17.05

Abgeordneter Erwin Preiner (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuhörer hier auf der Galerie und zu Hause vor den Fernsehapparaten! (Der Redner stellt eine Tafel auf das Rednerpult, auf der vor dem Hintergrund eines Fotos von Obst und Gemüse ein rotes Sechseck mit der Aufschrift „Stop Glyphosat“ sowie ein grünes Sechseck mit der Aufschrift „Start Bio-Wende“ abgebildet sind.) Die EU-Kommission hat klar festgestellt, dass es sehr wohl die Möglichkeit gibt, nationale Verbote für eine Glyphosatanwendung und -zulassung auszusprechen, und ich denke, dass die Debatte zu diesem Tagesordnungspunkt hin­sichtlich eines Stopps der Glyphosatanwendung eine historische sein kann, wenn der Antrag, den wir einbringen, auch eine entsprechende Mehrheit findet.

Kolleginnen und Kollegen, ich bringe den gesamtändernden Abänderungsantrag der Abgeordneten Erwin Preiner, Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen zum Antrag 18/A ein.

Der Antrag ist bereits verteilt worden.

Mit diesem Antrag soll dem Notifizierungsgebot der EU Genüge getan werden.

Weshalb sind wir der festen Überzeugung, dass Glyphosat in der Anwendung komplett verboten werden soll, zum einen auf versiegelten Flächen, auf Parkplätzen, auf Kinderspielplätzen, zum anderen aber natürlich auch und vor allem im Bereich der Land- und Forstwirtschaft, wo Glyphosat zu 90 Prozent Anwendung findet?

Wir sind, denke ich, dem Vorsorgeprinzip verpflichtet. Viele internationale Studien haben bereits dargelegt, dass Glyphosat in der Anwendung eine Gefahr für die Gesundheit der Menschen und der Tiere darstellt. Auch die WHO hat das letzten Endes so dargestellt. Ich spreche hier nur das Problem des Non-Hodgkin-Lymphoms an. Auch kann sich Glyphosatanwendung entsprechend negativ auf den Hormonhaus­halt der Menschen und der Tiere auswirken.

Ich ersuche daher vorweg um möglichst breite Zustimmung zu diesem Abände­rungs­antrag und somit zu einer Änderung des Pflanzenschutzmittelgesetzes.

Kolleginnen und Kollegen! Schon viele Gemeinden – weit über ein Drittel der öster­reichi­schen Gemeinden – haben im öffentlichen, kommunalen Bereich Glyphosat nicht mehr in Verwendung. Es gibt diesbezüglich genügend Alternativen. Jede Woche, fast jeden Tag kommen weitere Gemeinden dazu, die klar sagen: Im öffentlichen Bereich wollen wir das nicht! Das ist aber aus meiner Sicht zu kurz gegriffen. Es gibt Alter­nativen in der Anwendung, nämlich im Bereich der mechanischen Anwendung, auch im Bereich der thermischen Anwendung, aber auch im Bereich der biologischen Möglich­keiten, Mittel, die biologisch abbaubar sind und genau dieselbe Wirkung haben wie Glyphosat, aber mit dem Unterschied, dass sie nicht giftig sind, weder für Menschen noch für Tiere.

Wir haben, Kolleginnen und Kollegen, zu diesem Antrag in der letzten Plenarsitzung auch einen Fristsetzungsantrag mit Frist 1. Juli dieses Jahres beschlossen. Ich bedanke mich bei allen, die diesem Antrag zugestimmt haben, und ich verstehe nicht, dass es keine Sitzung des Landwirtschaftsausschusses gegeben hat, in der wir über diese Thematik hätten diskutieren können.

Es wurde von meinem Vorredner angesprochen, dass am gestrigen Tag, zufällig oder auch nicht einen Tag vor der heutigen Plenarsitzung, die Machbarkeitsstudie, die vom Nachhaltigkeitsministerium in Auftrag gegeben worden war, präsentiert wurde, aber nicht vom Ministerium selbst, sondern von der Boku und von der Ages. (Ruf bei der ÖVP: Die haben wir ja erst gemacht!)

Es gibt Inhalte, aus denen klar hervorgeht, dass es keine neuen empirischen For­schungsergebnisse gegeben hat, die zur Erstellung dieser Studie herangezogen wur­den, obwohl die Wissenschaft bereits etwas ganz anderes zeigt.

