzdem ein wenig zerpflücken.

Herr Professor Van der Bellen hat gesagt, wenn man die absoluten Bevölke­rungs­zahlen heranziehe, dann studierten im Verhältnis zur Bevölkerungszahl viel weniger deutsche Studenten in Österreich als österreichische Studenten in Deutschland. Das hat er gesagt. Wenn man das weiterspielt, dann würde das ja bedeuten, dass, selbst wenn 60 000 deutsche Studenten in Österreich studierten, sie im Verhältnis immer noch weniger wären, umgelegt auf die Bevölkerungszahl. (Abg. Dr. Grünewald: Aus­gewogen!) Also, dieses Argument geht wirklich ins Leere.

Noch ein zweites Argument, das Herr Professor Van der Bellen hier gebracht hat, geht ins Leere, und das war für mich schon sehr interessant (Ruf bei den Grünen: Seien Sie nicht so kleinkariert, Herr Amon!): Professor Van der Bellen hat davon berichtet, dass ihm die Wiener Verkehrsbetriebe einen Antrag zugeschickt haben, er könne in Wien um den halben Fahrpreis fahren. Also gleichsam eine Ermäßigung, die ihm zustehe. Er hat dann gesagt, er habe das selbstverständlich nicht in Anspruch genommen. (Abg. Dr. Graf: Weil er mit dem Auto fährt!) Er hat wohl gemeint, dass es sich ein Abge­ordneter leisten können wird, den vollen Fahrpreis zu bezahlen. (Abg. Dr. Graf: Er fährt mit dem Auto!)

Genau dieses Argument möchte ich für Studienbeiträge in Rechnung stellen. Selbst­verständlich soll jemand, der es sich leisten kann, auch einen Beitrag zu einer hoch­qualifizierten Ausbildung leisten. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Bucher: Damit sich Leistung wieder lohnt, nicht?)

Das ist genau das, was wir sagen. Die Untersuchungen der Vergangenheit haben ja sehr klar ergeben, dass jeder dritte Studierende überhaupt keine Beiträge bezahlt hat, weil er völlig vom Steuerzahler unterstützt worden ist. Jeder zweite Studierende hat irgendeine Form von Unterstützung bekommen – ein Stipendium oder eben einen Ersatz der Studienbeiträge. Es ist genau eine Frage der sozialen Treffsicherheit, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie, und es ist nicht einzusehen, dass der Sohn des Generaldirektors gratis studieren kann und die Tochter der „berühmten“ Billa-Kassiererin gratis studiert. Das führt im Grunde genommen zu einer Ungleich­behand­lung, wenn man alle gleich behandelt, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich bin froh, Frau Bundesministerin Schmied, dass uns im Bereich der Schule einige Maßnahmen in der Weiterentwicklung gelungen sind, dass es gelungen ist, die Bil­dungsstandards auf den Weg zu bringen, dass es gelungen ist, zentrale Elemente bei der Reifeprüfung legistisch festzusetzen, und zwar über alle Schulformen hinweg – nämlich allgemeinbildende höhere Schulen, berufsbildende höhere Schulen –, die auch den Bereich der Berufsreifeprüfung umfassen, und dass wir im Grunde genommen – Herr Bundeskanzler Faymann hat das in seinen Ausführungen betont – in der Frage des ganztägigen Angebotes, das wir erweitern wollen, das wir überall dort machen wollen, wo es auch erforderlich ist, einer Meinung sind. (Beifall bei der ÖVP.)

13.56


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dr. Graf ein zweites Mal zu Wort. Die Restredezeit beträgt 7 Minuten. – Bitte.

 


13.56.30

Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Ein paar Richtigstellungen zu den Vorrednern:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll44. Sitzung / Seite 56

Herr Kollege Amon, bis vor einem halben Jahr hatten wir Studienbeiträge, und es gibt Zugangsbeschränkungen. Ich sage dazu: teilweise auch mit Zustimmung der Grünen – das darf man nie vergessen –, die ja sogar Zugangsbeschränkungen für noch zu schaffende Studien schon das Wort geredet haben. – Stimmt doch, Herr Kollege Grünewald?! Herr Kollege Zinggl hat es auch gesagt. (Abg. Dr. Grünewald: Bei der Medizin, ja!)

Genau das ist schon der erste Punkt: Wir sollten in den Ausschüssen nicht anders reden als außerhalb. Das verunsichert nämlich die Studenten, das Lehrpersonal – und den Steuerzahler sowieso. (Beifall bei der FPÖ.)

Herr Kollege Amon, wenn Sie sagen, Heilsbringer in allen Angelegenheiten seien Studienbeiträge und Zugangsbeschränkungen, dann müsste jetzt alles gut sein. Wir haben Zugangsbeschränkungen, und das halbe Jahr, seitdem es keine Studien­beiträge mehr gibt, kann ja auch nicht der Grund dafür sein, dass jetzt plötzlich die große Misere ausbricht. Dieses Argument geht also ins Leere. Daran erkennt man höchstens, dass es noch vielmehr bedarf als dieser zwei pauschalen Meinungen: Österreicher müssen von den Universitäten ferngehalten werden, wenn es geht, mit allen Mitteln.

Noch ein Punkt: Es geht immer um die Chancen für Österreichs Jugend. Herr Kollege Cap hat hier gesagt, er sei für die Direktwahl zur Österreichischen Hochschülerschaft. Im Jahr 2008 und im Jahr 2009 vor der ÖH-Wahl hat es derartige Anträge von der Freiheitlichen Partei gegeben, sogar namentliche Abstimmungen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Sie von der SPÖ haben dagegen gestimmt. Das war das Problem. Sie und die ÖVP haben dagegen gestimmt. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Also bitte, die Kirche im Dorf lassen!

Frau Kollegin Kuntzl kommt hierher und sagt, im Jahr 2003 seien 80 Prozent der Infrastrukturausgaben gekürzt worden. – Stimmt ja nicht. Im Jahr 2001 wurden 60 Pro­zent gekürzt. Frau Kollegin Kuntzl, Sie haben sich in der Jahreszahl ein bisschen geirrt. Wissen Sie auch, warum? – Weil im Jahr 1999 eine Wahl war, bei der die SPÖ abgewählt wurde, und die SPÖ kein Budget hinterlassen hat! Das neue Budget wurde erst mit Wirksamkeit 1. Juli 2000 beschlossen, da gab es diese Maßnahmen. Im Er­gebnis haben wir in Wirklichkeit in dieser Regierungsperiode – über die man reden kann, wie man will, und von der man halten kann, was man will – die Budget­fort­schreibung der SPÖ verwalten dürfen, die nicht mehr vorgesehen hat. Bleiben Sie also bei der Wahrheit, verunsichern Sie nicht! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Das Budget steigt in absoluten Zahlen im tertiären Bildungssektor, keine Frage, das haben wir auch gesehen. Wenn man es aber durchleuchtet, dann stimmt das, was die Freiheitliche Partei schon zu Beginn dieses Jahres in der Diskussion gesagt hat: Die Universitäten bleiben weiter arm! Das war damals die Überschrift eines Zeitungs­artikels, den ich geschrieben habe, der in der Öffentlichkeit nicht so starken Nieder­schlag gefunden hat wie manch andere Zeitungsartikel.

Warum? – Es wurde schon gesagt: FWF, Umschichtung von Projekten, neue Projekte wie MedAustron, Gugging wurden voll ausfinanziert, die Sternwarte in Chile, das E-Voting-Projekt – all das kostet Geld, all das geht zulasten der Universitäten.

Solch neue Projekte werden finanziert, aber dort, wo wirklich der Schuh drückt, wird nichts ausgegeben. Ein Kaufkraftverlust ist eingetreten, und damit hat man real weni­ger gehabt, als man vorher hatte, wenn man es kaufpreisbereinigt. Das machen wir bei den Pensionisten, bei den Arbeitnehmern – Kollektivvertrag und so weiter, überall macht man es –, nur bei den Universitäten und den Studierenden macht man es nicht.


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Wir sollten uns einmal dahin gehend verständigen, dass wir in Wirklichkeit auch da Indexanpassungen brauchen.

Wir bringen daher einen Entschließungsantrag ein, der verteilt werden wird, weil er so umfangreich ist, der ein Zwölf-Punkte-Paket zur Rettung der österreichischen Uni­versitäten oder – sagen wir es so – einen Zwölf-Punkte-Plan für Österreichs Univer­sitäten betrifft, und zwar einen nationalen Kraftakt, wie wir schon angekündigt haben.

Ich erläutere diesen Antrag in den wesentlichen Grundzügen:

Erstens: Wir wollen festhalten – das ist nämlich gefährdet – am Prinzip der for­schungsgeleiteten Lehre und damit keine „Klassenzimmeruniversität“. In vielen Köpfen geistert offensichtlich herum, zumindest das erste Glied des dreigliedrigen Studiums als „Klassenzimmeruniversität“ ohne forschungsgeleitete Lehre zu implementieren. Wir sind dagegen. Ein bildungspolitisches Ziel. (Präsident Neugebauer übernimmt den Vorsitz.)

Zweitens: Wir wollen den freien Hochschulzugang an Österreichs Universitäten für Österreicher sichergestellt wissen (Beifall bei der FPÖ), und zwar wirklich sichergestellt wissen – und nicht so, wie es die SPÖ macht, die mit der ÖVP neue Zugangsbe­schränkungen im Gesetzesbeschluss 2009 eingeführt hat, indem sie sogar den Ge­setzgeber herausgenommen hat. Sie machen in diesem Fall gar nichts mehr geheim, sondern Sie haben den Rektoren die Möglichkeit für neue Zulassungsbeschränkungen über Antrag zum Ministerrat in die Hand gegeben und damit – das war früher nicht möglich – das Parlament in dieser Frage ausgeschaltet. Das ist ein wirklicher Kar­dinalfehler in Bezug auf die Zugangsbeschränkungen. Sie werden Ihren eigenen Be­schluss wahrscheinlich noch bemitleiden, aber wahrscheinlich auch wieder vergessen.

Wir brauchen eine Oberstufenreform. Wir reden immer von der Klassen­schüler­höchst­zahl, der Unterstufenreform und so weiter, was aber wirklich wichtig ist, ist, dass wir Qualität aus den Gymnasien hervorbringen, Menschen, die das Studium qualitativ erle­digen können. Das ist heute leider nicht mehr der Fall. Vieles, was in der Schule versäumt wird, muss die Universität auffangen – und das ist ungerecht! (Beifall bei der FPÖ.)

Wir brauchen eine Evaluierung der Tätigkeiten des Universitätsmanagements, zum Beispiel über eine „Kunden“-, also Studierenden-Befragung. Sind die Manager in der Lage, dem Dienstleistungsanspruch der Studenten – es ist ja an sich normal, dass es so etwas gibt – nachzukommen?

Wir brauchen 2 Prozent des BIP nicht bis 2020, wie Kollege Amon gesagt hat, sondern bis 2015. Das ist die Unimilliarde – in sechs Jahren. Das sind 170 Millionen an zu­sätzlichem Geld, das wir aufbringen sollten.

Wir brauchen bis 2015 zusätzlich 3 000 neue Stellen für Lehrpersonal an Österreichs Universitäten zur Verbesserung des Betreuungsverhältnisses.

Wir brauchen die Erhebung der Nebentätigkeiten des Lehrpersonals an Universitäten zwecks weiterer Verbesserung des Betreuungsverhältnisses. Die arbeiten ja zum Teil ganz woanders, aber nicht für die Studenten, und ich möchte darüber einen Bericht im Parlament haben, damit wir darüber einmal diskutieren können. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir brauchen die Umsetzung des Online-Studiums an allen Universitäten. Das soll prämiert werden, und dazu soll es auch einen Bericht im Parlament geben.

Wir brauchen die studienplatzbezogene Finanzierung der Lehre an Österreichs Uni­versitäten – das haben wir, Grün, Rot und Blau, gemeinsam beschlossen, aber mit der letzten Novelle haben Sie es wieder gestrichen. Das tut not, damit wir endlich wissen, was ein Studienplatz kostet; das moniert auch der Rechnungshof ständig.


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Wir brauchen weiters die Erstellung einer Gesamtsanierungs- und Neubauplanung inklusive einer Zeit- und Kostenplanung auf Basis einer Evaluierung des Raum­ange­bots von Österreichs Universitäten und einen Bericht dazu. Es sollte vielleicht auch hinterfragt werden, ob man nicht anstelle von Semestern Trimester zur besseren Aus­lastung unserer Ressourcen einführt.

Und letztlich brauchen wir eine Evaluierung des Bologna-Prozesses, denn ich glaube, dass wir ihn teilweise aussetzen müssen, insbesondere beim dreigliedrigen Studium. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

14.04


Präsident Fritz Neugebauer: Der in seinen Kernpunkten erläuterte Entschließungs­antrag, der auch verteilt wird, steht mit in Verhandlung; ebenso der Antrag der Abge­ordneten Dr. Beatrix Karl, Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen, der vorhin eingebracht wurde.

Die beiden Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Beatrix Karl, Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Weiterentwicklung des österreichischen Hochschulwesens

eingebracht im Rahmen der Debatte zum Antrag 852/A(E) der Abgeordneten Glawischnig-Piesczek, Grünewald, Freundinnen und Freunde, betreffend Umsetzung der Beschlüsse des Nationalrats vom 24. September 2008 zur Finanzierung der Uni­versitäten

Die Österreichischen Universitäten und Fachhochschulen stehen im internationalen Wettbewerb um die besten Studierenden, Lehrenden und Studienbedingungen. Auch sind die Zahlen der Studienanfänger/innen und Absolvent/innen in den letzten Jahren gestiegen.

Zur Sicherung und Weiterentwicklung des österreichischen Universitäts- und Hoch­schulsystems bedarf es daher eines gesellschaftlichen Grundkonsenses, welche Rahmenbedingungen und Ressourcen Hochschulen für die aktuellen Herausforderun­gen benötigen. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass die Situation im gemeinsamen europäischen Hochschulraum den Druck auf den Österreichischen Hochschulraum erhöht.

Zum Ausbau der Wettbewerbsfähigkeit der Hochschulen und damit einhergehend attraktiver Studienbedingungen ist eine Gesamtkonzeption zur Gestaltung des Öster­reichischen Hochschulraumes notwendig. In Hinblick auf die aktuellen Entwicklungen auf europäischer Ebene sind folgende Schwerpunktsetzungen notwendig: Strategische Leitlinien, Standardoptimierungen, Durchlässigkeit innerhalb des Hochschulwesens in Österreich sowie eine Balance zwischen regionalen Bildungsangeboten und Bün­delung für Forschungsinfrastruktur. Darüber hinaus ist in Österreich eine klare Aufgabenteilung und Schwerpunktsetzung anzustreben: Orientierung an den Leitlinien für das Lebensbegleitende Lernen sowie die Umsetzung des nationalen Qualifika­tions­rahmens im tertiären Bereich.

Der Ausbau der Studienvorbereitung und bessere Information über die Vielzahl an Stu­dienangeboten und deren Berufsfelder soll durch verstärkte Kooperationen zwischen der Sekundarstufe II und Studierenden sowie Universitäten bzw. Hochschulen erfolgen und damit eine gezielte Studienwahl und falsche Erwartungshaltungen vermieden werden. Die Optimierung von erworbenem Wissen zwischen Sekundarstufe II und tertiärer Ausbildung soll Studienabschlüsse in der vorgesehenen Studienzeit fördern.


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Ziel einer zukunftsorientierten Weiterentwicklung des österreichischen Hochschul­we­sens muss es sein, vorrangig die Rahmenbedingungen für die Studierenden weiter zu verbessern sowie die StudienabbrecherInnenquote zu verringern und die Zahl der Absolvent/innen konsequent anzuheben, um damit das Bildungsniveau der öster­reichi­schen Bevölkerung und der Erwerbstätigen langfristig zu erhöhen. Es gilt daher, die Qualität von Lehre und Forschung weiterhin abzusichern, die Betreuungsrelationen zu verbessern um damit einen zügigen Studienfortgang zu ermöglichen.

Ziel muss es daher sein, in den kommenden Jahren die Konkurrenzfähigkeit des öster­reichischen Hochschulwesens konsequent zu steigern und daher die Investitionen für den tertiären Bildungssektor schrittweise durch öffentliche und private Investitionen auf 2 % des BIP bis 2020 anzuheben.

Ein erster Schritt zur Verbesserung der Studienbedingungen ist die Bereitstellung von 34 Mio. € aus dem Budget des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung (Reserve gemäß § 12 Abs.5 UG 2002). Diesbezüglich sind die Rektoren der betrof­fenen Universitäten und jeweiligen Hochschüler/innenschaften aufgerufen gemeinsam zu klären, für welche Maßnahmen der Betrag zur Verfügung stehen soll. Gemeinsam mit den im Rahmen des Konjunkturpaketes II zur Verfügung gestellten Mitteln für die Gerätemodernisierung ebenfalls in der Höhe von 34 Mio. € stehen für die Jahre 2009 und 2010 nun 68 Mio. € zur Verbesserung der Situation an den österreichischen Universitäten zur Verfügung.

Zur konsequenten Weiterentwicklung des Österreichischen Hochschulraumes stellen die unterzeichneten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird ersucht, Maßnahmen zu setzen, um eine zukunfts­orien­tierte und nachhaltige Weiterentwicklung des Österreichischen Hochschulraumes sicherzustellen, um sowohl die Qualität der Bildung und Ausbildung an den Univer­sitäten und die Rahmenbedingungen für Studierende zu verbessern als auch Wett­bewerbsfähigkeit der österreichischen Universitäten zu steigern. Auf Basis dessen und auf Basis der schrittweisen Umsetzung des 2 %-Zieles bis 2020 für den gesamten tertiären Bildungssektor wird die Bundesregierung ersucht, sofort Umsetzungs­maß­nahmen für das Gesamtkonzept zur Gestaltung des Österreichischen Hochschul­raumes einzuleiten und möglichst rasch vorzulegen.“

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Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend Nationaler Kraftakt, 12 Punkte Plan für Österreichs Universitäten

1. Festhalten am Prinzip der forschungsgeleiteten Lehre, keine „Klassenzimmer­universität“

2. Freier Hochschulzugang ohne Zugangsbeschränkungen.

3. Oberstufenreform

4. Evaluierung der Tätigkeit des Universitätsmanagements mittels „Kunden“=Studieren­denbefragung


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll44. Sitzung / Seite 60

5. 2% BIP Ziel bis 2015 - das heißt Universitätsmilliarde

6. zusätzliche Studienplätze für österreichische Studierende, mit dem Ziel, 300.000 Studienplätze im Jahr 2015

7. Schaffung von 3.000 zusätzlichen Stellen für Lehrpersonal an Österreichs Uni­versitäten bis 2015 – 500 Stellen mehr pro Jahr zur Verbesserung des Betreuungs­verhältnisses.

8. Erhebung der Nebentätigkeiten des Lehrpersonals an Universitäten zwecks weiterer Verbesserung des Betreuungsverhältnisses.

9. Umsetzung des Online-Studiums an allen Universitäten.

10. Schaffung einer studienplatzbezogenen Finanzierung der Lehre an Universitäten.

11. Erstellung einer Gesamtsanierungs- und Neubauplanung inklusive einer Zeit- und Kostenplanung auf Basis einer Evaluierung des Raumangebotes Österreichs Uni­versitäten.

12. Evaluierung des Bologna-Prozesses

eingebracht im Zuge der Debatte zum dringlichen Antrag der Abgeordneten Glawischnig-Piesczek, Grünewald, Freundinnen und Freunde, betreffend Umsetzung der Beschlüsse des Nationalrats vom 24. September 2008 zur Finanzierung der Universitäten in der 44. Sitzung/XXIV. GP des Nationalrates am 12. November 2009.

„Die Investition in die wissenschaftliche Ausbildung der jungen Menschen ist die einzige Investition mit sicherer Verzinsung.“

„In der Forschung ist es wie im Spitzensport: Österreich braucht eine solide Breite, die auf gutem Niveau möglichst viel erreicht, um sich dann in einigen Bereichen zu Spitzenleistungen weiterzuentwickeln.“

(aus Visionen. Perspektiven. Strategien > Zur Zukunft der Universitäten, Bundesminis­terium für Wissenschaft und Forschung)

Die Probleme an den österreichischen Universitäten sind vielfältig: Zugangs­beschrän­kungen in den Fächern Medizin, Psychologie, Tiermedizin, Zahnmedizin, Betriebswirt­schaft, Kommunikationswissenschaften und Publizistik; mangelnde Ausstattung (Labors, Seminarräume, Hörsäle, etc.) - zu wenig Lehrende und Studienplätze in einzelnen Studienrichtungen. Dies alles führt zu langen Wartezeiten auf einen Studien­platz und hindert die Studierenden an der Weiterführung des Studiums. Rund zwei Drittel der Studierenden gehen einer Beschäftigung nach. Einerseits um das Studium finanzieren zu können, andererseits um bereits während des Studiums Berufs­erfah­rung sammeln zu können. Aus diesen Gründen verlängert sich oft die Studiendauer oder führt zum Abbruch des Studiums („drop-out“)

Der Nationalrat hat mit den Stimmen von SPÖ, Grünen, FPÖ und BZÖ am 24. September 2008 beschlossen, dass durch öffentliche und private Investitionen die Budgets für den tertiären Bildungssektor ab dem Jahr 2009 bis spätestens 2020 auf 2 % des BIP erhöht werden sollen, nunmehr wollen wir, dass dieses Ziel bis 2015 erreicht wird.

Es wurde am gleichen Datum ebenfalls vom Nationalrat beschlossen, dass die Betreu­ungsrelation von Lehrenden und Studierenden verbessert werden soll und neue attraktive Angebote für berufstätige Studenten, wie Teilzeitstudium und E-Learning, eingerichtet werden.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll44. Sitzung / Seite 61

Es sind Maßnahmen zu setzen, die die Qualität der Lehre und Forschung steigern sowie zu lange Studienzeiten und Drop out´s auf ein Minimum reduzieren. Soweit der Beschluss des Nationalrates vor knappen 12 Monaten.

1. Festhalten am Prinzip der forschungsgeleiteten Lehre, keine „Klassenzimmer­universität“

Die Akzentuierung der Einheit von Forschung und Lehre im posthumboldtschen Zeit­alter stellt keine nostalgische Rückwendung, sondern die Grundlage für eine zeit­ge­mäße Form der wissenschaftlichen Ausbildung dar, die einer zunehmend verwis­sen­schaftlichten Berufsarbeit (auch außerhalb der Universität) in der globalen Wissens­gesellschaft angemessen ist. Es unterscheidet der Grundsatz einer forschenden und verantwortlichen Grundhaltung bei der Vermittlung und dem Erwerb von Wissen in und durch die Lehre die universitäre Bildung von anderen Formen der Ausbildung und verleiht der Universität ihre Unverwechselbarkeit.

Das Bekenntnis zur Realisierung der Einheit von Forschung und Lehre gründet sowohl auf einem diskursiven Verständnis von Wissen und Prozessen der Wissens­gene­rierung als auch auf dem Gedanken des wechselseitigen Impetus, den die Forschung dem Fortschritt der Lehre und die Lehre der Entwicklung der Forschung bieten kann. „Die Lehre schließt unmittelbar an die Forschungsbereiche an und orientiert sich am wissenschaftlichen Diskurs. Demzufolge ist universitäre forschungsgeleitete Lehre stets in Entwicklung und für den Prozess der Wissensgenerierung von Bedeutung. In der universitären Lehre werden neue Erkenntnisse, Theorien, Modelle und Methoden fundiert vermittelt, kritisch hinterfragt und im Diskurs zwischen Studierenden und Lehrenden weiterentwickelt

Die Vermittlung einer forschenden Grundhaltung der Studierenden ist als Basis für die Gestaltung von forschungsgeleiteter Lehre aufzufassen. Daraus resultiert eine Fokus­sierung auf studentische Lernaktivitäten, die durch fragen- bzw. problemorientierte und kooperative Lernformen sowie auch durch die Integration von Studierenden in For­schungsaktivitäten vermittelt ist. Die forschungsgeleitete Lehre prägt das Lehr-/Lern­konzept, und damit die Beziehung zwischen Lehrenden und Studierenden.

