10.52

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren! Als ich den Titel dieser Aktuellen Euro­pastunde das erste Mal gehört habe, habe ich mich gefragt: Was wird denn das jetzt? (Abg. Steger: Das haben wir uns gewünscht!) Wird vielleicht die Paartherapie, die ja von der FPÖ, wie man sieht, jetzt angestrebt wird, fortgesetzt? Eine Paartherapie im Hinblick auf die Ratspräsidentschaft? Ein Krisengespräch ob des Scheiterns, ob des spektakulären Scheiterns dieser Ratspräsidentschaft – denn diese ist wirklich, bei allem, was Sie sich vorgenommen haben, und auch bei diesem Thema, spektakulär gescheitert. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf bei der FPÖ.)

Sie haben nicht geliefert, geschätzte Damen und Herren von der ÖVP und von der FPÖ, Sie haben das, was Sie versprochen haben, nicht umgesetzt.

Herr Kickl, ich muss Ihnen sagen, Sie sind nicht nur als Innenminister spektakulär ge­scheitert, sondern auch während der Ratspräsidentschaft. Das haben Sie in Ihrem Sin­ne herausragend gelöst. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Kickl. – Abg. Kassegger: Da muss er selber lachen!)

Sie haben eine Aufstockung der Grenz- und Küstenwache Frontex ab 2020 verspro­chen. Ich kann mich gut erinnern. Das haben Sie hier herinnen ungefähr fünfzigmal wiederholt: Sofort Zehntausende Beamte mehr! Und wie viele sind es geworden? – Kein einziger. Das sind Ihre Versprechen, Herr Kickl, aber das reiht sich ja in die ande­ren Erfolge der Ibizakoalition ein. (Abg. Hauser: Wenn die sozialistischen europäi­schen Partner nicht mittun, wird es schwierig!) Sie haben in dieser Zeit Ihrer Ratspräsi­dentschaft auch kein einziges Rückführungsabkommen abgeschlossen. (Abg. Kickl: Dafür habe ich abgeschoben!) Jetzt regen Sie sich nicht auf, bleiben Sie ruhig! (Abg. Steger: Er informiert Sie nur!) An Ihrer Stelle, Herr Kickl, würde ich mich schämen, so eine Debatte in diesem Haus zu initiieren. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten von NEOS.)

Das ist ja nicht das Ende Ihrer kümmerlichen Bilanz, denn die Ibizakoalition ist auch anderswo spektakulär gescheitert. Selbstverständlich ist es notwendig – und da sind wir uns alle einig –, Fluchtursachen zu beseitigen, ja. Und was haben Sie gemacht? – Sie haben die Entwicklungshilfe zusammengestrichen und Sie haben alle anderen Gel­der, die da helfen können, auch zusammengestrichen. (Abg. Kassegger: Das stimmt ja nicht! – Abg. Hauser: Schon wieder eine ... Aussage!) Ja, es war Versagen, es war Ihr Versagen, es war Versagen des Parlamentsflüchtlings Kurz und es war Versagen des schlechtesten Innenministers aller Zeiten. (Abg. Steger: Faktencheck!) Dazu möchte ich Ihnen herzlich gratulieren. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Hauser.)

Geschätzte Damen und Herren! Es ist aber schon interessant, dass diese ehemalige Ibizakoalition zwei Gesichter hat – das ist wirklich bemerkenswert –, genau bei einer Frage, bei der man denkt, da gibt es keine zwei Gesichter, nämlich bei der Ausländer­frage. Für Sie, Herr Kickl, ist ja alles, was aus dem Ausland kommt, prinzipiell böse. Ich war erstaunt, dass Sie jetzt sogar schon wieder Grenzbefestigungen installieren wol­len – also so etwas wie einen Ostwall, schätze ich. Das haben wir schon lange nicht gehabt. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Bei Ostwall müsst ihr fast klatschen, oder? (Abg. Kickl: Was ist denn das? Erklären Sie uns das einmal! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Sie behaupten ja immer, dass Sie dagegen sind, dass Menschen zu uns kommen. Dann schauen wir uns einmal den Faktencheck an, was Sie wirklich gemacht haben. Gegen das, was Sie gemacht haben, hilft auch der beste Wall nichts, das muss man auch einmal klar sagen; denn was haben Sie wirklich gemacht? – Sie haben vorsätz­lich unglaublich viele Menschen aus Drittstaaten nach Österreich geholt, und das mit einem Ziel: hier bei uns Lohndumping zu betreiben, den Arbeitsmarkt unter Druck zu setzen. (Beifall bei der SPÖ. – Heiterkeit und Zwischenrufe bei der FPÖ.) 54 000 Men­schen haben Sie in Ihrer Regierungszeit nach Österreich geholt, um die österreichi­schen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unter Druck zu setzen. (Abg. Kasseg­ger: ... zehn Jahre in der EU! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Das ist Ihre Bilanz, Herr Kickl, darauf brauchen Sie aber nicht stolz zu sein! (Beifall bei der SPÖ.)

Die FPÖ hat gemeinsam mit Ihnen (in Richtung ÖVP) in der Ibizakoalition Weiterbil­dungsprogramme gekürzt, AMS-Mittel für die Fachkräfteausbildung gekürzt, die Ausbil­dungsgarantie gestrichen, Einkommensgrenzen für die Rot-Weiß-Rot-Karte hinunter­gesetzt. (Abg. Kickl: Der Rechtsruck der SPÖ! – Zwischenruf des Abg. Deimek.) Sie haben die Mangelberufsliste regionalisiert, Sie haben Fachkräfte aus Drittstaaten ange­worben und Sie haben die Arbeitsagentur der Europäischen Kommission bekämpft. Das ist Ihre – FPÖ und ÖVP – Bilanz in dieser Frage, und darauf brauchen Sie wirklich nicht stolz zu sein! Sie haben die österreichischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh­mer wieder einmal verraten, und das ist Ihre Leistung! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Noll.)

Wir hingegen wollen die Rücknahme des 12-Stunden-Tages, den Rechtsanspruch auf die Vier-Tage-Woche, eine Verkürzung der Tagesarbeitszeiten, eine Beschäftigungs­garantie, einen Mindestlohn: Vollzeit 1 700 Euro. Das ist der wirkliche Schutz für die Österreicherinnen und Österreicher (Abg. Steger: ... EU-Thema!), das ist der Schutz für die österreichischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Sie haben die Chance in Europa und in Österreich gehabt.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Den Schlusssatz bitte!

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (fortsetzend): Am 29. September – Herr Präsi­dent, das ist mein Schlusssatz – wird Ihnen dafür eine bittere Rechnung präsentiert werden. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Zarits – erheitert –: 20 Prozent!)

10.57

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter zum Europäischen Parlament Roman Haider, der hier erneut wieder zu Gast ist. – Bitte.