Erläuterungen

zum Zweiten Zusatzprotokoll zum Europäischen Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen

A. Allgemeiner Teil

Das Zusatzprotokoll ist gesetzändernd bzw. gesetzesergänzend und bedarf daher der Genehmigung des Nationalrats nach Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG. Es ist nicht erforderlich, eine allfällige unmittelbare Anwendung des Abkommens im innerstaatlichen Rechtsbereich durch den Beschluss gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 4B-VG, dass dieser Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist, auszuschließen. Da durch das Zusatzprotokoll keine Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereichs der Länder geregelt werden, bedarf es keiner Zustimmung des Bundesrats gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG.

Das im Rahmen des Europarats erarbeitete Zweite Zusatzprotokoll zum Europäischen Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen vom 8.11.2001 CETS Nr. 182) übernimmt weitgehend Regelungen, die zuvor bereits auf Ebene der Europäischen Union in dem Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union vom 29.05.2000 (EU-RH-Übk., ABl. Nr. C 197 vom 12.7.2000 S. 1), das von Österreich bereits ratifiziert wurde (BGBl. III Nr. 65/2005), getroffen worden sind. Es soll die im Verhältnis zwischen den Mitgliedstaaten des Europarats bestehenden Übereinkommen auf dem Gebiet der Rechtshilfe in Strafsachen, insbesondere das Europäische Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen vom 20.04.1959 (Europ. RH-Übk.), BGBl. Nr. 41/1969, samt Erstem Zusatzprotokoll zu diesem Übereinkommen vom 17.03.1978, BGBl. Nr. 296/1983, ergänzen bzw. teilweise ersetzen; im Einzelnen sehen die Artikel 1 bis 6 vor, dass Bestimmungen des Stammübereinkommens aus dem Jahr 1959 geändert werden, während die Artikel 7 bis 29 ergänzende Regelungen enthalten.

Der wesentliche Inhalt des Zusatzprotokolls betrifft

            die Rechtshilfeleistung auch in Verfahren wegen Verwaltungsübertretungen, sofern gegen die Entscheidung ein insbesondere in Strafsachen zuständiges Gericht angerufen werden kann,

            den unmittelbaren Behördenverkehr zwischen den für die Stellung und für die Erledigung von Rechtshilfeersuchen zuständigen Behörden als Regelfall,

            den Informationsaustausch ohne Ersuchen,

            die Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen sowie von Beschuldigten auch im Wege einer Videokonferenz,

            die Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen auch per Telefonkonferenz,

            Vorschriften zur Einrichtung und zum Einsatz gemeinsamer Ermittlungsgruppen zur Durchführung strafrechtlicher Ermittlungen in einem oder mehreren der beteiligten Vertragsstaaten,

            die wechselseitige Unterstützung der Vertragsstaaten durch den Einsatz verdeckter Ermittler,

            die Durchführung kontrollierter Lieferungen von Verbotswaren durch oder aus dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats in einen anderen Vertragsstaat ohne Zugriff der Sicherheitsbehörden und

            die grenzüberschreitende Observation.

Weiters enthält es Regelungen zum Datenschutz der in Erledigung eines Rechtshilfeersuchens übermittelten Unterlagen.

Vorbehalte im Sinne der Nichtanwendung der betreffenden Bestimmungen sind nur zu nachfolgenden Artikeln zulässig: Art. 16 (Zustellung auf dem Postweg), 17 (grenzüberschreitende Observation), 18 (kontrollierte Lieferung), 19 (verdeckte Ermittlungen) und 20 (gemeinsame Ermittlungsgruppen). Es wird vorgeschlagen, dass Österreich von der Möglichkeit der Abgabe eines Vorbehalts zu einer dieser Bestimmungen keinen Gebrauch macht.

Anlässlich der Ratifikation des erwähnten Rechtsaktes hat Österreich gegenüber dem Generalsekretär des Europarats folgende Erklärungen abzugeben:

Erklärung zu Art. 6 (Bezeichnung der österreichischen Justizbehörden), 17 Abs. 4 (Bezeichnung der zur Durchführung einer grenzüberschreitenden Observation zuständigen Beamten und Behörden, an die ein Rechtshilfeersuchen um Bewilligung von deren Durchführung zu richten bzw. denen der Grenzübergang mitzuteilen ist), 18 Abs. 4 (zur Durchführung einer kontrollierten Lieferung zuständige Behörden), 19 Abs. 4 (zur Durchführung einer verdeckten Ermittlung zuständige Behörden) und 27 (Bezeichnung der zuständigen österreichischen Verwaltungsbehörden).

Das Zusatzprotokoll ist im innerstaatlichen Bereich im Wesentlichen unmittelbar anwendbar, die Erlassung von Gesetzen gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG ist nur im Zusammenhang mit den Bestimmungen der Art. 18 (kontrollierte Lieferung), 19 (verdeckte Ermittlungen) und 20 (gemeinsame Ermittlungsgruppen) erforderlich. Entsprechende Regelungen (analog zu den §§ 60, 72 ff und 76 EU-JZG) wurden durch Artikel 2 des EU-JZG-ÄndG 2014, BGBl. I Nr. 107/2014, in das Bundesgesetz vom 4.12.1979 über die Auslieferung und die Rechtshilfe in Strafsachen (Auslieferungs- und Rechtshilfegesetz; ARHG), BGBl. Nr. 529/1979 idgF, aufgenommen (s. §§ 59b, 59c, 76a und 76b).

Eine finanzielle Mehrbelastung für die Republik Österreich ist mit der Durchführung des Zusatzprotokolls nicht verbunden, da die potenziell kostenverursachenden Maßnahmen iZm Art. 18 ff. bereits auf der Grundlage des EU-RH-Übk. bzw. – mangels vertraglicher Grundlage – auf der Grundlage der oben erwähnten Bestimmungen des ARHG durchgeführt werden können. Die vorgesehene Vernehmung im Wege einer Videokonferenz wird zu keinem Mehraufwand führen, weil die dafür erforderlichen technischen Einrichtungen bereits im Zusammenhang mit den in der Strafprozessordnung enthaltenen sowie zwischen den Mitgliedstaaten der EU geltenden entsprechenden Regelungen installiert wurden.


B. Besonderer Teil

Die folgenden Erläuterungen sind im Zusammenhalt mit dem auf der Homepage des Europarates abrufbaren Erläuternden Bericht zum Zusatzprotokoll sowie – weil das Protokoll, wie erwähnt, auf Bestimmungen des EU-RH-Übk. aufbaut – mit dem Erläuternden Bericht zu diesem Übereinkommen (ABl. Nr. C 379 vom 29.12.2000 S. 7) und den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (696 BlgNR XXII. GP) zu lesen.

Zu Artikel 1:

Diese Bestimmung, die Art. 1 des Europ. RH-Übk. ersetzt, regelt den Geltungsbereich des Übereinkommens. Abs. 1 statuiert dabei die Verpflichtung zur weitestgehenden Rechtshilfeleistung in Verfahren wegen nach dem Recht des ersuchenden Staats gerichtlich strafbarer Handlungen.

Keine Anwendung findet das 2. ZP naturgemäß auf Verhaftungen, auf die Strafvollstreckung, und auf ausschließlich militärisch strafbare Handlungen (Abs. 2).

Abs. 3 geht dadurch über den Anwendungsbereich des Europ. RH-Übk. hinaus, dass – ebenso wie nach Art. 49 lit. a SDÜ und nach Art. 3 Abs. 1 des EU-RH-Übk.; dort allerdings verpflichtend – die Möglichkeit zur Rechtshilfeleistung auch für Verfahren vorgesehen wird, die nach dem innerstaatlichen Recht des ersuchenden oder des ersuchten Staats als Zuwiderhandlungen gegen Rechtsvorschriften durch Verwaltungsbehörden geahndet werden, sofern gegen die Entscheidung der Verwaltungsbehörde ein insbesondere in Strafsachen zuständiges Gericht angerufen werden kann.

