608/A XXV. GP

Eingebracht am 23.09.2014
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

Antrag

der Abgeordneten Muchitsch, Dr. Rasinger, Spindelberger, Wöginger

und Kollegen

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz geändert wird

Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundesgesetz, mit dem das Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz geändert wird

Der Nationalrat hat beschlossen:

Änderung des Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetzes

Das Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz, BGBl. I Nr. 8/1997, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 89/2012, wird wie folgt geändert:

1. § 1 Abs. 2 Z 10 lautet:

       „10. Apothekenleiter/Apothekenleiterinnen gemäß § 37 des Apothekengesetzes, RGBl. Nr. 5/1907 sowie andere allgemein berufsberechtigte Apotheker/Apothekerinnen in Anstaltsapotheken im Sinn des § 3b Apothekengesetz,“

2. § 3 Abs. 4 wird durch folgende Abs. 4 und 4a ersetzt:

„(4) Durch Betriebsvereinbarung (Abs. 3) kann der Durchrechnungszeitraum

           1. in den Fällen des § 4 Abs. 1, 4 und 5 auf bis zu 26 Wochen;

           2. für Dienstnehmer/Dienstnehmerinnen iSd § 4 Abs. 4a Z 1 und 2 bei Vorliegen von objektiven Gründen technischer oder arbeitsorganisatorischer Art in den Fällen des § 8 Abs. 3 und ab dem 1. Jänner 2021 in den Fällen des § 4 Abs. 4 auf bis zu 52 Wochen

ausgedehnt werden.

(4a) Fallen in einen Durchrechnungszeitraum nach § 3 Abs. 2 oder § 4 Abs. 1 und 4 gerechtfertigte Abwesenheitszeiten, sind für die Berechnung der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit

           1. wenn die Diensteinteilung zum Zeitpunkt der Kenntnisnahme durch den Dienstgeber/die Dienstgeberin bereits getroffen wurde, die in der Diensteinteilung vorgesehene Arbeitszeiten heranzuziehen;

           2. wenn die Diensteinteilung zum Zeitpunkt der Kenntnisnahme durch den Dienstgeber/die Dienstgeberin noch nicht getroffen wurde, die tatsächlich geleisteten Arbeitszeiten zu addieren und durch die um die Ausfallstage reduzierte Wochenanzahl zu dividieren.“

3. § 4 Abs. 4 wird durch folgende Abs. 4 bis 4b ersetzt:

„(4) Wurden verlängerte Dienste nach Abs. 1 bis 3 zugelassen, darf

           1. die Dauer eines verlängerten Dienstes 25 Stunden,

           2. die Wochenarbeitszeit innerhalb eines Durchrechnungszeitraumes von 17 Wochen im Durchschnitt 48 Stunden,

           3. die Arbeitszeit in den einzelnen Wochen des Durchrechnungszeitraumes 72 Stunden

nicht überschreiten.

(4a) Abweichend von Abs. 4 Z 1 darf die Dauer eines verlängerten Dienstes von

           1. Ärzten/Ärztinnen,

           2. Apothekern/Apothekerinnen gemäß § 1 Abs. 2 Z 10

bis zum 31. Dezember 2017 32 Stunden, bei einem verlängerten Dienst, der am Vormittag eines Samstages oder eines Tages vor einem Feiertag beginnt, 49 Stunden, und bis zum 31. Dezember 2020 für alle verlängerten Dienste 29 Stunden nicht überschreiten.