(Brigitte Kossek, Center for Teaching and Learning / CTL, April 2009)

2. Freier Hochschulzugang ohne Zugangsbeschränkungen

Wir bedauern, dass Zugangsbeschränkungen offenbar EU-konform sind und scheinbar innerhalb der EU einen akzeptierten Weg darstellen. Die FPÖ ist die einzige Partei, die gegen diese Zugangsbeschränkung die hauptsächlich österreichische Studierwillige vom Studium ausschließt, auftritt.

Für uns Freiheitliche ist der freie Hochschulzugang ein unverzichtbarer Bestandteil des österreichischen Bildungswesens. Die Matura ist als alleinige Voraussetzung für ein Studium völlig ausreichend. Ausnahmen darf es nur für Kunst- oder Sportstudien geben, wo spezifische Voraussetzungen unabdingbar sind.

Die Curricula sind so zu gestalten, dass die Eignung und Berufung des Studierenden für das gewählte Studium bereits in den ersten Semestern überprüft wird, wobei es zu keine Studienverlängerung kommen darf. Zum Beispiel könnte es für das Medizin­studium ein zweisemestriges Pflichtpraktikum in der Kranken- und Altenpflege geben.

3. Oberstufenreform

Eine Oberstufenreform ist dringend notwendig, da die Maturanten vielfach nicht die notwendige Qualifizierung aufweisen, die sie befähigt, ein Universitätsstudium erfolgreich zu absolvieren.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll44. Sitzung / Seite 62

4. Evaluierung der Tätigkeit des Universitätsmanagements mittels „Kunden“=Studieren­denbefragung

Das Universitätsmanagement hat vielfach von den Problemen und Bedürfnissen seiner „Kunden“, der Studierenden, keine Kenntnis. Wie jedes moderne Unternehmen sollten die Universitäten das Instrument der Kundenbefragung nutzen, um besser auf die Notwendigkeiten eingehen zu können.

5. 2% BIP Ziel bis 2015 - das heißt Universitätsmilliarde

Der Nationalrat hat mit den Stimmen von SPÖ, Grünen, FPÖ und BZÖ am 24. Sep­tember 2008 beschlossen, dass durch öffentliche und private Investitionen die Budgets für den tertiären Bildungssektor ab dem Jahr 2009 bis spätestens 2020 auf 2 % des BIP erhöht werden sollen, nunmehr wollen wir, dass dieses Ziel bis 2015 erreicht wird.

Das Regierungsprogramm für die XXIV. Gesetzgebungsperiode, das SPÖ und ÖVP beschlossen haben, enthält im Kapitel Wissenschaft und Forschung eine Rücknahme bzw. Relativierung der am Ende der letzten GP beschlossenen Maßnahmen im Univer­sitätsbereich. Verschärft wird die Situation im Universitätsbereich auch deshalb, weil die im Regierungsprogramm in Aussicht genommenen Maßnahmen unter Budget­vorbehalt stehen.

FPÖ-Wissenschaftssprecher Martin Graf forderte bereits am 28.10. eine Universitäts­milliarde zur Beseitigung der untragbaren Bedingungen an den Universitäten. Das Geld soll einerseits verwendet werden, um die Kapazitäten in Lehre und Forschung zu erhöhen. Andererseits muss in zusätzliche Infrastruktur investiert werden. "Es muss sichergestellt sein, dass in Österreich jeder studieren darf, was er will, sofern er die dafür nötigen Qualifikationen aufweist", verlangt Graf und wendet sich damit klar gegen Zugangsbeschränkungen und auch gegen Studiengebühren, die von Noch-Wis­senschaftsminister Hahn nun erneut in die Diskussion eingebracht werden. Graf ist erfreut, dass seiner Forderung nach der „Universitätsmilliarde“ nun auch schon der Präsident der Universitätenkonferenz Badelt und der Wiener Bürgermeister Häupl gefolgt sind.

Seit nunmehr über zwei Wochen protestieren Studenten in ganz Österreich für bessere Studienbedingungen, gegen Zugangsbeschränkungen und Studiengebühren. Tau­sende sind vergangene Woche auf die Straße gegangen, auch für diese Woche ist wieder eine Großdemonstration geplant.

Der zuständige Minister hat versucht, die Universitäten und die protestierenden Studierenden mit einem „Almosen“ von 34 Millionen Euro abzufertigen, das noch dazu dem im Budget 2009 für die Universitäten reservierte einem Prozent entspricht. Die sind also Mittel die ohnehin bereits den Universitäten gewidmet sind, allerdings in der Ausschüttung verzögert wurden.

Dies stellt für die unterzeichnenden Abgeordneten eine völlig unzureichende Alibi­maßnahme dar und ist bestenfalls dazu geeignet, die jetzt noch stillhaltenden Teile der universitären Gemeinschaft ebenfalls zu Protesten zu provozieren.

Mit Ende der regulären Inskriptionsfrist Ende Oktober 2009 waren 13 Prozent mehr Studenten an den österreichischen Universitäten inskribiert als im Vergleichszeitraum des Vorjahrs, die Zahl der Studienanfänger ist um rund 14 Prozent gestiegen. Dies zeigen Zahlen des Wissenschaftsministeriums.

Insgesamt waren Ende Oktober knapp 253.000 Studenten inskribiert, darunter rund 47.000 Anfänger. Die Unis haben die reguläre Inskription mit 31. Oktober beendet. Es folgt noch eine einheitliche Nachfrist bis Ende November. Trotzdem wird aber die Anfang Oktober prognostizierte Zahl von 300.000 Studenten klar verfehlt.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll44. Sitzung / Seite 63

Der für 25.11. von Wissenschaftsminister Johannes Hahn einberufenen "Hochschul­dialog" kann somit kurz vor Weihnachten auch keine konkreten Maßnahmen für das laufende und das darauffolgende Semester erwirken und muss somit lediglich als „Adieu“-Rede des Ministers und Kommissionskandidaten gesehen werden.

6. zusätzliche Studienplätze für österreichische Studierende, mit dem Ziel, 300.000 Studienplätze im Jahr 2015

Mit Ende der regulären Inskriptionsfrist Ende Oktober 2009 waren 13 Prozent mehr Studenten an den österreichischen Universitäten inskribiert als im Vergleichszeitraum des Vorjahrs, die Zahl der Studienanfänger ist um rund 14 Prozent gestiegen. Dies zeigen zahlen des Wissenschaftsministeriums.

Insgesamt waren Ende Oktober knapp 253.000 Studenten inskribiert, darunter rund 47.000 Anfänger. Die Unis haben die reguläre Inskription mit 31. Oktober beendet. Es folgt noch eine einheitliche Nachfrist bis Ende November. Trotzdem wird aber die Anfang Oktober prognostizierte Zahl von 300.000 Studenten klar verfehlt.

Die Bundesregierung muss Vorsorge treffen hinsichtlich Lehrpersonal und Infrastruktur für das Ziel, bis 2015 300.000 Studienplätze zur Verfügung stellen zu können. Die sowohl von der OECD als auch in diversen Rankings belegte erschütternde Stellung Österreichs im internationalen Vergleich kann nur durch einen nationalen Kraftakt, der dieses Ziel anstrebt, verbessert werden. Von den 300.000 Studienplätzen müssen zumindest 75% für österreichische Studierende zur Verfügung stehen.

7. Schaffung von 3.000 zusätzlichen Stellen für Lehrpersonal an Österreichs Uni­ver­sitäten bis 2015 – 500 Stellen mehr pro Jahr zur Verbesserung des Betreuungsver­hältnisses.

„Die Presse“ am 2.11.2009:

„Uni-Ranking: Heimische Unis auf den hinteren Rängen“

„Das bekannte Shanghai-Ranking der besten Universitäten liefert noch schlechtere Ergebnisse für Österreich wie (sic!) das Ranking der "Times" vor wenigen Wochen. In der aktuellen Liste finden sich sieben heimische Hochschulen in dieser "Weltrangliste" der 500 besten Unis - und zwar recht weit hinten. Den besten Rang ergattert noch die Uni Wien auf Platz 152 bis 200. Genauer wird das nicht aufgeschlüsselt, denn ab Platz 101 wird in 50er- und ab Platz 201 in 100er-Gruppen gereiht. Gegenüber dem Vorjahr konnte sie damit ihre schlechte Platzierung halten. (..)

Die Uni Wien lag 2005 noch auf Platz 85. Der Grund für den rasanten Absturz ist die Ausgliederung Medizin-Fakultät, damit verlor sie die Anerkennung der Wiener Medizin-Nobelpreisträger vergangener Jahrzehnte. Und in den vergangenen Jahren konnten sich die österreichischen Unis nicht mit Nobelpreisträgern brüsten.(..)

Ein eigenes Kapitel ist auch das in Österreich miserable Betreuungsverhältnis (auf wie viel Studierende kommt ein Uni-Lehrer), gegen das sich momentan auch viele Studenten wehren. Das Jahresbudget der gut gereihten TU München etwa war in den vergangenen Jahren um ein vielfaches höher als das der TU Wien.“

Die unterzeichneten Abgeordneten sind der Auffassung, dass auf den verstärkten Zustrom von Studierwilligen nicht mit dem von der Regierung bevorzugten Mittel der Zugangsbeschränkungen oder langen Studieneingangsphasen reagiert werden darf, sondern unter anderem auch mit einer Aufstockung beim Lehrpersonal Rechnung getragen werden muss. Die Qualität der Ausbildung an Österreichs Universitäten könnte durch diese Maßnahme enorm gesteigert werden, ebenso das Betreuungs­verhältnis an Österreichischen Universitäten.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll44. Sitzung / Seite 64

8. Erhebung der Nebentätigkeiten des Lehrpersonals an Universitäten zwecks weiterer Verbesserung des Betreuungsverhältnisses.

Viele Professoren üben neben ihrer Lehr- und Forschungstätigkeit an der Universität anderen beruflichen Tätigkeiten nach. Je nach deren Vertragsgestaltung sind auch die Lehrverpflichtungen, Anwesenheiten, Kolloquien und sonstiges geregelt. Es fällt jedoch auf dem universitären Sektor auf, dass die vertraglichen Lehrverpflichtungen nicht immer konsequent eingehalten oder auch seitens der Universitätsverantwortlichen nicht konsequent geprüft werden. Es ist zu prüfen, ob diese zusätzlichen Tätigkeiten die Lehr- und Forschungstätigkeit nicht in manchen Fällen überproportional belasten.

In der modernen Wissensgesellschaft ist eine innovationsorientierte Hochschul- und Forschungspolitik für die Schaffung weiterer qualifizierter Arbeitsplätze, für die Er­haltung der Wettbewerbsfähigkeit, zur Stärkung der Innovationskraft Österreichs, für das Wirtschaftswachstum und damit für die soziale Sicherheit von großer Bedeutung. Die österreichischen Universitäten stehen dabei selbst im internationalen Wettbewerb um die besten Studierenden, Lehrenden und Studienbedingungen. Von großer Bedeu­tung ist es, die Absolventen-Quote zu erhöhen, die Studienabbrecher-Quote zu verrin­gern und die Rahmenbedingungen für die Studierenden und Lehrenden weiter zu verbessern. Dazu gehört, die Qualität von Lehre und Forschung weiterhin zu sichern, Betreuungsrelationen möglichst zu verbessern, um einen zügigen Studienfortgang zu ermöglichen.

9. Umsetzung des Online-Studiums an allen Universitäten

Auf Grund der oft sehr überfüllten Hörsäle und zu geringem Lehrpersonal bieten Online-Studien eine optimale Alternative für Studenten, das Studium von zu Hause im Selbststudium zu erlernen und dann die entsprechenden Prüfungen abzulegen.

Die Universität Linz ist seit 2002 eine Vorzeige-Universität für Online-Studien und bietet das Rechtsstudium auch als Multimedia-Diplomstudium an. Zur Wissens­vermittlung werden alle verfügbaren Medien wie Bild, Ton, Schrift, Grafik eingesetzt. Das Studienmaterial steht sowohl elektronisch auf DVDs und gedruckt zur Verfügung, die Studierenden haben die Auswahlmöglichkeit.

Als Hörsaal ist jeder Ort möglich, da die Lehrveranstaltungen, die der Diskussion und der Übung dienen online im Internet abgehalten werden. Der Professor sitzt mit mehreren Studierenden in Linz im Vortragssaal, Kameras übertragen die Lehrver­anstaltungen über das Internet, somit ist ganz Österreich Hörsaal. Weltweit, wo immer ein Zugang zum Internet besteht, diskutieren die Studierenden mit und die Vortra­genden sehen die Beiträge und Fragen der Studierenden auf dem Bildschirm.

Jede schriftliche Prüfung findet mit derselben Prüfungsaufgabe zur selben Zeit an mehreren von der Universität Linz beaufsichtigten Orten in ganz Österreich statt. Die Studierenden können nach gesonderter Vereinbarung Prüfungen auch in öster­reichi­schen oder europäischen Notariaten, weltweit auch in österreichischen Auslandsver­tretungen ablegen. Die mündlichen Prüfungen werden mit entsprechender Beaufsich­tigung über Videokonferenzen abgelegt.

Die Studierenden können jederzeit über E-Mail, Fax und Telefon mit ihren Profes­sorinnen und Professoren sowie mit ihren Kolleginnen und Kollegen in Kontakt treten. Die Studierenden richteten im Internet mehrere Chatrooms ein, wo sie sich unabhängig von der Universität untereinander austauschen.

Das Wohn- oder Arbeitszimmer, wo immer in Österreich oder auf der Welt es sich befindet, ist die Universität. Die Studierenden benötigen einen DVD-tauglichen Com­puter und einen Anschluss an das Internet. Offline bearbeiten sie das Studienmaterial, online nehmen sie an den elektronischen Lehrveranstaltungen teil. An den während


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des Semesters wöchentlich stattfindenden elektronischen Lehrveranstaltungen können sie über das Internet zum Zeitpunkt der Übertragungen „live“ mitwirken. Die Lehr­veranstaltung verbleibt ab dem Zeitpunkt ihrer Abhaltung zwei Wochen im Internet, so dass die Studierenden auch an den elektronischen Lehrveranstaltungen zu jeder ihnen genehmen Zeit teilnehmen können. Stundenpläne, Semester- und Ferieneinteilungen haben so für die Studierenden keine Bedeutung.

Wer bereits berufstätig ist, kann seinen Beruf so viel leichter mit dem Studium ver­einbaren. Aber auch Hausfrauen und Hausmännern, die sich der Kindererziehung widmen, steht die Universität offen. Benachteiligten und behinderten Personen, denen ein "Präsenzstudium" nicht oder nur schwer möglich war, kommt die Flexibilität des Multimedia-Studiums entgegen. Berufstätige können das Studium auch als Weiter­bildung von ihrem Arbeitsplatz aus nutzen.

10. Schaffung einer studienplatzbezogenen Finanzierung der Lehre an Universitäten

Angesichts steigender Studierendenzahlen, wird von vielen Kommentatoren und Politikern, so auch vom Wissenschaftsminister, behauptet, man könne diesem Zustrom nur mit Zugangsbeschränkungen und der Wiedereinführung der Studiengebühren Herr werden. Das ist falsch, aber es müssen natürlich Maßnahmen gesetzt werden, um diese zweifellos für manche Universitäten und einige Studienrichtungen prekäre Situation zu entschärfen.

Die unterzeichneten Abgeordneten sind davon überzeugt, dass dem verstärkten Zustrom von Studierwilligen nicht mit dem von der Regierung bevorzugten Mittel der Zugangsbeschränkungen reagiert werden sollte, sondern unter anderem auch mit einer studienplatzbezogenen Finanzierung der Studierenden und Lehrenden an den Öster­reichischen Universitäten Rechnung getragen werden muss. Das allgemeine politische Bildungsziel 300.000 Studienplätzen dauerhaft zu sichern um auch im internationalen Vergleich mithalten zu können, muss für die seit Jahren bekannten Steigerungen, Vor­sorge getroffen werden.

11. Erstellung einer Gesamtsanierungs- und Neubauplanung inklusive einer Zeit- und Kostenplanung auf Basis einer Evaluierung des Raumangebotes an Österreichischen Universitäten

An praktisch allen österreichischen Universitäten wird über Raumnot geklagt. Vielfach stammen die Gebäude aus dem vorigen Jahrhundert. Die technische Ausrüstung ist für die Erfordernisse der modernen Lehr- und Lernmittel oftmals unzureichend oder auf Grund der Gegebenheiten nur mit großem Aufwand herstellbar.

Es ist daher dringend notwendig, einen Gesamtsanierungs- und Neubauplan für die österreichischen Universitäten zu erstellen. Dieser Plan hat eine Zeit- und Kosten­planung zu enthalten im Zusammenwirken mit der jeweiligen Universität erstellt wer­den. Ziel soll das allgemeine politische Bildungsziel 300.000 Studierenden ab 2015 dauerhaft zu sichern um auch im internationalen Vergleich mithalten zu können. Basis dieser Planung muss eine Evaluierung der derzeitigen Raumauslastung unter Bedacht­nahme auf Entlastungsmöglichkeiten durch organisatorische Maßnahmen sein, die mittelfristig anzustrebenden 300.000 Studienplätze sind ebenfalls zu berücksichtigen. Die Qualität der Ausbildung an Österreichs Universitäten könnte durch diese Maß­nahme einen enormen Anschub finden und somit gesteigert werden.

An manchen Universitäten in der EU sind anstelle von Semester, Trimester als Stu­dienzeitmaß im Einsatz. Diese Einteilung ermöglicht eine bessere Lehrraumnutzung bei beschränkter Platzverfügbarkeit.


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Da die Hörsäle und Seminarräume bis zu fünf Monate pro Jahr ungenutzt leer stehen, ist zu prüfen, ob dieser Weg auch für Österreichs Universitäten gangbar und zielführend ist.

Die unterzeichneten Abgeordneten sind der Auffassung, dass dem verstärkten Zustrom von Studierwilligen nicht mit dem von der Regierung bevorzugten Mittel der Zugangs­beschränkungen reagiert werden sollte, sondern unter anderem auch mit einer Offen­sive bei Sanierung und Neubau von Universitätsgebäuden Rechnung getragen werden muss. Auch die Qualität der Ausbildung an Österreichs Universitäten könnte durch diese Maßnahme enorm gesteigert werden.

12. Evaluierung des Bologna-Prozesses

Das BMWF hat auf seiner Homepage zum Bologna-Prozess unter anderem folgendes veröffentlicht:

Mit der Unterzeichnung der Bologna-Erklärung im Mai 1999 durch die Regie­rungs­vertreter/-innen von 29 europäischen Ländern wurde einer der grundlegenden Reform­prozesse in der Geschichte des europäischen Hochschulwesens - der Bologna-Pro­zess - eingeleitet.

Das wesentliche und außergewöhnliche Element dieses Prozesses besteht darin, dass es sich um eine freiwillige Annäherung der Hochschulsysteme Europas handelt und nicht um ein verbindliches Vertragswerk.

Dadurch bleibt es den einzelnen Staaten überlassen, die Verwirklichung des visionär angedachten europäischen Raumes für höhere Bildung auf die nationalen Gege­benheiten abzustimmen, anstatt sie auf den kleinsten gemeinsamen Nenner zu be­schränken. Der internationale Trend bewegt sich in Richtung "Konkurrenz um Stu­dierende"; in diesem Kontext wird nur eine glaubhaft europäische Universität bestehen können.

Die Bologna-Erklärung hebt sich von anderen unverbindlich bleibenden Erklärungen durch die Definition klarer Ziele und einen vorgegebenen Zeitrahmen ab. Der Grad der Zielerreichung wird durch eine regelmäßige Bestandsaufnahme überprüft, wodurch ein positiver Rechtfertigungsdruck, der die nationale Umsetzung beschleunigt, entsteht.

Aus österreichischer Sicht hat der Bologna-Prozess wesentlich dazu beigetragen, die Europäisierung und Internationalisierung des tertiären Bildungssektors voranzutreiben. Österreichische Universitäten, Fachhochschulen und Akademien stehen in Konkurrenz zu anderen europäischen Anbietern, dies wird sich in Zukunft noch verstärken. Eine ausschließlich nationale Sicht ist überholt; es geht um die Stärkung der Wett­bewerbsfähigkeit der österreichischen Bildungseinrichtungen in Europa.

Es geht aber auch um die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des europäischen gegenüber dem amerikanischen und dem asiatischen Raum. Es ist deutlich geworden, dass Europa sowohl als Studienraum als auch als Forschungsraum nicht die Attraktivität besitzt, die wünschenswert wäre.

Einen zentralen Stellenwert nehmen die Bemühungen um die Beseitigung von Mo­bilitätshindernissen für Studierende, Lehrende und Forschende ein. Dies muß neben intensiven Bemühungen für den outgoing-Bereich eine ebensolche Anstrengung für den incoming-Bereich bedeuten. Die österreichischen Hochschulen profitieren min­destens ebenso vom Aufenthalt ausländischer Studierender, Lehrender und For­schender in Österreich wie vom Input jener, die Erfahrungen im Ausland sammeln.

Die größte Herausforderung ist wohl darin zu sehen, die Kluft zwischen den bereits bestehenden gesetzlichen Möglichkeiten und den realen Gegebenheiten zu verringern. Österreich hat auf gesetzlicher Ebene rasch reagiert: Mit der Novelle 1999 zum


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Universitäts-Studiengesetz, dem Universitätsgesetz 2002, dem Fachhochschul-Stu­diengesetz 2002 und dem Hochschulgesetz 2005 wurde die Rechtsgrundlage für die Einführung von Bachelor- und Masterstudien, die Anwendung des ECTS, des Diplom­zusatzes (Diploma Supplement), die Einrichtung von gemeinsamen Studienpro­grammen verschiedener Universitäten/joint degree-Programmen und aufgewerteten PhD-ähnlichen Doktorats-Programmen geschaffen.

Es bestehen berechtigte Zweifel an der Erfüllung der oa. Erwartungen hinsichtlich Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und Steigerung der nationalen und internationalen Mobilität der Studierenden. Daher fordern wir eine Evaluierung und wenn notwendig teilweise Aussetzung des Bologna-Prozesses. Die Überantwortung der Umsetzung in die Autonomie der Universitäten scheint uns ein gangbarer Weg zu sein.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

1) „An der forschungsgeleiteten Lehre als Prinzip ist durchgängig an allen Uni­versitäten, in allen Studienrichtungen und in allen Studienabschnitten festzuhalten. Die „Klassenzimmeruniversität“ wird abgelehnt.“

2) „Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat ehestmöglich eine Regierungsvorlage zuzuleiten, welche die Abschaffung aller Zugangsbeschränkungen sowie überlangen Studieneingangsphasen für österreichische Studierende bis 2012 zum Inhalt hat. Das politische Bildungsziel von 300.000 Studierenden, davon min­destens 75% Österreicher, soll bis 2015 erreicht werden können.“

3) „Die Bundesregierung wird aufgefordert, eine Oberstufenreform vorzulegen, um die Reifeprüfung wieder auf einen Qualitätsstandard zu heben, der den Maturanten die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Absolvierung eines Universitätsstudiums gibt.“

4) „Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Universitäten zu beauftragen, jährlich eine Evaluierung der Tätigkeit des Universitätsmanagements mittels „Kunden“= Stu­dierendenbefragung durchführen zu lassen.“

5) „Die Bundesregierung wird aufgefordert, ehestmöglich eine Regierungsvorlage vorzulegen mit dem Ziel der Erreichung von 2% des BIP für den tertiären Bildungs­sektor bis zum Jahr 2015. Daraus soll eine Zurverfügungstellung von zusätzlich einer Milliarde Euro für Infrastruktur, Lehre und Forschung an den österreichischen Universitäten mit sichtbaren Verbesserungen für die Studierenden resultieren.“

6) „Die Bundesregierung wird aufgefordert, alle notwendigen Maßnahmen zu setzen, damit bis 2015 das Ziel, 300.000 Studienplätze zu schaffen, erreicht werden kann.“

7) Die Bundesregierung wird aufgefordert, ehestmöglich die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, damit in den Jahren 2010 bis 2015 jährlich 500 zusätzliche Stellen für Lehrpersonal (also gesamt 3.000 Stellen) an Österreichs Universitäten geschaffen werden können.“

8) „Die Bundesregierung wird aufgefordert, eine Erhebung an sämtlichen öster­reichischen Universitäten über die Nebentätigkeiten des Lehrpersonals vorzunehmen und dem Nationalrat einen Bericht bis Juni 2010 vorzulegen. Nebentätigkeiten, die zu Lasten der Lehrtätigkeit bzw. Betreuung der Studierenden gehen, sind befristet aus­zusetzen.“

9) „Die Bundesregierung wird aufgefordert, mit den österreichischen Universitäten in Verhandlung zur Adaptierung der Leistungsvereinbarungen zu treten mit dem Ziel, den


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Studierenden an allen Universitäten Österreichs die Möglichkeit des Online-Studiums zu eröffnen. Ein Bericht über die erfolgten Maßnahmen ist dem Nationalrat ehest­möglich, längstens jedoch bis Juni 2010 zu übermitteln“

10) „Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Universitäten zu beauftragen, bis 28.02.2010 die Kosten pro Studienplatz an Österreichs Universitäten festzustellen und auf Basis der festgestellten und nachgewiesenen Studienplatzkosten eine studien­platz­bezogene Finanzierung der Lehre an den österreichischen Universitäten umzusetzen.“

11) „Die Bundesregierung wird aufgefordert, ehestmöglich die Erstellung einer Gesamt­sanierungs- und Neubauplanung inklusive einer Zeit- und Kostenplanung für Öster­reichs Universitäten zu veranlassen auf der Basis einer Raumbedarfs­untersuchung, die aus einer Evaluierung der derzeitigen Raumauslastung sowie einer Überprüfung der Möglichkeit der Umstellung von Semesterteilung des Studienjahrs auf Trimesterteilung und den mittelfristig anzustrebenden 300.000 Studienplätzen besteht.“

12) „Die Bundesregierung wird aufgefordert, eine Evaluierung der Implementierung des Bologna-Prozesses unverzüglich in die Wege zu leiten. Dem Nationalrat ist Bericht zu erstatten.“

Da die Entschließung mehr als 1 Din-A4 Seite umfasst, wird gem. § 53 Abs 4 iVm § 55 Abs 3 GOG-NR um schriftliche Verteilung an die Abgeordneten ersucht.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Stadler. – Bitte.