Im Hinblick auf die im österreichischen Verwaltungsstrafverfahren bestehende Rechtsmittelmöglichkeit an die Verwaltungsgerichte, wird es künftig auch im Verhältnis zu den übrigen Vertragsstaaten im Sinne der bereits auf der Grundlage von Art. 49 lit. a des Übereinkommens zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14.6.1985 betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen (Schengener Durchführungsübereinkommen; SDÜ), BGBl. III Nr. 90/1997,und Art. 3 Abs. 1 EU-RH-Übk. geübten Vorgangsweise möglich sein, auch in Verwaltungsstrafverfahren um Rechtshilfe zu ersuchen, und zwar auch für den Fall, dass der ersuchte Staat kein vergleichbares Verfahren kennt.

Abs. 4 entspricht Art. 3 Abs. 2 des EU-RH-Übk. und trägt dem Umstand Rechnung, dass eine Verantwortlichkeit juristischer Personen für Straftaten nicht in allen Vertragsstaaten vorgesehen ist. Die Bestimmung stellt klar, dass eine Verpflichtung zur Rechtshilfeleistung bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen auch in Verfahren besteht, für die im ersuchenden Staat eine juristische Person verantwortlich gemacht werden kann. Dies ist in Österreich nach dem Bundesgesetz über die Verantwortlichkeit von Verbänden für Straftaten (Verbandsverantwortlichkeitsgesetz; VbVG), BGBl. I Nr. 151/2005, der Fall, wenn eine Straftat im Rahmen der Tätigkeit des Verbands von Personen, die für diesen handeln, begangen worden ist.

Zu Artikel 2:

Dieser Artikel, der Art. 4 des Europ. RH-Übk. betreffend die Anwesenheit von Behördenvertretern des ersuchenden Staats bei der Erledigung des Rechtshilfeersuchens ergänzt, stellt klar, dass entsprechende Ersuchen nicht abgelehnt werden sollen, wenn dadurch die Erledigung des Rechtshilfeersuchens den Bedürfnissen des ersuchenden Staats voraussichtlich besser gerecht wird und sich daher die Notwendigkeit der Stellung ergänzender Rechtshilfeersuchen erübrigt.

Zu Artikel 3:

Diese Bestimmung ersetzt Art. 11 des Europ. RH-Übk. betreffend die zeitweilige Überstellung eines Häftlings in das Hoheitsgebiet des ersuchenden Staats zu Ermittlungszwecken, d.h. zur Vernehmung als Zeuge oder zur Gegenüberstellung, nicht jedoch zum Zwecke seiner eigenen Verantwortung vor Gericht. Sie stimmt weitgehend mit diesem überein.

Zu Artikel 4:

Art. 4 ersetzt Art. 15 Europ. RH-Übk., wonach die Übermittlung eines Rechtshilfeersuchens in der Regel auf dem justizministeriellen Geschäftsweg zu erfolgen hat. Abs. 1 sieht dabei neben dem weiterhin zulässigen Behördenverkehr zwischen den Justizministerien des ersuchenden und des ersuchten Staats die Möglichkeit des unmittelbaren Geschäftswegs zwischen den für die Stellung und Erledigung von Rechtshilfeersuchen zuständigen Justizbehörden der Vertragsstaaten vor. Die Übermittlung kann dabei nicht nur auf dem Postweg erfolgen, sondern auch durch Mittel, die die Erstellung einer schriftlichen Fassung unter Bedingungen ermöglichen, die dem empfangenden Vertragsstaat die Feststellung der Echtheit gestatten, d.h. insbesondere per Telefax oder E-Mail. Über entsprechendes Ersuchen des ersuchten Staats ist das Original des Ersuchens auf dem Postweg nachzureichen (Abs. 9).

Der in Abs. 1 vorgesehene unmittelbare Behördenverkehr geht ebenso wie Art. 6 des EU-RH-Übk. über Art. 53 Abs. 5 SDÜ hinaus, indem er auch auf Anzeigen zum Zweck der Strafverfolgung gemäß Art. 21 Europ. RH-Übk. Anwendung findet.

Abs. 2 nimmt Ersuchen um zeitweilige Überstellung oder Durchbeförderung inhaftierter Personen gemäß Art. 11 Europ. RH-Übk. und Art. 13 des 2. ZP vom unmittelbaren Behördenverkehr aus.

Abs. 3 enthält eine Geschäftswegregelung für die Fälle des Art. 1 Abs. 3, d.h. wenn es sich bei der zuständigen Behörde im ersuchenden Staat um eine Verwaltungsbehörde handelt, und stellt klar, dass die Ersuchen in einem derartigen Fall unmittelbar zwischen den zuständigen Verwaltungs- oder Justizbehörden der Vertragsstaaten übermittelt werden können.

Abs. 4 trifft eine Sonderregelung für Rechtshilfeersuchen nach Art. 18 (Kontrollierte Lieferungen) und 19 (Verdeckte Ermittlungen). Bei unterschiedlicher Kompetenzlage in den beteiligten Vertragsstaaten wird die unmittelbare Übersendung der Ersuchen zwischen den national zuständigen Behörden, somit auch der Geschäftsweg zwischen einer Justizbehörde in einem Vertragsstaat und einer Polizei- oder Zollbehörde in einem anderen Vertragsstaat, ermöglicht.

Nach Abs. 5 können Ersuchen um Übermittlung einer Auskunft aus dem Strafregister für Zwecke eines Strafverfahrens gemäß Art. 13 Abs. 1 des Europ. RH-Übk. von der zuständigen Justizbehörde des ersuchenden Staats unmittelbar an die für die Erledigung zuständige Stelle im ersuchten Staat übermittelt werden. Für Ersuchen um Strafregisterauskünfte für andere Zwecke als jene eines Strafverfahrens gemäß Art. 13 Abs. 2 leg. cit. wird jedoch am justizministeriellen Geschäftsweg festgehalten. Entsprechende Regelungen sind bereits in Art. 15 Abs. 3 des Europ. RH-Übk. enthalten.

Ersuchen um Übermittlung von Abschriften von Urteilen und Maßnahmen im Sinne von Art. 4 des 1. ZP können ebenfalls den zuständigen Behörden direkt übermittelt werden (Abs. 6); so auch schon Art. 6 Abs. 8 lit. b EU-RH-Übk.

Nach Abs. 7 können Rechtshilfeersuchen in dringenden Fällen und für den Fall der Zulässigkeit des unmittelbaren Behördenverkehrs auch über die Internationale Kriminalpolizeiliche Organisation (Interpol) übermittelt werden.

Nach Abs. 8 kann sich jeder Vertragsstaat insbesondere die Möglichkeit vorbehalten, außer in dringenden Fällen am justizministeriellen Geschäftsweg festzuhalten oder die Übermittlung einer Abschrift des im unmittelbaren Geschäftsweg gestellten Ersuchens an seine Zentralbehörde zu verlangen. Es wird vorgeschlagen, dass Österreich keine derartige Erklärung abgibt.

Abs. 10 enthält eine Meistbegünstigungsklausel, wonach die Anwendung von Bestimmungen, welche den unmittelbaren Behördenverkehr zwischen den zuständigen Behörden der Vertragsstaaten vorsehen, in bilateralen oder multilateralen Übereinkommen unberührt bleibt.

