18.04

Abgeordnete Mag. Dr. Sonja Hammerschmid (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte meine wenigen Minuten dazu nutzen, um Sie nach Finnland zu entführen, weil uns dieses kleine Finnland einmal mehr vor Augen führt, wie es möglich ist, eine digitale Trans­formation der gesamten Gesellschaft zu einem Lernerlebnis zu machen, und wie man es schafft, dass niemand Angst vor dieser Technologie haben muss, sondern wie man im Gegenteil Lust darauf bekommen kann.

Was hat Finnland gemacht? – Finnland hat die Zeichen der Zeit früh erkannt, muss man sagen, und als erstes europäisches Land 2017 eine Strategie zur künstlichen Intelligenz verabschiedet, und zwar in dem Wissen, dass sich künstliche Intelligenz und Digitalisierung auf jeden Einzelnen von uns auswirken werden. Sie haben in dieser Strategie eine Garantie für die Finninnen und Finnen formuliert, ausreichend Bildung zu künstlicher Intelligenz zu erhalten. Sie sprechen dabei von Digital Literacy, also Alphabetisierung im digitalen Bereich.

Klar war ihnen natürlich auch, dass nicht jeder lernen wird, mit künstlicher Intelligenz wirklich umzugehen, sie zu programmieren oder anzuwenden. Was sie aber mit dieser Strategie erreichen wollten, ist, dass die FinnInnen zum Beispiel erkennen, was sich in den Filterblasen der sozialen Netzwerke abspielt. Dieses Grundprinzip des Verstehens: Was tut sich da?, war ihnen wichtig, um diese öffentliche Diskussion um künstliche Intelligenz einfach breit abzusichern und die Mitbestimmung der Bevölkerung in die politische Regulierung einfließen zu lassen.

Was haben Sie ganz konkret getan? – Sie haben das natürlich mit Maßnahmen eines Kompetenzzentrums wissenschaftlicher Natur, bei dem Unternehmen mit Forschungs­einrichtungen zusammenarbeiten, unterlegt und gleich einmal 200 Millionen Euro dafür ausgeschüttet. Sie haben schon 2016 das Pflichtfach und die Pflichtübung Program­mieren an den Schulen eingeführt – das gibt es ab der ersten Schulstufe durchgehend an allen Schulen in Finnland. Sie haben zudem – sehr intelligent – einen Onlinekurs für künstliche Intelligenz, basierend auf einem studentischen Kurs – Elements of Artificial Intelligence –, ins Leben gerufen: sechs Teile sechs Wochen lang, Grundlagen künst­liche Intelligenz, Machine Learning, Robotik et cetera, kostenlos für alle.

Das Ziel war es, 1 Prozent der Finninnen und Finnen zu motivieren, diesen Kurs zu besuchen – 55 000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer sollten es sein –, und 5 Prozent der Unternehmen zu motivieren, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entsprechend auszubilden. Damit da ein bisschen ein Anreiz hineinkommt, haben sie eine Challenge, einen Wettbewerb, ausgerufen und die Unternehmen dazu eingeladen, ihre Mitar­bei­terinnen und Mitarbeiter im Wettbewerb zu schulen. In vier Monaten waren die 55 000 erreicht. 140 000 geschulte Menschen – mittlerweile aus vielerlei Ländern – sind es bereits, die diesen Onlinekurs gemacht haben. Nun hat der finnische Wirtschafts­minis­ter Schweden eingeladen, in den Wettbewerb der Ausbildung der Menschen dieser Länder einzutreten.

So macht man Strategie für künstliche Intelligenz und Digitalisierung. Was tun wir? – Wir üben uns in Klein-Klein. Ja, es war notwendig und hoch an der Zeit, dieses Gesetz 2019 zu beschließen. Barrierefreiheit für Webseiten des Bundes: Ja eh, das ist längst überfällig gewesen! – Was tun wir noch? – Ein Digitales Amt: Ja eh, es sollte nur funktionieren und auch in Englisch funktionieren!

Wir haben eine Digitalisierungsagentur. Das Marketing funktioniert gut, die Umset­zungsmaßnahmen vermisse ich noch. Auch meine parlamentarische Anfrage hat da nicht wirklich Licht ins Dunkel gebracht.

Unsere Schule 4.0, unsere umfassende Strategie für die Digitalisierung unserer Schu­len, für infrastrukturelle Weiterbildungsmaßnahmen für Lehrerinnen und Lehrer, Lern-Apps, Lernmaterialien ansprechender Natur, das Future Learning Lab et cetera: Kaum war ich weg, ist es in der Schublade verschwunden. Genau nichts hat die letzte Bundesregierung beim Thema Digitalisierung an den Schulen gemacht – genau nichts! (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, aufwachen! Die Welt dreht sich weiter, und andere sind viel schneller. Es wartet da niemand auf uns. Wir sind es den Österreicherinnen und Österreichern schuldig, die Wettbewerbsfähigkeit dieses Landes nicht zu verspie­len und unsere Menschen zu qualifizieren, damit sie sich diesen Herausforderungen, vor denen wir stehen – in der Digitalisierung, bei der künstlichen Intelligenz –, auch stellen können, damit wir diese Herausforderungen mutig anpacken und für uns alle nutzen können. Also: Aufs Gas! – Ich bitte um Unterstützung dafür. (Beifall bei SPÖ und JETZT sowie des Abg. Loacker.)

18.09

Präsidentin Doris Bures: Frau Abgeordnete Sandra Wassermann ist die nächste Rednerin. – Bitte.