(4b) Abweichend von Abs. 4 Z 2 kann durch Betriebsvereinbarung oder im Einvernehmen mit der Personalvertretung zugelassen werden, dass die durchschnittliche Wochenarbeitszeit bis zum 31. Dezember 2017 60 Stunden und bis zum 31. Dezember 2020 55 Stunden betragen kann. Eine solche Arbeitszeitverlängerung ist darüber hinaus nur zulässig, wenn auch der einzelne Dienstnehmer/die einzelne Dienstnehmerin im Vorhinein schriftlich zugestimmt hat.“

4. § 7 Abs. 3 lautet:

„(3) Nach verlängerten Diensten gemäß § 4 ist die folgende Ruhezeit um jenes Ausmaß zu verlängern, um das der verlängerte Dienst 13 Stunden überstiegen hat, mindestens jedoch um elf Stunden.“

5. In § 7a Abs. 3 entfällt die Z 4. Der Strichpunkt in Z 3 wird durch einen Punkt ersetzt.

6. In § 8 Abs. 1 wird folgender Satz angefügt:

„Eine Verlängerung der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit ist nur zulässig, wenn der einzelne Dienstnehmer/die einzelne Dienstnehmerin schriftlich zugestimmt hat.“

7. In § 8 Abs. 3 wird anstelle des Zitates „§ 4“ das Zitat „§ 4 Abs. 4 Z 1 und 3 sowie Abs. 5“ eingefügt.

8. In § 8 Abs. 4 wird das Zitat „Abs. 3“ durch das Zitat „Abs. 1 und 3“ ersetzt.

9. Nach § 11a wird folgender § 11b samt Überschrift eingefügt:

„Zustimmung

§ 11b. (1) Eine schriftliche Zustimmung des einzelnen Dienstnehmers/der einzelnen Dienstnehmerin im Rahmen des § 4 Abs. 4b oder § 8 Abs. 1 letzter Satz darf nicht im Zusammenhang mit der Begründung des Dienstverhältnisses stehen. Diese Zustimmung kann mit einer Vorankündigungsfrist von acht Wochen

           1. für den nächsten Durchrechnungszeitraum,

           2. bei einem Durchrechnungszeitraum von mehr als 17 Wochen auch für den nächsten 17‑Wochen-Zeitraum oder verbleibenden kürzeren Zeitraum

schriftlich widerrufen werden.

(2) Dienstgeber/Dienstgeberinnen dürfen Dienstnehmer/Dienstnehmerinnen, die einer Verlängerung der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit im Rahmen des § 4 Abs. 4b und § 8 Abs. 1 letzter Satz nicht zustimmen oder ihre Zustimmung widerrufen haben, gegenüber anderen Dienstnehmern/Dienstnehmerinnen nicht benachteiligen. Dieses Diskriminierungsverbot betrifft insbesondere sämtliche Arbeitsbedingungen, die Verlängerung von Dienstverhältnissen, Entgeltbedingungen, Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen, Aufstiegschancen und Beendigung des Dienstverhältnisses.

(3) Dienstgeber/Dienstgeberinnen haben ein aktuelles Verzeichnis der Dienstnehmer/Dienstnehmerinnen zu führen, die einer Verlängerung der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit im Rahmen des § 4 Abs. 4b oder § 8 Abs. 1 letzter Satz schriftlich zugestimmt haben. Bei Widerruf ist der Dienstnehmer/die Dienstnehmerin aus dem Verzeichnis zu streichen. Diesem Verzeichnis sind Ablichtungen der Zustimmungserklärungen beizulegen.“

10. Nach § 12 Abs. 1 Z 5 wird folgende Z 6 eingefügt:

         „6. die Anzeigepflicht gemäß § 8 Abs. 4 verletzen,“

11. Nach § 15 Abs. 2l wird folgender Abs. 2m eingefügt:

„(2m) § 1 Abs. 2 Z 10, § 3 Abs. 4 und 4a, § 4 Abs. 4, 4a und 4b, § 7a Abs. 3 Z 3, § 8 Abs. 1, § 8 Abs. 3, § 8 Abs. 4, § 11b sowie § 12 Abs. 1 Z 6 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XXX/2014 treten mit 1. Jänner 2015 in Kraft. Mit diesem Zeitpunkt entfällt § 7a Abs. 3 Z 4.“

 

Zuweisungsvorschlag: Ausschuss für Arbeit und Soziales

Begründung

Allgemeiner Teil

Hauptgesichtspunkt des Entwurfs:

Das Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz entspricht nicht der Richtlinie 2003/88/EG über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (im Folgenden: Arbeitszeit-RL), ABl. L 299 vom 18.11.2003, S. 9, im Sinne der ständigen Rechtsprechung des EuGH.