Zu Artikel 5:

Diese Bestimmung, die Art. 20 des Europ. RH-Übk. betreffend die Erstattung von mit der Erledigung von Rechtshilfeersuchen verbundenen Kosten ersetzt, führt jene Fälle an, in welchen die betreffenden Kosten entgegen der allgemeinen Regel, wonach derartige Kosten nicht zu ersetzen sind, vom ersuchenden Staat ersetzt werden. Neben den bereits in Art. 20 leg. cit. angeführten Fällen (Sachverständige, Überstellung) handelt es sich dabei insbesondere um die mit der Durchführung einer Video- oder Telefonvernehmung (Art. 9 und 10) verbundenen Kosten. Danach sind die Kosten für die Herstellung der Video- oder Telefonverbindung, die Kosten für den Betrieb derselben im ersuchten Staat, die Vergütung der von diesem beigestellten Dolmetscher und die Entschädigung von Zeugen sowie deren Reisekosten vom ersuchenden Staat zu tragen, sofern die Vertragsparteien nichts anderes vereinbaren. Eine vergleichbare Regelung ist (allerdings nur für Videokonferenzen) in Art. 10 Abs. 7 des EU-RH-Übk. enthalten.

Zu Artikel 6:

Nach diesem Artikel, der Art. 24 des Europ. RH-Übk. ersetzt, hat jeder Vertragsstaat durch eine an den Generalsekretär des Europarats zu richtende Erklärung jene Behörden zu notifizieren, die er als Justizbehörden im Sinne des Übk. betrachtet.

Es wird vorgeschlagen, dass Österreich entsprechend seiner Erklärung zu Art. 24 leg. cit. die Strafgerichte, die Staatsanwaltschaften und das Bundesministerium für Justiz notifiziert.

Zu Artikel 7:

Abs. 1 dieser Bestimmung betrifft den Aufschub der Erledigung von Rechtshilfeersuchen. Er geht über Art. 6 Abs. 1 des Europ. RH-Übk. hinaus, der lediglich den Aufschub der Übergabe von im Rechtshilfeweg begehrten Gegenständen oder Schriftstücken in bestimmten Fällen vorsieht.

Vor einem Aufschub oder der Verweigerung der Erledigung des Ersuchens hat der ersuchte Staat zu prüfen, ob dem Ersuchen teilweise oder unter bestimmten Bedingungen doch entsprochen werden kann (Abs. 2).

Nach Abs. 3 ist der ersuchende Staat über die Gründe für den Aufschub oder die Verweigerung der Erledigung des Ersuchens ebenso in Kenntnis zu setzen wie über Umstände, die die Erledigung des Ersuchens unmöglich machen oder voraussichtlich erheblich verzögern.

Zu Artikel 8:

Diese Bestimmung, die Art. 4 Abs. 1 des EU-RH-Übk. ähnelt, modifiziert Art. 3 des Europ. RH-Übk., wonach die Erledigung eines Rechtshilfeersuchens grundsätzlich in der im Recht des ersuchten Staates vorgesehenen Form erfolgt, und stellt klar, dass bei der Erledigung von Rechtshilfeersuchen grundsätzlich die im Ersuchen ausdrücklich angegebenen Formvorschriften und Verfahren des ersuchenden Staats zu berücksichtigen sind.

Durch diese Bestimmung soll vermieden werden, dass im Wege der Rechtshilfe erlangte Beweismittel in der Folge nicht in das Hauptverfahren eingeführt werden können, weil die Art und Weise der Beweiserlangung nicht den prozessualen Erfordernissen des ersuchenden Staats entspricht.

Die Verpflichtung, die angegebenen Form- und Verfahrensvorschriften des ersuchenden Staats zu beachten, findet ihre Grenze in entgegenstehenden Grundprinzipien der Rechtsordnung des ersuchten Staats und in solchen Fällen, in denen das 2. ZP besondere Verfahren festlegt, etwa in den Fällen der Art. 18 und 19 (kontrollierte Lieferung und verdeckte Ermittlungen).

Österreich ist auf der Grundlage der Bestimmung des § 58 ARHG bereits derzeit in der Lage, einem Ersuchen um Einhaltung eines bestimmten, von den eigenen Rechtsvorschriften abweichenden Vorgangs zu entsprechen, wenn dies mit den Grundsätzen des österreichischen Strafverfahrens vereinbar ist.

Die österreichische Erklärung zu Art. 5 des Europ. RH-Übk., wonach die Erledigung von Rechtshilfeersuchen um Durchsuchung und Beschlagnahme mit seinem nationalen Recht vereinbar sein muss, wird durch die gegenständliche Regelung nicht berührt.

Zu Artikel 9:

Dieser Artikel, der Art. 10 des EU-RH-Übk. entspricht, ermöglicht die Vernehmung einer Person, die sich im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats befindet, als Zeuge oder Sachverständiger durch die Justizbehörden eines anderen Vertragsstaats im Wege einer Videokonferenz.

Das 2. ZP unterscheidet zwischen der Videovernehmung von Zeugen und Sachverständigen (Abs. 1 bis 7), hinsichtlich derer bei Vorliegen der übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen die Verpflichtung besteht, dem Ersuchen zu entsprechen, sowie der Beschuldigtenvernehmung im Wege der Videokonferenz, bei der die Entscheidung über die Bewilligung des Ersuchens im Ermessen des ersuchten Staats liegt (Abs. 8). Überdies kann jeder Vertragsstaat gegenüber dem Generalsekretär des Europarats erklären, Abs. 8 nicht anzuwenden. Im Hinblick darauf, dass die Vernehmung eines Beschuldigten im Wege der Videokonferenz in Österreich, jedenfalls im Stadium des Ermittlungsverfahrens, zulässig ist, wird die Abgabe einer derartigen Erklärung nicht in Aussicht genommen.

Nach Abs. 1 kann ein Ersuchen um Vernehmung eines Zeugen oder Sachverständigen per Videokonferenz gestellt werden, wenn ein persönliches Erscheinen der zu vernehmenden Person auf dem Hoheitsgebiet des ersuchenden Staats nicht zweckmäßig oder nicht möglich ist. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass aus dem Ausland geladene Personen zum Erscheinen grundsätzlich nicht gezwungen werden können. Nicht „möglich“ kann das Erscheinen einer Person aber auch auf Grund ihres Alters oder ihres Gesundheitszustands sein.

Nach Abs. 2 ist der ersuchte Staat verpflichtet, einem Ersuchen um Vernehmung per Videokonferenz stattzugeben, sofern die Vernehmung in dem betreffenden Einzelfall nicht den Grundprinzipien seiner Rechtsordnung zuwiderläuft und er über die technischen Vorrichtungen für eine derartige Vernehmung verfügt. Sind Letztere nicht vorhanden, können diese von dem ersuchenden Staat im gegenseitigen Einvernehmen zur Verfügung gestellt werden.

Abs. 3 regelt die formellen Voraussetzungen eines Rechtshilfeersuchens um Videovernehmung eines Zeugen oder Sachverständigen. Neben den Informationen nach Art. 14 des Europ. RH-Übk. ist danach anzugeben, aus welchem der in Abs. 1 genannten Gründe das persönliche Erscheinen der zu vernehmenden Person auf dem Hoheitsgebiet des ersuchenden Staats nicht zweckmäßig oder nicht möglich ist. Weiters sind die ersuchende Justizbehörde und die Namen der Personen, die die Vernehmung durchführen werden, bekannt zu geben.

Die Ladung der zu vernehmenden Person erfolgt nach den Rechtsvorschriften des ersuchten Staats (Abs. 4). Die Rechtsfolgen im Falle des Nichterscheinens richten sich nach nationalem Recht.

Die Vernehmung wird unmittelbar von oder unter der Leitung eines Vertreters der Justizbehörde des ersuchenden Staats nach dessen innerstaatlichen Rechtsvorschriften durchgeführt (Abs. 5 lit. c).

Während der gesamten Vernehmung hat ein Vertreter der Justizbehörde des ersuchten Staats (bei Bedarf unterstützt durch einen Dolmetscher) anwesend zu sein, der die Identität der zu vernehmenden Person festzustellen und darauf zu achten hat, dass durch die Vernehmung die Grundprinzipien seiner Rechtsordnung nicht verletzt werden. Im Fall einer solchen Verletzung sind sofort die zur Beachtung dieser Prinzipien bei der weiteren Vernehmung erforderlichen Maßnahmen zu treffen (Abs. 5 lit. a). Dies kann in besonderen Fällen dazu führen, dass eine Vernehmung abzubrechen ist, wenn ein Einvernehmen über die weitere Vorgangsweise zwischen den beteiligten Justizvertretern nicht erzielt werden kann.