Ich denke, diese Studie ist daher teilweise sehr oberflächlich gehalten. Keine neuen Erkenntnisse seitens der international wissenschaftlich tätigen Experten wurden in diese Machbarkeitsstudie eingearbeitet, Kolleginnen und Kollegen!

Noch einmal: Bis zu 90 Prozent der Glyphosatmenge, die aufgebracht wird, wird im Bereich Land- und Forstwirtschaft verwendet.

Ein Problem, das sich dadurch auch ergibt, ist, dass Glyphosat durch den Wind bis zu 300, 400, 500 Meter vertragen wird, auch auf Flächen, auf denen biologischer Landbau betrieben wird, sodass die Biobauern auch Probleme bekommen können, wenn Glyphosatrückstände auf Bioflächen aufscheinen.

Wir haben uns seitens der SPÖ seit Jahr und Tag permanent für eine nachhaltige Stärkung des Biolandbaus und auch für eine nachhaltige Stärkung gesunder Nahrungs- und Lebensmittel ausgesprochen, auch dafür, dass zum Beispiel in der neuen GAP 2020+ verstärkt Fördermittel auch von österreichischen Steuerzahlern in Pestizidreduk­tionsprogramme fließen sollen und der Biolandbau weiter gestärkt werden muss, denn die Menschen haben das Recht, gesunde Lebens- und Nahrungsmittel zu sich zu nehmen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich darf auch erwähnen, dass Glyphosat nicht nur im Bier nachzuweisen ist, sondern auch im Harn – 30 Prozent der Harnproben haben das gezeigt. Ich darf Ihnen aber ebenfalls auch mitteilen, dass Glyphosat im Blut nachzuweisen ist. Ich habe hier einen Glyphosatbefund aus einem deutschen Labor. (Der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe, auf dem grün-gelb-rote Balken zu sehen sind.) Ich muss leider sagen, es ist mein eigener Befund, auf dem zu sehen ist, dass der Glyphosatgrenzwert bei mir persönlich überschritten ist. Ich habe im konventionellen Bereich bis 2013 Landwirt­schaft betrieben und habe nie Glyphosat im eigenen Weinbaubetrieb eingesetzt. Ich wiederhole nochmals: Der obere Grenzwert ist bei mir leider überschritten, und ich scheue mich nicht, hier meinen eigenen Blutbefund betreffend Glyphosat darzulegen und der Öffentlichkeit zu präsentieren. (Beifall bei der SPÖ.)

Das, glaube ich, ist Beweis genug, dass Glyphosat sehr wohl ein Problem für die Gesundheit der Menschen und der Tiere darstellt, dass Glyphosat auch ein Problem im Zusammenhang mit dem Artensterben darstellt. Wir haben vor geraumer Zeit eine UNO-Studie präsentiert bekommen, aus der hervorgeht, dass sich eine Million von acht Millionen Arten bereits von dieser Welt verabschiedet haben.

Es gab auch eine Studie der Universität Nimwegen, in der klargelegt wurde, dass in den letzten 25 Jahren 75 Prozent der Insekten in Mitteleuropa verschwunden sind. Wir brauchen die Bienen und Wildbienen aber für die Bestäubung unserer Obstbäume. Wenn wir weiter so agieren und hinsichtlich dieser vielen empirischen wissenschaft­lichen Erkenntnisse und Ergebnisse den Kopf trotzdem noch in den Sand stecken, dann läuft die Entwicklung nicht gut für uns.

Kolleginnen und Kollegen, letzten Endes haben auch die drei Gerichtsurteile gegen Monsanto in den USA gezeigt, dass Glyphosat sehr wohl eine große Gefahr für die Menschen darstellt. Weitere 13 000 Klagen sind in der Pipeline und anhängig.

Kolleginnen und Kollegen, mit der Gesundheit darf man nicht spielen. Ich komme zum Schluss: Die Gesundheit ist das höchste Gut, das jeder Mensch hat, und daher muss man damit achtsam umgehen. Die Politik hat die Aufgabe und die Verantwortung, sich hier im Nationalrat und im Zuge der nachfolgenden Abstimmung für die Gesundheit der Menschen in Österreich nachhaltig einzusetzen und keinen Populismus zu betreiben. Mit der Gesundheit spielt man nicht, auch nicht mit der Gesundheit der nachfolgenden Generationen.