Die Europäische Kommission hat mit Schreiben vom 21. Februar 2014 Österreich aufgefordert, die Unionsrechtskonformität ua. in folgenden Bestimmungen herzustellen, andernfalls in letzter Konsequenz eine Klage vor dem EUGH eingereicht wird:

‑       Die durchschnittliche Wochenarbeitszeit von 60 Stunden bei Vorliegen von Arbeitsbereitschaft bei verlängerten Diensten in § 4 Abs. 4 Z 3 widerspricht Art. 6 iZm Art. 2 der Arbeitszeit-RL, wonach 48 Stunden durchschnittliche Wochenarbeitszeit nicht überschritten werden dürfen.

‑       Die Ausnahme von den durchschnittlich 48 Stunden Wochenarbeitszeitgrenzen gemäß § 8 Abs. 1 und 3 KA-AZG ist nicht von der Arbeitszeit-RL gedeckt.

‑       Die Ausgleichsruhezeit für verlängerte Dienste gemäß § 7 Abs. 3 KA-AZG muss sofort genommen werden und nicht wie derzeit innerhalb der nächsten 17 Kalenderwochen.

‑       Die vorgesehene Möglichkeit der finanziellen Abgeltung der Ersatzruhe in Sonderfällen gemäß § 7a Abs. 3 Z 4 widerspricht Art. 5 der Arbeitszeit-RL.

Mit diesem Entwurf wird Unionrechtskonformität hinsichtlich der angeführten Gesetzesbestimmungen hergestellt. Gleichzeitig wird die Dienstdauer auf 25 Stunden für alle Dienstnehmer/Dienstnehmerinnen etappenweise verkürzt.

Besonderer Teil

Zu Z 1 (§ 1 Abs. 2 Z 10)

Es erfolgt eine Zitatanpassung an das geltende Apothekengesetz.

Zu Z 2 (§ 3 Abs. 4 und 4a)

Abs. 4 Z 1 entspricht dem geltenden Abs. 4.

Mit Abs.  4 Z 2 wird die Möglichkeit geschaffen, durch Betriebsvereinbarung unter Einhaltung des § 3 Abs. 3 eine Verlängerung des Durchrechnungszeitraumes auf ein Jahr zuzulassen, wenn dies aus objektiven Gründen arbeitsorganisatorischer oder technischer Art notwendig ist.

Dies betrifft einerseits Notfälle iSd § 8 Abs. 3, bei denen es keine Verlängerungsmöglichkeiten der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit über die 48-Stunden-Grenze hinaus mehr geben wird. Andererseits kann mit Betriebsvereinbarung unter Einhaltung des § 3 Abs. 3 auch ab dem 1. Jänner 2021 der Durchrechnungszeitraum für Ärzte/Ärztinnen, Apotheker/Apothekerinnen und pharmazeutische Hilfskräfte auf ein Jahr verlängert werden, da ab diesem Zeitpunkt eine durchschnittliche Wochenarbeitszeit von mehr als 48 Stunden auch nicht mehr mit freiwilliger Zustimmung der Dienstnehmer/Dienstnehmerinnen zulässig sein wird.

Damit wird von der Ausnahmemöglichkeit des Art. 19 der Arbeitszeit-RL Gebrauch gemacht.

Abs. 4a setzt eine Forderung der Praxis um, die Handhabung von Abwesenheitszeiten bei der Durchrechnung der Arbeitszeit klarzustellen.

Wenn es bereits einen Dienstplan gibt und der/die Dienstnehmer/in abwesend ist, ist die Behandlung dieser Abwesenheitszeiten kein Problem, weil dann die in der Diensteinteilung angeführten Zeiten heranzuziehen sind (Z 1). Erkrankungen treten kurzfristig auf und sind meist Fälle der Z 1.

Wurde hingegen noch keine konkrete Diensteinteilung getroffen, müssen die Abwesenheitszeiten nach Art. 16 lit. b der Arbeitszeitrichtlinie unberücksichtigt bleiben. Dies ist meist bei Urlauben der Fall.  Fallen daher z.B. in einen Durchrechnungszeitraum von 17 Wochen bei einer 5-Tage-Woche zwei ganze Abwesenheitswochen und zwei weitere Abwesenheitstage, ergibt sich eine Anwesenheitszeit von 14,6 Wochen und eine Abwesenheitszeit von 2,4 Wochen. Zur Errechnung der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit sind daher die tatsächlich geleisteten Arbeitszeiten zu addieren und durch 14,6 zu dividieren.

Diese Regelungen sind jedoch nur für die Berechnung der durchschnittlichen Arbeitszeit heranzuziehen. Die Frage der Entlohnung dieser Abwesenheitszeiten wird dadurch nicht berührt.

Zu 3 (§ 4 Abs. 4 bis 4b):

Art. 2 der Arbeitszeit-RL definiert Arbeitszeit als jede Zeitspanne, während der Dienstnehmer/Dienstnehmerinnen gemäß den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten arbeiten, den Dienstgebern/Dienstgeberinnen zur Verfügung stehen und ihre Tätigkeit ausüben oder Aufgaben wahrnehmen. Ruhezeit wird definiert als jede Zeitspanne außerhalb der Arbeitszeit.

Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH sind Bereitschaftszeiten, bei denen die Dienstnehmer/Dienstnehmerinnen am Arbeitsplatz physisch anwesend sein müssen, als Arbeitszeit und nicht als Ruhezeit zu betrachten (Rechtssachen C‑303/98, Sindicato de Médicos de Asistencia Pública (Simap)/Conselleria de Sanidad y Consumo de la Generalidad Valenciana, Slg. 2000, 1‑7963; C‑l51/02, Landeshauptstadt Kiel/Norbert Jaeger, Slg. 2003, 1‑8389; C‑14/04, Abdelkader Dellas u. a./Premier ministre and Ministre des Affaires sociales, du Travail et de la Solidanté, Slg. 2005, 1‑10253).

Die wöchentliche – durchschnittliche – Arbeitszeit pro Siebentageszeitraum darf gemäß Art. 6 der Arbeitszeit-RL einschließlich der Überstunden 48 Stunden nicht überschreiten.

§ 4 Abs. 4 Z 4 KA-AZG lässt nach geltendem Recht bei verlängerten Diensten bei Vorliegen von Arbeitsbereitschaft wöchentliche Arbeitszeiten unter Berücksichtigung von Arbeitsbereitschaft bis zu durchschnittlich 60 Stunden zu und verstößt daher nach Auffassung der Kommission gegen Art. 6 der Arbeitszeit-RL.

Art. 22 lässt eine Abweichung unter bestimmten Voraussetzungen zu. Wichtigste Voraussetzung ist, dass jede Überschreitung der durchschnittlich 48 Stunden nur mit individueller Zustimmung der einzelnen Dienstnehmer/Dienstnehmerinnen zulässig sein kann.

Mit den neu eingefügten Abs. 4 bis 4b wird die Regelung der Wochenarbeitszeit unionrechtskonform gestaltet. Gleichzeitig erfolgt eine Senkung der Dienstdauer von 49 bzw. 32 Stunden in Etappen auf 25 Stunden.