Nach Abs. 5 lit. b sind gegebenenfalls Maßnahmen zum Schutz der zu vernehmenden Person zwischen den zuständigen Behörden des ersuchenden und des ersuchten Staats zu vereinbaren.

Festzuhalten ist, dass der zu vernehmenden Person die Aussageverweigerungsrechte nach dem Recht sowohl des ersuchten als auch des ersuchenden Staats zustehen (Abs. 5 lit. e). Dies setzt voraus, dass zuvor ordnungsgemäße Belehrungen erfolgen, und zwar sowohl durch den anwesenden Vertreter der Justizbehörde des ersuchten Staats, als auch durch den die Vernehmung leitenden Vertreter des ersuchenden Staats.

Abs. 6 bestimmt, dass die Justizbehörde des ersuchten Staats ein Protokoll über die Vernehmung per Videokonferenz zu erstellen hat, das die in dieser Bestimmung angeführten Angaben zu enthalten hat.

Abs. 7 verpflichtet die Vertragsstaaten, ungerechtfertigte Aussageverweigerungen und Falschaussagen, die im Rahmen einer Videokonferenz auf ihrem Hoheitsgebiet erfolgen, in derselben Weise zu sanktionieren, wie wenn die Vernehmung in einem innerstaatlichen Verfahren erfolgt wäre. Da die zu vernehmende Person von der Justizbehörde des ersuchten Staates geladen wird (Abs. 4) und ein Vertreter dieser Justizbehörde bei der Vernehmung anwesend ist und auf die Einhaltung der Grundprinzipien der Rechtsordnung dieses Staats zu achten hat (Abs. 5 lit. a), ist eine im Zuge einer solchen Vernehmung vor einer österreichischen Justizbehörde gemachte falsche Aussage als gegen die innerstaatliche Rechtspflege gerichtet anzusehen und kann nach § 288 StGB („vor Gericht“) bestraft werden.

Nach Abs. 8 besteht für die Vertragsstaaten, wie erwähnt, die Möglichkeit, die Anwendung des Artikels 9 auf Beschuldigtenvernehmungen auszudehnen. Es besteht jedoch keine Verpflichtung zur Entsprechung solcher Ersuchen. Bei der Entscheidung wird zu berücksichtigen sein, dass die Vernehmung eines Beschuldigten im Wege der Videokonferenz für das Stadium des Ermittlungsverfahrens unbeschränkt zulässig ist. Soweit die Beschuldigtenvernehmung per Videokonferenz nach dem Recht des ersuchenden Staats auch im Stadium des Hauptverfahrens vorgesehen ist, bestehen ebenfalls grundsätzlich keine Bedenken, einem derartigen Ersuchen zu entsprechen. Zur Wahrung der Rechte des Beschuldigten ist vor der Vernehmung allerdings in jedem Fall dessen Zustimmung einzuholen.

Die Abs. 1 bis 7 finden hinsichtlich der Voraussetzungen der Vernehmung keine unmittelbare Anwendung. Vielmehr unterliegen die Modalitäten der Videovernehmung des Beschuldigten einer Vereinbarung zwischen den beteiligten Vertrags im Einzelfall.

Zu Artikel 10:

Diese Bestimmung, die mit Art. 11 des EU-RH-Übk. übereinstimmt, soll einen allgemeinen Rahmen für Ersuchen um Vernehmung von Zeugen oder Sachverständigen im Wege einer Telefonkonferenz schaffen. Ein entsprechendes Ersuchen kann nach Abs. 1 nur unter der Voraussetzung gestellt werden, dass die Vernehmung per Telefonkonferenz nach dem innerstaatlichen Recht des ersuchten Staats vorgesehen ist. Im Hinblick darauf, dass dies nach der StPO nicht der Fall ist, kommt die Stellung eines derartigen Ersuchens durch eine österreichische Justizbehörde nicht in Betracht.

Festzuhalten ist, dass die Vernehmung per Telefonkonferenz nur mit Zustimmung des Zeugen oder Sachverständigen erfolgen kann (Abs. 2).

Die Vernehmung per Telefonkonferenz ist nach Abs. 3 zu bewilligen, wenn der Rückgriff auf dieses Verfahren den Grundprinzipien der Rechtsordnung des ersuchten Staats nicht zuwiderläuft. Obwohl die StPO die telefonische Vernehmung eines Zeugen oder Sachverständigen – wie erwähnt – nicht ausdrücklich vorsieht, bestehen grundsätzlich keine Bedenken, diese über entsprechendes Ersuchen bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen zu bewilligen, sofern eine Sachverhaltskonstellation vorliegt, die jener des § 252 Abs. 1 Z 4 StPO vergleichbar ist.

Ersuchen um Vernehmung im Wege der Telefonkonferenz haben neben den in Art. 14 des Europ. RH-Übk. genannten Angaben die in Abs. 4 vorgesehenen weiteren Informationen, insbesondere die Bestätigung zu enthalten, dass der Zeuge oder Sachverständige einer Vernehmung per Telefonkonferenz zustimmt. Alle weiteren Modalitäten unterliegen einer Vereinbarung zwischen den betroffenen Vertragsstaaten (Abs. 5).

Der ersuchte Staat „unterrichtet“ den Zeugen oder Sachverständigen von Zeitpunkt und Ort der Vernehmung. Daraus folgt, dass eine förmliche Ladung nicht erforderlich ist und ein unentschuldigtes Ausbleiben des Betroffenen dementsprechend für diesen folgenlos bleibt. Dies ist eine Folge des Umstands, dass die Vernehmung von der Zustimmung des Zeugen oder Sachverständigen abhängt. Der ersuchte Staat überprüft, ob die erforderliche Zustimmung vorliegt.

Nach Abs. 6 kann der ersuchte Staat seine Bewilligung ganz oder teilweise an die in Art. 9 Abs. 5 und 7 festgelegten Bedingungen knüpfen.

Zu Artikel 11:

Dieser Artikel, der weitgehend mit Art. 7 des EU-RH-Übk. übereinstimmt, regelt den Informationsaustausch ohne Ersuchen. Eine entsprechende Bestimmung für den Bereich der Deliktsprävention und Gefahrenabwehr ist in Art. 46 Abs. 1 SDÜ enthalten.

Der Austausch dieser „Spontaninformationen“ ist nicht verpflichtend und hat im Rahmen der innerstaatlichen Rechtsvorschriften (§ 59a ARHG) zu erfolgen.

Nach Abs. 2 kann die Verwendung der übermittelten Informationen an Bedingungen geknüpft werden, an die die empfangende Behörde gebunden ist (Abs. 3). Nach Abs. 4 kann sich allerdings jeder Vertragsstaat das Recht vorbehalten, nicht an derartige Bedingungen gebunden zu sein, sofern er nicht zuvor über die Art der Informationen in Kenntnis gesetzt wurde und deren Übermittlung zugestimmt hat. Es wird vorgeschlagen, dass Österreich keine entsprechende Erklärung abgibt.

Zu Artikel 12:

Diese Bestimmung, die mit Art. 8 des EU-RH-Übk. übereinstimmt, regelt die Überlassung von durch eine Straftat erlangten Gegenständen zum Zweck der Rückgabe an den rechtmäßigen Eigentümer. Sie erweitert Art. 3 des Europ. RH-Übk. dadurch, dass ein Rechtshilfeersuchen einzig mit dem Ziel ermöglicht wird, einen durch eine Straftat erlangten Gegenstand an dessen rechtmäßigen Eigentümer zurückzustellen.