 


14.04.33

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Lieber Kol­lege Cap, wenn man dir so zuhört, könnte man den Eindruck gewinnen, dass es sich bei der SPÖ tatsächlich um eine eigenständige parlamentarische Fraktion handelt, bezogen auf den Beschluss vom 24. September 2008 – das ist eine heroische Tat gewesen.

Tatsache ist, dass deine Fraktion mittlerweile von der ÖVP mit Wurstsemmeln lockbar ist. Hauptsache, eure Leute haben die Wurstsemmeln und die Auer-Schnitten im Aus­schuss, sonst interessiert die sozialdemokratische Fraktion nichts mehr, meine Damen und Herren!

Kollege Cap, die SPÖ ist längst zur Begleitpartei der Österreichischen Volkspartei verkommen! (Beifall beim BZÖ.)

Herr Bundeskanzler, das ist ein Thema, das wir mit Ihnen noch in einer Sondersitzung erläutern werden. Sie werden uns erklären müssen, wie es möglich ist, dass die Österreichische Volkspartei in alter Tradition versucht, die parlamentarische Demo­kratie zu schädigen, wo sie nur kann (Zwischenrufe bei der ÖVP), auszuhebeln, wo sie nur kann, und die SPÖ ihr die Mauer dazu macht!

Was ist also neu am Parlamentarismus der Sozialdemokraten außer der Wurstsemmel und den Auer-Schnitten? – Nichts, meine Damen und Herren!

Herr Bundeskanzler, Sie werden uns erklären müssen, wie das möglich ist. – Es gab eine Zusage, meine Damen und Herren, dass Herr Minister außer Dienst Strasser geladen wird, wenn diese Kapitel abgeschlossen sind; eine Zusage auch von den Sozialdemokraten – ist nicht eingehalten worden. Von euch (in Richtung SPÖ) waren wir bisher anderes gewohnt, bei den Schwarzen kennen wir das – das wisst ihr selbst


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll44. Sitzung / Seite 69

ja auch. Jeder Rote, mit dem man am Gang draußen redet, sagt: Furchtbar mit der ÖVP, nichts halten sie!

Meine Damen und Herren, von den Sozialdemokraten haben wir bisher wenigstens gewusst, dass es hält, wenn sie etwas ausmachen. – Aber nein, jetzt gibt es Wurst­semmeln statt Einhalten eines gegebenen Wortes. Für eine Wurstsemmel kann man heute die Sozialdemokraten zu einem Wortbruch bringen. Das ist eine neue Erkenntnis!

Herr Minister Hahn flüchtet jetzt nach Brüssel. Die Unimisere ist nicht gelöst – die Unimisere ist seine ureigenste politische Verantwortung. Hahn ist weg, meine Damen und Herren!

Ich habe meine eigenen Erfahrungen gemacht. Ich bin nicht Wissenschaftssprecher, aber ich habe meine eigenen Erfahrungen gemacht mit Hannes Hahn oder Gio Hahn – ich weiß gar nicht, was der richtige Name ist. Ich habe ihn einmal gefragt, wie es möglich ist, dass in Österreich ein Zentrum für Anatomie und Zellbiologie zusätzliche Mittel in der Höhe von 600 000 € pro Jahr bekommt und es dort einen Forscher gibt, der nicht einmal ein Rasterelektronenmikroskop zur Verfügung gestellt bekommt.

Ich habe Herrn Minister Hahn, damit man weiß, dass das nicht irgendein Forscher ist, eine lange Liste der Publikationen mitgeschickt, die dieser Forscher zum Teil auf eigene Kosten herausgebracht hat, weil er an diesem Institut, das eindeutig partei­politisch besetzt ist, nicht gelitten wird. Man hat ihn in die Besenkammer gesetzt, der muss alles, was er überhaupt an Forschung leisten möchte – das ist übrigens jemand, der nicht aus Österreich kommt; weil man die Internationalität der österreichischen Universitäten einmahnt. Dieser Forscher ist also kein Österreicher, daher gehört er nicht zu den klassischen Machtstrukturen und wird ausgehungert. Das ist etwas, was Herrn Minister Hahn nicht tangiert hat. Er hat gesagt, all das liege in der Autonomie der Universitäten, da könne er leider nichts machen, er gebe nur das Geld, was solle er tun.

Herr Minister Hahn, dafür brauchen wir keinen Minister, da ist es wirklich gut, wenn Sie nach Brüssel gehen (Abg. Kößl: Das Wichtigste ist das Anpatzen!), denn wenn Sie nur dazu da sind, das Geld durchzuwinken, aber nicht kontrollieren wollen, wünsche ich Ihnen eine gute Reise nach Brüssel, dann ist Ihr Posten sowieso fehlbesetzt mit Ihnen! (Beifall beim BZÖ.)

Das weiß ich spätestens seit Ihrer Anfragebeantwortung, Herr Minister, in der Sie ge­sagt haben: Mein Name ist Hahn, ich weiß von nichts, ich kann leider nichts machen! (Zwischenruf des Abg. Kößl.) – Das ist keine Ministerverantwortung.

Aber Ministerverantwortung, das haben wir heute vom Herrn Kollegen Amon im Unter­suchungsausschuss gehört – das muss man auch dem Plenum des Nationalrates mitteilen –, gibt es gar nicht. Das hat Kollege Amon gesagt: Ministerverantwortung gibt es gar nicht! (Ironische Heiterkeit des Abg. Bucher.) – Das stimmt auch! In dem Moment, in dem ein Minister der ÖVP zuzuordnen ist, gibt es keine Minister­verant­wor­tung mehr! Ministerverantwortung gibt es nur für alle anderen Couleurs, für schwarze Minister gibt es keine Ministerverantwortung.

Ich muss wieder ein Beispiel nachschieben, um das zu belegen: Herr Strasser steckt halstief drinnen als Erfinder des ganzen Spitzelsystems im Bundesministerium für Inneres, Stichwort: BIA, steckt halstief drinnen in der Causa Kasachstan, wo Ex-Minister Bartenstein seine geschäftlichen Interessen hat. Bartenstein hat gesagt, er wäre ja für die Ladung – typisch schwarz! –, aber er hat schon gewusst, dass seine Partei dagegen ist, daher war er dafür. Da wollte er suggerieren, dass er der unab­hängige Ausschussvorsitzende ist.


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Geh, Martin Bartenstein, mach uns doch nichts vor! Du hast ganz genau gewusst, dass deine Partei dagegen ist, dass da Widerstand kommt, und daher konntest du groß und vollmundig ankündigen, dass du für die Ladung der Minister bist! (Beifall beim BZÖ. – Abg. Kößl: Stadler, du bist lächerlich! Ein lächerlicher Typ!)

In Wirklichkeit will die Österreichische Volkspartei keinen einzigen Minister im Unter­suchungsausschuss haben, denn unter Wahrheitspflicht dort aussagen zu müssen wäre für die Mitglieder der Österreichischen Volkspartei aus der früheren Bundes­regie­rung und aus der aktuellen Bundesregierung mehr als politisch dramatisch.

Das Gleiche gilt auch da – ich bin ja froh, dass der Herr Bundeskanzler außer Dienst Schüssel wieder im Saal ist –: Wenn Sie geglaubt haben, Sie haben die Geschichte mit der MobilTel Bulgarien schon hinter sich, dann fangen wir jetzt erst wieder an!

Meine Damen und Herren – das verdanken Sie Ihrem eigenen „großartigen“ Fraktions­führer im Ausschuss, dem Herrn Amon, einem ganz großen „Künstler der Demo­kratie“ –, wenn Sie nämlich glauben, dass sich die Opposition gefallen lässt, dass Sie – so, wie Sie das im Banken-Untersuchungsausschuss gemacht haben – in dem Moment, in dem es um die schwarzen Machtstrukturen geht, in dem Moment, in dem der Parteifilz, in dem Moment, in dem der Parteifinanzierungsfilz in Richtung ÖVP unter­sucht werden soll (Abg. Kößl: Du bist nicht mehr ernst zu nehmen, wirklich!), einen Ausschuss einfach abdrehen können, dann kommen wir zurück auf den Banken-Untersuchungsausschuss. Den haben Sie in dem Moment abgedreht, als wir den Deal MobilTel Bulgarien und die Besuchstätigkeit des Herrn Bundeskanzlers Schüssel mit einem Klavier und mit dem Herrn Elsner und mit dem Herrn Wallner in Bulgarien klären wollten, meine Damen und Herren. Ein Faktum, das bis heute nicht aufgeklärt wurde! Ich halte es für höchst an der Zeit, das aufzuklären, denn dieser Mann will ja Karriere in Brüssel machen. Die da draußen sollen wissen, wen sie sich da einhandeln, meine Damen und Herren. (Abg. Kößl: Jetzt hast du es gerade gesagt: Dir geht es nur ums Anpatzen! Nur anpatzen – das ist alles!)

Vielleicht liegt es auch in Ihrem (in Richtung SPÖ) Interesse, dass Sie vielleicht einmal aufwachen und darüber nachdenken, was jetzt wichtiger ist: Eine Wurstsemmel für den Kollegen Otto Pendl, eine Manner-Schnitte oder eine Auer-Schnitte – oder dass Sie vielleicht wieder einmal an einer parlamentarischen Aufklärung interessiert sind! Ich habe immer geglaubt, dass Ihnen Demokratie so wichtig ist, dass Sie nicht nur am heutigen Tage Kränze an Ihren Mahnmalen und an Ihren Denkmälern niederlegen. Heute ist ja Ihr großer Kranzniederlegungstag – und genau an diesem Tag helfen Sie der Österreichischen Volkspartei, die Räuberleiter zu machen für das Vertuschen, Zudecken und jede parlamentarische Demokratie damit (Abg. Grosz: Auszuhöhlen!) auszuhöhlen und abzuwürgen.

Das ist nicht das, was eure Vorväter – nein, da brauchst du nicht den Kopf zu schütteln, Josef Cap! – von euch verlangt haben. Wenn die sähen, dass seit Jahr und Tag Rote aus dem Innenministerium gesäubert werden und Schwarze dann auf diesen Posten sitzen, und dann die Erbärmlichkeit eurer Ausschussmitglieder heute gesehen hätten, wie der Ober-Agent in dieser Hinsicht, der Herr Kloibmüller, der das alles im Auftrag des Herrn Strasser gemacht hat, geschützt werden muss mit eurer Unterstützung – die würden sich unter dem Tisch verkriechen (Ruf beim BZÖ: Im Grab umdrehen!) angesichts dessen, was eure Leute da heute an Erbärmlichkeit geliefert haben, meine Damen und Herren von der SPÖ! (Abg. Kößl: Du bist wirklich eine Schande fürs Parlament!)

Daher wird es dabei bleiben: Wir haben das letzte Mal versucht aufzuklären, was MobilTel Bulgarien und der Herr Schüssel miteinander zu tun haben – und wir bleiben da drauf.


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Wir werden aufklären, was Strasser mit dem Herrn Alijew gemacht hat; warum es möglich war, meine Damen und Herren, dass der Herr Alijew innerhalb von zwei Tagen eine Daueraufenthaltsbewilligung bei der Bezirkshauptmannschaft Horn be­kommen hat, nachdem vorher lukrative Aufträge an ÖVP-nahe Unternehmen gegan­gen sind – einer dieser Unternehmer war früher einmal im Kabinett des Herrn Lopatka tätig, meine Damen und Herren. Das werden wir alles genau aufklären.

Wenn Sie glauben, dass Sie verhindern können, dass das alles aufgeklärt wird, dann täuschen Sie sich! So lässt sich die parlamentarische Kontrolle in Österreich nicht aushebeln! (Beifall beim BZÖ sowie der Abg. Dr. Moser.)

14.12


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Zinggl. – Bitte.

 


14.12.59

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Herr Präsident! Werte Damen und Herren! Das BZÖ hat sich offensichtlich völlig von dem Problem Studien, Universitäten, Anliegen der Studierenden verabschiedet. Das Einzige, was übrig geblieben ist, ist ein Anwurf an den Minister Hahn, der allerdings berechtigt ist – und da möchte ich schon noch einsetzen, denn eines interessiert mich schon, Herr Minister: Sie haben für den 25. November jetzt die ersten Gespräche mit den Studierenden angeboten. Ich frage mich: Was machen Sie eigentlich bis dahin? Sie sind Wissenschaftsminister, da brennt wirklich alles – und Sie haben am 25. November einen ersten Termin angesetzt, hinsichtlich dessen Sie gleich gesagt haben, da wird einmal ein bisschen was be­sprochen, und es geht dann irgendwie weiter.

Also da ist der Vorwurf, dass Sie mit einem Bein in Brüssel stehen und eigentlich eine Lame Duck sind – oder eigentlich ein Lame Cock, müsste man richtigerweise sagen –, schon berechtigt. Zu diesen Gesprächen sollte eigentlich schon der neue Minister oder die neue Ministerin geladen sein beziehungsweise diese Sitzungen sogar leiten.

Umgekehrt werden dauernd den Studierenden Vorwürfe gemacht, die ich auch nicht ganz verstehen kann: Es gäbe keine spezifischen Forderungen, die Anliegen seien irgendwie vernebelt, ließen sich nicht konkret verhandeln und so weiter.

Eines stimmt sicher: Die Studierenden sind keine ausgefuchsten Sozialpartner, die versprechen können, dass sie zwei Jahre lang nicht streiken, wenn sie 35 Millionen € zusätzlich bekommen. Das ist richtig, und das macht sie genau genommen sogar glaubwürdiger in ihren Anliegen. Aber es ist eigentlich unfassbar, was daneben dann noch alles gefordert wird: Die sollen irgendwie putzen am Gang, sie sollen habt­achtstehen bei den Medien – sobald die Medien etwas brauchen, müssen sie da sein –, sie sollen ja nicht zu laut werden und den Uni-Betrieb nicht stören, denn Studieren ist besser als Protestieren. – Ja, sie wollen ja studieren! Sie wollen ja, aber es geht eben nicht! – Sie sollen mit einer Stimme sprechen und sollen ja nicht irgendwie Basis­demokratie spielen. Und sie sollen vor allem hieb- und stichfeste Vorschläge aus­arbeiten, wie denn die Misere an den Unis zu bewältigen wäre.

Das Letztgenannte, glaube ich, meine Damen und Herren, ist sicher nicht die Aufgabe der Studierenden. Die Lösung der Probleme ist eindeutig eine Sache, die die Politik betrifft. Das Parlament weist auch schon seit vielen Jahren auf die Missstände hin, es ist auch alles Mögliche schon beschlossen worden, aber letztlich hat die Regierung im­mer wieder nur eines im Kopf, nämlich: Wie kann man die Studienzugänge beschnei­den, wie kann man selektieren, sei es durch Studiengebühren oder sei es auch durch Zulassungsbeschränkungen? – Das ist sicher nicht der richtige Weg: Nicht die Bedingungen an den Hochschulen sollen verbessert werden, sondern – und das ist sehr paradox! – es sollen weniger auf die Unis gehen. „Die Studierenden sind eigent­


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lich das Übel, die gehören eigentlich weg! Wenn sie nicht wären, ginge alles viel leich­ter!“ – Das ist doch offensichtlich Ihre Ansicht, Herr Minister, und das ist offensichtlich auch die Ansicht der ÖVP.

Stellen wir uns das Ganze auf dem primären Bildungssektor vor! Stellen wir uns vor, bei den Volksschulen wäre es so, dass zu wenig Raumangebot, zu wenige Lehrende, zu wenige Materialien vorhanden wären! Wer würde dann von Selektion sprechen? Wer würde Aufnahmetests verlangen? Wer würde womöglich noch Gebühren verlan­gen und davon sprechen, dass nur wenige in die Volksschule gehen sollten? – Nie­mand.

Man hat also offensichtlich aufseiten der ÖVP, aber auch der SPÖ noch nicht ganz erkannt, wie wichtig auch der tertiäre Sektor ist, denn sonst würde das nicht immer wieder zur Diskussion stehen.

Wer argumentiert, der Staat solle über Aufnahmetests nur regeln, also mehr oder weniger bestimmen, was studiert werden darf, der hat auch nichts verstanden, jeden­falls nichts verstanden von Selbstbestimmung der Individuen und auch nichts von einer Motivation, die beim Lernen ganz wichtig ist. Wenn etwas selbst gewählt wird, dann lässt es sich ganz anders studieren, lässt es sich ganz anders lernen. Das ist, glaube ich, etwas, was gerade von der ÖVP dringend eingefordert werden müsste.

Sehen Sie, das ist ja nicht das Schlimme an den Zugangsbeschränkungen, aber vergleichen wir das Ganze jetzt tatsächlich mit dem Numerus clausus in Deutschland, denn dort haben wir eine Art von Selektion, an der man sehr schön erkennen kann, wie sinnlos das Ganze ist.

Die deutsche Regulierung sagt in vielen Fällen zu den Bewerberinnen und Bewerbern: „Liebe Frau, Sie haben leider beim Abitur nur eine Zwei aus Chemie; Sie sind daher nicht geeignet, Ärztin zu sein, und dürfen das nicht studieren.“ – Wenn diese Stu­dierende dann nach Österreich kommt und sagt: „Ich möchte doch Ärztin werden, ich muss sozusagen die letzte Gelegenheit am Schopf packen!“, und hier ausgebildet wird, dann ist sie am Schluss Ärztin und geht zurück nach Deutschland und praktiziert dort. Und das ist jetzt auf einmal erlaubt! Jetzt darf sie plötzlich in Deutschland als eine ausgebildete Ärztin praktizieren – vorher hat es doch eigentlich geheißen, sie wäre nicht geeignet gewesen!

Meine Damen und Herren, darüber muss europaweit gesprochen werden. Darüber muss die Bundesregierung, der Finanzminister, der Wissenschaftsminister, mit den Deutschen sprechen, und ich bringe deshalb folgenden Entschließungsantrag ein:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, ehest möglich mit der Bundesrepublik Deutschland bilaterale Gespräche über Ausgleichszahlungen zu beginnen, um die durch den Zuzug deutscher Studierenden entstehenden Mehrkosten Österreichs zu reduzieren.“

*****

Diese Widersprüche bei allen Aufnahmeverfahren lassen junge, mündige Menschen nicht entscheiden, was aus ihnen werden soll. Und das, meine Damen und Herren, ist nicht notwendig. Studieren heißt schließlich nicht Auswendiglernen, heißt nicht, Vorgekautes unreflektiert zu übernehmen, heißt nicht, Scheine zu machen und am Schluss den Titel zu haben, sondern Studieren heißt, etwas untersuchen zu wollen, etwas analysieren, vergleichen zu wollen, etwas universal – im Wort „Universität“ steckt ja das Wort „universal“ drinnen – zu betrachten. Und daher glaube ich, dass es


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dringend ... (Abg. Hornek: Was wollten Sie eigentlich sagen?) – Ich habe alles gesagt. Danke. (Ruf bei der ÖVP: Schaut nicht so aus! – Beifall bei den Grünen.)

14.19


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Entschließungsantrag steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Zinggl, Grünewald, Freundinnen und Freunde betreffend Ver­handlungen über Ausgleichszahlungen für deutsche Studierende an Österreichs Uni­versitäten, eingebracht im Zuge der Debatte über den Dringlichen Antrag betreffend Umsetzung der Beschlüsse des Nationalrates vom 24. September 2008 zur Finan­zierung der Universitäten

Begründung

Österreich braucht mehr Studierende, um den Anschluss an die europäische Spitze zu finden. Zugangsbeschränkungen sind kontraproduktiv. Statt einer Grundsatzdebatte über österreichische Bildungspolitik und konkreten Überlegungen, wie breiteren Bevöl­kerungsschichten der Zugang zu Universitäten und Fachhochschulen ermöglicht wer­den kann, wird vom Wissenschafts- und Forschungsminister nur über eine Wieder­einführung der Studiengebühren und weitere Zugangsbeschränkungen gesprochen.

Die Zugangsbeschränkungen, speziell in den vom deutschen numerus clausus betrof­fenen Studienrichtungen, sind aber keine Antwort auf die tatsächlichen Probleme an den österreichischen Universitäten und können bestenfalls als kurzfristige Not­lösung herhalten. Da die Regierung bisher keine alternativen Vorschläge zur Lösung der Frage des Hochschulzugangs vorgelegt hat, droht eine neuerliche Verurteilung durch den Europäischen Gerichtshof (2003 hatte die EU-Kommission Österreich wegen Diskriminierung von EU-BürgerInnen beim Hochschulzugang geklagt, 2005 wurde das Urteil gefällt und die Zugangsbeschränkungen mussten aufgehoben werden. 2006 wurde eine Quotenregelung für Medizinuniversitäten beschlossen, zu Jahresbeginn 2007 kündigte die EU-Kommission ein Verfahren gegen diese an, welches allerdings im November 2007 für die nächsten fünf Jahre ausgesetzt wurde).

Der Regierung muss endlich klar werden, dass das Aussetzen des Verfahrens gegen die Quotenregelung bis 2012 als letzte Chance genutzt werden muss, um endlich eine langfristige Strategie der Hochschulpolitik zu finden und ein klares politisches Bekenntnis zu Investitionen in höhere Bildung mit einem entsprechenden Budget ab zu geben.

Mit der Unterzeichnung der Bologna-Erklärung hat sich Österreich dazu bekannt, die Förderung von Mobilität als eines der wesentlichen Ziele und Chancen für die Stu­dierenden anzuerkennen. Dafür ist eine europaweite Lösung der Frage des Hoch­schulzugangs nötig. Im Gegensatz zur Meinung von BM Hahn handelt es sich bei Studierendenmobilität und den damit einhergehenden Kosten nicht um ein Problem im deutschsprachigen Raum. Konkret stehen etwa auch  Belgien und Frankreich vor ähnlichen Problemen.