Mit dem neuen Abs. 4 werden die ab 1. Jänner 2021 erlaubten Arbeitszeitgrenzen dargestellt. Ab diesem Zeitpunkt darf die Dauer eines verlängerten Dienstes 25 Stunden, die Wochenarbeitszeit innerhalb eines Durchrechnungszeitraumes von 17 Wochen im Durchschnitt 48 Stunden und die Arbeitszeit in den einzelnen Wochen des Durchrechnungszeitraumes 72 Stunden nicht überschreiten. Im Einleitungssatz wird zur Klarstellung nochmals darauf hingewiesen, dass diese Arbeitszeitgrenzen nur dann gelten, wenn verlängerte Dienste durch Betriebsvereinbarung oder im Einvernehmen mit der Personalvertretung sowie unter Einhaltung des § 3 Abs. 3 gemäß Abs. 1 zugelassen wurden.

Gemäß Abs. 4a gilt folgende Übergangsbestimmung für die Dienstdauer: Ab 1. Jänner 2015 (Inkrafttreten der Novelle) sind Wochenend- und Feiertagsdienste mit 49 und die übrigen Dienste mit 32 Stunden begrenzt. Ab 1. Jänner 2018 sind alle Dienste mit 29 Stunden begrenzt. Ab 1. Jänner 2021 sind alle Dienste mit 25 Stunden begrenzt.

Die Z 3 des bisherigen Abs. 4 (pharmazeutische Hilfskräfte) wird mit diesem Entwurf deshalb nicht berücksichtigt und entfällt, weil die für eine Ausnahme erforderliche Verordnung gemäß § 5 Abs. 2 des Apothekengesetzes nie erlassen worden und daher nie wirksam geworden ist. Mittlerweile sind pharmazeutische Hilfskräfte im Apothekengesetz nicht mehr vorgesehen. Die nunmehr im Lehrberuf ausgebildeten pharmazeutisch-kaufmännischen Assistenten/Assistentinnen verrichten keine Tätigkeiten  die zur Aufrechterhaltung des Betriebes ununterbrochen erforderlich sein können (vgl. das Berufsprofil in der Pharmazeutisch-kaufmännischen Assistenz-Ausbildungsordnung, BGBl. II Nr. 137/2014).

Abs. 4b enthält die EU-rechtlich notwendige individuelle Zustimmung der Dienstnehmer/Dienstnehmerinnen für die Überschreitung der 48-Stunden-Grenze. Dies ist eine zusätzliche Voraussetzung neben der Zulassung durch Betriebsvereinbarung oder im Einvernehmen mit der Personalvertretung sowie der Einhaltung des § 3 Abs. 3.

Mittelfristig soll die durchschnittliche Wochenarbeitszeit jedoch mit 48 Stunden begrenzt werden. Die durchschnittliche Wochenarbeitszeit darf mit individueller Zustimmung bis zum 31. Dezember 2017 ‑ so wie nach geltendem Recht ‑ 60 Stunden und bis zum 31. Dezember 2020 55 Stunden betragen. Ab 1. Jänner 2021 darf die durchschnittliche Wochenarbeitszeit nur mehr 48 Stunden betragen. Die freiwillige Überschreitung dieser Grenze ist daher nur eine Übergangslösung.

Die weiteren nach Art. 22 der Arbeitszeit-Richtlinie notwendigen vorgesehenen Begleitmaßnahmen zur individuellen Zustimmung werden mit § 11b festgelegt.

Zu Z 4 (§ 7 Abs. 3):

Gemäß Art. 3 der Arbeitszeit-RL treffen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen, damit allen Dienstnehmern/Dienstnehmerinnen pro 24-Stunden-Zeitraum eine Mindestruhezeit von elf zusammenhängenden Stunden gewährt wird.

Art. 17 Abs. 2 der Arbeitszeit-RL sieht Abweichungsmöglichkeiten von Art. 3, 4 und 5 vor, sofern die betroffenen Dienstnehmer/Dienstnehmerinnen gleichwertige Ausgleichsruhezeiten oder in Ausnahmefällen, in denen die Gewährung solcher gleichwertigen Ausgleichsruhezeiten aus objektiven Gründen nicht möglich ist, einen angemessenen Schutz erhalten. Solche Abweichungsmöglichkeiten sind im Rahmen des Art. 17 Abs. 3 zulässig, wobei unter lit. c i Tätigkeiten angeführt sind, die dadurch gekennzeichnet sind, dass die Kontinuität des Dienstes oder der Produktion gewährleistet sein muss, und zwar insbesondere bei Aufnahme-, Behandlungs- und/oder Pflegediensten von Krankenhäusern oder ähnlichen Einrichtungen, einschließlich der Tätigkeiten von Ärzten/Ärztinnen in der Ausbildung.

