9.19

Bundesminister für Finanzen Dkfm. Eduard Müller, MBA, betraut mit der Leitung des Bundesministeriums für öffentlichen Dienst und Sport: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Geschätztes Hohes Haus! Ein Budget ist das Gleichgewicht aus den Entscheidungen der Vergangenheit und den Erwartungen an die Zukunft. Dieses Gleichgewicht auf allen Ebenen zu finden und zu wahren ist ein Balanceakt. – Das war noch die leichte Übung, denn mit diesen Worten habe ich auch meine erste Rede hier begonnen – damals allerdings noch nicht im Wissen, wie schmal der Grat für diesen Balanceakt sein wird.

Ein zumindest über den Konjunkturzyklus ausgeglichenes Bundesbudget, bei dem der Staat nicht mehr ausgibt, als er einnimmt, und damit nicht auf Kosten der nach­fol­genden Generationen wirtschaftet, ist, glaube ich, auch das, was man vielleicht um­gangssprachlich, aber jedenfalls im allgemeinen Verständnis als nachhaltig bezeichnen kann.

Etwas technischer formuliert würde ich fiskalische Nachhaltigkeit als langfristige Trag­fähigkeit des öffentlichen Haushaltes bezeichnen. Und diese Nachhaltigkeit braucht es, um künftige Entwicklungen und vor allem die Konsequenzen dieser künftigen Entwick­lungen, seien es wirtschaftliche Dynamiken wie die Globalisierung oder Digi­talisierung, seien es gesellschaftliche Entwicklungen wie die Urbanisierung oder un­sere demo­grafische Struktur oder Umwelt- und Klimaentwicklungen, proaktiv und nicht nur reaktiv gestalten zu können.

Die Ziele für die fiskalische Nachhaltigkeit sind aus meiner Sicht über weite Bereiche sehr klar definiert: das öffentliche Defizit ausgeglichen über den Konjunkturzyklus, der Schuldenstand mit dem klaren Zielwert von 60 Prozent des BIP, eine Abgabenquote, die sich mittelfristig den 40 Prozent nähern soll, und, wenn Sie so wollen, als Hebel, als Weg dorthin das Reformprogramm – wir haben es vergangene Woche auch im Bud­getausschuss besprochen –, in dem die Herausforderungen der Zukunft adressiert werden: Pensionen, Gesundheit, innovative Investitionen, Umwelt und Klima.

Wie führt der Weg zu diesen Zielen? – Der Weg dorthin führt – gerade, glaube ich, in der aktuellen Situation, in dieser doch besonderen politischen Phase in unserem Land – in Wahrheit über zwei auf den ersten Blick sehr einfach anmutende Elemente: erstens einen strikten Budgetvollzug im täglichen Verwaltungshandeln und zweitens über Verantwortungsgefühl und Augenmaß bei der Beschlussfassung neuer Maßnahmen. Einmal ist der Adressat die Exekutive, der Vollzug, einmal ist der Adressat die Legislative, wenn Sie so wollen, die Politik.

Das Instrument auf diesem Weg ist das Budget, das Budget mit einem Bundes­finanz­gesetz, mit einem Bundesfinanzrahmengesetz, also hier in diesem Hohen Haus be­schlossenen, in konkrete Zahlen gegossenen Zielwerten, aber auch das Stabilitäts­programm auf europäischer Ebene. All das, dieses Budget mit seinen verschiedenen Facetten, ist, wenn Sie so wollen, Ihr, unser Navigationsinstrument auf diesem Weg, und das Budget erfüllt in dieser Ausprägung als Navi verschiedene Funktionen.

Es ist natürlich erstens ein Instrument einer Regierung bei der Erfüllung der Auf­gaben – das ist so quasi die politische Funktion, die einem Budget zukommt. Das Budget ist aber zweitens auch Ausdruck, gerade jetzt in diesen Tagen sehr spürbar, der Gewaltenteilung in einem parlamentarischen System, da es die Kontrolle der Exekutive durch die Legislative ermöglicht. Und drittens dient das Budget der Planung und der Durchführung staatlicher Tätigkeiten durch die Verwaltung, hat also eine, wenn Sie so wollen, finanzwirtschaftliche Planungs- und Organisationsfunktion.