In diesem Sinne hoffe ich auch im Sinne des Vorsorgeprinzips, dass es eine möglichst breite Zustimmung zu einem totalen Anwendungsverbot von Glyphosat ab Jänner 2020 geben möge. (Abg. Jarolim auf das rot leuchtende Lämpchen am Rednerpult deu­tend : Zeit!) – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

17.14

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Preiner, Cornelia Ecker, Mag. Dr. Zinggl, Kolleginnen und Kollegen

zum Antrag der Abgeordneten Mag. Schieder, Heinisch-Hosek, Mag. Leichtfried, Ecker, Preiner, Ing, Vogl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Pflanzenschutzmittelgesetz 2011 geändert wird, womit ein sofortiges natio­nales Verbot betreffend Pflanzenschutzmittel mit dem wahrscheinlich krebserregenden Wirkstoff Glyphosat erlassen wird, (18/A)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag lautet zur Gänze wie folgt:

„1. Dem § 17 wird folgender Abs. 5 angefügt:

„(5) § 18 Abs. 10 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2019 tritt nur unter der Bedingung in Kraft, dass

1.    diese Bestimmung gemäß der Richtlinie (EU) 2015/1535 über ein Informations­verfahren auf dem Gebiet der technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft, ABl. Nr. L 241 vom 17.09.2015 S. 1, notifiziert wurde,

2.    die gemäß Art. 6 Abs. 1 dieser Richtlinie einzuhaltende dreimonatige Stillhaltefrist abge­laufen ist und

3.    eine ausführliche Stellungnahme gemäß Art. 6 Abs. 2 dieser Richtlinie nicht ab­gegeben wurde und innerhalb der dreimonatigen Stillhaltefrist eine Bekanntgabe durch die Europäische Kommission gemäß Art. 6 Abs. 3 oder 4 dieser Richtlinie nicht erfolgt ist.

Der Bundeskanzler hat den Eintritt der genannten Bedingung im Bundesgesetzblatt kundzumachen.

§ 18 Abs. 10 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2019 tritt nach Eintritt der Bedingung mit 1. Jänner 2020 in Kraft.“

2. In § 18 Abs. 10 wird der Satz "Das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln mit dem Wirkstoff Glyphosat ist hinsichtlich der Indikation" Sikkation " verboten, sofern das Erntegut für Lebens- oder Futtermittelzwecke bestimmt ist." durch folgenden Satz ersetzt:

"Das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln mit dem Wirkstoff Glyphosat ist im

Sinne des Vorsorgeprinzips verboten."

3. § 18 Abs. 10 lautend “§ 15 Abs. 4 und 5 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBL I NR.189/2013 tritt am l. Jänner 2014 in Kraft." wird § 18 Abs. 10a.““

Begründung

Zu Zi. 1:

Mit dem neuen § 17 Abs. 5 soll das Verbot des Inverkehrbringens von Pflanzen­schutzmitteln mit dem Wirkstoff Glyphosat ab 1.1.2020 in Kraft treten und der Richtlinie (EU) 2015/1535 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. September 2015 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft entsprochen werden.

Zu Zi. 2:

Für die Gesundheitspolitik, eine nachhaltige Land- und Forstwirtschaft, sowie eine nachhaltige Umwelt- und Klimapolitik spielt der Umgang mit chemisch-synthetischen Pestiziden eine entscheidende Rolle.

Einer der weltweit meist eingesetzten Wirkstoffe in chemisch-synthetischen Pestiziden ist Glyphosat.

Glyphosat ist ein Wirkstoff in Pestiziden, sog. „Herbiziden“. Es tötet jede Pflanze, die nicht gentechnisch so verändert wurde, dass sie den Herbizideinsatz überlebt. Es wirkt systemisch, d.h. aufgenommen über die Blätter gelangt es in alle Bestandteile der Pflanze: in Blätter, Samen und Wurzeln.

Glyphosat lässt sich nicht abwaschen und wird weder durch Erhitzen noch durch Einfrieren abgebaut. Glyphosat-Rückstände halten sich etwa ein Jahr lang in Lebens- und Futtermitteln.

Die pflanzenvernichtenden Eigenschaften von Glyphosat wurden von der Firma Monsanto 1969 patentiert. Das Mittel kam unter dem Namen "Roundup" auf den Markt und wurde zum weltweit meistverkauften Pestizid.

Glyphosatprodukte werden mittlerweile von mehr als 40 Herstellern vertrieben.

Glyphosat wird unter anderem in Landwirtschaft, Gartenbau, Industrie und Privat­haus­halten eingesetzt. Schätzungsweise werden bis zu 90% des Wirkstoffes in Österreich in der konventionellen Landwirtschaft und Forstwirtschaft eingesetzt.

