11.07

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (JETZT): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Mir ge­genüber sitzt – das ist mir jedes Mal sehr recht – Ex-Innenminister Kickl. Ein Gericht nach dem anderen bestätigt mir – das Urteil ist aber noch nicht rechtskräftig; damit es kein Missverständnis gibt –, dass ich ihn als größte Gefahr für die öffentliche Sicherheit bezeichnen darf (Abg. Kickl: Das ist, weil Sie schon ein bisschen Narrenfreiheit haben, deswegen!), und dafür gibt es viele gute Gründe. Einer davon heißt Außengrenzschutz.

Erinnern wir uns: Im Jahr 2018 hatte Österreich im zweiten Halbjahr die EU-Ratspräsi­dentschaft inne, und zwei Mitglieder der Bundesregierung haben gesagt: Jetzt machen wir Österreich sicher! Nämlich Bundeskanzler Kurz und Innenminister Kickl. Sicher­heit hat geheißen, Frontex und den gemeinsamen Außengrenzschutz Europas mit 10 000 Polizeibeamtinnen und -beamten durchzusetzen. Was ist passiert? – Ein gro­ßer Teil der europäischen Innenminister und Innenministerinnen hat gesagt: Machen wir das! – Es hat dann aber eine kleine Gruppe, ein Netzwerk gegeben, das das ver­hindert und zu Fall gebracht hat. Es hat durchgesetzt, dass Frontex nicht 2020 starten kann, um die EU-Außengrenzen zu sichern, sondern dass dies auf 2027 verschoben wird. (Abg. Kickl: Herr Pilz, wo hätten Sie die Polizisten hergenommen? Erklären Sie mir das!) Einer der Köpfe dieses Netzwerks war der damalige Innenminister Herbert Kickl.

Ich frage mich jetzt, warum ein freiheitlicher Innenminister dafür sorgt, dass wir keinen gemeinsamen europäischen Grenzschutz haben und dass die europäischen Grenzen offen bleiben. Wahrscheinlich macht er das, weil er Sebastian Kurz glaubt, der als Bundeskanzler gesagt hat: Wir leisten so viel Hilfe vor Ort, dass ohnehin niemand mehr kommt.

Schauen wir uns die Kurz-Hilfe vor Ort an: World Food Programme: Deutschland: Nummer 2, 2018: 849 Millionen Euro, 2019: 618 Millionen Euro; Schweiz: 80 Millionen Euro, 62 Millionen Euro, Platz 15; Luxemburg, ein bisschen kleiner als Österreich: 11 Millionen Euro, 8 Millionen Euro, Platz 31. Direkt vor Österreich liegt auf Platz 40 Burkina Faso mit 21 Millionen Euro, und auf Platz 41 liegt Österreich: 2018: 1,8 Millio­nen Euro, 2019: 3,9 Millionen Euro. – Deutschland hat 2018 für Hilfe vor Ort 471-mal so viel ausgegeben wie Österreich.

Versuchen wir jetzt einmal, die 1,8 Millionen Euro in ein Verhältnis zu bringen. Was kostet noch 1,8 Millionen Euro? Wenn Sie zusammenzählen, was ein Innenminister Kickl, ein Verkehrsminister Hofer, ein Vizekanzler Strache – inklusive Spesenkonto von 10 000 Euro pro Monat, das ja auch von Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern bezahlt wird – pro Jahr kosten, dann kommen wir ziemlich genau auf etwas mehr als diese 1,8 Millionen Euro. Und das sind politische Schwerpunkte! Für die Hungerhilfe im Aus­land geben wir genauso viel aus wie für die Hungerhilfe für Kickl, Hofer und Strache. Die Spesen und Gehälter von Kickl, Hofer und Strache sind genauso wichtig und ge­nauso teuer wie die Hilfe vor Ort. (Abg. Kickl: Also mit Ihnen mache ich immer noch ei­nen Spesenvergleich!) Da kann man sich wirklich nur noch an den Kopf greifen.

Zweiter Vergleich: Die Österreichische Volkspartei kassiert aus der öffentlichen Partei­enfinanzierung, Bund und Länder, pro Jahr ungefähr 60 Millionen Euro. Setzen Sie das in Verhältnis zur Hilfe vor Ort von 1,8 Millionen Euro! Für Hilfe für die ÖVP wird 33-mal so viel ausgegeben wie für Hilfe vor Ort dort, wo sich Millionen Flüchtlinge in Lagern drängen. (Beifall bei JETZT.)

Jetzt verrate ich Ihnen ein sicherheitspolitisches Geheimnis: Die Gefahr, dass die Spit­zen der ÖVP sich als Flüchtlingswelle auf Österreich zubewegen, ist relativ gering. Deswegen ist das in die Sicherheit schlecht investiertes Geld. In Lagern wie jenen in Jordanien, in denen immer wieder die Lebensmittel ausgehen, wo dann Deutschland, Luxemburg und Burkina Faso einspringen – und nicht Österreich –, ist diese Gefahr groß. Wenn wir diese Menschen hungern lassen, dann gehen sie dorthin, von wo sie sagen: Vielleicht haben wir dort eine Chance zu überleben, und das ist das reiche Europa! – Weil Sie, Herr Kickl, Sie, Herr Hofer, und Sie, meine Damen und Herren von der ÖVP, unter Führung von Sebastian Kurz einfach auf die Hilfe vor Ort pfeifen und die ganze Hilfe vor Ort ein einziger türkis-blauer Schwindel ist, kann es sein, dass sich Menschen wieder auf den Weg machen.

Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, Sie müssen den Schlusssatz formu­lieren.

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (fortsetzend): Als Erster werde ich jetzt nicht erklären, wen man wählen soll, wenn man andere und bessere Zustände haben will, weil das jetzt eh klar ist. (Beifall bei JETZT. – Abg. Kickl: Auf Wiedersehen!)

11.13

Präsidentin Doris Bures: Nun ist Herr Abgeordneter Karl Mahrer zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter.