18.54

Abgeordneter Karl Mahrer, BA (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bun­desminister! Hohes Haus! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Einmal mehr sind wir heute mit einem Antrag, dieses Mal des Herrn Abgeordneten Noll, konfrontiert, der – ich würde sagen – im sogenannten Spiel der freien Kräfte ein politisches Thema und – in diesem Fall sage ich sogar – einen völlig nachvollziehbaren Änderungsbedarf bei den Gerichtsgebühren herausgreift, aber nach meinem Gefühl alles unter dem Motto: Was könnten wir noch schnell beschließen? Mit welchen Mehrheiten könnten wir noch schnell einen Pflock einschlagen, eine Spur hinterlassen? Koste es, was es wolle, unter dem Motto: Die nachhaltigen Auswirkungen bedenken wir später, außerdem hat das ohnehin die nächste Bundesregierung zu bearbeiten!

Meine Damen und Herren! Das ist genau jene Vorgangsweise, die wir von der neuen Volkspartei vehement ablehnen, denn politische Verantwortung zu tragen heißt für uns, auch in Zeiten einer Übergangsregierung, auch in Zeiten des Vorwahlkampfes wohl­überlegte und nachhaltige Entscheidungen für die Menschen in unserem Land zu treffen, auch wenn wir mitten im Wahlkampf stehen! (Beifall bei der ÖVP.)

Um es ganz klar zu sagen, meine Damen und Herren: Wir sind inhaltlich und in der Sache absolut nicht gegen die Reduzierung von Gerichtsgebühren, ganz im Gegenteil! Ich darf Sie an unser Regierungsprogramm erinnern, das bis 2022 angelegt war. Darin wird ausdrücklich festgehalten, dass wir mit einer umfassenden Reform Qualitätsver­besserungen, mehr Bürgernähe, Effizienzsteigerungen, Kostenreduktionen und einen wirksamen Einsatz öffentlicher Mittel erreichen wollen. Und, meine Damen und Herren, wir wollen der Bevölkerung zu einem leistbaren Zugang zum Recht verhelfen. Wir wollen die rasche gerichtliche Klärung von zivilgerichtlichen Streitigkeiten haben.

Das alles wollen wir, aber das sind ja letztlich Voraussetzungen, die wir da schaffen wollen, die wichtig sind, damit die Menschen Vertrauen in unseren Rechtsstaat haben, Vertrauen in die Rechtsprechung haben, und letztlich ist das auch, so denke ich, wich­tig für einen funktionierenden Wirtschaftsstandort. Das heißt, wir sind uns da in allem einig.

Ich darf Sie auch daran erinnern, dass im Regierungsprogramm ganz explizit die Redu­zierung der Pauschalgebühren bei gerichtlichem Vergleich und der Klagsrückziehung festgeschrieben war. (Abg. Noll: Na dann machen wir es doch einfach!) – Das allerdings, Herr Abgeordneter Noll – und Herr Abgeordneter Jarolim hat es ange­sprochen –, in einem Gesamtpaket, das auch unseren Grundsätzen der Entlastung und der Deregulierung entspricht und nicht, wie heute von Ihnen beantragt, nur eine Einzellösung im Auge hat. (Abg. Leichtfried: Recht hat der Kollege Jarolim!)

Herr Abgeordneter Jarolim hat es angesprochen, das Thema ist wesentlich breiter. Wir wollen das Thema natürlich weiter bearbeiten, und zwar umfassend und nachhaltig. Wir wollen unsere Ziele der Verfahrensoptimierung und auch der Verfahrensbeschleu­nigung natürlich erreichen – aber in der kommenden Gesetzgebungsperiode basierend auf der umfassenden Darstellung der Situation, wie es Herr Abgeordneter Jarolim auch angedeutet hat, und sicher nicht mit einer einzeln herausgegriffenen Maßnahme.

Meine Damen und Herren! Damit bin ich noch bei einem Punkt, nämlich bei den Kosten. Ich betone, eine budgetäre Bedeckung für diese langfristig wirksame Gebüh­renreduktion ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht gegeben. Wir sprechen von einem Gebüh­renausfall von einer halben Million Euro oder einer Million Euro und das pro Jahr; nicht eingerechnet sind jene Fälle, die derzeit nicht streitig sind oder streitig werden, künftig aber durchaus bestritten werden könnten, um in den Genuss einer Gebührensenkung zu kommen.

Es ist daher aus meiner Sicht nicht zu verantworten, dass wir das Justizbudget weiter belasten. Eine isolierte Lösung der Gebührenfrage, meine Damen und Herren, war nie Linie der neuen Volkspartei, und das war eigentlich bis vor Kurzem auch die Meinung der FPÖ im Justizausschuss. Umso mehr bin ich eigentlich überrascht, dass die FPÖ innerhalb weniger Tage ihre Meinung geändert hat und sich nun heute ohne Gesamt­lösung und ohne budgetäre Bedeckung möglicherweise für einen – ich würde es so bezeichnen – Schnellschuss entscheidet.

Daher darf ich an Sie alle und insbesondere an die FPÖ appellieren: Die Senkung der Gerichtsgebühren ist ein berechtigtes und ein gemeinsames Anliegen, aber ich bitte Sie und ich fordere Sie auch auf: Tragen wir gemeinsam Verantwortung für die Zu­kunft, bereiten wir gemeinsam mit der nächsten und künftigen Bundesregierung eine tragfähige und sinnvolle Neugestaltung inklusive Reduzierung der Gerichtsgebühren vor und entscheiden wir dann, in einer umfassenden Sicht der Dinge, im Sinne des Rechtsstaates, im Wissen um die finanziellen Folgen und zum Wohl der Menschen, die von diesen Regelungen ja auch betroffen sind! – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

19.00

Präsidentin Doris Bures: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag.a Ruth Becher. – Bitte.