Tests durch das Umwelt-Netzwerk „Friends of the Earth“ haben Glyphosat im mensch­lichen Körper nachgewiesen. 182 Urinproben von Menschen aus 18 europäischen Län­dern wurden in einem unabhängigen Labor in Deutschland auf Glyphosat und seinen Metaboliten AMPA untersucht. In 45 Prozent aller Proben wurde Glyphosat nachge­wiesen, in Malta in 90 Prozent der Proben, in Mazedonien in 10 Prozent. In Österreich wurde eine Belastung mit Glyphosat in 30 Prozent der Harnproben nach­gewiesen.

Aus der Sicht von ExpertInnen wird die Hypothese geäußert, dass einer der Haupt­eintragswege dafür die Nahrungsmittelaufnahme ist.

Vorsorgender Grundwasserschutz ist in Österreich besonders essenziell, da unser Trinkwasser aus Grundwasserreserven und Quellen gewonnen wird. Diffuse Einträge (Nitrat, Pestizide) in Grundwasserkörpern und Quellen sind deshalb zu vermeiden.

Das Amt der Steiermärkischen Landesregierung initiierte gemeinsam mit dem Joan­neumResearch und dem Umweltbundesamt ein dreijähriges Forschungsprojekt: Im Leibnitzerfeld wurde erstmals in Österreich getestet, ob Glyphosat eine Gefährdung des Grundwassers darstellen kann. Auf der Homepage des Umweltbundesamtes ist nachzulesen: „Die Studie ergab, dass eine Glyphosate-Anwendung auch in hydro­geo­logisch sensiblen Gebieten, z.B. in Grundwasserschongebieten, im Regelfall keine starke Gefährdung für das Grundwasser darstellt. Dennoch kann eine Verlagerung ins Grundwasser nicht ausgeschlossen werden. Daher wird zum vorbeugenden Grund­was­serschutz empfohlen, beim Einsatz des Herbizides auf die Witterungsbedingungen besonders Rücksicht zu nehmen - kein Einsatz vor zu erwartenden Niederschlags­ereignissen.“ http://www.umweltbundesamt.at/umweltsituation/schadstoff/glyphosate1/

Dies zeigt, wie hochsensibel der Umgang der Landwirtschaft mit Glyphosat erfolgen muss, damit Glyphosat nicht ins Grundwasser gelangt.

Wirkstoffe wie Glyphosat werden auf europäischer Ebene auf der Grundlage der Risi­kobewertung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) zugelas­sen. Nach langen Diskussionen innerhalb der Mitgliedstaaten der EU wurde der Wirkstoff Glyphosat im Dezember 2017 mit einer äußerst knappen Mehrheit für weitere fünf Jahre in der Europäischen Union zugelassen. https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32017R2324&from=DE

Großes Aufsehen erregte deshalb ein vor Kurzem ergangenes Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Er urteilte, dass zwei Studien über die möglichen Krebsrisiken des Wirkstoffs Glyphosat in Pflanzenschutzmitteln öffentlich zu machen sind. Der Schutz der Unternehmensinteressen, der als Begründung für die Geheimhaltung dieser Studien durch die EFSA angeführt worden war, sei dabei zweitrangig. Mitglieder des Europäischen Parlaments hatten gegen die EFSA geklagt.

Im Februar 2019 einigten sich das Europaparlament, der EU-Rat und die EU-Kom­mission auf eine Reform des Allgemeinen Lebensmittelrechts, womit die verpflichtende Offenlegung sämtlicher Herstellerstudien in den frühen Phasen von EU-Zulassungs­verfahren von Pestiziden und anderen lebensmittelrelevanten Chemikalien zu erfolgen hat.

Der große Erfolg der Europäischen Bürgerinitiative „Stop Glyphosat“ mit über 1,1 Millionen UnterzeichnerInnen sowie die Erkenntnisse eines wegen des stark kritisierten Zulassungsverfahren von Glyphosat initiierten Sonderausschusses des Europäischen Parlaments haben zu diesem Umdenkprozess auf europäischer Ebene beigetragen.

Seit der Zulassung des Wirkstoffs Glyphosat in der europäischen Union im Jahr 2017 für weitere fünf Jahre mehren sich die Hinweise, die die Entscheidungsgrundlagen für die erfolgte Zulassung durch die Europäische Union in Frage stellen.

Die Entscheidung für eine weitere Zulassung des Wirkstoffs Glyphosat in der Euro­päischen Union fußte auf der Expertise der Europäischen Behörde für Lebensmittel­sicherheit (EFSA), welche wiederum die durch Monsanto vorgelegten Studien als wesentliche Grundlage für ihre Einschätzung nahm, Glyphosat die Voraussetzungen für eine Wiedergenehmigung in der EU erfüllt und insbesondere Pflanzenschutzmitteln, die diesen Wirkstoff enthalten, keine sofortigen oder verzögerten schädlichen Aus­wirkungen auf die Gesundheit von Menschen haben. Im Gegensatz dazu heißt es in der wissenschaftlichen Bewertung von Glyphosat durch die „Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) der Weltgesundheitsorganisation (WHO): „Krebs beim Menschen: Es besteht der Verdacht beim Menschen für die Kanzerogenität von Glyphosat. Ein positiver Zusammenhang ist bei NON-Hodgkin Lymphom beobachtet worden. Krebs bei Versuchstieren: Es gibt ausreichend Beweise bei Versuchstieren für die Krebserregung durch Glyphosat. Gesamtbewertung: Glyphosat ist wahrscheinlich krebserregend beim Menschen (Gruppe 2A).“ 2A ist die zweithöchste Gefahrengruppe. Die Einstufung erfolgte durch ein Team industrieunabhängiger internationaler Krebs­forscher auf Basis der verfügbaren publizierten wissenschaftlichen Literatur bereits im Jahr 2015.

In den USA sind derzeit ca. 13 400 Klagen anhängig. In drei Fällen liegen Ent­scheidungen vor, die durch Bayer/Monsanto beeinsprucht wurden. Im letzten Fall eines Ehepaares in Kalifornien, wurde jeweils über eine Milliarde Dollar zugesprochen.

Im „Monsanto Trial Tracker“ der US-amerikanischen Non Profit Organisation „Right to know“ finden sich zum Verfahren Pilliod vs. Monsanto folgende bemerkenswerte Aussagen, Kommentare zu und Formulierungen aus den (beeinspruchten) Entschei­dungen des Gerichts: "Bei der Anordnung von Strafschadenersatz musste die Jury feststellen, dass Monsanto "ein Verhalten mit Arglist, Unterdrückung oder Betrug durch einen oder mehrere Beamte, Direktoren oder Geschäftsführer von Monsanto begangen hat", die im Namen des Unternehmens handelten.". Wortwörtlich heißt es: "In ordering punitive damages, the jury had to find that Monsanto “engaged in conduct with malice, oppression or fraud committed by one or more officers, directors or managing agents of Monsanto” who were acting on behalf of the company." Zum Verfahren wird berichtet, dass der Anwalt in seinem abschließenden Plädoyer die Jury aufgefordert hat, mit dem Strafschadenersatz eine Botschaft an Monsanto und Bayer zu senden, damit diese ihre Praktiken ändern. Und so kommentierte er die Entscheidung: „Aus internen Unterneh­mensdokumenten sah es die Jury für erwiesen an, dass von Tag eins weg Monsanto nie ein Interesse gehabt hat, herauszufinden, ob Roundup sicher ist. Anstatt in pro­funde Erkenntnisse zu investieren haben sie Millionen investiert, um wissenschaftliche Erkenntnisse anzugreifen, die ihre Business Agenda bedrohen. Wörtlich heißt es: „Pilliod attorney Brent Wisner suggested to jurors in his closing arguments that they consider punitive damages in the range of $1 billion to send a message to Monsanto and Bayer about the need to change the company’s practices. „The jury saw for themselves internal company documents demonstrating that, from day one, Monsanto has never had any interest in finding out whether Roundup is safe,” Wisner said following the verdict. “Instead of investing in sound science, they invested millions in attacking science that threatened their business agenda.”” https://usrtk.org/monsanto-roundup-trial-tacker/monsanto-ordered-to-pay-2-billion-to-cancer-victims/

Seit der Neuzulassung von Glyphosat wurden auch neue wissenschaftliche Belege zu den gesundheitlichen Risiken des Pflanzengifts erbracht.

Eine Studie des Ramazzini Institutes in Bologna zeigte etwa, dass Glyphosat den menschlichen Hormonhaushalt negativ beeinflussen kann (Ramazzini Institute: https://bit.ly/2KOVhAd). WissenschaftlerInnen der Washington State University fanden heraus, dass der Kontakt bei Labormäusen mit Glyphosat häufig zu Prostata-, Eierstock- und Nierenerkrankungen bei den Nachkommen führt (Washington State University: https://go.nature.com/2WHJDJG).

Neue  Evidenz für die Karzinogenität von Glyphosat wird in folgender Studie belegt, die erneut ein statistisch signifikantes Risiko für Non Hodgkin Lymphoma aufzeigt: https://academic.oup.com/ije/advance-article/doi/10.1093/ije/dyz017/5382278

Am 8. April 2019 veröffentlichte die Agency for Toxic Substances and Disease Registry, (ATSDR, Amt für toxische Substanzen und Krankheitsregister), die dem US-Gesund­heitsministerium nachgeordnet ist, eine toxikologische Bewertung von Glyphosat.

Es wurde Folgendes festgestellt: „Zahlreiche Studien berichten von einer Risikoquote von mehr als eins für die Verbindung zwischen dem Kontakt mit Glyphosat und dem Risiko für das Non-Hodgkin-Lymphom oder das Multiple Myelom.“ Der Originaltext lautet: “numerous studies reported risk ratios greater than one for associations between glyphosate exposure and risk of non-Hodgkin’s lymphoma or multiple myeloma.”

Eine Risikoquote von mehr als eins bedeutet, dass der Kontakt mit einer spezifischen Substanz das Krebsrisiko erhöht, während eine Quote von weniger als eins das Krebsrisiko verringert.

https://news.bloombergenvironment.com/environment-and-energy/some-links-to-cancer-shown-in-draft-review-of-common-pesticide

Der Schutz der Gesundheit der Bevölkerung und der Schutz der Umwelt müssen sehr ernst genommen werden. Die starken Zweifel an der Ungefährlichkeit des Wirkstoffes für den Menschen konnten bisher nicht entkräftet werden, stattdessen mehren sich die Hinweise für seine Gefährlichkeit.

Die neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse, die den Zusammenhang mit dem Potential der Krebserregung gegenüber der ursprünglichen Bewertung durch den IARC ver­stärken bzw. weitere Gefährdungspotentiale der menschlichen und tierischen Gesund­heit aufzeigen, müssen Anlass sein im Sinne der Vorsorge zum Schutz der menschlichen und tierischen Gesundheit zu handeln.

Eine wesentliche Problematik des bisher auch in Österreich umfangreich eingesetzten Wirkstoffes in Pestiziden stellt die durch die Luftströmungen bestehende Abdrift dieser Pestizide auf andere Flächen dar. Dies wird auch dadurch verursacht, dass sich der Stoff im Bodenstaub einlagert.  Dies stellt für Österreich ein besonderes Problem dar.

Eine Studie von TIEM Integrierte Umweltüberwachung zu „Biomonitoring der Pestizid-Belastung der Luft mittels Luftgüte-Rindenmonitoring und Multi-Analytik auf >500 Wirkstoffe inklusive Glyphosat 2014-2018“ zur Überprüfung der Verbreitung von Acker­giften durch die Luft, beauftragt vom „Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft“ liefert Ergebnisse, die ein erster Beleg dafür sind, „dass Glyphosat über den Luftweg auch unter mitteleuropäischen Verhältnissen prinzipiell abseits der Felder transportiert wird“. Dies beantwortet die Frage, wie es dazu kommen kann, dass Produkte aus Bio-Landbau Belastungen von Glyphosat aufweisen können. Mittels eines Luftgüte-Rinden­monitorings wurde die Rinde von Bäumen an 47 Standorten deutschlandweit auf Pestizidrückstände untersucht: auch in Schutzgebieten, Bio-Anbauregionen und Innen­städten. Die Studie wies insgesamt 107 verschiedene Pestizide nach, zwei davon waren Ackergifte (DDT und Lindan), die seit Jahrzehnten nicht mehr eingesetzt werden. Brisantes Ergebnis ist auch, dass an über der Hälfte aller untersuchten Stand­orte Glyphosat nachgewiesen werden konnte. Die Studie kommt zu dem Schluss, dass „eine Verbreitung über die Luft als ein möglicher Expositionspfad von Glyphosat im Hinblick auf eine allgemeine Belastung nicht plausibel ausgeschlossen werden kann.“ Österreich setzt im landwirtschaftlichen Bereich immer stärker auf biologische Pro­duktion. Der Anteil der biologischen landwirtschaftlichen Produktion steigt seit Jahren enorm, wobei diese auch von der österreichischen Politik seit Jahren besonders geför­dert wird. Dies zeigt sich auch im aktuellen Programm für die ländliche Entwicklung, der 2. Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU, in Österreich. Hier existiert deshalb eine besondere Förderschiene, um immer mehr landwirtschaftlichen Betrieben den Umstieg auf biologische Produktionsweise zu ermöglichen und um zu erreichen, dass der Anteil sowohl der biologisch bewirtschafteten Flächen, als auch der Anteil der Biobetriebe im Vergleich zur konventionellen Produktion rasch und stetig steigt.