Sehr geehrte Damen und Herren! Geschätztes Hohes Haus! Wir sind, und das wird ja auch in allen Reden, in allen Medien immer wieder betont, zweifellos in einer beson­deren politischen Phase in unserem Land, in einer besonderen Phase, in der sich auch gewisse Dynamiken ergeben haben, in der sich zum Beispiel die von mir vorhin erwähnte politische Gestaltungsfunktion weg von der Regierung hin zu den politischen Parteien dieses Hohen Hauses verschoben hat. Die Valorisierung des Pflegegeldes, ein Thema aus dem Finanzausschuss, die heute von meinem Vorredner, Abgeord­ne­ten Haubner, angesprochene Steuerreform, das sind zwei Maßnahmen im Lichte genau dieser Entwicklung, dieses politischen Gestaltungsanspruchs des Parlaments.

Erlauben Sie mir, genau an diesem Beispiel – auch im Wissen, damit vielleicht durch­aus auch zu polarisieren, aber vielleicht damit auch die Aufmerksamkeit zu haben – auf die Funktion des Budgets in diesem Zusammenhang hinzuweisen. Während die Steu­erreform in einem unserer Naviinstrumente, im Stabilitätsprogramm auf euro­päischer Ebene, eingepreist wurde, wurde die Valorisierung des Pflegegeldes nicht eingepreist. Aber die Steuerreform ist nur eine Maßnahme und ein Teil eines Paketes, der ein­gepreist wurde, und daher ist sie auf europäischer Ebene auch im Kontext mit einem Digitalisierungspaket, mit einem Betrugsbekämpfungspaket und mit einem Verwal­tungs­modernisierungspaket zu sehen.

Ich sehe es hier auch als meine Aufgabe, als Finanzminister im Sinne eines Budget­wächters darauf hinzuweisen. Diese Verantwortung ist aber nicht wertend. Ich weiß schon, dass das dann schnell eine Zuschreibung ist. Diese Verantwortung versuche ich nach bestem Wissen und Gewissen analysierend, beschreibend wahrzunehmen, beschreibend in dem Sinn, was eben in den diversen Budgetinstrumenten eingespeist ist und was nicht.

Was ich aber noch einmal wiederholen kann, das Angebot aus meiner ersten Rede in diesem Hohen Haus, das ist Folgendes: dass wir mit der Expertise des Bundes­ministeriums für Finanzen die Maßnahmen, die jetzt zur Diskussion stehen, in einer schnellen Wirkungsanalyse und Folgekostenabschätzung analysieren, um Ihnen als valide Entscheidungsgrundlage entsprechende Zahlen zur Verfügung zu stellen, damit Sie Entscheidungen transparent und nachvollziehbar darstellen können. Die politische Beurteilung dieser in Zahlen gegossenen Konsequenzen und Auswirkungen, die poli­tische Beurteilung liegt in Ihrer Hand, Hohes Haus. Wir als Exekutive können Sie dabei unterstützen, dass Sie möglichst gute und valide Entscheidungsgrundlagen haben.

Ich glaube, Hohes Haus, nur diese Analyse und nur diese Unterstützung ermöglichen es Ihnen, die zweite, aus meiner Sicht vielleicht sogar zentrale Funktion des Budgets wahrzunehmen, nämlich die Kontrolle der Exekutive durch die Legislative. Dafür stehen Ihnen – das muss ich Ihnen nicht sagen, das kenne ich eher von der anderen Seite, der Verwaltung, wo man vielleicht manchmal auch darüber stöhnen mag – im Vollzug zahlreiche Instrumente zur Verfügung, vom monatlichen Budgetcontrolling bis zum Einsatz des Rechnungshofes.

Auf eine Maßnahme möchte ich auch deswegen eingehen, weil sie heute vom Ab­geordneten Haubner angesprochen worden ist: eine Schuldenbremse. Eine Schulden­bremse ist allerdings jetzt keine große Neuerfindung, es gibt sie in vielen Ländern, es gibt sie, wie wir wissen, auch im österreichischen Bundeshaushaltsgesetz mit der sogenannten Regelgrenze für das strukturelle Defizit, nach der allerdings der Haushalt des Bundes nach Maßgabe des Rechts der Europäischen Union grundsätzlich aus­zugleichen ist; diese hat eben die konkrete Ausprägung in den 0,35 Prozent.

