18.06

Abgeordneter Ing. Mag. Volker Reifenberger (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Hohes Haus! Österreich ist ein Bergland – sogar in unserer Bundeshymne heißt es: „Land der Berge“ –, Österreich ist aber auch ein Tourismusland. Die Almwirtschaft wird bei uns seit Jahrhunderten betrieben, und die Almwirtschaft liegt auch im öffentlichen Inter­esse, deshalb wird sie auch entsprechend finanziell gefördert.

Das tragische Unglück und das darauf folgende umstrittene Urteil, das quasi Auslöser für die Diskussion, die dieser Gesetzesänderung zugrunde liegt, war, sind uns, glaube ich, schon allen bekannt, Frau Kollegin Griss, und der Aufschrei in der Landwirtschaft war zu Recht groß. Nach jahrelangen Gerichtsverhandlungen wurde der betroffene Landwirt zu einer Schadenersatzzahlung im sechsstelligen Bereich verurteilt. Nach Auffassung des Gerichts war es in diesem Fall nämlich zu wenig, auf die von den Kühen ausgehenden Gefahren hinzuweisen. Die aufgestellten Warnschilder: Achtung Mutterkuhhaltung!, waren nicht ausreichend. Der Landwirt hätte nach Auffassung des Gerichts die Weide zumindest im Bereich dieser Fläche, wo die Unfallstelle war, einzäunen müssen.

Ich komme aus dem Bundesland Salzburg, und da wird dieses Thema sehr emotional diskutiert, ähnlich wie zum Beispiel in Tirol, wo dieser Vorfall passiert ist. Es wäre katastrophal, wenn infolge einer überbordenden Haftung die Alm- und Weidewirtschaft eingestellt würde. Ohne eine Bewirtschaftung würden die Almen rasch verwalden, und das wäre ein enormer Schaden für die heimische Tourismuswirtschaft. Die Tiere würden dann den Sommer im Tal, häufig im Stall, verbringen müssen.

Es macht daher Sinn, die zu erwartende Eigenverantwortung ins Gesetz zu schreiben; Eigenverantwortung – ein Grundsatz, der in unserer Vollkaskogesellschaft häufig leider viel zu kurz kommt. (Abg. Griss schüttelt den Kopf.) Wir machen eigentlich nichts anderes, als dass wir den Hausverstand ins Gesetz hineinschreiben. Wir wollen näm­lich keine amerikanischen Verhältnisse haben, wo für jedes Unglück, so tragisch es auch sein mag, immer ein Schuldiger gefunden werden muss, der dann die Haftung zu tragen hat. Wir wollen auch nicht, dass die Landwirte künftig ihre Betriebe in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung führen müssen, damit ihre Existenz wirtschaftlich nicht bedroht wird.

Sollen wir unsere naturbelassenen Almweiden durch kilometerlange Zäune vom Wan­derer abtrennen? – Das ist in weiten Teilen unseres Landes erstens einmal überhaupt nicht möglich, zweitens nicht wirtschaftlich vertretbar und auch nicht zumutbar.

Das ABGB ist über 200 Jahre alt, und der Paragraf, den wir heute ergänzen, wurde das letzte Mal im Jahr 1917 geändert – das ist also auch schon mehr als 100 Jahre her. Die Zeiten haben sich aber geändert. Die Freizeitsportler werden immer mehr, und sie erobern mit ihren E-Bikes immer mehr die Almen. Dadurch kommt es zwangsläufig zu Konflikten, auf die der Gesetzgeber reagieren muss.

Vergessen wir aber nicht: Unsere Landwirte halten auf ihren Almen keine gefährlichen Raubtiere. Wenn man so mancher Schlagzeile der Boulevardmedien Glauben schenkte, müsste man eigentlich glauben, die Kuh sei der schlimmste natürliche Feind des Menschen. Man könnte fast meinen, bei unseren heimischen Rindern hätte sich eine schleichende Mutation eingestellt, die Mahlzähne seien zu spitzen Reißzähnen geworden, und auf einmal handelt es sich um menschenfressende Bestien. Viele vergessen aber ihre Eigenverantwortung, dass Kühe mitgeführte Hunde häufig als Bedrohung wahrnehmen und dass die Kühe gerade bei der Mutterkuhhaltung aufgrund des natürlichen Instinkts ihre Kälber schützen.

So wie es im Skirecht die FIS-Regeln gibt, die bei der Haftung für Verschulden und Mitverschulden herangezogen werden, so sollte es auch entsprechende Verhaltens­regeln für Wanderer geben, die herangezogen werden. Gewisse Spielregeln braucht es eben auch für die Benützer von Almwegen.

Auch wenn Frau Kollegin Griss und jetzt im Anschluss gleich Herr Kollege Noll mit rein juristischen Argumenten gegen diese Gesetzesänderung wettern (Abg. Meinl-Reisinger: Rein juristisch – sagen Sie das abwertend, oder was? Sagen Sie das abwertend?), so stehe ich dazu, dass wir hier ein klares Zeichen für unsere Landwirte setzen müssen und dass wir in dieser Frage hinter der traditionellen Almwirtschaft stehen. Wir führen hier keine rechtswissenschaftlichen Diskussionen an der Universität, sondern wir tun etwas für die Landwirtschaft in unserem Land! Es ist auch eine ganz klare politische Botschaft, die wir damit vermitteln. Bewerben Sie sich doch als Legist beim Herrn Justizminister im Ministerium, dort sind Sie sicher gut aufgehoben, diese Arbeit werden Sie sicher gut machen, aber bezeichnen Sie sich bitte nicht als Politiker, die etwas in diesem Land positiv verändern wollen! (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)

Herr Kollege Noll, Sie werden gleich ans Rednerpult kommen und Sie werden sicher sagen, auch Sie haben Salzburger Wurzeln. Anscheinend sind Sie aber schon zu lange weg von Salzburg und zu lange in Wien, sodass Sie die Lage vor Ort nicht mehr richtig einschätzen können; und vermutlich haben Sie schon seit vielen Jahren keinen Almboden mehr betreten. (Beifall bei FPÖ und ÖVP. – Abg. Haubner: Sehr gute Rede!)

18.11

Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dr. Alfred Noll zu Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter.