Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Hauptgesichtspunkte des Entwurfes:

1. Binnenschifffahrt:

Die Richtlinie 2003/88/EG über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung, ABl. Nr. L 299 vom 18.11.2003 S. 9 gilt für fast alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, soweit nicht gemäß Art. 14 eine spezifischere Richtlinie erlassen wurde.

Am 15. Februar 2012 haben die Europäischen Sozialpartner für den Bereich der Binnenschifffahrt eine Europäische Vereinbarung über die Regelung bestimmter Aspekte der Arbeitszeitgestaltung abgeschlossen. und gemeinsamen beantragt, diese Vereinbarung in Form einer Richtlinie durchzuführen.

In weiterer Folge wurde die Richtlinie 2014/112/EU zur Durchführung der von der Europäischen Binnenschifffahrts Union (EBU), der Europäischen Schifferorganisation (ESO) und der Europäischen Transportarbeiter-Föderation (ETF) geschlossenen Europäischen Vereinbarung über die Regelung bestimmter Aspekte der Arbeitszeitgestaltung in der Binnenschifffahrt, ABl. Nr. L 367 vom 23.12.2014 S. 86 erlassen, diese ist spätestens bis zum 31. Dezember 2016 umzusetzen.

Da die österreichische Rechtslage nicht zur Gänze dieser Richtlinie entspricht, sind legistische Umsetzungsmaßnahmen im AZG und im ARG hinsichtlich folgender Bestimmungen des Anhangs zur Richtlinie notwendig:

‑       § 4 (Tägliche Höchstarbeitszeit)

‑       §§ 5 und 7 (Ruhezeiten)

‑       § 9 (Nachtarbeit)

‑       § 12 (Kontrolle)

2. Lenker:

Anhang III zur Richtlinie 2006/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über die Mindestbedingungen für die Durchführung der Verordnungen (EWG) Nr. 3820/85 und (EWG) Nr. 3821/85 des Rates über Sozialvorschriften für Tätigkeiten im Kraftverkehr sowie zur Aufhebung der Richtlinie 88/599/EWG des Rates, ABl. Nr. L 102 vom 11.4.2006 S. 35, enthält bisher eine Einteilung der Übertretungen im Bereich der EU-Sozialvorschriften je nach Schweregrad in drei Kategorien (leicht, schwer, sehr schwer). Mit der Neufassung dieses Anhangs III durch die Verordnung (EU) 2016/403, ABl. Nr. L 74 vom 19.03.2016 S. 8, wurde eine vierte Kategorie von schwersten Übertretungen („most serious infringements“) eingeführt, was eine Anpassung der bisherigen Einteilung in § 28 Abs. 6 erfordert. Auch diese hat spätestens bis zum 31. Dezember 2016 zu erfolgen.

Bei der Beförderung von Künstlerinnen und Künstlern mit einem hohen Bekanntheitsgrad zwischen den Auftritten im Rahmen einer Tournee ist die Abhaltung einer Ruhepause, bei der die Lenkerinnen und Lenker das Fahrzeug verlassen können, auf öffentlich zugänglichen Flächen wie Parkplätze oder Raststätten, oft nicht zumutbar. Es wird daher bei Mehrfahrerbetrieb zugelassen, die Ruhepause im fahrenden Fahrzeug zu verbringen, wenn dem/der jeweiligen Beifahrer/in eine erholungswirksame Pause durch entsprechende Ausstattung des Fahrzeuges ermöglicht wird.

Kompetenzgrundlage:

Die Zuständigkeit des Bundes gründet sich auf Art. 10 Abs. 1 Z 11 B–VG (Arbeitsrecht).

Vereinbarung über den Konsultationsmechanismus BGBl. I Nr. 35/1999:

Dieses Gesetz unterliegt nicht der Vereinbarung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden über einen Konsultationsmechanismus und einen künftigen Stabilitätspakt der Gebietskörperschaften, BGBl. I Nr. 35/1999, weil die Novelle keine finanziellen Auswirkungen auf die Gebietskörperschaften hat und nur notwendige Anpassungen an das EU-Recht enthält.

Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung des Arbeitszeitgesetzes):

Zu Z 1 (§ 9 Abs. 2):

Siehe die Erläuterungen zu § 18b Abs. 6.