In diesem Zusammenhang ist auch auf die Publikation von Global 2000 hinzuweisen, in der auf Seite 11 folgende Aussage getroffen wird:

„Hierzulande sind es vor allem die Biobauern und -bäuerinnen, die unter der Pestizidabdrift zu leiden haben. Denn ihre Produkte dürfen – anders als die Produkte von konventionellen LandwirtInnen – keine nachweisbaren Rückstände von Pestiziden aufweisen. Schließlich ist die Abwesenheit von chemisch-synthetischen Wirkstoffen ein wesentliches Merkmal aller Bio-Produkte. Gewährleistet wird sie durch ein dichtes Netz an Rückstandskontrollen durch die Bio-Zertifizierungsstellen und den Lebensmittel­handel. Wird bei einer solchen Kontrolle ein Pestizid nachgewiesen, kann das für den Biobetrieb existenzbedrohend werden und zum Verlust der Bio-Zertifizierung führen – was die Rückzahlung von Förderungen und den Verlust der AbnehmerInnen zur Folge hat und im wirtschaftlichen Ruin enden kann. Doch selbst wenn die BiolandwirtInnen den Verursacher benennen können und dessen Betriebshaftpflicht die Kosten des primär entstandenen Schadens abdeckt, bleibt noch immer der Schaden durch die Zurückstufung der betroffenen Fläche zur Umstellungsfläche11. Das bedeutet, dass auf dieser Fläche für mindestens zwei Jahre nicht der für Bioprodukte übliche Preis erzielt werden kann, obwohl hier nach Biorichtlinien unter Verzicht auf chemische Pestizide und Kunstdünger und daher mit höherem Kostenaufwand produziert wird.“ https://www.global2000.at/sites/global/files/Report_Pestizidabdrift.pdf 

Zur Pestizid-Abdrift ist auch auf folgende Publikation zu verweisen: http://www.pan-germany.org/download/pestizid_abdrift_leben_im_giftnebel.pdf

Der Handlungsbedarf ist gerade bei Glyphosat so besonders hoch, weil dieser Stoff mengenmäßig mittlerweile eine der Hauptbelastungen in der Umwelt darstellt – vgl. für Österreich etwa die Studie über Pestizide in Fließgewässern von Global 2000 (https://www.global2000.at/news/pestizid-cocktail-oesterreichs-gewaessern) – und nahezu allgegenwärtig, zB auch schon in Babywindeln nachweisbar ist (https://www.konsument.at/gesundheit-kosmetik/glyphosat-in-babywindeln-in-frankreich-gefunden).

Der Wichtigkeit der biologischen Produktion für Österreich widmet sich auch die Home­page des Bundesministeriums für Nachhaltigkeit und Tourismus:

„Der Trend zur biologischen Landwirtschaft hält in Österreich weiter an. Der Anteil an biologisch bewirtschafteten Flächen stieg 2018 mit rund 25% der landwirtschaftlich genutzten Flächen auf ein historisches Rekordniveau. Jeder 4. Hektar ist somit „Bio“, jeder 5. Betrieb ist ein Biobetrieb. Einen besonders hohen Anteil verzeichnen dabei die Obstanlagen. Hier wird bereits jeder 3. Hektar biologisch bewirtschaftet.

Im Jahr 2018 gab es in Österreich 23.477 Bio-Betriebe, welche eine landwirtschaftlich genutzte Fläche von 637.805 ha bewirtschafteten. Im Vergleich zum Jahr 2017 erhöhte sich somit der Anteil an biologisch bewirtschafteten Flächen um rund 17.000 ha, davon rund 13.000 ha Ackerland. Starke Zuwächse waren insbesondere in den nordöstlichen Ackerbauregionen Österreichs zu verzeichnen.