Als Vorbild für die gesamte EU können hier wieder die skandinavischen Staaten die­nen, wo es ein Abkommen zwischen Finnland, Schweden, Norwegen, Dänemark und Island gibt, das ein gemeinsames Bildungsbudget für genau diese Problematik finan­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll44. Sitzung / Seite 74

ziert. Dieses Modell von Ausgleichszahlungen, welches die eindeutigen Mehrbelas­tungen einzelner Länder ausgleicht, wird hier seit Jahren erfolgreich angewandt. Die jeweiligen Beitragszahlungen errechnen sich prozentual aus dem jeweiligen nationalen Bildungsbudget.

Im Wintersemester 2008/2009 kamen nach Angaben des Wissenschaftsministeriums mit ca. 18.000 Studierenden sieben Prozent aller in Österreich Studierenden aus Deutschland. Nur durch ein baldiges Umsetzen eines Modells basierend auf der skandinavischen Bildungskooperation, können die Mehrbelastungen Österreichs ge­dämpft werden.

In einem ersten Schritt sollen bilaterale Gespräche mit Deutschland geführt werden, um das Bewusstsein zu schaffen, dass Österreich nicht alleine die Ausbildungskosten für Studierende aus Deutschland, die nach Abschluss Ihrer Ausbildung zu einem großen Teil in Ihre Heimat zurück gehen, tragen kann. In weiterer Folge soll über das Ausmaß der notwendigen Ausgleichszahlungen verhandelt werden.

Nicht nur die Grünen, auch die Österreichische HochschülerInnenschaft und einige Rektoren sprechen sich mittlerweile für Ausgleichszahlungen aus. Selbst für den Vorsitzenden der Universitätenkonferenz, Rektor Christoph Badelt, wären solche Ausgleichszahlungen "in einem Gesamtpaket eine sinnvolle Maßnahme".

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, ehest möglich mit der Bundesrepublik Deutschland bilaterale Gespräche über Ausgleichszahlungen zu beginnen, um die durch den Zuzug deutscher Studierenden entstehenden Mehrkosten Österreichs zu reduzieren.“

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Oberhauser. – Bitte. (Abg. Grosz – auf die an das Rednerpult tretende Abg. Dr. Oberhauser weisend –: Jetzt spricht die Begleitpartei der Österreichischen Volkspartei!)

 


14.19.19

Abgeordnete Dr. Sabine Oberhauser, MAS (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wenn diese Dis­kussion heute eines gebracht hat, dann ist es, klar zu zeigen, wie die unterschiedlichen Parteien mit der Frage beziehungsweise dem Thema Bildung und Hochschulzugang umgehen.

Wenn ich die Rede des Herrn Bundeskanzlers am Beginn dieser Debatte hinsichtlich der Forderungen und der Fakten zusammenfasse, so spricht unser Bundeskanzler über freien Zugang ohne soziale und finanzielle Barrieren; er spricht von einem Bekenntnis dazu, dass die Akademikerquote – von der wir wissen, dass sie derzeit zu niedrig ist – anzuheben ist; er sagt, dass der Hochschulzugang von Studierenden nicht mehr vom Bildungsstand der Eltern abhängig sein darf; er gibt ein Bekenntnis dazu ab, dass die Finanzierung der Universitäten, des tertiären Bildungssektors auf 2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes in dem gegebenen Rahmen bis zum Jahr 2020 angehoben werden soll; und er erneuert auch seine Forderungen an den Herrn Wirtschafts­minister, einen Hochschulplan für die nächsten Jahre vorzulegen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll44. Sitzung / Seite 75

Wenn ich mir dann angehört habe, was Frau Abgeordnete Karl, Wissen­schafts­sprecherin der ÖVP, in ihrer Rede gesagt hat, so ist eines übrig geblieben – es ist auch der Titel der Presseaussendung –: Karl fordert die Wiedereinführung der Studien­gebühren. (Abg. Petzner: Super! – Abg. Ing. Westenthaler: Perfekt!)

Was das BZÖ zur Bildungsdiskussion zu sagen hat, haben wir erlebt. Herr Abge­ordneter Stadler hat seine Redezeit statt für das Thema Bildung dafür verwendet, über Wurstsemmeln und Untersuchungsausschüsse zu reden, und Herr Abgeordneter Bucher hat versucht, die Studierenden, die Protestierenden an der Universität als linkslinke Anarchisten abzustempeln (Abg. Grosz: Sie nennen sich „Audi-Marxisten“!), und hat noch den Untertitel hineingenommen, dass sich Leistung wieder lohnen muss. (Abg. Ing. Westenthaler: Gehen Sie einmal ins Audimax!)

Ich war im Audimax! – Da könnten wir im Hohen Haus uns von der Rededisziplin, die im Plenum im Audimax herrscht, einiges abschauen! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Fünf Demonstranten waren es gestern!)

Auch an die Herren vom BZÖ (Abg. Ing. Westenthaler: Fünf Demonstranten waren gestern dort!): Gestatten Sie mir einen Vergleich, einen medizinischen Vergleich (Abg. Ing. Westenthaler: Nein! Bitte nicht!): Die Menschen, die sich heute gegen die Neue Grippe impfen lassen, schützen jene Menschen, die nicht geimpft sind. Und die Studierenden, die heute auf der Universität sitzen und dafür kämpfen, dass es faire Studienbedingungen gibt, dass es mehr Geld für die Universitäten gibt, und die letztendlich dafür verantwortlich sind, dass ganz Österreich plötzlich über Bildung redet, sind diejenigen, von denen dann – wenn man die einen „linkslinke Chaoten“ nennt – vielleicht die rechtsrechten Studierenden profitieren werden! (Abg. Grosz: Der Vergleich mit der Schweinegrippe-Impfung ist ein gewagter! – Sind Sie jetzt schon Lobbyistin für die Pharmaindustrie? Kriegen Sie von Baxter was bezahlt? Haben Sie von Baxter was bezahlt gekriegt?)

Das heißt, da hineinzusplitten, ist der völlig falsche Weg. Ich glaube, dass dieser parteipolitisch völlig unabhängige, aber hoch politische Diskurs, der derzeit an den Uni­versitäten in ganz Österreich läuft, vorbildhaft ist. Und diesen „linkslinken Anarchisten“, wie Sie sie nennen, ist es gelungen, eine Solidarisierung zu erzielen, die weit über das hinausgeht, was man unter „linkslinks“ hineinnimmt. (Beifall bei der SPÖ.)

Es hat sich der Österreichische Gewerkschaftsbund solidarisiert, es haben sich Arbeit­nehmerinnen und Arbeitnehmer solidarisiert. (Abg. Petzner: Rekordarbeitslosigkeit – darum sollten sie sich ...!) Es haben sich Pensionistinnen und Pensionisten solida­risiert. Es hat sich die „linkslinke“ Gewerkschaft Öffentlicher Dienst/Hochschullehrer soli­darisiert. (Ruf beim BZÖ: Die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst droht Ihnen!) Es haben sich Rektoren mit den Forderungen solidarisiert. – Was dort gelungen ist, partei­politisch unabhängig, sachlich verifiziert, ist mit Respekt und mit Hochachtung zu behandeln! (Beifall bei der SPÖ. – Abg.  Bucher: Aber Sie sind in der Regierung! – Abg. Ing. Westenthaler: Ihnen fällt aber schon auf, dass die gegen Sie demonstrie­ren? – Abg. Bucher: Wer ist denn in der Regierung? Sind Sie in der Regierung oder in der Opposition?)

Meine Vorrednerin Andrea Kuntzl hat es bereits gesagt: Es wird mit der SPÖ keine Wiedereinführung von Studiengebühren geben. Es wird von uns gefordert, dass ein bilateraler Dialog startet in der Frage, wie mit den Studierenden, die nicht in ihrem Heimatland studieren, umgegangen werden soll. Das ist ein Problem, das nicht nur Österreich betrifft; das haben wir in der Europäischen Union in mehreren Ländern.

Herr Minister Hahn wird die Gelegenheit haben, so er das Dossier für Wissenschaft bekommt, seine Stimme dafür einzusetzen, dass wir diese Situation, mit der die Europäische Union derzeit konfrontiert ist, direkt in der Europäischen Union angehen.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll44. Sitzung / Seite 76

Und dann werden wir endlich sehen, ob auf viele, viele Worte auch Taten folgen. Und daran werden wir ihn messen. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Dr. Schüssel und Jakob Auer.)

14.24


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Schüssel. – Bitte. (Oh-Rufe beim BZÖ.)

 


14.24.15

Abgeordneter Dr. Wolfgang Schüssel (ÖVP): Mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident, darf ich auf das Thema, das der Abgeordnete Stadler angesprochen hat, eingehen.

Ich will Ihnen die Mühe eines Untersuchungsausschusses ersparen. Ich wurde dort ja schon gefragt über meine Rolle beim Erwerb der MobilTel Bulgariens durch die öster­reichische Telekom via einen Zwischenschritt. Ich kann das gerne hier wiederholen. (Abg. Mag. Stadler: Im Ausschuss!) – Im Ausschuss habe ich das bereits einmal gemacht, und zwar unter Wahrheitspflicht.

Meine Rolle bestand darin, dass ich wie jeder normale Regierungschef oder Minister natürlich eine österreichische Idee, ein österreichisches Angebot unterstützt habe. Und dann hat in Sofia ein Staatsoperngastspiel konzertant stattgefunden, unter Anwesen­heit des Staatspräsidenten, des Ministerpräsidenten, der halben bulgarischen Regie­rung, und ich bin auf Einladung der Sponsoren dort hingefahren. Und wir haben auf der offenen Bühne – das Haus war voll – zwei Bösendorfer-Pianinos für eine Musikschule übergeben. (Abg. Mag. Stadler: Wer war denn dabei? ...?)

Das ist, glaube ich, eine sehr vernünftige und gute Investition in das österreichische Image gewesen (Abg. Mag. Stadler: War der Herr Elsner dabei? War der Herr Schlaff dabei?) – und überhaupt nichts, wofür sich ein österreichischer Bundeskanzler schä­men müsste, Herr Abgeordneter Stadler! (Abg. Mag. Stadler: Von wem war das Flugzeug? – Beifall bei der ÖVP.)

Zweiter Punkt: Wenn Sie Belgrad ansprechen, dann wäre es vielleicht gar nicht schlecht, wenn Sie sich beim früheren Vizekanzler Hubert Gorbach erkundigen. (Abg. Mag. Stadler: Ja, eh! Gleich mitladen! – Der Gorbach ist so gut, der kommt sicher!) Der war nämlich dort sehr intensiv tätig und hat sich auch für eine österreichische Idee – leider nicht so erfolgreich – eingesetzt. Aber auch da ist nichts, wofür sich ein österreichisches Regierungsmitglied schämen muss, wenn man sich für öster­reichische Unternehmer, österreichische Joint Ventures, österreichische Projekte ein­setzt, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

Letzter Satz: Sie haben so angedeutet – und das ist ja Ihr Stil –, es gäbe mögliche Parteifinanzverflechtungen. Sollten Sie damit mich oder meine Partei gemeint haben, Herr Abgeordneter, kündige ich Ihnen hier und jetzt eine Klage auf Rufschädigung an, wo Sie sich noch wundern werden! (Abg. Mag. Stadler: Da fürcht’ ich mich jetzt schon!) Und ich bitte jetzt schon das Hohe Haus, nicht die Immunität des Abge­ordneten Stadler vorzuschützen (Abg. Mag. Stadler: Da fürcht’ ich mich jetzt schon!), dass er solche unbewiesenen Verdächtigungen hier im Hohen Haus unter dem Schutz der Immunität anbringen kann. Dafür, bitte, sind uns jedenfalls wir von der Volkspartei wirklich zu gut, uns mit Ihnen auseinanderzusetzen! (Beifall bei der ÖVP. – Rufe beim BZÖ – in Richtung ÖVP –: So nervös?! – Abg. Grosz: Den Angstschweiß riecht man bis daher!)

14.26


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Rosenkranz. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll44. Sitzung / Seite 77

14.26.50

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Vom Klavierspielen in Kasachstan und Fragen der Immunität wieder zurück zur Bildungsdebatte.

Sie haben zuerst gehört, dass Martin Graf hier einen Entschließungsantrag einge­bracht hat, an dem man eindeutig gesehen hat, welche Fachkompetenz der Frei­heitlichen in der Bildungsdebatte dahinter steht. Es werden hier die konkreten Vor­schläge gemacht, die notwendig und richtig sind! – Und ein Vorschlag, wenn Sie Martin Graf schon aus dem Amt des Dritten Nationalratspräsidenten hieven wollen: Der zukünftige Wissenschaftsminister, der dieser Republik guttun würde, sitzt vor mir! Und das ist gut so. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Dr. Graf: Danke! Danke!)

Es wurde von Herrn Kollegen Zinggl angesprochen und auch in einem Ent­schließungsantrag der Grünen so festgehalten, dass man über die Frage der Stu­dierenden aus der Bundesrepublik Deutschland Konsultationen durchführen müsse. – Anhand der Zahlen ist eines klar: Nur ein Drittel der ausländischen in Österreich Studierenden sind bundesdeutsche Staatsbürger. Was geschieht eigentlich mit den zwei Dritteln der anderen? Warum kommen da keine Vorschläge, keine Anregungen oder Ähnliches von den Grünen? – Vielleicht ist es aber auch eine Form der neuen Ausländerfeindlichkeit, die sich bei den Grünen hier eingeschlichen hat.

Wir warten jedenfalls auf Ihre Vorschläge, welche Schritte Sie hinsichtlich aller anderen Nationalitäten, die in Österreich studieren – Gott sei Dank studieren, denn diese Mobilität ist wichtig, nicht nur für Österreicherinnen und Österreicher im Ausland, son­dern auch bei uns –, setzen würden. Daher sind diese Fragen vollkommen verfehlte Ansatzpunkte, um hier Lösungsmöglichkeiten zu schaffen. (Beifall bei der FPÖ.)

Frau Kollegin Oberhauser hat sich darüber mokiert, dass aufseiten von Abgeordneten des BZÖ die Besetzer des Audimax als „linkslinke Chaoten“ geführt werden, und hat dann aufgezählt, wer sich aller bereits mit diesen solidarisiert habe: Gewerkschafts­bund, Rektoren und Ähnliches. – Ich kann mir nur eines vorstellen, was insbesondere den Gewerkschaftsbund betrifft: Eine besonders stramm rechtsrechte Organisation ist der Gewerkschaftsbund nicht. Auch die Rektoren generell als solche zu bezeichnen wäre nicht treffend. Da sind durchaus sehr viele dabei, die auch dem linken Spektrum angehören, und da wird es wahrscheinlich kein Wunder sein, wenn man sich soli­darisiert.

Das Einzige, was mich bei dieser Solidarisierung wundert, ist, dass sie nicht wetterfest ist, denn: Sobald Demonstrationen gemeinsamer Natur zwischen ÖGB und den Be­setzern des Audimax angesetzt werden und es regnet, ist die Solidarität nur mehr bei insgesamt 170 Personen, und nicht mehr, vorhanden. Da sieht man einmal die Einflüsse des Wetters auf die Solidarisierung! (Beifall bei der FPÖ.)

Was geschieht sonst noch an der Universität? – Festzustellen ist, dass die Österreichi­sche Hochschülerschaft als demokratisch legitimiertes, verfassungsmäßig eingesetztes Vertretungsgremium keinen Einfluss auf diejenigen hat, die dort im Audimax drinnen sind. Da erhebt sich langsam, aber sicher die Frage, wozu man diese Österreichische Hochschülerschaft braucht, aber auch die Zwangsmitgliedschaft dazu. Nur damit 100 000 € von Studenten dort hineinfließen, die diese Hörsäle eigentlich gerne hätten, um mit dem Studium frist- und zeitgerecht fertig zu werden?! Wir vergessen nämlich eines: Weit über 90 Prozent, fast 100 Prozent der österreichischen Studierenden wollen ihr Studium fertig machen, die wollen an der Universität lernen und dort kein Sit-in oder Happening veranstalten mit Kinovorführungen und Diskussionen darüber, wo Lesben und Schwule am besten übernachten können. Das ist es nicht, was öster­reichische Studenten in der großen Mehrzahl wollen! (Beifall bei der FPÖ.)


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Da wird man sich auch darüber unterhalten, ob ein Gremium mit 25 Prozent Wahl­beteiligung angesichts dieser Ereignisse wirklich fähig ist, die Interessen der öster­reichischen Studenten wahrzunehmen.

Jedenfalls hat sich eines gezeigt, und in dieser Hinsicht waren die Studenten durchaus im Recht: Sie haben zu einem bestimmten Zeitpunkt zu Beginn dieser Besetzung – und das ist ein zulässiges Mittel – aufgezeigt, dass es Probleme gibt. Nur, diese Überstrapazierung ist abzulehnen! Wahrscheinlich werden durch diese Besetzung auch Arbeitsplätze geschaffen beziehungsweise wird Geld in die Wirtschaft fließen. Die einzelnen Maler- und Anstreicherunternehmen oder die Tischler werden sich sicher bedanken, wenn sie die Reparaturen im Audimax und in den anderen Hörsälen in Österreich erledigen können und dadurch Umsätze erzielen. Nur, das ist halt nicht gerade die Arbeitsplatzbeschaffung, die wir Freiheitliche uns in unserem Land vor­stellen. Chaos und Sachbeschädigung sind sicherlich nicht die geeigneten Maßnah­men. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Dr. Cap: Was schlagt ihr vor?)

Herr Kollege Zinggl und mehrere Vorredner haben auch die europäische Dimension angesprochen. Man sieht ja bereits, dass sich aufgrund der Ankündigung allein, dass unser Wissenschaftsminister nach Brüssel geschickt wird und dort dem Vernehmen nach das Wissenschaftsressort übernehmen soll, die europäische Studenten­gemein­schaft ebenfalls solidarisiert. Allein die Ankündigung, dass Hahn nach Brüssel geht, ruft bereits in ganz Europa ähnliche Studentenproteste hervor, wie wir den Medien ent­nehmen können. Das ist eine europäische Dimension, die wir dem von der SPÖ nach Brüssel entsandten Kommissar verdanken.

Es ist mit Sicherheit eine Mär, dass Bundeskanzler Faymann deswegen daran inter­essiert war, nicht Willi Molterer, sondern Gio Hahn nach Brüssel zu entsenden, weil er in den Wiener Wahlkampf eingreifen und die absolut erfolgreiche Speerspitze der ÖVP gegen Michael Häupl von Wien wegbringen wollte, denn das ist sicherlich keine geeig­nete Maßnahme, um die wahre politische Auseinandersetzung zwischen H.-C. Strache und Michael Häupl in irgendeiner Form zu beeinflussen. Im Gegenteil! Wenn man liest, dass sich Johannes Hahn sogar freut, dass sein designierter Nachfolger Harry Himmer den Stil und die Linie fortsetzen möchte, na ja, so ist das für die Wiener ÖVP eigentlich eine absolute Kampfansage. (Abg. Kickl: Aus G. H. wird H. H.!)

Ein Letztes noch: Die Bundesregierung zeigt in dieser Frage kein Reformbewusstsein. Unserer Ansicht, und da könnte man sofort einsparen, wäre die, dass man die Ressorts beider Herrschaften, die derzeit auf der Regierungsbank sitzen (die Bundes­minister Dr. Schmied und Dr. Hahn), zusammenlegen sollte. Das wäre eine sinnvolle Maßnahme, wie es sie ja auch bis 2006 gegeben hat. Dadurch könnte man einsparen und vor allem endlich einmal das Gesamte sehen. Die Bildung ist nicht nur der tertiäre Bereich, der Sekundärbereich, aber auch nicht der Primärbereich – oder auch die Vorschule beziehungsweise der Kindergartenbereich. Wir müssen, um wettbewerbs­fähig zu sein, für unsere österreichische Jugend in der Bildungspolitik ganz konzentriert arbeiten. Das erfordert eine Arbeit vom Beginn der Bildungsmöglichkeit der Kinder an bis hin zum Abschluss eines Studiums. Das soll ermöglicht werden. Alle Maßnahmen, die diese Bundesregierung bis jetzt gesetzt hat, waren Tricksen, Zahlen-Vertauschen und Ähnliches. Das ist keine konstruktive Bildungspolitik! (Beifall bei der FPÖ.)

Wir müssen auch darangehen, und das möchte ich nachhaltig in Erinnerung rufen, den Bologna-Prozess für Österreich zu überdenken, wenn nicht sogar auszusetzen. Das war ja eigentlich die Initialzündung dafür, dass die Studentenproteste begonnen haben. Das war an einer Kunstuniversität, weil eben gerade dort die Bologna-Kriterien am wenigsten zutreffen; gerade dort, wo es um ganz besondere, individuelle Fertigkeiten geht, wie zum Beispiel an einer Kunstuniversität, haben Lehrende und Studierende erkannt, dass mit den Kriterien der Bologna-Architektur nichts zu gewinnen sein wird.


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Das sollten wir auch einmal bedenken. Es ist nicht jede Universität gleich, es sind nicht alle Begabungen, alle Voraussetzungen für ein Studium gleich.

Wir haben schon davon gesprochen, dass die Universitäten sagen sollen, welche Maturanten, welches Maturaniveau sie haben wollen. Wir sagen immer: Die Zielein­richtung soll definieren, welches Niveau von unten her zu ihr kommen soll. Das ist entscheidend.

Weil die Frau Bildungsministerin gerade hier ist: Ich habe mir zur Teilzentralmatura angeschaut, was bei den Schulversuchen an einzelnen Schulen gefragt wird. Lehrer haben mir gesagt, dass ein gut ausgebildeter Hauptschüler in der 4. Klasse diese Maturafragen an sich auch lösen kann. Da brauchen wir dann überhaupt nicht mehr darüber nachzudenken, wie das Bildungsniveau an den Universitäten sein wird. Wenn man das Niveau bereits so nach unten drückt, dann werden die Rufe nach Zugangs­beschränkungen natürlich immer schlimmer werden, und es wird nicht mehr jedem österreichischen Kind aufgrund der vorangegangenen Bildung im primären und sekun­dären Bereich gelingen, hier in irgendeiner Form etwas zu verbessern. Wir wollen ein Gesamtbildungssystem haben, in dem tatsächlich Bildung vermittelt wird, sodass das Studium für alle Österreicher ohne Studienbeiträge gewährleistet ist. (Beifall bei der FPÖ.)

14.36


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Widmann. – Bitte.

 


14.36.01

Abgeordneter Mag. Rainer Widmann (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Bildungspolitik ist eine sehr umfassende Politik und beginnt eigentlich beim Kin­dergarten und endet bei der Uni und bei der Weiterbildung. Man könnte sehr viele Dinge unterstreichen, die heute gesagt worden sind, man muss aber auch bei einigen Dingen dagegenhalten.

Ein Problem hatte ich von Anfang an bei diesem Uni-Streik. Ich wusste eigentlich bis vor zwei Tagen, bis zur Pressekonferenz der Hochschülerschaft nicht, was denn die konkreten Anliegen, die die Studenten haben, sind. Es war alles sehr vage formuliert, es hat dort und da einzelne Forderungen gegeben, aber eine Stellungnahme der ÖH hat es bis dato nicht gegeben. Ich habe mir das Papier von der ÖH sehr genau angesehen und finde hier doch einige gute Ansätze, die ich unterstreichen kann, etwa bezüglich des Hochschulbudgets. Das ist bereits mehrfach gesagt worden, und da müssten, so denke ich, auch die Regierungsvertreter von der ÖVP und auch von der SPÖ ein bisschen mehr auf die Experten hören.

Wenn Christoph Badelt, der Chef der Rektorenkonferenz, vor den Regierungs­ver­handlungen zum Budget meinte, man brauche um 600 Millionen € mehr, und es werden dann nur knapp 400 Millionen €, dann fehlt das Geld irgendwo. Diese Beträge finden wir auch in den Anträgen vom BZÖ oder auch von den Grünen.

Auf der einen Seite 15 Milliarden € an möglicher Direkthilfe für die Banken zu inves­tieren und auf der anderen Seite den Universitäten 250 Millionen € notwendige Gelder vorzuenthalten ist schlichtweg eine bildungspolitische Sauerei. Ich sage das jetzt einmal so: Das ist eine bildungspolitische Sauerei! (Beifall beim BZÖ.) Das ist gerade einmal ein Sechzigstel des Bankenpakets.