Zu Z 2 und 4 (§ 13c Abs. 5 und 6 sowie § 18a Abs. 2):

Eine Tournee ist eine Serie von Auftritten von Künstlerinnen und Künstlern an verschiedenen Orten (z.B. Konzertreise mit mehreren Auftritten von Musikerinnen, Musikern oder Musikgruppen). Bei der Beförderung von Personen mit einem hohen Bekanntheitsgrad bzw. deren Crew zwischen den Auftritten ist die Abhaltung einer Ruhepause, bei der die Lenkerinnen und Lenker das Fahrzeug verlassen können, auf öffentlich zugänglichen Flächen wie Parkplätze oder Raststätten oft nicht zumutbar. Es wird daher zugelassen, die Ruhepause im fahrenden Fahrzeug zu verbringen, wenn dem Fahrpersonal eine erholungswirksame Pause durch entsprechende Ausstattung des Fahrzeuges ermöglicht wird.

Die Tourneebusse sind in der Regel als Spezialkraftwagen zugelassen und verfügen über entsprechende Schlafgelegenheiten. Diese müssen den Lenkerinnen und Lenkern während der Pause ebenso zur Verfügung stehen wie die Sitzgelegenheiten außerhalb des Führerhauses bzw. der Fahrerkabine und eine Bordtoilette. Da die Lenkerinnen und Lenker bei solchen Ruhepausen in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt sind, sollen sie zur Arbeitszeit zählen. Da das Kontrollgerät bei Doppelbesatzungen während der Fahrt für jenes Mitglied des Fahrpersonals, das gerade nicht lenkt, automatisch auf „Bereitschaftszeit“ schaltet, kann die Ruhepause nur durch händisches Eintragen auf einem Ausdruck des Kontrollgeräts nach Ende der Einsatzzeit aufgezeichnet werden.

Die Neuregelung ist für O-Busse nicht anwendbar, daher erfolgt eine Zitatanpassung im § 18a Abs. 2.

Zu Z 3 (§ 18 Abs. 1 Z 4):

Bisher gelten im Schiffsdienst für Hafenunternehmen dieselben Bestimmungen wie für den Schiffsdienst in Schifffahrtsunternehmen. Da die Richtlinie 2014/112/EU jedoch nur für letztere gilt, ist künftig eine Differenzierung notwendig.

Zu Z 5 (§ 18b):

Abs. 1:

Der Abs. 1 bleibt inhaltlich unverändert, gilt aber nur mehr für den Schiffsdienst von Hafenunternehmen.

Abs. 2:

Die aufgrund der Richtlinie 2014/112/EU notwendigen Anpassungen für den Schiffsdienst in Schifffahrtsunternehmen werden künftig in den Abs. 3 bis 9 zusammengefasst.

Abs. 3:

Der bisherige § 18b Abs. 1 betreffend die Verkürzung der täglichen Arbeitszeit widerspricht § 7 lit. a der Vereinbarung, da die tägliche Mindestruhezeit 10 Stunden nicht unterschreiten darf. Eine Teilung ist jedoch zulässig, wenn ein Teil mindestens sechs Stunden beträgt. Abs. 3 enthält daher die notwendige Anpassung unter Beibehaltung der bisherigen Systematik des Abs. 1.

Abs. 4:

§ 7 der Vereinbarung sieht vor, dass jeder Arbeitnehmerin und jedem Arbeitnehmer sowohl eine 10-stündige tägliche Ruhezeit (lit. a), als auch in jedem 7-Tages-Zeitraum insgesamt Mindestruhezeiten von 84 Stunden (lit. b) zustehen. In Umsetzung von § 7 lit. b der Vereinbarung wird daher vorgesehen, dass die Gesamtruhezeit (diese ist definiert als Summe aller täglichen Ruhezeiten sowie der wöchentlichen Ruhezeit) innerhalb einer Kalenderwoche 84 Stunden nicht unterschreiten darf. Dies gilt selbst dann, wenn die wöchentliche Ruhezeit gemäß § 19 Abs. 2 Z 1 ARG verkürzt wird oder ganz entfällt.

Die Notwendigkeit einer ausdrücklichen Beschränkung der Gesamtruhezeit ergibt sich u.a. daraus, weil der Kollektivvertrag gemäß § 9 Abs. 3 AZG in Verbindung mit § 18 Abs. 3 AZG sowie § 19 Abs. 2 ARG theoretisch (etwa durch die Zulassung von sieben 14-Stunden-Diensten in Folge – einschließlich Arbeitsbereitschaft – kombiniert mit dem Entfall einer wöchentlichen Ruhezeit) derzeit in einzelnen Wochen auch eine Wochenarbeitszeit von bis zu 98 Wochenstunden zulassen könnte, was jedenfalls der Richtlinie widerspricht. Aus dieser Bestimmung darf aber jedenfalls nicht der Umkehrschluss gezogen werden, dass die wöchentliche Arbeitszeit jedenfalls bis zu 84 Stunden betragen darf.