Bei den heimischen Eiweißpflanzen (im wesentlichen Pferdebohnen und Erbsen) liegt der Bio-Anteil bei rund zwei Drittel. Positiv entwickelt sich auch der biologische Anbau von Soja mit fast 30 % der Fläche. Die Bio-Anbaufläche von Feldgemüse liegt bei mehr als 20 %.

Rund 22 % der Rinder, 33 % der Schafe und mehr als die Hälfte der Ziegen in Österreich werden auf Biobetrieben gehalten.

Damit ist Österreich auch weltweit unangefochtener Vorreiter im biologischen Anbau. Die Gründe hierfür sind die hohe Nachfrage nach Bio-Lebensmitteln, die damit verbundenen höheren Rohstoffpreise und die Effekte des Bio-Aktionsprogramms 2015-2020.

Weitere Details sind dem Grünen Bericht zu entnehmen.“ https://www.bmnt.gv.at/land/bio-lw/zahlen-fakten/Bio_Produktion.html

„Bio“ hat sich also in Österreich außergewöhnlich stark etabliert, Österreichsetzt sich im Vergleich zu den anderen EU Mitgliedsstaaten viel stärker für biologische Produktion ein.

Dazu trägt auch bei, dass die österreichischen Disconter ebenfalls diesen österreichi­schen Trend stark unterstützen, indem sie eigene Bio-Vermarktungsschienen aufge­baut haben und immer weiter ausbauen. So wird dem in der Bevölkerung immer stärker steigenden Interesse an Bio-Produkten auch vom Lebensmittelhandel Rech­nung getragen.

Dieses Bekenntnis Österreichs, die Bioproduktion landesweit weiter zu fördern muss geschützt werden, der positive Trend ist gefährdet, wenn der Wirkstoff Glyphosat in Pestiziden weiterhin so umfangreich in den Handel gelangen darf und damit auch Verwendung finden kann.

Das in den letzten Jahrzehnten stattfindende massive Insektensterben, das seit den 80er Jahren zu einem Verlust von mindestens 75% der Insektenmasse geführt hat, insbesonders auch das Sterben der für die Landwirtschaft und Lebensmittelversorgung wichtigen Bestäuberinsekten, wie Bienen und Hummeln, erfordert ebenfalls rasches staatliches Handeln.

Der massive Einsatz von unspezifisch wirksamen Insektiziden und Pflanzenschutz-Mitteln, wie z.B. von glyphosat-hältigen Herbiziden, ist generell ein wichtiges Gefähr­dungspotenzial für Schmetterlinge. Das deutsche Umweltbundesamt hat z.B. mit mehreren Partnern Risikobewertungen zu Glyphosat durchgeführt und stuft das Mittel auch für die Artenvielfalt hochgradig schädigend ein. Da von jeder Pflanzenart mehr oder weniger viele Insektenarten abhängig sind und von diesen über die Nahrungs­ketten wiederum andere Tiere (insbesondere Vögel, Zugvögel), besteht die Gefahr der generellen Artenverarmung in der Feldlandschaft.

Der massive Einsatz und die breitbandige Abtötung führen im gesamten ökologi­schen Kreislauf zur Dezimierung der Artenvielfalt. Schmetterlinge, Bienen, an­dere Insekten oder auch Feldvögel sind durch einen massiven Verlust von Nahrungs­habitaten stark betroffen. Die Kombination aus massiven Rückgängen bei den Pflanzen- und Tierbeständen – nicht nur Insekten, sondern (teilweise dadurch bedingt) auch die wildlebenden Wirbeltiere verschwinden (Österreich hat in den letzten 30 Jahren rund 70 Prozent seiner Wirbeltierbestände eingebüßt, https://diepresse.com/home/panorama/oesterreich/5533069/Rund-70-Prozent-der-Wirbeltiere-in-Oesterreich-verschwunden) – und dem durch den Klimawandel erhöhten Anpassungsdruck auf die heimische Fauna und Flora erfordert auch hinsichtlich der Artenvielfalt und der Bewahrung der Ökosysteme sofortige Maßnahmen im Sinn des Vorsorgeprinzips.

Zu Zi 3:

In einer früheren Novellierung wurden zwei § 18 Abs. 10 beschlossen. Um allfällige Irritationen zu verhindern, wird dies korrigiert, indem ein Absatz 10a geschaffen wird.

*****

Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag wurde in den Grundzügen erläutert, an alle Abgeordneten verteilt und steht somit mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dipl.-Ing.in Karin Doppelbauer. – Bitte.