Reden wir doch auch einmal darüber, dass jene Studenten aus dem Ausland, die bei uns studieren, ähnlich wie bei Gastschulbeiträgen an die Gemeinden bei uns auch entsprechende Zahlungen leisten sollten. Das ist auch bereits angesprochen worden. Auch das wäre sinnvoll, dass man nicht einfach nach Österreich kommen kann, das System hier benützt und unsere Steuerzahler, vom Hackler über den Beamten und den


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll44. Sitzung / Seite 80

Angestellten bis zum Unternehmer, dafür zahlen müssen, dass bei uns überpro­por­tional viele ausländische Studenten studieren. Auch darüber muss man diskutieren.

Wichtig wäre auch eine umfassende Maturantenberatung, um die Studenten, die vorhaben, auf die Uni zu gehen, entsprechend vorzubereiten, um die Dropout-Raten zu senken. Wichtig wäre aber auch, und da ist Gio Hahn auf meinen Vorschlag ein­gegangen, einen Runden Tisch, eine Enquete zu veranstalten. Den Startschuss dafür gibt es am 25. November, reichlich spät, wie ich meine, denn die Uni brennt inhaltlich ja schon wesentlich länger.

Ich glaube daher auch, dass es mit einer Enquete nicht getan sein wird. Wir brauchen einen Diskurs aller Betroffenen, aller Beteiligten, um daraus entsprechende Schritte abzuleiten. Welche Aufgaben, welche Ziele, welche Strukturen hat die Hochschule, und wie sieht ihre Finanzierung in Zukunft aus? Das zu klären wäre notwendig.

Kollege Bucher hat heute ein umfassendes Modell dargelegt, wie man als Notfall­pro­gramm bereits jetzt die Dinge ins Lot bringen könnte, um die Universitäten weiterhin fit halten zu können. Es ist dies der Uni-Bonus mit 5 000 € in Kombination mit der verpflichtenden Einschreibgebühr von 5 000 €, ein Uni-Bonus, der nur Österreichern zugute kommen soll, um damit den Österreichern ein qualitätsvolles Studium zu er­möglichen.

Es ist dies die Studieneingangsphase mit zwei Semestern. Ich sage das ganz offen: Leistung muss überall gelten! Sie gilt im Pflichtschulbereich, sie gilt im AHS-Bereich, sie gilt für den Lehrling, sie gilt auch für den Autofahrer, der zuerst einmal einen Führer­schein machen muss, bevor er Auto fahren darf. Sie soll daher auch für Studenten gelten. (Abg. Kickl: Und wie ist das in der Landespolitik?) Die Studenten sollen beweisen, dass sie fähig sind, das Fach zu studieren. Nach zwei Semestern soll in Summe beurteilt werden, ob sie weiterstudieren können. Das wäre sinnvoll. (Beifall beim BZÖ.)

Es geht auch um die Wiedereinführung der Studiengebühren, und da habe ich manch­mal den Eindruck, dass das eine sehr ideologische Diskussion ist, und das darf sie nicht mehr sein.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Zahlen sprechen eine ganz klare Sprache: 2001 hatten wir 228 000 Studierende, 2002, nach Einführung der Studien­gebühren, um ein Fünftel weniger: 183 000 Studierende. Jetzt gibt es eine neue Studie des IHS, die ganz klar sagt, dass rund ein Fünftel der Studierenden gar nicht be­absichtigt, das Studium fertig zu machen. Jetzt frage ich mich, warum wir die im System halten. Und es waren die Sozialdemokraten, das linke Eck, gemeinsam mit den Grünen und mit den Freiheitlichen, die die Studiengebühren abgeschafft haben, leistungsfeindlich abgeschafft haben. (Abg. Dr. Graf: Das stimmt nicht!)

Ich sage Ihnen noch eines: Wer in Österreich studieren will, der kann auch studieren, auch wenn er sozial schwach ist, weil es entsprechende Studienbeihilfen gibt. Das wäre der richtige Zugang! (Beifall beim BZÖ.)

Nach Abschaffung der Studiengebühren ist die Studentenzahl auf 292 000 im Semes­ter 2008/2009 hinaufgeschnellt. (Abg. Dr. Graf: Das stimmt ja gar nicht!) Doch! Lesen Sie doch die Zeitungen, Herr Kollege Graf! Die Anzahl der ausländischen Studierenden ist im gleichen Zeitraum um 120 Prozent gestiegen. Es ist schon interessant, dass gerade die FPÖ beim Bankgeheimnis versucht hat, ausländische Steuerhinterzieher zu schützen, und nun auch dafür sorgt, dass ausländische Studenten Österreichs Unis überfluten. Herr Kollege Graf, das wollen wir nicht! (Beifall beim BZÖ.)

Man muss auch Rücksicht nehmen auf die Befindlichkeiten der Bevölkerung. Ich sage es einmal ganz bewusst: Wer demonstriert denn? Es gibt viele – und ich sage ganz


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll44. Sitzung / Seite 81

bewusst nicht die Studenten –, die wollen studieren und dürfen und können nicht, weil seit Wochen die Hörsäle durch Demonstranten blockiert sind. Ich nenne sie bewusst – das Stichwort ist gefallen – Audimarxisten. Audimarxisten, linke, linkslinke, auslän­dische Studenten sind es, die von Hilfsorganisationen wie CARE unterstützt werden, damit sie bei uns die Hörsäle blockieren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist nicht mein Zugang zu Leistung und ordentlicher Unipolitik. Eigentlich müsste man den Hörsaal räumen! (Beifall beim BZÖ. – Abg. Grosz: Und zwar mit der Polizei!)

Wenn spätabends drei Audimarxisten überbleiben und auf der anderen Seite Zig­tausende stehen, die studieren wollen und nicht können, dann ist das auch ein falsches öffentliches Bild, das gezeichnet wird, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Daher hat die Regierung hier Handlungsbedarf, und ich darf abschließend, weil das rote Licht hier schon leuchtet, folgenden Entschließungsantrag einbringen:

„Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Wissenschaft und For­schung, wird aufgefordert, dem Nationalrat einen Gesetzesentwurf zuzuleiten, der folgende Punkte umfasst:

Auflage eines ,UNI-Bonus’ in der Höhe von € 5.000.- für jede Schülerin und jeden Schüler, der in Österreich die Matura besteht oder die Studienberechtigungsprüfung positiv absolviert

Einführung einer Einschreibegebühr an allen österreichischen Universitäten und Fach­hochschulen in der Höhe von € 5.000.-

Umsetzung einer Studieneingangsphase von zwei Semestern, an deren Ende in Form einer Gesamtbeurteilung aller in dieser Zeit erbrachten Leistungen festgestellt wird, ob die Studierende/der Studierende für das gewünschte Studium geeignet ist

Sofortige Ausschüttung einer zweckgebundenen Notfallsfinanzierung an die Univer­sitäten in der Höhe von zumindest € 250 Millionen, um akute personelle und infra­strukturelle Mängel zu beseitigen

Wiedereinführung von Studiengebühren.“

*****

Bitte handeln Sie! (Beifall beim BZÖ.)

14.43


Präsident Fritz Neugebauer: Der Entschließungsantrag steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Bucher, Widmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend „UNI- Bonus“ und „UNI-Card“ – Akutprogramm für die Universitäten

eingebracht in der 44. Sitzung des Nationalrates am 12.11.2009 im Zuge der Debatte zum Dringlichen Antrag betreffend Umsetzung der Beschlüsse des Nationalrates vom 24. September 2008 zur Finanzierung der Universitäten.

Überfüllte Universitäten, ein Ansturm von ausländischen, vor allem bundesdeutscher Studenten auf bestimmte Studienrichtungen wie etwa Medizin und eine inakzeptable


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll44. Sitzung / Seite 82

finanzielle wie personelle Ausstattung der Universitäten kumulieren derzeit zu einem teilweise durchaus berechtigten Protest der Studierenden in Österreich. Die Probleme sind nicht neu und wurden in der Vergangenheit bereits mehrfach diskutiert und analysiert. So gaben befragte Studenten bereits 2006 konkret an, welche die Haupt­gründe sind, die ihr Fortkommen im Studium behindern:

„Am stärksten behinderten die Schwierigkeiten, Studium und Erwerbstätigkeit zu vereinbaren, den Studienfortschritt. Jede/r vierte Studierende wurde dadurch bisher sehr behindert, weitere 30% etwas. Insgesamt im selben Ausmaß, aber seltener als sehr hinderlich, wurden unzureichende Informationen über das Studium und die Studienorganisation genannt. 16% der Studierenden geben an dadurch sehr und weitere 40% etwas behindert worden zu sein. Danach werden fehlende Studien­mo­tivation und überfüllte Hörsäle als Hindernisse für den Studienfortschritt genannt. An fünfter Stelle stehen finanzielle Schwierigkeiten, die für 15% den Studienfortschritt sehr und für weitere 32% etwas behindert haben. Etwa im selben Ausmaß werden auch „ausgebuchte“ Lehrveranstaltungen genannt.“

Dramatischer Anstieg der Zahl der Studierenden

Mit der Einführung der Studiengebühren im Wintersemester 2001/2002 ergab sich ein signifikanter Rückgang der Studierendenzahl. Studierten 2000/01 noch rund 228.000 Personen in Österreich, so ging die Zahl im Wintersemester 2001/02 um 20% auf rund 183.000 zurück. Nach der mit den Stimmen von SPÖ, FPÖ und Grünen im September 2008 erfolgten Abschaffung der Studiengebühren erreichte die Zahl der Studierenden mit 292.145 Personen im Wintersemester 2008/09 einen neuen Höchststand. Gegen­über dem Stand von 2001/02 bedeutet dies eine Steigerung von rund 60%. Im gleichen Zeitraum ist der Zahl der ausländischen Studierenden von 27.281 auf 60.216 ange­stiegen, was eine Steigerung von 120% bedeutet.

Überforderte Studenten

Die Erwartungshaltung der Studierenden ist, was die Absolvierung ihres Studiums in der vorgesehen Mindestdauer betrifft, überwiegend pessimistisch. Nur rund 47% glau­ben daran, ihr Studium in der Mindestdauer absolvieren zu können. Besonders sig­nifikant ist der Umstand, dass an den infrastrukturintensiven Universitäten diese nega­tive Einschätzung am stärksten hervortritt. Nur 25% der Studierenden der Vete­rinärmedizin, 40% der Studierenden der Naturwissenschaften und 41% der Medizin­studierenden glauben, dass sie ihr Studium in der Mindestdauer absolvieren können. Bemerkenswert auch die Erhebung gesundheitlicher und psychischer Beschwerden der Studenten. Nur ein Drittel aller Studierenden gibt an, keine stressbedingten gesundheitlichen Beschwerden zu haben.

Fehlende Budgetmittel

2008 haben die Universitäten eine Budgetaufstockung von jährlich € 600 Mio. verlangt, ihre Forderungen aufgrund der schlechten Konjunkturlage dann aber auf € 400 Mio. reduziert. Für das Jahr 2010 erhalten die Hochschulen nun € 355 Mio. an zusätzlichen Mitteln, bis 2012 soll diese die Summe auf € 391 Mio. ansteigen. Somit wurde auch den bereits reduzierten finanziellen Wünschen der Universitäten von Seiten der SPÖ/ÖVP Koalition nicht Rechnung getragen.

Eine der niedrigsten Abschlussquoten

Österreich liegt nach Angaben des OECD-Bericht 2009 bei den Abschlussquoten im tertiären Bereich an drittvorletzter Stelle. Hinter Österreich mit seiner Abschlussquote von rund 20% liegen nur noch Slowenien und Griechenland. Der OECD-Durchschnitt liegt bei einer 40%igen Abschlussquote. An der Spitze liegen Island, Australien, Polen und Finnland mit einer Quote von 60% bzw. 50%.


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll44. Sitzung / Seite 83

Österreich zukunftsfähig gestalten

Leider beschränkt sich die Bildungskrise in Österreich nicht nur auf den tertiären Bereich, sondern hat ihren Ursprung insgesamt in einem veralteten und mehr als reformbedürftigen Bildungssystem. Zu der in Österreich nun durchschlagend wirksam werdenden Weltwirtschaftskrise gesellt sich eine veritable Krise des österreichischen Bildungssystems. Schule, Lehre und Universitäten in Österreich sind auf die Heraus­forderungen des 21. Jahrhunderts nicht vorbereitet. Um Synergieeffekte zwi­schen Bildungs- und Wirtschaftssektor zu erzeugen und Maßnahmen derart zu platzieren, sodass sie nachhaltig für die Zukunft wirken und nicht in einer einmaligen Aktion verpuffen, stellt das Bildungssystem den wirkungsmächtigsten Bereich dar. Abgesehen davon, dass eine Generalreform des österreichischen Bildungssystems sowieso mehr als überfällig ist, kann man entsprechende Investitionen in diesen Bereich mit Sicher­heit als das nachhaltigste Konjunkturpaket für die österreichische Wirtschaft überhaupt bezeichnen. Um den Wirtschaftsstandort Österreich mit gut ausgebildeten Menschen auch langfristig versorgen zu können, müssen jetzt bildungspolitische Maßnahmen gesetzt werden, die geeignet sind, dies für die Zukunft zu garantieren.

Der tertiäre Sektor braucht als Akutversorgung ein sofort wirksames „Notprogramm“

Neue Wege zum akademischen Erfolg

Aus der Sicht des BZÖ muss daher ein Bündel von Erstmaßnahmen gesetzt werden, um die Akutversorgung der Universitäten zu gewährleisten.

Darunter fällt die Einführung eines UNI-Bonus in der Höhe von € 5.000.- für jede/n Schülerin und Schüler, der/die in Österreich die Matura besteht oder die Studien­berechtigungsprüfung absolviert. Dieser Bonus wird auf eine neu zu schaffende UNI-Card gebucht und kann nur für eine universitäre Ausbildung verwendet werden.

Gleichzeitig werden an den Universitäten und Fachhochschulen Einschreibegebühren in der Höhe von € 5.000.- errichtet und Studiengebühren wieder eingeführt. Das heißt jede Studentin und jeder Student, der/die nicht in Österreich seine/ihre Matura gemacht bzw. eine Studienberechtigungsprüfung positiv absolviert hat, zahlt die vollen € 5.000.- während die Österreicher ihren UNI-Bonus verwenden können und damit effektiv nur Studiengebühren zahlen. Diese Einstiegshürde verhindert wirkungsvoll die bundes­deutsche Studentenflut, stellt aber keine Zugangsbeschränkung für österreichische Jugendliche dar und ist EU-konform, da für eine erbrachte Leistung eine Belohnung des Staates erfolgt und nicht auf die Staatsbürgerschaft abgezielt wird. Die Wieder­einführung der Studiengebühren wird mit den bereits bei der ersten Einführung erhöhten Studienbeihilfen abgefedert.

Die Einführung einer Studieneingangsphase von zwei Semestern, an deren Ende festgestellt wird, ob der Studierende für das gewünschte Studium geeignet ist, soll klare Entscheidungshilfen für die Studierenden schaffen. Statt ungerechtet, einzelner „Knock-Out-Prüfung“ wird die Gesamtheit aller erbrachten Leistungen während dieser beiden Semester berücksichtigt. Die Ausschüttung einer zweckgebundenen Notfallfi­nanzierung in der Höhe von € 250 Mio. aus dem Budget an die Universitäten, soll deren akute personellen und infrastrukturellen Defizite beseitigen und sie wieder fit für den internationalen Bildungswettbewerb machen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll44. Sitzung / Seite 84

Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Wissenschaft und For­schung, wird aufgefordert, dem Nationalrat einen Gesetzesentwurf zuzuleiten, der folgende Punkte umfasst:

Auflage eines „UNI-Bonus“ in der Höhe von € 5.000.- für jede Schülerin und jeden Schüler, der in Österreich die Matura besteht oder die Studienberechtigungsprüfung positiv absolviert

Einführung einer Einschreibegebühr an allen österreichischen Universitäten und Fach­hochschulen in der Höhe von € 5.000.-

Umsetzung einer Studieneingangsphase von zwei Semestern, an deren Ende in Form einer Gesamtbeurteilung aller in dieser Zeit erbrachten Leistungen festgestellt wird, ob die Studierende/der Studierende für das gewünschte Studium geeignet ist

Sofortige Ausschüttung einer zweckgebundenen Notfallsfinanzierung an die Univer­sitäten in der Höhe von zumindest € 250 Millionen, um akute personelle und infra­strukturelle Mängel zu beseitigen

Wiedereinführung von Studiengebühren.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Walser. Rest­redezeit Ihrer Fraktion: 3 Minuten. – Bitte.

 


14.43.21

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Das, was wir jetzt gerade von den Rechts­parteien hören – „linkslinke Studenten“, „Audimarxisten“ –, ist doch unerträglich. Schämen Sie sich nicht, die Studentinnen und Studenten, die sich für ihre Bildung und schlussendlich für die Bildung in diesem Land einsetzen, hier nichts anderes als zu diffamieren?! Eine Peinlichkeit für dieses Hohe Haus, eine Peinlichkeit der Son­derklasse! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Übrigens haben auch die Duelle Stadler/Schüssel in dieser Bildungsdebatte nichts verloren. Machen Sie sich das privat aus! Bildung ist ein Thema, bei dem geht es einfach um zu viel.

Schade übrigens, dass auf der Regierungsbank der heimliche Bildungsminister fehlt. Finanzminister Pröll blockiert ja seit Monaten jede weitere Tätigkeit, jede Reform unseres Bildungswesens. Und ich bin den Studentinnen und Studenten sehr, sehr dankbar, ich möchte mich ausdrücklich bedanken, für ihre Aktivitäten. Sie haben nämlich eine Generaldebatte über Bildung ausgerufen und begonnen.

Wenn die Kollegen Widmann und Co nicht mitbekommen haben, was denn die For­derungen sind: Die wären nachlesbar. Es geht um freien Bildungszugang in diesem Land. Es geht darum, dass jeder Mensch, jedes Kind, jeder Jugendliche, jeder junge Erwachsene dieselben Bildungschancen hat. Das ist derzeit nicht gewährleistet, und ich bin auch sehr, sehr froh und stolz auf unsere Studentinnen und Studenten, dass sie einen langen Atem haben.

In Österreich haben wir da Nachholbedarf, und zwar ganz erheblichen Nachholbedarf, meine Damen und Herren! Es ist schon angesprochen worden, aber ich möchte hiezu ein bisschen die konkreten Zahlen nachliefern: 20 Prozent der ArbeitnehmerInnen in diesem Land haben eine tertiäre Ausbildung, haben eine Hochschulausbildung. Im OECD-Schnitt sind es 29 Prozent. Und wir könnten das jetzt weiter durchgehen. (Zwischenruf bei der ÖVP.)


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll44. Sitzung / Seite 85

Herr Kollege Bartenstein, schauen Sie sich die Zahlen an, und machen Sie nicht das, was die ÖVP seit Jahren macht: Jede Studie wird von Ihnen in Zweifel gezogen, obwohl alle internationalen Studien immer wieder dasselbe sagen: Österreich ist im Bildungsbereich leider nicht dort, wo es hingehört, nämlich an der Spitze, sondern es hinkt hinterher. (Beifall bei den Grünen.)

Wir haben – und da beginnt das Problem in unserem Bildungssystem – die größte Selektionshürde schon bei den Kindern mit zehn Jahren. Es hat in diesem Land nicht jedes Kind die gleiche Chance! Das ist, bitte, der große bildungspolitische Skandal in unserem Land, dass wir nicht in der Lage sind, Kinder so zu fördern, ihnen die Chancen zu geben, die sie verdienen. (Abg. Dr. Rosenkranz: Das stimmt nicht!) Wenn Sie sich anschauen, wer bei uns in die Hauptschule kommt und wer ins Gymnasium kommt, dann ist etwas ganz klar, was Günter Haider, was das BIFIE, was alle anderen bestätigen. (Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.)

Abschließend: Wir müssen raus aus der Ideologiefalle. Das betrifft vor allem die ÖVP. Das kostet Geld. Und lassen Sie es mich mit John F. Kennedy sagen: Es gibt nur eine Sache auf der Welt, die teurer ist als Bildung: keine Bildung! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

14.46


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Rudas. – Bitte.

 


14.46.46

Abgeordnete Mag. Laura Rudas (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bun­deskanzler! Sehr geehrte Ministerin und sehr geehrter Herr Minister! Liebe Zuseherin­nen und Zuseher zu Hause! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Widmann, was die Studierenden wollen, ist, glaube ich, recht klar, und zwar unabhängig davon, ob sie im Audimax sitzen, bei der Demonstration waren oder gegen die Audimax-Besetzung sind. Die Studierenden wollen rasch und qualitativ hochwertig studieren. Was aber hier die Kolleginnen und Kollegen wollen, ist mir ehrlich gesagt nicht ganz klar.

Da geht der eine BZÖler heraus und nennt einmal alle Marxisten und Anarchos, und der andere sagt: Ja, aber die Forderung nach mehr Geld für die Universitäten ist schon wichtig! Die FPÖ will jetzt sichtlich in Deutschland um Studierende werben für die österreichische Universität, und die Grünen wollen annähernd dasselbe wie wir alle, nämlich mehr Geld für die Studenten. (Abg. Kickl: Da haben Sie wieder einmal nicht aufgepasst!)

Also ganz klar sind die Kollegen hier nicht. Der Spagat, irgendwie doch ein bisschen bei den jungen Leuten zu sein, aber doch nicht ganz, ist nicht sehr glaubwürdig.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, wir sollten die Ziele klar definieren, und die sind: Erstens muss jeder in unserem Land, der leistungswillig ist, das Recht haben, auch studieren zu können. Und leistungswillig, leistungsbereit heißt nicht, dass sich die Eltern das leisten können, sondern dass ein junger Mensch etwas leisten möchte, sich weiterbilden möchte und später einem Beruf nachgehen möchte.

Zweitens muss es unser Ziel sein, dass Österreich Bildungsland Nummer eins ist. Wir werden hier kein Erdöl finden. Die Sozialdemokratie wird auch immer verteidigen, dass wir hier keine Niedriglöhne haben. (Abg. Grosz: Ihr verschiebt das Geld ohnehin in die Karibik! Dort gibt es auch kein Öl!) Und wir werden auch kein Steuerparadies sein. Das heißt, das, worauf wir bauen müssen, sind unsere jungen Menschen. Das, wo wir im internationalen Wettbewerb mithalten müssen und können, sind unsere jungen Men­


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll44. Sitzung / Seite 86

schen. Deshalb müssen wir mehr Geld in Bildung investieren und Bildungsland Num­mer eins werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Und drittens will ich, dass junge Menschen kritisch sind, kritisch denken und nicht vor lauter Wut die Faust in der Hosentasche ballen, sondern rausgehen und ihre Meinung sagen. Und das ist gut! 40 000 junge Menschen waren auf der Straße – ja, teilweise mit unterschiedlichen Meinungen, so wie es auch bei Ihnen in der BZÖ ganz, ganz unterschiedliche Meinungen zu ein und demselben Thema gibt (die Abgeordneten Grosz und Petzner: Das BZÖ!) –, wenn also 40 000 junge Menschen auf die Straße gehen, um ihrem Unmut Luft zu machen, dann haben Sie nicht das Recht, sie Anarchos zu nennen!

Herr Buchner (die Abgeordneten Grosz und Petzner: Bucher!), besuchen Sie einmal das Einführungsseminar der Politikwissenschaft! Anarchie bedeutet, dass ich kein Ver­trauen in die Politik habe, dass ich nicht glaube, dass die etwas steuern können. (Abg. Grosz: Das trifft auf die Bildungspolitik in Österreich zu!) Die jungen Menschen in Österreich vertrauen uns aber. Sie glauben und hoffen und wünschen sich von uns, dass wir Lösungen bieten. Sie vertrauen wieder auf die Politik, und das ist gut so.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ganz kurz, um das Märchen mit den Studien­gebühren aufzuklären: Ich selbst habe unter Schwarz-Blau studiert und daher auch mit Studiengebühren studiert, und es hat sich nichts an den Studienbedingungen geän­dert. Das heißt, ich weiß nicht, wohin das Geld geflossen ist, definitiv aber nicht in die Universitäten. Es haben damals die Menschen nicht schneller studiert, und es war die Situation auf den Universitäten auch nicht besser, sondern es wurden jene, die ohne­hin schon benachteiligt sind – wir wissen, jeder zehnte Studierende auf der Uni­versität hat Eltern, die keinen Universitätsabschluss haben –, noch einmal benach­teiligt.