Abs. 5:

§ 9 der Vereinbarung beschränkt die wöchentliche Höchstarbeitszeit während der Nacht (das ist im Sinne der Richtlinie der Zeitraum von 23 bis 6 Uhr) auf 42 Stunden, das entspricht sechs vollen Nachtdiensten. Diese Regelung wird im Abs. 5 dahingehend umgesetzt, dass der von der Vereinbarung vorgesehene (und von der österreichischen Definition in § 12a Abs. 1 abweichende) Nachtzeitraum im Gesetz selbst definiert wird. Damit ist ausreichend klargestellt, dass die im Abschnitt 3a vorgesehenen Regelungen (insbesondere betreffend Untersuchungen, Versetzungs- und Informationsrecht) auch in der Binnenschifffahrt unverändert zur Anwendung kommen.

Abs. 6:

§ 18 Abs. 2 AZG ermöglicht derzeit im Verkehrsbereich kollektivvertragliche Abweichungen von der Tageshöchstarbeitszeit ohne jede Beschränkung, sofern dies die Aufrechterhaltung des Verkehrs erfordert. Dies widerspricht § 4 Abs. 1 lit. a der Vereinbarung, die eine Beschränkung der täglichen Höchstarbeitszeit auf 14 Stunden verlangt. Im Abs. 6 wird daher eine entsprechende Ausnahme von § 18 Abs. 2 festgelegt, diese ist auch im § 9 Abs. 2 zu berücksichtigen.

Abs. 7:

§ 12 Abs. 4 der Vereinbarung enthält eine Aufzählung der Mindestangaben, die für die Arbeitszeitaufzeichnungen verlangt werden, diese wird im Abs. 7 übernommen. Die meisten dieser Punkte sind aber ohnehin von den in § 26 Abs. 1 AZG genannten „in diesem Bundesgesetz geregelten Angelegenheiten“ erfasst, insoweit stellt Abs. 7 lediglich eine Konkretisierung dieses Begriffs dar. Die Arbeitszeitaufzeichnungen gemäß § 26 Abs. 1 umfassen aber auch Punkte, die nicht zu den Mindestvorgaben der Vereinbarung gehören, wie etwa die Ruhepausen. Ob diese auch im Bereich der Binnenschifffahrt aufzuzeichnen sind, regelt § 26 Abs. 5.

Da die schifffahrtsrechtlichen Regelungen über das Bordbuch (z.B. § 10 Schiffsbesatzungsverordnung, BGBl. II Nr. 518/2004, § 12 Seen- und Fluss-Verkehrsordnung, BGBl. II Nr. 98/2013) auch Arbeitszeitaufzeichnungen vorsehen und den Voraussetzungen des § 26 AZG weitgehend entsprechen, kann ein Bordbuch grundsätzlich auch als Arbeitszeitaufzeichnung im Sinne des AZG herangezogen werden, eine doppelte Führung solcher Aufzeichnungen ist daher nicht erforderlich. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass es Arbeitszeitabschnitte geben kann, die vom Bordbuch nicht erfasst werden; etwa dann, wenn ein Schiff sich nicht bewegt, das Personal jedoch andere Arbeiten ausführt. Diese Zeiten sind nicht im Bordbuch einzutragen, es müssen daher zusätzlich eigene Arbeitszeitaufzeichnungen darüber geführt werden.

Abs. 8:

Damit wird § 12 Abs. 2 und 3 der Vereinbarung umgesetzt, wo zum einen vorgesehen ist, dass die Arbeitszeitaufzeichnungen mindestens bis Ende des Bezugszeitraums an Bord aufbewahrt werden müssen und diese zum anderen in geeigneten Zeitabständen (spätestens bis zum nächsten Monatsende) gemeinsam vom Arbeitgeber/von der Arbeitgeberin oder der Vertretung und vom Arbeitnehmer/von der Arbeitnehmerin zu prüfen und bestätigen sind.

Abs. 9:

Mit dieser Bestimmung wird § 12 Abs. 5 der Vereinbarung umgesetzt, der eine Pflicht zur Aushändigung einer Kopie der Arbeitszeitaufzeichnungen an die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie eine Pflicht zur Mitführung für ein Jahr vorsieht.