Abs. 1 stellt klar, dass keine Verpflichtung besteht, einem derartigen Ersuchen zu entsprechen. Dementsprechend kann das Ersuchen auch aufgeschoben oder abgelehnt werden, wenn der Gegenstand etwa noch als Beweismittel in einem im ersuchten Staat anhängigen Strafverfahren benötigt wird.

Eine Rückgabe soll nur in Fällen erfolgen, in denen kein Zweifel über die Eigentumsverhältnisse besteht.

Abs. 2 umfasst jene Fälle, in denen der Gegenstand zunächst auf der Grundlage von Art. 3 oder 6 des Europ. RH-Übk., d.h. als Beweismittel, an den ersuchenden Staat übermittelt wird. In derartigen Fällen kann der ersuchte Staat vor oder nach der Übergabe des Gegenstands auf dessen Rückgabe verzichten, wenn dies der Ausfolgung an den rechtmäßigen Eigentümer dient und Rechte gutgläubiger Dritter nicht entgegenstehen.

Ein Verzicht auf die Rückgabe des übermittelten Gegenstands lässt das Recht des ersuchten Staats unberührt, vom rechtmäßigen Eigentümer ausstehende Steuern oder Abgaben zu erheben (Abs. 3, zweiter Satz).

Zu Artikel 13:

Art. 13, der weitestgehend mit Art. 9 des EU-RH-Übk. übereinstimmt, regelt die vorübergehende Überstellung einer inhaftierten Person in einen anderen Vertragsstaat für Zwecke eines dort gegen sie geführten Strafverfahrens. Diese Bestimmung ist von Art. 3 des 2. ZP zu unterscheiden, der die vorübergehende Überstellung eines Häftlings zu Beweiszwecken für ein ausländisches Verfahren zum Gegenstand hat.

Nach Abs. 1 und 2 bedarf die Überstellung eines Inhaftierten einer Vereinbarung zwischen den zuständigen Behörden des ersuchten und des ersuchenden Staats, welche auch die Modalitäten der Überstellung umfasst.

Eine entsprechende Möglichkeit ist in § 73 Abs. 2 ARHG unter den Voraussetzungen des § 54 ARHG vorgesehen.

Abs. 3 sieht vor, dass in den Fällen, in denen die Zustimmung des Inhaftierten zu seiner Überstellung erforderlich ist, diese Erklärung oder eine Abschrift derselben dem ersuchten Staat unverzüglich zu übermitteln ist. Nach österreichischer Rechtslage ist eine solche Zustimmung allerdings nicht erforderlich (§ 73 Abs. 2, letzter Satz ARHG).

Nach Abs. 4 ist die überstellte Person im Hoheitsgebiet des ersuchten Staats in Haft zu halten. Die in diesem Staat in Haft verbrachte Zeit wird auf die Dauer des Freiheitsentzugs im ersuchenden Staat angerechnet (Abs. 5).

Abs. 6 ordnet die entsprechende Geltung der Art. 11 Abs. 2 (Durchbeförderung) und 12 (Freies Geleit) des Europ. RH-Übk. an.

Nach Abs. 7 kann jeder Vertragsstaat erklären, dass er die Überstellung einer Person generell oder unter bestimmten Voraussetzungen von der Zustimmung des Inhaftierten abhängig macht. Im Hinblick auf die erwähnte Regelung des § 73 Abs. 2 ARHG wird eine derartige Erklärung von Österreich nicht in Aussicht genommen.

Zu Artikel 14:

Diese Bestimmung stellt klar, dass die Art. 11 (Durchbeförderung) und 12 (Freies Geleit) des Europ. RH-Übk. auch für den Fall Anwendung finden, dass das persönliche Erscheinen eines Verurteilten, der sich aufgrund eines Ersuchens um Übernahme der Strafvollstreckung im Hoheitsgebiet des ersuchten Staats in Strafhaft befindet, zur Revision der Entscheidung vom ersuchenden Staat begehrt wird.

Zu Artikel 15:

Nach Abs. 2 dieses Artikels ist eine Übersetzung von im Rechtshilfeweg begehrten Verfahrensurkunden und Gerichtsentscheidungen nicht erforderlich, doch ist diesen eine kurze Zusammenfassung in der Sprache des ersuchten Staats anzuschließen (Abs. 4).

Der Begriff der „Verfahrensurkunde“ ist – ebenso wie jener der „gerichtlichen Urkunden“ in Art. 52 SDÜ – nicht definiert. Er sollte im Wesentlichen im Sinne der österreichischen Erklärung zu Art. 52 SDÜ (siehe Erlass des BMJ vom 21.10.1997, JMZ 530.102/398-IV 1/97, JABl Nr. 42/1997) ausgelegt werden, umfasst jedoch neben gerichtlichen Urkunden auch die in Verfahren nach Art. 1 Abs. 3 zuzustellenden „Verfahrensurkunden“ (wie beispielsweise die im Verwaltungsstrafverfahren zu verwendenden Formulare nach der Verwaltungsformularverordnung, BGBl. II Nr. 400/2013).

Wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Zustellungsempfänger die Sprache, in der die Urkunde abgefasst ist, nicht versteht, ist dieser nach Abs. 3 eine Übersetzung – zumindest der wesentlichen Passagen – in eine andere Sprache, deren der Empfänger kundig ist, anzuschließen. Eine entsprechende Regelung ist in Art. 5 Abs. 3 des EU-RH-Übk. enthalten.

Zu Artikel 16:

Abs. 1 dieser Bestimmung sieht die Möglichkeit der Zustellung von Verfahrensurkunden und Gerichtsentscheidungen an Personen, die sich im Hoheitsgebiet eines anderen Vertragsstaats aufhalten, auf dem Postweg vor, wobei die Sprachenregelung des Art. 15 Abs. 2 und 3 (s. oben) Anwendung findet.

Eine entsprechende, allerdings – von abschließend angeführten Ausnahmefällen abgesehen – verpflichtende Regelung ist in Art. 5 des EU-RH-Übk. enthalten.

Jedes auf dem Postweg übermittelte Schriftstück hat eine Rechtsbelehrung zu enthalten, wobei diesbezüglich die Sprachenregelung des Art. 15 Abs. 3 (s. oben) zur Anwendung gelangt.

Abs. 3 stellt klar, dass die Art. 8 (Zeugenschutz),9 (Zeugen- und Sachverständigenentschädigung) und 12 (Freies Geleit) des Europ. RH-Übk. durch diese Regelungen unberührt bleiben. Dementsprechend dürfen in Ladungen von Zeugen und Sachverständigen weiterhin keine Zwangsmaßnahmen für den Fall des Nichterscheinens angedroht werden.

Zu Artikel 17:

Dieser Artikel regelt die grenzüberschreitende Observation. Er stimmt mit Art. 40 SDÜ, BGBl. III Nr. 90/1997, überein.

Der Begriff „Observation“ bezeichnet die länger andauernde heimliche Beobachtung von Personen durch die Sicherheitsbehörden. Der grenzüberschreitende Einsatz von technischen Mitteln zur Überwachung nichtöffentlicher Äußerungen und nichtöffentlichen Verhaltens von Personen (Einsatz von Abhör- und Videogeräten) wird durch diese Bestimmung nicht erfasst.

Hinsichtlich der Voraussetzungen einer grenzüberschreitenden Observation ist zwischen der geplanten Observation und der Observation im Eilfall, beides im Rahmen eines Strafverfahrens zu unterscheiden.

Nach Abs. 1 können Beamte eines Vertragsstaats, die im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens auf ihrem Hoheitsgebiet eine Person observieren, die im Verdacht steht, an einer auslieferungsfähigen Straftat beteiligt zu sein, oder die voraussichtlich die Identifizierung oder Auffindung einer solchen Person bewirken kann, die Observation auf dem Hoheitsgebiet eines anderen Vertragsstaats fortsetzen, wenn dieser der grenzüberschreitenden Observation auf der Grundlage eines zuvor gestellten justiziellen Rechtshilfeersuchens zugestimmt hat.