Ich möchte ein persönliches Beispiel nennen, weil ich sehr erschrocken bin über die Aussage der Kollegin Karl, dass heute jemand, der aus Krankheitsgründen nicht studieren kann, auch keine Studiengebühren zahlen muss. Ja, ich persönlich habe einen Freund, der zwei Semester lang aus Krankheitsgründen auf der Universität ausgefallen ist und jetzt bald, Gott sei Dank, sein Studium beenden wird. Er konnte nicht studieren. Von jenen Menschen wieder Studiengebühren verlangen zu wollen ist völlig absurd und unverständlich und wird mit der SPÖ nicht stattfinden. (Beifall bei der SPÖ.)

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, bekennen wir uns endlich dazu, dass Österreich das Bildungsland Nummer 1 sein soll, bekennen wir uns dazu, dass wir mehr junge Menschen auf der Universität haben wollen und nicht weniger! Verschwenden wir hier nicht Gedanken, wie ich Menschen von der Uni fernhalten kann, sondern überlegen wir uns, wie wir die Universitäten dazu bringen, dass sie in die Schulen gehen und um junge Menschen werben, dass sie diese herholen und sagen: Studiert bei uns! (Abg. Kickl: Ich würde vorschlagen, die Demonstranten besetzen die Löwelstraße und lassen die Studenten studieren!)

Und, liebe Kolleginnen und Kollegen, zeigen wir den jungen Menschen, dass es gut ist, mehr Bildung in Anspruch zu nehmen. – Danke vielmals. (Beifall bei der SPÖ.)

14.52


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Cortolezis-Schlager. – Bitte.

 


14.52.23

Abgeordnete Mag. Katharina Cortolezis-Schlager (ÖVP): Sehr geehrter Herr Prä­sident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Werte Mitglieder auf der Regierungsbank! Kolleginnen und Kollegen! An diesem Tag sind wir uns darüber einig


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll44. Sitzung / Seite 87

geworden, dass die Zukunft Österreichs auch und wesentlich von der Zukunft der Bildung, Forschung und Wissenschaft beeinflusst wird. Aber dieser Grundkonsens allein wird uns nicht weiterhelfen, und sehr viel mehr war heute noch nicht zu hören.

Wir haben gemeinsam beschlossen, dass wir ein Konzept des lebenslangen Lernens entwickeln wollen. Wenn ich mir die Meinungen von SPÖ und ÖVP heute anschaue, dann glaube ich, dass wir dieses Konzept im Sinne der Universitäten und der Er­wachsenenbildung sehr rasch, sehr schnell brauchen. (Beifall bei der ÖVP.)

Mit Konzeptlosigkeit kommen wir nicht weiter. Wir brauchen nicht nur mehr Studie­rende, wir brauchen vor allem mehr Absolventen und Absolventinnen. Die Zahlen sprechen für sich: Zwischen den Jahren 2001 und 2008 ist die Zahl der AbsolventInnen um 62 Prozent gestiegen.

Meine Damen und Herren, wir brauchen daher einen Dialog und einen Konsens darüber, warum genau in diesem Zeitraum die Zahl der Absolventinnen und Absol­venten in diesem Ausmaß gestiegen ist. – Wir haben stärkere Zugangsreglemen­tierun­gen gehabt, wir haben bessere Berufsinformation und Studieninformation gehabt, und wir haben Studienbeiträge gehabt. Diese Tatsachen kann man nicht leugnen, denen muss man sich ganz einfach stellen.

Wir brauchen daher – wie der Herr Bundesminister es ausgerufen hat – einen gemein­samen Dialog, denn die Zukunft der Universitäten hat sich eine gemeinsame Sicht ver­dient und nicht eine unterschiedliche Sicht, eine gemeinsame Sicht über die Frage des österreichischen Hochschulraumes, der Qualitätssicherung im Hochschulraum und über die Ressourcensteuerung. Über diese grundsätzlichen Fragen braucht es einen gemeinsamen Dialog mit Expertinnen und Experten – sowohl aus dem Ausland als auch aus dem Inland –, mit den Betroffenen, die wir zu Beteiligten machen müssen. Wir brauchen eine Einigung darüber, wie wir die Universitäten weiterentwickeln wollen.

Eine Sitzung – und das hat der heutige Tag gezeigt – wird nicht reichen. Wir brauchen wahrscheinlich mehrere Sitzungen, um kurz- und mittelfristige Perspektiven gemeinsam zu entwickeln. Der Herr Bundeskanzler hat heute gesagt: freier Hoch­schulzugang, keine Reglementierung, keine Zugangsbeschränkungen und trotzdem international an der Spitze stehen. – Das ist ein Modell, das es auf der ganzen Welt nicht gibt.

Wir brauchen daher einen faktenbasierten Dialog, indem wir uns anschauen, was die international besten Universitäten machen. Sie haben ein internationales Stipen­dien­wesen, sie schauen auf Diversity. Das sind jene international bewährten Modelle, die soziale Gerechtigkeit, sozialen Ausgleich ermöglichen, und sie fördern Leistung, sie fördern die persönliche Beziehung, sie fördern Kleingruppenbeziehungen, in denen der wissenschaftliche Diskurs miteinander gelernt werden kann und muss.

Daher ist ein offener Hochschulzugang ohne Reglementierung, ohne Beschränkung, ohne Studiengebühren nichts anderes als die Aussage: Wir haben ein Fußballstadion, dort sollen alle hinein, die irgendwie an Fußball interessiert sind, unabhängig davon, ob sie ein Ticket haben, ob dort Platz genug ist, ob die Brandschutzbestimmungen stim­men. Das, meine Damen und Herren, kann nicht die Zukunft für unsere Universitäten sein! (Beifall bei der ÖVP.)

Wir brauchen einen Dialog, der realitätsbezogen und zukunftsorientiert ist, und dazu brauchen wir vor allem Konsens zwischen den beiden Koalitionspartnern, damit wir dann die anderen Parteien auch mit ins Boot holen können. Solange dieser Konsens nicht hergestellt ist, werden wir nicht weiterkommen. (Beifall bei der ÖVP.)

14.56



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll44. Sitzung / Seite 88

Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Petzner. – Bitte.

 


14.57.03

Abgeordneter Stefan Petzner (BZÖ): Meine Damen und Herren! Herr Präsident! Wir nehmen nach der heutigen Diskussion zur Kenntnis, dass sich die SPÖ und die Grünen einmal mehr auf die Seite der linken Anarchisten, der linken Chaoten, des linken Mobs begeben haben, die das Audimax besetzen und abstruseste Forderungen aufstellen. (Abg. Mag. Kogler: Sie verwechseln Solidarität mit Solarium!)

Wir haben heute von diesen Forderungen gesprochen, deshalb habe ich ein paar mitgebracht von den Demonstrationen, die da stattgefunden haben. Schauen wir uns die Forderungen der Audimax-Besetzer an, welche SPÖ und Grüne unterstützen. (Der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe auf dem geschrieben steht: „Für mehr Dickmilch“, „Recht auf Faulheit“, „Reiche Eltern für alle“.)

„Für mehr Dickmilch“ ist auf einem dieser Transparente gestanden. Herr Cap, ich nehme heute zur Kenntnis, dass die SPÖ für mehr Dickmilch eintritt, was auch immer das ist.

Zweites Beispiel: „Recht auf Faulheit“. Wir nehmen zur Kenntnis, dass die grüne Frak­tion haben möchte, dass es in Österreich ein verbrieftes Recht auf Faulheit gibt.

Drittes Beispiel: „Reiche Eltern für alle“. Das ist das, was SPÖ und Grüne wollen: Recht auf Faulheit, Recht auf Dickmilch, reiche Eltern für alle. (Zwischenrufe bei SPÖ und Grünen.)

Wir vom BZÖ wollen das nicht, und das unterscheidet uns eindeutig. Daher haben wir auch kein Verständnis für diese Besetzungen und sagen ganz klar, dass man sich überlegen muss – wenn das nicht bald von sich aus beendet wird –, das Audimax zu räumen, die Polizei hinzuschicken und die Demonstrationen aufzulösen.

Wir sagen, dass auch für Studierende das Leistungsprinzip zu gelten hat, dass auch Studierende kein Recht auf Faulheit haben, sondern dass sie eine Verpflichtung haben, an der Universität nicht zu bummeln, sondern zu lernen und zu studieren und etwas weiterzubringen.

Daher auch die Position des BZÖ, die unverändert bleibt: Ja zu den Studiengebühren! Wir haben sie seinerzeit eingeführt, und wir wollen, dass sie wieder eingeführt werden und dass damit die Universitäten 157 Millionen € mehr Budget haben.

Wir sagen Ja zu einer verpflichtenden Studieneingangsphase über zwei Semester, in der die Eignung des Studenten für das jeweilige Studium getestet wird. Wir glauben, dass das notwendig ist.

Wir sagen auch Ja zu Zugangsbeschränkungen an den österreichischen Universitäten, denn Bildung kostet. Bildung kann nicht gratis sein, irgendjemand muss sie bezahlen. Es müssen Lehrlinge bezahlen für ihre Ausbildung, für die Meisterprüfung, es müssen Fachhochschulstudenten zahlen, warum Studierende nicht? – Das versteht draußen niemand.

Meine Damen und Herren, das ist die Position des BZÖ, die so ist und die so bleibt. – Noch einmal: das Audimax räumen und, wie Gerald Grosz auch gesagt hat, nötigenfalls mit einem Kärcher ins Audimax hineinfahren. – Danke schön. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Dr. Grünewald: Das ist aber nicht mehr normal!)

14.59


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Vilimsky. – Bitte.

 



Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll44. Sitzung / Seite 89

15.00.01

Abgeordneter Harald Vilimsky (FPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Regierungsbank! Werte Kollegen! Lassen Sie mich eingangs in einer Art Bewertung der bisherigen politischen Debatte feststellen, dass Herrn Bun­deskanzler Faymann Großes gelungen ist, und zwar im Zusammenhang mit der Nominierung des Herrn Hahn für den Posten eines EU-Kommissars und seiner damit bevorstehenden Ablöse als Wissenschaftsminister.

Dem Herrn Bundeskanzler und Vorsitzenden der Sozialdemokraten ist es gelungen, einen anderen Sozialdemokraten, nämlich Tony Blair, als mögliche Besetzung der höchsten Funktion in der Europäischen Union zu verhindern. – Frau Rudas fotografiert gerade, ich weiß nicht, ob das im Rahmen der erlaubten Möglichkeiten dieses Hauses ist, aber fotografieren Sie, so viel Sie wollen.

Dem Sozialdemokraten ist es ferner gelungen, den ehemaligen Vorsitzenden der Sozialdemokraten, Herrn Gusenbauer, als möglichen De-facto-Außenminister der Europäischen Union zu verhindern.

Ferner ist es ihm gelungen, der ÖVP hineinzuregieren, wen die ÖVP nach Brüssel schickt. Es ist nicht Willi Molterer, sondern es ist Gio Hahn, wie er sich selbst nennt.

Man muss einmal festhalten, es ist etwas Großes für einen Sozialdemokraten, zwei Sozialdemokraten in höchster Funktion der Europäischen Union zu verhindern, einen Wissenschaftsminister am Kulminationspunkt eines Chaos an den Universitäten nach Brüssel zu entsorgen und damit der ÖVP hineinzuregieren. Und das Schlimmste ist, es gibt jetzt nicht einmal einen Wissenschaftsminister. Die ÖVP findet genauso wenig einen Wissenschaftsminister wie einen Bundespräsidentschaftskandidaten. Bislang hagelt es überall Absagen, entnehme ich den Zeitungen. (Abg. Kopf: Wir haben nicht inseriert in den Zeitungen!)

Aber ich mache Ihnen ein Angebot, Herr Faymann ist mittlerweile Ihr Personalberater, vielleicht hat Herr Faymann einen guten Tipp, wen Sie für diese Funktion nominieren können, nachdem Sie schon das Angebot gemacht haben, dass Sie Gio Hahn zurückziehen, wenn die SPÖ Gusenbauer in die höchste Vertretungsfunktion der Europäischen Union für den Bereich Äußeres bringt. (Ruf bei der SPÖ: Zur Sache! – Abg. Großruck: Die Rede ist sehr schlecht! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Regen Sie sich nicht auf, sonst reden wir über das Postmarktgesetz, sonst reden wir über den U-Ausschuss, und es gibt viel, viel schlimmere Dinge, die wir an anderen Orten noch im Detail erörtern werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir reden heute über die Besetzung des Audimax, und wir reden darüber, dass vor über drei Wochen dieser Hörsaal besetzt wurde und am Anfang eigentlich jeder dafür Verständnis gehabt hat, dass die Stu­denten  (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Großruck.) – Regen Sie sich nicht so auf. Sie können herauskommen und auch etwas sagen.

Am Anfang hat also jeder Verständnis dafür gehabt, dass eine Besetzung stattge­funden hat, aber als dann Zug um Zug der Hilfeschrei der Studenten durch die Berufs­demonstranten im Umfeld der Grünen und Roten abgelöst wurde, war irgendwann einmal Schluss mit lustig, und das Verständnis der Öffentlichkeit dafür hat geendet. (Beifall bei der FPÖ.)

Kollege Petzner hat schon ein paar Forderungen zum Besten gegeben. (Der Redner hält vergrößerte Kopien von Fotos aus dem Audimax mit Abbildungen von Trans­parenten in die Höhe.) „Crash-Kurs“, „Antifa Action Days“, das ist das, was aus diesem Audimax tönt. „Weniger Bildung ist humpi-dumpi“ – brav, kann man den Studenten nur


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll44. Sitzung / Seite 90

zurufen. „Graf not for President“, das ist die Forderung, die an den Universitäten von diesen Besetzern erhoben wird.

Würden sie sich ein bisschen damit auseinandersetzen, könnten sie froh sein, wenn ein Wissenschaftsminister Martin Graf den Zustand der Universitäten verbessern könnte. (Beifall bei der FPÖ.) Da können Sie lachen so viel Sie wollen. Wenn es den Martin Graf und die Freiheitliche Partei nicht gegeben hätte, dann gäbe es immer noch Studiengebühren, denn es waren wir, die es möglich gemacht haben, eine Mehrheit dafür zu finden, nachdem Sie zehnmal dagegen gestimmt haben, herumgerannt sind, es versprochen und nicht eingelöst haben. So schaut es nämlich aus, wenn man die Wahrheit als Basis dafür sieht. (Zwischenruf des Abg. Hornek.)

Die Audimax-Besetzer haben heute einen prominenten Unterstützer gefunden, den ehemaligen Bundeskanzler Gusenbauer. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Hornek.) –Beruhigen Sie sich! – Gusi, wie er in der heimischen Zeitungswirtschaft liebevoll ge­nannt wird, würde auch gerne mit den radikal-marxistischen Besetzern quasi in einem Boot sitzen. Kurioserweise hat dieser Herr Gusenbauer zur selben Zeit den Vertrag einer europäischen Fondsfirma in der Tasche und wird Manager für einen Fonds. (Abg. Amon: Kann er ja auch!) Ich weiß nicht, wie Sie als Sozialdemokraten das sehen, dass gerade Ihr ehemaliger Vorsitzender jetzt zum Chef eines europäischen Fonds wird und dort mit Bonuszahlungen an demselben faulen, turbokapitalistischen, neoliberalen System, wie immer Sie das bezeichnen wollen, mitwirkt. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Nein, das gefällt Ihnen nicht? – Wir können auch über Herrn Ruttenstorfer reden, gegen den vor Kurzem die Finanzmarktaufsicht wegen des Verdachts auf Insider­handel ein Verfahren in die Wege geleitet hat. So schaut es nämlich aus!

Ich sage Folgendes: Wenn die Studenten selbst postulieren, die künftige geistige Elite sein zu wollen, dann haben sie zu verhandeln, dann haben sie Argumente vorzulegen. Hirnschmalz ist allemal besser als Sitzfleisch für Studenten! Das muss den Audimax-Besetzern einmal ins Stammbuch geschrieben werden. (Beifall bei der FPÖ sowie des Abg. Bucher.)

Man kann ihnen mit einem Artikel von Karin Leitner im heutigen „Kurier“ auch zurufen: Raus aus dem Audimax! Es gibt genug Studenten, die das Recht haben, ordentlich studieren zu können! Es gibt genug Studenten, die jetzt warten müssen, weil irgendwelche marxistische Sit-ins veranstaltet werden, weil 1 500 € Grundeinkommen verlangt werden und sich keiner Gedanken darüber macht, wie viele Menschen draußen in der Kälte arbeiten müssen und nicht 1 500 € bekommen. Das ist der wahre Skandal, der heute auch einmal gesagt werden muss. (Beifall bei FPÖ und BZÖ. – Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.)

Ja, die Universitäten brauchen mehr Geld, die Bedingungen müssen besser werden. Es ist vielleicht nicht alles so „easy-cheesy“, wie die Frau SPÖ-Bundesge­schäfts­führerin meint, aber Verbesserungen sind möglich, wenn man sich an den Verhand­lungstisch setzt und ernsthaft Argumente austauscht. – Danke sehr. (Beifall bei der FPÖ.)

15.06


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Franz. – Bitte.

 


15.06.22

Abgeordnete Anna Franz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Dame und Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Hätten wir diesen 24. September nicht gehabt, wären uns einige Diskussionen erspart geblieben. An diesem Tag haben Rot, Blau und Grün die Studienbeiträge abgeschafft (Beifall bei der ÖVP –


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll44. Sitzung / Seite 91

Abg. Strache: Bravo!), das war einzigartig, Populismus pur und reine Wahltaktik – ein großer Fehler, wie wir jetzt sehen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Was haben wir nun an den Universitäten? – Wir haben Demonstrationen, wir haben Proteste, wir haben Chaos. Diese Situation war ohne große hellseherische Fähigkeiten vorauszusehen. Österreich ist eines von drei Ländern, das weder Studiengebühren noch Zugangsregelungen hat, und das ist das Problem. Wir werden in manchen Studienzweigen von Studierenden überrollt. Deshalb sind diese Studiengebühren dringend notwendig – es gibt dann positive Leistungseffekte, weniger Bürokratie an den Universitäten, eine geringere Drop-out-Quote und durchwegs kürzere Studien­dauern. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Durch die Abschaffung der Studiengebühren haben wir nun das Chaos. Es ist schlimm, dass darüber hinaus auch die Qualität an den Unis nachhaltig bergab geht. (Abg. Dr. Grünewald: Daran sind nur die Studenten schuld, der Minister nicht?!) – Wir holen uns die B-Liga an unsere Unis. Die B-Liga aus Deutschland, die den Numerus clausus nicht schafft, die B-Liga von den Pädagogischen Hochschulen, Studenten, die dort nicht zum Zug kommen. Wir holen uns auch die B-Liga von den Fachhochschulen, Studenten, die dort den Aufnahmetest nicht schaffen. Ist das gut so?

Die Fachhochschulen sind ein Erfolgsmodell. Dort gibt es Zugangsregelungen und zumindest an einigen auch Studiengebühren. (Zwischenruf des Abg. Dr. Grünewald.) Sie haben eine kürzere Studiendauer, sie haben eine geringere Drop-out-Quote, sie haben auch eine bessere soziale Durchmischung.

Wie sieht nun die öffentliche Meinung zu den Studentenprotesten aus? (Zwischenruf des Abg. Brosz.) – Laut IMAS-Umfrage vom 5. November 2009 sind 86 Prozent der Befragten – man höre und staune – für Zugangsbeschränkungen. Laut OGM-Umfrage, veröffentlicht im „NEWS“ am 5. November 2009, haben 42 Prozent der Befragten Verständnis für die Studentenproteste, aber die Mehrheit von 51 Prozent hat hiefür kein Verständnis. Auf die Frage der Wiedereinführung der Studiengebühren sagen 54 Prozent, es würde sich etwas bessern, 39 Prozent sagen: Nein. 61 Prozent der Befragten glauben an die Wirkung von Zugangsbeschränkungen auf Basis von Ein­stiegsprüfungen, und sogar 81 Prozent glauben an die Wirkung von Zugangs­beschrän­kungen für Studierende aus dem Ausland.

Es ist mir ein Herzensanliegen, auf noch ein Thema zurückzukommen. Ich habe hier eine APA-Meldung von Herrn Walser in der Hand. Er sagt: Es braucht keine religiösen Symbole in der Schule. Die Grünen begrüßen also das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte.

Herr Walser, ich bin enttäuscht, dass Sie Ihre christlichen Wurzeln verleugnen! Das ist eine Schande! Normalerweise bin ich stolz auf die Vorarlberger, aber hier kann ich nur sagen: Diese Aussage ist eine Schande – Sie haben sich als Bildungssprecher der Grünen disqualifiziert! (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

15.10


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Grosz. 1 Minute Restredezeit. – Bitte.

 


15.10.29

Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Eines hat die heutige Sondersitzung schon gezeigt: Es ist das Problem nicht gelöst worden, das in den letzten drei, vier Wochen die leistungsbewussten, anständigen und fleißigen Studenten in unserem Land tagtäglich gepeinigt hat, nämlich das Problem, dass leistungsbewusste Studentinnen und Studenten von ihren Lehrveranstaltungen, von ihren Bildungschancen abgehalten werden (Abg. Dr. Grünewald: Stimmt nicht!),


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weil eine Meute von Berufsdemonstranten aus Deutschland und ideologisch moti­vierten Jugendlichen, denen offenbar langweilig ist, unsere Universitäten besetzen und Studentinnen und Studenten daran hindern, ihre Bildungsperspektiven auch aus­zubauen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Grünewald.)

Daher haben wir ganz klar gesagt – neben dem Modell, der Lösung des Problems im Universitätsbereich mit dem Bildungsbonus, dem Bildungsscheck in Höhe von 5 000 € (Abg. Riepl: Eine Schnapsidee!) –, dass man in erster Linie auch einmal hergehen und sagen muss: Diese Regierung, dieses Land, die leistungsbewussten Menschen in diesem Land lassen sich nicht erpressen! Sie lassen sich nicht erpressen, wenn über vier Wochen hinweg unsere Hörsäle besetzt werden (Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen), sodass Menschen ihre Bildungschancen nicht nützen können. (Abg. Mag. Gaßner: Aus ist’s!)

Daher sage ich: Die Bundesregierung ist dazu aufgerufen (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Redezeit!), sich nicht erpressen zu lassen, sondern diese Hörsäle einmal zu räumen (Präsident Neugebauer gibt neuerlich das Glockenzeichen), dass Jugendliche an unseren Universitäten wieder etwas lernen können. (Beifall beim BZÖ.)

15.11


Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zu den Abstimmungen.

Zuerst erfolgt die Abstimmung über den Selbständigen Antrag 852/A(E) der Abgeord­neten Dr. Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung der Beschlüsse des Nationalrates vom 24. September 2008 zur Finanzierung der Uni­ver­sitäten.

Wenn Sie für diesen Antrag sind, bitte ich Sie um ein Zeichen. – Der Antrag findet keine Mehrheit und ist abgelehnt.

Nunmehr kommen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Versagen des Ver­trauens gegenüber dem Bundesminister für Wissenschaft und Forschung gemäß Artikel 74 Abs. 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes.

Da zu einem solchen Beschluss des Nationalrates gemäß Abs. 2 der zitierten Ver­fassungsbestimmung die Anwesenheit der Hälfte der Abgeordneten erforderlich ist, stelle ich diese ausdrücklich fest.

Wenn Sie sich für den gegenständlichen Misstrauensantrag aussprechen, bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Der Antrag ist abgelehnt. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Karl, Mag. Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Weiterentwicklung des öster­reichischen Hochschulwesens.

Wenn Sie dem beitreten, bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mit Mehrheit ange­nom­men. (E 54.)

Nun gelangen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend Nationalen Kraftakt, 12-Punkte-Plan für Österreichs Universitäten.