Zu Z 6 (§§ 20 Abs. 1 und 23):

Zitatanpassungen.

Zu Z 7 bis 10 (§ 28 Abs. 1, 2 und 8):

Gemäß Art. 3 der Richtlinie 2014/112/EU legen die Mitgliedstaaten fest, welche Sanktionen bei einem Verstoß gegen die nationalen Vorschriften zur Umsetzung dieser Richtlinie zu verhängen sind. Die Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein. Dementsprechend ist die Strafbestimmung des § 28 zu adaptieren bzw. um neue Tatbestände zu erweitern.

Die bisher im § 18b Abs. 2 vorgesehene Aufzeichnungspflicht ist nunmehr im Abs. 7 geregelt (siehe Z 7 des Entwurfs). Ruhezeitverkürzungen für die Ausgleich gebührt finden sich nunmehr sowohl in Abs. 1 und 3 (siehe Z 10 des Entwurfs).

Die in § 18b Abs. 8 und 9 erster Satz vorgesehenen Pflichten, die in Zusammenhang mit den Arbeitszeitaufzeichnungen stehen (Aufbewahrung, Prüfung und Bestätigung, Aushändigung) sind hingegen neu, die Sanktionen für Verstöße finden sich in § 28 Abs. 1 Z 3 (vgl. Z 8 des Entwurfs).

Neu sind auch die Höchstgrenzen für die wöchentliche Arbeitszeit bei Nachtarbeit bzw. für die tägliche Höchstarbeitszeit in § 18b Abs. 5 und 6, § 28 Abs. 2 Z 1 wird um diese Tatbestände ergänzt (vgl. Z 9 des Entwurfs).

Ebenso werden auch Verstöße gegen die Gesamtruhezeit gemäß § 18b Abs. 4 neu in den Katalog von § 28 Abs. 2 Z 3 aufgenommen. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit scheint es daher legistisch geboten, diese Bestimmung neu zu fassen und weiter zu unterteilen (vgl. Z 10 des Entwurfs).

Zu Z 11 (§ 28 Abs. 6):

Die Einführung einer vierten Kategorie von schwersten Übertretungen („most serious infringements“) im neuen Anhang III der Kontroll-Richtlinie wird in § 28 Abs. 6 in der Weise umgesetzt, dass in der neuen Z 4 die Mindeststrafe gegenüber der bisher strengsten Kategorie von besonders schweren Übertretungen (Z 3), um 100 Euro auf künftig 400 Euro angehoben wird.

Zu Z 12 (§ 32 Z 8 und 9):

Aktualisierung bzw. Ergänzung der Aufzählung der umgesetzten Richtlinien.

Zu Z 13 (§ 34):

Beseitigung eines Redaktionsversehens in Abs. 30, sowie Festlegung des Inkrafttretens in Abs. 33.

Zu Artikel 2 (Änderung des Arbeitsruhegesetzes):

Zu Z 1 (§ 19 Abs. 6):

§ 19 Abs. 2 Z 1 ARG sieht derzeit vor, dass die wöchentliche Ruhezeit in einzelnen Wochen 36 Stunden unterschreiten oder ganz unterbleiben darf, wenn in einem kollektivvertraglich festgelegten Zeitraum eine durchschnittliche Ruhezeit von 36 Stunden erreicht wird. Für die Länge dieses Zeitraums gibt es keine Beschränkung, was im Bereich der Binnenschifffahrt § 5 der Vereinbarung widerspricht.

Der geltende Kollektivvertrag sieht eine einmonatige Durchrechnung vor und ist daher restriktiver als die Vereinbarung, die bis zu 31 aufeinander folgende Arbeitstage zulässt. Mit dem neuen Abs. 6 soll der Durchrechnungszeitraum grundsätzlich einen Monat betragen, dem Kollektivvertrag soll es aber ermöglicht werden, diesen bis zu den durch die Vereinbarung vorgesehenen Grenzen auszudehnen.

Zu Z 2 (§ 32 Z 8 und 9):

Zitatanpassungen.

Zu Z 3 (§ 33 Abs. 1x):

Bestimmung über das Inkrafttreten.

Zu Artikel 3 (Änderung des Arbeitsplatz-Sicherungsgesetzes 1991):

Zitatanpassung auf Grund der Wehrgesetznovelle BGBl. I Nr. 181/2013 und Bezeichnungsänderung.