Nach Abs. 2 darf in Fällen besonderer Dringlichkeit eine Observation auch ohne vorherige Zustimmung des betroffenen Vertragsstaats über die Grenze hinweg fortgesetzt werden, sofern der Verdacht einer besonders schweren, in Abs. 6 abschließend aufgezählten Straftat (Mord, Totschlag, Vergewaltigung etc.) besteht und der Grenzübertritt den zuständigen Beamten unverzüglich mitgeteilt sowie das justizielle Rechtshilfeersuchen unverzüglich nachgereicht wird. Die Observation ist einzustellen, sobald der betroffene Vertragsstaat dies verlangt oder wenn die Zustimmung nicht fünf Stunden nach Grenzübertritt vorliegt.

Abs. 3 führt die Voraussetzungen an, unter denen eine grenzüberschreitende Observation zulässig ist.

Nach Abs. 4 hat jeder Vertragsstaat die Behörden, an die Rechtshilfeersuchen um Bewilligung einer grenzüberschreitenden Observation zu richten sind, und die Beamten, die zur Durchführung einer derartigen Operation berechtigt sind, zu notifizieren. Entsprechend der Regelung des § 55 Abs. 1 ARHG wird vorgeschlagen, die Staatsanwaltschaft, in deren Sprengel die Grenze voraussichtlich überschritten wird oder von deren Sprengel die grenzüberschreitende Observation ausgehen soll, im Fall einer Observation in einem nach Österreich einfliegenden Luftfahrzeug die Staatsanwaltschaft, in deren Sprengel der Ort der Landung liegt, als zuständige Behörde zur Bewilligung einer grenzüberschreitenden Observation namhaft zu machen. Ist eine Zuständigkeit nach diesen Regelungen nicht feststellbar, so ist die Staatsanwaltschaft Wien zuständig. Als zuständige Beamte zur Durchführung einer grenzüberschreitenden Observation werden die Beamten des Bundesministeriums für Inneres, Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit – Direktion für Spezialeinheiten – Zentrale Observation, namhaft gemacht.

Ob dem Rechtshilfeersuchen Übersetzungen anzuschließen sind, richtet sich nach Art. 16 des Europ. RH-Übk. und den dazu abgegebenen Erklärungen der Vertragsstaaten sowie Art. 15 Abs. 4 des 2. ZP.

Zuständige Bewilligungsbehörde für eingehende Ersuchen ist für Österreich gemäß § 55 Abs. 1 ARHG die Staatsanwaltschaft, in deren Sprengel die Grenze voraussichtlich überschritten werden wird, im Fall einer Observation in einem nach Österreich einfliegenden Luftfahrzeug aber die Staatsanwaltschaft, in deren Sprengel der Ort der Landung liegt. Ist eine Zuständigkeit nach diesen Regelungen nicht feststellbar, so ist die Staatsanwaltschaft Wien zuständig.

Wegen der Eilbedürftigkeit, die im Fall grenzüberschreitender Observation regelmäßig besteht, sieht § 59 Abs. 1 ARHG vor, dass damit im Zusammenhang stehende Dienstverrichtungen ausländischer Organe in Österreich nicht durch das Bundesministerium für Justiz bewilligt werden müssen, sondern die Genehmigung der zuständigen Staatsanwaltschaft ausreicht.

Zu Artikel 18:

Die Bestimmung über die „kontrollierte Lieferung“ entspricht Art. 12 des EU-RH-Übk.

Der Begriff „kontrollierte Lieferung“ ist dabei nicht definiert. Er ist nach dem innerstaatlichen Recht der beteiligten Staaten auszulegen.

Nach Abs. 1 sind die Vertragsstaaten zur Schaffung der Voraussetzungen für die Durchführung einer kontrollierten Lieferung auf ihrem Hoheitsgebiet verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht jedoch nur im Zusammenhang mit Ersuchen wegen auslieferungsfähiger Straftaten.

Die Entscheidung über die Durchführung kontrollierter Lieferungen wird im Einzelfall von der zuständigen Behörde des ersuchten Staats unter Beachtung der innerstaatlichen Rechtsvorschriften getroffen (Abs. 2).

In Abs. 3 wird abweichend von Art. 8 festgelegt, dass derartige Lieferungen im Einklang mit den nach dem Recht des ersuchten Mitgliedstaats vorgesehenen Verfahren durchzuführen sind.

Diese Bestimmung wurde durch § 59b ARHG umgesetzt, aus welcher sich auch die Zuständigkeit für die Bewilligung kontrollierter Lieferungen und das vorgesehene Verfahren ergeben.

Nach Abs. 4 hat jede Vertragspartei die für die Zwecke dieses Art. zuständigen Behörden zu notifizieren. Es wird vorgeschlagen, dass Österreich entsprechend der in § 59b Abs. 3 ARHG enthaltenen Zuständigkeitsregelung die Staatsanwaltschaft, in deren Sprengel die Grenze voraussichtlich überschritten wird oder von deren Sprengel die kontrollierte Lieferung ausgehen soll, als zuständige Behörde für die Bewilligung einer kontrollieren Lieferung bezeichnen wird. Als zuständige Beamte zur Durchführung einer kontrollierten Lieferung werden die Beamten des Bundesministeriums für Inneres, Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit - Direktion für Spezialeinheiten - Zentrale Observation und die Beamten der Zollämter als Finanzstrafbehörden notifiziert werden.

Zu Artikel 19:

Diese Bestimmung, die Art. 14 des EU-RH-Übk. entspricht, stellt den rechtlichen Rahmen für die wechselseitige Unterstützung der Vertragsstaaten durch den Einsatz verdeckt oder unter falscher Identität handelnder Ermittler bei strafrechtlichen Ermittlungen im Rahmen einer entsprechenden Vereinbarung zwischen dem ersuchenden und dem ersuchten Staat dar.

Art. 14 umfasst folgende Konstellationen:

-       Ein Vertragsstaat stellt ein Rechtshilfeersuchen, um einen eigenen verdeckten Ermittler im ersuchten Staat einzusetzen;

-       ein Vertragsstaat ersucht um Einsatz eines verdeckten Ermittlers eines anderen Vertragsstaats auf dem Hoheitsgebiet des ersuchenden Staats; und

-       ein Vertragsstaat ersucht einen anderen Vertragsstaat um Einsatz eines verdeckten Ermittlers des ersuchenden Staats auf dem Hoheitsgebiet des ersuchten Staats.

Die Entscheidung über das Ersuchen wird nach Abs. 2 in jedem Einzelfall von den zuständigen Behörden des ersuchten Staats unter Beachtung der innerstaatlichen Rechtsvorschriften und Verfahren getroffen. Auf die Festlegung weiterer Verfahrensvoraussetzungen wurde zwecks Gewährleistung größtmöglicher Flexibilität bei der Anwendung verzichtet.

Der Einsatz des verdeckten Ermittlers unterliegt nach Abs. 3 den Rechtsvorschriften des Staates, in dessen Hoheitsgebiet die Ermittlungen durchgeführt werden.

Diese Bestimmung wurde durch § 59c ARHG umgesetzt, aus welcher sich auch die Zuständigkeit für die Bewilligung verdeckter Ermittlungen und das vorgesehene Verfahren ergeben.

Nach Abs. 4 hat jede Vertragspartei die für die Zwecke dieses Art. zuständigen Behörden zu notifizieren. Es wird vorgeschlagen, dass Österreich entsprechend der in § 59c Abs. 1 leg. cit. vorgesehenen Zuständigkeitsregelung die Staatsanwaltschaft, in deren Sprengel der Einsatz voraussichtlich beginnen soll, als zuständige Behörde bezeichnen wird.