Wenn Sie diesen Antrag unterstützen, bitte ich um ein Zeichen. (Abg. Rädler – in Richtung FPÖ und Grüne –: Unheilige Allianz!) – Der Antrag findet keine Mehrheit und ist abgelehnt. (Abg. Rädler: Eure Schande heißt Allianz! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP. – Gegenrufe bei der FPÖ.)


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Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Zinggl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verhandlungen über Ausgleichszah­lungen für deutsche Studierende an Österreichs Universitäten.

Wenn Sie dem beitreten, bitte ich um ein Zeichen. – Der Antrag findet keine Mehrheit und ist abgelehnt.

Nun gelangen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Uni-Bonus“ und „Uni-Card“ – Akutpro­gramm für die Universitäten.

Wenn Sie diesem Antrag beitreten, bitte ich um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

15.14.40Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen nunmehr zur Verhandlung über den Antrag der Abgeordneten Mag. Stadler, Dr. Graf, Dr. Pilz auf Einsetzung eines Unter­suchungs­­ausschusses zur Untersuchung der Causa Kasachstan und der Causa MobilTel.

Dieser Antrag wurde inzwischen an alle Abgeordneten verteilt.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Antrag

der Abgeordneten Mag. Stadler, Dr. Graf, Dr. Pilz, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 33 GOG-NR auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Untersuchung der Causa „Kasachstan“ und der Causa „MobilTel“

Die unterfertigten Abgeordneten stellen den Antrag, einen Untersuchungsausschuss im Verhältnis S : V : F : B : G  = 5 : 5 : 3 : 2 : 2 einzusetzen.

Gegenstand der Untersuchung:

1. Aufklärung darüber, ob und gegebenenfalls auf welche Weise in der XXIII. oder XXIV. Gesetzgebungsperiode Angehörige ausländischer Geheimdienste mittelbar oder unmittelbar Einfluss auf die Tätigkeit österreichischer Politiker genommen haben, ob und gegebenenfalls welche österreichische Staatsbürger in diese Beeinflussung involviert waren, ob die betroffenen Politiker von der Beeinflussung Kenntnis erlangten, ob im Zusammenhang mit dieser Beeinflussung Vorteile an politische Funktionäre oder Dritte gewährt wurden und ob es im Zuge einer Ausstellung einer gegenständlichen Aufenthaltsgenehmigung zu einer Beeinflussung  im Bereich der Bezirkshaupt­mann­schaft Horn und der NÖ Landesregierung und im Zusammenhang damit zu einer Parteienfinanzierung über ÖVP-nahe Unternehmungen gekommen ist.

2. Aufklärung darüber, ob und gegebenenfalls wann das Bundesamt für Verfas­sungsschutz von Vorfällen im Sinne des Punktes 1. Kenntnis erlangte, und ob und gegebenenfalls welche Schritte zur Information des Nationalrates und zum Schutz des Nationalrates als verfassungsmäßiger Einrichtung vor weiteren derartigen Interven­tionen ergriffen wurden.

3. Aufklärung über die Wahrnehmungen und allfälligen Maßnahmen der Banken- und Finanzmarktaufsicht hinsichtlich der Vorgänge rund um den Kauf der bulgarischen Firma MobilTel durch die Telekom Austria unter Beteiligung der BAWAG (Komplex Taus/Schlaff/Elsner) und des gleichartigen Versuchs im Falle der Belgrader Firma


Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll44. Sitzung / Seite 94

MobTel und der Rolle, die Mitglieder der damaligen Bundesregierung, insbesondere der damalige Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel, dabei spielten.

Untersuchungsauftrag:

Der Untersuchungsausschuss soll durch die Anwendung aller in der VO-UA vorge­sehenen Instrumente zum Untersuchungsgegenstand, insbesondere durch die Vorlage von Akten der Bundesministerien für Inneres und Justiz sowie von Akten der Justiz­behörden sowie durch die Anhörung von Auskunftspersonen, die den Gegenstand der Untersuchung bildenden Umstände ermitteln.

Gemäß § 33 verlangen die unterfertigten Abgeordneten die Durchführung einer Debatte.

*****

 


Präsident Fritz Neugebauer: Wir gehen in die Debatte ein.

Im Sinne des § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung beträgt die Redezeit in dieser Debatte 5 Minuten. Der Erstredner verfügt zur Begründung über eine Redezeit von 10 Minuten. Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung und zu Wort gemel­deten Staatssekretären sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.

Das Wort erhält zunächst Herr Abgeordneter Mag. Stadler. – Bitte.

 


15.15.25

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Wir haben zu Beginn der Einsetzung des Untersuchungsausschusses betreffend, der derzeit tagt über das Spitzelunwesen, das seit Ernst Strasser in diesem Lande existiert, die Zusage gehabt, dass dann, wenn die Kapitel abgeschlossen sind, die jeweiligen Minister geladen werden. Kollege Pilz hat gleich zu Beginn die Ladung des Bundesministers außer Dienst Ernst Strasser verlangt. Daraufhin hat Kollege Amon, unterstützt vom Kollegen Otto Pendl, gesagt: Nein, wir garantieren, wenn die Kapitel abgeschlossen sind, dann wird Ernst Strasser geladen werden und dann werden auch die zuständigen Ressortverantwortlichen geladen werden!

Das ist in den Fraktionsführerbesprechungen so ausgemacht worden. (Abg. Amon: Glatte Unwahrheit!) Das ist nicht die Unwahrheit, speziell dann nicht, wenn dieser Vorwurf aus dem Mund der Österreichischen Volkspartei kommt; da bin ich besonders empfindlich. (Hallo-Rufe bei der ÖVP.) Das ist die Wahrheit, das kann jede Fraktion dieses Hauses bestätigen (Abg. Ing. Westenthaler: Völlig richtig!) – außer der Öster­reichischen Volkspartei, weil die das natürlich nicht wahrhaben will.

Das ist genau so vereinbart worden, genau und exakt so, und deswegen hat daraufhin Kollege Pilz seinen Antrag modifiziert. Das war der Grund, warum er seinen ursprüng­lichen Antrag, in dem Strasser noch vorhanden war, modifiziert hat. Über diesen ist dann abgestimmt worden, und dieser Antrag wurde einstimmig angenommen. Die Zusage, Herr Kollege Cap, hat eindeutig gelautet: Strasser wird geladen werden, Minister werden geladen werden, wenn diese Kapitel abgearbeitet sind!

Nunmehr aber zeigt sich, meine Damen und Herren, dass die ursprüngliche Speku­lation der ÖVP – das wird ein Untersuchungsausschuss, in dem eine Oppositions­fraktion über die andere herfallen wird, da werden sie sich sozusagen blutige Nasen holen, und wir in der ÖVP sitzen im Hintergrund, erste Reihe fußfrei, wir schauen uns das an und freuen uns darüber – nicht aufgegangen ist, sondern es hat sich im Zuge der Tätigkeit dieses Untersuchungsausschusses Folgendes herausgestellt: Schwarze


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Ressortverantwortlichkeiten für das vollkommene Versagen der politischen Abteilung der Staatsanwaltschaft Wien! Schwarzes Spitzelunwesen im Innenministerium! Schwar­ze Interventionen bei der Polizei, um gegen Abgeordnete der Opposition Verfahren in Gang zu setzen! Alles schwergewichtig im schwarzen Bereich, meine Damen und Herren!

Wir sind noch mit keinem, wirklich keinem einzigen Untersuchungsgegenstand auch nur in die Nähe der SPÖ gekommen. Deswegen verstehe ich Ihr Verhalten nicht! Die Österreichische Volkspartei hat offensichtlich Informationen über die SPÖ ... (Ruf bei der ÖVP: Wie der Schelm denkt!) „Wie der Schelm denkt“, wer sagt das? (Abg. Amon: Wie der Schelm denkt, so redet er! – Abg. Hornek: Wie der Schelm denkt, so redet er!) Herr Präsident, muss ich mich von Herrn Kollegen Amon nicht nur in meinen demokratischen Rechten beschneiden lassen, sondern auch noch als „Schelm“ beschimpfen lassen? (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Meine Damen und Herren, wenn jemand in diesem Haus Grund hätte, ausgerechnet den Begriff „Schelm“ nicht in den Mund zu nehmen, dann seid ihr es! (Abg. Ing. Westenthaler: Herr Präsident! „Schelm“ ist normalerweise ein Ordnungsruf!)

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich bin nicht so empfindlich bei den Dingen, die Herr Kollege Amon sagt. Ich habe es nur erwähnt, um herauszuarbeiten, dass jene, die permanent die „große Noblesse“ zelebrieren, in Wirklichkeit ganz, ganz tief unten angesiedelt sind (Abg. Grillitsch: Die Wahrheit kennen wir!), insbesondere dann, wenn man ihnen ihre eigenen Vorgänge im Zusammenhang mit MobilTel Bulgarien, im Zusammenhang mit der Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung (Abg. Hornek: Ein Märchenonkel!) durch die Bezirkshauptmannschaft Horn an Herrn Alijew vorhält. Wenn man Ihnen das alles vorhält, dann wird Schwarz empfindlich, dann beginnt sofort das Zudrehen!

Meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie! Frau Präsidentin! Das ist nicht so einfach, das ist jetzt wirklich eine demokratiepolitische Grundsatzfrage: Lässt sich dieses Parlament in die Ziehung nehmen? Lässt sich dieses Parlament in Geiselhaft nehmen? Nachdem einstimmig dieser Ausschuss eingerichtet wurde, einstimmig dieser Auftrag formuliert wurde, lässt es sich dieses Haus gefallen, dass man ausgerechnet dann, wenn die Gefahr besteht, dass die Aufklärungstätigkeit in den Bereich der Österreichischen Volkspartei kommt, diesen Ausschuss abdreht, meine Damen und Herren?!

Das haben nicht Freiheitliche zu beantworten; das haben nicht wir vom BZÖ oder die Grünen zu beantworten, sondern das haben ausschließlich Sie von der Sozial­demo­kratie zu beantworten. Sie von der SPÖ machen der ÖVP die Mauer – und sonst niemand! Sie haben im Untersuchungsausschuss zugelassen, dass zuerst Kollege Bartenstein angekündigt hat: Jawohl, die Minister kommen!, Kollege Donnerbauer sagte: Ja, es wird wohl nicht anders gehen also so, wie wir es in den bisherigen Untersuchungsausschüssen immer gehandhabt haben!, aber jetzt auf einmal geht das alles nicht mehr? – Ich sage Ihnen: Die Österreichische Volkspartei hat durchsichtige, leicht erkennbare Gründe dafür, gegen diese Ladungen zu sein! (Beifall beim BZÖ.)

Meine Damen und Herren von der ÖVP, das ist leicht erkennbar. Wer sich der Mühe des Aktenstudiums unterzogen hat, wird erkannt haben, dass die Österreichische Volkspartei leicht erkennbare, verständliche Gründe hat – wenn ich in ihrer Haut steckte, würde ich vielleicht auch so reagieren –, leicht erkennbare, leicht durch­schau­bare, leicht verstehbare Gründe, warum sie diesen Untersuchungsausschuss abdrehen will. Aber warum machen Sie von der SPÖ da der ÖVP die Räuberleiter? Können Sie das uns und der Öffentlichkeit erklären? Wie weit geht die Drohung mit dem Koalitionsbruch schon wieder, dass Sie heute beim Zudecken helfen müssen, indem


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Sie verhindern, dass Herr Strasser geladen wird, indem Sie verhindern, dass Frau Bandion-Ortner geladen wird?

Frau Bundesministerin Bandion-Ortner hat mir hier an der Regierungsbank versichert, sie würde jederzeit in den Untersuchungsausschuss kommen, wenn sie eine Ladung erhält; sie kommt sogar gern, hat sie gesagt. Sie ist als Richterin wirklich nicht zu scheu, um vor einem Untersuchungsausschuss zu erscheinen. – Nein, die ÖVP will das aber gar nicht, denn Frau Bandion-Ortner ist nicht so sehr am Parteizügel zu halten, wie man Herrn Bartenstein am Parteizügel führen kann, wie man die anderen Vertreter der Österreichischen Volkspartei am Parteizügel führen kann! (Abg. Hornek: Geh, hör auf!)

Bitte nicht du, Herr Kollege Hornek! Ich muss es dem Hohen Haus auch berichten: Das Einzige, was Herrn Kollegen Hornek in diesem Untersuchungsausschuss interessiert hat, war, dass er am Laptop seine – nicht Traktoren, sondern was hast du gesagt? (Abg. Neubauer: Mähdrescher!) Dreschmaschinen, oder was hast du gesagt? – Dreschmaschinen studiert hat. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von ÖVP und FPÖ.) Da kennt sich der Herr Hornek aus, aber ansonsten hat ihn dieser Ausschuss überhaupt nicht interessiert, meine Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ.) Das ist das Einzige, was Herrn Hornek interessiert hat; das qualifiziert ihn auch für diesen Ausschuss.

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Es geht nicht um die Mähdrescher des Herrn Hornek, sondern es geht schlicht und einfach darum, dass ... (Abg. Hornek: Sie sind ja ein Schmähdrescher!) – Oh, Herr Hornek hat ein Wortspiel entdeckt! Bitte, noch einmal! (Abg. Hornek: Ein Schmähdrescher!) Ein „Schmähdrescher“ – eine intellek­tuelle Höchstleistung, meine Damen und Herren! So viel zum Thema der Not­wendigkeit der Reform unserer Universitäten: Herr Hornek hat einen Geistesblitz gehabt. Es ist wichtig, das für das Protokoll festzuhalten. – Ansonsten habe ich wäh­rend des ganzen Ausschusses von ihm nichts als unqualifizierte Zwischenrufe gehört. Nicht eine einzige qualifizierte Frage an eine Auskunftsperson, sondern nur orga­nisierte Empörung, wenn man mit Fragen irgendwo in die Nähe der Österreichischen Volkspartei gekommen ist! (Ruf bei der ÖVP: Wir müssen uns Ihre unqualifizierte Rede anhören!)

Meine Damen und Herren, das alles erinnert frappant an die Vorgänge im Banken-Untersuchungsausschuss. Der Banken-Untersuchungsausschuss durfte so lange tagen – Herr Kollege Cap, wieder aufpassen! –, wie die ÖVP geglaubt hat, euch mit der BAWAG erwischen zu können; so lange durfte er tagen. Du weißt noch, wie es war, als du drinnen warst: Es war ein einziges Bemühen, es wurde keine Frage ausgelassen, so detailliert konnte sie gar nicht sein, Hauptsache, sie ging gegen Rot. Aber in dem Moment, als wir MobilTel Bulgarien untersuchen wollten, kam der Zudreher!

Herr Schüssel hat ja heute gezeigt, wie nervös er in diesem Zusammenhang ist. (Abg. Ing. Westenthaler: Er kann gut drohen!) Meine Damen und Herren, mich kann der Herr Schüssel mit Drohungen nicht einschüchtern! Da müssen andere daherkommen als ein Herr Schüssel, um mich einzuschüchtern, um mich mundtot zu machen, meine Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ.) Mich kann man nicht mit einer Klage niederdrohen, Herr Kollege Schüssel, das geht nicht!

Sie, Herr Kollege Schüssel, sind die Aufklärung über die Vorgänge beim MobilTel-Deal bis heute schuldig geblieben. Wenn Sie glauben, dass Sie mich nur mit der Namens­nennung des Hubert Gorbach einschüchtern können, dann sage ich Ihnen: Beide in den Untersuchungsausschuss! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Beide auf die gleiche Bank, und beide zukünftig in gleiche Räumlichkeiten! Ich habe nichts dagegen, ich bin


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nicht eifersüchtig. Wissen Sie, so weit geht meine Freundschaft zu Hubert Gorbach wirklich nicht – und ist sie nie gegangen.

Sie aber sitzen beide im gleichen Boot, also kommen Sie auch beide in den Unter­suchungsausschuss, und erklären Sie doch beide, was der Hintergrund dieses Deals war, was Sie wirklich gemacht haben! (Abg. Hornek: Deutsche Sprache, schwere Sprache!)

Mit Ihrer Klavier- und Operngeschichte brauchen Sie mir gar nicht daherzukommen. Das war nicht der Grund dafür, nach Bulgarien zu fahren, das hätten Sie in der Wiener Staatsoper auch haben können. Nein, nein, da sind ganz andere Hintergründe gewesen! Dazu hätten Sie auch Herrn Schlaff nicht mitnehmen müssen, dazu hätten Sie auch Herrn Wallner nicht mitnehmen müssen. Da hätten Sie auch nicht zuschauen müssen, wie die Telekom einen weit überhöhten Preis für MobilTel Bulgarien zahlen musste. Meine Damen und Herren, weit überhöht, um Milliarden überhöht!

Da hätten Sie keine Reise nach Bulgarien gebraucht, Herr Schüssel; das brauchen Sie uns allen nicht zu erklären. Da herinnen sitzen ein paar Leute, die sich Ihre Märchen vielleicht auftischen lassen; ich gehöre jedenfalls nicht dazu!

Daher bleibt es dabei: Der damalige Auftrag hat gelautet: „Aufklärung über die Wahr­nehmungen und allfälligen Maßnahmen der Banken- und Finanzmarktaufsicht hin­sichtlich der Vorgänge rund um den Kauf der bulgarischen Firma MobilTel durch die Telekom Austria unter Beteiligung der BAWAG (Komplex Taus/Schlaff/Elsner) und des gleichartigen Versuchs im Falle der Belgrader Firma MobTel und der Rolle, die Mitglieder der Bundesregierung dabei spielten.“ – Zitatende.

Meine Damen und Herren! In dem Moment, als das hätte Thema sein sollen – abge­dreht! In dem Moment, in dem wir wegen Kasachstan ermitteln wollen – abgedreht! Ein einziger Tag wird dafür reserviert, und dabei werden lauter Leute geladen, die wirklich kaum etwas aussagen können. Die Leute, die wir haben wollen, werden nicht geladen! Meine Damen und Herren, das ist demokratiepolitisch schandbar! Dass Sie da mitmachen, ist bedauerlich, meine Damen und Herren von der SPÖ! (Beifall beim BZÖ.)

15.25


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Pendl. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler: Wo ist die Wurstsemmel? – Abg. Kopf: Jetzt wird es wieder sachlich!)

 


15.26.06

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Meine geschätzten Damen und Herren! Hohes Haus! Wenn es nicht so traurig wäre, wäre es eigentlich lustig – aber es ist viel zu ernst und viel zu traurig. Herr Kollege Stadler, wenn Sie schon zitieren, was wir besprochen haben – ihr habt es nur immer weggewischt –, ich habe von der ersten Sekunde bis heute immer dasselbe gesagt (Abg. Grosz: Die Suppe ist zu dünn!): Wenn es aufgrund der Aktenlage notwendig ist, dann spricht nichts dagegen, dass wir auch Regierungsmitglieder laden.

Aber warum machen wir es uns überhaupt schwer, meine Damen und Herren von der Opposition oder Herr Fraktionsführer der Opposition Pilz? – Es ist ja einfach: Ihr wollt über Eurofighter diskutieren; ich erspare mir das jetzt, alle die alten Geschichten, Ewald, bis zurück zu der Zeit, als du Volksanwalt warst, wollt ihr diskutieren. Ich sage, es wird nicht besser, da könnt ihr den Auftrag, der hier beschlossen worden ist, so oft vorlesen, wie ihr wollt. Der Zusammenhang hier ist der mit der Spitzelaffäre, mit der Politik und mit dem Parlament.


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Es ist lustig oder traurig, beurteilt es selber! Es hat alles mit dem Auftrag des Ausschusses, wie wir ihn hier beschlossen haben, überhaupt nichts zu tun. Das muss man entweder zur Kenntnis nehmen, oder man spielt mit dem Ganzen. Dann sagt ganz einfach, dass ihr spielen wollt – aber zum Spielen, meine Damen und Herren, ist ein Untersuchungsausschuss zu ernst, zu wichtig und nicht der geeignete Ort! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ich habe es schon das letzte Mal gesagt und sage es noch einmal: Bedankt euch alle beim Vorsitzenden, weil er und auch der Verfahrensanwalt so manche Frage nicht hätte zulassen müssen! Dann habt ihr euch immer über Diskussionen beschwert. Die Grünen waren ja nicht immer fein, nicht wahr, Herr Kollege Graf, da sind ja Matche gelaufen, die ich hier nicht zu wiederholen brauche, weil ihr ohnehin alle dabei wart. Nur, der Vorsitzende hätte ganz knapp und hart auf den Beschluss pochen und es nicht zulassen können. Na, die Diskussion darüber hätte ich mir erst angeschaut! Das kennen wir doch alles.

Ich würde wirklich dazu einladen: Wenn wir der Politik einen Dienst erweisen wollen, wenn wir diesem unseren Haus wirklich einen Dienst erweisen wollen, wenn wir auch der Einrichtung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses für die Zukunft eine Chance geben wollen, Frau Präsidentin, dann müssen wir anders damit umgehen. Wenn wir so damit umgehen, nehmen wir ihn selber nicht ernst, und die Bevölkerung nimmt ihn nicht ernst.

Ich lade auch dazu ein, einmal darüber nachzudenken, wie manche eingeladene Aus­kunftspersonen von so manchen Kollegen befragt und behandelt worden sind. (Abg. Hornek: Genau so ist es!) Na, da schaue ich mir an, wenn es umgekehrt ist, meine geschätzten Damen und Herren! Das haben wir ja nicht notwendig. (Zwischenruf des Abg. Ing. Westenthaler.)

Ich glaube, dass die Einrichtung des Untersuchungsausschusses eine viel zu wichtige, eine viel zu ernste Sache ist. Wir haben es in mehreren dieser Bereiche, die hier immer wieder diskutiert worden sind. Jetzt kann ich es politisch beurteilen und kann sagen: Es gibt keinen Straftatbestand, wenn jemand gegen das Gesetz Informationen – da geht es um einen Beamten – hinausspielt. Das kann ich sagen, das kann ich auch politisch fordern. Aber es ist nach der Rechtslage zu beurteilen. Und ob es hier in diesem Haus jemals eine Mehrheit gibt, die sagt, in Zukunft gibt es keinen Amtsmissbrauch, nur weil man das der Politik hinausspielt, das wage ich zu bezweifeln! Aber es sind ja lauter politische Beurteilungen, die Sie permanent vornehmen, keine rechtlichen, und schon gar nicht faire! Von Gerechtigkeit rede ich da gar nicht.

Ich glaube, dass wir bis zur Stunde wirklich glasklar und korrekt nach unserem Auftrag, den dieses Haus beschlossen hat, vorgegangen sind. Ich glaube auch, dass jene Damen und Herren, die wir als Auskunftspersonen laden, ein Recht darauf haben, dass wir korrekt mit ihnen umgehen. Jetzt will ich gar nicht von Höflichkeit reden, aber unhöflich muss ja auch niemand umgehen mit ihnen, das haben sie sich auch nicht verdient. Das sage ich auch in aller Klarheit, meine Damen und Herren. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Und ich glaube, das wird oder sollte nicht zu einer Show werden. Wenn wir politisch kontroversielle Diskussionen führen – und das gehört zu einer Demokratie –, dann haben wir sie hier zu führen. Wir haben im Untersuchungsausschuss ernst, rasch, transparent und korrekt unsere Arbeit vorzunehmen. Dazu lade ich Sie ein!

Das letzte Mal habe ich es schon gesagt und jetzt bitte ich euch förmlich: korrekt auch mit Worten! Das ist auch kein Beispiel, wenn sich die Öffentlichkeit, die österreichische Bevölkerung anhören muss, wie hier manchmal argumentiert oder was in den Medien zum Ausdruck gebracht wird.


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Das hat sich das Haus nicht verdient, das hat sich die Bevölkerung nicht verdient, das hat sich unsere Heimat nicht verdient.

Also zur Sache, meine Damen und Herren! (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Abg. Grosz: Auweh, auweh! War das jetzt zur Sache?)

15.31


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Amon. – Bitte.

