21.15

Abgeordneter Karl Mahrer, BA (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bun­desminister! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Wir stehen zehn Tage vor der Nationalratswahl am Höhepunkt eines Wahl­kampfs mit täglichen TV-Konfrontationen, die von den Medien als Duelle hochstilisiert werden, und jetzt darf ich zu einem Thema sprechen, das uns allen – das habe ich in den schwierigen, aber positiven Verhandlungen gespürt – am Herzen liegt und uns auch zeigt, wie wichtig es für die Politik ist, dass wir trotz aller Gegensätze das Verbin­dende vor das Trennende stellen.

Meine Damen und Herren, wir wollen heute durch den Beschluss eines noch von Kollegen Martin Engelberg zu referierenden Mehrparteienantrages von ÖVP, FPÖ und SPÖ ein wichtiges Anliegen der früheren Bundesregierung unter der Führung von Sebastian Kurz (Abg. Leichtfried: Maria, na! Dass man ihn wählen muss vielleicht auch noch sagen!) in Umsetzung bringen. Damit sollen auch Nachkommen von während der Zeit des Nationalsozialismus aus Österreich Vertriebenen künftig das Recht auf die österreichische Staatsbürgerschaft erhalten, und zwar unter Beibe­haltung ihrer bisherigen Staatsbürgerschaft.

Frau Kollegin Lueger und alle, die vielleicht von der historischen Entwicklung der letzten eineinhalb Jahre da und dort nicht mehr alles in Erinnerung haben, darf ich daran erinnern, dass bereits im März 2018 im Rahmen eines Ministerrats der Auftrag zur Ausarbeitung eines derartigen Gesetzes erfolgt ist und im Innenausschuss im Februar des heurigen Jahres festgehalten wurde, dass dem Nationalrat noch im Jahre 2019 ein entsprechender Gesetzesvorschlag vorgelegt wird.

Meine Damen und Herren, im Gegensatz zur Aussage von Frau Kollegin Lueger ist die Regierung nicht explodiert, sie wurde von Ihnen (Abg. Plessl: Nein, nein, nein, das stimmt nicht! Wir haben hier eine Mehrheit gehabt!) aus für mich unverständlichen Gründen abgewählt. Daher wollen wir als Nationalrat die Dringlichkeit und Wichtigkeit dieses Themas jetzt unterstreichen und dieses längst fällige Vorhaben endlich umsetzen. (Beifall bei der ÖVP.)

Mit dem Antrag von ÖVP, FPÖ und SPÖ wollen wir auch im Staatsbürgerschaftsrecht ein Zeichen setzen. Wir wollen den Opfern und deren Nachkommen Respekt zeigen und, da stimme ich mit Frau Kollegin Lueger wieder vollkommen überein, wir wollen auch die Verantwortung für die Verbrechen der NS-Zeit mittragen und auch heute noch bestehendes Unrecht ausräumen. Wir wollen mit diesem Antrag die ohnehin schon geltende Rechtslage erweitern und den möglichst unbürokratischen Zugang zur österreichischen Staatsbürgerschaft auch für jene Nachkommen erleichtern, die nicht in Österreich leben oder deren Vorfahren nicht wieder Österreicher geworden sind.

Mich freut es aber auch, dass wir heute noch weitere Anträge, das ist schon erwähnt worden, gemeinsam mit den anderen Fraktionen einbringen, mit denen wir auch wei­tere wichtige Ergänzungen vornehmen. Wir berücksichtigen einerseits all jene, die in den Konzentrationslagern oder ähnlichen grauenhaften Einrichtungen interniert waren, die de facto gar nicht flüchten konnten und erst später in der Besatzungszeit ausge­wandert sind; und wir bereinigen andererseits einen zutiefst antisemitischen Erlass aus dem Jahr 1920, der den Zugang zur österreichischen Staatsbürgerschaft für Juden aus Galizien de jure verunmöglicht hat. Wir bereinigen damit also ein Unrecht gegenüber all jenen, die die Staatsbürgerschaft nach der Emigration verloren hatten und sie nicht mehr zurückerhielten, weil ihnen aus Gründen der Verfolgung durch die NSDAP die Rückkehr nach Österreich nach 1938 nicht mehr möglich war.

Meine Damen und Herren! Der Zugang zur österreichischen Staatsangehörigkeit für Nachkommen der während der Zeit des Nationalsozialismus Vertriebenen soll unter Be­rücksichtigung der für die Vollziehung schwierigen und umfangreichen Vorberei­tungs­arbeiten zum ehestmöglichen Zeitpunkt, ab 1.9.2020, Realität werden.

Die parlamentarische Arbeit, meine Damen und Herren, hat tatsächlich bis zum Schluss gedauert, aber man soll auch erwähnen, dass sie deshalb bis zum Schluss gedauert hat, weil es noch Anregungen verschiedenster Institutionen gegeben hat, und das soll man auch berücksichtigen. Diese Lösung liegt nun vor, meine Damen und Herren, und ich hoffe auf breite Zustimmung im Sinne der Betroffenen.

Ich möchte mich bei dieser Gelegenheit – um das Verbindende auch am Schluss meiner Rede noch einmal zu erwähnen – zum Schluss bei allen Abgeordneten und auch bei allen Expertinnen und Experten bedanken, die am Zustandekommen einer gemeinsamen Lösung beteiligt waren. Meine Damen und Herren, in Wahrheit ist es das, was sich die Menschen wünschen: nicht streiten, sondern als Politik gemeinsam Lösungen finden und auch umsetzen. – In diesem Sinne Dank an alle. (Beifall bei der ÖVP.)

21.20

Präsidentin Doris Bures: Als Nächster: Herr Abgeordneter Werner Neubauer. – Bitte.