Zu Artikel 20:

Dieser Artikel, der mit Art. 13 des EU-RH-Übk. übereinstimmt, legt die Rahmenbedingungen für die Bildung einer gemeinsamen Ermittlungsgruppe durch die zuständigen Behörden zweier oder mehrerer Vertragsstaaten zur Durchführung strafrechtlicher Ermittlungen in einem oder mehreren der beteiligten Vertragsstaaten fest. Hinsichtlich der Mitglieder der gemeinsamen Ermittlungsgruppe enthält die Vorschrift keine Regelungen. Es obliegt daher den Vertragsstaaten, die nach ihrem nationalen Recht für die konkreten Ermittlungen jeweils zuständigen Beamten zu entsenden. Die Gruppe kann daher aus Richtern, Staatsanwälten, Exekutivbeamten, aber auch sonstigen Personen bestehen. Neben dem Leiter der Ermittlungsgruppe, der ein Vertreter des Vertragsstaats ist, in dem der Einsatz der Gruppe erfolgt (Art. 20 Abs. 3 lit. a), gehören ihr „entsandte Mitglieder“ aus den übrigen beteiligten Vertragsstaaten an (Art. 20 Abs. 4).

Abs. 1 enthält die Grundregeln für die Bildung einer gemeinsamen Ermittlungsgruppe. Diese wird durch eine Vereinbarung der zuständigen Behörden der beteiligten Vertragsstaaten zu einem bestimmten Zweck für einen begrenzten Zeitraum, der im gegenseitigen Einvernehmen verlängert werden kann, gebildet. Eine Mustervereinbarung, die die notwendigen und fakultativen Angaben zur Bildung einer gemeinsamen Ermittlungsgruppe enthält, ist aus Anhang IV zum Bundesgesetz über die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen mit den Mitgliedstaaten der EU (EU-JZG), BGBl. I Nr. 36/2004 idgF, ersichtlich.

Die Bildung einer gemeinsamen Ermittlungsgruppe kommt insbesondere dann in Betracht, wenn schwierige und aufwändige Ermittlungen mit Bezügen zu anderen Vertragsstaaten durchzuführen sind oder wenn sich koordinierte Ermittlungen in mehreren Vertragsstaaten als erforderlich erweisen (Abs. 1 lit. a und b).

Der Leiter der Ermittlungsgruppe handelt im Rahmen seines innerstaatlichen Rechts, unter dessen Vorbehalt auch der Einsatz der übrigen Gruppenmitglieder steht. Zusätzlich sind die weiteren Bedingungen maßgeblich, die in der Vereinbarung zur Bildung der Gruppe festgelegt wurden (Abs. 3).

Nach Abs. 5 sind die in die gemeinsame Ermittlungsgruppe entsandten Mitglieder berechtigt, bei Ermittlungsmaßnahmen im Einsatzstaat anwesend zu sein. Aus besonderen Gründen kann der Einsatzleiter jedoch den Ausschluss der entsandten Mitglieder verfügen. Der Ausdruck „besondere Gründe“ wurde dabei nicht definiert, doch können diese etwa im Fall einer Zeugenvernehmung bei Sexualdelikten vorliegen, insbesondere wenn die Opfer Kinder sind.

Nach Maßgabe der Rechtsvorschriften des Einsatzstaats können entsandte Mitglieder vom Gruppenleiter mit der Durchführung bestimmter Ermittlungsmaßnahmen betraut werden. Eine derartige Vorgangsweise muss allerdings von den zuständigen Behörden des Einsatzstaats und jenen des entsendenden Staats gebilligt worden sein (Abs. 6). Die strafrechtliche und zivilrechtliche Verantwortung der entsandten Beamten richtet sich nach Art. 21 f. (siehe unten).

Abs. 7 trifft eine Regelung, die eine Neuerung im Bereich der Rechtshilfe darstellt: sind Ermittlungshandlungen in einem der Vertragsstaaten erforderlich, die an der Gruppe teilnehmen, so kann das entsandte Mitglied des betreffenden Staates seine zuständigen Behörden ersuchen, das Erforderliche zu veranlassen. Über die Durchführung der erbetenen Maßnahmen wird nach den Kriterien entschieden, die auch für ein rein innerstaatliches Verfahren gelten würden.

Abs. 8 behandelt den Fall, dass Unterstützungsmaßnahmen eines Vertragsstaats, der nicht an der Gruppe beteiligt ist, oder eines Drittstaats erforderlich werden. In einem derartigen Fall besteht nach den allgemeinen Regelungen die Möglichkeit zur Stellung eines Rechtshilfeersuchens an die zuständigen Behörden des betreffenden Staats.

Abs. 9 bietet die Grundlage für das Zur-Verfügung-Stellen von Informationen eines beteiligten Vertragsstaats durch das entsandte Mitglied des betreffenden Staats.

Abs. 10 enthält Spezialitätsregelungen für die Verwendung erlangter Informationen.

Abs. 11 stellt klar, dass bereits bestehende Bestimmungen oder Vereinbarungen über die Bildung und den Einsatz gemeinsamer Ermittlungsgruppen, insbesondere im Bereich der Sicherheitsbehörden, nicht berührt werden.

Abs. 12 eröffnet die Möglichkeit, dass neben Angehörigen der Strafverfolgungsbehörden der Vertragsstaaten auch andere Personen an der gemeinsamen Ermittlungsgruppe teilnehmen, wobei diesen allerdings keine Rechte nach Abs. 7 und 9 zukommen.

Diese Bestimmung wurde durch die §§ 76 a und 76b ARHG umgesetzt.

Zu Artikel 21:

Diese Bestimmung, die sich weitgehend an Art. 15 des EU-RH-Übk. orientiert, regelt die strafrechtliche Verantwortung für eine Straftat, die von einem oder gegen einen Beamten eines Vertragsstaats, der gemäß den Art. 17 bis 20 in einem anderen Vertragsstaat tätig ist, begangen wird. Es wird klargestellt, dass ein solcher Beamter einem Beamten des Vertragsstaats, auf dessen Hoheitsgebiet er tätig wird, gleichgestellt ist, sofern zwischen den betroffenen Vertragsstaaten nichts anderes vereinbart wurde.

Die Bestimmung ist als zwischenstaatliche Vereinbarung im Sinn des § 74 Abs. 1 Z 4, letzter Halbsatz, StGB anzusehen, durch die eine Gleichstellung ausländischer Beamter mit österreichischen Beamten angeordnet wird.

Für den Bereich der polizeilichen Zusammenarbeit zwischen den Vertragsstaaten des SDÜ enthält Art. 42 SDÜ eine gleichlautende Regelung.

Zu Artikel 22:

Diese Bestimmung, die weitestgehend mit Art. 16 des EU-RH-Übk. übereinstimmt, regelt die zivilrechtliche Verantwortlichkeit der Vertragsstaaten bei der Tätigkeit von Beamten, die gemäß den Art. 17 bis 20 in einem anderen Vertragsstaat tätig sind, für einsatzbegleitende Schäden, wobei abweichende Vereinbarungen der Vertragsstaaten zulässig sind.


Zu Artikel 23:

Dieser Artikel sieht vor, dass im Zusammenhang mit Rechtshilfeersuchen in Bezug auf Zeugen, die der Gefahr der Bedrohung ausgesetzt sind oder sonst Schutz benötigen, zwischen den zuständigen Behörden des ersuchenden und des ersuchten Vertragsstaats im Einklang mit dem innerstaatlichen Recht Maßnahmen zum Schutz des Betroffenen zu vereinbaren sind.

Zu Artikel 24:

Diese Bestimmung regelt die Setzung vorläufiger Maßnahmen, insbesondere zur Beweissicherung, durch den ersuchten Staat über entsprechendes Ersuchen. Dabei wird klargestellt, dass diese nach Maßgabe des nationalen Rechts ergriffen werden.

Zu Artikel 25:

Dieser Artikel behandelt die vertrauliche Behandlung von Rechtshilfeersuchen über entsprechendes Ersuchen.