Das heißt, wir haben eine Schuldenbremse. Sie mögen beurteilen, wie sie genutzt wird. Ich kann Ihnen aus dem Vollzug vielleicht zwei Punkte mitgeben, auch hier nicht wertend, nur beschreibend: Da das strukturelle Defizit nicht ganz unkomplex in der Beurteilung und final jedenfalls immer erst ex post feststellbar ist, ist es für uns im Finanzministerium nur ein eingeschränktes laufendes Steuerungsinstrument. Und da es natürlich nur den Bund umfasst, ist es, wenn Sie so wollen, nur eine Seite der Medaille.

Eine Schuldenbremse kann ein zentrales strategisches Steuerungs- und Kontroll­instrument der Legislative über die Exekutive sein. Wie immer Sie sich entscheiden, ob Sie eine Schuldenbremse als Wachstumsbremse ansehen oder, wie es vielleicht andere tun, als Beitrag zur Generationengerechtigkeit, es ist und es muss vor allem Ihr Instrument sein, Hohes Haus, das Ihnen die laufende, begleitende Kontrolle dieses Instruments Budget ermöglicht. (Abg. Kickl: Es gibt auch ein Zeitbudget!)

Die dritte Funktion des Budgets, die ich angesprochen habe, ist die finanzwirt­schaftliche Organisationsfunktion, also das Regulativ für den Vollzug, für die Exekutive, für die Verwaltung. Da gibt das Budget den Rahmen, aber auch die Spielregeln – also das Wieviel und das Wie – für die Verwaltung vor. Erlauben Sie mir zu sagen, auch das nicht wertend, sondern einfach Zahlen wiedergebend, auch da zeigt dieser strikte Budgetvollzug, wenn man – auch im Wissen um verschiedene Ursachen dieser Entwicklungen – auf die nackten Zahlen schaut, bereits absehbare Erfolge.

Wenn wir auf das Jahr 2018 zurückschauen, mit einem Nettofinanzierungssaldo von minus 1,1 Milliarden Euro im Vergleich zu veranschlagten minus 2,2 Milliarden Euro und mit einem Anteil von 0,6 am Ausgabenteil, so denke ich doch, dass dieser strikte Budgetvollzug jedenfalls auch einen entsprechenden Anteil an dieser Entwicklung hat.

Für das heurige Jahr – das in Zahlen gegossene Ziel haben ja Sie mit dem Bundes­finanzgesetz beschlossen – hoffe und zähle ich auf die Unterstützung meiner Ressort­kolleginnen und -kollegen. Ich glaube, wir alle wissen, dass der alte Grundsatz, dass die beste Einnahmequelle eines Staates seine Sparsamkeit ist, noch immer gilt. (Beifall bei der ÖVP.) Denn nur mit dieser Sparsamkeit kann es gelingen, das schon erwähnte für 2019 angestrebte Ziel des ausgeglichenen Haushalts und auch das, glaube ich, ambitionierte Ziel eines seit dem Jahr 1954 erstmals ausgeglichenen Bundeshaushalts zu erreichen.

Das ist kein Fetisch, das ist auch kein Selbstzweck, sondern das wäre aus meiner Sicht das eingelöste Versprechen, mit dem die Befürchtungen der älteren Generation zerstreut und die Erwartungen unserer Kinder erfüllt werden können. Dafür darf ich Sie um Ihre Unterstützung ersuchen und an Sie appellieren, mit Leidenschaft, mit Verant­wortungsgefühl und vor allem mit Augenmaß in den nächsten Wochen und Monaten vorzugehen. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und NEOS sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

9.33

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Danke schön.

Ich darf die Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums der Herz-Jesu-Missionare  herzlich bei uns im Hohen Haus begrüßen. Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Baumgartner. Die Redezeit beträgt bei allen Abgeordneten jetzt wieder fix 5 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.