Auch Art. 18 der Arbeitszeit-RL sieht Abweichungsmöglichkeiten von Art. 3, 4, 5, 8 und 16 durch Kollektivvertrag oder Betriebsvereinbarung nur vor, wenn die betroffenen Dienstnehmer/Dienstnehmerinnen gleichwertige Ausgleichsruhezeiten oder in Ausnahmefällen, in denen die Gewährung solcher Ausgleichsruhezeiten aus objektiven Gründen nicht möglich ist, einen angemessenen Schutz erhalten.

Nach Rechtsprechung des EuGH (Rechtssache C‑l51/02, Jaeger, a.a.O., Randnr. 94) müssen sich gleichwertige Ausgleichsruhezeiten bei entgangener täglicher Ruhezeit „unmittelbar an die Arbeitszeit anschließen, deren Ausgleich sie dienen, um eine Ermüdung oder Überlastung des Arbeitnehmers durch die Kumulierung aufeinanderfolgender Arbeitsperioden zu verhindern“.

§ 7 Abs. 3 KA-AZG legt nach geltendem Recht fest, dass bei verlängerten Diensten gemäß § 4 eine Ruhezeit um jenes Ausmaß, um das der verlängerte Dienst 13 Stunden überstiegen hat, mindestens jedoch jeweils um elf Stunden zu verlängern ist, wobei diese Ausgleichsruhezeit innerhalb der nächsten 17 Kalenderwochen und nicht sofort erfolgen muss.

Nachdem ein Ausgleich für entgangene tägliche Ruhezeiten erst nach 17 Kalenderwochen und nicht „unmittelbar“ erfolgen muss, widerspricht diese Bestimmung – auch nach Auffassung der Kommission – Art. 3 der Arbeitszeit-RL und wird daher mit dem neuen § 7 Abs. 3 geändert.

Zu Z 5 (Entfall des § 7a Abs. 3 Z 4):

Gemäß Art. 5 der Arbeitszeit-RL treffen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen, damit allen Dienstnehmern/Dienstnehmerinnen pro Siebentageszeitraum eine kontinuierliche Mindestruhezeit von 24 Stunden zuzüglich der täglichen Ruhezeit von elf Stunden gemäß Art. 3 gewährt wird. Wenn objektive, technische oder arbeitsorganisatorische Umstände dies rechtfertigen, kann eine Mindestruhezeit von 24 Stunden gewählt werden.

Gemäß § 3 Arbeitsruhegesetz (ARG) haben Dienstnehmer/Dienstnehmerinnen in jeder Kalenderwoche Anspruch auf eine ununterbrochene Ruhezeit von 36 Stunden.

Gemäß § 7a KA-AZG kann durch Kollektivvertrag, Betriebsvereinbarung oder im Einvernehmen mit der Personalvertretung die wöchentliche Ruhezeit weniger als 36 Stunden betragen oder in einzelnen Wochen ganz entfallen, sofern in einem bestimmten Zeitraum die durchschnittliche Ruhezeit von 36 Stunden erreicht wird, wobei nur mindestens 24‑stündige Ruhezeiten in die Berechnung einfließen dürfen.

Gemäß § 7a Abs. 3 Z 4 KA-AZG kann in Ausnahmefällen zur Aufrechterhaltung des Anstaltsbetriebes die Ausgleichsruhezeit durch eine finanzielle Abgeltung der Ersatzruhe ersetzt werden.