Zu Artikel 26:

Das 2. ZP enthält umfassende datenschutzrechtliche Bestimmungen, die sich an Art. 23 des EU-RH-Übk. orientieren.

Abs. 1 begrenzt den Anwendungsbereich der Vorschrift auf „personenbezogene“ Daten. Es handelt sich dabei um Daten im Sinne von Art. 2 lit. a des Übereinkommens des Europarats zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten vom 28.1.1981. Danach sind „personenbezogene Daten“ alle Informationen über eine bestimmte oder bestimmbare natürliche Person („Betroffener“), ungeachtet der Art der Speicherung oder der Verarbeitung der personenbezogenen Daten. Art. 26 findet daher sowohl auf automatisch als auch auf nicht automatisch verarbeitete Daten Anwendung.

Als „bestimmbar“ wird eine Person angesehen, die direkt oder indirekt identifiziert werden kann, insbesondere durch Zuordnung zu einer Kennnummer.

Personenbezogene Daten, die auf Grund des Europ. RH Übk. oder eines seiner Protokolle übermittelt werden, dürfen ohne vorherige Zustimmung des übermittelnden Vertragsstaats für folgende Zwecke verwendet werden:

-       für Verfahren, auf die das Europ. RH Übk. oder eines seiner Protokolle Anwendung findet. Es handelt sich dabei um Verfahren, die von Art. 1 erfasst werden, somit auch Verwaltungsverfahren, sofern gegen die Entscheidung der Verwaltungsbehörde ein insbesondere in Strafsachen zuständiges Gericht angerufen werden kann;

-       für sonstige justizielle und verwaltungsbehördliche Verfahren, die mit Verfahren, auf die das Europ. RH Übk. oder eines seiner Protokolle Anwendung findet, unmittelbar zusammenhängen (zB Verfahren in Handelssachen im Zusammenhang mit einem Kridadelikt, Verfahren betreffend den Entzug des Sorgerechts im Zusammenhang mit einem Strafverfahren wegen Kindesmisshandlung oder Verfahren betreffend den Entzug eines Waffenscheins im Zusammenhang mit einem Strafverfahren wegen eines Gewaltdelikts mit Waffen);

-       zur Abwehr einer unmittelbaren und ernsthaften Gefahr für die öffentliche Sicherheit (vgl. Art. 20 Abs. 4 lit. b Z ii).

Für jede andere Verwendung personenbezogener Daten ist nach Abs. 2 die vorherige Zustimmung des übermittelnden Vertragsstaats oder des Betroffenen erforderlich.

Nach Abs. 3 besteht die Möglichkeit, die Übermittlung der in Erledigung eines Rechtshilfeersuchens erlangten Daten an den ersuchenden Staat aus bestimmten (datenschutzrechtlichen) Gründen zu verweigern. Festzuhalten ist, dass Abs. 3, zweiter Anstrich, vor dem Hintergrund unionsrechtlicher datenschutzrechtlicher Vorgaben nicht dahingehend zu verstehen ist, dass der Status eines Vertragsstaats des Übereinkommens zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten (Konvention 108) mit einer von der Europäischen Kommission gegenüber einer EU-Drittstaat erlassenen datenschutzrechtliche Adäquanzentscheidung gleichzusetzen ist. Die unionsrechtlichen Vorgaben für Datenübermittlungen an Drittstaaten bleiben daher davon unberührt.

Nach Abs. 4 kann der übermittelnde Staat den ersuchenden Staat um Auskunft über die Verwendung der Daten ersuchen. Eine derartige Möglichkeit besteht abweichend von Art. 23 Abs. 3 des EU-RH-Übk. nicht nur unter der Voraussetzung, dass die Umstände des konkreten Falles dies erfordern, sondern generell.

Abs. 5 enthält eine Regelung, die der in Art. 23 Abs. 7 des EU-RH-Übk. vorgesehenen Sonderregelung für Luxemburg entspricht. Danach kann jeder Vertragsstaat erklären, dass in Erledigung eines Rechtshilfeersuchens übermittelte personenbezogene Daten, deren Übermittlung oder Verwendung nach dem Europ. RH Übk. oder einem seiner Protokolle verweigert oder eingeschränkt hätte werden können, vom ersuchenden Vertragsstaat nur mit Zustimmung des ersuchten Vertragsstaats zu den in Abs. 1 genannten Zwecken (siehe oben) genutzt werden dürfen.

Im Hinblick darauf, dass die Rechtshilfeleistung nach allgemeinen Regeln grundsätzlich nicht unter Spezialitätsbindung erfolgt, wird vorgeschlagen, dass Österreich von der vorgesehenen Erklärungsmöglichkeit keinen Gebrauch macht.

Zu Artikel 27:

Nach dieser Bestimmung können die Vertragsstaaten erklären, welche Behörden sie als Verwaltungsbehörden im Sinne von Art. 1 Abs. 3 betrachten. Es wird vorgeschlagen, dass Österreich die Bezirksverwaltungsbehörden (Bezirkshauptmannschaften oder Organe einer Stadt mit eigenem Statut), in den Angelegenheiten des sachlichen Wirkungsbereichs der Landespolizeidirektionen im Gebiet einer Gemeinde, für das die Landespolizeidirektion zugleich Sicherheitsbehörde erster Instanz ist, jedoch die Landespolizeidirektionen, sowie die Finanzstrafbehörden (Finanzämter und Zollämter) als zuständige Verwaltungsbehörden notifiziert.

Zu Artikel 28:

Diese Bestimmung enthält eine Meistbegünstigungsklausel, wonach die Anwendung weiter gehender Regelungen in bilateralen oder multilateralen Übereinkommen zwischen den Vertragsstaaten unberührt bleibt.

Zu Artikel 29:

Dieser Artikel regelt die Erleichterung der Behebung von Schwierigkeiten, die sich aus der Anwendung des Europ. RH Übk. und seiner Protokolle ergeben, durch den Europäischen Ausschuss für Strafrechtsfragen.

Zu Artikel 30:

Dieser Artikel regelt die Unterzeichnung des 2. ZP durch die Mitgliedstaaten des Europarats, die Vertragspartei des Europ. RH Übk. sind oder es unterzeichnet haben, und das Inkrafttreten.

Zu Artikel 31:

Diese Bestimmung behandelt den Beitritt durch Nichtmitgliedstaaten des Europarats, die dem Europ. RH Übk. beigetreten sind, und das Inkrafttreten im Verhältnis zu solchen Staaten.

Zu Artikel 32:

Diese Bestimmung betrifft den territorialen Geltungsbereich. Sie sieht vor, dass jeder Vertragsstaat einzelne oder mehrere seiner Hoheitsgebiete bezeichnen kann, auf die das 2. ZP Anwendung findet.

Zu Artikel 33:

Abs. 1 dieser Bestimmung stellt klar, dass Vorbehalte und Erklärungen zum Europ. RH Übk. oder dem 1. ZP grundsätzlich auch auf das 2. ZP Anwendung finden.

Nach Abs. 2 sind Vorbehalte zum 2. ZP nur in den ausdrücklich vorgesehenen Fällen (Art. 1 bis 20) zulässig, wobei insofern Gegenseitigkeit geübt werden kann.

Es wird vorgeschlagen, dass Österreich von den Vorbehaltsmöglichkeiten keinen Gebrauch macht.

Zu Artikel 34:

Dieser Artikel regelt die Kündigung des 2. ZP durch eine Vertragspartei, wobei klargestellt wird, dass die Kündigung des Europ. RH Übk. auch die Kündigung des 2. ZP zur Folge hat.

Zu Artikel 35:

Dieser Artikel statuiert, dass der Generalsekretär des Europarats die Mitgliedstaaten des Europarats und jeden Staat, der dem 2. ZP beigetreten ist, über alle Notifizierungen in Verbindung mit dem 2. ZP zu unterrichten hat.