 


15.31.50

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann nahtlos bei meinem Kollegen Otto Pendl anschließen. Herr Kollege Stadler, zu Ihren Ausführungen heute hier – ich bin ja durchaus froh, dass das nicht nur im Ausschuss stattfindet, sondern dass Sie auch hier die Maske fallen lassen – muss ich wirklich sagen: Das, was Sie hier von sich geben und was zum Teil Angehörige der Opposition im Ausschuss an Aussagen von sich gegeben haben (Abg. Öllinger: Na ja, da muss man nur an Ihre Aussagen denken!), das ist an Men­schenverachtung nicht zu überbieten. Das möchte ich Ihnen in aller Deutlichkeit sagen, Herr Kollege Stadler! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Sie reden von Regierungskriminalität, Sie reden von Wurstsemmel-Fraktionen, Sie reden von Verbrechen an der Spitze der Bundesregierung und Ähnlichem mehr. Ich sage Ihnen: Ich weise das zurück! Es ist nicht zu akzeptieren, meine Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Sie haben hier unterstellt, Herr Kollege Stadler, dass am Beginn und bei der Ein­set­zung des Untersuchungsausschusses die ÖVP gewisse Spekulationen gehabt haben soll, wer da nicht alles jetzt Probleme bekommen wird. – Herr Kollege Stadler, auch da ein wenig zurück zur Wahrheit! Was war denn die Debatte am Beginn des Unter­suchungsausschusses?

Wir hatten einen Absatz im Verfassungsschutzbericht, wo darauf hingewiesen wurde, dass es offenbar eine Einflussnahme ausländischer Geheimdienste auf das Parlament gibt. Mehr war nicht da an Information.

Wir hatten einen Abgeordneten Westenthaler, der sich hier im Plenum darüber alteriert hat, dass er unrechtmäßig von der Staatsanwaltschaft behandelt worden ist.

Wir hatten eine FPÖ, die sich darüber alteriert hat, dass die grüne Fraktion sich eines Kriminalpolizisten bedient, um gegen sie zu ermitteln, um sie zu bespitzeln.

Das waren die Themen, die auf dem Tisch lagen, und diese Vorwürfe, meine Damen und Herren, waren stark genug, dass alle Fraktionen dieses Hauses der Meinung waren, dass das einen Untersuchungsausschuss rechtfertigt.

Das ist die Genesis des Ausschusses – und nicht irgendwelche Spekulationen, die Sie der ÖVP in die Schuhe zu schieben versuchen, Herr Kollege Stadler. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich bin nach wie vor der Meinung, Herr Kollege Westenthaler, dass Sie in einigen Punkten nicht ordentlich behandelt worden sind von der Staatsanwaltschaft. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass es nicht in Ordnung war, dass gegen Ihre Mitarbeiter ermittelt worden ist von Seiten der Staatsanwaltschaft, weil eine Aussendung über Ihre Parlamentsrede und über Ihre Pressekonferenz stattgefunden hat. Das war nicht in Ordnung!

Aber ebenso bin ich der Überzeugung, dass es kein Fehlverhalten der Ministerin gab, dass es keine Weisung der Ministerin gab – sondern es war ein Fehlverhalten der Staatsanwaltschaft! Wir haben das hervorgebracht, und das wird entsprechende


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Folgen haben, meine Damen und Herren. (Abg. Ing. Westenthaler: Wer trägt denn die politische Verantwortung für die Staatsanwaltschaft?)

Das ist doch absurd, eine Ministerin auf die Anklagebank – Verzeihung! –, auf die Auskunftspersonbank zu setzen, wenn nachgewiesen ist, dass es keine politische Einflussnahme gegeben hat, sondern wenn hier Staatsanwälte in eigener Verant­wortung agiert haben! Dann werden wir uns anschauen müssen, ob legistisch nicht in der neuen Strafprozessordnung eine deutlichere Abgrenzung zwischen dem Beschul­digtenbegriff und dem Zeugenbegriff vorzunehmen ist.

Deshalb ein politisches Theater, eine politische Show gegen ehemalige oder amtie­rende Minister abzuziehen, dafür stehen wir schlicht und einfach nicht zur Verfügung – und da lassen wir uns auch nicht erpressen von der Opposition! Ich möchte das sehr deutlich sagen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Neubauer: Sie machen ja das Ganze zu einer Show!)

Zur Aussage, wir würden den Ausschuss jetzt „abdrehen“, bitte ich Sie wirklich, in die Archive zu schauen. Wir haben im Untersuchungsausschuss am Beginn – das ist un­wider­sprochen geblieben, von der gesamten Opposition unwidersprochen geblieben – einen Fahrplan festgelegt. Wir haben am Beginn festgelegt, welche Themen in etwa wir uns wann im Untersuchungsausschuss vornehmen. Wir haben uns eigentlich darauf verständigt gehabt, dass wir bei gutem Willen etwa vor Weihnachten mit dem Untersuchungsausschuss fertig werden, und wir nähern uns jetzt dem letzten Unter­suchungsthema, und das ist eben die Einflussnahme eines ausländischen Geheim­dienstes auf das Parlament.

Herr Kollege Stadler, Sie haben heute da bei Ihrer Rede vor wenigen Minuten wieder die Unwahrheit gesagt. Sie haben gesagt, gerade ein Ausschusstermin sei dafür vorgesehen. – Das stimmt nicht! Wir haben jetzt einmal zwei Ausschusstermine beschlossen, bei denen wir Auskunftspersonen zum Thema Kasachstan hören wollen. Die Öffentlichkeit kann ja sehr schnell und sehr leicht nachvollziehen, dass Sie per­manent versuchen, durch artikulierte Unwahrheiten die Regierungsparteien in Miss­kredit zu bringen.

Ich weise das zurück! Wir nehmen die Untersuchungsgegenstände ernst, und wir werden den Ausschuss ordentlich zu Ende bringen. Ein neuer Ausschuss ist bei weitem nicht notwendig. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

15.37


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Graf. – Bitte.

 


15.37.22

Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Heute ist der 91. Jahrestag der Ausrufung der demokratischen Republik. Ich habe gesehen, dass auch Vertreter der Sozialdemokraten vor dem Denkmal neben dem Haus, vor Adler, Reumann, Pernerstorfer, die ja von Seiten der Sozialdemokratie als Republikgründer bezeichnet werden, was generell sicher auch so war, Kränze niedergelegt und eine Ehrung vorgenommen haben.

Ich glaube, auf der einen Seite gedenkt man der demokratischen Republik oder der Ausrufung derselben bei den Republiksgründern, auf der anderen Seite leisten wir keinen wirklichen demokratiepolitisch hygienischen Beitrag in der Jetztzeit. Und das ist schade. Wir erweisen damit dem Parlamentarismus insgesamt keinen guten Dienst, und damit ist auch zu hinterfragen, welchen Wert das Gedenken an die Gründerväter letztlich hat.

Ich verkneife mir nicht, darauf hinzuweisen, dass der Republiksausrufer damals Dr. Franz Dinghofer war, wahrscheinlich oder sicher sogar ein geistiger und politischer


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Vorfahre der Freiheitlichen Partei, der noch kein Denkmal neben dem Haus hat. In Summe verkneife ich mir auch nicht den Hinweis, dass sehr viele Burschenschafter darunter zu finden sind, und da sollte sich die Sozialdemokratie auch einmal an die Wurzeln erinnern bei Adler, Pernerstorfer, Dinghofer und vielen anderen mehr. (Abg. Dr. Cap: Die Burschenschaften von damals sind mit den heutigen nicht zu ver­gleichen!) Kann schon nicht so schlecht gewesen sein, welche Ziele sie verfolgt haben. (Beifall bei der FPÖ.)

Auch zu Ihnen, Herr Kollege Schüssel, gäbe es viel zu sagen. Die Vertreter der Christlich-Sozialen haben noch bei Republikwerdung einen Antrag gestellt, man möge nicht eine demokratische Republik, sondern eine demokratische Monarchie ein­führen. Dieser Antrag hat zum Glück keine Mehrheit in der Nationalversammlung erhalten. Auch diesen Beitrag in der Geschichte muss man einmal beleuchten. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn wir heute hier stehen und über Ministerverantwortung diskutieren, die immer nur in Zeitkonjunkturphasen ernst genommen wird – ein Untersuchungsausschuss kann ja in seiner Befundaufnahme natürlich nur in die Vergangenheit gerichtet sein –, und wenn man dieser Ministerverantwortung oder der Untersuchung der politischen Verant­wortung eine Absage mit dem Hinweis erteilt, die Minister, die dafür verantwortlich waren, sind heute nicht mehr am Werk, dann wird das in Zukunft Schule machen und kaum mehr ein Minister befragt werden. Das ist schon eine Generalprävention davor.

Es gibt aber schon auch Argumente, warum wir die amtierenden Minister zu hören haben im Untersuchungsausschuss, denn es gibt ja auch so etwas wie ein rechtliches Gehör, das man jemandem gewähren sollte, nämlich dann, wenn eine Organi­sationseinheit oder die gesamte Organisationseinheit untersucht wird. Da sollte der zuständige verantwortliche Minister, der gerade im Amt ist, die Möglichkeit haben, dem Ausschuss Rede und Antwort zu stehen und seine Sicht der Dinge mitzuteilen.

Es ist schlichtweg zu wenig, wenn die zuständigen Minister uns immer nur außerhalb des Parlaments im Smalltalk mitteilen, was Sache ist. Wir wollen, dass das im parla­mentarischen Wege behandelt wird. Und wenn es um Organisationsversagen geht, dann ist das zu überprüfen, dann ist nachzuprüfen, was da los ist.

Im Wesentlichen wird dieser Untersuchungsausschuss – das ist heute deutlich geworden – der erste in der Geschichte sein, der die politisch Verantwortlichen nicht hört. Das ist schade, und dafür ist die Freiheitliche Partei nicht zu haben.

Ich nehme auch an, dass wir im Wesentlichen reformieren können, was wir wollen. Wenn wir in Zukunft eine derartige Einstellung zum Parlamentarismus und zur Mit­wirkung an der Kontrolle der Vollziehung einnehmen, dann ist es eigentlich geradezu belanglos, welche Geschäftsordnungsreform in Bezug auf Untersuchungsausschüsse gemacht wird, denn wenn am Ende nur mehr herauskommt, dass in Zukunft die Minderheit die Mehrheit blockieren kann im Untersuchungsauftrag, dann sind wir dafür auch nicht zu haben. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

15.42


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Westen­thaler. – Bitte.

 


15.42.35

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich lese Ihnen ein Zitat vor – ich zitiere –:

Der Untersuchungsausschuss hat viele wichtige Hinweise zutage gefördert. In der Staatsanwaltschaft sind willkürliche Aktionen geschehen, die jedweder rechts­staat­


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licher Regeln entbehren. Dies stellt eine Bedrohung für den Rechtsstaat dar. – Zitatende.

Wissen Sie, wer das gesagt hat, Herr Kollege Cap? Ohren aufsperren und Augen auch! Die Parlamentspräsidentin dieses Hohen Hauses, Barbara Prammer hat das gesagt. (Abg. Dr. Stummvoll: Sie war aber nie im Ausschuss!) Barbara Prammer hat gesagt, dass die Vorkommnisse, die der Untersuchungsausschuss zutage gefördert hat, eine Bedrohung für den Rechtsstaat darstellen.

Noch ein Zitat: Die Vorgangsweise bei Peter Westenthalers Handy-Überwachung hat mit Rechtsstaatlichkeit nichts zu tun. – Zitatende.

Wer hat das gesagt? Wo ist er? – Der Fraktionsführer der SPÖ im Unter­suchungs­ausschuss, Otto Pendl.

Und jetzt stelle ich Ihnen eine Frage, weil es ja um die politische Verantwortung geht. Es sind Verfehlungen der Staatsanwälte, die wir zutage gefördert haben, Zeugentricks, Verfassungsbruch. Gegen Mandatare des Hohen Hauses, die hier geredet haben, die hier an diesem Pult Reden gehalten haben, wurde ermittelt, gegen Mitarbeiter, die diese Rede veröffentlicht haben, wurde ermittelt – unter Bruch der österreichischen Bundesverfassung. Es gibt eine gezielte Verfolgung und Diffamierung von system­kritischen Menschen in diesem Lande, vorzüglich Oppositionsabgeordneten, und es gibt ein gezieltes Wegschauen der Staatsanwälte bei Abgeordneten der Regierungs­parteien beziehungsweise bei Regierungspolitikern.

Und jetzt frage ich Sie: Wer, wenn nicht die Minister tragen dafür die Verantwortung: nämlich die Justizministerin für die Rechtsstaatlichkeit und die Innenministerin für die innere Sicherheit? Beide tragen dafür die Verantwortung!

Herr Kollege Amon, daher ist es doch nur ein gutes Recht, ja sogar die Pflicht eines Untersuchungsausschusses, der die politische Verantwortlichkeit hinterfrägt, auch Minister dazu zu hören. Da geht es nicht um „Anklagebank“, da geht es nicht darum, einen Minister zu „überführen“, ob er irgendeinen Fehler begangen hat, oder die Frau Bandion-Ortner dafür zur Verantwortung zu ziehen, dass ein Staatsanwalt Kronawetter sich solche Dinge herausgenommen und das Gesetz gebrochen hat. Und dafür – weil Sie, Herr Kollege Amon, sagen, damit habe die Ministerin überhaupt nichts zu tun – wurde dieser Staatsanwalt von allen weiteren Verfahren abgezogen. Das war die Konsequenz für diesen Gesetzesbruch. Also trägt schon auch das Ministerium und die Ministerin eine politische Verantwortung. Und das wollen wir hinterfragen.

Wir haben das gute Recht und wir haben auch die verdammte Pflicht als Parla­mentarier, die den Auftrag von diesem Nationalrat bekommen haben, Minister zu hören, ihre Auskunft einzuholen, wie sie es mit solchen Verfehlungen halten und wie sie sie allenfalls in Zukunft abschalten wollen. Das ist eigentlich die Aufgabe eines solchen Untersuchungsausschusses, Herr Kollege Amon! (Beifall beim BZÖ.)

Eingriff in Grund- und Persönlichkeitsrechte – ist das alles nichts, was der Unter­suchungsausschuss da gebracht hat an Ergebnissen? Gibt es da überhaupt keine politische Verantwortung? Soll das alles hängenbleiben beim Oberstaatsanwalt oder beim Beamten oder vielleicht überhaupt nur beim Staatsanwalt selbst? Soll das dort alles hängenbleiben? – Ich sage Ihnen: Nein!

Ich sage Ihnen noch einmal: Es gibt in diesem Land – und das ist für mich das erschütternde Ergebnis – eine systematische politische Verfolgung von Oppositions­abgeordneten unter Missbrauch von rechtsstaatlichen Mitteln, und dieses System, dieses Missbrauchsystem trägt die Farbe schwarz. Es ist Verachtung, die wir vor einer solchen Vorgangsweise haben. (Beifall beim BZÖ.)


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Dieses System trägt die Farbe schwarz – das ist das Ergebnis! Und es ist entsetzlich, dass Sie da mitmachen, Frau Kollegin Prammer, Sie, die Sie uns ausrichten, es sei eine Bedrohung für den Rechtsstaat, was im Untersuchungsausschuss zutage getreten ist. Sie legen die Ohren an und lassen sich – und ich sage das im vollsten Bewusst­sein – von dieser Volkspartei am Nasenring durch den Untersuchungsausschuss­sitzungssaal und auch hier durch den Nationalratssitzungssaal führen?!

Beim Banken-Untersuchungsausschuss wurden Sie von der SPÖ vorgeführt, Ihre Minister vorgeladen bis zum Gehtnichtmehr, und als es dann in Richtung ÖVP kam, war es vorbei. Und genau das Gleiche passiert jetzt auch in diesem Untersuchungs­ausschuss. – Wir lassen uns dieses System nicht gefallen!

Die Rede von Dr. Schüssel von heute war ja auch bezeichnend. Er kam heraus, offensichtlich als Betroffener, man hat es gemerkt, er war nervös. Und wissen Sie, was er von diesem Rednerpult aus gemacht hat? – Er hörte nicht auf zu argumentieren. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Er hörte nicht auf, sondern er begann gleich wieder zu drohen und sagte: Wegen der Rede des Abgeordneten Stadler werde ich klagen, da werden wir die Immunität aufheben. – Die nächste Drohung, die da kam vom Machtsystem der Schwarzen. (Abg. Großruck: Vom Rechtsstaat!)

Herr Kollege Schüssel, ich hoffe, Sie kennen auch die Verfassung, den Artikel 33 B-VG, dass hier wohl der einzige Platz in der Republik ist, wo Sie klagen können, was Sie wollen, da gibt es keine Verfolgungen. Und das ist auch gut so, und es soll auch so geschützt bleiben, denn bei der ÖVP ist man sich nicht mehr sicher, wie weit die Verfolgung von politisch missliebigen Oppositionspolitikern reicht. Wir lassen uns das nicht gefallen! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Seien Sie doch einmal ruhig! – Das ist ja unerträglich, Molterer, Schüssel, Plassnik: Der „Boulevard of broken dreams“ sitzt da aus einer früheren Regierungszeit. Das ist ja wirklich schön langsam unerträglich. Wir lassen uns das jedenfalls nicht gefallen! (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP. – Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.)

Klopfen Sie gar nicht bei uns an, ich gebe Ihnen den guten Tipp, klopfen Sie nicht bei uns an, wenn es um notwendige Zweidrittelmehrheiten geht, wenn es um die Ver­längerung des Bankenpakets geht oder wenn es um irgendwelche Maßnahmen geht! Wir stehen dafür nicht zur Verfügung! Wir werden Ihnen nicht die Räuberleiter machen für Ihren Machtmissbrauch in dieser Republik. (Beifall beim BZÖ.)

15.47


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Pilz. – Bitte. (Abg. Großruck: Jetzt redet der Richtige!)

 


15.47.59

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine Damen und Herren! Das ist heute in jedem Sinn des Wortes ein schwarzer Tag für das Parlament. Trotzdem möchte ich mich bei zwei Abgeordneten bedanken, weil ich im Gegensatz zum Kollegen Stadler der Meinung bin, dass die Kollegen Bartenstein und Donnerbauer von der ÖVP ernsthaft versucht haben, einen parlamentarischen Ausweg aus der sehr schwierigen Situation im Untersuchungsausschuss zu finden.

Ich habe fälschlicherweise angenommen, dass die ÖVP-Fraktion ihren Ausschussvor­sitzenden unterstützt. – Entschuldigung für diese Naivität, wird nicht wieder vor­kommen, aber es ist mir trotzdem wichtig, zu sagen – weil das auch für die Zukunft Bedeutung hat –, dass es auch andere Stimmen in der ÖVP gibt und dass die ÖVP in der Frage, wie dieses Parlament behandelt werden soll, zum Glück kein monolithischer Block mehr ist. Das ist sehr, sehr wichtig, denn wir werden auch Abgeordnete der ÖVP


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brauchen, um das Parlament und die parlamentarischen Rechte gegen den Miss­brauch durch die derzeitige Führung der Österreichischen Volkspartei zu verteidigen.

Und eines sei dem Herrn Dipl.-Ing. Pröll ins Stammbuch geschrieben: Die Mauern des Parlaments sind immer noch dicker als der Kopf des Herrn Vizekanzlers. (Abg. Grosz: Wer weiß!) Und wenn er versucht, mit seinem Kopf durch die Mauern dieses Parlaments zu rennen, dann wird er sich seinen Kopf – und nicht nur den Kopf – ordentlich „verpröllen“, das garantiere ich Ihnen von diesem Rednerpult aus. (Beifall bei den Grünen.)

 


Präsident Fritz Neugebauer: Herr Kollege, wir sind uns wohl einig, dass wir Namen nicht verballhornen!

 


Abgeordneter Dr. Peter Pilz (fortsetzend): Nein, ich glaube, dass man den Namen des Vizekanzlers auch nicht falsch behandeln kann. Ich halte das für ausgeschlossen.

Meine Damen und Herren, worum geht es? – Wir sind – und dem widerspricht nicht einmal Herr Abgeordneter Amon – im Untersuchungsausschuss draufgekommen, dass es seit vielen Jahren ein System der Regierungsjustiz gibt, von dem fast ausschließlich die Österreichische Volkspartei profitiert.

Wie funktioniert dieses System? – Es gibt Delikte, die an der Spitze von Ressorts, nicht nur dem Innenressort, aller Wahrscheinlichkeit nach begangen werden. Das geht von Amtsmissbrauch über Postenwirtschaft bis hin zu offener Korruption. Das sind eindeutig Delikte des Strafgesetzbuches, das sind politische Verbrechen – politische Verbrechen, die von einem System der Regierungsjustiz jeder gerichtlichen Verfolgung entzogen werden.

Dieser Untersuchungsausschuss stellt fest, dass es ein untragbares System mitten in der Staatsanwaltschaft Wien gibt, das mit den Grundsätzen des Rechtsstaates nicht vereinbar ist – und an diesem Punkt sagt die ÖVP: Stopp! – Das ist kein Wunder, das war immer so, aber warum sagen die Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ gleich­zeitig: Stopp, unbedingt!? (Abg. Strache: Da könnte bei der SPÖ auch etwas zuzu­decken sein!)

Warum darf die Affäre Kasachstan, die nach den jüngsten Akten in Richtung ÖVP weist – da geht es gar nicht so sehr um die SPÖ, da geht es um die ÖVP, die Spuren führen nach St. Pölten zum „größeren“ Pröll und seinen Freunden –, nicht untersucht werden? Warum sagt die SPÖ: Stopp!? (Abg. Strache: Weil dort vielleicht auch ein bisschen etwas im Keller liegt!)

Es geht um das Abwehramt, um den Verdacht, dass die illegale Überwachung von Eurofighter-Gegnern und -gegnerinnen durch das militärische Abwehramt aus politischem Interesse stattgefunden hat. – Das war doch nicht das Interesse der SPÖ, das war doch das Interesse der Österreichischen Volkspartei, aber die SPÖ sagt: Stopp!

Ich frage mich langsam wirklich: Was kostet die SPÖ in diesem Haus? Wenn ich in meine Brieftasche schaue, dann ist das der falsche Ort. Ich muss in meine Hosen­tasche greifen und einmal nachschauen, und da finde ich 1 € und 20 Cent. – 1 € und 20 Cent kostet die SPÖ im parlamentarischen Untersuchungsausschuss, weil das der Gegenwert einer Wurstsemmel ist. So weit sind wir gekommen!

Wollen Sie sich das wirklich sagen lassen, dass Sie sich heute als kleinerer, als politisch kleinerer Koalitionspartner als Wurstsemmel-Partei präsentieren? – Das ist doch eine Schande, und das haben Sie auch nicht notwendig! (Beifall bei Grünen und BZÖ.)


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Ich appelliere an die Kolleginnen und Kollegen von der Sozialdemokratie: Denken Sie doch einmal nach! Es wird von Ihnen verlangt, gegen § 42 Abs. 2 des Geschäfts­ordnungsgesetzes zu verstoßen, nämlich nur mit den Stimmen der Regierungsfraktion einen einstimmig gefassten Beschluss des Untersuchungsausschusses über die Beweisthemen, die jetzt liquidiert werden sollen, zu ändern, zu reassumieren. – Das ist gesetzwidrig! Nur mit unseren Stimmen, mit jeder einzelnen Stimme der Opposition kann reassumiert werden. (Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.)

Ich appelliere an Sie: Kommen Sie zurück zu den Prinzipien der Gesetze, die hier gelten, kommen Sie zurück zur Verteidigung der parlamentarischen Demokratie gegen die Österreichische Volkspartei und gegen den Machtmissbrauch! (Beifall bei Grünen, FPÖ und BZÖ.)

15.53


Präsident Fritz Neugebauer: Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung.

Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Mag. Stadler, Dr. Graf, Dr. Pilz auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, dies durch ein Zeichen zu bekunden. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

15.54.12Einlauf

 


Präsident Fritz Neugebauer: In der heutigen Sitzung sind die Selbständigen An­träge 852/A(E) bis 858/A(E) eingebracht worden.

Ferner sind die Anfragen 3641/J bis 3683/J eingelangt.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates ist für Mittwoch, den 18. November, 9 Uhr, in Aussicht genommen und wird auf schriftlichem Weg einberufen werden.

Ich mache darauf aufmerksam, dass im Anschluss an diese Sitzung der Immunitäts­ausschuss in Lokal V eine Sitzung abhält.

Diese Sitzung ist geschlossen.

15.55.01Schluss der Sitzung: 15.55 Uhr

 

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