Die Kommission hält diese Bestimmung für nicht vereinbar mit Art. 5 iZm Art. 18, da der EuGH bereits im Zusammenhang mit Art. 17 entschieden hat, dass es „nur unter ganz außergewöhnlichen Umständen zulässig ist, dass Dienstnehmern einen anderen angemessenen Schutz erhalten, weil die Gewährung gleichwertiger Ausgleichsruhezeiten aus objektiven Gründen nicht möglich ist“ (Rechtssache C‑l51/02, Jaeger, a.a.O., Randnr. 98).

Der EuGH führt aus: Die Vorschriften für Mindestruhezeiten sind „besonders wichtige Regeln des Sozialrechts der Gemeinschaft, die jedem Dienstnehmer als ein zum Schutz seiner Sicherheit und Gesundheit bestimmter Mindestanspruch zugutekommen müssen“, und daher ergibt sich, „dass die in der Richtlinie vorgesehenen täglichen und wöchentlichen Ruhezeiten den Dienstnehmern tatsächlich zur Verfügung stehen müssen“ (Rechtssache C‑484/04, Kommission der Europäischen Gemeinschaften/Vereinigtes Königreich Großbritannien und Irland, Slg 2006, I‑7471, Randnr. 38 und 39).

Die Kommission ist daher der Auffassung, dass eine finanzielle Abgeltung ‑ wenn auch nur für Ausnahmefälle ‑ nicht als ausreichender „anderer Schutz“ zu betrachten ist, da es Dienstnehmern/Dienstnehmerinnen nicht ermöglicht wird, zu ruhen und sich zu erholen.

Somit ist § 7a KA-AZG nicht mit Art. 5 der Arbeitszeit-RL vereinbar und muss entfallen.

Zu Z 6 (§ 8 Abs. 1):

Gemäß § 8 Abs. 1 KA-AZG kann auch die Grenze der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit von 48 Stunden unter außergewöhnlichen und unvorhersehbaren Umständen zeitweilig überschritten werden, wenn die Patientenversorgung nicht unterbrochen werden kann oder Patienten/Patientinnen unverzüglich versorgt werden müssen und eine Lösung mit anderen organisatorischen Maßnahmen nicht möglich ist.

Art. 17 der Arbeitszeit-RL sieht keine Ausnahme von der zulässigen Arbeitszeitgrenze von durchschnittlich 48 Stunden vor, sodass die Kommission § 8 Abs. 1 KA-AZG hinsichtlich der Überschreitung der wöchentlichen Arbeitszeitgrenze von 48 Stunden für unvereinbar mit Art. 6 der Arbeitszeit-RL hält. Es wird daher die Ausnahmemöglichkeit hinsichtlich der erlaubten durchschnittlichen Wochenarbeitszeit an die notwendige Zustimmung der Dienstnehmer/Dienstnehmerinnen gebunden.

Abweichungen von sonstigen Bestimmungen (z.B. Arbeitszeit in einzelnen Wochen, Ruhezeiten) sind weiterhin ohne individuelle Zustimmung möglich. Ärzt/innen können daher in Notfällen auch ohne vorherige Zustimmung die Dienstdauer von 25 Stunden und die Höchstarbeitszeit in einzelnen Wochen von 72 Stunden überschreiten und Ruhezeiten verkürzen. Die Ärzt/innen können jedoch im Nachhinein zustimmen, dass für diese Mehrarbeit kein Ausgleich erfolgt und damit die durchschnittliche Wochenarbeitszeit überschritten wird.

Die Zustimmung kann auch für alle künftigen Notfälle abgegeben werden.

Zu Z 7 (§ 8 Abs. 3):

§ 8 Abs. 3 KA-AZG lässt unter bestimmten Voraussetzungen eine Überschreitung der wöchentlichen Arbeitszeitgrenze von 48 Stunden nach den Intentionen des Art. 22 der Arbeitszeit-RL zu. Die Europäische Kommission hält § 8 Abs. 3 KA-AZG für unvereinbar mit Art. 6 der Arbeitszeit-RL.

Es entfällt die Überschreitungsmöglichkeit hinsichtlich der Wochenarbeitszeit. Gleichzeitig wird auf den neuen § 3 Abs. 4 Z 2 hingewiesen, mit dem festgelegt wird, dass durch Betriebsvereinbarung unter Einhaltung des § 3 Abs. 3 der Durchrechnungszeitraum bei Notfällen aus objektiven, technischen oder arbeitsorganisatorischen Gründen auf 52 Wochen verlängert werden kann.

Zu Z 8 und 10 (§ 8 Abs. 4 und § 12 Abs. 1 Z 5):

Es wird eine Anzeigepflicht an die Arbeitsinspektorate – so wie bereits jetzt für die Notfälle des § 8 Abs. 3 – auch für die Notfälle des § 8 Abs. 1 aufgenommen. Diese Anzeige muss keine Gründe für die Überschreitung der Arbeitszeiten anführen.

Die Verletzung der Anzeigepflicht nach § 8 Abs. 4 wird in den Katalog der Strafbestimmungen (§ 12) aufgenommen.

Zu Z 9 (§ 11b):

Art. 22 lässt eine Abweichung bzw. generell eine Nichtanwendung des Art. 6 unter bestimmten Voraussetzungen zu.

Ganz wesentlich ist dabei die individuelle Zustimmung der einzelnen Dienstnehmer/Dienstnehmerinnen, die in § 4 Abs. 4b und § 8 Abs. 1 KA-AZG vorgesehen wird. Bei generellen verlängerten Diensten gemäß § 4 ist diese Zustimmung zusätzlich zur dort vorgesehenen Betriebsvereinbarung bzw. zum Einvernehmen mit der Personalvertretung auf Betriebsebene unter Einhaltung des § 3 Abs. 3 zu erteilen.

In § 11b werden die sonstigen Regelungen für diese freiwillige Zustimmung für beide Fälle festgelegt. Diese Zustimmung muss schriftlich, und zwar im Fall des § 4 Abs. 4b stets im Vorhinein, im Fall des § 8 Abs. 1 im Vorhinein oder im Nachhinein erfolgen und darf nicht im Zusammenhang mit der Begründung des Dienstverhältnisses stehen. Sie kann nach einer Vorankündigungsfrist von acht Wochen für den nächsten Durchrechnungszeitraum schriftlich widerrufen werden, sofern der Durchrechnungszeitraum 17 Wochen beträgt. Bei über 17-wöchigen Durchrechnungszeiträumen kann auch während eines Durchrechnungszeitraumes ein Widerruf erfolgen, allerdings immer nur ab dem nächsten 17 Wochenzeitraum und solange keine anderslautende Willenserklärung erfolgt, sodass eine gewisse Dienstplansicherheit gegeben ist, die sowohl im Interesse der Dienstnehmer/innen als auch der Dienstgeber/Dienstgeberinnen liegt.

Dienstnehmer/Dienstnehmerinnen, die ihre Zustimmung nicht erteilen oder widerrufen haben, dürfen von den Dienstgebern/Dienstgeberinnen nicht benachteiligt werden. Ein Benachteiligungsverbot bei den Entgeltbedingungen bedeutet, dass z.B. Zulagen nicht gänzlich vorenthalten werden dürfen, sondern jedenfalls aliquot gewährt werden müssen.

Dienstgeber/Dienstgeberinnen haben ein aktuelles Verzeichnis der Dienstnehmer/Dienstnehmerinnen zu führen, die einer Verlängerung der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit schriftlich zugestimmt haben. Dieses Verzeichnis ist gemäß § 8 Abs. 1 und 3 Arbeitsinspektionsgesetz auf Verlangen der Arbeitsinspektion vorzulegen und zu übermitteln. Bei Widerruf ist der Dienstnehmer/die Dienstnehmerin aus dem Verzeichnis zu streichen. Diesem Verzeichnis sind Ablichtungen der Zustimmungserklärungen beizulegen.